Konoha Gangs II: Game On von ximi (Das Spiel hat gerade erst begonnen) ================================================================================ Kapitel 37: Final Countdown --------------------------- Angst war nicht das richtige Wort für Sakuras momentane Gefühlslage. Sie war aufgeregt und machte sich Sorgen, ja. Aber sie sah den kommenden Ereignissen mit seltsamer Erwartung entgegen. Sie fühlte, dass etwas Entscheidendes bevorstand. Ob gut oder schlecht, es würde sie weiterbringen. Näher an ihr Ziel. Das hoffte sie zumindest. Als sie den grossen Hörsaal betrat, fand sie eine bereits vollständig versammelte Meute an Takas, Kuramas und Polizisten vor. Sasuke stand ganz unten bei Naruto, Pain, Shikamaru, Hatake und Sarutobi. Sie unterhielten sich angeregt über das grosse Blatt Papier auf dem Katheder, vermutlich einer Karte oder einer Skizze. Rasch suchte sie die Sitzreihen ab und entdeckte Ino in der obersten. Zu ihrer Linken Tenten und Sai, der ihr gerade etwas erklärte, zu ihrer Rechten waren noch zwei Stühle frei. «Saku!», rief ihre Freundin freudig. «Komm zu uns! Mal wieder zu den Kuramas, ja?» Sakura lachte und setzte sich hin. «Na, wisst ihr mehr als ich?» Sai schüttelte in seiner ruhigen Art fast unmerklich den Kopf, während Ino in sehr viel weniger subtiler Gestik die Hände verwarf. «Nein, eben nicht! Ich dreh noch durch, wenn wir es nicht endlich erfahren, aber sie wollen warten, bis alle zusammengetrommelt wurden!» «Was ja auch Sinn macht, oder?», fügte Sakura an und auf Sais Lippen stahl sich ein beinahe unmerkliches Schmunzeln. «Ja, schon», entgegnete Ino trotzig. «Aber seid ihr nicht auch so gespannt? Wie haben die so schnell einen Plan hingekriegt?» «Vermutlich wird es kein allzu komplexer Plan sein. Wenn wir wissen, wo sich die Riots aufhalten, können wir sie eventuell überraschen. Sie hatten viele Verluste und sind geschwächt», warf Tenten ein. «Wir werden es gleich sehen», meinte Sai. Im Saal wurde es ruhiger. Die letzten Leute betraten den Raum, zu Letzt Kiba, der danach die beiden grossen Flügeltüren hinter sich schloss. «Wie geht es dir, Saku?», raunte Ino mit einem besorgten Blick in ihrer Richtung, während die Stimmen abklangen. «Ich komme zurecht. Ich habe gar keine Zeit zum Denken.» Ino nickte verständnisvoll und drückte unter dem Tisch ihre Hand. «Wir schaffen das.» Unten räusperte sich Hatake und machte sich bereit für die Präsentation seines Schlachtplans. Tatsächlich hatten sie es in einem Tag geschafft, einen Plan zu erstellen und dann noch gleich eine passende Powerpoint-Präsentation zu kreieren. Schon beinahe verrückt. Hatake begrüsste sie ohne grosse Umschweife. Jedem war bewusst, um was es heute gehen würde und vor allem, wie bald das heute Besprochene in die Tat umgesetzt werden sollte. Schnell war deshalb der neue Aufenthaltsort der Riots Thema. Nach einer langen Sitzung, in der Pixie ihnen alles zu den Riots erläutert hatte, was sie wusste, war Licht ins Dunkel gekommen. Es sah ganz danach aus, als hätten Tomcats Beziehungen wieder einmal den Tag für die Riots gerettet. «Miss Ishida hat und darüber informiert, dass die Verantwortung für HQs immerzu bei Yohei Murakami, alias Tomcat, gelegen hat. Miss Ishida meinte, dass Tomcat längere Zeit vor unserer letzten Auseinandersetzung mit den Riots eine Zusammenkunft mit Ayato Kirishima, alias Crow, gehabt hat. Dabei ging es um potenzielle Unterschlüpfe für den Fall, dass das Riot-HQ entdeckt würde. Crow scheint immerzu alle Eventualitäten, seien sie auch noch so unangenehm, miteinzuberechnen. Sage ich das korrekt, Miss Ishida?» Pixie nickte. «Absolut. Ich war an der Sitzung dabei. Es war an einer Zusammenkunft der ‘Ersten’, also jenen, die den ursprünglichen Kern der Gang gebildet haben. Allerdings sass ich da nur per Zufall bei ihnen am Tisch. Tomcat war ziemlich verärgert und meinte, dass er nun einmal weniger Zugang zu Gebäuden habe, als zu Geld. Es sei nicht einfach, Gebäude aufzutreiben, die etwas hermachen und vor allem nicht schnell entdeckt werden. Er hat daraufhin von einer alten Transportfirma gesprochen. Jene, die bald ein Autocenter sein wird.» Hatake übernahm an dieser Stelle wieder. «Yoheis Vater, Shoto Murakami, ist nebst seiner Rolle als Präsident von Murakami Credits auch Investor in verschiedenste Unternehmen in Konoha und der Welt. Wir haben uns nebst seiner Investitions-Chronik auch über seine laufenden Projekte schlaugemacht, von denen es zahlreiche gibt. Der Bau eines Autocenters ist geplant, Herstellung und Verkauf von Mercedes und BMWs, alles unter einem Dach. Realisiert soll die Sache im Südbezirk des Souths werden, Baubeginn in zwei Jahren. Das alte Gebäude, ehemals eine Transportfirma, steht jedoch noch und mit dem Abriss wird erst im nächsten Frühling begonnen. Die ganze Gegend ist derzeit eher verlassen und arm, dies soll sich jedoch mit diesem Projekt ändern. Nebst dem Center werden eine neue Strasse sowie neue Apartmenthäuser gebaut. Dies bedeutet, dass die derzeitigen Anwohner weichen müssen, was sogar für Proteste gesorgt hat, die jedoch nicht beachtet wurden. Wie dem aber auch sei, die Gegend ist derzeit noch ein verlassener und nicht allzu dicht besiedelter Ort und eignet sich deshalb bestens als Übergangsquartier. Mitarashi hat sich mit ihren Leuten auf die Lauer gelegt und wir scheinen tatsächlich auf Gold gestossen zu sein. Da gehen mehr Leute ein und aus, als es bei einem verlassenen Gebäude der Fall sein sollte.» Ein Murmeln ging durch die Anwesenden. «Ich will ja hier nicht den Enthusiasmus bremsen», meldete sich Temari drei Reihen weiter vorne. «Aber seid ihr euch ganz sicher, dass es sich dabei nicht um eine Falle handelt? Immerhin stammt die Info von Pixie und so wie ich Crow kenne, würde ich ihm ein Plan dieser Grösse durchaus zutrauen. Pixie wechselt die Seite, angeblich aus dem Grund, dass sie nicht mehr zu den Riots gehören will, gibt uns den Tipp mit dieser Transportfirma und tatsächlich, Tomcats Vater ist involviert. Wir legen uns auf die Lauer und da gehen wie erwartet Leute ein uns aus. Für Crow wäre es einfach, ein paar seiner Schäfchen dort zu stationieren, um den Eindruck zu erwecken, das Gebäude wäre von Riots bewohnt. Und wir denken, es sei das derzeitige HQ, rennen rein und werden überrascht, weil weder Crow, noch sonst einer seines Kreises anwesend ist. Vermutlich gehen dann wieder ein paar Bomben hoch und das war’s – wir wären wieder einmal in eine seiner Fallen getappt.» Sakura hätte gerne widersprochen, doch Temaris Zweifel waren begründet. Pixie wirkte verletzt, auch wenn sie es mit aller Kraft zu kaschieren versuchte. Oder war es nur gutes Schauspiel, was sie da zum Besten gab? «Das sind valide Argumente», erwiderte Hatake ruhig. «Tatsächlich haben wir aber zwei Leute das Gebäude betreten sehen, die Crow nicht einfach opfern würde. Die erste Person ist Yohei Murakami. Und die zweite ist bereits heute Morgen im Gebäude verschwunden, kurz nachdem wir Mitarashi und ihre Leute hingeschickt haben. Hinata Hyuuga.» Narutos Fäuste ballten sich bei der Erwähnung dieses Namens, obwohl er schon länger darüber Bescheid wissen musste. Vermutlich fiel das ausser ihr niemandem auf. «Sie haben das Gebäude bis jetzt nicht mehr verlassen. Wir beobachten inzwischen von allen Seiten. Mitarashi und ihre Leute sind auf der Lauer und führen Buch darüber, wie viele Menschen sich in dem Haus befinden, wer von den bekannten Personen drin ist und wer nicht. Suigetsu und Pixie werden sich ihnen nach diesem Briefing anschliessen, da sie die höchste Chance haben, Leute zu identifizieren. Fast alle von ihnen tragen Kapuzen oder Schals um den Hals, um ihr Gesicht zu verdecken, was es zusätzlich schwierig macht. Und ob Crow im Gebäude ist oder nicht, können wir nicht sagen.» Temari nickte. Das war eine überzeugende Argumentation. Tomcat würde Crow nicht opfern, nie im Leben. Er stellte ihnen viel zu viele Ressourcen zur Verfügung. Und Hinata? Nun so weit sie wusste, war Hinata Crows Freundin. Sie würde er bestimmt nicht opfern. Oder? Crow war ein absolut unberechenbarer Mensch. Vielleicht stellte er das Gelingens einer Sache auch über die Leute, die ihm wichtig waren? Aber wenn sie es sich genau überlegte, wäre es einfach nur dumm, die beiden sterben zu lassen. Das Risiko würde er nicht eingehen. «Wissen Sie, ob das Gebäude Tunnel hat, die wegführen?», fragte sie laut und erschrak beinahe. Vielleicht war das eine dumme Frage. Die Blicke lagen plötzlich auf ihr, was ihr ziemlich unangenehm war. «Fragst du das, weil Sie eine Flucht der ‘wichtigen’ Riots in Erwägung ziehen, Miss Haruno? Auch im Sinne eines Köders, der flieht, bevor die Falle zuschnappt?» Sie nickte langsam. «Das ist auch eine sehr gute Anregung. Wir haben dies überprüft. Die Stadtverwaltung besitzt Pläne von allen Industriegebäuden und hat ihn uns zur Verfügung gestellt. Das Gebäude ist alt und schlecht vernetzt. Keine Tunnel. Bei vollständiger Umstellung der Transportfirma ist es nicht möglich, über versteckte Wege zu entkommen.» Wieder einmal war Sakura beeindruckt, wie viel die Polizei in dieser kurzen Zeit in Erfahrung gebracht hatte. «Um das zusammenzufassen: Wir sind uns einig, dass wir die Mission morgen Abend durchführen, sofern wichtige Personen zu dieser Zeit in dem Gebäude vor Ort sind. Wir halten es nicht für einen Hinterhalt, weil genannte wichtige Personen sich auf diesem Grundstück befinden, sie keine geheimen Fluchtwege haben und vor allem, weil Crow sich Risiken im Moment nicht leisten kann. Die vergangenen Wochen haben ihn einen grossen Anteil seiner Leute gekostet und wir halten ihn für sehr clever. Es wäre dumm, wichtige Ressourcen wie Tomcat als Köder für eine Falle zu benutzen.» «Es ist keine Falle», sagte Pixie. «Das schwöre ich. Wenn ihr sie dort angreift, erwischt ihr sie in der Defensive.» Sakura glaubte ihr. Trotzdem wusste sie, zu welchen Lügen Riots fähig waren. Doch Hatake und die anderen hatten recht. Es wäre absolut bescheuert von ihm. «Ich bin überzeugt, dass wir keinen unvorbereiteten Crow antreffen werden. Sie werden Waffen haben und sie werden sich zur Wehr setzen. Ich schliesse auch Sprengsätze nicht aus. Die Sanitäter sind bereit, die Feuerwehr wird vor Ort sein. Aber wenn wir jetzt nicht angreifen, geben wir ihnen nur Zeit, sich erneut zu formieren. Das hier ist eine Chance, die beim Schopf gepackt werden muss. Die Chance, es zu beenden. Ein für alle Mal.»   Das Briefing dauerte gut eineinhalb Stunden. Der Plan war nicht sonderlich kompliziert, aber dennoch ausgefeilt. Hatake und seine Leute hatten die Polizei–Gang–Fraktion in Gruppen aufgeteilt. Das Gelände, auf dem sich die Transportfirma befand, war erstaunlich gross. Es gab insgesamt sieben Gebäude. Zwei mit Büro-, Schulungs- und Schlafräumen für Fernfahrer, vier Lagerhallen mit kleineren Büros und eine Werkstatt für Lastwagen. Jedes einzelne verfügte über einen Keller und die Lagerhallen waren mit je zehn Andockstationen versehen, auf denen die Fracht der LKWs direkt abgeladen werden konnte. Die Häuser wurden durch unterirdische Gänge verbunden, da der Platz über der Erde für Parkplätze und Verbindungsstrassen gebraucht worden war. Das erste Hindernis war ein grosses Metalltor und der ebenso metallene Zaun, der das Gelände umfing. Jeder der Gruppen war für einen bestimmten Sektor des Geländes zuständig. In den Bürogebäuden wurden Crow und seine engsten Leute vermutet, weshalb dort besonders starke Truppen eingeteilt wurden. Es war gut möglich, dass die Riots nicht alle der Gebäude besetzt hatten, da es mehr Sinn machte, verbliebene Kräfte zu zentrieren anstatt zu verteilen. Das waren aber nur Vermutungen, hatte Shikamaru betont. Ein erster Schritt musste die Öffnung des Tors sein. Es war ein altertümliches Tor, welches noch mit einem Schlüssel geöffnet werden musste. Zu ihrem Glück war die Stadtverwaltung noch in Besitz einer dieser herrenlosen Schlüssel gewesen. Der Plan war es, dass jemand undercover im Vorbeigehen das Tor öffnen würde und anschliessend sofort zuerst die Einsatz- und dann die Krankenwagen einfahren konnten. Jeder der Gruppen würde mit einem Wagen in ihren jeweiligen Sektor gebracht werden, die Sanitäter würden erst dazustossen, wenn sich die Truppen verteilt hatte und somit die Aufmerksamkeit der Riots nicht mehr auf ihnen lag. Für Feuerschutz war natürlich gesorgt. Die Krankenwagen sollten sich am Rand des Geländes aufhalten und nicht zum primären Ziel werden. Es würden auch nur drei auf das Gelände fahren, während die anderen vor dem Gebäude eine Art provisorisches Lazarett aufbauten, von dem aus koordiniert werden konnte. Drei Gruppen waren für den Hintereingang zuständig, der sehr viel kleiner und unscheinbarer als das Haupttor war, jedoch auch abgesichert werden musste, wenn eine Flucht verhindert werden sollte. Mitarashi und ihre Leute hatten überprüft, ob es sonst noch einen sichtbaren Ausgang gab, was jedoch nicht der Fall war. Der Zaun stellte zwar ein Hindernis dar, aber nicht nur für sie – die Riots mussten ihn genauso überwinden, wenn sie wegwollten. Das war schwierig, aber nicht unmöglich. Eine ganzheitliche Sicherung des Geländes war also absolut notwendig. Kurz und gut: Das Ziel war es, alle wichtigen Schachfiguren dingfest zu machen. Nebst Tomcat und Crow war damit der innere Kreis gemeint. Suigetsu und Pixie waren in polizeilicher Begleitung aufgebrochen, um Anko Mitarashi zu unterstützen und mehr Leute zu identifizieren. Würde diese Mission gelingen, hätten sie es geschafft und zwar endgültig. Dann wäre das Herz der Riots zerschlagen und sie die Chance, dass sie sich davon noch erholen würden, konnten kaum geringer sein. Der Gedanke erschien Sakura beinahe abwegig, so lange wie dieser Krieg schon andauerte. Hatake setzte den Aufbruch hier an der Universität auf halb sieben Uhr abends für den nächsten Tag an. Die Mission würde auf jeden Fall stattfinden, denn falls eine der zentralen Figuren das Gebäude verliessen, würde sofort die Verfolgung aufgenommen werden. Die Zeit war da und es sollte Nägel mit Köpfen gemacht werden.   «Habt ihr gewusst, dass Menschen mit Hunden attraktiver wirken?», fragte Kiba zwischen zwei Erdnüssen, die Ino in die Luft warf und er mit dem Mund auffing. «Hätte ich bei deiner Fresse jetzt echt nicht gedacht», kam eine gleichgültige Antwort von Neji, der es sich auf dem Sofa bequem gemacht und seinen Kopf in Tentens Schoss gelegt hatte. Die Kuramas hatten es sich in der Sofaecke bequem gemacht, während die Takas drüben an den Tischen sassen und in Gespräche vertieft waren. Einzig Suigetsu und Pixie fehlten. Die beiden lagen jetzt mit Mitarashi und ihren Leuten auf der Lauer. Kiba zog einen Flunsch. «Neji ist da. Immer wenn meine Gefühle verletzt werden weiss ich, Neji ist da.» «Tja, dann hör doch auf so bescheuertes Zeug zu reden», antwortete Shikamaru mit genervtem, leicht süffisantem Unterton an Nejis Stelle. «Ihr wisst, dass ich attraktiv bin. Cherry, sag es ihnen!» Er sah sie mit Hundeaugen an und wies mit einer wegwerfenden Geste auf die beiden Bösewichte. Sakura musste sich ein Lachen verkneifen. «Kiba ist attraktiv», sagte sie kurzangebunden. Natürlich war er hübsch, aber es sollte ihm bloss nicht zu Kopf steigen. «Ein bisschen mehr Überzeugung hätte jetzt auch nichts gekostet», kommentierte er ihre Aussage mit einem Schmollmund. «Kiba, erspar uns bitte deine tollen Fakten», kam es von Naruto, der sich bis anhin mit Lee über Waffen unterhalten hatte. «Schon gut.» Kiba grinste und kraulte Akamarus Kopf. «Wird ja wohl noch ein wenig rumalbern dürfen.» Sakura streckte dem Hund ein Leckerli hin, welches schneller als sie zusehen konnte in seinem Mund verschwand. «Was denkt ihr, kriegen wir sie morgen?», kam es nach einer Weile von ruhigen Gesprächen von Choji. «Klar», antwortete Lee. «Da gibt es gar keine andere Option. Und dann wir endlich wieder alles wie früher sein.» «Du weisst schon, dass nichts jemals wieder sein wird wie früher?» Auch wenn Temari unnahbar klingen wollte, Sakura hörte den Anflug Wehmut aus ihrer Stimme hinaus. «Ja, schon. Aber ich meinte nur, ob wir die Riots morgen schlagen.» «Bestimmt», kam es von Ino. «Es ist Zeit, dass die von der Bildfläche verschwinden.» «Das war es schon lange», brummte Temari. «Schluss jetzt mit der schlechten Stimmung da drüben. Ja, wir kriegen sie morgen. Aber jetzt müssen wir noch nicht darüber nachdenken. Geniesst den Abend und dass wir noch alle heil sind», warf Naruto ein. «Kuramas, nach so langer Zeit sind wir endlich wieder alle zusammen. In Anbetracht der Umstände will ich nicht von ‘feiern’ sprechen. Aber es uns für einen Abend gutgehen lassen, das können wir!» Er hob seine Bierflasche. Heute tranken sie alle nur ein Bier. Denn verkaterte Kämpfer konnten sie morgen nicht gebrauchen. Sie prosteten einander zu. Sakura nippte an ihrem Wasser. Sie genoss es, endlich wieder im bekannten Kreis zu sein. Es war schon lange her, dass sie alle auf einem Haufen gewesen waren und es fühlte sich beinahe an wie früher. Sakura vermisste jedoch ihr HQ. Viel zu lange waren sie nicht mehr dort gewesen. Sie vertieften sich wieder in ihre jeweiligen Gespräche. Sakura unterhielt sich mit Kiba und Ino über die Zukunft. Sie spekulierten, was sich nach einem Sieg ändern würde, ob sie wieder ins HQ zurückkehren konnten. Themen wie die ausstehende Strafe der Bosse und die generelle Toleranz der Menschen gegenüber Gangs liessen sie bewusst aus. Das wollten sie jetzt nicht besprechen. «Hey!», rief plötzlich eine kindliche Stimme. Die Köpfe drehten sich in die Richtung, aus der die Stimme kam. Die Takas verstanden nicht ganz, was sie da sahen, doch die Kuramas jubelten allesamt los. Sakura lachte laut. Konohamaru war da. Einzig Naruto sah wenig erfreut aus, als der kleine Racker auf sie zugelaufen kam, das vertraute schelmische Grinsen im Gesicht. Erst gerade hatte sie Naruto noch gefragt, wohin man den Konohamaru eigentlich gebracht hatte. Tatsächlich lebte er im Moment in einem Kinderheim im East. Naruto hatte das eingefordert, da er Konohamaru weder alleine im HQ noch auf der Strasse haben wollte – ein Zeichen dafür, dass ihm der Junge nicht so egal war, wie er immer tat. Und obwohl Konohamaru zuerst kein Fan der Idee gewesen war, gefiel es ihm inzwischen sehr gut. Unter Gleichaltrigen und unter kompetenter Aufsicht zu sein, schadete ihm gar nichts. Trotzdem war er in der vergangenen Zeit fast zu einem Ehrenmitglied er Kuramas geworden und dementsprechend wurde er begrüsst. Sakura mochte den Kleinen, er war eine clevere Frohnatur und sagte. Was er dachte. In Anbetracht seiner Vergangenheit staunte sie immer wieder über seine Einstellung. Sie war nicht die Einzige, die er an Naruto erinnerte. Gerade deshalb war Naruto wohl so streng mit ihm. Ja, und da gab es noch etwas Weiteres: Konohamaru war dank Hinata bei ihnen. Quasi das Letze, was Kurama Cutie zurückgelassen hatte, bevor sie zu Riot Foxy geworden war. Der Gedanke erfüllte sie mit Wehmut, aber tief drin hatte sie die Hoffnung an Hinatas Rückkehr noch nicht aufgegeben.   Konohamaru war schnell der Star des Abends. Sogar die Takas warfen einige neugierige Blicke in seine Richtung. «Warum bist du eigentlich immer so verstimmt, wenn Konohamaru auftaucht?» Sakura war zu Naruto rübergerutscht, der das Ganze mit etwas Abstand beobachtete. «Ich bin nicht verstimmt.» Sakura lachte leise. «Doch, bist du.» «Okay, okay.» Er seufzte. «Ich weiss es auch nicht, Cherry. Vielleicht wäre ich manchmal selber gerne noch einmal ein Kind. Eines, das auch in einem guten Heim landet und Kind sein darf.» Sakura schluckte. Sie hatte mit so etwas gerechnet, es aber so direkt aus seinem Mund zu hören, machte sie traurig. «Seine Faszination für Gangs ist einfach nicht gut. Er soll sich anderem zuwenden. Aber eine seiner Betreuerinnen hat ihn auf seinen Wunsch vorbeigebracht, weil er uns noch einmal sehen wollte.» «Das ist aber auch verständlich, findest du nicht? Er hat sehr viel Zeit bei uns verbracht. Und die anderen freuen sich auch.» Er nickte. «Ich weiss. Keine Ahnung. Wäre doch besser, wenn er jetzt mit Gleichaltrigen zusammen sein könnte.» «Das eine schliesst ja das andere nicht aus.» «Hast schon recht. Sorry.» «Macht nichts.» Sie verstand seine Bedenken. Konohamaru hatte die Chance, ein normales Leben zu führen. Etwas, was Naruto nicht gehabt hatte. Und in seinen Augen wirkte es, als würde der Kleine das Gangleben bevorzugen. Eigentlich war sein Unmut nur ein Zeichen dafür, wie sehr er sich um ihn sorgte. Jedenfalls amüsierte sich Konohamaru noch prächtig. Sogar einigen Takas entlockte er ein Schmunzeln. Der Abend verlief entspannt und auch als Konohamaru abgeholt worden war, hielt sich die gute Stimmung. Als alle im Begriff waren, sich in ihre Schlafräume zurückzuziehen, war es Naruto, der sich noch einmal aufraffte. «Moment!», rief er laut, sodass auch die Takas ihn hören konnten. Auch die beiden Gangs gemeinsam operierten, war es doch das erste Mal, dass Naruto sich auch an die Takas wandte. «Gebt mir eine Minute. Ich weiss, euch Takas interessiert es nicht, was ich zu sagen habe. So wie es meine Leute normalerweise nicht interessiert, wenn Demon etwas zu sagen hat. Aber wir kämpfen nun schon seit längerem gegen einen gemeinsamen Feind und ich denke, es ist nicht von der Hand zu weisen, dass uns das mehr zusammengeführt hat, als wir es uns jemals hätten vorstellen können.» Er wirkte nervös. Naruto wirkte nie nervös, wenn er nur vor Kuramas sprach. Doch die Takas taten nichts anderes, als aufmerksam zuzuhören. Kein Grinsen, keine dummen Sprüche. «Ich weiss nicht, wie das hier enden wird. Folgendes weiss ich: Nach diesem Krieg wird nichts mehr sein wie zuvor. Und wer auch immer von uns diesen Krieg übersteht, soll wissen, dass ich als Leader der Kuramas kein Interesse mehr an Bandenrivalitäten habe. Zumal ich vermutlich mit Demon im Knast sitzen werde. Wer auch immer nach diesem Krieg noch da ist, soll wissen, dass wir eine Chance auf einen Neuanfang erhalten haben. Und die sollt ihr nutzen. Sowohl Kuramas als auch Takas. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich wünsche euch das allerbeste Gelingen morgen. Auf dass alle erleben dürfen, was nach diesem Krieg auf uns wartet.» Nicht nur die Kuramas, sondern auch die Takas stimmten ihm lautstark zu. Sakura hatte Gänsehaut auf den Armen. Nicht wegen Narutos Rede, sondern, weil die Takas und Kuramas nicht mehr Todfeinde waren. Nach all diesen Jahren der Feindschaft arbeiteten sie zusammen. Und auch wenn ihre Zusammenarbeit vor längerer Zeit begonnen hatte, brauchte sie immer wieder aufs Neue Zeit, um das zu realisieren. Vor gut einem Jahr hatte sie davon geträumt, einen Tag zu erleben, an dem ihre Gefühle für Sasuke nicht mit Verachtung gestraft wurden. Und in diesem Moment wurde ihr wieder bewusst, dass die Rivalität mehr und mehr schwand. So weit, dass alle wussten, wie sie zu Sasuke stand und sie dafür nicht mehr verurteilten. Vermutlich fanden es viele immer noch nicht okay. Aber sie hassten sie nicht mehr dafür. Und für die Gangs bedeutete das das Beilegen einer jahrelangen Feindschaft, die in sich eigentlich bereits legendär war. Kurama Foxes und Taka Snakes – die berüchtigsten Gangs Konohas. Und nun standen sie an einem Punkt, der ins Ungewisse führte. Sasuke hatte sich nun auch erhoben. «Ich rede nicht viel und ich rede nicht gerne. Aber hier möchte ich Big Fox zustimmen. Die Zukunft beginnt morgen. Was gewesen ist, war gut und gleichzeitig schlecht. Was kommt, das haben wir in der Hand. Also: Lasst und die Riots in den Boden stampfen.» Die Zustimmung war laut und ungehalten. Voller Zuversicht und Hoffnung. Voller Freude darüber, endlich das eigene Schicksal mitbestimmen zu können. Sakura putzte sich die Zähne in der Damentoilette auf ihrem Stockwerk. Draussen riss ein kräftiger Wind an den Baumkronen und Regen prasselte gegen die Fensterscheiben. In einer Woche würde das neue Semester starten und bis dahin mussten sie das Hauptgebäude der Uni wieder freigeben. Die Sommerkurse hatten alle in den Nebengebäuden und Aussenstandorten abgehalten werden können, aber ab Semesterstart wurden wieder alle verfügbaren Räumlichkeiten benötigt. Schafften sie es nicht, die Riots innerhalb dieser Woche dingfest zu machen, würden sie umziehen müssen. Vielleicht in den Turnhallenkomplex im East, in dem Narutos Gruppe vor ihrer Zusammenkunft in der Uni gehaust hatte? Als zweitgrösster genutzter Standort wäre er die logische Alternative. Sakura widerstrebte es allerdings, überhaupt daran zu denken. Schon morgen konnte es vorbei sein. Und mit diesem Ziel wollte sie in das bevorstehende Battle starten. In dem kleinen Hörsaal, ihrem Schlafplatz, traf sie bereits Sasuke an, der im Licht der Schreibtischlampe etwas in ein zerfleddertes Notizbuch kritzelte. Als er sie bemerkte klappte er es rasch zu und liess es unter seiner Matratze verschwinden. «Darf ich fragen, was das für ein Notizbuch ist oder nicht?» Sie schmunzelte. «Nichts Wichtiges. So ein Therapiezeug von meiner Psychologin aus dem Knast.» «Und warum versteckst du es? Ich finde es super, dass du das immer noch machst. Ich meine, seit du aus dem Gefängnis raus bist, ist einige Zeit vergangen.» «Ich will nicht, dass du mich für noch kränker hältst als ich sowieso schon bin», murmelte er. Sakura tat es weh, wenn er so etwas sagte. Sasuke war nicht krank, aber er hatte viele Bürden, die er mit sich herumtrug, hatte viel Leid erlebt und es gab noch viel Unausgesprochenes. Er war mit einem Eisberg zu vergleichen, nur das wenigste war an der Oberfläche sichtbar. «Du musst mir nicht sagen, was es ist, wenn du nicht willst. Und ich halte dich nicht für krank. Das versichere ich dir.» Der Anflug eines Lächelns auf seinen Lippen liess es in ihrem Bauch kribbeln. Sie setzte sich neben ihn auf die Matratze. «Da wären die ganzen Psychoheinis anderer Meinung.» Sie zuckte mit den Schultern. «Dein Glück, dass ich kein Psychoheini bin.» Er lächelte und zog sie an sich. Seufzend bettete sie ihren Kopf auf seine Schulter und liess sich festhalten. Nach einigen Sekunden des Schweigens meinte er: «Ich muss da positive Sachen reinschreiben. Jeden Tag muss ich aufschreiben, was an diesem Tag gut war. Das klingt total bescheuert, aber irgendwie ist es gar nicht so dämlich wie ich am Anfang gedacht habe.» «Ich finde, das klingt richtig gut. Ich meine, es schadet ja nichts, auch mal die guten Sachen im Leben anzuschauen. Oder?» Sie spürte seinen Atem in ihrem Haar. «Definitiv.» «Bist du eigentlich nicht müde? Ich meine, du bist seit heute Morgen auf Achse. Und letzte Nacht…» Sie hielt mitten im Satz inne. Es war fast zu einfach gewesen, im Trubel des Tages zu vergessen, was in der vergangenen Nacht vorgefallen war. Doch jetzt kamen die Erinnerungen zurück. Erinnerungen an Menschen, die nicht mehr unter ihnen weilten. «Doch, ich bin müde, aber auch wütend. Gegen Crow würde ich auch jetzt antreten, diesen feigen Schweinehund. Lässt seine Lakaien gegen uns antreten und suhlt sich dennoch in ihrer Bewunderung. Aber morgen ist es vorbei mit seinem Spiel. Morgen kriegen wir ihn.» Sie drückte seinen Arm. Ihr Herz pochte bei dem Gedanken, ihn und ihre Freunde erneut gegen die Riots antreten zu sehen. Zu viele Opfer hatte es bereits gegeben. Warum mussten sie erneut ihr Leben aufs Spiel setzen? «Es ist nicht fair. Big Fox hatte schon recht mit der Chance, die man uns gegeben hat. Wir haben viel Scheisse gebaut, aber ist es wirklich gerecht, uns nur dann eine zu geben, wenn wir dabei unser Leben riskieren? Karin hat sich selber geopfert, um andere zu schützen. Sie wollte ein neues Leben, genau wie wir alle. Aber sie ist eine von denen, die es nicht geschafft haben. Dabei hat sie genauso das Recht, ein neues Morgen zu sehen. Nachdem sie alles aufs Spiel gesetzt hat, wäre es das Mindeste gewesen.» Für Sasuke waren solche Gefühlsausbrüche nichts Alltägliches. Er war verzweifelt. Und ihn verzweifelt zu sehen, war nie etwas Leichtes. Er, der Leader, der immer alles im Griff hatte. Sie schlang ihre Arme um ihn und zog seinen Kopf an ihre Schulter, drückte ihn so fest sie konnte. Er erwiderte ihre Umarmung und liess sich trösten. Sakura war dankbar, dass er wenigstens vor ihr seine Maske ablegen konnte und seinen Gefühlen Platz geben konnte. Er hatte in ihrer Anwesenheit noch nie geweint und tat es auch jetzt nicht, aber sein Schmerz war allgegenwärtig spürbar. Aber für sie selber waren Tränen ein ständiger Begleiter. Wut, Trauer, Angst, all das trieb ihr Tränen in die Augen. Und auch jetzt weinte sie stumm vor sich hin und wiegte Sasuke in den Armen. Auch sie trauerte um Karin. Irgendwann wären sie vielleicht noch Freundinnen geworden. Ihn so zu sehen tat weh. Sie wünschte sich so sehr, dass er endlich seinen Platz fand. Den Platz, an dem er glücklich sein konnte. Sie küsste ihn auf das weiche, rabenschwarze Haar. Irgendwann richtete er sich wieder auf. Nein, er hatte tatsächlich nicht geweint. Seine Augen waren trocken und auch nicht gerötet. «Tut mir leid», murmelte er. «Das muss dir nicht leidtun. Danke, dass du mir gegenüber so offen bist.» Seine dunklen, unergründlichen Augen musterten sie. «Ich weiss nicht, womit ich jemanden wie dich verdient habe. So kaputt wie ich bin.» Sie schüttelte den Kopf. «Sag nicht sowas. Ich bin nicht besser als du. Wir sind weit davon entfernt, perfekt zu sein, aber wir sind gleichwertig. Stufe dich nicht herunter, das ist nicht gut für dich. Und für mich.» Er schaute zu Boden. «Manchmal kann ich es einfach nicht fassen weisst du. Vor mehr als einem Jahr, da war ich so anders. Ich lebte in meiner eigenen Welt – ich, mein Bruder, die Takas. Mehr gab es da nicht. Alles andere war nicht von Dauer. Ich lebte im Moment und machte mir wenig Gedanken über die Zukunft und jetzt… jetzt weiss ich eines: Ich will das hier überleben. Und wenn du es tatsächlich erträgst mit einem Ex-Knasti zusammen zu sein, dann möchte ich alles, was noch kommt, mit dir erleben.» Er war kein Mann der grossen Gefühle, das war inzwischen klar. Diese Worte hatten ihn hör- und spürbar Überwindung gekostet. Sie lächelte und küsste ihn auf den Mund. «Da gibt es nichts mehr zu entscheiden», flüsterte sie und küsste ihn gleich noch einmal. «Ich liebe dich.» Er zog sie erneut an sich und liess sich auf die Matratze fallen. Ihm so nahe zu sein machte sie oft kirre, aber heute war es die ruhige Zweisamkeit, die sie genoss. Heute konnten sie noch zusammen sein und was morgen war, würden sie erst erfahren. Doch ihn bei sich zu haben, ihren Kopf auf seiner Brust, die sich mit seinem Atem hob und senkte, ihre Hände in seinen, war alles, was sie in diesem Moment brauchte. Draussen der Regen, der gegen das Fenster prasselte.   Hinata stand an dem abgewetzten Fensterrahmen und starrte nachdenklich auf das Gelände hinaus. Von hier aus wirkte es riesig. Die Gebäude waren nicht mehr die jüngsten, aber sie hatten diesen altertümlichen Charme, wie er in einem modernen Grossstadtdschungel wie in Konoha nur schwer zu finden war. Die Dächer waren noch mit Ziegeln bedeckt wobei diese doch ziemlich mitgenommen aussahen und die Fassaden bröckelten an mehr Stellen, als sie es noch heile gab. Aber irgendwie mochte sie das. Eine Schande, dass alles bald dem Erdboden gleichgemacht wurde, um Platz für Industrie zu schaffen. Und die Wohnüberbauungen würden auch nur den Schönen und Reichen zu Gute kommen, nicht denen, die es wirklich brauchten. Nein, diese wurden sogar verscheucht. Es lief vieles falsch in dieser Stadt, in dieser Welt. Was Ayato sagte, war nicht verkehrt und sie bewunderte seinen Mut, sich für seine Ideale einzusetzen. Über seine Mittel und Wege konnte man sich streiten, gewiss. Hier so alleine in dem kleinen Büroraum zu stehen, in denen einst fleissige Menschen tagtäglich ihre Arbeit verrichtet hatten und zum offenen Fenster hinauszuschauen, stimmte sie traurig. Ihr altes Leben schien so weit entfernt, dass es kaum mehr greifbar für sie war. Ihre längst vergangenen Zukunftsvisionen waren nichts mehr weiter als ein kleiner süsser Traum. Jetzt sah sie nur noch eines vor ihr: Entweder würde man sie töten oder sie würde im Knast landen. Ayato war stark und konnte viel Schaden anrichten, aber ewig würde er sein Spiel nicht mehr vorantreiben können. Manchmal hatte sie das Gefühl, nicht mehr zurechnungsfähig zu sein. In ihrem Kopf drehten sich die Gedanken, Gefühle wie Wut und Trauer gaben sich im Sekundentakt die Klinke in die Hand. Einerseits wusste sie, was sie tun wollte und andererseits wünschte sie sich, es hätte einen anderen Weg gegeben. Vielleicht war sie zu dumm gewesen und hatte einfach keinen anderen gesehen. Aber auch heute wusste sie nicht, wie sie es hätte anders machen sollen. Sie vermisste die Person, die sie einst gewesen war. Die Probleme, die sie einst gehabt hatte. Draussen wehte der Wind Papier und anderen Müll über die Gasse zwischen dem Bürogebäude und der Lagerhalle. Ayato war vorhin zu Tomcat gegangen. Ihm war wieder einmal irgendetwas Wichtiges eingefallen. Crow war ein seltsamer Mensch und sorgte bei ihr immer wieder für Verwirrung. Genau wie ihre Gedanken verrücktspielten, befanden sich auch ihre Gefühle in Aufruhr. Und obwohl sie schon lange wusste, auf welcher Seite sie stand, so konnte sie es manchmal nicht mehr mit Sicherheit sagen.   Der nächste Tag brachte weitere Windböen und Regen mit sich. Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Am Morgen fand noch einmal eine Ansprache im grossen Hörsaal satt, bei dem noch einmal die Vorgehensweise wiederholt wurde, denn alles musste klappen. Die Beobachtungen der letzten Nacht hatten ergeben, dass sich eine grosse Anzahl Riots noch in dem Gebäude befand, darunter auch Hinata und Tomcat. Crow war nicht gesichtet worden – entweder war er drin oder nicht. Aber ein Angriff würde auf jeden Fall rentieren. Es war Naruto, der sich am Ende mit einer Bitte noch einmal an die Anwesenden wandte. Hinter ihm auf der Powerpoint-Präsentation erschien ein Bild von Hinata, dass sie lächelnd auf einem der Sofas im Kurama-HQ zeigte. «Wer sie noch nicht kennt: Das ist Hinata Hyuuga, in Riot-Kreisen nur Foxy genannt. Sie ist eine Überläuferin und war einst eine von uns Kuramas. Und ich möchte euch darum bitten, sie zu verschonen. Ich weiss, ihr seid dazu angewiesen, niemanden zu töten oder zu verletzen, wenn es auch anders geht. Aber bei ihr möchte ich um besondere Rücksichtnahme bitten. Warum sie sich den Riots angeschlossen hat, weiss ich bis heute nicht. Aber ich will es herausfinden. Es sieht nicht aus, als wäre sie unfreiwillig dort, solange ich es jedoch nicht mit Sicherheit sagen kann, will ich nicht, dass ihr etwas passiert. Ist das möglich für euch?» Er erhielt Zustimmung. Vielleicht war es das Foto, welches ein junges, nettes Mädchen zeigte und keine kalte Verräterin, die sogar die Takas gegenüber Hinata sanft stimmte. Vielleicht auch die Emotionen und die Zuneigung, die man aus Narutos Ansprache herausgehört hatte, obwohl er darum bemüht gewesen war, so objektiv wie möglich zu klingen. Was auch immer es gewesen war, es spielte keine Rolle. Naruto Bitte war auf jeden Fall gehört worden. Er atmete sichtlich erleichtert aus.   Gegen halb sechs Uhr abends trat Sakura mit Ino auf den blickgeschützten Vorplatz der Universität hinaus. Der Wind hatte sich nur minim gelegt und riss immer noch Blätter von den Bäumen. Seit heute Morgen herrschte hier ein emsiges Treiben, Sasuke hatte sie seitdem sie aufgestanden war nicht mehr gesehen. Die Gangmitglieder wurden mit Waffen und kugelsicheren Westen ausgestattet, was sie wirklich aussehen liess, wie eine Spezialeinheit der Polizei. Sie und Ino trugen ihre Sanitäter-Overalls. Beide waren sie den Einheiten zugeteilt worden, die sich auf das Gelände begeben würden und nicht zu jenen, die im provisorischen Lazarett blieben. Gegen Mittag war Tsunade mit Shizune angetrabt, die sich freiwillig für die Mitarbeit im Lazarett gemeldet hatten. Die stark Verletzen würden von dort aus ins Krankenhaus gefahren werden. Ihre Tante hatte Angst um sie, das sah sie ihr an, jedes Mal, wenn sich ihre Blicke trafen. Aber Sakura war entschlossen, in die Festung der Riots einzudringen und dort ihr Möglichstes zu tun, um ihre Freunde zu unterstützen. Sanae, Aoi und Kenta warteten bereits an dem ihr allzu vertrauen Krankenwagen und winkten ihr zu. Sie wirkten angespannt, aber motiviert. Sakura würde niemals aufhören, all diese mutigen Polizisten und Sanitäter zu bewundern. Sie waren nicht verpflichtet, das zu tun. Und doch wussten sie, dass es irgendjemand machen musste. Ein Blick zur Seite zeigte, dass auch Ino ihr Team gefunden hatte. Bald war es so weit. Etwas nervös hielt sie Ausschau nach Sasuke. Allen Kuramas und Takas, die ihr heute über den Weg gelaufen waren, hatte sie bereits gutes Gelingen gewünscht. Aber ihn musste sie unbedingt noch sehen. Lange hielt sie nach ihm Ausschau und ging aufgeregt vor dem Krankenwagen auf und ab. Sie entdeckte ihn erst kurz vor Aufbruch, als er neben Hatake und Naruto aus dem Gebäude trat. In den Overalls und den Westen sahen die beiden Gang-Leader aus wie waschechte Polizeikommandanten und Sakura konnte wieder einmal nicht anders, als sich zu fragen, was unter anderen Umständen aus den beiden geworden wäre. Vielleicht hätten ihre Leben eine ganz andere Wendung genommen, so intelligent und vielseitig wie die beiden waren. Aber das Schicksal hatte einen anderen Weg für sie gewählt. Sie bewegten sich auf einen der Kombis zu und Sakura traute sich nicht, in das Gespräch der Drei reinzuplatzen. Doch bevor er in den Kombi stieg, glitt sein Blick suchend über die Menge. Als er sie entdeckte, hielt er schnurstracks auf sie zu. In seinem Gesicht die übliche kühle Fassade gegen aussen, die Wärme in seinen Augen nur für Eingeweihte. «Bist du soweit?», fragte er und blieb vor ihr stehen. Sie sah ihm an, dass er sich Sorgen machte, aber da war er nicht der Einzige. «Natürlich.» Er zog sie sanft hinter den Krankenwagen, damit sie wenigsten von den meisten Blicken geschützt waren und musterte sie gründlich. «Weisst du, vor einem Jahr hätte ich mit nie träumen lassen, wohin uns das alles noch führt. Damals, in der Blood Zone, erinnerst du dich? Ich wollte dich nicht ausschalten, weil du meiner Meinung gar nicht auf ein Schlachtfeld gehört hast. Und jetzt stehst du da, wie eine Rettungssoldatin.» Seine Worte klangen nachdenklich, fast schon ungläubig. «Du bist nicht mehr das Mädchen von damals.» «Und ist das schlecht?» «Nein, ganz im Gegenteil. Auch wenn ich nach wie vor nicht finde, dass du auf ein Schlachtfeld gehörst. Aber ganz bestimmt an den Rand des Schlachtfelds, an dem du Leuten helfen kannst. Und in eine Gang, die du trösten und sanft stimmen kannst.» Er griff mit seiner warmen Hand nach ihrer und seine dunklen Augen fixierten sie. «Komm einfach zurück, ja? Ich werde mir mit Big Fox Crow vornehmen. Ich werde zwar in deiner Nähe sein, aber ich werde nicht auf dich aufpassen können.» «Du musst nicht auf mich aufpassen, Sasuke. Mach dir darum keinen Kopf.» «Doch, das muss ich. Ob du willst oder nicht. Lass mich wenigstens aus Egoismus um dich besorgt sein», flüsterte er. Sie schlang seine Arme um ihn und drückte ihn an sich, so fest sie nur konnte. Natürlich hatte sie Angst, natürlich machte der Gedanke an den bevorstehenden Kampf sie beinahe wahnsinnig. Aber Sasuke sollte sich nicht noch mehr Sorgen machen. Genau genommen war eigentlich sie es, die sich sorgen musste. Schlussendlich waren es Naruto, Sasuke und ihr Team, welche Crow gegenübertreten sollten. Und das war wohl die gefährlichste Mission von allen, denn wie allgemein bekannt war, beschützten die Riots ihren Leader um jeden Preis. Sie legte den Kopf in seine Halsbeuge und sog den Duft seiner Haut ein. Er streichelte mit seiner Hand sanft ihr Haar. «Pass du auch auf dich auf. Lass Crow nicht gewinnen. Wenn es jemand schaffen kann, dann du und Naruto», murmelte sie. Sie küsste ihn auf seine weichen Lippen und liess das wunderbare Gefühl bis in ihre Finger- und Zehenspitzen vordringen. Wer wusste schon, wann sie ihm wieder nahe sein konnte? Er zog sie näher an sich, ehe sie ihre Lippen wieder voneinander lösten. Stirn an Stirn gelehnt standen sie da, noch einmal mit dem Gefühl, einander nahe zu sein. Einmal mehr wurde Sakura bewusst, wie sehr sie ihn liebte. Egal, was gewesen war. Hier und heute zählte, dass sie zusammen waren. Mehr brauchte sie in diesem Moment nicht. Die Polizeifahrzeuge rollten gegen halb sieben vom Platz, eines nach dem anderen. Die Krankenwagen brachen zehn Minuten verzögert auf. Sakuras Puls beschleunigte sich, als Sanae aufs Gaspedal trat und den Wagen in die Strasse rollen liess. Gedanken an das vergangene Jahr rasten durch ihren Kopf. Die Strassenparty, die Blood Zone. Der Abend in der DDM, Sasori und Sasuke. Heimliche Treffen mit Sasuke, Einsamkeit, Angst davor, ihre Freunde zu verlieren, ihre unfreiwillige Zeit bei den Takas. Drop Down und Itachi. Weihnachten auf dem Friedhof mit Sasuke, Silvester im Lichtermeer. Die ersten Schläge gegen die Riots. Sasukes Unberechenbarkeit, ihr blauer Arm. Der Ausflug nach Otogakure, Ami, Haru und die Kinder. Das Schulfest und seine Entschuldigung, die Gewissheit, dass sie ihn immer noch liebte. Momochi und seine Pläne, Hinatas Verrat, Kankuros Tod. Die Leader im Gefängnis, ihre Auftritte im Fernsehen. Der Deal mit der Polizei und die Rückschläge gegen die Riots. Die Schlacht bei der DDM und Karins Opfer. Pixie als unerwartete Unterstützung. Und jetzt waren sie da. Nach all dieser Zeit waren sie immer noch hier und versuchten alles, um gegen Crow zu gewinnen. Ihr Herz wurde schwer, wenn sie an all die schwierigen Momente des vergangenen Jahres dachte, doch gleichzeitig stimmte es sie mutig. So vieles hatten sie bereits überstanden. Noch hatten sie nicht aufgegeben. Es galt, weiterzumachen, um eine Zukunft zu haben, für die es sich zu kämpfen lohnte.   Vereinzelte Regentropfen prasselten von einem grauen, wolkenverhangenen Himmel gegen die Windschutzscheibe. Vor ihnen lag eine lange Nacht. Und es sollte die längste ihres Lebens werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)