Wie Frühling und Herbst von Memories_of_the_Moon ================================================================================ Kapitel 14: ------------ Oropher und Thranduil zogen sich in die königliche Privatbibliothek zurück, wo sie ungestört waren und aufgrund einer Anweisung des Königs keine Störungen zu befürchten hatten. Thranduil nahm sofort am Schreibtisch Platz, Oropher aber – anstatt sich ebenfalls hinzusetzen und seinem Sohn alles zu berichten – ging vor dem Fenster auf und ab, immer wieder vor sich her murmelnd, aber kein Wort an seinen Sohn richtend. Dieser zeigte sich zunächst geduldig, wurde aber mit der Zeit immer unruhiger – er sah wie die Miene des Königs immer ernster und ernster wurde und wollte endlich wissen, was los war. „Vater!?“ Erschrocken zuckte Oropher zusammen; es wirkte so, als habe er vergessen, dass er nicht alleine im Zimmer war. „Vater, was ist los?“ „Tut mir Leid, mein Sohn“, meinte der Elbenherrscher endlich und ließ sich ebenfalls am Schreibtisch nieder, „ich bin etwas zerstreut....“ „Ja, das sehe ich“, entgegnete Thranduil. „Und langsam mache ich mir Sorgen...“ Der König sah seinen Sohn mit unentschlüsselbarer Miene an. Thranduil wartete. Als jedoch noch immer keine Erklärung kam, fügte er so verständnisvoll wie möglich hinzu: „Vater, nein, mein König, nicht ohne Grund habt Ihr mich rufen lassen. Nun lasst mich auch helfen.“ Und tatsächlich verfehlten diese Worte ihre Wirkung nicht. „Schlechte Neuigkeiten“, begann Oropher. „Es gibt Gerüchte, dass Sauron einen weiteren Ring der Macht erschaffen hat und nun Orkheere um sich versammelt. Er will offenbar ganz Mittelerde unter seine Herrschaft bringen...“ Er machte einen Moment Pause, dann fuhr er fort: „Gil-galad und Isildur wollen ein Bündnis schließen, eine gemeinsame Armee aus Elben und Menschen, um gegen Sauron in den Krieg zu ziehen und ihn in seinem Wahnsinn aufzuhalten.“ „Werden wir uns anschließen?“, war das einzige, das Thranduil dazu wissen wollte. „Ich werde mich noch mit einigen anderen Elbenfürsten beraten“, antwortete Oropher. „Das Bündnis ist vorerst auch nur eine Idee, es ist noch nichts ausgemachte und wird wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Außerdem sollte auch noch der Wahrheitsgehalt dieser Gerüchte überprüft werden... Wie dem auch sei, ich wollte dich wissen lassen, was auf uns zukommen könnte.“ Thranduil nickte. „Ich werde natürlich mein Amt als Kronprinz wieder an oberste Priorität stellen und dir zur Seite stehen, wo ich nur kann, Vater.“ „Ich danke dir, mein Sohn.“ Oropher blickte Thranduil mit echter Dankbarkeit an. „Nun geh' ruhig wieder zur Menschenfrau, heute werde ich deine Dienste nicht benötigen.... Ach ja, noch was. Sprich bitte mit niemandem darüber; wir wollen keine unnötigen Sorgen bereiten, vor allem, wenn die Dinge noch nicht feststehen...“ Der Kronprinz nickte zustimmend. „Ich danke dir für dein Vertrauen in mich, Vater.“ Oropher lächelte wohlwollend und deutete eine Verbeugung an. Thranduil verneigte sich ebenfalls und ging. Der Kronprinz kehrte zu den Ställen zurück, ahnte aber bereits, dass er Kalera und Gornarbelethas dort nicht mehr antreffen würde. Als sich seine Vermutung bestätigte, löste das ein eigenartiges Gefühl in ihm aus. Er war ein wenig enttäuscht. Enttäuscht, dass Kalera nicht hier auf ihn gewartet hatte, enttäuscht, dass sie Zeit mit Gornarbelethas verbrachte. Er wollte sie jetzt am liebsten um sich haben, damit sie ihn ablenkte von all diesen düsteren Gedanken, von den Sorgen und Befürchtungen, die seit dem Gespräch mit seinem Vater durch seinen Kopf spukten. Gleichzeitig war er aber auch sauer auf Gornarbelethas, dass er sie einfach so gestört und ihre Zweisamkeit zerstört hatte. Sie war ihm doch so nah gewesen, ein perfekter Augenblick, und jetzt war alles weg. Da fiel ihm plötzlich wieder ein, dass Kalera ihm ja einen Zettel zugesteckt hatte, kurz bevor sie sich hatten trennen müssen. Thranduil zog ihn heraus und las: „Ich warte auf dich, heute Abend bei der alten Weide.“ Mehr stand da nicht. Doch mehr brauchte es auch nicht, damit Thranduils Herz schneller schlug. Der Abend konnte gar nicht schnell genug kommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)