Something in December von katzendrache (Gefühlschaos zu Weihnachten) ================================================================================ Kapitel 4: 4. Advent - Unglaubliche Offenbarungen ------------------------------------------------- Vierter Advent – Unglaubliche Offenbarungen Ich glaubte, nicht richtig zu hören. Sie wollte mich verlassen? Wieso? Hatte Kakarott ihr von dem Kuss erzählt? Aber das wäre doch kein Grund... Oder war es etwas anderes? Mir gingen gerade zehntausend Gründe im Kopf herum, was wohl der Grund sein mochte, aber keiner berührte mich wirklich. Ich spürte mein Herz in meinem Inneren pochen und eine Hitze, die sich in mir ausbreitete. Ich verzog keine Miene. Abgesehen von einem leichten Zucken meines rechten Augenlids, in dem Moment, in dem sie es mir offenbart hatte. Es ging mir nahe, aber ich spürte instinktiv, dass es nicht falsch war... Meine Augen fragten nach einem 'wieso'. Bulma seufzte und fummelte nervös an ihrer Teetasse herum, den Blick gesenkt. „Ich weiß... es ist bescheuert und unfair, vor allem weil wir mitten in der Adventszeit sind. Aber ich kann nicht länger so tun, als wäre nichts...“ Eine ihrer Hände wanderte in ihre Haare und spielte an einer Strähne herum. Ich saß nur starr da und schaute sie an. Tatsächlich wollte ich wissen, was sie mir zu sagen hatte, bevor alles vorbei war. Es war vorbei. Ich wusste das. Auch wenn ich selbst nie auf die Idee gekommen wäre, es zu beenden. „Ich liebe dich immer noch, Vegeta“, sprach sie mit brüchiger Stimme. „Aber ich kann einfach nicht mehr... Und du hast ja auch keine Lust mehr. Das fühle ich. Ich bin ja nicht dumm. Du schläfst seit Monaten immer seltener in unserem Schlafzimmer und angefasst hast du mich auch seit Ewigkeiten nicht mehr.“ Dann schwieg sie. Lange. Und irgendwann blickte sie zu mir auf. Die Spannung zwischen uns war unerträglich. „Willst du irgendwas dazu sagen?“, fragte sie leise. Ich sah, wie sich eine Träne versuchte, aus ihren Augen zu befreien, aber Bulma ließ sie nicht. Auch sie hatte ihren Stolz. Auf eine verdrehte Art und Weise. Aber was erwartete sie jetzt von mir? Was sollte ich dazu sagen? Unsicher senkte ich meinen Blick auf meine Tasse. Ich musste nachdenken. Ich fühlte mich absolut überfordert... Die Situation war neu für mich. „Wie wird das dann weiter gehen?“, fragte ich schließlich mit einem Kloß im Hals. „Ich meine... du wirst nicht wollen, dass ich hier bleibe.“ Sie nickte und atmete geräuschvoll. „In ein paar Wochen ist die neue Version der Kapselhäuser fertig. Ich gebe dir eines davon. Bis dahin kannst du noch hier bleiben. Vielleicht sollten wir es Trunks bis dahin noch nicht sagen. Wegen der Feiertage...Vier Blocks von hier gibt es ein kleines Grundstück, das meiner Familie gehört. Ich schenke es dir.“ Sie lachte verbittert. „Zu Weihnachten...“ Das war die Art von Zynismus, den ich an ihr geliebt hatte. Ein leichtes Lachen flog um meine Mundwinkel. Dann sah sie mich an. „Dann bist du nicht allzu weit weg von der Arbeit und von Trunks.“ Ich nickte langsam. „Ich... danke dir.“ Eine Weile saßen wir schweigsam am Tisch. Schauten uns nicht an. Hingen unseren Gedanken nach. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus. Ich stand auf. Ich spürte ihren Blick auf mir. Meine Fäuste ballten sich. Meine Maske wurde eisern. Ich konnte mit dieser Situation absolut nicht umgehen. Und das wollte ich auch gar nicht. Ich wollte einfach nur weg. Also ging ich. Als ich aus der Küche heraus war, hörte ich, dass Bulma in Tränen ausgebrochen war. Ich fühlte mich elend. Aber was die Realität war, konnte man nicht anfechten. Es tat mir leid, dass sie wegen mir litt. Das hatte sie nicht verdient. Aber ändern konnte ich es auch nicht... Ich zog mich in mein Zimmer zurück. Legte mich auf das Sofa und blickte einfach nur stumpfsinnig gegen die Wand. Blendete alles aus. Dann ein kurzes Geräusch. Ich wusste nicht mal, ob es dagewesen war oder ob ich es mir eingebildet hatte. Oder ob ich einfach nur so eine Ahnung gehabt hatte. Gedankenverloren schaute ich aus dem Fenster. Es war schon dunkel und es schneite immer noch. Ich sah eine kleine Bewegung in der Luft, nicht allzu weit vom Haus entfernt. Ich wusste sofort, dass er es war. Ich spürte, dass er zu mir rein schaute. Nur für eine Sekunde. Dann rauschte er in die Dunkelheit davon. Ich wusste, wo er hin ging und augenblicklich hatte ich den Impuls, ihm zu folgen. Doch dann entschied ich mich, es zu lassen. Ich schaltete den Fernseher ein. Zappte mich durch die Kanäle. Nichts lief. Einfach nichts. Ich machte mir nicht mal die Mühe, überhaupt richtig hinzusehen. Meine Gedanken waren wo anders. Wo ganz anders. Nach einer halben Stunde stand ich auf und zog meine Winterjacke an. Diesmal blieb ich nicht draußen neben dem Fenster stehen. Ich betrat die kleine Bar. Nach außen mochte ich seelenruhig wirken, aber innerlich war ich seltsamerweise aufgeregt. Gespannt darauf, wie er reagieren mochte, wenn er mich sah. Ich setzte mich geradewegs neben ihn an die Bar. Die Luft war rauchig, obwohl nur wenige Leute da waren. Es war leerer als das letzte Mal. Im Hintergrund lief irgendeine komische Musik aus dem Radio. Aber ziemlich leise, so als wollte sie nicht stören. Kakarott blickte mich nicht an, als ich mich setzte, aber ich sah ein Lächeln in seinem Gesicht. „Ich hatte gehofft, dass du kommen würdest.“ Seine Stimme klang leise und ruhig. Er hatte gehofft, dass ich kommen würde?! Er zündete sich eine Zigarette an und bat mir ebenfalls eine an. Ich nahm sie nicht. Bestellte nur ein Bier und sagte kein Wort. Die Zeit verging und wir saßen einfach nur schweigend nebeneinander, unfähig einander anzusehen oder etwas zu sagen. Bis er dann das Schweigen brach. „Vegeta, das gestern Abend, das-“ „Lass uns einfach so tun, als wäre das nie passiert, okay?“, giftete ich ihn an. Ich wollte nicht darüber reden. Es war passiert und fertig. Fertig. Glücklicherweise hielt er den Mund. Er seufzte. „Seit wann spielst du Piano?“, fragte ich ihn irgendwann und nahm einen großen Schluck von meinem Bier. Ich war unheimlich froh, dass ich gerade nicht in der Capsule Corp sitzen musste. Eine Minute länger dort und mir wäre das Dach auf den Kopf gefallen. Wer hätte gedacht, dass mir Kakarotts Anwesenheit mal lieber sein würde, als alleine zu Hause rumzuhocken... „Seit ein paar Jahren“, antwortete er leicht abwesend. „Ich bin beim Trainieren mal in einem kleinen Dorf gelandet. Da hab ich einen alten Mann getroffen, der Klavier gespielt hat.“ Mit einem Mal nahm Kakarotts Stimme etwas verträumtes an, das so gar nicht zu dieser Bar passte. „Ich hab ihm stundenlang zugehört. Ich bin monatelang immer wieder dorthin geflogen, nur um ihm beim Spielen zuzuhören.“ Er hörte auf zu reden. Ich blickte ihn an. Wieso redete er nicht weiter? Ich wollte wissen, wie es weiter ging. Kakarott zog tief an seiner Zigarette und seine Augen leuchteten irgendwie melancholisch. „Nach ein paar Monaten meinte er, ich wäre jetzt bereit, selbst zu lernen, wie man spielt. Vorher hatte ich keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, es selbst zu tun... Für mich war selbstverständlich, dass er spielte und ich zuhörte. Ich dachte, ich bin Kämpfer. Kein Musiker. Aber irgendwie... hat es doch geklappt.“ Ich lachte leise auf. „Typisch. Du findest immer irgendwo zufällig irgendwelche Leute, die dir neue Dinge beibringen.“ Er grinste leicht. „Ja, das ging schon mein ganzes Leben so. Ich habe eben manchmal Glück.“ Dann blickte er mich ernst an. „Keiner von unseren Freunden weiß davon, Vegeta. Nicht mal meine Familie. Ich will, dass das so bleibt.“ „Wieso?“ Nicht, dass ich das nicht respektierte. Im Grunde hatte ich nicht vorgehabt, es irgendwem zu erzählen. Es ging mich ja eigentlich auch nichts an. Aber wieso er diese Musik nicht teilen wollte, mit den Leuten, die er ja ach so sehr liebte und für die er alles tat, das verstand ich irgendwie nicht. „Weil das mein Ding ist“, sagte er rasch und nagte an seiner Unterlippe. Wieso mir das auffiel, wusste ich nicht. „Es ist das einzige, was ich wirklich für mich alleine habe.“ Ich runzelte die Stirn. Immerhin wusste ich ja davon. Aber scheinbar zählte ich nicht. Aus unerfindlichen Gründen. Er blickte mich an und lächelte. „Ich weiß, dass das bei dir gut aufgehoben ist.“ Sein Lächeln war ehrlich. So hatte ich ihn nicht lächeln sehen, seit er sich von dieser Frau getrennt hatte. Ich fragte mich, ob ich jetzt auch so anders wurde oder ob Bulma anders sein würde, als normal. Zweiteres wahrscheinlich schon eher. Sehr wahrscheinlich sogar. Wenn sie unsere Trennung bis nach Weihnachten geheim halten wollte, würde sie da nicht drum herum kommen. Das würde sicherlich unheimlich anstrengend für uns alle werden... Kakarott erhob sich von seinem Platz. Stumm blickte ich ihm nach, wie er den Raum durchquerte und sich an das alte, staubige Klavier setzte. Schon allein dieser Anblick brachte meinen Körper dazu, sich zu entspannen und gleichzeitig erwartungsvoll zu kribbeln. Irgendwie schien mir Kakarotts Musik ein kleiner Lichtblick zu sein, der diesen beschissenen Tag doch noch ertragbar machte. Und dann begann er zu spielen. Eine weiche, leichte Musik, die zwar melancholisch, aber irgendwie auf seltsame Art befriedigend war. So, als läge man an einem warmen Sommertag auf einer grünen Wiese in den Bergen. Ringsumher Stille und keine Menschenseele. Ich driftete gedanklich davon, in eine andere Welt. Mir war, als öffnete sich mein Herz und als würde zum ersten Mal seit meiner Kindheit wieder ein kleiner Strahl von Licht in es hinein blitzen. Ich fragte mich, ob es Zufall war, dass Kakarotts Musik mich so treffen konnte, oder ob sie jeden so berührte. Das war alles so verrückt...! Ich hatte gar nicht gemerkt, dass er irgendwann aufgehört hatte zu spielen. Ich wusste auch nicht, wie lange er gespielt hatte. Es war herrlich. Ich war nicht mehr im Hier und Jetzt, ich war irgendwo anders, irgendwo, wo alles irgendwie gut war. In meiner eigenen Welt. Nur ich und Kakarott und seine Musik waren da. Es war unheimlich entspannend und warm. „Hey Vegeta, du lächelst ja... Das hab ich ja noch nie gesehen.“ Erschrocken sah ich auf. Kakarott setzte sich wieder neben mich und lachte mich an. Ich erschrak. Ich hatte gelächelt? So richtig? Sein Gesicht verriet mir, dass er das wohl ziemlich unterhaltsam fand. Was war daran bitte unterhaltsam? Ein stolzer Prinz lächelt nicht! Ich wischte es mir geradezu aus dem Gesicht. Lächeln... „Tze“, stob ich von mir. Wie konnte ich mich nur so gehen lassen? Ich war ja scheinbar wirklich in komplett anderen Sphären gewesen. Was war diese Musik?! Eine Droge?! Kakarott sah mich immer noch angeheitert an und auf einmal nervte mich sein glückliches Gesicht wahnsinnig. Es kam mir vor, als hätte er einen Einblick in etwas Privates von mir bekommen, ohne dass ich es gewollt hatte. „Ich gehe“, erklärte ich ernst und stand auf. Ich ging los, doch schon nach einem Schritt hielt mich etwas fest. Ich blickte dahin, wo mein rechter Arm festgehalten wurde. Es war Kakarotts Hand, die sich um mein Handgelenk gelegt und mich zurück gehalten hatte. Ich blickte ihn wütend an. „Was?!“, zischte ich ihn an. Was sollte das? „Geh bitte nicht...“ Mein Mund öffnete sich ein Stück weit, um etwas zu erwidern, vielleicht sogar, um zu meckern, aber ich konnte nicht. Sein Blick war so unsagbar weich und zugleich fordernd. Er hatte eine unheimliche Dringlichkeit, die mich einfach nicht weggehen oder wegsehen ließ. Ich haderte mit mir. Ich mochte es nicht, dass er diese Seite an mir gesehen hatte, die ich selbst noch so wenig kannte. Andererseits hatte er mir durch seine Musik ja auch etwas gezeigt, das ich nie gesehen hatte... Langsam setzte ich mich wieder hin und riss meinen Arm aus seinem Griff. „Aber halt ja die Klappe!“, meckerte ich ihn an. „Klar“, antwortete er mit einem wissenden Grinsen. Es war sein angriffslustiges Grinsen. Er wusste genau, was in mir vorging... ein unangenehmes Ziehen breitete sich in meinem Körper aus. Ich versuchte, es zu ignorieren und bestellte noch ein Bier. Ich spürte Kakarotts Blick permanent auf mir. Irgendwann sah ich zu ihm rüber, damit er wusste, dass ich mich beobachtet fühlte. „Ich hab mich so gefreut, dass du hier bist“, erklärte er mit fester Stimme und fixierte mich mit diesem durchdringenden Blick. „Dass du... mir zugehört hast. Sowohl am Klavier, als auch... hier an der Bar. Es tut unheimlich gut, endlich mal mit jemandem zu reden...“ „Hm“, grummelte ich und blickte wieder in mein Bierglas. Ich mochte es ja eigentlich nicht wirklich, zu reden. Was an diesem Abend in mich gefahren war, dass ich mich tatsächlich mit ihm unterhielt und mich für ihn interessierte, wusste ich beim besten Willen nicht. Aber irgendwie schien da gerade etwas in mir zu passieren. Ich fühlte mich anders, als sonst. Irgendwie... einsamer. Nur irgendwie machte es mir auf einmal etwas aus. Nicht so wie in all den Jahren, in denen ich meine Ruhe hatte haben wollen. Ich seufzte schwer. Lag das an der Trennung von Bulma? Irgendwie fühlte es sich nicht so an... Aber vielleicht konnte ich das auch einfach nicht neutral einschätzen. „Wie kam es eigentlich dazu, dass ihr euch getrennt habt, du und dieses Weib?“, fragte ich ihn, in der Hoffnung, er würde mir meine eigene Frage beantworten. Langes, schweres Schweigen folgte. „Es hat nicht mehr gepasst. Da war keine Liebe mehr“, antwortete er schließlich leise und blickte nicht auf. „Letztendlich hat sie es nicht mehr ausgehalten, mich zu sehen. Ich wollte gleich gehen, aber sie wollte, dass wir Son Gotens Auszug abwarten. Und dann wollte sie ja unbedingt, dass ich bei euch einziehe...“ „Aber du wolltest nicht, wenn ich das richtig verstanden habe.“ „Genau.“ „Wieso eigentlich nicht?“ Er blickte auf und mir direkt in die Augen. Lange und durchdringend. Ich sah, wie ihn irgendetwas beschäftigte. Das verwirrte mich. Lag das jetzt an meiner Frage? Gab es etwa tatsächlich einen handfesten Grund dafür, dass er ausgerechnet bei uns nicht wohnen wollte? Er öffnete den Mund, sagte aber erst nichts. Gespannt blickte ich ihn an. Wenn ihm das so schwer von den Lippen kam, musste es ja ein wahnsinnig guter Grund sein... „Wegen dir.“ Meine Augenbrauen schossen in die Höhe und mein Herz raste mir davon. „Was?“ Ich spürte, wie sich meine Schultern versteiften und meine Fäuste sich ballen wollte. Meine Finger umspannten mein Bierglas. Er seufzte und ich sah, dass seine Hände zitterten. Er drehte sich nach vorne und griff ebenfalls nach seinem Bierglas, als brauchte er etwas zu Festhalten. Ich selbst fühlte mich ja auch, als wäre ich in kaltes Wasser geworfen worden. Mein Blick konnte sich nicht von seinem gequälten Gesicht abwenden. Und ich spürte, wie etwas in mir hoch kam. Vielleicht Wut. Oder Enttäuschung. Nach so einem guten Gespräch, so etwas hören zu müssen. Nach.... nach all der Musik und den scheiss Gefühlen, die in mir wach geworden waren. „Ist es... wirklich so unerträglich mit mir?“, fragte ich ihn ernsthaft und zum ersten Mal in meinem Leben stellte ich meine Person in Frage. War ich so unausstehlich, dass man mich ums Verrecken meiden wollte? Dass man nicht mit mir in einem Haus leben wollte? Ich schaute ihn eindringlich an. Ich wollte eine Antwort darauf. Doch zu meiner Überraschung erschien ein Lächeln in seinem Gesicht. Ein melancholisches. Und das verwirrte mich nur noch mehr, denn ich konnte es nicht deuten. Schwermütig blickte er in sein Bierglas. „Du hast es immer noch nicht verstanden, was?“ „Was verstanden?“, fragte ich verwirrt. „Vegeta...“, seufzte er. Dann wurden seine Augen glasig und ich sah, dass er Gänsehaut an den Armen bekam. Seine Hände zitterten immer noch. „Vegeta-“ Er hob seinen Blick und sah mich direkt an. Wie ich ihn absolut verwirrt und fragend anstarrte. Er machte eine lange Pause, in der er um Worte zu kämpfen schien. Lange hielt ich diese Spannung nicht mehr aus... Dann atmete er ein. „Du warst der Grund, wegen dem ich Chichi verlassen habe. Du warst der Grund, weswegen ich nicht in der Capsule Corporation wohnen wollte. Dieser Kuss neulich... war kein 'Versehen'!“ Ich glotzte ihn ausdruckslos an. Ich wusste nicht, was in meinem Kopf jetzt los sein sollte. Ich war einfach nur leer. Ratlos leer. Was sollte ich dazu sagen? „Ich verstehe nicht...“ In Wirklichkeit war das Wunschdenken. Ich verstand genau. Aber ich wollte nicht verstehen. Das konnte doch nicht wahr sein....! Was war das nur für ein abstruser Tag?! Augenblicklich begann auch ich zu zittern und mir wurde innerlich kalt und heißt zugleich. Meine Augen waren starr vor Schreck, genau wie der Rest meines Körpers. Dann spürte ich seine Hand wieder an meinem Handgelenk, wie schon zuvor, so als hätte er Angst, dass ich abhauen würde. Mir wurde heiß bei dieser Berührung. Unangenehm heiß. „Bitte hau jetzt nicht ab, Vegeta... Ich schlepp das schon so verdammt lange mit mir rum und jetzt... jetzt will ich das endlich aussprechen, damit es vorbei gehen kann!“ Ich schluckte meinen Panik runter, als ich die Dringlichkeit in seinem Blick sah. Ich fragte mich, wie lange ich das wohl aushalten würde, bevor ich abhauen musste... Aber ich zwang mich, zu bleiben. Ich wollte das nicht hören... Er ließ meinen Arm nicht los. Aber er wand seinen Blick wieder ab. „Gott, das ist alles so... so grotesk...“, murmelte er in Richtung der Bar und ich erinnerte mich, dass ich dieses Wort in meinem Kopf heute auch schon benutzt hatte. „Wer wäre denn bitte jemals auf die Idee gekommen, dass ich mal solche Gefühle für dich haben würde... Das ist absurd...“ Ein kaum erkennbares Nicken durchdrang meinen Kopf. Immer noch wusste ich absolut nichts, was ich dazu sagen sollte. Mir fehlten schlichtweg die Worte. Und ich hoffte nur, dass Kakarott diese 'Gefühle', die er hatte, nicht auch noch beim Namen nannte... Eine Weile lang schwieg er. Dann ließ er meinen Arm los und trank einen großen Schluck von seinem Bier. Dann seufzte er wieder. Und dann sprach er weiter. „Ich weiß noch genau, wann der Scheiss angefangen hat. Es war nach dem Sieg gegen Boo. Oder eigentlich schon während dem Kampf... Nach dieser Fusion, weißt du?“ Unbewusst nickte ich. Das kam mir bekannt vor. Mir ging es ja irgendwie ähnlich. Dass es ihm auch so ging, hatte ich ja nie ahnen können... Natürlich konnte ich mit so was besser umgehen, als er. Er musste sich da wohl irgendwie rein gesteigert haben. Oder ich hatte es einfach erfolgreicher verdrängt, als er. „Und als du mir neulich das Piano im Poolhaus gezeigt hast... Als du mir dieses 'Geschenk' gemacht hast, da konnte ich nicht mehr anders, als dich zu küssen... Wenigstens einmal... Ich habe es keine Sekunde bereut.“ Ich sah, dass seine Augen glänzten. Er meinte es absolut ernst. Und dann blickte er mich wieder an. Ich musste weg sehen. Ich konnte ihn jetzt nicht ansehen. „Ich hoffe, dass das zwischen uns nichts ändert...“, fügte er ernst an. „Ich arbeite daran, versprochen. Ich will, dass alles so bleibt, wie es ist. Das Schlimmste wäre, wenn du mich ab sofort ignorieren würdest. Jetzt, wo du es weißt... Bitte, tu mir das nicht an, Vegeta...“ Ich atmete tief ein und blickte auf die Unmengen an Schnapsflaschen, die sich im Regal hinter der Bar befanden. „Nein“, sagte ich tonlos. Ich würde ihn nicht ignorieren oder meiden. Nicht nach all dem, was er mir gegeben hatte. Nach all diesen Gefühlen und Erinnerungen, die seine Musik in mir freigesetzt hatte. Das wäre nicht fair gewesen. Ich fühlte mich, als schulde ich ihm das. Abgesehen davon, dass irgendein Teil in mir ihn auch gar nicht meiden wollte. Sogar vielleicht gerne bei ihm war. Gerne mit ihm redete... Obwohl das nun wirklich nicht meine Stärke war. Irgendwo in mir keimte sogar der Wunsch auf, vielleicht einen Freund in ihm zu haben. Jemanden, der mich verstand und so mochte, wie ich war. Mich sogar so..... 'liebte' – dieses Wort missfiel mir zutiefst – wie ich war oder dafür, dass ich ich war. Das hatte noch niemand je getan. Und es schmeichelte mir ungemein. ~~~ooo~~~ Ich sah ihn wenig in den nächsten Tagen. Und ich dachte viel über ihn nach. Manchmal erwischte ich mich sogar dabei, wie ich darüber nachdachte, zu ihm zu gehen. Aber ich tat es nicht. Wieso, wusste ich nicht. Aber irgendwie stand die ganze Sache doch mehr zwischen uns, als ich es vorgehabt hatte. Irgendwie schien er das zu verstehen. Wenn wir uns beim Essen sahen, redete er nicht großartig mit mir. Aber wenn unsere Blicke sich ungewollt oder unbemerkt trafen, schien er mich immer leicht anzulächeln. So, als wisse er genau, was mit mir los war. So, als hätte dieser eine Abend ihn komplett in mein Wesen eindringen und es verstehen lassen. So, als ließe er mich wirklich so sein, wie ich war, und mich die Sache auf meine Art verarbeiten. Und jedes Mal, wenn ich ihm beim Essen begegnete, hatte ich dieses komische, unangenehme Kribbeln in mir. So, als hatte ich Angst, dass irgendjemand irgendetwas merken konnte von dem, was an unserer Freundschaft auf einmal anders war. Aber was war denn eigentlich anders? Ich konnte es beim besten Willen nicht benennen... Die Sache mit Bulma hingegen schien mir weniger tragisch, als ich es mir vorgestellt hatte. Sie war öfter schlecht gelaunt, aber sie mied mich nicht. Manchmal abends kam sie in mein Zimmer, um zu reden. Das hatte sie sonst nie getan. Ich hörte ihr meistens einfach nur zu. Aber das war anscheinend das, was sie wollte. Also tat ich es eben. Die Sache schien ihr wirklich nahe zu gehen und ich wusste, dass sie mich immer noch liebte. Ich liebte sie auch immer noch, aber irgendetwas fehlte. Es funktionierte einfach nicht mehr. Ich konnte mich ihr nicht öffnen und ich konnte ihr nicht das geben, was sie brauchte, weil ich so einfach nicht war. Aber ich war unheimlich froh darüber, dass sie mir keine Szene machte oder mich jetzt hasste. Im Gegenteil. Langsam schien sie anzufangen, mich zu akzeptieren, wie ich war, anstatt mich ständig verändern zu wollen. Einige Tage später beschloss ich, dass es an der Zeit war, diese bescheuerten Weihnachtsgeschenke zu besorgen, die man ja unbedingt brauchte. Und in wenigen Tagen würden diese blöden Feiertage schon sein. Es wurde Zeit für mich. Also zog ich meine Winterjacke an, steckte meinen Geldbeutel in die Hosentasche und verließ das Haus. Im Vorgarten kam mir Kakarott entgegen, der scheinbar von irgendwoher kam. „Hey Vegeta“, lächelte er mich an. Er trug eine hellblaue Winterjacke, die absolut lächerlich an ihm aussah. „Hey“, erwiderte ich tonlos und wollte mich an ihm vorbei schieben. „Was treibst du so?“, fragte er mir hinterher. Ich hielt inne und drehte mich um. „Geschenke kaufen gehen.“ „Achso“, sagte er und grinste mich fröhlich an. Woher nahm er nur diese gute Laune? Und sie schien gar nicht mehr so aufgesetzt... Hatte es ihm tatsächlich so sehr geholfen, einfach über das zu reden, was ihn so fertig gemacht hatte? „Willst du mitkommen?“, hörte ich mich fragen. Ich wunderte mich noch über mich selbst, über meine plötzliche Geselligkeit, aber irgendwie missfiel mir dieser Wandel an mir nicht. Wenn es sich nicht schlecht anfühlte, wieso nicht? Er lächelte breit und gesellte sich zu mir. „Klar.“ Gemeinsam liefen wir bis in die Innenstadt. Wir redeten nicht viel. Aber irgendwie war es angenehm, dass er dabei war. Ich hasste dieses Geschenke Gekaufe. Und so war es vielleicht nicht ganz so scheisse. Die Stadt war unheimlich voll. Natürlich mussten alle ihre Erledigungen machen, an dem Tag, an dem ich ebenfalls unterwegs war. Ich grummelte unzufrieden vor mich hin. „Komm, Vegeta, da gibt’s Glühwein“, forderte Kakarott mich auf und bevor ich irgendetwas sagen konnte, war er schon zu dem kleinen tannenwedel-behangenen Holzhäuschen gelaufen. Ich verdrehte die Augen und folgte ihm. Er drückte mir eine Tasse mit dem heißen Zeug in die Hand. „Was ist das?“, fragte ich genervt. „Du hast noch nie Glühwein getrunken?“, fragte er erstaunt. Ich schüttelte meinen Kopf und nippte vorsichtig an der heißen Brühe. „Bah, das schmeckt ja wie... Zucker mit Alkohol und Saft...“ Er schmeckte nicht sonderlich gut. Viel zu süß. Ich trank es trotzdem. „Du magst das nicht sonderlich, oder?“, fragte Kakarott nach einer Weile. „Was? Das Zeug hier?“, fragte ich angewidert. „Nein, aber ich immerhin haben wir dafür bezahlt. Dann trink ich es auch.“ „Nein“, lachte er. „Das mein ich nicht. Ich meine das Geschenke-Kaufen.“ Wieder verneinte ich. Er musterte mich amüsiert. „Weißt du“, begann er schließlich zu philosophieren. „Manchmal sollte man Menschen, die man liebt, auch zeigen, dass man das tut. Es tut nicht nur diesen Menschen gut, sondern auch einem selbst.“ Ich runzelte die Stirn. „Aha? Ich seh das anders. Wieso sollte ich jemandem zeigen, dass ich schwach bin und 'liebe'? Liebe ist Schwäche. Schon schlimm genug, wenn man sie empfindet... Aber dann auch noch zeigen?“ Jetzt war er dran mit Stirnrunzeln und im ersten Moment fragte ich mich, ob ich ihn mit meiner Aussage verletzt hatte, nach allem, was er in der Bar gestanden hatte. „Liebe und Trauer zu zeigen ist doch keine Schwäche“, erwiderte er schließlich und lachte. „Eigentlich ist es eine Stärke, weil es viel einfacher ist, sie sich nicht einzugestehen, als es wirklich zu zu lassen. Das erfordert Mut.“ Wieder grummelte ich und leerte meine Glühweintasse. Aber er schien sich mit meiner Reaktion noch nicht zufrieden zu geben. „Und wenn man es dann wirklich zeigt, dann ist das wie eine Art Selbstbefriedigung.“ Irritiert schaute ich ihn an. Hatte er das gerade wirklich gesagt?! „Verstehst du?“, fragte er und schaute mich amüsiert an. „Wenn man andere glücklich macht, dann macht man sich selbst glücklich. Wenn man es zulässt. Und man zeigt sich damit selbst, dass man noch am Leben ist. Dass man etwas fühlt. Dass alles irgendwie Sinn macht.“ „Wie auch immer“, grummelte ich und drehte mich weg, um meine Tasse wegzustellen. In Wahrheit wusste ich, dass es stimmte, was er sagte und irgendwie traf es mich. Er hatte recht... Ich hatte das auch schon früher gewusst, aber der stolze Teil in mir wollte keine Gefühle zulassen, weil sie unkontrollierbar waren. Aber jetzt, wo ich diese andere Seite in mir kennen lernte... Vielleicht war es an der Zeit, es doch mal auszuprobieren. Zuzulassen, dass mir Leute etwas bedeuteten und es ihnen auch zu zeigen... Und mit einem Mal wusste ich ganz genau, was ich Bulma und Trunks schenken wollte. Und auch, was ich Kakarott schenken wollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)