Das Leben ist Hart von abgemeldet (Eijis Leben, um genau zu sein ^^) ================================================================================ Kapitel 2: Von Göttern und Poltergeistern ----------------------------------------- Part 2: Von Göttern und Poltergeistern By Kia Dies war wieder einer dieser Tage, an denen ich froh war, das unser Haus mehr als ein Badezimmer hatte, denn ansonsten wäre dieser Abend wohl doch noch auf einen Kampf auf Leben und Tod hinausgelaufen, nämlich darum, wer als erster die Dusche benutzen durfte. In diesem Fall stand mein Heimrecht gegen Kayins Gastrecht, was im Endeffekt nur bedeute, das derjenige zuerst die Chance erhielt, die Kälte aus seinen Gliedern zu waschen, dessen Glieder von dieser Kälte noch am wenigsten bewegungsunfähig gemacht worden waren. Meine eigenen Gliedmaßen waren jedenfalls so steif, dass ich insgeheim befürchtete, sie würden bei der ersten härteren Berührung einfach abbrechen. Okay, mit dem Motorrad zu fahren war vielleicht nicht unbedingt die beste Idee gewesen, aber wenn die Alternative U-Bahn heißt, dann überlegt man sich das zweimal, von allem, wenn man sich in Japan befindet. Denn eine japanische U-Bahn ist schlimm. Eine japanische U-Bahn zur Weihnachtszeit ist der Horror! Deshalb bereute ich es auch nicht wirklich, auf dieses - zugegebenermaßen wärmende - Gedränge verzichtet zu haben. Lieber kalt als tot! Als wir nach hause gekommen waren, war das Haus dunkel und kalt gewesen. Als ich nach erfolgreicher Dusche mit noch immer feuchten Haaren aus dem Bad trat und mir ein Schwall kalter Luft entgegenschlug musste ich zu meiner Überraschung feststellen, dass sich an diesem Zustand während der letzten zehn Minuten nicht viel geändert hatte. So'n Pech aber auch. Und ich hatte gehofft, dass diese dämliche Heizung einmal mitdenken würde! Mit einem tiefen Seufzer und einem zutiefst leidenden Gesichtsausdruck machte ich mich auf den Weg in dem Keller, um die Heizung anzuschmeißen. Natürlich ist der Keller grundsätzlich immer der kälteste Ort im ganzen Haus. Eigentlich ja eine sinnvolle Einrichtung, wenn man bedenkt, dass die Bewohner gute Chancen haben, auf dem Weg dorthin zu erfrieren - so spart man Heizkosten... Was für ein schwachsinniger Gedanke! Meine Mundwinkel zuckten ein wenig, während ich im Dunkeln nach dem Lichtschalter taste, doch auch meinem Grinsen war es hier unten wohl zu kalt, und ich kam nicht umhin, mich zu fragen, wer zum Teufel die verdammte Heizung überhaupt ausgeschaltet hatte, denn ich war es bestimmt nicht gewesen. Kayin auch nicht, soviel war klar, und mehr Leute bewohnten dieses Haus im Augenblick nicht. Emi hatte allerdings noch einen Schlüssel für die Tür und natürlich Sho, aber dass mein lieber Bruder jahrelang verschollen blieb und dann nur nach hause zurückkehrte um heimlich die Heizung auszuschalten, nur um seine Mitmenschen zu ärgern erschien mir doch ziemlich unwahrscheinlich. Blieb Emi, aber die hätte wenig Grund gehabt, herzukommen und das leere Haus zu besuchen, und außerdem war sie heute meines Wissens nach zu Besuch bei einer Freundin in... na ja, irgendwo anders halt. Schied also auch aus. Jetzt hatte ich nur noch die Möglichkeit, das Rätsel der abgestellten Heizung als unlösbaren Fall zu den Akten zu legen oder die Schuld irgendwelchen Poltergeistern oder ähnlichen Dingern in die Schuhe zu schieben. Ich wischte diese ebenfalls nicht gerade sehr sinnige Verdächtigung beiseite und war doch recht froh, als meine suchenden Finger endlich mit dem Lichtschalter kollidierten - und ich dabei wieder Erwarten keinen elektrischen Schlag bekam. Das passiert zwar normalerweise auch nie, aber es hätte diesem Tag noch mal die Krone aufgesetzt. Das Licht ging sogar brav an, anstatt mich alleine mit den untoten Heizungssaboteuren im Dunklen stehen zu lassen. Klar, Geister gibt es nicht, das wusste sogar ich, aber deswegen musste ich sie ja nicht unbedingt mögen. Irgendwo rechts neben der Tür zum Heizungsraum fand ich dann auch jene Gerätschaft, die diesem Zimmer den Namen gab und schmiss sie an. Die Heizung bestätigte ihre Inbetriebnahme durch ein verhaltenes Rumpeln, gefolgt von einem beständigen Surren. Das Haus, welches ich bewohnte, größtenteils allein und auch nur dann, wenn ich zufällig mal da war, war schon ziemlich alt, da es nun schon mehrere Generationen von Shinjios und ähnlichen Familien beherbergt hatte, und es war dementsprechend auch schon recht lange her, dass diese Heizung mal modern gewesen war. Ehrlich gesagt befürchtete ich jedes Mal, wenn ich sie anstellte, das sie mir nun endlich mal mit einem lauten Knall um die Ohren fliegen und mich in ein knuspriges Eiji-Toast umwandeln würde. Na ja, wenigstens war es kein Kohleofen mehr... Die Vorstellung ließ mich erschaudern, aber da ich sowieso am ganzen Körper zitterte fiel das nicht weiter auf. Irgendwann kam ich wieder oben an und ließ mir von meinen kalten Füßen erzählten, dass ich wohl besser Hausschuhe angezogen hätte, bevor ich da runtergelatscht war. Als ob das jetzt noch so eine große Rolle gespielt hätte... Da ich aus Erfahrung wusste, dass es noch mindestens eine Stunde dauern würde, bis das Anstellen des Heizkörpers messbare Auswirkungen auf die Zimmertemperatur zeigen würde, begab ich mich sogleich ins Wohnzimmer, um dort den Kamin anzumachen. Ich kniete mich also vor selbigem auf den Fußboden und begann mit der mir eigenen Professionellität die sich schon darin befindlichen Holzscheite und ausgemusterten Zeitschriften in Brand zu steckten. Eine lose Seite aus einer alten Fernsehzeitschrift erinnerte mich daran, dass vor etwa zwei Wochen dieser Film im Fernsehen gelaufen war, den ich schon verpasst hatte, als er im Kino lief. Mist, den hatte ich mir eigentlich ansehen wollen. Na ja, egal, dachte ich, während ich zusah, wie der Artikel langsam von den Flammen verschlungen wurde, der würde sowieso bald wiederholt werden. Dann konnte ich ihn wieder verpassen. Irgendjemand - ich vermute, dass es Kayin war - hat mal das Gerücht in die Welt gesetzt, ich hätte es als Kind einmal beinahe geschafft, beim Rumspielen mit dem Kaminfeuer mit so einem alten Rest Zeitung das Haus abzufackeln, was natürlich kein Bisschen den Tatsachen entsprach. Es war ein trockener Tannenzweig gewesen... Nachdem das Feuer erst einmal loderte - und zwar nur im Kamin! - stellte ich fest, dass es hier direkt davor nun doch langsam recht kuschelig wurde und beschloss, vorerst einfach hier sitzen zu bleiben. Nach einigen Minuten tauchte dann auch Kayin wieder auf und der Schein des Feuers schimmerte auf seinen feuchten Haaren und seiner hellen Haut. Ich starrte ihm solange halbwegs fasziniert an, bis ich merkte das ich ihn fasziniert anstarrte und ging dann dazu über mich zu fragen, wo zum Teufel der solange gesteckt hatte. Dann fiel mir auf, dass er sich bereits trockene und warme Kleidung angezogen hatte. Das musste mir bei all dem Gestarre irgendwie entgangen sein... Ich blickte an mir hinab und stellte fest, dass ich noch immer meinen flauschigen blauen Bademantel trug... na ja, auch recht. Ich würde mich hier jetzt jedenfalls nicht wegbewegen, um mich umzuziehen. Kayin warf einen bewundernden Blick auf das Kaminfeuer, als hätte er mir so viel Eigeninitiative gar nicht zugetraut, und kuschelte sich dann mit der in diesem Raum allgegenwärtigen Wolldecke auf die Couch. Ich wandte mich um, um auch meinem Rücken etwas Wärme zu gönnen und grinste ihn an. "Du darfst Gott zu mir sagen!" erlaubte ich ihm gönnerhaft. Kayin sagte auch weiterhin Idiot zu mir, was mich ehrlich gesagt nicht überraschte. Trotzdem kam ich nicht umhin, darüber nachzudenken, ob ,Idiotengott' jetzt eine Verbesserung darstellen würde, oder nicht. Ich äußerte diesen Gedanken meinem lieben Kumpel gegenüber und er nannte mich beim besagten Namen und fragte, ob ich mich jetzt besser fühlen würde. Eigentlich nicht. Na ja, den Versuch war's wert gewesen. Das Knacken und Knistern aus dem Kamin lullte mich langsam aber sicher von der realen Welt in jene Welt, in die nur schläfrige kleine Eijis jemals Einblick erhielten und deren Geheimnisse wohl auch besser für immer welche bleiben. Auch Kayin war auf der Couch schon ziemlich weggetreten, als uns ein verdächtiges Klacken aus dem Dämmerzustand riss. Nun ja, zumindest hätte es das tun sollen, aber irgendwie ähnelte unser ,Dämmerzustand' dann wohl doch schon zu sehr einem ausgewachsenen Koma, als dass das Geräusch der sich öffnenden und schließenden Tür noch irgendwie in unser Bewusstsein vorgedrungen wäre. So bemerkte ich Emi erst, als sie schon direkt neben mir stand und mich mit einem Schwall kalter Luft begrüßte. Diese heimtückische Attacke drang fast unbehindert durch meine mühsam aufgebauten Schutzschilde aus warmer Luft und ließen mich frösteln. Trotzdem spielte ich eine Sekunde lang mit dem Gedanken, mich einfach tot zu stellen, in der Hoffung, dass sie dann wieder gehen und ihre kalte Luft mitnehmen würde. "Ich weiß, dass du wach bist, Eiji!" drang nun aber ihre liebliche Stimme durch meine Gedanken. Mist. Sie hatte mich durchschaut! "Hallo, Emi!" rief ich also und versuchte meine Stimme einen freudig-überraschten Klang zu geben, gewürzt mit einer winzigen Prise Schlaftrunkenheit. Dem Blick nach zu urteilen, den sie mir zuwarf, war dieser Versuch ganz jämmerlich gescheitert. "Ich dachte du wärst noch in... irgendwo," fuhr ich fort und versuchte, meine Stimme möglichst normal klingen zu lassen, was jedoch daran scheiterte, dass ich dabei anfing, mir Gedanken darüber zu mach, was ,Normal' bei mir eigentlich bedeutete. Dies schien Emi allerdings nicht aufzufallen, denn sie winkte mit einer großzügigen Geste ab. "Ist was dazwischengekommen," meinte sie nur. "Ich fahre morgen." "Na fein!" stellte ich fest. "Und was treibt dich zu so später Stunde noch hierher?" "Erstens ist es noch nicht so späht und zweitens wollte ich nur meine Tasche holen, die ich vorhin hier vergessen habe." "Vorhin?" echote ich ziemlich verständnislos. Wann vorhin? Es gab kein Vorhin! Oder doch? Ich warf hilfesuchend einen Blick zu Kayin hinüber, aber der tat so als wäre er eine Wolldecke und ignorierte mich. "Ich war vorhin schon mal hier, um zu sehen , ob ihr da wärt," lüftete die einzige Weibliche Komponente neben Kayins Haaren in diesem Raum das Geheimnis. Und gleich noch eines dazu! "Da dem nicht so war, bin ich wieder gegangen. Ach ja, ich hab übrigens die Heizung etwas runtergestellt, das Haus war völlig überheizt." Ich glaube, jeder Mensch kennt das Gefühl, dass ich in diesem Augenblick verspürte. Es ist das Gefühl, dass einem sagt, man würde sich vermutlich gleich viel besser fühlen, wenn man nur eine bestimmte Person vom Diesseits ins Jenseits befördern würde. Dummerweise ist das aber gesetzlich verboten und unserer Beziehung hätte das auch nicht gut getan. Ich ließ es also bleiben. "Danke, das war sehr vorausdenkend von dir!" stöhnte ich statt dessen nur und hoffte, dass in meinem Tonfall nicht allzu stark meine Gedanken mitschwangen. Offensichtlich nicht. Emi setzte sich auf die Couch, offensichtlich ohne allzu viel Angst um ihr Leben. Was wollte die eigentlich noch hier? "Seid ihr Heiligabend zu hause?" fragte sie, offensichtlich nicht gewillt, sich wieder zu erheben, ihre Kalte Luft zurückzupfeifen und mit selbiger in Friedern von dannen zu ziehen. Plötzlich sehnte ich mich nach meinem Bett und ein Paar warmen Socken. "Sag mal, wo steckt eigentlich Kayin?" fragte Emi weiter und sah sich suchend um. Ich machte eine unbestimmte Geste in ihre Richtung. "Ich glaube, du sitzt drauf..." Das Geräusch, dass Mädchen in solcherlei Situationen von sich zu gegen pflegen ist... seltsam, aber interessant. Wieder einmal bereute ich, kein Tonbandgerät bei mit zu haben, als meine Freundin mit einem niedlichen kleinen Hopser aufsprang und die Wolldecke beiseite zog. "Hallo," sagte Kayin. "Achherrjeh!" sagte Emi. "Bradeldu," sagte ich. Das hatte keine besondere Bedeutung, ich hatte nur das Bedürfnis, irgendetwas zu sagen. Naja, ich wurde sowieso ignoriert. Aber dennoch, die Taktik ging auf. Emi war der Vorfall offensichtlich so peinlich, dass sie sich doch recht schnell zurückzog. Schön und gut, aber verstehen tat ich es nicht so recht. Ich meine, von so was geht die Welt nicht unter, und - auch wenn bösartige Gerüchte etwas anderes behaupten - ich glaube nicht, dass Kayin sie deswegen gleich in Steifen schneiden und dem nächsten Supermarkt als Rind anbieten würde. Andererseits... Naja, wenn ich so daran dachte, auf wen ich mich im Laufe meines Lebens schon so alles versehentlich draufgesetzt hatte... Und auf wen so allem mit Absicht... Besser nicht darüber nachdenken, sonnst redete ich noch im Schlaf davon. Die Fleischabteilung beim Supermarkt wäre einfach ein zu banales Ende für jemanden wie mich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)