Aeonar von Phinxie (Willkommen im berühmtesten Magiergefängnis Thedas') ================================================================================ Kapitel 14: Ohne Worte ---------------------- Cullen folgte Anders durch die langen, nur spärlich beleuchteten Gänge des Magiergefängnisses. Der Blondschopf schritt voran und wirkte… anders, als noch vor sechs Wochen, wo sie sich zum letzten Mal gesehen hatten. Härter. Während der ehemalige Templer selbst immer wieder überlegte, wie er hier rauskommen sollte, schien der abgebrühte Magier seine Gefangennahme bereits akzeptiert zu haben – das, oder er hatte einen guten Plan zur Flucht. Doch Cullen wusste, aus Aeonar konnte man nicht fliehen. Das Gefängnis blickte auf Jahrhunderte von Geschichte zurück, und in dieser Zeit war niemals ein Magier aus dem berühmten Bauwerk entkommen. Wer einmal in Aeonar landete, kam nie wieder aus diesem Gefängnis heraus, das war der häufigste Satz, den man unter Templern und Magiern gleichermaßen munkelte. Ja, auch Templer kehrten nie wieder nach Hause zurück, wurden sie einmal beruflich nach Aeonar versetzt; doch selbst dies geschah nicht allzu häufig, denn kaum ein Templer war würdig genug, in dem berüchtigten Gefängnis zu arbeiten, wo sich die gefährlichsten Magier ganz Thedas‘ aufhielten. Und trotzdem war Aeonar verloren. Cullen hatte es mit eigenen Augen gesehen… das Rote Lyrium, das Besitz von Knight-Commander Magnus ergriffen und ihn kontrolliert hatte. Er hatte in dessen Augen den gleichen Wahnsinn gesehen, den er auch schon in Kirkwall bei der irren Meredith erlebt hatte, und der betretene Templer schluckte schwer, während er auf Anders‘ nackten Rücken starrte und beinahe schon automatisch einen Fuß vor den anderen setzte. Was der arme Anders die letzten Wochen hier wohl erlebt hatte? Der neugierige Krieger hatte das Bedürfnis, nachzufragen und er öffnete den Mund, holte tief Luft, aber der Langhaarige kam ihm zuvor: „Nicht“, wisperte er und legte einem Finger auf die spröden Lippen „Später.“. „Warum?“, flüsterte Cullen, der ja überhaupt nicht wusste, wie es in Aeonar so lief, zurück. Anders lächelte ein kaltes, beinahe schon traurig Lächeln und er erwiderte: „…du musst es Erdbeerchen ja nicht noch leichter machen, als so schon.“ Dann wandte sich der verschwörerische Magier wieder um und ging weiter. Der Kommandant war zuerst verdutzt stehen geblieben, doch dann eilte er Anders schnell hinterher, der schon um die nächste Ecke gebogen war. Erdbeerchen? Den wirren Soldat beschlich ein ungutes Gefühl, er nahm sich Anders‘ ernste Warnung zu Herzen und hielt vorerst lieber den Mund. Der Blondschopf war schon länger hier und würde wohl wissen, wann sie frei reden konnten und wann nicht. Sie gingen unter einer der wenigen brennenden Fackeln her, die an den Wänden angebracht waren (hoch genug, damit man sie nicht einmal mit einer Räuberleiter erreichen könnte, wie Cullen auffiel) und ihre Körper warfen dunkle Schatten an die schwarzen, feuchten Steinwände. Cullen fror und eine Gänsehaut zog sich über seinen nackten Oberkörper, irgendwo in der Ferne hörte er ein schwaches Knurren. Ein Knurren, das von einem wilden Tier stammen könnte. Dem Soldat brach förmlich der kalte Schweiß aus, obwohl er äußerlich recht ruhig wirkte und es fiel ihm schwer, sich zurückzuhalten und Anders zu fragen, was das gewesen sei. Stattdessen schaltete er sein rationales Denken ein und kam zu dem vagen Schluss, dass das Knurren wohl ‘Erdbeerchen‘ zuzuordnen sei, wobei er sich nicht ausmalen konnte, wer oder was dieses, nach einer Frucht benannte Tier, wohl sein könnte. Plötzlich blieb der wortkarge Anders vor einer Gittertür im Gang stehen und Cullen, der sich immer wieder aufmerksam umgeschaut hatte, lief beinahe in ihn hinein. „Vorsicht.“ Anders lachte ein wenig und holte dann einen kleinen, schwarzen Schlüssel hervor. Cullen beugte sich näher vor. Er kannte diesen Schlüssel, hatte ihn schon mal gesehen. Nein, nicht nur gesehen, er besaß selbst so einen! Mit absolutem Unglauben im Blick sah er dabei zu, wie Anders die schmale Zelle aufschloss und die quietschende Tür nach außen aufschwingen ließ. Dann trat der Blondschopf einen Schritt zur Seite und zeigte einladend hinein, meinte dabei: „Willkommen in Aeonar, Cullen.“ ~ „Ich habe den Schlüssel von Branwen“, erklärte Anders und lehnte sich an die Wand. Er und Cullen saßen sich in der Zelle gegenüber und der Blondschopf hatte den Templer gerade eben die wichtigsten Regeln in Aeonar beigebracht. Während jener gesprochen hatte, war der sonst so standhafte Kommandant immer blasser um die Nase geworden; er hatte zwischendurch seinen eigenen Schlüssel rausgeholt und ihn sich angeschaut, jenen wieder weggepackt, nur, um dann nervös nach draußen zu schauen, ob der Drache – Erdbeerchen – nicht vorbeikommen würde. Anders hatte ihm zwar versichert, dass sie hier in der Zelle sicher seien, doch so ganz konnte und wollte der Kurzhaarige das nicht glauben. Drachen waren mächtige, stolze Kreaturen, denen kaum jemand Einhalt bieten konnte! Ihre brennend heißen Feuerstürme wurden von jedem gefürchtet und es gab nur wenige Menschen, die Jagd auf sie machten, nur, um bei einem erlegten Drachen sehr viel Ruhm einzuheimsen und als Held gefeiert zu werden. Es waren die Tiere, nach denen das Zeitalter benannt worden war und sie wurden immer weniger… Und die Tatsache, dass die Templer von Aeonar es geschafft hatten, eine dieser Kreaturen zu zähmen und für ihre Zwecke zu missbrauchen, war so schrecklich, dass Cullen beinahe schlecht davon wurde, denn es zeugte von der Grausamkeit der Templer in Aeonar. Hatte er es tatsächlich einmal als eine Ehre empfunden, ein Templer in Aeonar zu sein? Cullen wurde bewusst, dass sie tatsächlich überhaupt nie etwas wirklich über das Gefängnis in Erfahrung gebracht hatten, sondern immer nur irgendwelchen… Gerüchten (ja, denn das waren sie im Endeffekt!) Glauben geschenkt hatten. Der Krieger fühlte sich schlecht und er merkte, wie… wütend er wurde. Ja, wütend. Darüber, dass sich Aeonar als eine Lüge entpuppt hatte; und der Soldat wünschte sich nichts sehnlicher, als dass er die Wahrheit an den Rest der Welt tragen könnte. „Wir müssen hier raus“, sprach der Kurzhaarige seinen nächsten Gedanken laut aus. Anders blickte hoch und runzelte die Stirn. „Das habe ich anfangs auch gesagt“, meinte der Blondschopf schließlich und lächelte schwach. „Du bist hier reingekommen, wie ich. Fünf Türen am Eingang, drei Etagen, ungefähr fünfzig bis hundert Templer, die einen bewachen und dann noch Erdbeerchen… Eine Flucht würde uns niemals gelingen.“ „Wir brauchen die Schlüssel für die Türen oben“, meinte Cullen und lehnte den Kopf an die steinerne Wand, blickte zur Decke. „Und es gibt fünf verschiedene Templer, die jeweils einen besitzen. Haben sie hier unten Wache?“ Anders schien eine Weile zu überlegen und meinte dann: „Weiß ich nicht. Ich weiß noch nicht, wer die Schlüssel hat.“ Cullen runzelte die Stirn und legte die Fingerkuppen aneinander. „Ich habe das Gefühl, dass sie die Besitzer der Schlüssel sogar wöchentlich wechseln. Oder monatlich. Eben, damit man nicht herausfindet, wer genau einen Schlüssel hat. Ich habe mir zwar die Besitzer gemerkt, die bei mir die Türen aufgeschlossen hat, aber so, wie ich den Commander einschätze und was ich bisher den Eindruck von Aeonar habe… Kann ich mir gut vorstellen, dass das heute schon wer anders ist.“ Aeonar war bekannt dafür, dass niemand ausbrechen konnte. Und deswegen würde Cullen auch genau auf solche Vorsichtsmaßnahmen tippen, eben, um alles noch einmal zu erschweren. Der Krieger kniff die Augen zusammen und meinte dann: „Gegen Erdbeerchen könnte man sich wehren.“ Er lächelte leicht. „Erdbeerchen ist blind und taub hast du mir erzählt, nicht wahr? Das heißt, sie muss sich auf ihren Geruchssinn verlassen… aber was wäre, wenn wir so riechen, wie sie?“ Er bemerkte, wie Anders ein wenig näher rückte - der Blondschopf schien ziemlich interessiert zu sein. „Man könnte das mal ausprobieren“, sinnierte Cullen weiter, während der Blondschopf immer weiter zu ihm rückte, bis jener neben ihm saß. „Man könnte sich mit dem Speichel einreiben, um den Drachengeruch anzunehmen und dann mal schauen, ob Erdbeerchen einen bemerkt oder nicht!“ „Du bist verrückt“, lachte Anders und knuffte ihn leicht in die Schulter. „Vielleicht. Aber es wäre eine Möglichkeit, dem Drachen zu entkommen“, erwiderte Cullen. „Zwischen den Arbeitszeiten kann man das ausprobieren.“ „Und dann wirst du gefressen.“ Es war klar, dass Anders von dem Plan ziemlich wenig hielt, doch der Soldat selbst war erstaunlicherweise guter Dinge. Er richtete sich wieder auf, blickte dem langhaarigen Magier direkt in die Augen. „Anders“, sagte er mit seinem fereldischen Akzent. „Ich möchte hier nicht meinen Lebtag verbringen! Ich kann jetzt auch sagen, wir warten zwei Wochen und dann wird die Inquisitorin uns suchen. Aber darauf können und sollten wir uns nicht verlassen… ich habe immerhin auch sechs Wochen gebraucht, um dich zu finden und das war mehr Glück, als wirkliches Können. Wir müssen hier rauskommen, Anders! Ich will gar nicht wissen, was noch so alles passiert…“ Der Angesprochene blickte Cullen mit einem schon fast melodisch-traurigen Blick an und der Blonde wisperte: „…du wirst noch viel erleben müssen, Cullen. Etage Drei härtet ab… ob im negativen oder im positiven Sinne ist fragwürdig.“ Der Blondschopf schlug die Augen nieder und Cullen runzelte die Stirn. Verheimlichte er ihm etwas? „Anders…?“ „Morgen wirst du die anderen kennenlernen“, meinte der Langhaarige schließlich. Cullen nickte und sagte dann: „In Ordnung. Ich bin gespannt.“ „Sie sind nett. Du wirst sie mögen“, fuhr der Magier fort und zog die Knie an den Körper. Cullen nickte daraufhin nur und starrte dann auf den Boden. Einen kurzen Moment schwiegen die beide, dann fing der Kommandant wieder an: „…ich dachte, du würdest mich schlagen und treten, wenn du mich siehst. Du bist ja auch so wütend aus dem Büro gestürmt… damals.“ Anders schwieg daraufhin erst und dann auch so lange, dass Cullen glaubte, dass der Blonde darauf nicht mehr antworten würde. Doch dann kam die überraschende Antwort: „Ich war sauer. Und wütend. Und enttäuscht und verletzt. Und ich habe dich gehasst, doch… als ich erkannt habe, dass du da standest, als ich gemerkt habe, dass du mich gesucht hast… Da ist alles verschwunden.“ Anders wisperte so leise, dass Cullen sich vorbeugen musste, um ihn zu verstehen. Er spürte, wie… schwer es gerade für den blonden Magier war, dies zuzugeben und der Kommandant dachte an ihr letztes Gespräch zurück. Das in der Himmelsfeste. Er sollte etwas sagen. Irgendetwas, aber er tat es nicht; also lehnte er sich wieder zurück. Der Kurzhaarige ahnte, dass sein Verhalten unangebracht war, nicht wirklich… richtig. Sogar sein Gefühl sagte ihm das, aber er konnte es nicht verhindern. Irgendwie war da eine Blockade in ihm, die er nicht überwinden konnte – zu was auch immer er sich überwinden wollte; er wusste es ja selbst nicht so genau. Und dann spürte er eine Hand auf seiner Wange. Der Krieger erstarrte und hielt den Atem an, sein Herz pochte bis zum Hals. Er schluckte, spürte den Kloß in seinem Hals, dann, wie Anders sich vorsichtig an ihn ran schmiegte. Anders ging vorsichtig vor, beinahe schon fragend, während er sich ihm langsam näherte und der Soldat selbst… der war wie erstarrt. Sein Mund stand einen Spalt weit offen und sein Atem ging schneller. Anders rieb seine Nase an der seinen und war ihm somit ziemlich nahe. Und dennoch schob der Cullen den aufdringlichen Magier nicht von sich, sondern erwischte sich dabei, die Augen sogar ein wenig zu schließen. Anders kam ihm näher und ihre Lippen berührten sich, ganz leicht – es glich eher dem Hauch einer Berührung und der Kommandant seufzte schwer aus …warum entkam er diesem blonden Gift nicht?! „Ich habe dich vermisst“, wisperte Anders gegen seine Lippen und vertiefte anschließend den Kuss. Und Cullen… Cullen legte seine Hände ein wenig ungeschickt auf dessen Hüften und erwiderte ihn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)