Terrified von VelvetBlossom ================================================================================ Kapitel 6: Lay it on me ----------------------- Mit Kakashis Entscheidung, Itachi ein Grab auf dem regulären Friedhof Konohas zuzuweisen anstatt die Leiche seines Bruders¬¬ in ein Massengrab zu werfen, hatte er ehrlich gesagt auf seinen Reisen weniger gerechnet. Das Dorf wusste nicht, was die Hintergründe des Massakers waren und genau so hatte er es haben wollen. Es wäre nicht in Itachis Sinn gewesen, dass die Leute alles wussten. Folglich hatte es auch mehrere böse Stimmen gegeben, als sein alter Sensei die Leiche des älteren Uchihas hatte mitbringen lassen. Dass ihn die Meinungen der anderen Dorfbewohner wenig interessierte war wohl aber offensichtlich. Er tauchte einmal die Woche an den Gräbern seiner Eltern und seines Bruders auf, letzteres regelmäßig in verwüstetem Zustand, räumte auf, wässerte die paar Pflanzen und stellte auf das Grab seiner Eltern auch noch einen Strauß Blumen, den Sakura ihm am Morgen immer kurz vorbeibrachte, wenn sie zum Frühstück rüberkam. So konnte er dem blonden Teufel namens Yamanaka ausweichen und sie konnte mit eben diesem eine Runde plaudern. Itachi hatte sich wenig aus Blumen gemacht, wenn überhaupt. Also machte er sich die Mühe auch nicht. Manchmal pflanzte er sich bei seinen Besuchen noch kurz vor die Gräber und schwieg. Das war dann seine Art der Meditation. Er teilte seiner Familie sozusagen mit, was die vergangenen 7 Tage vorgefallen war. Und immer wieder tauchte in seiner ‚Erzählung‘ auch eine gewisse San-Nin auf, die er irgendwie nicht mehr los wurde – das aber auch gar nicht mehr wollte. Seit er sie – plötzlich, unüberlegt und doch irgendwo sehr bewusst – zum ersten Mal geküsst hatte, war er jetzt zum siebten Mal hier. Aber viel war zwischen ihnen auch noch nicht passiert. Sie tauchte dreimal die Woche zum Frühstück auf, die anderen Tage gingen sie meistens Essen oder sie kochte bei ihm und ansonsten… Es blieb bei kurzen Küssen. Wenn denn überhaupt und auch nur, wenn er sich mal weniger beobachtet fühlte, sonst nur, wenn sie allein waren. Die Menschen trauten ihm noch immer nicht. Obwohl, ihm vermutlich schon, nur nicht, wenn er in ihrer Nähe war. Sie hatten ihr rosa Bonbon liebgewonnen und waren ausgesprochen darauf bedacht, zu verhindern, dass er sie auf irgendeine Art verletzte. Sie waren auf die Iryo-Nin vermutlich genauso verrückt wie auf den Baka. Und das wollte schon etwas heißen. Das war derzeit aber seine letzte Sorge. Eher besorgte ihn, dass sie häufiger diesen Blick in seine Richtung warf. Nicht den Blick, den er die letzten Monate bekommen hatte. Absolut nicht, der störte ihn nicht einmal mehr! Aber es war wieder der Blick, den sie ihm immer dann zuwarf, wenn er was verbockt hatte. Der verletzte Blick, wegen dem er sich immer entschuldigen wollte. Was er auch tun würde… Wenn er denn wüsste, wofür! Es waren die normalsten Situationen. Mal hingen sie gemeinsam auf seinem Sofa rum, manchmal sie Lesend und er die Ruhe genießend, mal, wenn sie mit irgendwem oder auch alleine draußen waren. Mal wenn sie sparrten, mal, wenn er sie vom Krankenhaus abholte, mal, wenn sie nach einer Mission bei ihm reinschneite, bevor sie überhaupt bei ihren Eltern auflief. Teilweise brauchte er sich nicht rühren, sich nicht zu Wort melden, sie nicht mal berühren, da bekam er schon den Blick. Und langsam aber sicher war er wirklich mit seinem Latein am Ende. Es war dieser Blick, den er als Verletzung deutete. Aber er wusste partout nicht, was er falsch machte! Er stieß sie nicht zurück, er verbrachte Zeit mit ihr – sogar von sich aus! – aber trotzdem wirkte sie schrecklich verletzt und enttäuscht. So ganz würde er wohl nie mehr verstehen, was in dem Kopf dieser jungen Frau vor ging. Früher war das einfacher gewesen. Früher war es nicht so schwer gewesen Ursache und Effekt ihrer Reaktionen und Emotionen leichter zu erkennen gewesen. Sie war ein offenes Buch gewesen. Und manchmal war sie das noch immer. Manchmal konnte er sie noch lesen und wusste, dass sie glücklich war, oder dass sie erleichtert war. Aber das waren die einfachen Emotionen. Enttäuschung, Frustration, Verzweiflung oder Verletztheit konnte er so manches Mal nicht so recht einordnen. Wusste nicht, warum sie diese Emotionen zeigte. Oder ob er da einen Anteil dran gehabt hatte. Und das machte ihn nervös. Nur, wie sollte er das ihr gegenüber ansprechen? Indirekt war keine Option. Das hatte er bereits versucht. Aber die Frage, ob alles in Ordnung sei, wurde immer bestätigt. Es sei alles gut, er brauche sich keinen Kopf machen. Also, wie bekam er aus ihr raus, was genau nicht in Ordnung war? Tonlos seufzend erhob sich der Uchiha also aus dem Schnee – die Kälte machte ihm eh nie etwas aus – und machte sich auf den Heimweg. Sakura hatte ihn überredet, mit ihr und den anderen Chaoten heute Abend Glühwein trinken zu gehen. Und da konnte er seine irgendwie-verletzte-irgendwie-Freundin ja nicht allein lassen. Betrunkene oder weinende Frauen lagen ihm irgendwie nie so recht. Er hatte sich damit nie auseinandersetzen müssen. Soweit er sich erinnerte hatte seine Mutter nie getrunken und geweint hatte sie seines Wissens nach auch nie. Somit hatte er keinerlei Bezugspunkt, wie er damit umgehen sollte. Ganz davon ab, dass es wohl noch etwas anderes wäre, Sakura weinend oder betrunken zu schaukeln, als eine Frau, die weniger feste zuschlagen konnte und mit der er nicht auf eine verdrehte Art und Weise derzeit zusammenkam. Er brauchte nicht allzu lang, um vom Friedhof in seiner Wohnung anzukommen. Dort legte er die Jacke, die er eh nur der Rosahaarigen zu Liebe anzog ab und hängte sie auf, ehe er aus seinen Schuhen schlüpfte, sie beiseitestellte und horchte. Schritte im Hausflur, ein Nachbar ging wohl gerade raus. Vor dem Fenster leises Knirschen im Schnee, ein Eichhörnchen oder ein Vogel auf einem Fensterbrett. Gedämpfte Atemzüge im Wohnzimmer, das sanfte Rascheln einer Decke. Sie war vermutlich wieder auf seinem Sofa mit einem Buch eingeschlafen. Er trat bedächtig in den Türrahmen und da lag sie wirklich. Ein dicker Wälzer neben ihr auf dem Boden – diese Frau konnte auch kein 2000 Seiten Schmöker, der auf den Boden kracht aufwecken – der Kopf von der Rückenlehne weggekippt, zerzauste rosane Strähnen, die ihr ins Gesicht hingen, eine Decke, die ihr bis zur Hüfte runtergerutscht war. Nach einem kleineren Streit wegen einer bollernden Heizung als er heimkam hatte sie die Decke immer dem hochstellen vorgezogen. Vorsichtig um sie nicht versehentlich zu wecken trat er durch den Raum an das Sofa, hob das Buch auf, legte es auf den Kaffeetisch und zog ihr die Decke ein Stück weit nach oben, dass ihre Schultern zumindest wieder bedeckt waren. Hinterher holte sie sich noch den Tod und ihre Mutter oder der blonde Drachen drehten ihm den Hals um. Auf Stress mit ihrer ehemaligen Lehrmeisterin und Haruno Mebuki konnte er geflissentlich verzichten. Er ließ sich in dem Ohrensessel nieder, den er von dem Baka zum Einzug bekommen hatte und lehnte den Kopf an die hohe Rückenlehne, seine Augen auf die schlafende San-Nin gerichtet. Was trug sie auch mal wieder nur ein Tanktop und eine Jeans? Der Pullover lag sogar am Kopfende des Sofas. Hatte sie also wieder ausgezogen, um es sich bequem zu machen. Ein kurzes Lächeln zupfte unmerklich an seinem Mundwinkel. Da sollte sie sich nochmal beschweren, in seiner Wohnung sei es immer so kalt. Eine Weile verhielt er sich still, rührte sich kaum und beobachtete seine beste Freundin – auch wenn man seine beste Freundin wohl nicht Küssen sollte… - beim Schlafen. Hauptsächlich dachte er aber nach. Was genau er falsch machte, wenn er sie verletzte. Womit und wie er das abstellen konnte. Es verging keine Stunde, ehe ihre Augenlider anfingen zu flattern. Eine ihrer zierlichen Hände tauchte unter der dunkelgrauen Wolldecke hervor, schob sich die Haare aus dem Gesicht und rieb sich kurz über die Augen, ehe sie tiefer wanderte und ein Gähnen maskierte. Einige Momente später öffneten sich dann auch ihre Augen und enthüllten schlaftrunkene grüne Iriden. „Sasuke-kun?“, nuschelte sie halbwach und richtete sich mehr oder weniger auf. Die Iryo-Nin griff sich ihren Pullover und zog das weinrote Oberteil über ihren Kopf und bis zu ihren Hüften runter. Glücklicherweise ohne zu bemerken, wie aufmerksam der Uchiha eben das beobachtete, während er ein kurzes „Hn.“ von sich gab. „Wann bist du heimgekommen?“, hakte die Haruno nach und musterte ihn fragend. „Noch nicht lang her.“, antwortete er knapp, ballte seine Hand zu einer Faust und entspannte sie wieder. Sonst hatte er bisher nichts gefunden, was gegen die Phantom-Schmerzen in seinem verlorenen Arm half. „Du solltest darüber nachdenken, dir die Prothese von Tsunade-shishou machen zu lassen.“, stellte das älteste Mitglied der zweiten San-Nin-Generation fest, wie sie die Bewegung bemerkte. „Noch nicht.“ „Wieso nicht? Du könntest längst wieder mit zwei Armen unterwegs sein.“ „Ich will meinen zweiten Arm noch nicht wieder.“ Auf diese Aussage folgte einige Momente betretenes Schweigen Sakuras. Er war ja nie der Gesprächigste. „Warum willst du deinen zweiten Arm noch nicht wieder?“ Er erwiderte nur Schweigen auf diese Frage. Er konnte ihr ja aber auch schlecht sagen, dass er meinte, seinen Arm noch nicht wieder verdient zu haben. „Weißt du was? Fein! Antworte mir eben nicht! Wenn ich dir so auf die Nerven gehe mit meinen Fragen geh ich eben!“, platzte sie nach einigen Minuten doch, warf die Decke von ihren Beinen, erhob sich und schnappte sich ihr Buch. Als sie an ihm vorbei stürmen wollte schoss sein rechter Arm hervor und griff ihr Handgelenk, vorsichtig, aber bestimmt. „Pfoten weg!“ „Sakura.“ Ein Wort, ruhig aber nachdrücklich und jedes bisschen Wut verpuffte regelrecht. Und trotzdem fing sie an zu beben. Der Uchiha runzelte die Stirn, fragte sich, ob er ihr Angst gemacht hatte, als er bereits den ersten Schluchzer wahrnahm. Es dauerte keine Sekunde, da war er auf den Beinen, hatte sie zu sich gedreht, ihr Handgelenk losgelassen und ihr Gesicht ein Stückchen angehoben. Sie weinte tatsächlich Sturzbäche. „Ich versteh es einfach nicht mehr, Sasuke-kun!“, brachte sie auch zwischen zwei erregteren Schluchzern hervor. Das Stirnrunzeln des Jüngeren ließ sie dann aber freudlos Auflachen. „Dich! Du sagst nicht, was du denkst, was du willst, was du empfindest-“ „Das hab ich nie.“ „Aber du solltest es jetzt! Du solltest mir sagen, wie du dich fühlst, was du denkst und dir wünschst und wieso du so zu mir bist!“, schluchzte sie und wischte sich mit ihren Handballen fruchtlos über die Wangen, um die Tränen wegzuwischen. Jetzt wusste er wieder nicht, was er dazu sagen sollte. „Wenn du mich nicht in deiner Nähe haben willst, wenn das die letzten Monate nur ein Versuch war, dich selber davon zu überzeugen, dass ich… dass du… dass es vielleicht ein Wir in der Zukunft geben kann, dann sag mir das! Ich will nicht erst in Wochen oder Monaten von dir gesagt bekommen, dass du dir nicht vorstellen kannst, mit mir zusammen zu sein!“, japste sie und einen Moment musterte er sie verwundert, ehe er seinen Arm um ihren Rücken legte und sie an seine Brust zog. „Es tut mir leid, Sakura.“, gestand er nach einigen Minuten, in denen sie an sein Shirt geweint hatte. „Das sollte es auch, Shannaro!“, lachte sie unter Tränen und schlang die Arme um seine Mitte. „Warst du deshalb die letzten Wochen so verletzt?“ Der rosane Haarschopf löste sich von seiner Brust und nasse grüne Augen musterten seine Unterschiedlichen. „Ich dachte nicht-“ „Dass ich das bemerke? Du bist ein offenes Buch. Nur verstehe ich eben manchmal die Zusammenhänge nicht.“ Die Überraschung in ihrem Gesicht hatte er erwartet. Sasuke gab nicht gerne Schwächen zu, weder laut noch durch Gesten. Ihre Verwunderung wich bereits kurz darauf ehrlicher Freude. „Du kannst dir ein Wir mit mir also vorstellen?“, hakte sie nach. Die Unsicherheit dieser Frau würde er wohl nie nachvollziehen können. Im ersten Moment hatte er das Bedürfnis, ihr wieder an die Stirn zu tippen. Stattdessen aber drückte er ihr kurz die Lippen auf die Stirn und zog sie wieder weiter an sich. „Kann ich mir mit niemand anderem.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)