Terrified von VelvetBlossom ================================================================================ Kapitel 4: If you ever come back -------------------------------- Es verging ein halbes Jahr, bevor er das Dorf wieder betrat. Dieses Mal am helllichten Tag und ohne die Notwendigkeit, sich vorerst bei Fremden einzuquartieren. Sein Vermieter hatte die Miete immer zeitig bekommen, dafür hatte er gesorgt gehabt. Als er seine Tür aufschloss, schlug ihm als erstes ein Geräusch entgegen, dass er unter abertausenden erkennen würde. Summen, eine Stimme, die er gar nicht wagte, nicht zu erkennen, jedoch nicht, aus Angst vor ihren knochenbrechenden und felsenzertrümmernden Schlägen, sondern weil er sie vermisst hatte, seit er sich so unglücklich von ihr verabschiedet hatte. Summen, leise, aber laut genug, dass sie den Schlüssel im Schloss nicht gehört hatte. Er legte den Seesack leise neben die Eingangstür, schloss diese vorsichtig und folgte dem Geräusch in die Küche. Wo sie stand und gerade das Fenster putzte, was von der Straße weg führte. Deshalb hatte sie ihn nicht gesehen, als er zur Haustür hinein war. Der Anblick seiner rosahaarigen Teamkollegin, die in seiner Wohnung steht und summend seine Fenster putzte, um sein Zuhause wohnlich zu halten, falls er heim käme, wenn er heim käme, warf ihn aus dem Konzept. Sie müsste noch wütend auf ihn sein. Schimpfen wie ein Rohrspatz, irgendwas zerdeppern. Aber nicht ihren Schlüssel nehmen, um die Wohnung für ihn in Ordnung zu halten. Er war für den Moment so verdattert, dass er gar nicht mitbekam, wie scharf ihm der nächste Satz über die Lippen kam. „Was zur Hölle machst du hier?!“ Die Haruno wirbelte vollkommen verblüfft herum und blinzelte einige Male. Dass sie seine Anwesenheit nicht bemerkt hatte war wohl Zeichen dafür, wie abgelenkt sie gewesen war. „Ich-“ „Du müsstest wütend sein! Irgendwas zerschlagen und nicht meine Fenster putzen!“, fuhr er sie dann auch an und Sakura blinzelte noch verwirrter. „Willst du, dass ich wütend bin?!“ „Ich will wissen, warum du es nicht bist!“ „Weil ich dich liebe, du Hornochse!“, entkam es ihr dann auch empört, ehe sie die Hände in die Hüfte stemmte. Was fuhr er sie auch einfach an, nachdem er ein halbes Jahr nicht im Dorf gewesen war?! „Wofür du überhaupt keinen Grund hast, verdammt!“, erwiderte er ebenso ungehalten und funkelte sie kurz genervt an. Der Iryo-Nin fehlten daraufhin die Worte. Er hatte Recht, rein objektiv hatte sie keinen Grund, in ihn verliebt zu sein. Er hatte alles bedroht oder sogar direkt attackiert, was sie liebte. „Das ändert aber nichts daran, dass es so ist.“, erwiderte sie nach knappen drei Minuten des Schweigens. „Ich hab dich versucht zu töten.“ „Ich hatte auch den Vorsatz, dich zu töten. Und ich hab es genauso wenig getan, wie du.“ „Ich war nur ein paar Millimeter davon entfernt, dich mit dem Chidori zu durchbohren.“ „Hast du aber nicht.“ „Weil Kakashi gekommen ist!“, konterte er und sie hob die Schultern. „Ich hab nochmal versucht dich zu töten!“ „Weil ich kurz davor war!“ „Ich hab gewusst, dass du es nicht können würdest! Und ich habe dich trotzdem fast getötet!“ „Was versuchst du hier gerade zu beweisen?!“, fauchte sie dann aber doch aufgebracht. „Dass...“, fing er an, stockte aber. Was versuchte er ihr gerade zu beweisen? Dass er schlecht für sie war? Dass er ihr nicht gut tun würde? Dass sie sich besser jemand anderem zuwenden würde? „Dass ich deine Zuneigung nicht verdient habe.“, stellte er schließlich fest und sah, wie sie tief seufzte. „Ich liebe Naruto für seine Liebenswürdigkeit. Für seinen Humor, für seine Freundlichkeit, für all diese Sachen. Und ich liebe ihn dafür, wie kindisch er ist. Und wie stur und ungehobelt und dumm er manchmal sein kann. Ich liebe Kakashi-sensei dafür, dass er sich die Mühe mit uns gegeben hat. Dafür, dass er dich nicht hat fallen lassen, dafür dass er uns Dreien unzählige Male das Leben gerettet hat und er da war, wenn wir ihn gebraucht haben, oder es versucht hat. Ich liebe ihn für dieses kleine Schmuddelbuch, dass er immer irgendwo dabei hat, für seine Unpünktlichkeit, seine lahmen Ausreden und seine furchtbare und frustrierende Arbeitsmoral. Ich liebe dich, wegen all den guten Dingen, die du bisher getan hast. Für die Unterstützung im Krieg, für die Male, die du mir das Leben gerettet hast, für den Todeswald, für all die Missionen. Ich liebe dich, wegen all der Fehler, die du in deinem Leben gemacht hast. Dafür, dass du gegangen bist, weil ich sonst nichts weiter als ein verheultes Kleinkind geblieben wäre, das Ninja spielt. Dafür, dass du versucht hast, mich zu töten, weil ich sonst niemals gesehen hätte, wie tief du bereits gefallen warst. Dafür, dass du mich davon abgehalten hast, den Kampf zwischen dir und Naruto zu unterbinden. Weil du mir damit zum wiederholten Male das Leben gerettet hast.“ Das war einer der Monologe, die er zwar niemals halten würde, die er aber durchaus schätzte. Weil sie ihm halfen, zu verstehen, was in ihrem Kopf und – noch hunderttausend Mal wichtiger – ihrem Herzen vorging. Er war nie gut darin gewesen, zu erraten, was sie empfand. Oder besser, warum sie so empfand. „Ich habe dich schon wie Mal erneut verlassen.“ Das konnte sie doch wohl nicht leugnen. Er hatte gesehen, wie sehr es sie beim ersten Mal geschmerzt hatte, als er ging. Er hatte die Tränen gesehen, die sie krampfhaft versucht hatte, zurück zu halten, als er ihr nachts um 4:14 gesagt hatte, dass er erneut gehen würde. „Du hast mich nicht verlassen.“, konterte sie scharf und er hebt augenblicklich eine Augenbraue. Diese Reaktion hat er nicht erwartet. „Dass du gegangen bist, hatte nichts mit mir zu tun.“ Das hatte er ihr gesagt, bevor er die ersten zwei Jahre weg war. „Die letzten sechs Monate hatte es das.“, erwiderte er ebenfalls hart und er sah ein kurzes Aufflackern von einer Emotion in ihren Augen, die er nicht zuordnen konnte. Enttäuschung? Wut? Als er nichts weiter hinzufügte, schwieg auch sie vorerst. Kurzzeitig hatte er Sorge gehabt, dass er sie mit diesen Worten so vor den Kopf gestoßen hatte, dass sie in ihrer üblichen impulsiven und dramatischen Art aus der Wohnung stürmen würde, ihm vorher vielleicht sogar noch eine Ohrfeige verpasste, die ihn aus den Socken hauen würde und nie wieder auch nur ein Wort mit ihm reden würde. Wie aus den leicht zusammengezogenen Augenbrauen und den aufeinander gepressten Lippen dann aber ein Lächeln wurde, begann der letzte lebende Uchiha ernsthaft, seine Menschenkenntnis und die Kenntnis ihres Charakters anzuzweifeln. „Lass uns was Essen gehen.“, murmelte sie sanft und kurz darauf waren sie tatsächlich aus dem Wohnhaus und unterwegs zu Ichirakus. Und es war beinahe, als hätte es diese ganze Diskussion eben nicht gegeben, als hätte er nicht diese letzten, verletzenden Worte gesagt. Bis sich ihre kleinere, kühlere linke Hand, mit der sie schon unzählige Leben gerettet, Schmerzen gelindert, Felsen zertrümmert und Leute unangespitzt in den Boden gerammt hatte, sich in seine größere, wärmere rechte Hand mogelte, die er genutzt hatte, um Schmerz zu verbreiten, seine Wut und seine Verzweiflung auf andere zu übertragen und die sich einmal zu seinem eigenen Schrecken um ihren Hals geschlungen hatte, um sie zu töten. Aber gerade jetzt, in diesem Moment, als sich ihre Finger mit seinen verschränkten, beschloss er, sie gewähren zu lassen. Die Hand nicht weg zu ziehen, obwohl ihn vor allem diese Sünde, ihr zwei Mal beinahe das Leben genommen zu haben noch bis in seine Albträume verfolgte. In denen Kakashi nicht da gewesen war, um sie vor dem Chidori zu retten. Oder in denen Naruto sie nicht mehr vor ihm retten konnte. In denen ihr Blut an seinen Händen klebte und sich auch niemals würde abwaschen lassen. In denen er erschreckend klar sah, wie sehr ihn ihr Tod – noch schlimmer ihr Tod durch seine eigene Hand – zerreißen würde. Wovon letztere Punkte ihn immer noch am furchtbarsten aus dem Schlaf fahren ließen. Aber vielleicht konnte er langsam anfangen, sich keine Vorwürfe mehr zu machen. Schließlich machte sie ihm auch keine deswegen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)