Die Rache einer Hexe von yezz (oder: Das Loch im Raum-Zeit-Kontinuum) ================================================================================ Kapitel 24: Klavier ------------------- Die Nacht verlief ereignislos und somit wachte Anuhea ausgeschlafen auf. Leise ging sie ins Bad, um sich etwas frisch zu machen und ihr Exorzisten-Outfit wieder anzulegen. 'Daran werde ich mich nicht gewöhnen...', dachte sie dabei. Als sie ihre Haare zu einem Pferdeschwanz gezähmt hatte, schlich sie sich zur Tür. Über die Treppe gelang sie ins Erdgeschoss. „Kann ich ihnen was zu Essen oder Trinken bringen?“, fragte der freundliche Gastwirt, der sie auch gestern empfangen hat. „Ein grüner Tee wäre toll!“, gab sie zurück und er verschwand in der Küche. Wieder fixierte sie das Klavier am Ende des Raumes. Das leise Klirren der Tasse auf dem Holz der Theke holte sie zurück in die Gegenwart. „Sagen sie mal, würde es ihnen was ausmachen, wenn ich eine Runde spiele?“, fragte sie und deutete dabei auf das Instrument. „Nur zu. Das hat jedoch schon Ewigkeiten niemand mehr gemacht. Also gebe ich keine Garantie, dass es noch funktioniert. Stellen sie nur bitte Ihre Tasse nicht auf das Klavier.“, gab er zurück. Sie schaute ihn empört an. „Ich würde niemals eine Tasse darauf abstellen!“, stellte sie klar. Der Wirt hob beschwichtigend die Hände und lächelte. „Ich sag es ja nur!“ Während sie den Raum durchquerte, nahm sie einen Schluck Tee. 'Naja, nicht so gut, wie der aus dem Orden.', stellte sie fest. Die Tasse ließ sie am nächstgelegenen Tisch stehen. Dann ging sie auf das Objekt ihrer Begierde zu. Der kastenförmige Körper hatte schon einige Macken abgekommen. Sie klappte die Abdeckung nach oben und spielte ein paar Töne. Die Saiten hatten in der Vergangenheit vielleicht ein wenig gelitten, aber die Stimmung war vorhanden. Also ließ sie ihren Finger über die Tasten fliegen und spielte ein Stück nach dem anderen. Alles, was ihr gerade so einfiel. Von klassischen Kompositionen, bis hin zu moderneren Liedern. Sie fühlte sich in das Musikzimmer der Shibusen zurückversetzt. Unzählige Stunden hat sie dort bereits mit Soul verbracht. Entweder hatten sie gemeinsam am Flügel gesessen oder sie hatte ihn mit anderen Instrumenten begleitet. Bei der Gelegenheit hat sie ihm hin und wieder auch die Grundlagen einiger anderer Musikinstrumente erklärt und beigebracht. Dabei hatte sie nach spätestens einer Stunde immer wieder zu hören bekommen: „Och, ich glaub, ich bleib beim Flügel!“. Damit war das Thema dann für ihn erledigt. Darüber muss sie bis heute grinsen. Ohne Gefühl für die Zeit reihte sie Lied an Lied. Sie wusste nur, dass Kanda sich vor einer Weile in die hinterste Ecke des Raumes verdrückt hatte. Genauso, dass ein Deckenpfeiler den Blick auf seinen Tisch versperrte. Sie hatte ihn in einer kurzen Teepause entdeckt, wollte ihm aber seine Ruhe lassen. Also spielte sie einfach weiter. Als sie einen Schatten zu ihrer Rechten wahrnahm, wollte sie schon erschrocken aufhören. Jedoch blickte sie in das vertraute Auge Lavis. Dieser deutete ihr lächelnd, weiterzuspielen. Er zog sich einen Stuhl an die Seite und setzte sich auf Höhe des Klaviers, sodass Anuhea ihn ansehen konnte. Er streckte seine Beine von sich, verschränkte seine Arme im Nacken und schloss genießerisch die Augen. „Spielst du oft Klavier?“, fragte er, als sie geendet hatte und nach ihrer Tasse griff. „Nein, eigentlich spiele ich hauptsächlich Gitarre. 'Drüben' ist Soul der Pianist und ich wechsel das Instrument, je nach Musikrichtung und Laune.“, erklärte sie. „Kannst du auch singen?“, fragte er dann. Sie wurde ein bisschen rot. „Ja, naja.“, sagte sie. „Es reicht zumindest dafür, dass die Leute nicht gleich abhauen.“, meinte sie zwinkernd. „Dann sing mal was!“, bettelte der Rotschopf schon fast. „Du kannst dich damit auch selbst begleiten.“, er deutete aufs Klavier. „Puh...“, schnaubte die Sensenmeisterin. „Jetzt gehst du aber in die Vollen.“ „Bitteeeeeee!“, der aufgesetzte Hundeblick brachte sie zum Lachen. „Nagut, aber hör auf so zu gucken!“. Kurz überlegte sie, was sie spielen sollte und ließ dann erneut ihre Hände über die Tasten gleiten. Lavi lehnte sich zufrieden zurück. Nach drei Liedern brach sie erneut ab. „So, ich denke das reicht mal für heute.“, sagte sie und klappte die Abdeckung herunter. Der Bookman öffnete die Augen und beugte sich vor. In diesem Moment waren Schritte auf der Treppe zu hören und Lenalee erreichte das Erdgeschoss. „Guten Morgen. Du steckst also hinter der Musik!“, stellte sie fest und bewahrte Anuhea so vor dem Versuch des anderen Exorzisten, sich eine weitere Zugabe zu erbetteln. „Wenn wir ja jetzt vollzählig sind, können wir ja frühstücken.“, schlug die Grünhaarige vor. Erst jetzt erkannte Lavi, dass auch Kanda bereits im Essbereich saß. „Seit wann ist der hier?“, fragte er die Musikerin. „Öhm, keine Ahnung.“, log diese. Da es in der Gaststätte morgens kein Soba gab, bestand ihr Frühstück aus einem Apfel. Sie traute einigen Lebensmitteln in dieser Welt immer noch nicht. Der Schwertkämpfer hingegen begnügte sich nur mit einem Tee. Die anderen beiden schlugen dafür ordentlich zu. „Wenn wir jetzt angegriffen werden, könnt ihr euch kaum bewegen, so vollgefressen seid ihr!“, murrte Kanda. „Keine Angst, ich sehe und spüre nichts in der Richtung.“, versuchte die Braunhaarige ihn zu beruhigen. Zumindest wusste sie durch das „Che.“ des anderen, dass er ihr zugehört hatte. „Wie sieht also die Tagesplanung für heute aus?“, wollte sie wissen. „Wir gehen in den Wald und schauen, was uns dort erwartet.“, beantwortete Lenalee ihre Frage. „Braucht ihr denn noch einen Verdauungsschlaf, oder können wir gleich los?“, grummelte der Blauhaarige erneut. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)