Konoha Gangs II: Game On von ximi (Das Spiel hat gerade erst begonnen) ================================================================================ Kapitel 35: Partners in Crime ----------------------------- Ohrenbetäubender Lärm erfüllte die nächtlichen Strassen rund um den berüchtigtsten Club der ganzen Stadt. Wo in normalen Zeiten Nachtschwärmer unterwegs waren, tanzten und tranken, tobte ein Kampf wie es ihn schon lange nicht mehr gegeben hatte. Der dröhnende Bass wurde ersetzt durch das Knallen von Gewehrkolben, pfeifendes Surren von Bleikugeln und dem Geschrei der Beteiligten. Crow hatte sich von den Takas und Kuramas inspirieren lassen, indem sie die leerstehenden Hochhäuser besetzt hatten und nun auch von dort oben feuerten. Mehrere Divisionen der Polizei-Gang-Fraktion waren unterwegs in die Hochhäuser, um den dort stationierten Riots den Gar aus zu machen. Karin lag bäuchlings auf dem kalten Asphalt einer Seitenstrasse, gut abgeschirmt von einer Reihe von Mülltonnen, die nach Zigaretten rochen. Neben ihr lag Suigetsu und beobachtete das Geschehen durch einen kleinen Spalt zwischen den Tonnen mit Adleraugen. Gemeinsam hatten sie bei Sarutobi den Auftrag gefasst, Runch zu jagen. Sie waren beide sofort Feuer und Flamme für diese Aufgabe gewesen. Besonders Suigetsu hatte noch eine Rechnung mit ihm offen. «Hättest du jemals gedacht, dass wir einmal hier landen würden?» Karin steckte den Kopf zu  Suigetsu hinüber, da sie ihn über den Lärm hinweg ansonsten nur durch lautes Brüllen verstanden hätte. «Ich meine, heute Nacht könnten wir sie kriegen!» Suigetsu lächelte. «Schon krass, nicht wahr? Haben wir gut gemacht!» «Wieder einmal Partners in Crime!», grinste Karin, liess ihre Umgebung jedoch nicht aus den Augen. «Demon sollte uns noch viel mehr als Duo arbeiten lassen, wir haben es echt drauf!» Die Erleichterung über den guten Ausgang ihrer Undercover-Mission erfüllte sie mit neuer Energie und der Motivation, weiterzukämpfen. Sie waren so verdammt nahe dran. Wenn sie sich an all die gemeinsam erlebten Dinge zurückerinnerten, wurden sie beinahe nostalgisch. Diese ganze Kriegszeit hatte sie näher zusammengeschweisst. Schon immer hatten sie sich gut verstanden, doch diese Mission im Riot-Quartier war das grösste, was sie je gemeinsam gemacht hatten. «Meinst du, die haben Runch nun in den innersten Kreis gelassen?», fragte Suigetsu mit einem Blick auf den Kellereingang der DDM, etwa zwanzig Meter von ihnen entfernt. «Crow würde ihn nie in seinen engsten Kreis lassen, aber er wird da drin schon irgendeinen Zweck erfüllen», meinte sie. «Man hat ihn jedenfalls hier gesichtet.» «Wir finden es nur raus, wenn wir da reinkommen.» «Der Kellereingang ist schlecht bewacht. Scheint als gingen ihm doch langsam die Leute aus», murmelte sie vor sich hin. «Ich sehe nur zwei.» «Gut. Wenn Sarutobis Leute den Eingang stürmen, gehen wir mit rein. Ich kann’s kaum erwarten, diesem Arschloch eins auf die Mütze zu geben», brummte Karin. Sie hatte nicht vor, ihn zu unterschätzen. Aber sie brannte auf Rache. «Glauben die echt, die DDM wäre ein guter Ort, um sich zu verbarrikadieren? Ich meine, man kann von jeder verdammten Seite reinkommen», murmelte Suigetsu. «Nee, Hatake hat gesagt, dass das hier bestimmt nicht ihre finale Festung ist. Er ist auch ziemlich sicher, dass sich Crow nicht hier aufhält.» «Vielleicht ist das ja genau sein Zweck – Ablenkungsmanöver, damit sie Zeit gewinnen. Nachdem er im Quartier ‘versagt’ hat, muss er es möglicherweise hier wieder gut machen. Aber der würde alles tun, damit seine Chancen auf den innersten Kreis steigen. Dabei ist Crow schlau genug, um jemand wie ihn niemals zu nahe an sich ran zu lassen.» Das Walkie-Talkie meldete sich und Karin hielt es sich ans Ohr. «Es ist so weit», sagte sie. «Bist du bereit?» «Klar. Lass uns diesem verdammten Runch zeigen, wer jetzt der Boss ist!»   Zur gleichen Zeit, nur wenige Blocks von der DDM entfernt. Seit zwei Stunden hatten Sakura und die Sanitäter alle Hände voll zu tun. Der Krankenwagen stand in einer düsteren Seitengasse und wurde von vier Polizisten bewacht. Haufenweise Verletze wurden zum Wagen gebracht, um vorwiegend Schusswunden behandeln zu lassen. Das schöne daran war, dass bisher niemand in akuter Lebensgefahr war – die schusssicheren Westen waren ein wahrer Segen für sie. Drei Krankenwagen pendelten unaufhörlich zwischen dem City Hospital und den Ambulanz-Stützpunkten hin und her, um die Verletzten aus der Gefahrenzone zu schaffen und Platz für weitere zu machen. Sakura führte mechanisch die ihr aufgetragenen Arbeiten aus, verband Wunden, setzte Spritzen (Sanae hatte es ihr in der Zeit an der Uni beigebracht) und koordinierte die Abläufe an dem provisorischen Lazarett, damit die Rettungssanitäter ihren Job machen konnten. In ihrem Kopf war kein Platz für die tausend Gedanken und Emotionen, die eine Situation wie diese in ihr auslösen sollte. In der Ferne hörte sie Schüsse, laute Stimmen, Motoren. Es war ein Kampf im Gange, das Leben von ihren Freunden und Verbündeten stand auf dem Spiel. Jedoch wusste sie, dass sie ihnen am besten helfen konnte, wenn sie hier ihre Arbeit verrichtete. In ihrer Zeit bei den Sanitätern hatte sie einiges lernen können und fühlte sich keineswegs mehr wie ein Klotz am Bein, nein, sie konnte etwas tun und das fühlte sich gut an. Sie wusste nicht, wie viel Zeit verging oder wie viele Verletzte sie behandelte. Sie fiel in einen Rhythmus, blendete ihre Umgebung aus und tat, was sie tun musste. Irgendwann kamen keine Verletzten mehr zum Wagen und Sakura deutete das als ein gutes Zeichen. Gerade wollte sie sich in den Wagen setzen, um etwas zu verschnaufen, als Sanae hastig mit dem Funkgerät in der Hand nach hinten kam. «Wir müssen sofort zur DDM!», rief sie. «Anschnallen!». Schnell war sie wieder verschwunden und Sakura kletterte schnell auf ihren Platz auf dem Beifahrersitz. Die digitale Uhr zeigte an, dass seit dem Beginn des Battles mehr als zwei Stunden vergangen waren. «Was ist passiert?», fragte Sakura. Der finstere Ausdruck in Sanaes Gesicht gefiel ihr nicht. Nein, er löste ungute Gefühle in ihr aus. Sanae vergewisserte sich, dass ihre Mitfahrer angeschnallt waren und drückte dann aufs Gas. Es eilte. «Die wollen uns an der DDM. Anscheinend haben sie weit vorrücken können und sind nun dabei, das Gebäude zu stürmen. Für den Fall müssen wir vor Ort sein.»   Eine halbe Stunde später. Karin entdeckte in der Ferne Deidara und Hidan, doch dann ging der Kugelhagel los. Sie drückte sich gegen die Wand des düsteren Ganges, der zum Keller führte. Die DDM war ihr nur allzu vertraut, nach all den Stunden, die sie im Stammclub der Gangs verbracht hatte. Zu ihrer Linken befand sich eine Abstellkammer mit Putz-Kram und zu ihrer rechten mündete der Gang in den grossen Hauptraum des Clubs. Sakon und Tayuya waren dabei gewesen, als sie in die DDM eingedrungen waren, jedoch war Letztere wie immer etwas übermütig gewesen. Ein Riot hatte ihr in einem Moment der Unachtsamkeit eine kaputte Glasflasche gegen den Arm geknallt und nun sass sie mit Sakon in der Abstellkammer, der ihr dabei half, die Blutung zu stillen und die Glassplitter zu entfernen. Hatake hatte ihnen aber mitgeteilt, dass eine Sanitätseinheit unterwegs war. Ansonsten hatten sie die drei Wachposten an der Kellertür mit Links überwältigen können, die Polizisten bewachten nun die Eingänge, damit keine Verstärkung für die Riots in das Gebäude eindringen konnte. Die Riots hatten keine Ahnung, was sie tun sollten. Wieder einmal waren sie von ihrem Boss als Ablenkungsmanöver benutzt worden und befanden sich nun in einer mehr oder weniger ausweglosen Situation. Während sie hier waren und so taten, als wären sie tatsächlich abgelenkt, hatten die Polizisten das Gelände rund um die DDM sofort abgesichert. Um allfällige Sprengstoffladungen zu zünden, musste Crow relativ nahe am Geschehen sein.  Zudem waren fünf Sprengstoffexperten mit Polizisten unterwegs, um das Gebäude nach Sprengkörpern abzusuchen. Mit Absicht hatten sie nicht zu viele Einheiten in die DDM hineingeschickt mit der Vermutung, dass Crow mögliche Sprengsätze erst zünden würde, wenn die Anzahl der feindlichen Leute im Club höher war, als die seiner Leute. Schlussendlich musste es sich für ihn lohnen. Die Sicht war schlecht, nur das schummrige Licht der Barbeleuchtung war an und tauchte alles in einen bläulichen Schimmer, in dem der Rauch und die Schemen von Menschen sichtbar wurden. Ihre Leute waren aufgrund der Weste und der damit eher groben Silhouette leicht von den ungerüsteten Riots zu unterscheiden. Doch all die kleinen Riots interessierten sie nicht – sie suchte nur nach Runch. Suigetsu hatte für sie den Ohrstöpsel mit Funk übernommen und rüttelte sie nun an der Schulter. «Lichtschalter!», rief er über den Lärm hinweg. Sie nickte und schaute sich um. Sie brauchten unbedingt mehr Licht. Tatsächlich befand sich gleich um die Ecke ein Lichtschalter, den Karin in einem günstigen Moment betätigte. Sofort schalteten sich die Lichtbahnen an der Decke und die Neonröhren an den Wänden ein. Das war genug Licht, um den Riots den Vorteil der Dunkelheit zu nehmen. Karin wusste in jenem Moment, dass Runch nicht hier war. «Er könnte oben sein!» Suigetsu wies mit dem Finger gegen die Decke. Richtig. Die DDM hatte so etwas wie eine Empore, auf der sich Sofas befanden. Man nannte sie auch die «Hook Up Lounge», weil dort oben meistens irgendwelche Leute miteinander rummachten. Runch könnte von dort oben feuern. Suigetsu gab per Funk durch, dass Karin und er sich nach oben schleichen würden und das die anderen auf jeden Fall auf der Hut von allfälligen Emporen-Schützen sein sollten. Die Treppe nach oben befand sich vom Haupteingang her auf der rechten Seite des Clubs und somit auch auf ihrer Seite. Von ihrem Seitengang aus waren es nur wenige Meter zum Aufstieg, allerdings mussten sie mit Feuer von oben rechnen. Für sie bedeutete das, dass sie abwarten mussten, bis die anderen den Raum soweit unter Kontrolle hatten, damit sie ihnen Feuerschutz bieten konnten. Die Riots hatten keine Chance und hätten besser daran getan, sich zu ergeben. Aber das Treffen von rationalen Entscheidungen war noch nie die Stärke dieser Gang gewesen. Auch wenn im Moment der Kampf vor den Türen der DDM noch im Gange war und sich die Anzahl der feindlichen Einheiten im Club noch in Grenzen hielt, würden sie sich über kurz oder lang ergeben müssen. Oder sterben, je nachdem. Aber sie konnte sich schon vorstellen, was dieser Bastard Crow ihnen eingeimpft hatte. Gebt nicht auf und nutzt jede Gelegenheit, sie zu schwächen. Der Riot-Leader mochte es, mit der Psyche seiner eigenen Leute und der seiner Feinde zu spielen. Er kämpfte immer auf zwei Ebenen und das machte ihn zu einem so verdammt starken Gegner. Im Augenwinkel vernahm sie Bewegungen in dem düsteren Gang. Zwei Leute mit einem Koffer waren unterwegs und wie Karin richtig vermutete, waren es Sanitäter. Zu ihrer Überraschung war eine der beiden Cherry Blossom. «Prinzesschen!», sagte sie laut und grinste. An den Lärm im Hintergrund hatte sie sich beinahe gewöhnt. «Schau dich an, vom Schlachtfeldrand direkt in Zentrum des Tornados.» «Karin, Suigetsu», grüsste Sakura ungerührt. Sie war ziemlich konzentriert, das sah Karin ihr an, weshalb sie nicht auf ihre Sticheleien reagierte. Die Zeit, in der sie Cherry Blossom noch bis aufs Blut gehasst hatte, schien ewig her zu sein. Nein, sie war immer noch kein grosser Fan von ihr, aber das Ganze – oder auch Sasuke – hatte sie hinter sich gelassen. Was zählte war die Zukunft und die galt es jetzt zu retten. Ab und zu ein wenig zu sticheln, liess sie sich aber nicht nehmen. «Wo ist die Verletzte?», fragte die Sanitäterin bei Sakura. Karin wies auf die Abstellkammer. Tayuya freute sich nicht besonders über Sakura, jedoch waren die Glassplitter in ihrem Arm heute von grösserer Priorität als ihren Hass auf die Kurama. Während sich die Sanitäterin den Arm ansah, öffnete Sakura den Koffer. «Halt mir den Arm, Sakura», wies die Sanitäterin sie an und tat wie geheissen. Kaum hatte Sakura die Hand an Tayuyas Arm gelegt, fauchte diese auf wie eine gereizte Katze. «Au, pass doch auf du blöde Kuh!» Tayuya zog den Arm weg. Die Sanitäterin war etwas perplex und Karin schon bereit, einzuschreiten, doch es war nicht nötig. «Jetzt pass mal auf: Entweder du gibst mir sofort deinen verdammten Arm oder wir überlassen dich und deine paar Kratzer ihrem Schicksal!» Tayuya hatte nicht mit einer solchen Retourkutsche gerechnet. Gerade holte sie Luft für eine gepfefferte Antwort, doch Sakura kam ihr zuvor. «Halt den Rand, Tayuya, und spiel hier nicht das grosse Baby!» Das sass. Tayuya kochte innerlich vor Wut, doch hielt sie wie gewünscht den Mund. Karin hob anerkennend eine Augenbraue. Auch Sakura hatte sich verändert. Vielleicht hatte sie sie all die Jahre wegen ihrer schüchternen, ruhigen Art unterschätzt. Und vielleicht war sie an dem ganzen Krieg einfach wahnsinnig gewachsen. «Hast dich ganz schön gemacht, Prinzesschen», sagte Karin. Sakura hob überrascht den Kopf, als sei sie nicht sicher, dass diese Worte von ihr gekommen waren. Dann lächelte sie. «Danke.» Karin begab sich wieder auf ihren Posten. Inzwischen waren die anderen in den Raum vorgedrungen. «Wir kriegen gleich das Kommando. Anscheinend ist die Lounge oben leer, keine Schützen mehr.» Karin nickte und wartete geduldig, bis sie ihre Befehle erhielten. Ihre Hand ruhte am kühlen Metall des Gewehrs in ihrer Hand. Als es soweit war, stürmten Karin und Suigetsu mit gezogenen Waffen nach oben in die Lounge. Deidara und Hidan folgten ihnen, während die anderen unten die restlichen Gegner in Schach hielten. Auf der Empore herrschte Chaos, doch ihre Gegner waren verschwunden. Die Sofas standen alle verschoben da, ihre Lehnen und die Wände dahinter waren mit Einschusslöchern verziert worden. Teuchi, der Betreiber, würde sich garantiert freuen. Am anderen Ende der Lounge befand sich eine Tür, von der Karin nicht wusste, wohin sie führte. «Die Tür», rief sie den anderen zu. Mit einem flinken, kräftigen Tritt stiess Hidan die Tür auf und ging wie seine Kameraden an der Wand in Deckung. Keine Kugeln, keine Leute, die rauskamen. Vorsichtig linsten sie um die Ecke. Der Gang war nur kurz und gab den Blick auf eine Treppe frei, die auf das Dach führen musste. Die Treppe war nur kurz und führte wiederum zu einer Tür. «Macht euch auf was gefasst», meinte Hidan. Er war die Ruhe selbst. Wenn sie sich und ihre Freunde so anschaute, musste sie lächeln. Alle trugen sie eine kugelsichere Weste mit der KCPD-Aufschrift und Waffen der Polizei. Hätten sie vor einem Jahr gewusst, dass sie einmal so rumlaufen würden, hätten sie laut herausgelacht. Und nun waren sie tatsächlich hier. Die anderen schienen ähnliche Gedanken zu haben. «Seht uns an. Wir sind tief gesunken», meinte Deidara kopfschüttelnd. «Solange die Riots rumlaufen, gibt es immer noch eine tiefere Stufe», antwortete Suigetsu. «Aber was soll’s. Es wird sowieso nie mehr wie früher werden.» «Recht hast du. Dafür besser.» Karins Griff um das Gewehr verstärkte sich. Sie war entschlossen, die Veränderungen zu akzeptieren, wenn das nur bedeutete, dass die Riots von der Bildfläche verschwanden. Die Hoffnung auf ein besseres Leben trieb sie alle an. Hidan nickte. «Ich mach die Tür auf. Geht in Deckung.» Das war der Moment, auf den Karin und Suigetsu so lange gewartet hatten. Die offene Tür gab den Blick auf das flache Dach des Clubs frei. Von hier aus war die Rückseite des beleuchteten Neonschriftzugs «Dance Devil Mansion» zu sehen. Nichts passierte. Natürlich, die Riots feuerten nicht, damit sie aus ihrem Versteck rauskommen mussten. Vielleicht befanden sie sich auch direkt über ihnen, auf dem Dach des Treppenhauses. «Wetten, die sind total in Panik?», flüsterte Karin. Rasch griff sie nach einem Besen, der in der Ecke des Hauses stand und warf ihn nach draussen. Sofort erfolgte ein kleiner Kugelhagel, der definitiv aus ihrer entgegengesetzten Richtung kam und verstummte sogleich wieder. Nur zwei Gewehre hatten gefeuert. Sie lachte leise. «Die machen sich vor Angst in die Hose. Dann lasst sie uns mal aufscheuchen.» Vorsichtig legte sie an und zielte in die Richtung, aus der die Kugeln gekommen waren. Als sie abdrückte, erkannte sie im Licht der Neonröhren und der umliegenden Häuser Schemen die sich bewegten. Auf dem Dach gab es kaum Deckung. «Deidara du prüfst sofort das Dach, wenn wir draussen sind. Hidan, gib uns Feuerschutz. Suigetsu und ich schnappen uns Runch.» Sie feuerte weitere Male in die Dunkelheit und überliess dann Hidan diesen Part. Sie fürchtete sich nicht davor, aus Versehen von ihm getroffen zu werden. Dazu waren sie alle ein viel zu eingespieltes Team. Sie spürte das Adrenalin durch ihre Adern schiessen, als sie leise von drei rückwärtszählte und dann in die Nacht hinausstürmte. Die schlechte Sicht und die verzweifelte Situation ihrer Gegner kamen ihnen zu Gute. Die Riots waren in die Defensive getrieben und wie Karin und die anderen es erwartet hatten, reagierten sie darauf mit einem letzten offensiven Aufbäumen. Aus der Dunkelheit schossen zwei Gestalten, die auf sie zuliefen und es durch ihre flinke Schnelligkeit unmöglich machten, sie mit dem Gewehr zu erwischen. Schneller als sie denken konnte, hatte sie ihr Messer gezückt und das Gewehr über ihren Rücken geworfen, damit es ihr nicht im Weg war. Ihre Ausrüstung war gegen Kugeln perfekt, doch im Nahkampf bedeuteten die Westen und das Gewehr Bewegungseinschränkungen. In der Dunkelheit hatte sie in der Hektik vier Gestalten ausmachen können. Inzwischen waren Hidan und Deidara auch vor Ort und wurden von zwei Leuten angegriffen. Karin lachte verächtlich, als sich vor ihr Runchs bulliger Körper aufbaute. Er war in Anbetracht seiner Masse erstaunlich schnell bei ihr gewesen. Flink war er nicht und das war im Nahkampf gegen ihn ihr einziger Vorteil. Er war wie ein verdammtes Biest, seine Pranken griffen nach ihr, doch Training und Kampferfahrung verschafften ihr Möglichkeiten. Ein Gewehr trug er keines auf sich, erstens, weil ihnen vermutlich die Kugeln oder die Waffen ausgegangen waren, zweitens, weil er im Nahkampf tausendmal besser war als hinter dem Gewehr. «Jetzt erkenne ich dich», sagte er mit einem fiesen Grinsen auf dem Gesicht, als sie sich nach ihrem Ausweichmanöver wieder zu ihm umdrehte. Er gab ihr keine Zeit, sich zu sortieren und attackierte erneut. Sie wusste nicht, wie sich die anderen schlugen, aber falls jemand die Möglichkeit hatte, ihr zu helfen, wäre es mit einem Gewehr unmöglich. Auf Runch zu schiessen und dabei zu riskieren, dass sie selber getroffen würde, wagte keiner. Ihre Hand schloss sich fester um den Messergriff und wich konzentriert Runchs Klinge aus, die vor ihr durch die Luft sauste. Ihr Herz raste, denn dieser Kampf war keineswegs einseitig. Als Runch sie am Handgelenk zu fassen bekam, riss sie sich mit einer geschickten, schnellen Bewegung nach oben von ihm los. Ihre Haut schmerzte da, wo er sie gehalten hatte. Vermutlich hatte sie sich bei diesem Manöver auch noch gleich die Hand verstaucht. In einem Moment seiner Unachtsamkeit sprang sie wie eine Katze auf seinen Rücken und versuchte, ihm das Messer in die Haut zu treiben. Doch er war schneller, packte ihre Arme und zog sie in einem Ruck über seine Schultern nach vorne, sodass sie mit einem dumpfen Aufprall rücklings auf dem Boden landete. Sie schrie vor Schmerz auf. «Helft Karin», hörte sie aus der Ferne eine laute Stimme. Die Jungs hatten Recht, denn Flinkheit reichte nicht, um sich gegen diesen Gegner zu behaupten. «Im Kampf kann man nicht so leicht gewinnen wie undercover, du verdammte Hure!» Er trat ihr mit dem Fuss auf die Kehle, doch ehe er sich versah, war Suigetsu vor Ort, sprang ihn an und riss ihn mithilfe des Schwungs herum, sodass er taumelte. Karin war schnell wieder auf den Beinen, auch wenn ihre Sinne etwas durcheinandergeraten waren. Deidara und Hidan waren immer noch mit Runchs Schergen beschäftigt, während ein Körper bereits leblos am Boden lag. Suigetsu hatte seine persönliche Rache schnell hinter sich gebracht. Ihr Partner verpasste Runch in einem weiteren Sprung einen geschickten Tritt gegen die rechte Gesichtshälfte, worauf dieser am Boden lag. Suigestu war schnell auf ihm drauf, das Messer bereits über der Brust, doch Runch hielt wacker entgegen, bevor er ihn von sich stiess, Suigetsu zur Seite rollte und gleich wieder auf den Beinen war. Er kannte Runchs Art zu kämpfen noch besser als sie. Runch konnte Suigetsus blitzartige Angriffe zwar immer im letzten Moment abwehren, aber er kam ganz schön ins Schwitzen. Erst nach dem vierten abgewehrten Angriff konnte Runch einen Tritt in Suigetsus Magengrube landen, der ihn zu Boden warf. Karin hatte auf einen günstigen Moment gewartet, wieder in den Kampf einsteigen zu können, jetzt war er da. Bevor Runch Suigetsu zu nahe kommen konnte, war Karin wieder im Spiel. Sie suchte nach erreichbaren Schwachpunkten, jedoch war das bei diesem stahlharten Typen wirklich schwierig. Ein guter Tritt in den Schritt hätte Abhilfe schaffen können, doch er liess sie nicht mehr nahe genug an sich heran. Von Runchs Oberschenkel und seinem Arm tropfte Blut aus langen Schnittwunden. Ihr Gegner war angeschlagen. Diese Verletzungen waren Schwachpunkte. Karin ignorierte den Schmerz in ihrer Hand, ihrem Hinterkopf und ihrem Rücken, um erneut anzugreifen. Sie landete einen Tritt gegen sein Schienbein, worauf er immer rasender wurde. Er wurde fuchsteufelswild. «Ergib dich Runch», keuchte sie in einem kurzen Moment der Distanz zwischen ihm und ihr. «Du hast keine Chance mehr.» Runch grinste ein boshaftes Grinsen, bei welchem sich sogar ihr die Nackenhaare aufstellten. «Schaden ist Schaden», meinte er mit seiner tiefen, bedrohlichen Stimme. Er wusste, dass er keine Chance mehr hatte. Doch solange er seinen Gegnern schaden konnte, hielt ihn das vor nichts ab. «Ausser deinem verdammt offensichtlichen Dachschaden», rief Suigetsu schwer atmend, als er sich wieder hinstellte. Runch liess nicht lange auf sich warten und attackierte weiter, doch Karin und Suigetsu waren in der Lage, ihn mehr und mehr gegen den Rand des Daches zurückzutreiben, sodass er zusehends weniger Bewegungsspielraum hatte. In ihrem Augenwinkel nahm sie Deidara und Hidan wahr, welche gemeinsam ihren letzten übrigen Gegner besiegt hatten und sich nun aufrappelten, um sie zu unterstützen. Suigetsu verpasste Runch einen weiteren Tritt. Die Lippe des Riots war aufgeplatzt und blutete. Er war in keiner guten Verfassung mehr. Deidara und Hidan schnappten sich ihre Gewehre und richteten sie auf Runch, doch war das Kampfgeschehen zu hektisch, als dass sie sauber zielen hätten können. Konnte es wirklich sein, dass sie hier einfach nicht vorankamen? Warum war dieser Typ so verdammt zäh? Sie hasste ihn wirklich, aber wenn sie ihn nicht töten musste, dann würde sie das auch nicht tun. Er könnte sich einfach ergeben, das wäre für sie alle besser. Aber Runch hatte kein Interesse daran, die Situation für alle so angenehm wie möglich zu machen. In ihrem Kopf entstand ein Bild, wie sie ihn attackieren konnte. Sein Bein war ein guter Angriffsort. Und als Suigetsu für einen Moment von ihm abliess, sichtlich erschöpft, lief sie los. Das Blut rauschte in ihren Ohren und sie verspürte ein ungutes Gefühl in ihrer Magengrube, als sie loslief. Doch sie mussten diesen Kampf endlich beenden. Keiner ihrer Freunde sollte noch mehr Schaden davontragen, nur weil Runch ein verdammt kranker Typ war. Mit Hidan und Deidara im Spiel eröffnete sich eine neue Möglichkeit, die ihnen den Sieg bringen konnte. Rasch wechselte sie mit Suigetsu einen vielsagenden Blick. Wenn sie rasch Land gewinnen konnten, würden ihre beiden Kumpanen freie Bahn auf Runch haben. Der Blickwechsel dauerte bestimmt nur eine Sekunde, dann liefen sie los. Bessergesagt, wollte Karin loslaufen. Runch hatte sie jedoch unterschätzt – er war nicht dumm und hatte ihren Plan sofort durchschaut. Ehe sie es sich versah, hatte Runch sie am Arm erwischt und riss sie zurück, direkt vor sich. Ihr Messer fiel zu Boden und er gab ihm einen Tritt, sodass er ausser Reichweite blieb. Jetzt waren sie nur wenige Meter vom Rand des Daches entfernt. «Wehe einer von euch rührt sich», sagte er. Sein Blut tropfte auf Karins Arm. Sie hätte sich gerne freigekämpft, doch sein Griff war eisern. Nicht einmal ihre Beine konnten ihn erreichen. In Suigetsus Augen stand zum ersten Mal seit langer Zeit Furcht. Karins Gedanken rasten, suchten nach einem Fluchtweg, doch sie fand keinen. «Was willst du von uns?», fragte Suigetsu vorsichtig. Runch lachte dreckig. «Ihr seid so einfältig. Wärt ihr Riots, dann hätte mich schon längst einer abgeknallt. Aber ihr geht keine Risiken ein, wenn jemand von euch in Gefahr ist. Mir war es schon lange ein Rätsel, wie solche Wohlfühl-Gangs über Jahre so viel Macht haben konnten. Ihr wärt nie dazu fähig gewesen, eine Rebellion gegen das System anzuzetteln.» «Du bist auch nur eine Figur im kranken Spiel deines Bosses», presste Karin hervor, doch er brachte sie mit einem drohenden kleinen Einschnitt in ihren Hals zum Schweigen. Das Blut rann ihr warm über den Hals hinab. Sie presste die Lippen zusammen. In einer Gang zu sein bedeutete, mit dem Tod zu rechnen. Es bedeutete, sein Leben zu riskieren und sich selber nicht an erste Stelle zu setzen. Mutig zu sein. Und trotzdem verspürte sie in diesem Moment Furcht. Das hier konnte ihre Endstation sein, so wie es so vielen Leuten bisher ergangen war. Konnte es sein, dass Runch ihr finaler Widersacher war? Nun, sie würde alles tun, damit sie ihre Leute beschützen konnte. Sie würde alles tun, damit dieser Krieg gewonnen wird, auch wenn das bedeutete, dass sie dieses neue Leben nie selber kennenlernen würde. Auch wenn der Gedanke wehtat. Suigetsus Augen waren weit aufgerissen, Deidara und Hidan hielten die Luft an. Plötzlich durchschnitt eine vertraute sanfte Stimme die Nacht. «Lass sie los Runch. Ich bitte dich.» Karin entdeckte die Quelle der Stimme. «Pixie!», stiess sie hervor. Pixie war schmutzig und zitterte am ganzen Körper. Anscheinend hatte sie sich trotzdem irgendwo versteckt gehalten. In ihren Augen stand Angst, sie war sichtlich verstört und wirkte so klein und zerbrechlich. Auf dem Dach lagen ihre toten Gangmitglieder. «Ich habe dir gesagt, du sollst dich verstecken und ruhig halten!», blaffte Runch sie an. «Lass sie los, Runch. Das hier hat keinen Zweck mehr. Unsere Freunde hätten nicht sterben müssen!» Sie hatte gerötete Augen von Tränen. «Halt dich raus, Pixie! Du bist auch nur ein Klotz am Bein der Riots!» Das verletzte Pixie sichtlich. «Bitte, Runch. Lass Toya gehen… oder wie auch immer sie heisst.» Sie schenkte Karin ein schwaches Lächeln. «Sie ist ein verdammter Spitzel, wegen der meine Leute nun sitzen!» «Aber sie sind nicht tot. Sie haben sie nicht sinnlos umgebracht. Sie leben.» «Spielt keine Rolle, Pix. Dann lass dich doch festnehmen.» «Bitte…», flehte sie. «Ich bitte dich.» Runch lachte nur laut. «Du bist genauso schwach wie sie. Vielleicht wärst du auf der anderen Seite besser aufgehoben. Du bist ja nur dabei, weil du zu Crows Lieblingen gehörst. Eine Göre, die per Zufall die richtigen Kontakte hat!» Er schien es sichtlich zu geniessen, Pixie seine Wahrheiten vorzulegen. Ihr war, als wäre er sogar neidisch auf ihre bevorzugte Position. Der sichtbare Schmerz und die Verzweiflung auf ihrem Gesicht waren kaum auszuhalten. «Toya, es tut mir so leid», stiess sie hervor. «Es tut mir so leid…» Karin brachte ein Lächeln zu Stande bewegte fast unmerklich den Kopf hin und her, damit Runch sie nicht noch weiter verletzte. Jetzt war es genug. Die Situation erschien ausweglos, doch Karin hatte eine Idee. Keine Idee, die sie alle lebend davonkommen liess, aber immerhin. Runch würde sie nicht loslassen, auch wenn er umstellt wäre. Er würde sie töten, einfach nur, weil er wollte. Er würde weiteren Schaden anrichten, soviel er noch konnte. Sie musterte ihre Freunde und fragte sich, wo Sasuke und die andere jetzt gerade waren. Ob sie lebten. Ob sie Angst hatten. Karin fürchtete sich, aber sie wusste, was sie zu tun hatte. Entweder liess sie sich von Runch töten und riskierte dabei, dass ihre Freunde verletzt wurden oder sie versuchte, den Schaden zu begrenzen. Hier und jetzt hatte sie die Chance, die Welt von einem kranken Menschen wie Runch zu schützen. Er war abgrundtief böse und absolut skrupellos. Irgendwie war er zu diesem Menschen geworden und deshalb tat er ihr leid. Vielleicht existierte sein wahres Wesen tief in ihm drin noch. Kein Mensch wurde böse geboren. Sie bedachte Suigetsu mit einem langen Blick. Ihr bester Freund, ihr Partner in Crime. Es war ihm anzusehen, wie sehr ihm die Endgültigkeit ihrer Situation bewusst war. Er starrte sie an, in seinem Blick lagen mehr als tausende von wunderbaren Worten. Sie versuchte, ihm all die Worte, die sie für ihn hatte, zurückzugeben. Die anderen standen da wie gelähmt, selbst Deidara und Hidan, die sich sonst nichts erschüttern konnte. Pixie schluchzte laut und murmelte unaufhörlich, dass es ihr leidtue. Sie litten. Und sie war ihnen so unendlich dankbar dafür, dass diese Menschen sie so sehr in ihr Herz geschlossen hatten, dass es ihnen wehtat, den Tatsachen hier ins Auge zu blicken. Ihr ganzes Leben lang hatte sie nach Liebe und Zuneigung gesucht, die ihr niemand gegeben hatte. Weder ihre Eltern, noch die Menschen, für die sie sich nächtelang ausgezogen hatte. Nicht einmal ihre Nachtclub-Kolleginnen waren wirklich mehr fähig dazu gewesen, Liebe zu empfinden. Lusty Rose ausgenommen. Sie hatte einen Rest mütterlicher Liebe behalten und sie damit beschützt. Und bei den Takas hatte ihre Suche ein Ende gehabt. Sie hatte Freundschaft gefunden, die stärker war, als dass sie es sich je hätte erträumen lassen. Mehr als Freundschaft – Familie. Auch wenn die Takas einen rauen Umgangston hatten, so waren sie immer eine Familie gewesen. Sie erinnerte sich an Sasuke und die anderen, wie sie sie damals im Hinterhof des Stripschuppens gerettet und ihr ein neues Leben geschenkt hatten. An die Zeiten, als sie Sasukes Freundin gewesen war. Das gemeinsame Musikmachen. Sie erinnerte sich an Hotaru, Shion, Konan und all die anderen Taka-Frauen, die ihre Schwestern waren. An alle Taka-Jungs, ihre Brüder. An Suigetsu, ihren besten Freund. Sie dachte auch an Sakura und die Kuramas. Feinde, die zu Verbündeten geworden waren. Ihre sehr ungewöhnliche Beziehung zu Sakura. Und jeder Mensch, der in diesen Gedanken vorkam, war es wert gewesen. Sie hatte ihr Leben nicht geliebt aber jeden noch so kleinen positiven Teil davon schätzen gelernt. Sie würde Runch nicht als Druckmittel dienen, um ihren Freunden zu schaden und sie zu verheerenden Taten zu bewegen. Nein, sie waren es wert, davor verschont zu werden. Noch einmal musterte sie ihre Freunde. Und dann sammelte sie alle Kraft, die sie aufzubringen hatte und rammte ihren ganzen Körper gegen Runch, der durch den Dialog mit Pixie unaufmerksamer geworden war. Er verstärkte reflexartig seinen Griff und das Messer drang tief in ihre Kehle ein. Es tat weh, aber sie nahm es kaum mehr wahr. Das Adrenalin vernebelte ihre Sinne. Runch taumelte, angeschlagen wie er war und lockerte nun seinen Griff, um sein Gleichgewicht wiederzufinden. Noch einmal rammte sie sich gegen ihn und rückte dabei ihre Faust auf seine Wunde. Er schrie auf, liess sie los und taumelte weiter rückwärts, bevor er das Gleichgewicht verlor und über den Rand des Dachs hinaus in die Tiefe stürzte. Ein dumpfer Aufprall ertönte, als Runchs Körper auf den Boden auftraf. Dann hörte sie Geschrei und sank in sich zusammen. Sie spürte das Blut in ihrem Mund, wie es warm über ihren Hals hinablief und mit ihm das Leben aus ihr wich. Verschwommen nahm sie Suigetsu und Pixie über sich wahr, ihre gedämpften Stimmen. Später sah sie rosa, vermutlich Sakura und die Sanitäterin. Sie waren zu spät, aber sie war trotzdem froh, dass sie hier waren. Dann wichen die verschwommenen Gesichter Bildern. Schönen Bildern, die an ihr vorbeizogen und sie mit Glück erfüllten. Erinnerungen an die Takas. An die wichtigsten Menschen in ihrem Leben. Sie hörte ein Lied, welches sie immer mit Sasuke gespielt hatte. Er hatte Klavier gespielt und sie hatte ihn auf der Gitarre begleitet. Die anderen Takas hatten ihnen immer gerne beim Spielen zugehört. Ja, das waren ihre liebsten Momente gewesen. Sie glaubte zu lächeln, als die Klänge in ihrem Ohr langsam verstummten und alles um sie herum schwarz wie die Nacht wurde.   Sakura hätte beinahe laut aufgeschrien als sie sah, wer da vorne blutüberströmt am Boden lag. In ihr stiegen allerlei Gefühle auf, doch am meisten spürte sie Verzweiflung. Die DDM war gefallen und viele Sanitäter kümmerten sich um die Verletzten – und Toten – beider Seiten. Aoi, Kenta und Sanae taten, was sie konnten, doch tief im Inneren war ihnen allen bewusst, dass sie bereits zu viel Blut verloren hatte und der Schnitt an der Kehle viel zu grosse Schäden angerichtet hatte. Sakura hätte geweint, wäre sie nicht vollgepumpt mit Adrenalin und dem Wunsch, Karin irgendwie zu retten. Neben der rothaarigen Taka kniete Suigetsu und weinte still vor sich hin. Er umklammerte ihre bleiche Hand. Ihm gegenüber kniete ein blondes Mädchen, das sie nicht kannte. Sie sah jung aus und zitterte am ganzen Körper, murmelte zwischen ihren Schluchzern immer wieder, dass es ihr Leid tat. In etwas Abstand, um die Sanitäter nicht zu behindern, standen Deidara und Hidan, mit steinernen, schockierten Gesichtsausdrücken. Sie hatte sie bisher nur ein einziges Mal in diesem Zustand gesehen und das war kurz nach Itachis Tod gewesen. Die Sanitäter legten Karin auf eine Tragbahre, die Kenta und Aoi vorhin gebracht hatten. Ihr Körper war schlaff. Erst, als sie das Lächeln auf Karins Gesicht sah, spürte sie die Tränen, die ihr über die Wangen liefen. «Hast dich ganz schön gemacht, Prinzesschen», hallte Karins Stimme in ihrem Kopf wider. Die letzten Worte, die sie jemals von ihr gehört haben würde. Auf dem Dach fanden sich zunehmend mehr Leute ein. Sie hörte wie Sarutobi die Nachricht von Runchs Tod überbrachte. Ihre Beine waren wie gelähmt, doch sie trugen sie zu Hidan und Deidara. «Wie ist es passiert?», fragte sie tonlos. «Er hat sie erwischt und sie als Geisel benutzt. Sie hat ihn über den Rand des Dachs hinausgestossen, doch er hat ihr vorher das Messer in die Kehle getrieben.» Hidans Worte waren leise und irgendwie leer. Als ob er selber noch gar nicht realisiert hatte, was passiert war. «Sie hat ihn getötet, bevor er die Situation schlimmer gemacht hat… er war entschlossen, so viel Schaden wie möglich anzurichten. Er wusste, dass er sterben würde und trotzdem hat er sich nicht ergeben.» Deidaras Blick war auf den Boden gerichtet. Sie spürte, wie sich die beiden selber Vorwürfe machten. Und sie verstand es – ihr wäre es nicht anders ergangen, wenn sie dabei hätte zusehen müssen, wie Karin sich selbstlos gegen Runch durchgesetzt hatte. Und es hatte sie ihr Leben gekostet. «Dürfen wir sie ins Krankenhaus bringen?», fragte Sanae Suigetsu sachlich, mit einem mitfühlenden Ton in der Stimme. «Einen Moment noch bitte… vielleicht gibt es Takas, die sie noch sehen wollen.» Er wischte ihr dabei das Blut vom Hals und legte eine Decke über ihre schmutzigen, blutigen Kleider. Das blonde Mädchen zitterte nun noch mehr und bekam kaum mehr Luft vor lauter Schluchzen. Rasch holte Sakura eine Erste-Hilfe-Decke und legte sie ihr um die Schultern. Das Mädchen nahm sie nur kurz mit ihren verquollenen grünen Augen wahr. Sakura legte ihr einen Arm um die Schulter. Auch wenn sie das Mädchen nicht kannte, verspürte sie das Bedürfnis, ihr Halt zu geben. Denn niemand hier schien wirklich zu wissen, wer sie war. Sie nahm diese Geste dankend an und schlang ihre Arme um Sakura. Sakura drückte sie an sich und streichelte ihr über den Rücken, während das Mädchen vor lauter Schluchzen bebte. Sakura war zutiefst erschüttert. Sie konnte nicht fassen, was hier passiert war. Sie rechneten mit Verlusten, ja. Aber sie wirklich zu erleben war immer etwas anderes. Mehrere Takas tauchten auf, knieten sich neben die Verstorbene, um zu trauern und sich zu verabschieden. Shion, Hotaru, Sasori, Konan und viele andere Inners waren da. Auch die Kuramas stellten sich in respektvoller Distanz auf und trauerten um den Verlust einer Mitstreiterin. «Wie ist es passiert?», fragte eine vertraute Stimme dieselbe Frage, wie sie einige Minuten zuvor. Deidara erklärte seinem Boss den Tathergang. Sasuke nickte und machte dann einige Schritte auf Karin zu. Suigetsu wich nicht von ihrer Seite, liess Sasuke jedoch Platz. Sasukes Miene war ziemlich undurchsichtig, aber Sakura erkannte die Schwere und die Trauer um seine Kameradin darin. Er kniete sich hin und strich ihr eine rote Haarsträhne aus dem Gesicht. «Du warst verdammt mutig, Sniper», murmelte er. «Bis zum letzten Moment.» «Karin hat immer gesagt, sie wolle auf eine epische Weise sterben», flüsterte Shion zwischen zwei Schluchzern. «Epischer geht’s ja fast nicht.» Es brach Sakura das Herz, sie alle trauern zu sehen. Die Szene erinnerte sie viel zu sehr an Itachis Tod im vergangenen Winter. Als Kenta und Aoki Karins Körper zudeckten und auf die Trage legten, spürte sie diese brutale Endgültigkeit. Nie wieder würde sie ihre feuerrote Mähne sehen, nie wieder würde sie von ihr Prinzesschen genannt werden. Sie hatte diesen Namen selbstverständlich nie gemocht und doch wünschte sie sich nun, ihn mit diesem Mix aus Anerkennung und Herablassung aus ihrem Mund zu hören. Doch das war vorbei. Sanitäter kamen, verarzteten die Verletzten, Sarutobi und Hatake beendeten die Mission offiziell und wiesen an, sich in die jeweiligen Lager zurückzubegeben um Kraft zu tanken. Sakura führte die ihr angewiesenen Arbeiten wie ein Roboter. Sasuke warf ihr einen prüfenden Blick zu, bevor er sich mit seinen Leuten nach unten begab. Sakura erwiderte ihn mit einem traurigen Nicken. Alles schien unwirklich. Das Adrenalin wich aus ihrem Körper und liess den Emotionen mehr Platz. Sie fühlte sich so unglaublich schwer und leer. Als ob die Riots diese Schlacht zwar verloren, dafür aber eine andere gewonnen hatten. Sakura kümmerte sich darum, dass das blonde Mädchen an einen sicheren Ort kam. Ihr Bandenname war laut eigener Aussage Pixie. Sarutobi wollte sie in U-Haft nehmen, doch Suigetsu wehrte sich mit Händen und Füssen dagegen. Anscheinend war sie eine Bekanntschaft aus seiner Undercover-Zeit. Sarutobi liess sich dazu durchringen, sie an die Uni zu bringen, dort aber borläufig zu verwahren, bis geklärt war, welche Verbindung noch zu den Riots bestand. Pixie fügte sich diesem Entscheid ohne zu Zögern. «Ich habe keinen Ort mehr, an den ich gehen kann.» Sakura bestand darauf, sie im Kastenwagen zu begleiten. Sie wollte das am Boden zerstörte Mädchen nicht alleine lassen. Anscheinend war sie erst siebzehn Jahre alt. Wie in Trance begleitete sie Pixie an der Uni zu dem für sie vorgesehenen Raum, ein kleines Büro, dessen Fenster abgeschlossen waren. Am Boden lag eine Matratze für sie. Sarutobi versicherte, dass sie nicht lange alleine da drinbleiben müsse. Sie würden sie morgen verhören und dann würde weitergeschaut werden. Sakura brachte ihr Kakao und etwas zu essen aus der Cafeteria, was sie dankend annahm. «Kommst du zurecht, Pixie?», fragte sie sanft, bevor sie das Zimmer verliess. Sie nickte. «Ja, mach dir keine Sorgen um mich», sagte sie mit belegter Stimme und fügte nach einer kurzen Pause an: «Ist Yuma wütend auf mich?» «Yuma?» «Entschuldige… ich kenne seinen richtigen Namen nicht.» «Ach so, du meinst Suigetsu.» Sie legte ihr sachte die Hand auf die Schulter. «Nein, ganz bestimmt nicht. Er hat wie ein Löwe dafür gekämpft, dass du nicht in U-Haft kommst. Sie nickte und senkte den Kopf. «Er stand To…. ich meine, Karin sehr nahe.» «Ja, das glaube ich auch. Wie nahe weiss ich allerdings nicht – ich bin eine Kurama.» Pixie musterte sie so überrascht, wie das ihre Trauer noch zuliess und meinte dann: «Sie war eine tolle Person. Ich glaube, wir wären gute Freunde geworden.» Sakura nickte und lächelte traurig. «Das glaube ich auch.» Sakura verschwand unter die Dusche, um sich all das Blut und die Tränen vom Körper zu waschen. Sie sehnte sich nach Schlaf und Ruhe, wohlwissend, dass pures Vergessen nichts an ihrer Situation ändern konnte. Sarutobi hatte sie über zehn Tote und über vierzig Verletze informiert, sieben davon schwer. Und das war nur ihre Seite. Vier Kurama-Outers waren gestorben, alle hatte sie gekannt. Es tat so verdammt weh zu wissen, dass sie für ein besseres Morgen gekämpft hatten, welches sie nie erleben würden. Sie alle hatten es so verdient, ein gute Leben zu führen. Heute waren es sie, Karin, drei Taka-Outers und zwei Polizisten gewesen, die ihr Leben gelassen hatten. Wen würde es morgen treffen? Als sie die Treppe hinaufstieg hörte sie Stimmen aus der Cafeteria, doch sie wollte jetzt nicht unter Leute gehen. Sie wollte nur einen Menschen sehen, doch Sasuke war vermutlich noch nicht oben im Hörsaal. Ihre Beine schmerzten auf den letzten Stufen, ja ihr ganzer Körper fühlte sich taub und kaputt an. Sie öffnete die Tür zu ihrem vorübergehenden Schlafplatz und war ganz schön überrascht, als sie Sasuke darin fand. Er war frisch geduscht. Er musterte sie mit einem nachdenklichen, beinahe abwesenden Blick, als sie in das Zimmer eintrat. Nur die Schreibtischlampe des Dozentenpults tauchte den Raum in ein warmes Licht. Sakura lief auf Sasuke zu und fiel ihm in die Arme und er drückte sie an sich. Sie spürte so viel Schmerz und Trauer, wie musste es denn erst für ihn sein? Auch er hatte Leute verloren und noch dazu Karin, die ihm nähergestanden hatte, als alle anderen seiner Gangmitglieder. Er bebte, das spürte sie, doch er weinte nicht. Sasuke hatte noch nie in ihrer Anwesenheit geweint. Damals an Weihnachten auf dem Friedhof vielleicht, aber da war sie sich nicht sicher. «Es tut mir so leid», flüsterte sie. Er legte seine Hand an ihren Hinterkopf und drückte sie noch mehr an sich. «Sie spielen ihr Spiel weiter. Sie wissen, dass jeder Verlust für uns ein Schlag ist und deshalb versuchen sie und bis zum bitteren Ende zu schaden, auch wenn es aussichtslos für sie ist. Aber sie treffen uns jedes Mal tief. Unsere grösste Schwäche sind wir selber und Crow weiss das besser als jeder andere.» Es war vollkommen verrückt, wie viel eine einzelne Person durch die Hände anderer kaputtmachen konnte. «Wie geht es Suigetsu?» Die Frage war überflüssig, aber Sakura stellte sie trotzdem. «Er wollte alleine sein. Viele der Takas sind noch unten, wollen nicht schlafen gehen. Aber Suigetsu hat sich zurückgezogen. Er und Karin waren immer zusammen unterwegs, auf Missionen, aber auch wenn wir abends um die Häuser zogen. Nur auf dem Motorrad ist sie meine Beifahrerin gewesen, ansonsten war ihr Partner immer Suigetsu. Rückblickend fällt es mir noch viel mehr auf.» Seine Stimme war schwach. Sakura wusste, Karin war lange seine Freundin gewesen. Er hatte sie aus dem Stripclub geholt, sie hatten zusammen Musik gemacht. Niemand in den Reihen der Takas war so gut an ihn herangekommen, wie Karin. «Wegen ihr bin ich nach Oto gegangen», flüsterte er. «Sie hat nie ein Blatt vor den Mund genommen und mir immer entgegengehalten.» Sakura schloss ihre Arme noch fester um ihn, in der Hoffnung, seinen Schmerz lindern zu können. Er weinte nicht, aber sie. Ihre Freundschaft zu Karin war eine der besonderen Art gewesen. Eine Art Hassfreundschaft. Sie hatten sich nicht gemocht aber doch irgendwie respektiert. Karin hatte sie damals im HQ sogar vor Tayuya in Schutz genommen. «Sie war absolut einzigartig. Anfänglich habe ich sie wirklich nicht gemocht, aber jetzt, wo ich hinter ihre Fassade gesehen habe weiss ich, was für eine starke Frau sie war.» Sie spürte seinen Atem in ihrem Haar. «Das war sie. Sie war der Inbegriff einer Taka.» Dem konnte Sakura nichts mehr anfügen. Karin war temperamentvoll, frech, aber auch gutherzig gewesen. Von ihrem Mut ganz zu Schweigen. Sakura und Sasuke legten sich hin, liessen einander aber nicht los. Sie fühlten beide diesen brutalen Schmerz, den nur die Zeit heilen konnte. Sasukes Augen glänzten im Mondlicht, das konnte sie in einem kurzen Augenblick erkennen, doch sie sah keine Tränen. Er hatte seine Arme um sie geschlungen und drückte sie an sich, als ob sie von einem Moment auf den anderen verschwinden könnte. «Bitte, pass auf dich auf», flüsterte er an ihrem Ohr. «Ich will niemanden mehr gehen sehen.» Sie schmiegte sich an ihn. «Wir werden das durchstehen. Wir müssen.»   Das Mondlicht tauchte den dunklen Universitäts-Garten in ein komisches Licht, welches die Umgebung surreal wirken liess. Die Blumenranken und Sträucher wirkten unecht, genauso wie die Ereignisse, die sich in dieser Nacht zugetragen hatte. Er weinte still, versuchte, seine verkrampften Hände zu entspannen, doch es gelang ihm nicht. Er würde alles dafür geben, die Zeit zurückdrehen zu können. Karin hatte es nicht verdient zu sterben, nicht nachdem was sie für das Gelingen ihrer Mission aufs Spiel gesetzt hatte. Die Zeit im Riot-Quartier war nicht einfach gewesen, doch sie hatte es wie eine Meisterin angepackt und zu Ende gebracht. Wäre er auf dem Dach nur schneller gewesen. Hätte er doch früher den Nahkampf aufgegeben. Hätte er sie doch besser beschützen können. Suigetsu fühlte sich schwach und machtlos. Noch vor wenigen Stunden war er voller Hoffnung und Energie gewesen, diese Nacht zu einer erfolgreichen zu machen. Aber ohne Karin war sie das nicht. Sie vor der DDM noch gemeinsam gelacht. «Wieder einmal Partners in Crime!», hatte sie gesagt und ihm ihr breites Grinsen gezeigt. Suigetsu wusste nicht, auf welche Weise er sie geliebt hatte. Aber daran, dass er sie geliebt hatte, bestanden keine Zweifel. Vielleicht wäre etwas aus ihnen geworden. Vielleicht waren sie füreinander bestimmt gewesen. Doch das alles spielte jetzt keine Rolle mehr. Denn Karin war tot. Ihr Körper war kalt. Ihr Blut auf dem Dach der DDM und an seinen Kleidern, die er sich in der Dusche wie ein Geisteskranker vom Körper gerissen hatte. Runch war tot, aber das erfüllte ihn nicht mit Freude, nein. Er würde ihn wiederbeleben, wenn das nur bedeutete, dass er ihn wieder und wieder und wieder töten konnte. Runch hatte seinen Tod erwartet, für ihn war es keine Überraschung gewesen. Dabei hatte er ihn leiden sehen wollen. Runch hätte wie ein geschlagener Hund erbärmlich um sein Leben betteln sollen. Stattdessen hatte er ihnen vor seinem Ableben Karin genommen. Eine Taka, wie sie im Buche gestanden hatte. Wenn er sich nicht mehr an Runch rächen konnte, dann sollte nun endlich Crow büssen. Er würde alles daran setzten, dass ihr nächster Schlag gegen die Riots erfolgreich wurde. Das Spiel war noch nicht zu Ende. Er wusste, was seine Aufgabe war und würde alles daransetzen, sie zu erfüllen. Koste es, was es wolle. Für Karin. Seinen Partner in Crime.       Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)