Something in December von katzendrache (Gefühlschaos zu Weihnachten) ================================================================================ Kapitel 1: 1. Advent - Ungebetener Gast --------------------------------------- Erster Advent – Ungebetener Gast Mit starr nach draußen gerichtetem Blick hob ich ein Bein auf das Fensterbrett, um ihm unbemerkt zu folgen. Ein leichter, schwereloser Schnee hatte begonnen, vom dunklen Himmel zu fallen und jetzt in diesem Moment, in dem ich drauf und dran war, heraus zu finden, wohin er wieder so spät verschwinden mochte, spürte ich doch ein gewisses Maß an Aufregung in mir aufkeimen, so als wäre es unheimlich wichtig, was ich hier tat. Wie war es nur dazu gekommen? Und in diesem einen Moment, indem mein Körper sich in die Dunkelheit der Nacht erhob und mein Gesicht die ersten feuchten Schneeflocken zu spüren bekam, durchdrangen mich die Erinnerungen an die letzten zehn Tage, in denen mein eigentlich ruhiges Leben so seltsam unterbrochen worden war. Alles hatte an dem Montag nach einem dieser Feiertage angefangen, die die Menschen jedes Jahr vier Wochen vor diesem komischen Weihnachtsfest feiern. Advent nennen sie das. Und es war der erste von vier. Ich hasse ja diese Feiertage generell, aber trotzdem feiere ich jedes Jahr mit – zumindest bin ich physisch anwesend, solange die dieses Tralala veranstalten. Es gibt gutes Essen, also kann man sich nicht beschweren, aber den Sinn verstehe ich immer noch nicht. Interessiert mich auch nicht. Das einzige, was ich diesmal daran interessant fand, war der Tag danach. Es war gegen Nachmittag. Ich hatte gerade mein Training beendet und wollte auf einen Snack in die Küche gehen, als ich Bulma mit jemandem an der Haustüre reden hörte. An der Aura und der wahnsinnig nervigen Tonlage erkannte ich binnen einer Sekunde, dass es Kakarott sein musste, der sie wohl besuchte. Zuerst dachte ich mir nichts dabei. Erst, als sie ihn die Treppe hinaufführte, was sie sonst noch nie getan hatte, wurde ich hellhörig. Sie gingen bis in den zweiten Stock. Eine Türe wurde geöffnet. Mein Misstrauen wuchs. Die einzigen Orte, die sich dort oben befanden, waren mein Privatzimmer, ein großes Bad und einige Gästezimmer. Meine Stirn legte sich wie automatisch in Falten. Als ich Bulma herunterkommen hörte – Kakarott nicht im Schlepptau – ging ich in die Küche und tat so, als wäre nichts. Nahm ein Brot und begann, daran herum zu nagen, während ich jeden von Bulmas Schritten genau beobachtete. Wir kommunizierten nicht sonderlich viel miteinander. Das hatten wir nie. Es war auch nicht nötig. Und das wenige an Kommunikation, das dann doch statt fand, ging normalerweise nie von mir aus. Diesmal schon. „Was will der hier?“, fragte ich geradeheraus. Bulma sah mich irritiert an. Als wunderte sie sich, dass ich den Mund aufmachte, ohne angesprochen worden zu sein. „Er wird hier eine Weile wohnen. Das hab ich dir doch neulich gesagt?“ Mürrisch schüttelte ich den Kopf. Die holte mir meinen Erzfeind ins Haus?! Gut, mittlerweile hatte sich diese unangenehme Aggression zwischen uns irgendwie gelegt, vor allem seit unserem Sieg gegen Boo, aber er war schließlich immer noch mein größter Konkurrent! „Ach, da hast du sicherlich wieder mal nicht zugehört...“, säuselte sie und begann, Gemüse klein zu schneiden für das Abendessen. „Also, er wird hier eine Zeit lang wohnen.“ „Wieso?“ So viel Interesse kannte ich von mir selbst nicht, aber irgendwie passte es mir nicht, dass er hier sein würde. Das war mein Revier. Mein Haus. Bulma seufzte. „Ich würde ja sagen, frag ihn doch selbst, aber ich glaube, es ist besser, wenn du ihn eine Weile in Ruhe lässt.“ Sie machte eine bedeutungsschwangere Pause, mit der sie mich verrückt machte. Sie machte das immer. Diese Pausen. Ich wollte Informationen. Und sonst nichts. „Son Goku und Chichi haben sich getrennt.“ Das weckte mein Interesse nun doch auf ein so unnormales Maß an, dass ich fast mit einem weiteren 'wieso' heraus geplatzt wäre, wenn ich nicht gewusst hätte, dass sie mir sowieso alles erzählen würde. Die beiden Turteltauben hatten sich getrennt? Schön für Kakarott, dass er endlich von dieser schrecklichen Frau los kam, aber wie er das nun letztendlich angestellt hatte, wollte ich doch zu gerne wissen. „Sie haben scheinbar schon vor längerer Zeit beschlossen, dass sie sich trennen, sobald Son Goten nicht mehr zu Hause wohnt. Sein Umzug in dieses neue Studentenheim in der südlichen Hauptstadt war vorgestern und jetzt haben sie es eben durchgezogen.“ „Aha“, hörte ich mich murren. „Und wieso ausgerechnet hier?“ „Das ist auf Chichis Mist gewachsen.“ „War ja klar.“ Ich musste gehässig grinsen, als Bulma mit verstellter Stimme dieses Weib nachahmte. „'Du weißt doch wie er ist'“, quietschte sie in höchsten Tönen. „'Er würde am liebsten in diesem heruntergekommenen Haus in den Bergen wohnen, aber da war ja seit Jahren niemand und es ist doch schon Winter. Er holt sich dort nur den Tod...'“ Dann schaltete sie wieder auf normal. „Und dann hat sie gefragt, ob er nicht hier ein Zimmer haben könnte.“ Ich musste kurz lachen. „Das heißt, Kakarott lässt sich von seiner Nicht-mehr-Ehefrau aufdiktieren, wo er zu wohnen hat? Dieser Kerl ist... Ach verdammt, dafür gibt’s gar kein Wort...“ „Er tut ihr damit einen Gefallen, Vegeta“, belehrte mich Bulma. „Sei einfach nett zu ihm. Er macht eine schwere Zeit durch. Ich weiß ja nicht mal, von wem von beiden diese Trennung ausging. Vielleicht fühlt er sich verletzt. Lass ihn in Frieden, oder lenk ihn ab. Kannst ihn ja mal mit auf deine Arbeit nehmen oder so.“ „Spinnst du jetzt vollkommen?“ Dieser Gedanke war so abstrus, dass ich es mir nicht einmal vorstellen wollte. Und so verging der erste Abend. Beim Abendessen schwieg ich eisern. Alles, was ich hätte sagen wollen, wäre doch nur wieder abschätzig gewesen und Bulma hätte sich aufgeführt. Darauf hatte ich schlichtweg keine Lust. Und Kakarott wirkte weder bedrückt, noch bekümmert, noch sonst irgendwie anders, als sonst. Er war der gleiche unausstehliche Sonnenschein, der er immer war. Zum Kotzen. Zwei, drei Mal versuchte er, mich in seine Unterhaltung mit Bulma und Trunks einzubeziehen, aber zum Glück war er wenigstens intelligent genug, ein lustloses Brummen als Ablehnung zu verstehen. Am nächsten Morgen beim Frühstück schlug Bulma uns dann vor, dass wir doch gemeinsam trainieren sollten und merkte an, dass wir uns ja so lange nicht mehr gesehen hatten. „Keine Zeit“, grummelte ich lustlos und stopfte noch etwas von den Brötchen in mich rein. „Arbeit.“ „Du arbeitest?“, fragte Kakarott mich und ich spürte seinen ätzend neugierigen, fröhlichen Blick regelrecht auf mir. „Ja.“ Zu mehr konnte ich mich nicht aufraffen. Dieser Typ machte mich kirre. „Papa arbeitet in einem Dojo von Mister Satan“, erklärte Trunks, ebenso fröhlich. Wie konnten die eigentlich morgens schon so fit sein? „Er bringt Jugendlichen Karate und Kung-Fu bei.“ „Aha.“ Kakarott klang überrascht. Natürlich, er war nie wirklich arbeiten gegangen. Zumindest nicht, soweit ich mitbekommen hatte. Und natürlich war es seltsam, dass ich arbeitete, schließlich war ich der Herrscher einer verdammten Kriegerrasse und lebte bei der reichsten Frau auf diesem Planeten, aber die Tage waren einfach so verdammt langweilig geworden, seit keine Feinde mehr auf die Erde kamen. Und das im Dojo war eine wunderbare Gelegenheit, eventuelle zukünftige Krieger auszubilden. Und bei diesem Satan lernten sie ja nicht wirklich etwas. Im Grunde war keiner so gut geeignet für den Job, wie ich. Die Schüler hassten mich. Und sie verehrten mich. Und endlich bekam ich mal den Respekt gezollt, der mir auch gebührte. „Kann ich da nicht mal mitkommen?“ „Nein!“, posaunte ich raus und warf ihm einen aggressiven Blick zu. Was dachte der sich eigentlich?! „Wenn du schon in meinem Haus leben musst, dann bleib mir wenigstens auf der Arbeit fern!“ „Ist ja gut...“, entschuldigte er sich treudoof. Gott, wie ich das hasste, wenn er das tat! Das war so unwürdig! So ehrlos! Nie konnte er mal zu dem stehen, was er eigentlich wollte. Und obwohl es das Gegenteil war, von dem, was ich selbst wollte, kam mir dieses Verhalten so unheimlich ätzend vor... Eine Schande, so einen als einen meiner Rasse bezeichnen zu müssen... Kaum zu glauben, dass er so viel stärker war, als ich. Nach diesem unsäglichen Frühstück, ging ich in mein und Bulmas Schlafzimmer, das sich im ersten Stock befand. Der erste Stock war sozusagen unsere Familienebene. Trunks Zimmer am einen Ende des Ganges, unseres am anderen Ende und dazwischen ein großes Bad und ein Zimmer, das früher Trunks' Spielzimmer gewesen war. Mittlerweile stand darin aller möglicher Ramsch, den ich seit Jahren nicht gesehen hatte, und natürlich gab es da auch noch Bulmas riesigen begehbaren Kleiderschrank, in dem ich auch ein Eckchen hatte. Ich besaß nicht viel. Nur ein paar Alltagskleider, etwas Schickes, in das Bulma mich immer hinein zwingen musste, wenn sie wollte, dass ich es trug – meist half nur Bestechung – und eben allerhand Trainingsbekleidung. Ich stopfte etwas davon in meine Trainingstasche für die Arbeit, aber meine Schuhe konnte ich nicht finden. Sie musste wohl noch in meinem Privatzimmer ein Stockwerk weiter oben liegen. Also warf ich mir die Tasche über die Schulter und ging nach oben. Ich öffnete die Türe, ging hinein, fand die Schuhe und packte sie rasch ein. Ich war schon ein wenig spät dran. Wie meistens eigentlich. Aber das war mir egal. Ich wollte gerade zur Türe hinaus stürmen, als ich Schritte im Gang hörte. Ich hielt inne. Das war sicherlich Kakarott auf dem Weg in sein Zimmer. Ich wollte ihm nicht wirklich über den Weg laufen, also blieb ich in meinem Zimmer und lugte nur vorsichtig durch einen kleinen Spalt, den die Türe geöffnet war, hinaus, wann er wohl vorbei sein mochte. Und dann lief er endlich vorbei, aber irgendetwas an ihm war anders. Er verschwand in seinem Zimmer. Seine Türe klickte leise, als sie ins Schloss fiel. Ich ging hinaus auf den Gang und blickte ihm nach. Was war das nur gewesen? So hatte ich ihn noch nie gesehen und ich fragte mich, ob es daran lag, was ich beim Frühstück gesagt hatte. Aber eigentlich war das ja absurd. Vielleicht lag es aber auch tatsächlich an dieser Trennung von diesem Weib, dass er nun tatsächlich schwermütig und beklemmt aussah. Ich flog auf die Arbeit, aber dieser Gesichtsausdruck ging mir nach. Beim Frühstück war er noch so fröhlich gewesen und auf dem Gang hatte er ausgesehen, als wäre er die Depression höchstselbst. Kakarott in Trauer. Das schien mir irgendwie schwer begreiflich. Und während ich so weiter nachdachte, was dahinter steckte, wurde mir klar, dass ich Mitleid mit ihm hatte. Was war ich nur für ein verweichlichter Mensch geworden... Die darauf folgenden Tage ging es so weiter. Immer wenn ich ihn sah, hatte er sein dämliches Grinsen im Gesicht. Sein 'mir geht es so toll und die Welt ist so schön'-Grinsen. Ich hasse es! Glücklicherweise gab Bulma ihm Beschäftigungen, die sonst wahrscheinlich ich hätte erledigen müssen und er tat alles, was sie sagte, mit dieser Leichtigkeit und Freude, die man von ihm kannte. Und jedes Mal, wenn ich ihn irgendwo alleine sah, hatte er diesen anderen Gesichtsausdruck. Diesen traurigen, niedergeschlagenen. Und nachdem ich diesem zum zweiten Mal gesehen hatte, wurde mir klar, dass sein fröhliches Wesen, das er hier so knallhart in Gesellschaft durchzog, eine scheiss Maske war! Der machte seinen ganzen Freunden etwas vor! Und um mich darüber zu versichern, dass ich auch Recht hatte, beschloss ich, ihn heraus zu fordern. Ich saß also in meinem Zimmer. Es war absolut still. Normalerweise ließ ich das Radio oder den Fernseher laufen, aber diesmal saß ich einfach nur auf meinem Sofa und wartete. Und dann hörte ich, dass er die Treppe herauf kam. Ich stellte mich also in den Halbschatten vor meiner Zimmertüre, an den Türstock gelehnt und wartete darauf, dass er auf dem obersten Treppenabsatz ankam. Und als ich ihn dann erblickte, hatte er tatsächlich diesen Blick drauf, als wäre die Welt soeben untergegangen. Ich rührte mich nicht. Er tat ein paar Schritte in den Gang, direkt in meine Richtung, bevor er mich bemerkte. Und eben dieser Moment war einfach göttlich. Hätte einer von diesen Spielfilmen nicht besser machen können. In dem Augenblick, in dem er mich bemerkte, floss die Sonne regelrecht in sein Gesicht, sein Körper wurde aufrecht, sein Gang beschwingter und seine Mundwinkel zogen sich nach oben. Ja, diese Maske war so perfekt, dass selbst ich sie nicht hätte durchschauen können, wenn ich nicht das, was darunter lag – was auch immer das sein mochte – gesehen hätte. Dabei war ich eigentlich der Meister, was emotionale Masken anging. Selbst seine Augen schienen zu leuchten. Es war perfekt. Einfach perfekt. „Hallo Vegeta“, grüßte er fröhlich. Meine Stirn runzelte sich. „Ich wusste gar nicht, dass du hier oben bist. Was machst du hier?“ Ich blickte ihn nichtssagend an. Nur mit gerunzelter Stirn, so als hätte ich irgendetwas nicht verstanden. Aber er verstand augenscheinlich nicht, was ich damit sagen wollte. „Mein Zimmer ist hier oben“, erklärte ich simpel. „Du hast ein eigenes Zimmer? Ich dachte, du und Bulma-“ „Erstens geht dich das rein gar nichts an“, unterbrach ich ihn herrisch. „Und zweitens: Ja, ich habe ein eigenes Zimmer und ja, ich teile auch ein Zimmer mit Bulma.“ Ich sah regelrecht die Ratlosigkeit in seinem Gesicht, als ich nichts weiter dazu sagte. Die Situation war mehr als peinlich. Da standen wir also und wussten beide ganz genau, dass er etwas versteckte. Und was es auch war, da war immer noch dieses Mitleid darüber in mir. Jetzt, da ich wusste, dass es wirklich so war, wie ich dachte, sogar noch eine Spur mehr. „Training?“, fragte ich ihn tonlos. Er nickte. Seit wann konnte ich eigentlich Mitleid empfinden?! Nach gut drei Stunden Training in meinem Gravitationsraum waren wir beide ausgelaugt und viel entspannter, als noch zuvor. Diese wenigen Stunden des Kämpfens hatten uns ein bisschen von dieser Stimmung zurück gegeben, die wir damals während dem Kampf mit Boo geteilt hatten. Es fühlte sich gut an, wieder ordentlich zu trainieren, auch wenn ich ihn immer noch nicht eingeholt hatte. Fast fühlte es sich ausgelassen an, völlig ausgelaugt neben ihm den Trainingsraum zu verlassen. Und ich merkte, dass es auch ihm um einiges besser zu gehen schien. Er wirkte ausgeglichener. Sein Lachen wirkte nicht übertrieben. Es war mittlerweile spät geworden. Draußen war es bereits dunkel. Bulma saß im Wohnzimmer im Erdgeschoss und schaute irgendeinen Schwachsinn im Fernsehen. Ich zog mich in mein Zimmer oben zurück. Setzte mich aufs Sofa, öffnete mir eine Flasche Bier und schaltete ebenfalls diese sinnlose Flimmerkiste ein. Irgendwann hörte ich auf dem Flur Kakarotts Türe. Er war wohl in sein Zimmer gegangen. Und als ich die vergangenen Trainingsstunden in meinem Kopf Revue passieren ließ, blickte ich gedankenverloren aus dem Fenster in den sternenklaren Himmel. Und dann erblickte ich Kakarott, der in rasantem Tempo von der Capsule Corp. fort flog. In meinem Kopf formte sich eine Frage. „Wohin zum Teufel fliegt dieser Kerl so spät?“ Ich blieb noch ein paar Stunden wach, faulenzte zu diesem absolut langweiligen Action-Film, der lief. Trank Bier. Ich hatte am nächsten Tag frei, also gönnte ich mir ein paar mehr. Und dann war ich wohl nach einer Weile auf dem Sofa eingeschlafen. Dass Kakarott irgendwann wieder nach Hause kam, bekam ich nicht mit. Es musste wohl ziemlich spät gewesen sein. ~~~ooo~~~ Das nächste Frühstück ließ Kakarott aus. Er war absolut nicht wach zu kriegen. Erst gegen Mittag stand er auf. Er sah aus, wie gerädert. Trotzdem trainierten wir am Abend. Es pendelte sich so ein, dass wir fast jeden Abend miteinander trainierten. Meist nicht so spät, wie beim ersten Mal. Und auch in diesen scheinbar langsam Alltag werdenden Tagen, bekam ich in unbeobachteten Momenten diesen traurigen, niedergeschlagenen Gesichtsausdruck zu sehen. Ich muss dazu sagen, dass ich ihn irgendwann regelrecht suchte. Ihn verfolgte, wenn ich wusste, dass er irgendwo alleine war. Irgendetwas an diesem Anblick interessierte mich. Es durchdrang mich regelrecht. Ich wollte zu gerne wissen, was dahinter steckte, aber ich konnte ihn ja nicht einfach so fragen. Das lag nicht in meiner Natur und es war auch nicht mein Recht, es zu erfahren. Also versuchte ich, es auf meine Weise heraus zu finden. Und was mir auch weiterhin auffiel war, dass er alle paar Tage, eher unregelmäßig, nachts das Haus verließ, so wie ich es schon einmal zufällig mitbekommen hatte. Immer flog er in dieselbe Richtung. Und immer kam er erst spät, oder besser gesagt 'früh' zurück. Und jeden Morgen danach blieb er Ewigkeiten in seinem Bett liegen, als hätte er eine anstrengende Nacht hinter sich gehabt. Natürlich fragte ich mich insgeheim, was er trieb, wenn er weg war. Ich stellte Spekulationen an, ob heimlich trainierte, oder ob er vielleicht eine neue Frau hatte, die er traf. Oder ob er irgendetwas ganz anderes machte. Ob er in die Berge ging oder zu diesem Haus, in dem er aufgewachsen war, wie ich gehört hatte. Oder ob er vielleicht irgendeine seltsame Perversität ausübte, die man ihm absolut nicht zugetraut hätte. Und irgendwann wuchs meine Neugierde ins Unermessliche. Genau genommen war das zehn Tage nachdem er bei uns eingezogen war. Drei Tage nach diesem komischen zweiten Advent, an dem Bulma überflüssigerweise einige andere ihrer Freund zum Essen eingeladen hatte. Diesen Glatzkopf ohne Nase mit seiner ollen Blondine und diesen alten Lustgreis. Keine Ahnung, wieso sie den immer einlud, wo er ihr doch offensichtlich immer noch an die Wäsche wollte. Aber versteh einer die Frauen... Und natürlich Kakarotts Söhne und diese Satan-Tochter. Meiner Meinung nach eine viel zu große Gesellschaft, aber in Voraussicht auf die Feier, die Bulma wieder für Weihnachten plante, noch ein übersichtlicher Haufen... Kakarott hatte wieder einen auf heile Welt gemacht. Mittlerweile machte mich das rasend. Ich wollte verdammt nochmal wissen, was für ein Geheimnis dieser Kerl mit sich herum trug. Und so hatte ich beschlossen, ihm das nächste Mal zu folgen. Absolut unauffällig und absolut unbemerkt. Und so kommen wir an dem Punkt an, an dem ich aus dem Fenster klettere und den ersten Schnee des Jahres auf meinem Gesicht spüre. Kakarotts Aura ist unterdrückt, aber ich folge ihm grob in die Richtung, in die er geflogen ist. Ich sehe ihn, wie einen winzigen Punkt am Horizont, dem ich unablässig folgen muss, weil er sonst augenblicklich verschwunden sein würde. Es ist arschkalt und ich bin froh, dass ich meine olle Winterjacke über gezogen habe, bevor ich gegangen bin. Ein leichtes, aufgeregtes Kribbeln durchzieht meine Körpermitte, so dass ich mich nicht ganz wie eingefroren fühle. Mühsam folge ich ihm durch dieses Scheisswetter. Kapitel 2: 2. Advent - Unerwartete Melodie ------------------------------------------ Zweiter Advent – Unerwartete Melodie Kakarotts Aura war unterdrückt, aber ich folgte ihm grob in die Richtung, in die er fortgeflogen war. Ich sah ihn, wie einen winzigen Punkt am Horizont, dem ich unablässig folgen musste, weil er sonst augenblicklich verschwunden wäre. Es war arschkalt und ich war froh, dass ich meine olle Winterjacke übergezogen hatte, bevor ich gegangen war. Ein leichtes, aufgeregtes Kribbeln durchzog meine Körpermitte, so dass ich mich nicht ganz wie eingefroren fühlte. Ich wusste nicht, warum ich überhaupt aufgeregt war, schließlich ging es nur um Kakarott. Aber irgendetwas sagte mir, dass ich gerade etwas absolut Intimem auf der Schliche war. Etwas, das mich normalerweise absolut nicht interessiert hätte und mich nichts anging. Ich folgte ihm eine ganze Weile durch dieses Scheisswetter. Mit Sicherheit fast eine halbe Stunde. Schon lange hatten wir die grellen Lichter der Hauptstadt hinter uns gelassen. Wir mussten uns irgendwo auf dem Land befinden. Schwer zu sagen. Der Schnee peitschte mir ins Gesicht und verdeckte die Sichtmöglichkeiten auf den Boden. Alles schien unbewohnt. Keine fremden Auren zu spüren. Und dann irgendwann sah ich eine Kleinstadt, auf die wir wohl zuflogen und dann landete Kakarott. Ich landete auch. In einiger Entfernung. Es war eine kleine Stadt, absolut nicht mit der Hauptstadt zu vergleichen, und dennoch irgendwie mit einer freundlichen Atmosphäre. Einige Straßenlaternen warfen ein dämmriges Licht auf den Schnee, der langsam liegen blieb und die Straßen weiß färbte. Ich hatte mir ungefähr gemerkt, wo Kakarott gelandet war, doch ich wollte nicht direkt dorthin fliegen. Ich wollte um keinen Preis auffallen. Ihm schon gar nicht. Also schaute ich mir diese Stadt zunächst zu Fuß an. Es war ein lauschiges, idyllisches Plätzchen und ich meinte, der Geruch von Salzwasser läge in der Luft. Also wahrscheinlich ein Städtchen in Küstennähe. Und irgendwie absolut nicht mein Ding. Immer mehr Fragen bildeten sich in meinem Kopf, die sich alle um das zentrale Thema 'was will Kakarott hier?' drehten. Nach einigen Straßenbiegungen erreichte ich die Straße, in der ich meinte, Kakarott landen gesehen zu haben. Es war eine düstere Straße. Recht eng. Die Häuser waren sehr alt und die Straßenbeleuchtung hier war mehr als spärlich. Nur am anderen Ende der Straße, direkt an der Ecke, brannten im Erdgeschoss Lichter. Mit gerunzelter Stirn lief ich auf das Gebäude zu. Recht schnell wurde mir klar, dass es sich wohl um eine Bar handeln musste. Als ich auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand, erkannte ich das große Schild, das über den kleinen Fenstern thronte. 'Zur alten Perle' stand da in ausgeblichen-weißen Buchstaben auf dunkelrotem Grund. Langsam näherte ich mich einige Schritte. Die Dunkelheit sollte mich eigentlich gut schützen, da es da drinnen viel heller war, als hier draußen. Dennoch hielt ich mich vorsichtig im Schatten des Hauses. Ich hörte Stimmen, die dort heraus drangen. Allesamt gedämpft durch das milchige Glas der Fensterscheiben. Ich riskierte einen vorsichtigen Blick durch eine davon. Ich konnte regelrecht spüren, wie sich meine Augen bei diesem Anblick überrascht, nein verwirrt, oder einfach nur ungläubig, irritiert?... weiteten. Ich hatte meine Gesichtszüge nicht mehr unter Kontrolle und konnte nur vom Glück reden, dass ich nicht aus Versehen irgendwelche Laute von mir gab- Da saß Kakarott tatsächlich da drin, in dieser Bar, in dieser abgefuckten, verrauchten Spelunke mit gedimmten Licht, direkt am Tresen, den Kopf nach vorne geneigt, und starrte gedankenverloren in sein Bierglas. In einer Hand hielt er eine brennende Zigarette, an der er wie auf Kommando zog. Er schien das Zeug tief in seine Lungen zu saugen, ehe ein unförmiger Wust aus Rauch wieder seinen Körper durch den Mund verließ. Die seltsamen Empfindungen, die dieses Bild in mir auslöste, waren absolut unbeschreibbar. Und noch dazu war mir absolut schleierhaft, wieso es das in mir auslöste. Im Grunde hätte es mich gar nicht interessieren sollen und es ging mich ja auch nichts an, wie Kakarott seine Nächte verbrachte und wie oft er wohl schon hier gewesen war, um mitten unter all den anderen Gestalten, die sich noch in dieser Bar tummelten, zu saufen und zu rauchen. Aber es passte einfach nicht zu ihm. Es passte nicht zu diesem sonst so fröhlichen Kerl, der wohl einfach nur jahrelang all seinen Frust in sich hinein gefressen hatte, um seine Familie und Freunde davon zu verschonen. Genau das, dachte ich, musste der Grund hierfür sein. Und für einen kurzen Moment überlegte ich, ob ich nicht hinein gehen und mir ebenfalls ein Bier bestellen sollte. Ihm zeigen sollte, dass ich ihn wohl – auf seltsame Art und Weise – irgendwie verstand. Und dass ich – vielleicht, wer weiß – irgendwie für ihn da sein könnte – solange wir einfach nur wortlos dasitzen konnten. Ein Mann großer Worte würde ich wohl nie werden, aber ich konnte da sein. Immerhin war da wohl eine total verquere Verbindung zwischen uns. Etwas, das ich eigentlich nie hatte zulassen wollen. Ich spürte es. Seit dem Kampf gegen Boo. Im Grunde... seit dieser Fusion. Diese Verbindung... Dieses seltsame 'mehr über ihn wissen wollen'. Aber ich wollte es nie zulassen. Wollte nicht, dass wir Freunde wurden. Dass wir uns besser kennen lernten. Ich wollte niemanden besser kennen lernen. Und wollte auch nicht, dass irgendjemand mich kannte. Was Bulma von mir kannte, war ja schon grenzwertig viel... Ich wollte nur mir gehören. Ich betrat die Bar nicht. Aber noch bevor ich weg fliegen konnte, wurde ich Zeuge von etwas, was mich nie wieder loslassen sollte. Einer von diesen anderen Gestalten in der Bar erhob sich von seinem Tisch und ging hinüber zu Kakarott. Er sagte ihm irgendetwas. Ich konnte es nicht verstehen in dem Stimmengemisch der Bar. Ich sah nur, dass Kakarott sich umdrehte und zu dem Tisch sah, an dem der Mann gesessen hatte. Dort saßen noch andere Leute, die ihn anlächelten und irgendetwas sagten. Und dann erblickte ich in Kakarotts Gesicht das Aufblitzen eines melancholischen Lächelns. Ein so weiches, wie ich es noch nie gesehen hatte. Der Mann, der zu ihm an den Tresen gekommen war, setzte sich wieder zu seinen Freunden und im ersten Moment dachte ich, er hatte Kakarott bestimmt mit an den Tisch eingeladen, aber da hatte ich mich mehr als nur ein bisschen getäuscht. Kakarott erhob sich von seinem Barhocker, nahm sein Bierglas und seine Zigarette und lief auf die andere Seite des Raumes. Neugierig folgten meine Augen ihm. Und dann – ich glaubte es kaum – weiteten sich meine Augen tatsächlich noch um einiges mehr, als zuvor. Kakarott nahm Platz auf einem kleinen Hocker vor einem alten, heruntergekommenen Piano. Mir bildete sich ein Kloß in meinem Hals, der zugleich meine gesamte Magengegend ausfüllte. Und dann setzte er seine Hände auf die Tasten und begann zu spielen. Ich unterdrückte ein heiseres Lachen. Kakarott spielte Klavier?! Das schien mir so verdammt surreal, dass ich es einfach nicht glauben konnte! Und doch, als ich meinen Blick irritiert wieder diesem Anblick zu wand, war es immer noch derselbe... Kakarott saß am Klavier, mit Zigarette im Mund, mit geschlossenen Augen, … mit Händen, die über die Tasten zu gleiten schienen... Mein Mund klappte auf. Mein Atem wurde flach. Und eine beschissene Gänsehaut lief mir über meinen gesamten Körper., als ich diese Melodie hörte. Das war... … wunderschön. Noch nie in meinem gesamten Leben hatte ich dieses Wort benutzt. Ich drehte mich weg vom Fenster, lehnte mich mit geschlossenen Augen gegen den kalten Stein des Hauses. Lauschte dieser Melodie. Sie klang wie ein Traum. Sie durchdrang mein ganzes Sein und löste Dinge in mir aus, mit denen ich nicht umgehen konnte. Bilder aus meiner Vergangenheit. Die schon so lange vergangen waren, dass sie keine Rolle mehr zu spielen schienen und doch berührte es mich zutiefst, als ich auf einmal nach Jahren der emotionalen Verschlossenheit das Bild meiner Mutter vor mir sah. Wie sie mich an hoch hob und an sich drückte. Wie ich mich dagegen wehrte, weil ich schon als Kind ein starker Saiyajin sein wollte, obwohl ich diese Liebkosungen eigentlich genossen hatte. Aber ich hatte all das nie zugelassen. Genau so wie ich ihr nie gesagt hatte, dass ich sie liebte. Aber spielte das überhaupt noch eine Rolle? Ich dachte nicht... Bis zu jenem Moment. Irgendetwas in mir schien aufzuplatzen. Ich wollte weg. Ich wollte gehen. Wollte diesen Bildern entfliehen, sie nicht sehen und doch konnte ich mich nicht von der Stelle bewegen. Ich musste dieser Musik lauschen... Nach einer Weile endete das Lied und Kakarott begann, eine andere Melodie zu spielen. Sie klang fröhlicher, als die davor, und die Stimmung im Raum schien sich zu ändern. Ich blickte nochmal durch das Fenster. Sah, Kakarotts Gesichtsausdruck, der völlige Leidenschaft ausdrückte. Hingabe. Wo er das Spielen wohl gelernt hatte? Ob wohl irgendjemand in seiner Familie oder von seinen Freunden wusste, dass er das konnte? Oder wie er es konnte? So... leidenschaftlich? Eine beleibte, ältere Frau erhob sich von ihrem Tisch und begann, im Takt der Musik irgendein Sauf-Lied zum Besten zu geben. Ich bemerkte, wie hart mein Herz gegen meine Brust pochte. Ich wollte nicht gehen, ich wollte am liebsten dort hinein und mit in diese Stimmung abtauchen, die mich an die abgefuckten Abende unter Freezers Herrschaft erinnerten, wenn mal keine Mission anstand, aber instinktiv war mir, als müsse ich gehen. Weil ich mir sonst nicht mehr selbst hätte treu bleiben können. Und nichts, absolut nichts würde jemals über meinen Stolz gehen! Meine Zähne knirschten, als ich mich von diesem Anblick los riss. Dann flog ich wieder hinaus in das Schneegestöber. In Richtung Hauptstadt. Das war also Kakarotts Welt gewesen. Und ich war eingedrungen. Kurz und unbemerkt. Ich schloss mein Fenster hinter mir, zog die nassen Sachen aus und legte mich auf mein Sofa. Starrte im Dunkeln vor mich hin. Mein Kopf war leer. Es fühlte sich gut an. So, als hätte irgendetwas darin Ordnung geschaffen. ~~~ooo~~~ Schon als ich am Tag darauf auf meinem Sofa aufwachte, mit absolut verspanntem Nacken, konnte ich an nichts anderes denken, als an das, was ich am Abend zuvor gesehen hatte. Angestrengt versuchte ich, diese Melodie in meinem Kopf zu rekonstruieren. Aber es wollte mir nicht gelingen. Sie war zu ungreifbar. Es war unglaublich gewesen. Nie hatte Musik mich so berühren können. Nie hatte irgendjemand oder irgendetwas mich so tief berühren können. Und ich hatte nur eine einzige Frage, die ich beantwortet haben wollte. Wie würde ich das wieder haben können? Als ich mit Bulma und Trunks am Frühstückstisch saß, fiel mir die Lösung wie Schuppen von den Augen. Aber ich wusste, dass ich geschickt vorgehen musste. Und absolut nicht zu schnell! „Musst du heute arbeiten?“ Ich gab nur ein abwesendes „hmmm“ von mir, was als 'ja' zu deuten war. Bulma fragte nicht weiter. Sie hätte auch keine weitere Antwort gekriegt. Also ging ich den Tag über ins Dojo, konzentrierte mich so gut ich konnte, mit meinem Plan im Hinterkopf. Ich musste taktisch klug voran gehen... Als ich am Abend nach Hause kam, saß Kakarott bei Bulma und Trunks im Wohnzimmer. Sie spielten irgendein Spiel auf dem Boden. Kakarott hatte Augenringe. Scheinbar war es wieder spät geworden... In der Ecke des Raumes stand ein riesiger Tannenbaum. Er sah unheimlich nackt aus, wenn man wusste, dass er in den nächsten Tagen irgendwann geschmückt werden würde. Ich verstand sowieso nicht, wieso Bulma ihn immer schon so früh im Haus haben wollte, aber scheinbar war das irgendeine unanfechtbare Familientradition. Wenigstens konnte mir dieser olle Weihnachtskram und der Baumschmuck bei meinem Plan behilflich sein. Zumindest, wenn ich schneller war, als Bulma. Und in diesem Moment wurde mir klar, dass auch von mir wieder erwartet wurde, dass ich irgendwelche seltsamen Weihnachtsgeschenke anschleppte. Ich seufzte genervt und zog mich zurück. Am nächsten Tag wollte ich meinen Plan in die Tat umsetzen. Am frühen Nachmittag war Trunks in irgendeiner Vorlesung auf der Uni und Bulma war irgendwo auf Besorgungen. Wahrscheinlich noch einmal Friseur vor Weihnachten... Wie jedes Jahr. Jedenfalls wusste ich, dass sie länger nicht zu Hause sein würde. Ich saß in der Küche und trank Kaffee – schon wartend – , als Kakarott herein kam. „Oh, hey Vegeta“, grüßte er in seiner gut gelaunten Maske. „Hm“, murrte ich, bedacht auf alles, was ich tat. Ich beobachtete, wie er sich ein Sandwich machte. Und wie er sich mir gegenüber an den Tisch setzte und es verputzte. „Trainieren wir heute wieder?“, fragte er mich mit vollem Mund und für eine Sekunde fragte ich mich ernsthaft, ob das der gleiche Kakarott war, den ich am Piano gesehen hatte... Ich nickte. „Ach und Kakarott...“ Mein Herz setzte für einen Schlag aus. Jetzt galt es. „Ja?“, fragte er grinsend, als wäre er geradezu darauf erpicht, dass ich irgendetwas zu ihm sagen würde. „Bulma hat mir aufgetragen drüben im Poolhaus ihren Weihnachtskrempel zu holen.“ Er glotzte mich fragend an. Ich starrte genervt zurück, wie ich es immer tat, und verschränkte meine Arme. „Soll ich dir dabei helfen?“, fragte er schließlich. Ich schloss meine Augen. Das war Antwort genug. „Jetzt gleich?“, fragte er weiter. Ich nickte. „Okay.“ Er erhob sich vom Tisch. Ich wusste, dass er noch nie im Poolhaus gewesen war. Und ich wusste, dass das Poolhaus seit ein paar Jahren auch nicht mehr wirklich ein Poolhaus war, sondern dass Bulmas Vater es hatte umbauen lassen. Und Bulma hatte mir natürlich nicht aufgetragen, ihren Weihnachtskrempel dort zu holen, aber praktischerweise wusste ich, dass er dort in einem Schrank lag und dass jemand ihn früher oder später sowieso holen musste. Ich ging zum Schlüsselbrett neben der Küchentüre und nahm den richtigen Schlüssel. Dann führte ich Kakarott durch die Terrassentüre hinaus in den Garten, durch die dünne Schicht von Schnee, die noch auf dem Weg lag, bis hinüber zum Poolhaus. Es hatte nur wenige, kleine Fenster, durch die man nicht wirklich etwas sehen konnte. Sie waren im Zuge des damaligen Umbaus von innen abgedunkelt worden. Ich schloss die Türe auf und ging hinein. Kakarott folgte mir. Ich ging rüber zu einem Stromkasten und als Kakarott hinter mir ankam, haute ich die Sicherungen rein. Urplötzlich ging das Licht an. Ich konnte regelrecht spüren, wie Kakarott die Augen aus dem Kopf fielen, was mir natürlich ein selbstgefälliges Grinsen entlockte. „Was ist das hier?“, fragte er fasziniert und in seiner Stimme lag ein ehrfurchtsvolles Flüstern. Ich grinste. „Bulmas Vater hat das Poolhaus vor ein paar Jahren umgebaut, damit er einen Ort für seine Bücher hat. Voll fürn Arsch, wenn du mich fragst. Hier ist so gut wie nie jemand drin.“ Die gesamten Wände waren mit deckenhohen Bücherregalen verkleidet, die auch zum Bersten gefüllt waren. Außerdem gab es einen kleinen Kamin, vor dem zwei große, grüne Ohrensessel standen und der Boden war komplett mit dunkelrotem Teppich ausgelegt. „Nur manchmal werden hier drin irgendwelche Empfänge gegeben. Lauter so piekfeiner Scheiss.“ „Mhm“, gab Kakarott nur erstaunt von sich und näherte sich dem wuchtigen, schwarzen Konzertflügel, der in einer Ecke des Raumes stand. Mit Sicherheit war dieses Ding seit Monaten nicht gespielt worden. Mit einer inneren Faszination folgte ich Kakarotts Bewegungen. Wie er das riesige Instrument sachte umrundete. Fast wie eine Raubkatze. Doch dann dachte ich, ich sollte ihn dabei vielleicht lieber nicht beobachten, sonst würde er sich ertappt fühlen. Also lief ich zielgerichtet auf einen massiven, dunkelbraunen Einbauschrank zu, öffnete ihn und nahm zwei Kartons heraus. „Da sind dann noch zwei drin, wenn du die dann mit rüber bringst...?“ Ich ließ ihm nicht mal die Zeit zu antworten und verließ das Poolhaus. Aber vor der Türe wartete ich und lauschte gespannt. Es war still. Zu gerne wäre ich drinnen geblieben. Diese Stille quälte mich und ich hörte, wie mein Blut durch meine Adern pulsierte. Dann ein kurzes Knarzen. Er hatte den Deckel von der Tastatur geöffnet... Mein Herz klopfte lauter. Er spielte drei kurze Töne, leise, sachte. Es klang unheimlich zärtlich... Ich wartete. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, doch es kam kein weiterer Ton. Nur wieder das Knarzen von Holz und Metall, als er die Tastatur wieder schloss... Eilig ging ich zurück ins Haus und stellte die Kartons ins Wohnzimmer. Schon wenige Momente später kam Kakarott dazu und stellte seine Kartons ab. Zum ersten Mal, seit er hier im Haus war, sah ich ihn in meiner Gegenwart nicht grinsen. Sein Gesicht wirkte gequält. So als beschäftigte ihn etwas. Ich wollte etwas sagen, aber Worte hätten doch auch nichts geändert. Nur, dass er es jetzt offen zeigte... Ich wusste nicht, wie ich das jetzt deuten sollte. Und wie ich damit umgehen sollte. Hatte ich etwas in ihm gebrochen, indem ich ihm den Flügel gezeigt hatte? Oder hatte ich ihm etwas gegeben? „Ich häng den Schlüssel mal zurück in die Küche“, erklärte ich und verließ den Raum. Ich hielt diese Spannung nicht mehr aus. Da lag eine ganz seltsame Stimmung in der Luft. Kapitel 3: 3. Advent - Ungeplante Vorfälle ------------------------------------------ Dritter Advent – Ungeplante Vorfälle Bulma kam von ihren Einkäufen zurück. Sie trug drei riesige Tüten mit sich. Ich spekulierte darauf, dass es Weihnachtsgeschenke waren, die mich absolut nicht interessierten. Ohnehin hatten mir die letzten paar Stunden vor der Glotze nicht allzu gut getan und ich beschloss, mich aus dem Wohnzimmer in mein eigenes Zimmer zurück zu ziehen, bis es etwas zu futtern gab. Gerade als ich die Türe zu meinem Zimmer öffnete, öffnete sich Kakarotts Türe einige Meter von mir entfernt. „Oh, Vegeta“, sagte er halblaut und blickte mich an, als hätte ich ihn bei irgendetwas ertappt. „Ich wollte trainieren gehen. Hast du Lust?“ Ich wusste nicht recht. Die vorige Trauer war aus seinem Blick verschwunden, aber diese aufgesetzte Fröhlichkeit schien sich wenigstens ebenfalls verdünnisiert zu haben. „Nein“, antwortete ich einsilbig und trat in mein Zimmer. „Achso“, antwortete er und ich hörte mit einem Mal Kampfeslust aus seiner Stimme. Ein gewisses Maß an Aggression. „Ich würde dich ja sowieso nur wieder besiegen.“ Ein tiefes Knurren drang aus meinem Hals. „Was?!“, fragte ich ungläubig und trat zurück in den Gang, die Fäuste geballt. Was fiel diesem Kerl eigentlich ein?! „Du hast schon richtig verstanden“, sagte er seelenruhig und starrte mich hart an. Ich musste grinsen. Wie hätte ich solch eine Herausforderung auch ablehnen sollen? Wenig später wärmten wir uns beide im Gravitationsraum auf. Liegestützen, Dehnübungen, Tritt-Schlag-Kombinationen, Sit-Ups. Dann ein kleiner Kampf. Ich stürmte auf ihn los. Zu allem bereit. Er parierte – ebenfalls zu allem bereit. Er gab mir keine Zeit, nachzudenken. Pures Handeln, Instinkt. Routine. Ich ließ ihm ebenfalls keine Zeit. Tritt folgte auf Schlag und Schlag auf Tritt. Keine Energie-Attacken. Keine Verwandlungen. Dann trafen sich unsere Fäuste. Unsere Finger verschränkten sich ineinander und wir maßen unsere Kräfte durch pures Drücken. Provozierten mit Blicken. Die innere Energie auf dem Höhepunkt. Von außen ein scheinbar statisches Bild. Und in diesen zwei oder drei Sekunden, in denen wir uns wegzudrücken versuchten, fielen mir diese Hände auf. Wie sie mit meinen handschuh-bedeckten Händen verwoben waren. Ich hatte sie noch nie wirklich angesehen, wieso auch? Aber automatisch assoziierte mein Gehirn sie mit dieser Zärtlichkeit, mit der sie auf das Klavier gewirkt hatten. Sie sahen gar nicht so zärtlich aus. Eher wie raue Kriegerhände. Grobmotorisch und muskulös. Stark statt grazil. Und eben in diesen zwei oder drei Sekunden, in denen mein verdammtes Scheiss-Hirn abdriftete, gab ich ihm Raum für Angriff. Wie dämlich konnte ich eigentlich sein?! Diese Frage stellte ich mir noch im Flug, als ich mich auf die Wand der GR zubrettern spürte. Mit voller Wucht knallte ich dagegen. Meine Schulter brannte sofort wie Feuer. Er raste mir hinterher, schlug mir abschließend seine Faust ins Gesicht. Mir wurde schwarz vor Augen. Sein verschwommener Kopf erstreckte sich über mir, während ich das Bewusstsein wieder erlangte. Ich lag immer noch im GR auf dem Boden und ich spürte seine Hand, die mein Gesicht tätschelte, damit ich aufwachte. Er redete mit mir. Seine Hand war gar nicht so rau. Verdammt, was dachte ich da?! Mühsam rappelte ich mich in eine sitzende Position auf. Eine unterstützende Hand lag auf meinem Rücken. „Alles in Ordnung, Vegeta?“, fragte er besorgt. „Nimm deine Griffel von mir weg“, blaffte ich ihn an. Ich wollte alles, nur nicht, dass er mich anfasste. Augenblicklich stand er auf und ließ mir meinen Raum. Das war gut. Ich fasste mir an den Schädel. Er brummte gehörig. Aber nichts wirklich schlimmes. Mal wieder hatte er mich geschont... Wie ich diesen Kerl hasste! Und jetzt wagte er es auch noch, mir seine Hand hinzuhalten, um mir auf zu helfen. „Ich brauch deine scheiss Hilfe nicht“, erklärte ich angepisst und versuchte, aufzustehen. Meine Schulter machte sich bemerkbar. Ich musste sie mir geprellt haben. Ich unterdrückte einen Schmerzenslaut. Mein Kreislauf spielte verrückt. Ich strauchelte. Kakarott blickte mich ernst an und hielt mir nun noch fordernder seine Hand hin. Grummelnd griff ich mit meinem unverletzten Arm danach und ließ mir auf helfen. „Alles in Ordnung?“, fragte er und blickte mich besorgt an. Ich hasste diesen Blick. Das war unwürdig... Wie konnte er mich nur so ansehen, als ob es überhaupt nichts zu bedeuten hätte, dass ich schon wieder gegen ihn verloren hatte?! Ich blickte ihn vorwurfsvoll an. Dann drehte ich mich um und verließ wortlos den Raum. Beim Abendessen verlor ich kein Wort. Kakarott hatte vor Bulma und Trunks wieder sein Grinse-Gesicht aufgelegt. Zum Kotzen. Ich ließ mir meine miese Stimmung bewusst anmerken, damit auch keiner auf die Idee kam, mich auch nur im Entferntesten anzusprechen. Und meine scheiss Schulter tat zudem noch höllisch weh. Hin und wieder schielte ich zu Kakarott rüber. Beobachtete ihn unbemerkt. Ausdruckslos. Dann trafen sich unerwartet unsere Blicke. Mir wurde kurz unsagbar heiß. Seine Miene wurde kurz ernst, ehe er fast verlegen zurück auf seinen Teller stierte. Ich fragte mich, woher das gekommen sein mochte. Fast schon ein zu seltsames Verhalten für ihn. Wirklich so, als hatte er etwas zu verbergen und unwillkürlich spekulierte ich, ob es etwas damit zu tun hatte, dass ich ihm diesen Konzertflügel gezeigt hatte. Ob er vielleicht Angst davor hatte, dass ich ihm auf die Schliche kommen würde, was ich natürlich sowieso schon war. In dieser Nacht verließ er nicht das Haus. Spielte nur wieder dämliche Spiele mit Bulma und Trunks im Wohnzimmer. Diese fröhliche Stimmung ging mir auf den Keks, weil ich wusste, dass sie geheuchelt war und dass da ein finsterer Schatten über uns schwebte. Kakarotts Schatten. Wie auch immer dessen Gestalt sein mochte. Am nächsten Tag sah ich ihn nicht wirklich, nur kurz beim Abendessen. Ich war unheimlich kaputt vom Arbeiten und ging früh ins Bett. Kein zusätzliches Training. Diese Kids im Dojo hatten mich zwar nicht an meine körperlichen Grenzen gebracht, aber, wie schon oft zuvor, fast an meine psychischen. An den Rand des Wahnsinns... Ich erwachte kurz aus meinem Schlaf, als Bulma sich neben mich in unser Bett legte. Die Matratze gab ein knurrendes Knarzen von sich. Die Decke hob sich an und ein Körper, der kälter war, als mein eigener, schmiegte sich gegen meinen Rücken. Ich zuckte kurz auf. Hatte wohl irgendetwas gegrummelt, denn wenig später lag Bulma brav auf ihrer eigenen Bettseite. Dieses Gekuschel ging mir auf den Keks. Also nicht grundsätzlich. Aber zur Zeit schon. Ich wollte nachts einfach nur meine Ruhe haben. Sekunden später war ich wieder eingeschlafen. Ich träumte unruhig. Von irgendwelchen Tannenbäumen, von brennenden Häusern und sterbenden Menschen. Gellende Schreie. Ein Planet in Schutt und Asche. Angst. Wie ein unbeteiligter Zuschauer stand ich am Rand von alledem und beobachtete das Elend. Meine Seele weinte. Und hinter alledem hörte ich eine klare Melodie. Diese Melodie... Und dann wurde mir klar, dass der brennende Planet vor mir... mein Planet war. Planet Vegeta. – Ich wachte auf. Bulma lag neben mir und atmete ruhig. Gleichmäßig. Mein Puls beruhigte sich recht schnell wieder auf Normaltempo. Nur ein Traum. Es war nur ein Traum gewesen. Allerdings war mir völlig schleierhaft, weshalb Kakarotts Melodie darin vorgekommen war. Und wie mein Hirn es geschafft hatte, sie zu rekonstruieren. Wo ich doch so lange darüber nachgedacht hatte und absolut nichts mehr davon wusste. In meine Gedanken vertieft, blickte ich aus dem Fenster. Man sah keine Sterne. Es schien völlig dunkel zu sein. Nur ein paar der Straßenlaternen schienen spärlich durch die kalte Luft. Irgendwie machte mich diese ganze Sache mit Kakarott noch verrückt. Was war nur los mit diesem Kerl? Wieso war er so niedergeschlagen? Lag das nur an der Trennung von seiner Frau? Diese Chichi war nun wirklich niemand, um den man übermäßig trauern musste. Ein Grinsen kam über mich. Vielleicht war er überfordert mit der neugewonnenen Freiheit, die er erlangt hatte. Vielleicht brauchte er einfach jemanden, der ihn den ganzen Tag anschnauzte und ihm sagte, was er tun und lassen durfte. Ich unterdrückte ein Lachen. Diese Vorstellung war einfach zu genial. Natürlich konnte das nicht wirklich der Grund sein, oder? Und es erklärte auch nicht, dass er vor allen dieses dämliche Grinsen im Gesicht trug. Bulma und die anderen würden ja wohl Verständnis dafür haben, dass es ihm nach so einer Trennung scheisse ging. Wieso wollte er das nicht zeigen? Es rannte doch sonst auch immer offenherzig durch die Gegend und drängte sich jedem auf... Dieser Idiot... Gemütlich erhob ich mich aus dem Bett, immer darauf bedacht, so wenig Geräusche wie nur möglich zu produzieren. Bulma schlief seelenruhig weiter. Leise schloss ich die Türe hinter mir. Ich brauchte etwas zu trinken. Etwas richtiges. Etwas, das die Gedanken in meinem Kopf abtötete. Im Dunkeln lief ich hinab ins Wohnzimmer. Ging an die Hausbar, nahm ein Glas und schenkte mir etwas von dem alten Whiskey ein, den Bulma mir mal geschenkt hatte. Das Zeug wirkte Wunder. Alkohol... Wenn es etwas gab, wozu die Erdlinge im Stande waren, dann war es das Erzeugen von gutem Alkohol. Mit meinem Glas gewappnet, stellte ich mich an das große Fenster, das in den Garten hinaus zeigte und blickte raus. Eine dünne Schneeschicht lag im Rasen. Seit neulich hatte es nicht mehr geschneit, aber kleine Reste lagen immer noch herum. Meine Augen durchforsteten die Dunkelheit. Ein dünner Strich aus Licht brannte am anderen Ende des Gartens. Ich schaute genauer hin. Was war das? Und dann erkannte ich es mit einem Mal. Im Poolhaus brannte Licht. Das konnte nur bedeuten, dass Kakarott... Ich wusste nicht, woher diese plötzliche innere Aufregung kam, aber mit einem Mal war ich hellwach. Ein unanfechtbarer Drang, nachzusehen, was dort drüben vor sich ging, keimte in mir auf. Binnen Sekunden war mein Whiskey ausgetrunken und ich durch die Küche hinaus in den Garten gegangen. Die Terrassentüre war nur angelehnt gewesen. Leise lief ich hinüber zu dem kleinen Gebäude. Tatsächlich war die Türe ein Stück weit offen und ein gedimmtes Licht drang aus dem kleinen Spalt heraus. Eine leise Melodie säuselte aus dem Inneren hier nach draußen. Unverkennbar saß Kakarott am Klavier. Langsam öffnete ich die Tür und drang in den kurzen Flur ein. Schloss vorsichtshalber die äußere Tür hinter mir. Mein Herz pochte gegen das Innere meines Bauches. Die Musik, die an meine Ohren drang, war mit Melancholie nur so gefüllt... Vorsichtig schob ich die Türe zum großen Raum auf, die ebenfalls nur angelehnt war. Ich lugte hinein. Kakarott saß am Flügel und spielte. Ich sah ihn schräg von hinten. Beobachtete fasziniert, wie seine Hände über die Tasten flogen. Zum ersten Mal sah ich es, ohne dass es durch eine milchige Scheibe getrübt war. Und mein Bewusstsein wusste nicht, wie es darauf reagieren sollte. Diese Musik war so unheimlich schön und so berührend. Ich hatte nicht einmal gewusst, dass ich solche Dinge überhaupt fühlen konnte. Abgesehen davon, dass ich sie eigentlich niemals hatte fühlen wollen. Doch irgendwie machte es mich süchtig. Ich konnte nicht aufhören, mich dieser Selbstfolter, die so gut tat, hinzugeben. Minutenlang stand ich in der Türe. Reglos. Absolut ausdruckslos. Nach innen gekehrt. Starrte diesen Kerl an, der mit seiner Melodie Emotionen in mir aufblühen ließ. Ich fühlte mich wie eine Blume, die im Dunkeln aufgewachsen war und nun nach Jahren zum ersten Mal in die Sonne gestellt wurde. Es brannte in mir... Aber es war gut. Als ich mein Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagerte, knarzte der Boden. Augenblicklich hörte Kakarott auf zu spielen und drehte sich zu mir um. In seinem Blick las ich Entsetzen und Verwirrung. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so leise war es mit einem mal, als wir uns aus einigen Metern Entfernung musterten. In meinen Ohren schwebten noch die Nachwirkungen dieser Melodie. „Wie lange stehst du da schon?“, fragte Kakarott schließlich und seine Stimme klang absolut verschlossen. „Eine Weile“, antwortete ich wahrheitsgemäß. Er blickte kurz zu Boden und dann wieder zu mir. „Was willst du hier?“ „Zuhören“, antwortete ich wieder der Wahrheit entsprechend. Die Spannung, die sich zwischen uns aufgebaut hatte, war beinahe unerträglich. Ich lief rüber zu einem Schrank, von dem ich wusste, dass darin ein kleines Arsenal an Alkohol stand. Ich musste diese Spannung irgendwie ausmerzen... Ich spürte, wie sein Blick mir folgte. Ich nahm zwei Gläser aus dem Schrank und füllte sie mit irgendetwas, das nach Whiskey aussah. Wortlos ging ich zu Kakarott rüber und hielt ihm ein Glas hin. „Hier.“ Zögerlich nahm er es und nippte daran. Dann drehte er sich von mir weg und starrte auf die Klaviatur. Ich trat einige Meter zurück und setzte mich irgendwo auf den Boden, lehnte mich gegen eines der Bücherregale. Blickte ihn an. Er machte keine Anstalten, weiter zu spielen. Ich wusste nicht, was ich sagen oder tun sollte. Er schien, nicht weiter spielen zu wollen, jetzt da ich da war. Zu gerne hätte ich gewusst, ob das an mir lag oder generell daran, dass ich jemand war, den er kannte. Nicht jemand unbekanntes in dieser Bar. „Wieso spielst du nicht weiter?“, fragte ich schließlich in Richtung meines Glases. Dann nahm ich einen Schluck. Er drehte sich nicht zu mir um. Ich sah nur, wie er mit den Schultern zuckte. Und dann drehte er sich doch um. „Wie hast du bemerkt, dass ich hier bin?“ „Das war Zufall. Hab schlecht geschlafen.“ „Hm...“, machte er nachdenklich, als wüsste er nicht recht, was er zu mir sagen sollte. Ich lag im Kampf mit mir selbst. Sollte ich ihn knallhart konfrontieren oder einfach weiter hier rumsitzen, in der Hoffnung, dass er von selbst einfach weiter spielte?... „Ich bin dir neulich zu der Bar gefolgt“, erklärte ich schließlich und blickte ihn direkt an. Sein Blick traf meinen. Entsetzen stand darin. „Du bist mir gefolgt?! Wieso?...“ Ich nippte an meinem Whiskey. „Weil ich wissen wollte, wohin du verschwindest, wenn du morgens nicht hoch kommst.“ Er lachte verbittert. „Als ob du dich dafür interessieren würdest, was ich tue.“ Verwirrt entwich ich seinem Blick. Starrte zu Boden. Er hatte eigentlich recht. Ich hatte mich nie sonderlich für irgendjemanden interessiert. Nicht mal für meine Familie. Wieso dann ausgerechnet jetzt für ihn? Ich hatte es bisher immer erfolgreich vermieden, mich für ihn zu interessieren. Oder dem Interesse, das ich hätte haben können, nachzugehen. Für eine winzige Sekunde wurde mein Körper von einer warmen, blitzartigen Empfindung überfallen. Diesem angenehmen Gefühl von Stärke und Einheit, als wir zu Vegetto verschmolzen waren. All die positiven Energien, die in meinen Geist gedrungen waren, die nur von ihm stammen konnten... Dieses Gefühl von nicht mehr alleine sein. Nie wieder. Und so schnell, wie es aufgetaucht war, war es auch wieder verschwunden. So wie unsere Fusion wieder verschwunden war. So wie ich die Sehnsucht nach diesem Gefühl unterdrückt hatte, ab der Sekunde, in der ich wieder Vegeta und er wieder Kakarott geworden war. Ich blickte ihn an. Er starrte nachdenklich zu Boden. Eine Weile saßen wir schweigend in diesem schwach beleuchteten, viel zu großen Raum. In dieser unerträglichen Stille. Alles in mir sehnte sich nach dieser Musik, die aus Kakarotts Händen zu entstehen schien und ich wunderte mich, wieso ich ausgerechnet jetzt an den Moment nach dem Training denken musste, als er meine Wange angefasst hatte, um mich aufzuwecken. Galant schob ich diesen unpassenden, unwichtigen Gedanken beiseite. Und plötzlich wand er sich ganz langsam um und starrte wieder auf die Klaviatur. Sein Gesicht wirkte gequält, so als könne auch er mit den Fragen in seinem Kopf nichts anfangen. Aber dann legte er endlich seine Hände auf die Tasten und spielte zögerlich ein paar Töne. Mein Inneres war zum Zerbersten angespannt. Dann begann er endlich, eine Melodie zu spielen und ich spürte, wie alles in mir wie auf Kommando losließ und entspannte. Mein Geist schien über mir zu schweben und mein Körper lag gegen dieses Bücherregal gelehnt, als wäre es das Bequemste, das er je gespürt hat. Die Musik klang dunkel und schwer. Ruhig und langsam. Melancholisch. Und irgendwie musste ich an den Vollmond denken. Wie schön er am Himmel stand. Hell und klar, unbeugsam, aber einsam. Ja, diese Musik klang verdammt einsam... Meine Augen waren wie hin und her gerissen dazwischen, sich zu schließen und die Musik ganz in mich eindringen zu lassen oder Kakarott zu beobachten, wie er spielte. Wie seine Hände bedächtig über die Tasten glitten, während sein ganzer Körper Leidenschaft und Emotionen ausdrückte. Wie er sich langsam mit der Musik wiegte. Wie sein Gesicht Schmerz und Trauer ausdrückte. So glitt mein Blick hin und her zwischen ihm und einer Leere in mir, die absolut gut tat. Es schien mir wie Stunden. Wie lange es tatsächlich war, konnte ich nicht sagen. Und doch hörte er irgendwann auf. Gefolgt von einem schweren Seufzen. Er leerte sein Whiskeyglas und erhob sich. „Ich geh schlafen“, erklärte er halblaut, ohne mich anzusehen. Ich nickte und stand auf. Stellte mein ebenfalls leeres Glas zu seinem auf einen Abstelltisch. Gemeinsam, aber absolut wortlos, verließen wir das Poolhaus. Er schloss ab und durch die Küche gingen wir zurück ins Haus. Der Schatten dieser Melodie hing über mir wie ein Schleier, der mich einhüllte und irgendwie einschloss. Es fühlte sich warm und geborgen an. Selten hatte ich mich so melancholisch und gleichzeitig wohl gefühlt. Still lief ich hinter ihm die Treppe hoch. Als ich im ersten Stock nicht abbog, sah er mich verwirrt an. „Ich will Bulma nicht wecken“, erklärte ich kurz angebunden, ohne ihn anzusehen. In Wirklichkeit wollte ich einfach nicht neben ihr schlafen. Ich wollte alleine sein. Ich öffnete meine Zimmertüre und blickte ihm nachdenklich hinterher, bis auch er bei seiner Türe angekommen war. Ich sah, wie er die Klinke in die Hand nahm, aber die Türe nicht öffnete. Über was er wohl nachdachte? Dann betrat ich mein Zimmer. „Vegeta?“ Ich ging zurück auf den Gang. Kakarott hatte immer noch seine Klinke in der Hand und blickte mich an. „Was?“, fragte ich tonlos. Dann sah ich, wie er zu mir rüber kam. Er schien mit irgendetwas in ihm zu kämpfen. Sein Gesicht wirkte angespannt. Er stellte sich direkt vor mich und stützte sich neben meinem Türrahmen mit einer Hand an die Wand. Er beugte sich ein Stück zu mir vor. Fast war mir diese Nähe unangenehm. Wieso, konnte ich nicht einordnen. Beim Trainieren waren wir uns meistens viel näher als jetzt, aber sein Blick war intensiv und fordernd. „Wenn du mich in der Bar gesehen hast“, sagte er halblaut in meine Richtung, aber seine Stimme klang entschlossen. „Dann heißt das, dass du mir mit voller Absicht das Poolhaus gezeigt hast.“ Jetzt war es an der Zeit, dass ich mich ertappt fühlte. Ich ließ mir nichts anmerken. Glaubte ich zumindest. Ich wollte mit einem zickigen 'und?' antworten, aber es blieb mir regelrecht in der Kehle stecken. Ich sagte einfach nichts. „Wieso?“, fragte er ungläubig. So, als hätte ich mit einem 'ja' geantwortet. „Du hast dich doch immer einen Scheiss für mich interessiert.“ Es klang nicht vorwurfsvoll. Es war eine reine Feststellung. Und genau genommen war das richtig. Aber es war auch nicht falsch, dass ich mich nicht doch irgendwie für ihn interessierte. Scheinbar. Wieder antwortete ich nicht. Mit einem Mal wurde sein Blick weich. Fast zärtlich. Seine Augen schienen einen beruhigten Glanz auszustrahlen. „Danke.“ Ein simples Wort. Ich blickte ihm immer noch in die Augen. Ein simples Wort, das mir erst klar machte, was ich eigentlich für ihn getan hatte. Was ich ihm gegeben hatte. Dass ich ihm überhaupt etwas gegeben hatte. Ich atmete tief ein. Diese Augen... Mein verwirrter Geist wollte irgendetwas dazu sagen. Vielleicht ein einfaches 'gerne' oder so etwas wie 'schon gut' oder ein freundschaftliches 'klar'... Was auch immer da raus gekommen wäre, aus meinem Mund, es bekam nicht die Gelegenheit dazu, denn im nächsten Moment wurde er von Kakarotts Lippen verschlossen. Augenblicklich weiteten sich meine Augen. Was geschah hier?! Jede Faser meines Körpers schien panisch zu brüllen. Mein Herz klopfte wie verrückt von innen gegen meine Brust, als wolle es heraus brechen – meine Hände begannen aufgeregt zu zittern – meine Beine fühlten sich an wie dieses Puddingzeug – Gänsehaut überlief meine gesamte Haut, mir wurde gleichzeitig heiß und kalt – absolute Überforderung und schrille Alarmglocken in meinem Kopf – ruckartig schob ich Kakarott von mir weg und blickte ihn entsetzt an. Er blickte ebenso entsetzt zurück. „I-i-i-ich... ich wollte das nicht, Vegeta!“, stotterte er hektisch heraus. „Es tut mir – leid! Es war... ein Versehen, ich...“ Sein Kopf war tiefrot angelaufen, wahrscheinlich genau so wie mein eigener. „...es ist einfach so passiert und es kommt auch nicht wieder vor keine Angst ich... weißt du, es ist nur, ich bin wahrscheinlich einfach nur verwirrt und einsam und du weißt ja, die Musik und so, da wird man melancholisch und – ach scheisse!“ Er hielt kurz inne. Ich starrte ihn einfach nur ungläubig an. Er atmete tief ein und aus, so als wolle er sich beruhigen. „Jedenfalls kommt das nicht wieder vor. Und... es tut mir wirklich leid...“ Dann stolperte er, wie von einer Tarantel gestochen, in sein Zimmer. Und verschwand. Ich stand reglos im Flur. Mein Mund immer noch halb geöffnet und absolut ungläubig. Was war da eben passiert?! Das war doch... Irrsinn! Ich fragte mich ernsthaft, welchen absurden Streich mir mein Verstand da gerade gespielt hatte. Das konnte doch nicht der Wirklichkeit entsprechen, oder? Oder hatte Kakarott mich tatsächlich... geküsst?! Endlich konnte ich mich aus meiner Starre befreien und ging in mein Zimmer. Schloss die Türe und legte mich so wie ich war, aufs Sofa. Starrte gegen die Decke. Fragen in meinem Kopf. Dann erwischte ich mich dabei, wie ich mit den Fingern meiner rechten Hand an meiner Unterlippe herum spielte. Ich scholt mich, damit aufzuhören. Aber es kribbelte. Das Gefühl wollte einfach nicht verschwinden. Und bevor ich einschlief, fragte ich mich, wieso ich keinen Ekel vor diesem Kuss empfand. Und wieso ich mich so genau an das Gefühl von Kakarotts weichen Lippen auf meinen erinnern konnte. Verdammt! Er war immer noch Kakarott!!! ~~~ooo~~~ Als ich aufwachte, war es bereits mittags. Wieder war mein Nacken unsagbar verspannt. Dieses Sofa war einfach nicht zum schlafen gemacht... Außerdem fror ich wahnsinnig, weil ich wohl im Schlaf die Decke weggetreten hatte. Mühsam rappelte ich mich auf und schlenderte in die Küche runter, um das Loch in meinem Magen mit irgendwas zu füllen. Glücklicherweise war ich alleine. Ich machte mir ein paar Sandwiches und setzte mich an den Tisch. Während ich das Zeug verdrückte, schweifte mein Blick durch das Fenster nach draußen. Es schneite. Eine fünf Zentimeter dicke Schicht hatte sich bereits am Boden gesammelt. Dieses Winterwetter auf der Erde hatte mir nie sonderlich zugesagt. Ich mochte eher die warmen Gegenden. Und am andren Ende des Gartens sah ich das Poolhaus, auf dem sich ebenfalls eine weiße Decke sammelte. Vor meinem inneren Auge erschien Kakarott, wie er dort drüben in der letzten Nacht am Flügel gesessen hatte. Wie sich diese Melodie angehört hatte... Und welche Bilder sie in mir ausgelöst hatte. Nüchtern und bei Tageslicht betrachtet, fand ich diese gesamte Situation absolut grotesk. Kakarott am Piano war ja schon grotesk. Dass er eine melancholische Seite hatte, war grotesk. Dass er mich mit dieser scheiss Musik berühren konnte war grotesk. Und dass ich Gefühle hatte, die ich nicht zurück halten konnte. Und das Groteskeste von allem war, dass ich es genoss, diese Gefühle zu fühlen. Ich schnaubte wütend gegen mein Sandwich. Was war ich nur für ein scheiss Weichei geworden?! Die Küchentüre schwang auf. Ich drehte mich um, um zu sehen, wer rein kam. Beinahe wäre mir ein enormer Bissen von meinem Essen im Hals stecken geblieben, als ich Kakarott sah. Er stand reglos in der Türe und starrte mich an. Und in diesem Moment dachte ich nur 'Kuss'. Ich spürte, wie mir Hitze in die Wangen schoss. Eine peinliche Anspannung zog sich quer durch den Raum. Wie sollte ich denn bitte jetzt auf ihn reagieren? Das letzte mal, als wir uns gesehen hatten, hatte er mich verdammt nochmal geküsst?! „Entschuldige...“, sagte er halblaut und blickte mich hilflos an. „Ich wollte dich nicht stören...“ Ohne irgendetwas weiter zu sagen, verließ er die Küche so schnell wie er eingetreten war. Irgendwie fühlte ich mich überfordert. Und ich war froh, dass er gegangen war. Wie sollte ich ihm jemals wieder normal in die Augen sehen? Wie sollten wir jemals wieder miteinander trainieren? Unruhig wanderten meine Augen hin und her. Diese Situation gefiel mir nicht. Wir konnten uns doch jetzt nicht für immer meiden... Oder? Eigentlich wäre das die logischste und einfachste Variante gewesen. Aber wieso wollte sich mein Hirn damit nicht zufrieden geben? Am Abend ließ Kakarott sich nicht beim Essen blicken. Ich konnte es einfach nicht lassen, mich zu fragen, wo er wohl stecken mochte. Ob er mich tatsächlich mied. Ob er überhaupt noch da war oder ob er sich verzogen hatte. Trunks und Bulma wirkten ausgelassen und gut gelaunt. Diese scheiss Weihnachtszeit ging mir so auf die Eier... Ständig waren alle gute gelaunt und freundlich zueinander und gingen miteinander um, als liebten sie sich alle unablässig. So eine heuchlerische Zeit hatte ich vor meinem Leben auf der Erde noch nie erlebt. Auf keinem anderen Planeten hatte ich auch nur annähernd so einen Quatsch erlebt. Aber was sollte ich schon dagegen sagen... Ich konnte nur daneben sitzen und es ignorieren, so gut es ging. Später saß ich mit Trunks im Wohnzimmer vor diesem unheimlich riesigen Fernseher, der natürlich unbedingt notwendig war. Aber der war wenigstens nicht auf Bulmas Mist gewachsen. Den hatte ich Trunks zu verdanken... Er hatte diese seltsame Spielekonsole gekauft und seiner Mutter natürlich gleich weis gemacht, er brauche dafür unbedingt einen größeren Bildschirm. Also lag ich mit meinem Bier ausgerüstet auf dem Sofa und schaute Trunks dabei zu, wie er irgendwelche Missionen durchspielte und irgendwelche Kerle verprügelte. „Wieso machst du das nicht einfach im echten Leben? Das ist doch bekloppt“, merkte ich von der Seite an. „Macht aber Spaß so“, erklärte er, während er wie ein wild gewordener irgendwelche Knöpfe drückte. Ich schüttelte den Kopf und nippte an meiner Flasche. Was war nur mit der jungen Generation los?! Alle verweichlichten... und so was sollte irgendwann mal die Erde beschützen... Na dann gut Nacht! „Vegeta?“, sagte Bulma und betrat das Wohnzimmer. „Können wir... mal reden? Unter vier Augen?“ Genervt erhob ich mich und fragte mich, was sie jetzt schon wieder wollte. Ich wollte einfach nur rumliegen und nichts tun. Und wenn sie jetzt ankam mir irgendeinem Weihnachtsquatsch, dann würde ich einfach gehen. Ich folgte ihr in die Küche und setzte mich ihr gegenüber an den Tisch. Sie hatte Tee gekocht und stellte mir eine Tasse hin. Sie sah bedrückt aus. Regelrecht gequält. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es kein Weihnachtsplausch sein würde, den sie mit mir hier abhalten wollte. Ich schwieg. Sie schien nach Worten zu suchen. Dann atmete sie schwer ein. „Vegeta...“ Sie stockte. Blickte mir tief in die Augen. Ihre Hände zitterten. „Ich verlasse dich.“ Kapitel 4: 4. Advent - Unglaubliche Offenbarungen ------------------------------------------------- Vierter Advent – Unglaubliche Offenbarungen Ich glaubte, nicht richtig zu hören. Sie wollte mich verlassen? Wieso? Hatte Kakarott ihr von dem Kuss erzählt? Aber das wäre doch kein Grund... Oder war es etwas anderes? Mir gingen gerade zehntausend Gründe im Kopf herum, was wohl der Grund sein mochte, aber keiner berührte mich wirklich. Ich spürte mein Herz in meinem Inneren pochen und eine Hitze, die sich in mir ausbreitete. Ich verzog keine Miene. Abgesehen von einem leichten Zucken meines rechten Augenlids, in dem Moment, in dem sie es mir offenbart hatte. Es ging mir nahe, aber ich spürte instinktiv, dass es nicht falsch war... Meine Augen fragten nach einem 'wieso'. Bulma seufzte und fummelte nervös an ihrer Teetasse herum, den Blick gesenkt. „Ich weiß... es ist bescheuert und unfair, vor allem weil wir mitten in der Adventszeit sind. Aber ich kann nicht länger so tun, als wäre nichts...“ Eine ihrer Hände wanderte in ihre Haare und spielte an einer Strähne herum. Ich saß nur starr da und schaute sie an. Tatsächlich wollte ich wissen, was sie mir zu sagen hatte, bevor alles vorbei war. Es war vorbei. Ich wusste das. Auch wenn ich selbst nie auf die Idee gekommen wäre, es zu beenden. „Ich liebe dich immer noch, Vegeta“, sprach sie mit brüchiger Stimme. „Aber ich kann einfach nicht mehr... Und du hast ja auch keine Lust mehr. Das fühle ich. Ich bin ja nicht dumm. Du schläfst seit Monaten immer seltener in unserem Schlafzimmer und angefasst hast du mich auch seit Ewigkeiten nicht mehr.“ Dann schwieg sie. Lange. Und irgendwann blickte sie zu mir auf. Die Spannung zwischen uns war unerträglich. „Willst du irgendwas dazu sagen?“, fragte sie leise. Ich sah, wie sich eine Träne versuchte, aus ihren Augen zu befreien, aber Bulma ließ sie nicht. Auch sie hatte ihren Stolz. Auf eine verdrehte Art und Weise. Aber was erwartete sie jetzt von mir? Was sollte ich dazu sagen? Unsicher senkte ich meinen Blick auf meine Tasse. Ich musste nachdenken. Ich fühlte mich absolut überfordert... Die Situation war neu für mich. „Wie wird das dann weiter gehen?“, fragte ich schließlich mit einem Kloß im Hals. „Ich meine... du wirst nicht wollen, dass ich hier bleibe.“ Sie nickte und atmete geräuschvoll. „In ein paar Wochen ist die neue Version der Kapselhäuser fertig. Ich gebe dir eines davon. Bis dahin kannst du noch hier bleiben. Vielleicht sollten wir es Trunks bis dahin noch nicht sagen. Wegen der Feiertage...Vier Blocks von hier gibt es ein kleines Grundstück, das meiner Familie gehört. Ich schenke es dir.“ Sie lachte verbittert. „Zu Weihnachten...“ Das war die Art von Zynismus, den ich an ihr geliebt hatte. Ein leichtes Lachen flog um meine Mundwinkel. Dann sah sie mich an. „Dann bist du nicht allzu weit weg von der Arbeit und von Trunks.“ Ich nickte langsam. „Ich... danke dir.“ Eine Weile saßen wir schweigsam am Tisch. Schauten uns nicht an. Hingen unseren Gedanken nach. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus. Ich stand auf. Ich spürte ihren Blick auf mir. Meine Fäuste ballten sich. Meine Maske wurde eisern. Ich konnte mit dieser Situation absolut nicht umgehen. Und das wollte ich auch gar nicht. Ich wollte einfach nur weg. Also ging ich. Als ich aus der Küche heraus war, hörte ich, dass Bulma in Tränen ausgebrochen war. Ich fühlte mich elend. Aber was die Realität war, konnte man nicht anfechten. Es tat mir leid, dass sie wegen mir litt. Das hatte sie nicht verdient. Aber ändern konnte ich es auch nicht... Ich zog mich in mein Zimmer zurück. Legte mich auf das Sofa und blickte einfach nur stumpfsinnig gegen die Wand. Blendete alles aus. Dann ein kurzes Geräusch. Ich wusste nicht mal, ob es dagewesen war oder ob ich es mir eingebildet hatte. Oder ob ich einfach nur so eine Ahnung gehabt hatte. Gedankenverloren schaute ich aus dem Fenster. Es war schon dunkel und es schneite immer noch. Ich sah eine kleine Bewegung in der Luft, nicht allzu weit vom Haus entfernt. Ich wusste sofort, dass er es war. Ich spürte, dass er zu mir rein schaute. Nur für eine Sekunde. Dann rauschte er in die Dunkelheit davon. Ich wusste, wo er hin ging und augenblicklich hatte ich den Impuls, ihm zu folgen. Doch dann entschied ich mich, es zu lassen. Ich schaltete den Fernseher ein. Zappte mich durch die Kanäle. Nichts lief. Einfach nichts. Ich machte mir nicht mal die Mühe, überhaupt richtig hinzusehen. Meine Gedanken waren wo anders. Wo ganz anders. Nach einer halben Stunde stand ich auf und zog meine Winterjacke an. Diesmal blieb ich nicht draußen neben dem Fenster stehen. Ich betrat die kleine Bar. Nach außen mochte ich seelenruhig wirken, aber innerlich war ich seltsamerweise aufgeregt. Gespannt darauf, wie er reagieren mochte, wenn er mich sah. Ich setzte mich geradewegs neben ihn an die Bar. Die Luft war rauchig, obwohl nur wenige Leute da waren. Es war leerer als das letzte Mal. Im Hintergrund lief irgendeine komische Musik aus dem Radio. Aber ziemlich leise, so als wollte sie nicht stören. Kakarott blickte mich nicht an, als ich mich setzte, aber ich sah ein Lächeln in seinem Gesicht. „Ich hatte gehofft, dass du kommen würdest.“ Seine Stimme klang leise und ruhig. Er hatte gehofft, dass ich kommen würde?! Er zündete sich eine Zigarette an und bat mir ebenfalls eine an. Ich nahm sie nicht. Bestellte nur ein Bier und sagte kein Wort. Die Zeit verging und wir saßen einfach nur schweigend nebeneinander, unfähig einander anzusehen oder etwas zu sagen. Bis er dann das Schweigen brach. „Vegeta, das gestern Abend, das-“ „Lass uns einfach so tun, als wäre das nie passiert, okay?“, giftete ich ihn an. Ich wollte nicht darüber reden. Es war passiert und fertig. Fertig. Glücklicherweise hielt er den Mund. Er seufzte. „Seit wann spielst du Piano?“, fragte ich ihn irgendwann und nahm einen großen Schluck von meinem Bier. Ich war unheimlich froh, dass ich gerade nicht in der Capsule Corp sitzen musste. Eine Minute länger dort und mir wäre das Dach auf den Kopf gefallen. Wer hätte gedacht, dass mir Kakarotts Anwesenheit mal lieber sein würde, als alleine zu Hause rumzuhocken... „Seit ein paar Jahren“, antwortete er leicht abwesend. „Ich bin beim Trainieren mal in einem kleinen Dorf gelandet. Da hab ich einen alten Mann getroffen, der Klavier gespielt hat.“ Mit einem Mal nahm Kakarotts Stimme etwas verträumtes an, das so gar nicht zu dieser Bar passte. „Ich hab ihm stundenlang zugehört. Ich bin monatelang immer wieder dorthin geflogen, nur um ihm beim Spielen zuzuhören.“ Er hörte auf zu reden. Ich blickte ihn an. Wieso redete er nicht weiter? Ich wollte wissen, wie es weiter ging. Kakarott zog tief an seiner Zigarette und seine Augen leuchteten irgendwie melancholisch. „Nach ein paar Monaten meinte er, ich wäre jetzt bereit, selbst zu lernen, wie man spielt. Vorher hatte ich keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, es selbst zu tun... Für mich war selbstverständlich, dass er spielte und ich zuhörte. Ich dachte, ich bin Kämpfer. Kein Musiker. Aber irgendwie... hat es doch geklappt.“ Ich lachte leise auf. „Typisch. Du findest immer irgendwo zufällig irgendwelche Leute, die dir neue Dinge beibringen.“ Er grinste leicht. „Ja, das ging schon mein ganzes Leben so. Ich habe eben manchmal Glück.“ Dann blickte er mich ernst an. „Keiner von unseren Freunden weiß davon, Vegeta. Nicht mal meine Familie. Ich will, dass das so bleibt.“ „Wieso?“ Nicht, dass ich das nicht respektierte. Im Grunde hatte ich nicht vorgehabt, es irgendwem zu erzählen. Es ging mich ja eigentlich auch nichts an. Aber wieso er diese Musik nicht teilen wollte, mit den Leuten, die er ja ach so sehr liebte und für die er alles tat, das verstand ich irgendwie nicht. „Weil das mein Ding ist“, sagte er rasch und nagte an seiner Unterlippe. Wieso mir das auffiel, wusste ich nicht. „Es ist das einzige, was ich wirklich für mich alleine habe.“ Ich runzelte die Stirn. Immerhin wusste ich ja davon. Aber scheinbar zählte ich nicht. Aus unerfindlichen Gründen. Er blickte mich an und lächelte. „Ich weiß, dass das bei dir gut aufgehoben ist.“ Sein Lächeln war ehrlich. So hatte ich ihn nicht lächeln sehen, seit er sich von dieser Frau getrennt hatte. Ich fragte mich, ob ich jetzt auch so anders wurde oder ob Bulma anders sein würde, als normal. Zweiteres wahrscheinlich schon eher. Sehr wahrscheinlich sogar. Wenn sie unsere Trennung bis nach Weihnachten geheim halten wollte, würde sie da nicht drum herum kommen. Das würde sicherlich unheimlich anstrengend für uns alle werden... Kakarott erhob sich von seinem Platz. Stumm blickte ich ihm nach, wie er den Raum durchquerte und sich an das alte, staubige Klavier setzte. Schon allein dieser Anblick brachte meinen Körper dazu, sich zu entspannen und gleichzeitig erwartungsvoll zu kribbeln. Irgendwie schien mir Kakarotts Musik ein kleiner Lichtblick zu sein, der diesen beschissenen Tag doch noch ertragbar machte. Und dann begann er zu spielen. Eine weiche, leichte Musik, die zwar melancholisch, aber irgendwie auf seltsame Art befriedigend war. So, als läge man an einem warmen Sommertag auf einer grünen Wiese in den Bergen. Ringsumher Stille und keine Menschenseele. Ich driftete gedanklich davon, in eine andere Welt. Mir war, als öffnete sich mein Herz und als würde zum ersten Mal seit meiner Kindheit wieder ein kleiner Strahl von Licht in es hinein blitzen. Ich fragte mich, ob es Zufall war, dass Kakarotts Musik mich so treffen konnte, oder ob sie jeden so berührte. Das war alles so verrückt...! Ich hatte gar nicht gemerkt, dass er irgendwann aufgehört hatte zu spielen. Ich wusste auch nicht, wie lange er gespielt hatte. Es war herrlich. Ich war nicht mehr im Hier und Jetzt, ich war irgendwo anders, irgendwo, wo alles irgendwie gut war. In meiner eigenen Welt. Nur ich und Kakarott und seine Musik waren da. Es war unheimlich entspannend und warm. „Hey Vegeta, du lächelst ja... Das hab ich ja noch nie gesehen.“ Erschrocken sah ich auf. Kakarott setzte sich wieder neben mich und lachte mich an. Ich erschrak. Ich hatte gelächelt? So richtig? Sein Gesicht verriet mir, dass er das wohl ziemlich unterhaltsam fand. Was war daran bitte unterhaltsam? Ein stolzer Prinz lächelt nicht! Ich wischte es mir geradezu aus dem Gesicht. Lächeln... „Tze“, stob ich von mir. Wie konnte ich mich nur so gehen lassen? Ich war ja scheinbar wirklich in komplett anderen Sphären gewesen. Was war diese Musik?! Eine Droge?! Kakarott sah mich immer noch angeheitert an und auf einmal nervte mich sein glückliches Gesicht wahnsinnig. Es kam mir vor, als hätte er einen Einblick in etwas Privates von mir bekommen, ohne dass ich es gewollt hatte. „Ich gehe“, erklärte ich ernst und stand auf. Ich ging los, doch schon nach einem Schritt hielt mich etwas fest. Ich blickte dahin, wo mein rechter Arm festgehalten wurde. Es war Kakarotts Hand, die sich um mein Handgelenk gelegt und mich zurück gehalten hatte. Ich blickte ihn wütend an. „Was?!“, zischte ich ihn an. Was sollte das? „Geh bitte nicht...“ Mein Mund öffnete sich ein Stück weit, um etwas zu erwidern, vielleicht sogar, um zu meckern, aber ich konnte nicht. Sein Blick war so unsagbar weich und zugleich fordernd. Er hatte eine unheimliche Dringlichkeit, die mich einfach nicht weggehen oder wegsehen ließ. Ich haderte mit mir. Ich mochte es nicht, dass er diese Seite an mir gesehen hatte, die ich selbst noch so wenig kannte. Andererseits hatte er mir durch seine Musik ja auch etwas gezeigt, das ich nie gesehen hatte... Langsam setzte ich mich wieder hin und riss meinen Arm aus seinem Griff. „Aber halt ja die Klappe!“, meckerte ich ihn an. „Klar“, antwortete er mit einem wissenden Grinsen. Es war sein angriffslustiges Grinsen. Er wusste genau, was in mir vorging... ein unangenehmes Ziehen breitete sich in meinem Körper aus. Ich versuchte, es zu ignorieren und bestellte noch ein Bier. Ich spürte Kakarotts Blick permanent auf mir. Irgendwann sah ich zu ihm rüber, damit er wusste, dass ich mich beobachtet fühlte. „Ich hab mich so gefreut, dass du hier bist“, erklärte er mit fester Stimme und fixierte mich mit diesem durchdringenden Blick. „Dass du... mir zugehört hast. Sowohl am Klavier, als auch... hier an der Bar. Es tut unheimlich gut, endlich mal mit jemandem zu reden...“ „Hm“, grummelte ich und blickte wieder in mein Bierglas. Ich mochte es ja eigentlich nicht wirklich, zu reden. Was an diesem Abend in mich gefahren war, dass ich mich tatsächlich mit ihm unterhielt und mich für ihn interessierte, wusste ich beim besten Willen nicht. Aber irgendwie schien da gerade etwas in mir zu passieren. Ich fühlte mich anders, als sonst. Irgendwie... einsamer. Nur irgendwie machte es mir auf einmal etwas aus. Nicht so wie in all den Jahren, in denen ich meine Ruhe hatte haben wollen. Ich seufzte schwer. Lag das an der Trennung von Bulma? Irgendwie fühlte es sich nicht so an... Aber vielleicht konnte ich das auch einfach nicht neutral einschätzen. „Wie kam es eigentlich dazu, dass ihr euch getrennt habt, du und dieses Weib?“, fragte ich ihn, in der Hoffnung, er würde mir meine eigene Frage beantworten. Langes, schweres Schweigen folgte. „Es hat nicht mehr gepasst. Da war keine Liebe mehr“, antwortete er schließlich leise und blickte nicht auf. „Letztendlich hat sie es nicht mehr ausgehalten, mich zu sehen. Ich wollte gleich gehen, aber sie wollte, dass wir Son Gotens Auszug abwarten. Und dann wollte sie ja unbedingt, dass ich bei euch einziehe...“ „Aber du wolltest nicht, wenn ich das richtig verstanden habe.“ „Genau.“ „Wieso eigentlich nicht?“ Er blickte auf und mir direkt in die Augen. Lange und durchdringend. Ich sah, wie ihn irgendetwas beschäftigte. Das verwirrte mich. Lag das jetzt an meiner Frage? Gab es etwa tatsächlich einen handfesten Grund dafür, dass er ausgerechnet bei uns nicht wohnen wollte? Er öffnete den Mund, sagte aber erst nichts. Gespannt blickte ich ihn an. Wenn ihm das so schwer von den Lippen kam, musste es ja ein wahnsinnig guter Grund sein... „Wegen dir.“ Meine Augenbrauen schossen in die Höhe und mein Herz raste mir davon. „Was?“ Ich spürte, wie sich meine Schultern versteiften und meine Fäuste sich ballen wollte. Meine Finger umspannten mein Bierglas. Er seufzte und ich sah, dass seine Hände zitterten. Er drehte sich nach vorne und griff ebenfalls nach seinem Bierglas, als brauchte er etwas zu Festhalten. Ich selbst fühlte mich ja auch, als wäre ich in kaltes Wasser geworfen worden. Mein Blick konnte sich nicht von seinem gequälten Gesicht abwenden. Und ich spürte, wie etwas in mir hoch kam. Vielleicht Wut. Oder Enttäuschung. Nach so einem guten Gespräch, so etwas hören zu müssen. Nach.... nach all der Musik und den scheiss Gefühlen, die in mir wach geworden waren. „Ist es... wirklich so unerträglich mit mir?“, fragte ich ihn ernsthaft und zum ersten Mal in meinem Leben stellte ich meine Person in Frage. War ich so unausstehlich, dass man mich ums Verrecken meiden wollte? Dass man nicht mit mir in einem Haus leben wollte? Ich schaute ihn eindringlich an. Ich wollte eine Antwort darauf. Doch zu meiner Überraschung erschien ein Lächeln in seinem Gesicht. Ein melancholisches. Und das verwirrte mich nur noch mehr, denn ich konnte es nicht deuten. Schwermütig blickte er in sein Bierglas. „Du hast es immer noch nicht verstanden, was?“ „Was verstanden?“, fragte ich verwirrt. „Vegeta...“, seufzte er. Dann wurden seine Augen glasig und ich sah, dass er Gänsehaut an den Armen bekam. Seine Hände zitterten immer noch. „Vegeta-“ Er hob seinen Blick und sah mich direkt an. Wie ich ihn absolut verwirrt und fragend anstarrte. Er machte eine lange Pause, in der er um Worte zu kämpfen schien. Lange hielt ich diese Spannung nicht mehr aus... Dann atmete er ein. „Du warst der Grund, wegen dem ich Chichi verlassen habe. Du warst der Grund, weswegen ich nicht in der Capsule Corporation wohnen wollte. Dieser Kuss neulich... war kein 'Versehen'!“ Ich glotzte ihn ausdruckslos an. Ich wusste nicht, was in meinem Kopf jetzt los sein sollte. Ich war einfach nur leer. Ratlos leer. Was sollte ich dazu sagen? „Ich verstehe nicht...“ In Wirklichkeit war das Wunschdenken. Ich verstand genau. Aber ich wollte nicht verstehen. Das konnte doch nicht wahr sein....! Was war das nur für ein abstruser Tag?! Augenblicklich begann auch ich zu zittern und mir wurde innerlich kalt und heißt zugleich. Meine Augen waren starr vor Schreck, genau wie der Rest meines Körpers. Dann spürte ich seine Hand wieder an meinem Handgelenk, wie schon zuvor, so als hätte er Angst, dass ich abhauen würde. Mir wurde heiß bei dieser Berührung. Unangenehm heiß. „Bitte hau jetzt nicht ab, Vegeta... Ich schlepp das schon so verdammt lange mit mir rum und jetzt... jetzt will ich das endlich aussprechen, damit es vorbei gehen kann!“ Ich schluckte meinen Panik runter, als ich die Dringlichkeit in seinem Blick sah. Ich fragte mich, wie lange ich das wohl aushalten würde, bevor ich abhauen musste... Aber ich zwang mich, zu bleiben. Ich wollte das nicht hören... Er ließ meinen Arm nicht los. Aber er wand seinen Blick wieder ab. „Gott, das ist alles so... so grotesk...“, murmelte er in Richtung der Bar und ich erinnerte mich, dass ich dieses Wort in meinem Kopf heute auch schon benutzt hatte. „Wer wäre denn bitte jemals auf die Idee gekommen, dass ich mal solche Gefühle für dich haben würde... Das ist absurd...“ Ein kaum erkennbares Nicken durchdrang meinen Kopf. Immer noch wusste ich absolut nichts, was ich dazu sagen sollte. Mir fehlten schlichtweg die Worte. Und ich hoffte nur, dass Kakarott diese 'Gefühle', die er hatte, nicht auch noch beim Namen nannte... Eine Weile lang schwieg er. Dann ließ er meinen Arm los und trank einen großen Schluck von seinem Bier. Dann seufzte er wieder. Und dann sprach er weiter. „Ich weiß noch genau, wann der Scheiss angefangen hat. Es war nach dem Sieg gegen Boo. Oder eigentlich schon während dem Kampf... Nach dieser Fusion, weißt du?“ Unbewusst nickte ich. Das kam mir bekannt vor. Mir ging es ja irgendwie ähnlich. Dass es ihm auch so ging, hatte ich ja nie ahnen können... Natürlich konnte ich mit so was besser umgehen, als er. Er musste sich da wohl irgendwie rein gesteigert haben. Oder ich hatte es einfach erfolgreicher verdrängt, als er. „Und als du mir neulich das Piano im Poolhaus gezeigt hast... Als du mir dieses 'Geschenk' gemacht hast, da konnte ich nicht mehr anders, als dich zu küssen... Wenigstens einmal... Ich habe es keine Sekunde bereut.“ Ich sah, dass seine Augen glänzten. Er meinte es absolut ernst. Und dann blickte er mich wieder an. Ich musste weg sehen. Ich konnte ihn jetzt nicht ansehen. „Ich hoffe, dass das zwischen uns nichts ändert...“, fügte er ernst an. „Ich arbeite daran, versprochen. Ich will, dass alles so bleibt, wie es ist. Das Schlimmste wäre, wenn du mich ab sofort ignorieren würdest. Jetzt, wo du es weißt... Bitte, tu mir das nicht an, Vegeta...“ Ich atmete tief ein und blickte auf die Unmengen an Schnapsflaschen, die sich im Regal hinter der Bar befanden. „Nein“, sagte ich tonlos. Ich würde ihn nicht ignorieren oder meiden. Nicht nach all dem, was er mir gegeben hatte. Nach all diesen Gefühlen und Erinnerungen, die seine Musik in mir freigesetzt hatte. Das wäre nicht fair gewesen. Ich fühlte mich, als schulde ich ihm das. Abgesehen davon, dass irgendein Teil in mir ihn auch gar nicht meiden wollte. Sogar vielleicht gerne bei ihm war. Gerne mit ihm redete... Obwohl das nun wirklich nicht meine Stärke war. Irgendwo in mir keimte sogar der Wunsch auf, vielleicht einen Freund in ihm zu haben. Jemanden, der mich verstand und so mochte, wie ich war. Mich sogar so..... 'liebte' – dieses Wort missfiel mir zutiefst – wie ich war oder dafür, dass ich ich war. Das hatte noch niemand je getan. Und es schmeichelte mir ungemein. ~~~ooo~~~ Ich sah ihn wenig in den nächsten Tagen. Und ich dachte viel über ihn nach. Manchmal erwischte ich mich sogar dabei, wie ich darüber nachdachte, zu ihm zu gehen. Aber ich tat es nicht. Wieso, wusste ich nicht. Aber irgendwie stand die ganze Sache doch mehr zwischen uns, als ich es vorgehabt hatte. Irgendwie schien er das zu verstehen. Wenn wir uns beim Essen sahen, redete er nicht großartig mit mir. Aber wenn unsere Blicke sich ungewollt oder unbemerkt trafen, schien er mich immer leicht anzulächeln. So, als wisse er genau, was mit mir los war. So, als hätte dieser eine Abend ihn komplett in mein Wesen eindringen und es verstehen lassen. So, als ließe er mich wirklich so sein, wie ich war, und mich die Sache auf meine Art verarbeiten. Und jedes Mal, wenn ich ihm beim Essen begegnete, hatte ich dieses komische, unangenehme Kribbeln in mir. So, als hatte ich Angst, dass irgendjemand irgendetwas merken konnte von dem, was an unserer Freundschaft auf einmal anders war. Aber was war denn eigentlich anders? Ich konnte es beim besten Willen nicht benennen... Die Sache mit Bulma hingegen schien mir weniger tragisch, als ich es mir vorgestellt hatte. Sie war öfter schlecht gelaunt, aber sie mied mich nicht. Manchmal abends kam sie in mein Zimmer, um zu reden. Das hatte sie sonst nie getan. Ich hörte ihr meistens einfach nur zu. Aber das war anscheinend das, was sie wollte. Also tat ich es eben. Die Sache schien ihr wirklich nahe zu gehen und ich wusste, dass sie mich immer noch liebte. Ich liebte sie auch immer noch, aber irgendetwas fehlte. Es funktionierte einfach nicht mehr. Ich konnte mich ihr nicht öffnen und ich konnte ihr nicht das geben, was sie brauchte, weil ich so einfach nicht war. Aber ich war unheimlich froh darüber, dass sie mir keine Szene machte oder mich jetzt hasste. Im Gegenteil. Langsam schien sie anzufangen, mich zu akzeptieren, wie ich war, anstatt mich ständig verändern zu wollen. Einige Tage später beschloss ich, dass es an der Zeit war, diese bescheuerten Weihnachtsgeschenke zu besorgen, die man ja unbedingt brauchte. Und in wenigen Tagen würden diese blöden Feiertage schon sein. Es wurde Zeit für mich. Also zog ich meine Winterjacke an, steckte meinen Geldbeutel in die Hosentasche und verließ das Haus. Im Vorgarten kam mir Kakarott entgegen, der scheinbar von irgendwoher kam. „Hey Vegeta“, lächelte er mich an. Er trug eine hellblaue Winterjacke, die absolut lächerlich an ihm aussah. „Hey“, erwiderte ich tonlos und wollte mich an ihm vorbei schieben. „Was treibst du so?“, fragte er mir hinterher. Ich hielt inne und drehte mich um. „Geschenke kaufen gehen.“ „Achso“, sagte er und grinste mich fröhlich an. Woher nahm er nur diese gute Laune? Und sie schien gar nicht mehr so aufgesetzt... Hatte es ihm tatsächlich so sehr geholfen, einfach über das zu reden, was ihn so fertig gemacht hatte? „Willst du mitkommen?“, hörte ich mich fragen. Ich wunderte mich noch über mich selbst, über meine plötzliche Geselligkeit, aber irgendwie missfiel mir dieser Wandel an mir nicht. Wenn es sich nicht schlecht anfühlte, wieso nicht? Er lächelte breit und gesellte sich zu mir. „Klar.“ Gemeinsam liefen wir bis in die Innenstadt. Wir redeten nicht viel. Aber irgendwie war es angenehm, dass er dabei war. Ich hasste dieses Geschenke Gekaufe. Und so war es vielleicht nicht ganz so scheisse. Die Stadt war unheimlich voll. Natürlich mussten alle ihre Erledigungen machen, an dem Tag, an dem ich ebenfalls unterwegs war. Ich grummelte unzufrieden vor mich hin. „Komm, Vegeta, da gibt’s Glühwein“, forderte Kakarott mich auf und bevor ich irgendetwas sagen konnte, war er schon zu dem kleinen tannenwedel-behangenen Holzhäuschen gelaufen. Ich verdrehte die Augen und folgte ihm. Er drückte mir eine Tasse mit dem heißen Zeug in die Hand. „Was ist das?“, fragte ich genervt. „Du hast noch nie Glühwein getrunken?“, fragte er erstaunt. Ich schüttelte meinen Kopf und nippte vorsichtig an der heißen Brühe. „Bah, das schmeckt ja wie... Zucker mit Alkohol und Saft...“ Er schmeckte nicht sonderlich gut. Viel zu süß. Ich trank es trotzdem. „Du magst das nicht sonderlich, oder?“, fragte Kakarott nach einer Weile. „Was? Das Zeug hier?“, fragte ich angewidert. „Nein, aber ich immerhin haben wir dafür bezahlt. Dann trink ich es auch.“ „Nein“, lachte er. „Das mein ich nicht. Ich meine das Geschenke-Kaufen.“ Wieder verneinte ich. Er musterte mich amüsiert. „Weißt du“, begann er schließlich zu philosophieren. „Manchmal sollte man Menschen, die man liebt, auch zeigen, dass man das tut. Es tut nicht nur diesen Menschen gut, sondern auch einem selbst.“ Ich runzelte die Stirn. „Aha? Ich seh das anders. Wieso sollte ich jemandem zeigen, dass ich schwach bin und 'liebe'? Liebe ist Schwäche. Schon schlimm genug, wenn man sie empfindet... Aber dann auch noch zeigen?“ Jetzt war er dran mit Stirnrunzeln und im ersten Moment fragte ich mich, ob ich ihn mit meiner Aussage verletzt hatte, nach allem, was er in der Bar gestanden hatte. „Liebe und Trauer zu zeigen ist doch keine Schwäche“, erwiderte er schließlich und lachte. „Eigentlich ist es eine Stärke, weil es viel einfacher ist, sie sich nicht einzugestehen, als es wirklich zu zu lassen. Das erfordert Mut.“ Wieder grummelte ich und leerte meine Glühweintasse. Aber er schien sich mit meiner Reaktion noch nicht zufrieden zu geben. „Und wenn man es dann wirklich zeigt, dann ist das wie eine Art Selbstbefriedigung.“ Irritiert schaute ich ihn an. Hatte er das gerade wirklich gesagt?! „Verstehst du?“, fragte er und schaute mich amüsiert an. „Wenn man andere glücklich macht, dann macht man sich selbst glücklich. Wenn man es zulässt. Und man zeigt sich damit selbst, dass man noch am Leben ist. Dass man etwas fühlt. Dass alles irgendwie Sinn macht.“ „Wie auch immer“, grummelte ich und drehte mich weg, um meine Tasse wegzustellen. In Wahrheit wusste ich, dass es stimmte, was er sagte und irgendwie traf es mich. Er hatte recht... Ich hatte das auch schon früher gewusst, aber der stolze Teil in mir wollte keine Gefühle zulassen, weil sie unkontrollierbar waren. Aber jetzt, wo ich diese andere Seite in mir kennen lernte... Vielleicht war es an der Zeit, es doch mal auszuprobieren. Zuzulassen, dass mir Leute etwas bedeuteten und es ihnen auch zu zeigen... Und mit einem Mal wusste ich ganz genau, was ich Bulma und Trunks schenken wollte. Und auch, was ich Kakarott schenken wollte. Kapitel 5: Weihnachtsabend -------------------------- Weihnachtsabend Wie jedes Jahr war Bulmas Weihnachtsfeier sehr opulent. Ich sah mich in dem reichlich geschmückten Wohnzimmer um und wenn diese Dekoration nicht so kitschig gewesen wäre, hätte dieser Festsaal fast eines Prinzen wie mir würdig sein können. Ein selbstgefälliges Grinsen huschte über mein Gesicht. Natürlich war ich ein Prinz ohne Volk, aber manchmal genoss ich es einfach immer noch, dass ich diesen Titel hatte. Immerhin hatte er mich weit gebracht. Zumindest für mich selbst. „Hallo, Vegeta, gut siehst du aus“, begrüßte mich dieser komische Gnom ohne Nase. Krilin hieß er, soweit ich wusste. Ich hatte mich nie sonderlich für Bulmas Freundeskreis interessiert. Sie waren alle da. Und was mir am meisten missfiel war die Tatsache, dass Kakarotts seltsame Ex-Frau auch da war. Aber war ja klar gewesen. Sie war mit Son Gohan und dessen Familie gekommen. Hätte wahrscheinlich nur wieder Drama gegeben, wenn alle eingeladen worden wären, außer ihr. Und jetzt hatten wir ungefähr zwanzig Leute im Wohnzimmer. Irgendwie wurden das von Jahr zu Jahr mehr. Ich schob meine Hände in meine Hosentaschen und verkroch mich in irgendeine Ecke. Stellte mich ans Fenster und blickte hinaus. Pünktlich zum heutigen Tag hatte sich noch mal eine ganze Menge Schnee auf den Straßen verteilt. Leise Weihnachtsmusik begleitete die oberflächlichen Gespräche, die die Leute hier miteinander führten und ein offenes Feuer im Kamin warf ein rötliches Licht auf alles. Der riesige Baum war ausschweifend geschmückt und auch ansonsten war das ganze Haus in Weihnachten gehüllt. Es war unheimlich kitschig und romantisch. Es war ätzend. Ein paar Leute weniger wären mir lieber gewesen. Und ständig kam irgendwer und begrüßte mich. Sagte mir, dass ich gut aussah und lauter so einen Scheiss. Natürlich sah ich gut aus. Dieser Anzug war auch teuer genug gewesen... Und tatsächlich das erste Kleidungsstück, das ich mir von meinem eigenen Geld finanziert hatte. Der schwere Stoff floss geradewegs um meinen Körper. Unsagbar bequem und trotzdem schick. Dunkelblau gehalten. Wenigstens konnte Bulma mich jetzt nicht mehr in dieses schreckliche Outfit zwingen, das sie mir sonst immer angedreht hatte, wenn wir Besuch hatten. Und während ich so nach draußen starrte, überfiel mich eine unheimliche Schwermut. Ich würde hier nicht mehr lange wohnen... Irgendwie würde sich alles verändern. Wieder würde ich ein Zuhause verlieren. Natürlich nicht so drastisch wie früher, aber irgendwie war es doch... seltsam. „Alles klar bei dir?“ In der Fensterscheibe sah ich sein Spiegelbild. Kakarott schaute mich besorgt an. Ich grinste und nickte. „Ich hoffe, es geht heute nicht allzu lange.“ Natürlich war das Wunschdenken. Zumindest einige würden lange bleiben und sich wahrscheinlich bis am nächsten Morgen besaufen. „Und bei dir?“ Ich sah eine komische Schwermut in seinen Augen. Meine Vermutung war, dass es an Chichi lag. An ihrer Anwesenheit. Es schloss die Augen und nickte kurz. Natürlich würde er einen auf 'alles in Ordnung' machen vor all seinen Freunden. Aber ich wusste, dass es das nicht war. Dass ihn alles irgendwie belastete. Und dass es für ihn komisch sein musste, mit ihr und mir in einem Raum zu sein, jetzt wo ich von allem wusste. „Alles gut“, bekräftigte er, aber ich sah, dass er log. Als alle da waren, gab es Essen. Einige Dienst-Roboter trugen ein riesiges Buffet auf. Ich schlug mir den Wanst voll, genau wie alle anderen. Nach dem Dessert begann die Sache mit dem Alkohol. Und bald verabschiedeten sich schon die ersten Gäste. Die mit kleinen Bälgern natürlich zuerst. Und welch ein Glück, dass die Familie von Son Gohan da ganz vorne mit dabei war. Sie nahmen nämlich Chichi mit. Und auch diesen bescheuerten Mister Satan, den ich meinen 'Chef' schimpfen musste... Schlimm genug, dass ich für ihn arbeitete, aber wieso musste er an so einem Fest hier auftauchen?! Und so kam es, dass nur noch ein kleiner Kern an Leuten zurück blieb. Kakarotts anderer Sohn, dieser komische Schildkröten-Heini, Krilin und C18, Kakarott, Bulma, ihre Eltern, Trunks und ich. Eine recht überschaubare Runde. Ich fühlte mich nicht mehr ganz so gefangen und auch an Kakarott konnte ich eine gewisse Entspannung feststellen. Wir saßen also irgendwann um den riesigen Sofatisch herum. Alle tranken und redeten miteinander, als hätten sie sich seit Jahren nicht gesehen. Ich hielt mich weitestgehend da raus. Und dann stand Bulma auf und meinte, es sei Zeit für die Geschenke. Wie jedes Jahr... Ich hasste diesen Moment. Pakete wurden ausgetauscht, Karten vorgelesen, Bilder rumgezeigt, blablabla. Im Grunde war es mir nicht recht, dass diese ganzen Geschenke vor allen ausgepackt wurden. Vor allem nicht das, was ich verschenkte. Ich wollte das lieber im kleinen Rahmen machen, aber Bulma bestand darauf. Scheiss Tradition. Sie reichte mir ein kleines Päckchen. Ich wusste, dass es ein Alibi-Geschenk war, damit ihre Freunde keine Fragen stellten. Mein eigentliches Geschenk waren das Grundstück und das Kapselhaus, in das ich bald einziehen würde... Das waren also meine Zukunftsaussichten. Ich entpackte das Geschenk halbherzig und bedankte mich in alter Manier bei ihr. Es war eine Krawatte aus Seide. Dunkelbraun. „Passt zu deinem neuen Anzug“, merkte Kakarott überschwänglich an. Ich runzelte die Stirn. Wenn er nur endlich aufhören würde, so fröhlich zu tun...! Trunks hatte mir ein Buch geschenkt über Kampfkunst. Irgend so eine neu entwickelte Technik von irgendeinem komischen Meister. Und dann wurde ich widerwillig gezwungen, meine Geschenke zu machen. Ich hasste dieses zur Schau Gestelle. Es war wie ein Wettbewerb... Ich mochte das nicht. Meine Geschenke waren zu privat in diesem Jahr. Doch irgendwann gab ich mich geschlagen und drückte Bulma ein schmuckloses, unbeschriftetes Kuvert in die Hand. Und Trunks gab ich eine kleine Schachtel aus Holz. Ich war nicht jemand, der auf übermäßige Dekoration stand. Das was drin war, war wichtig, und ich hoffte irgendwie, dass sie verstehen würden, was ich ihnen mit den Geschenken sagen wollte. Auch wenn es mir verdammt unangenehm war vor diesen andren Leuten. Ich beobachtete, wie Trunks die Holzschachtel öffnete, doch noch bevor er das etwas darin ansehen konnte, spürte ich Bulmas Blick auf mir. Sie sah mich irritiert an, als wisse sie nicht, wie sie reagieren sollte. Das genügte mir. Ich wusste, dass sie sich freute. Und Kakarott hatte recht gehabt. Es gefiel mir, wie es sich anfühlte. Wie es sich anfühlte, jemandem Liebe zu zeigen. Ich schenkte ihr ein Lächeln. „Vater, das ist ja...“ Trunks schien ebenso erstaunt zu sein. Er nahm das kleine Schmuckstück aus der Schachtel und zeigte es Son Goten, der gleich neben ihm saß. Das Lederarmband machte die Runde und alle begafften es neugierig. Ein kleiner silberner Anhänger in der Mitte zeigte das Symbol meiner Familie auf Vegeta-Sei. Unser königliches Symbol. Ich hatte das Gefühl, dass Trunks verstanden hatte, was ich ihm damit vermitteln wollte. Er zwinkerte mir zu. „Danke, Vater“, sagte er ernst. Kakarott blickte mich an. Er seufzte leise und lächelte. Ich schaute weg. Ja, er hatte recht gehabt. Deswegen musste ich ihn jetzt aber nicht unendlich dankbar ansehen, oder? „Und was hast du da?“, fragte Krilin Bulma, die immer noch da saß und ihr Geschenk betrachtete. Sie schien nachdenklich zu sein. Ich hatte wohl einen wunden Punkt getroffen. Und sie wusste, dass ich recht hatte. Sie drückte Krilin das Papier in die Hand, das sie aus dem Umschlag geholt hatte. „Wow, nicht schlecht“, bewertete es der nasenlose Kerl. „Natürlich ist das nicht schlecht, Idiot“, meckerte ich und verschränkte die Arme. Ich wusste, dass Bulma Urlaub brauchte, also hatte ich ihr eben einen geschenkt. Sie sollte sich entspannen und mal Abstand von alledem hier kriegen. Alles war schon bezahlt. Für zwei Personen. Sollte sie mitnehmen, wen sie wollte. Vielleicht Trunks oder ihre Mutter oder... vielleicht irgendjemand anders. Und noch bevor irgendjemand weiter etwas dazu sagen konnte, wurde weiter geschenkt. Krilin an C18, Trunks an Son Goten und so weiter. Bulma setzte sich unauffällig neben mich und beugte sich zu mir. Sie legte einen Arm um meine Schulter und küsste mich auf die Wange, während die anderen uns nicht beachteten. „Vegeta, das ist das schönste Geschenk, das du mir je gemacht hast... Danke...“ „Hm“, antwortete ich tonlos. Sie lächelte. Sie kannte mich. Was hätte ich schon groß dazu sagen sollen. Ich freute mich, dass es ihr gefiel. „Hör mal“, sagte sie schließlich und sah mich mit glänzenden Augen an. „Vielleicht... sollten wir noch mal darüber nachdenken... ob wir nicht...“ Ich blickte sie irritiert an. Meinte sie, wir sollten nochmal versuchen, ob unsere Beziehung doch funktionierte? Dachte sie jetzt etwa, ich würde mich in der Hinsicht ändern, nur weil ich ihr ein gutes Geschenk gemacht hatte? „Bulma...“, sagte ich sanft. „Lass das. Bitte.“ Sie atmete tief ein und blickte zu Boden. „Du hast ja recht...“ Sie küsste mich nochmals auf die Wange, ehe sie sich wieder der Menge zu wand. Mit einem Lachen auf den Lippen. Ich verdrehte die Augen. Gab es hier eigentlich irgendwen, der nicht ständig allen etwas vormachte? „Wir haben auch noch ein Geschenk“, erklärte Bulma dann feierlich. „Für dich, Son Goku.“ Ich horchte auf. Das wollte sie ihm auch vor allen geben? Innerlich klatschte ich mir meine Hand gegen die Stirn, aber äußerlich blieb ich ruhig. „Hier. Das ist von Vegeta und mir.“ Sie überreichte ihm eine kleine Schachtel, ähnlich der, die ich Trunks geschenkt hatte. Kakarott grinste freudig, aber ich war gespannt, was er zum Inhalt sagen würde. Vorsichtig öffnete er die Schachtel und holte den kleinen Schlüssel heraus. „Wofür ist der?“, fragte er irritiert. „Zum Poolhaus“, verkündete Bulma überschwänglich. Ich spürte, wie mir eine unangenehme Röte ins Gesicht stieg. Natürlich musste Kakarott klar sein, dass das Geschenk eigentlich hauptsächlich von mir war. Aber ich konnte ihm ja nicht einfach so einen Schlüssel da hinein schenken, ohne das mit Bulma abgesprochen zu haben... Sein Blick lag auf mir. Ich wusste, dass er verwirrt war. „Vegeta hat mir erzählt“, erklärte Bulma – und ich war erleichtert darüber, dass sie die Situation entschärfen würde – „dass du, was ich wirklich nie im Leben geglaubt hätte, verrückt nach diesen ganzen Büchern da drin bist. Und da haben wir beschlossen, dass du da so oft rein kannst, wie du willst. Fühl dich einfach frei damit.“ Sie grinste breit. Ich musste zugeben, die Lüge mit den Bücher war etwas weit her geholt, aber immerhin hatte ich seinen Wunsch akzeptiert, dass niemand die Wahrheit erfuhr. Er bedankte sich bei Bulma mit einer fetten Umarmung und setzte sich wieder hin. Ich beobachtete, wie er den Schlüssel zurück in die Schachtel packte und sie in den Händen behielt. Sein Blick traf meinen unauffällig. Er strahlte eine Mischung aus Unglauben und Dankbarkeit aus. Und aus Verwirrung. Wahrscheinlich wegen dieser Notlüge. Die Feier ging noch einige Stunden, aber bald hatte ich keine Lust mehr. Ich saß schon zu lange unter diesen Leuten, mit denen ich nicht so richtig etwas anfangen konnte und irgendwie fühlte ich mich, als müsse ich weg da. Irgendwann verzog ich mich unbemerkt in mein Zimmer nach oben. Aber als ich dann alleine auf dem Sofa saß und hinaus in den Sternenhimmel blickte, fühlte ich mich einsam. Ich hatte mich zwar auf dieser Feier unten auch nicht übermäßig gut gefühlt, aber jetzt überfiel es mich geradewegs. Zurück nach unten wollte ich trotzdem nicht. Also starrte ich einfach weiter hinaus. Ließ die letzten Wochen in meinem Kopf Revue passieren. Was mit mir passiert war und welchen Teil Kakarott dazu beigetragen hatte. Was Kakarott mir gestanden hatte und was es in mir auslöste. Ich seufzte. Jetzt dachte ich schon wieder über diesen Kerl nach... Es klopfte. „Ja?“, antwortete ich und schon öffnete sich sachte die Türe. Ich wusste sofort, dass er es war, der da reinkam. Das Licht aus dem Flur drang in die Dunkelheit meiner Einsamkeit. „Wieso sitzt du im Dunkeln?“, fragte er irritiert. Ich zuckte nur mit den Schultern. „Kommst du mit?“, fragte er mit einem weichen Lächeln im Gesicht. „Wohin?“, fragte ich ausdruckslos. Wenn er mich wieder mit runter nehmen wollte, dann konnte er das vergessen. „Rüber“, sagte er simpel und ich wusste, was er meinte. Langsam stand ich auf und folgte ihm die Treppen runter. Dann unbemerkt am Wohnzimmer vorbei und durch die Küche hinaus in den Garten. Durch die Dunkelheit und Kälte rüber zum Poolhaus, wo er mit seinem eigenen Schlüssel aufschloss. Und von innen wieder abschloss, nachdem wir drinnen waren. Er drehte eine der Deckenlampen zur Hälfte hoch, was dem ganzen Raum eine düstere, aber warme Stimmung verlieh. Mein Einsamkeitsgefühl schien wie verflogen. Ich bemerkte es nicht mal wirklich. Irgendwie fühlte ich mich einfach ruhig. Innerlich ruhig und ausgeglichen. Ich wusste, dass er gleich spielen würde und dass ich mich entspannen würde. Und das ließ mich jetzt schon entspannen. „Danke, Vegeta“, sagte er schließlich zu mir, als wir mitten im Raum standen. Ich sah ihn fragend an. „Für das Geschenk“, antwortete er auf meine ungestellte Frage. „Für den Schlüssel. Jetzt hast du mir diesen Flügel ja eigentlich schon zum zweiten Mal geschenkt.“ Er lächelte sanft. „Das ist das beste Weihnachten, das ich je hatte.“ „Hm“, murmelte ich. „... Gern geschehen.“ Ich sah, dass seine Augen leuchteten. „Und ich wollte dir sagen, dass ich es super finde, dass du dir zu Herzen genommen hast, was ich dir geraten habe. Das mit den Geschenken und dem Liebe zeigen.“ Er blickte mich intensiv an. „Und ich...“ Er zögerte. „Ich... will dir auch gerne zeigen, wie viel du mir bedeutest.“ Dann setzte er sich an den Flügel. Mein Herz pochte etwas schneller. Ich beobachtete jede seiner Bewegungen. Er setzte seine Hände auf die Tasten. „Dieses Stück ist nur für dich. Ich hab es schon seit Tagen im Kopf“, erklärte er und ich hatte das Gefühl, dass seine Stimme unheimlich liebevoll klang. Ich setzte mich in einen der alten Ohrensessel, die in einer Ecke standen. So, dass ich ihn seitlich sehen konnte. Er begann, seine Finger zärtlich über die Tasten fliegen zu lassen, als liebkose er jede einzelne davon. Ich schloss die Augen und ließ die weichen Töne in mich dringen, aber schon nach kurzer Zeit öffnete ich sie wieder, um ihm beim Spielen zuzusehen. Sein Gesicht sprühte vor Leidenschaft und diese – meine – Melodie klang nach Liebe. Einfach nach Liebe. Nicht opulent. Nicht kitschig. Sie war einfach das, was sie war. Liebe. Es war ein unheimlich schöner Anblick, zu sehen, wie er da saß und all das aus sich heraus holte. Für mich. Durch mich. Dieses gesamte Bild fand einen Weg tief in mich hinein. Wie seine Finger miteinander tanzten, als wären sie schwerelos. Wie sein gesamter Körper sich im Takt der Musik wog, als risse sie ihn mit. Wie seine Mimik sich veränderte von weich nach hart, nach leidend, nach glücklich. Wie seine Lippen sich leicht öffneten und wie sein schwerer Atem aus ihnen drang, als wäre er mit den Tänen eins. Und irgendwann wurde mir bewusst – und es war einer dieser Momente, in denen einem einfach alles klar wird – dass ich der Musik gar nicht mehr richtig folgte, ja, das ich sie sogar fast gar nicht mehr hörte, fast ausblendete, weil ich einfach nur ihn ansah. Die Musik war nebensächlich geworden. Es war nur noch Kakarotts Anblick, der mich beruhigte. Seine Anwesenheit und seine sachten Bewegungen, die mich entspannen ließen. Sein Lächeln, das mich berührte. Seine Gefühle für mich, die mich glücklich machten. Meine Hände zitterten. Ich schwitzte. Ich spürte regelrecht, wie alles in meinem Körper arbeitete bei dieser Erkenntnis. Mein Atem wurde schwer. Und mein Blick wach. Ich wusste jetzt, was ich wollte. Was ich brauchte. Und ich brauchte nur meine Hände danach auszustrecken und... Irgendwie... war alles so klar mit einem Mal... So, als hätte ich all die Jahre gebraucht, um endlich zu verstehen, was ich wirklich brauchte im Leben. Seit dieser Fusion. Seit diesem irren Gefühl des 'nie mehr alleine'-Seins, hatte ich mir genau das gewünscht und es immer erfolgreich verdrängt. Ich erhob mich aus meinem Sessel. Ich näherte mich ihm langsam. Bedächtig. Ich spürte wieder dieses Lächeln in meinem Gesicht. Und ich spürte die innere Ruhe in mir, gepaart mit der Vorfreude auf das, was passieren würde. Leichtigkeit. Als er meine Hand in seinen Haaren spürte, hörte er augenblicklich auf zu spielen und schaute zu mir hoch. Mit einem Mal war es unheimlich still um uns herum. „Was machst du?“, fragte er mit verhauchter Stimme. Sein gesamter Geist schien noch mit dieser Melodie und diesen Emotionen verknüpft. Ich ließ meine andere Hand in sein Gesicht gleiten. Strich ihm über die Wange. Seine Haut war unglaublich weich. Ich beugte mich zu ihm, so dass unsere Nasen sich fast berührten. Ich hörte sein Herz klopfen. Oder war es meines? „Ich zeige dir, was du mir bedeutest“, hauchte ich ihm entgegen. Seine Augen leuchteten auf und ich fühlte seinen aufgeregten Atem auf meiner Haut. Er blickte mich fassungslos an. Ich berührte sachte mit meinem Mund seine Lippen. „Hör auf damit...“, flüsterte er wie benommen. „Bitte...“ „Wieso?“, fragte ich wie im Rausch. Ich wollte mehr von diesen Lippen kosten. Er seufzte mir entgegen. „Wegen Bulma... ich kann nicht...“ „Wir sind kein Paar mehr...“, säuselte ich. Er blickte mich ungläubig an. Aber ich log nicht. Und das schien er irgendwie zu wissen. Er erhob sich von seinem Hocker. Mit einem Mal war er größer als ich. Unsere Gesichter waren sich immer noch unheimlich nah. Sein Atem brannte regelrecht auf meiner Haut. Meine Hand wanderte von seiner Wange hinter in seinen Nacken. Sein Blick machte mich verrückt. Seine Augen fraßen mich geradezu auf. Dann spürte ich seine starken Hände um meine Taille. Spürte, wie er meinen Körper langsam an seinen zog. Mein Bauch kribbelte. „Kakarott...“ flüsterte ich. Ich hielt es nicht mehr aus. Vorsichtig ließ ich meine Zunge über seine Unterlippe gleiten. Ein lustvolles Seufzen entfuhr ihm. Er zitterte. Ich hatte nicht gewusst, dass ich so etwas in ihm auslöste... Es war wunderschön. Ein warmes Kribbeln durchzog meinen gesamten Körper. Eine völlig neue Empfindung für mich... Und dann, plötzlich, zog er mich eng an sich und seine Lippen verschlossen endlich meinen sehnsüchtigen Mund. Er war unsagbar zärtlich und zugleich so einnehmend... Unsere Zungen trafen sich in der Mitte. Berührten sich erst zögerlich. Alles so neu. Ich wusste nicht, wie mir geschah. Was war nur auf einmal passiert?! Es fühlte sich so verdammt gut an... Diese weichen Lippen, diese fordernde Zunge, die genau wusste, was sie tat, diese starken Hände, die mich fest umschlossen und meinen Rücken entlang strichen... Noch nie in meinem Leben hatte sich etwas so Absurdes so richtig angefühlt. Es war wie damals... Es fühlte sich an, als würden wir eins. Endlich wieder. Und obwohl mir absolut bewusst war, dass ich mit dem, was ich hier tat, alle meine Grundsätze über Bord schmiss – dass ich verdammt nochmal Gefühle zuließ, die eigentlich unter meiner Würde waren – wusste ich, dass es alles war, was ich brauchte. Und dass er genau so fühlte. Mit einem Seufzen löste er unseren Kuss und lehnte seine Stirn gegen meine. Sein Atem zitterte. Seine Nähe war berauschend. „Wieso auf einmal?“, fragte er hauchend und ich spürte seine erhitzten Hände an mir. Spürte, wie die eine sich fast verzweifelt an meinem Rücken in den Stoff meines Anzuges krallte und wie seine andere fast zögerlich über meine Wange strich. Noch nie in meinem Leben hatte mir eine Berührung so sehr das Gefühl gegeben, unheimlich wertvoll zu sein. „Ich weiß nicht“, flüsterte ich, verwirrt durch diese unerwartete Frage. Ich blickte in seine tiefen, schwarzen Augen, die mich dringlich musterten, als suchten sie nach einer Antwort. „Ich will nicht einfach nur eine Laune sein, weil du dich gerade danach fühlst“, sagte er hart, löste aber unseren Blickkontakt für keine Sekunde auf. Diese Aussage verursachte für einen Moment ein ungutes Ziehen in meinem Magen und ich wusste, das war ein Zeichen dafür, dass es eben nicht so war. Aber war ja verständlich, dass er so dachte. Ich sah Angst in seinen Augen. „Ich spiele nicht mir dir“, antwortete ich schließlich entschlossen und ließ meine Finger in seine Haare gleiten. Sie waren so verdammt weich, dafür dass sie so störrisch aussahen. „Wie kommt das dann?“, fragte er erneut. Immer noch dieser Blick. Ich wusste nicht, was ich antworten sollte. Es war eben einfach so gekommen... „Wenn ich dir nicht gesagt hätte, was ich fühle“, bohrte er weiter. „Dann wärst du nie auf diese Idee gekommen, nicht wahr?“ Ich seufzte. „Ja, du hast recht.“ Ich hielt seinem Blick stand und versuchte, so weich wie möglich zu klingen. Ich wollte ehrlich zu ihm sein. Die Situation war mir unangenehm. Er wusste schließlich, wie ungern ich über Gefühlskram redete. Mir war bewusst, dass es ein Test war... Er wollte sehen, ob ich es ernst meinte. Ob ich mich ihm öffnen würde, so wie er sich mir geöffnet hatte. „Wenn du mir das nicht gesagt hättest, wäre ich wahrscheinlich nie darauf gekommen. Und wenn ich dich nicht am Piano gesehen hätte, wahrscheinlich auch nicht.“ Ich holte Luft. Ich war noch nicht fertig, aber es war verdammt schwer. Aber ich wollte das. „Es war... wie eine Verkettung von Dingen, die passieren mussten, damit mir endlich klar wird,... was ich will... Ich habe das auch gespürt... nach unserer Fusion, Kakarott... Ich hab das all die Jahre verdrängt.“ Ich merkte, wie Unsicherheit in meinen Blick mit ein floss, als ich seinen skeptischen Blick sah. Er dachte wohl, ich behauptete das einfach so... „Warum sollte ich lügen?“, fragte ich und merkte, dass ich schon wieder den Drang hatte, mich zu verschließen und zu fliehen, aber das würde ich jetzt unter keinen Umständen tun. Zu viel hing davon ab. „Kakarott...“, seufzte ich und ich hörte, wie brüchig meine Stimme klang. Es war so unsagbar peinlich. „Du weißt, wie ungern ich über so was rede und erst recht, wie scheisse schwer es mir fällt, überhaupt irgendetwas dazu zu sagen... Und wenn ich schon ein einziges verdammtes Mal soweit bin, wie ich es jetzt bin, dann glaub mir bitte.“ Ein Zögern blitzte in seinen Augen auf und ich spürte, wie er die Umarmung lösen wollte und einen Schritt von mir weg wollte. Schnell festigte ich meinen Griff an seinem Rücken und hielt ihn bei mir. Ich konnte ihn nicht gehen lassen. Ich wollte weiter diese Nähe spüren. „Bitte geh nicht...“, flüsterte ich mit zusammengepressten Zähnen. Der Gedanke, ihn hier und jetzt zu verlieren, war grausam. Er blickte mich eine Weile prüfend an. Sein Blick war hart. Dann, urplötzlich entspannte er sich und lehnte sich gegen mich. Gierig umschlossen meine Arme seinen Körper. „Ich kann das einfach alles nicht fassen, Vegeta...“, seufzte er schwer. Meine Hand fand einen Weg an seine Wange. Sachte streichelte ich an ihr hinab, bis über seinen Hals. Ich merkte, wie er eine Gänsehaut bekam. „Ich auch nicht“, gab ich zu. Das war alles wahnsinnig unglaublich. Meine Hand wanderte von seinem Hals nach hinten in seinen Nacken. Ich sah, wie seine ernste Miene sich langsam in ein Lächeln verwandelte. Er glaubte mir. Innerlich atmete ich erleichtert auf. „Ich hoffe du weißt“, sagte er schließlich leise. „Dass du mich jetzt nicht mehr so schnell los wirst.“ Nun merkte ich, wie sich auch in mein sonst so hartes Gesicht, ein Lächeln schlich. Ein anderes, als an dem Abend in der Bar, aber ein glückliches. Dieser Kerl machte mich verrückt. Verlangend zog ich ihn endlich in einen weiteren Kuss. In mir entbrannte ein Verlangen, das ich so nicht kannte. Ich wollte ihn. Mit Haut und Haaren. Ich wollte alles an ihm. Aber vor allem wollte ich ihn spüren. Seinen Körper, den ich vom jahrelangen Kämpfen eigentlich schon auswendig kannte und der mir jetzt so spannend erschien. Ich wollte ihm nah sein. Ihn kennen lernen. Anders, als bisher. Wollte, dass das Band, das uns von nun an verband, noch fester wurde und dass es sich nie wieder lösen würde. Und schon gar nicht in dieser Nacht. „Ich war so blind“, hauchte ich, als wir uns kurz voneinander lösten, doch sein gieriger Mund brachte mich augenblicklich wieder zum Schweigen. So verbrachten wir unsere erste Nacht miteinander in Bulmas ehemaligem Poolhaus. Es war verrückt. Es war wahnsinnig. Aber wen kümmert das schon. ~~~ooo~~~ EPILOG In den nächsten Wochen veränderte sich mein Leben drastisch. Unser Leben. Ich zog aus der Capsule Corporation aus, dem Ort, wo ich die letzten zwanzig Jahre gelebt hatte und somit der Ort, an dem ich am längsten gelebt hatte. Überhaupt bezog ich zum ersten Mal in meinem Leben eine eigene Wohnung. Es war wie ein Ankommen nach einem schier unendlichen Weg, der wahrscheinlich hier noch nicht zu Ende sein würde. Wenig später zog Kakarott bei mir ein. Anfangs war ich skeptisch, ob es funktionieren würde, aber es war eine Lösung, die naheliegend und praktisch war. Und es funktionierte tatsächlich. Und zwar verdammt gut. Wir ergänzten uns perfekt und einige Monate später waren wir immer noch genau so verrückt nacheinander, wie an unserem ersten Abend. Es ging mir so gut, wie nie zuvor. Kakarott war mein Zuhause geworden. Dieses eine Weihnachten hatte mich verändert. Ich war im Reinen mit mir. Ich hatte jemanden, vor dem ich mich öffnen konnte und der mich liebte, wie ich war. Natürlich stritten wir ab und an, aber das war nicht weiter tragisch. Meist gewann ich auf rein argumentativer Ebene, und wenn Kakarott das nervte, dann begann er einen Kampf. Ich hätte ihn immer noch für jedes Mal, wenn er mich besiegte, umbringen können, aber meist ließ mich der Sex danach diese Rachegefühle vergessen. Es war einfach unglaublich gut. Es war, als wären wir beide unersättlich, was das anging. Ansonsten war unser Leben angenehm und ruhig. Fast schon ein wenig langweilig, wenn man es von außen betrachtete. Wir arbeiteten beide, wir sahen unsere Familien und Freunde regelmäßig und wir hatten vor, ihnen irgendwann auch zu erzählen, dass wir nicht einfach nur zusammen lebten. Sie dachten, wir lebten rein pragmatisch zusammen, weil wir beide jetzt ja nicht mehr mit unseren Frauen zusammen waren. Wir machten uns meist sogar einen Spaß daraus, in ihrer Anwesenheit so zu tun, als könnten wir uns immer noch nicht leiden und beschimpften uns die ganze Zeit. Doch sobald unsere Türen verschlossen waren... Wir redeten nicht oft darüber, ob wir es ihnen erzählten sollten und im Grunde war es auch nicht wichtig. Es hätte nur Probleme gemacht. Irgendwann würden sie wahrscheinlich sowieso heraus finden, dass wir mehr waren als zwei alte Streithammeln, die irgendwie miteinander klar kamen. Dass wir uns liebten. Dass ausgerechnet wir zwei, Kakarott und Vegeta, der Unterklässler und der Prinz, das Weichei und der Sturkopf, uns liebten und dass wir glücklich miteinander waren. Und das waren wir. In jeder verdammten Sekunde. == ENDE =={ Frohe Weihnachten }== ENDE == Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)