Konoha Gangs II: Game On von ximi (Das Spiel hat gerade erst begonnen) ================================================================================ Kapitel 34: Ein Schlag zurück ----------------------------- Runch war weitaus weniger intelligent als Crow, Tomcat und Cracker, das war selbst aus einem Kilometer Distanz zu erkennen. Er genosss seine Macht und nutze sie gnadenlos aus. Er war bullig und seine Statur trug zu seinem furchteinflössenden Erscheinungsbild bei. Karin liess sich im Training anbrüllen und versuchte, ihm sonst aus dem Weg zu gehen. Um ihre Deckung wahren zu können, gab sie im Training nie hundert Prozent und versuchte, einen Lernprozess zu simulieren. Sie zeigte immer nur so viel, dass Runch nicht ein Loch in die Wand schlug vor Wut, aber trotzdem nicht vor Überraschung rückwärts vom Stuhl kippte. Suigetsu tat es ihm gleich, allerdings ging Runch bei den männlichen Rekruten noch viel härter ins Gericht. Nebst höheren Erwartungen bestrafte Runch gerne psychisch und physisch. Er verkaufte es immer als «Männlichkeitstraining», aber das war ein schlechter Witz. Liegestützen und Klimmzüge, bis der Körper versagte. Suigetsu hatte es schon zweimal erlebt, dabei war er ein wirklich guter Kämpfer. Er hatte damit begonnen, sich nicht mehr allzu sehr zurückzuhalten, was Runch aber nicht besänftigt hatte. Ihm konnte man es gar nicht recht machen. Karin hatte Hatake mitgeteilt, dass sie das nicht mehr lange mitmachen würden und er hatte sofort mit der Planung des Gegenangriffs begonnen. Sie hatten inzwischen zwei weitere Standorte kennengelernt, die bei diesem Angriff auch unter Beschuss kommen sollten. Es war einer dieser langweiligen Abende, als Karin sich im Hinterhof des Quartiers eine Zigarette anzündete. Sie war unruhig, weil Suigetsu im Training war. Crow hatte drei Mitglieder verloren und sie im Zuge dessen ersetzt. Runch hatte heute Morgen die Nachricht bekommen, dass er nicht in den engeren Kreis von Crow gewählt worden war und das hatte ihn rasend gemacht. Den ganzen Tag schon war er unerträglich gewesen und hatte seinem Jähzorn freien Lauf gelassen. Inständig hatte sie gehofft, dass jemand von Runchs Schergen das Training leitete, aber so wie es aussah, waren diese Hoffnungen enttäuscht worden. Suigetsu war kein Schwächling, keineswegs, aber er war eine gute Seele. Die Zeit hier unter Runchs Knute setzte ihm zu, auch wenn er es nicht zugab. Sie kannte ihn gut genug, um es ihm anzumerken. Sie konnte den Kerl auch nicht leiden, konnte ihm aber besser aus dem Weg gehen. Um ehrlich zu sein, viele der Riots waren Karin nicht grundlegend unsympathisch. Sie hatte einige Bekanntschaften mit Leuten gemacht, die sie genauso gut in den Reihen der Kuramas oder Takas vorfinden hätte können. Das Problem war ihre blinde Loyalität. Runchs Gehabe wurde hier als normal angeschaut, sein Gelaber über Männlichkeit zweifelte niemand an. Sie alle glaubten, dass diese Behandlung notwendig war, um aus ihnen fähige Kämpfer zu machen. Und es stimmte ein Stück weit auch – Runch lernte sie das Kämpfen. Nur wurden sie dabei zu rücksichtslosen, brutalen Killermaschinen, die über keine eigene moralische Orientierung verfügten. Was die Höhergestellten sagten, war Gesetz. Pixie war eine von diesen. Sie genoss einen Sonderstatus, da sie ein langjähriges Mitglied war und bei Crow hoch im Kurs stand. Runch brüllte sie nicht an, fasste sie nicht an und respektierte sie sogar. Wenn man das zarte, elfenhafte Mädchen in Gedanken neben diesen Bullen stellte, konnte man das kaum glauben. Der Leader ihrer Subgruppe, Rifle, war auch ein echt guter Kerl. Er war schweigsam und hatte etwas Mysteriöses an sich, jedoch schien er nicht von der ganzen Gehirnwäsche betroffen zu sein. Er wirkte wie ein selbstdenkendes Wesen. Runch stand zwar über ihm, schien seine Qualitäten aber zu schätzen. Rifle konnte sich wie ein Schatten bewegen, schnell, geschickt und flink, ja, er konnte beinahe mit der Nacht verschmelzen, wenn er wollte. Das hatte sie auf vielen nächtlichen Sondierungsausflügen miterleben dürfen. Karin hätte sich Rifle und Pixie gut in den Reihen der Takas vorstellen können. Sie mochte die Riots als Gang nicht im Geringsten, trotzdem tat es ihr weh, zu wissen, dass die Leben der beiden in Gefahr waren – wegen ihr. Pixie war erst siebzehn Jahre alt, wie sie hatte erfahren dürfen. Das war viel zu jung, um in einer Gang wie den Riots zu landen. Ja, Gangs wie die Kuramas und Takas fingen Leute auf, die nirgendwo mehr hingehen konnten, aber die Riots instrumentalisierten solche Menschen gnadenlos. Sie erschrak fürchterlich, als Pixie plötzlich zur Tür hinausstürmte. In ihren Augen stand Panik. «Toya!» «Was ist passiert, Pixie?» «Komm schnell! Es ist Yuma!» Suigetsu! Sofort spielten sich vor ihrem inneren Auge Horrorszenarien ab. Runch war im Normalzustand unberechenbar, was geschah, wenn er stinksauer war? Er reagierte sich an seinen Leuten ab. Karin zögerte keine Sekunde und liess sich von Pixie in Richtung des kleinen Krankenzimmers mitziehen. Ihr Herz klopfte. Was war passiert? Suigetsu lag auf einer der drei kläglichen Pritschen mit dem Gesicht zur Wand. Die Krankenräume waren nicht halb so gut ausgestattet, wie bei den Takas. Schon Suigetus gekrümmte Haltung zeigte, dass er Schmerzen hatte. Neben ihm knieten einige Leute ihrer Subgruppe, unter anderem Rifle, der leise auf ihn einredete. «Was ist passiert?» Karin kniete sich neben Suigetsu hin. «Runch», informierte der sonst so schweigsame Rifle. «Er hat sich nicht mehr gespürt. Hat wieder seine Liegestützennummer durchgezogen. Yuma hat einfach Pech gehabt. War in seinem Fokus.» Suigetsu trug kein Shirt. Selbst im schummrigen Licht des Raumes konnte sie die wüsten geröteten Wunden auf seiner Brust und seinem Bauch sehen. «Woher kommen die Wunden?», fragte sie. Blosse Liegestützen machten keine Wunden. Die anderen wirkten verstört, als könnten sie es kaum glauben. «Woher kommen sie?!» «Kerzen. Runch hat ihn so lange Liegestützen über brennenden Kerzen machen lassen, bis er keine Kraft mehr hatte. Daher die Verbrennungen.» Rifle blickte zu Boden. Pixie streichelte Suigetsu durch das verschwitzte Haar. Karin schüttelte ungläubig den Kopf. «Warum tut ihr nichts? Warum macht ihr nichts gegen diesen Tyrannen? Heute war es Yuma, morgen wird’s vielleicht einer von euch sein. Runch ist unberechenbar, ihr solltet euch wehren!» Die anderen schwiegen betreten, Rifle kam mit Verbänden daher. Er strich sorgfältig Verbrennungssalbe auf die Wunden und Suigetsu unterdrückte ein Stöhnen. Rifle nahm sich Zeit, saubere Verbände zu machen, danach verschwanden bis auf Karin alle aus dem Raum, um ihm Ruhe zu lassen. Karin schaltete das Licht aus. Suigetsu atmete nun ruhig. Die Wunden würden heilen. Aber so konnte das nicht weitergehen. «Du hättest dich gewehrt, wenn du nicht Undercover gewesen wärst, was?», fragte sie leise. Er nickte mit geschlossenen Augen. «Du bist echt ein harter Brocken, Yuma Suzuki.» «Hatte keine Wahl», flüsterte er. «Entweder hätte er mich gekillt oder wir wären aufgeflogen. So ein paar Brandwunden sind nichts. Hab schon schlimmeres erlebt.» Suigetsu spielte den Starken, aber sie sah seinen Augen an, wie sehr in dieses Erlebnis erschüttert hatte. Wer konnte es ihm schon verübeln? «Wir müssen hier raus. So sind uns die Hände gebunden. Ich will nicht noch mehr riskieren.» Suigetsu öffnete die Augen und fixierte sie mit einem stechenden Blick. «Runch hat einen verdammten Dachschaden. Viele von denen sind echt in Ordnung. Wir müssen so viele wie möglich retten. Denk nur mal an Pixie. Schon nur wegen ihnen müssen wir diese Gang zerschlagen. Sie sind Gefangene in diesem ganzen Spiel und wissen es nicht einmal.» «Sehe ich genauso. Es wird Zeit. Auch um ihretwillen.» Sie seufzte. «Pixie war übrigens ganz durcheinander, hatte richtig Angst um dich», bemerkte Karin mit einem leisen Lächeln auf den Lippen. «Hat sie das?» «Mhm. Und wie.» «Ich habe diesen Effekt auf Frauen. Alle lieben mich.» Er schloss zufrieden die Augen. Karin versetzte ihm einen sanften Klaps an die Schulter. «Ich lass dich jetzt schlafen, ja?» «Alles klar, Sniper. Aber nimm dich vor dem Durchgeknallten in Acht.» Als Karin die Tür zum Krankenzimmer hinter ihr schloss, bemerkte sie Pixie im Halbdunkeln des Ganges. Sie stand an die Wand gelehnt gegenüber dem Zimmer und wirkte immer noch ängstlich. «Wie geht es ihm?» «Er wird wieder. Hatte schon wieder ein paar lockere Sprüche auf den Lippen», sagte sie so beruhigend wie möglich, «Tut mir leid, dass ihr das erleben müsst», murmelte sie. «So etwas hat er noch nie gemacht. Bis jetzt ist er einfach streng gewesen, aber niemals so brutal…» «Was er macht war auch vorher nicht normal, Pixie. Warum sagst du Crow nichts davon? Ich meine, Crow ist derjenige, der diesen Spinner aus dem Verkehr ziehen kann.» Sie schaute betreten zu Boden. «Runch produziert fähige Kämpfer. Durschlagkräftige Kämpfer. Ich weiss nicht, ob das hier bereits reicht.» Karin verstand. «Du meinst, er würde ihn vielleicht zurechtweisen, aber niemals rausnehmen. Und dann würdest du darunter leiden, ihn verpetzt zu haben.» Sie nickte. Karin hegte viel Mitgefühl für Pixie, auch wenn sie normalerweise nicht gerade gefühlsduselig war. Aber dieses Mädchen hatte keinen Ort, wo sie hingehen konnte und die Riots gaben ihr etwas wie eine Familie. Auch wenn diese Definition von Familie keinesfalls der von Karin entsprach. Hätte sie die Möglichkeit, würde sie Pixie sofort zu den Takas einladen. «Yuma ist ein lieber Mensch», murmelte sie. «Ganz anders als die anderen Leute, die man auf der Strasse antrifft. Bei seiner Vergangenheit hätte ich das nicht gedacht.» Karin musste schmunzeln. Suigetsu hatte oft Zeit mit ihr verbracht und ihr sogar einige Kampf-Tricks gezeigt. Er nannte sie nie Pixe – immer nur Anju. Karin legte ihr sanft die Hand auf die Schulter. «Ich weiss.»   Die Nachrichten aus dem Riots-Quartier erschütterten die Gangs und die Polizei. Vieles trauten sie den Riots zu, aber eine solch perverse Art von psychischer und physischer Misshandlung. Karin hatte beteuert, dass nur Runch und sein Gefolge bisher solche Verhaltensweisen gezeigt hatten, doch das machte es nicht besser. Runch misshandelte seine Leute. Crow war grössenwahnsinnig. Tomcat beängstigte mit seinen obsessiven Zügen und seiner Unberechenbarkeit. Sakura war sich sicher, dass es in den Reihen der Riots noch viele weitere Diagnosen zu stellen gäbe. Karin und Suigetsu mussten da raus. Sie hatten genug nützliche Infos gesammelt. Die anderen sahen das ähnlich und deshalb liefen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Sasuke bekam sie in dieser Zeit noch weniger zu Gesicht, bei Naruto war es dasselbe. Sie hatte seit dem nächtlichen Gespräch mit dem Kurama-Leader kaum mehr ein Wort mit ihm gewechselt. Der Tag, der alles entscheiden konnte, rückte in bedrohlichem Tempo näher. Sakura besuchte für eine Woche Tsunade zu Hause, da sie sich an der Uni immerzu überflüssig fühlte. Im Hinblick auf das, was kam, genoss sie die Zeit mit ihrer Tante noch mehr als sonst. Wer wusste schon, was dieses Battle mit sich bringen würde? Sie alle begaben sich unweigerlich mitten in das Schussfeld der Riots und mit Verlusten rechnete man, auch wenn es niemand aussprechen wollte. Ihre Gegner waren verdammt stark. Viel zu stark, wenn man es sich genau überlegte. In einem abendlichen Gespräch hatte Sasuke etwas ziemlich Passendes gesagt: «Crow kann mit seiner Cleverness, seiner Rücksichtlosigkeit und seinen Leuten zwei Gangs und die Polizei in Schach halten. Stell dir mal vor, Crow wäre in der Politik unterwegs – der Typ würde die Welt verändern. Vielleicht nicht zum Guten, aber er würde alles aufmischen.» Sasuke hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Crows Fachgebiet war Charisma. Und damit konnte er fast alles erreichen. Überzeugen, Sympathie wecken und allem voran manipulieren. Sie mussten ihn aufhalten, daran zweifelte niemand. Crow stellte sich selber als Rächer der Gangs dar, doch in den Reihen der Kuramas und Takas kaufte ihm das niemand ab. Sie wussten, dass die Ungerechtigkeit in ihrer Gesellschaft weitaus komplexer verwurzelt war, als dass man sie mit einer Revolte ersticken könnte. Die Riots erzeugten auf eine andere Art Ungerechtigkeit. Auf eine Art spürte sie das Bedürfnis nach Genugtuung, unter den Takas sowie den Kuramas, doch waren sie längst nicht auf einer Ebene mit Crow. Sie hatten einen moralischen Kompass, der ihnen den richtigen Weg wies. Und nun war es soweit. Es war die Nacht vor dem grossen Tag. Sasuke war bis in die späten Abendstunden mit Vorbereitungen beschäftigt. Sakura hatte heute eine Lagebesprechung mit Sanae und den anderen von ihrer Einheit gehabt. Am Morgen hatte Kakashi sie in den Plan eingeführt. Kein ausgeklügeltes Manöver, sondern eine Art Razzia. Sie würden gleichzeitig in drei der bekannten Standorte eindringen. Karin und Suigetsu hatten ihnen Beschreibungen und Pläne der Gebäude sowie Infos über die Quartier-Chefs und anderen wichtigen Personen zukommen lassen. Der schwierigste Standort würde jener im North sein, Karins und Suigetsus «zu Hause». Von allen dreien beherbergte er die stärksten Kämpfer. Kein Wunder, bei diesem geistesgestörten Quartier-Boss. Sie waren als eine der Sanitätseinheiten bei eben diesem Standort eingeteilt worden. Gemeinsam hatten sie den Lageplan und ihren zugewiesenen Aufenthaltsort studiert. Das war aber keine allzu lange Sache gewesen, denn die Sanitätseinheiten mussten weitaus weniger strategisch vorgehen als die Kampfeinheiten. Wie jeden Abend lag sie nun auf ihrer Pritsche, eingehüllt in ihren Schlafsack. Es war kein Vergleich zu ihrem Bett, dass sie nun doch etwas vermisste. Die ganze letzte Woche hatte sie zu Hause, in ihrem Zimmer verbracht. Ihr Zimmer war ihre Höhle, ihr Schutz vor der Aussenwelt. Dort fühlte sie sich geborgen und sicher, es war der Ort, an den sie immer wieder zurückkehrte. Ihr Leben hatte sich im letzten Jahr um hundertachtzig Grad gedreht, vom College-Mädchen, dass nebenbei auch noch in einer Gang war zu einer waschechten Gang-Sanitäterin mitten im grössten Bandenkrieg der Geschichte Konohas. Von einer treuen Kurama zur Freundin des Taka-Bosses. Noch vor einem Jahr hatten sie sich gegenseitig die Köpfe eingeschlagen, nun arbeiteten die beiden Gangs zusammen gegen die Riots. Und das auch noch mit der Polizei. Wenn sie nicht dabei gewesen wäre, hätte sie es selber nicht für möglich gehalten. Sakura war aufgeregt, doch irgendwie wollte der Ernst der Lage nicht wirklich zu ihr durchdringen. Vermutlich war es das Adrenalin. Dabei war ihr bestens bewusst, dass sich ihre Hoffnung schon morgen zu Wut und Trauer wandeln konnte. Angst hatte sie, ja. Aber nicht im erwarteten Masse. Vielleicht, weil sie endlich etwas tun konnten. Denn ihre Situation entwickelte sich zum schlechteren, wenn sie nichts taten. Es war gegen halb Zwölf als Sasuke den kleinen Hörsaal betrat. Sakura drehte sich zu ihm um und als er ihre Bewegung wahrnahm, schaltete er das Licht an. «Sorry, hab leider keine Nachtschicht.» Sie schmunzelte nur und setzte sich mit leicht zusammengekniffenen Augen auf. Seine Haare waren noch feucht von der Dusche und in den Händen hielt er seine Zahnbürste und einige benutzte Kleider, die er achtlos ins eine Tasche schmiss. Chaotisch wie immer. Er schaltete das Licht wieder aus und setzte sich neben sie. Er wirkte, als wolle er etwas sagen, wusste aber nicht wie. «Alles vorbereitet?», fragte sie vorsichtig. «Ja. Wir sind bereit.» Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. «Hör mal, Sakura...» «Ja?» «Wegen morgen. Ich weiss, du willst dabei sein. Und wir brauchen dich auch, keine Frage. Aber…» Sie legte den Kopf schief. «Aber?» «Tu mir einen Gefallen, okay?» «Und der wäre?» «Bleib bei deiner Einheit. Geh nicht zu weit weg. Mach nichts Riskantes. Ich weiss nicht, wie Crow auf diese Attacke reagieren wird, aber er ist unberechenbar. Schau zu, dass du nie alleine bist… wer weiss schon, ob nicht plötzlich Tomcat auftaucht.» Bei dem Namen erschauderte sie. «Die Cops haben nichts aus diesen Bastarden rausbekommen, die sie vor einer Woche dingfest gemacht haben. Die schweigen eisern. Ich weiss also nicht im Geringsten, was die alle im Schilde führen und Tomcat scheint ja noch undurchsichtiger als alle anderen zu sein. Jedenfalls meint das Karin.» «Ich werde aufpassen», versprach sie. «Du musst aufpassen. Von jetzt an kann alles geschehen, Sakura. Ich bin morgen am selben Standort wie du, werde aber nicht bei dir sein. Erstens, weil ich eine Gruppe anführe und zweitens, weil man dich in meiner Nähe vermutet. Big Fox hat Crow mit Hinata schwach gemacht, ich weiss nicht, ob er bei mir Ähnliches plant. Und da würdest du ins Spiel kommen.» Er schaute sie nicht an, doch die Wut ins einer Stimme sprach für sich. Sie griff nach seiner Hand, die ganz verkrampft war. «Ich passe auf. Versprochen.» Er hob den Blick und musterte sie. Im schwachen Licht des Mondes konnte sie seinen Ausdruck nicht sehen. «Der Typ hat einen Dachschaden, Sakura.» «Ich weiss nicht, warum er es auf mich abgesehen hat. Vielleicht ja wegen dir?» «Nein. Tomcat nicht. Tomcat ist besessen. Von dir.» Sakura schüttelte verständnislos den Kopf. «Ich kann mir nur nicht erklären warum. Ich bin nicht der Typ Frau, der in sein Schema passt.» Sasuke lachte bitter auf. «Täusche dich da mal nicht. Vielleicht bist du genau das, was er sucht.» Sakura schwieg. Sie fürchtete sich vor Tomcat, aber auf dieselbe Weise interessierte sie sein Charakter und seine Beweggründe. «Ich weiss, du hältst nicht viel von dir selber und deinem Aussehen. Aber du liegst falsch, Sakura. Du bist wunderschön und dein Charakter ist etwas, wonach viele suchen. Vielleicht gerade einer wie Tomcat. Aber was auch immer es ist, er wird dich nicht kriegen.» «Nein, das wird er nicht.» Sasukes Worte und der Ernst, mit dem er sie aussprach, berührten sie. Er lehnte sich an das Holz-Pult hinter ihm und starrte gegen die Decke. «Morgen kann alles verändern.» Sie nickte nur. Ja, sie wusste es. Er schien immer noch mit sich selber zu ringen, als mache es ihm Mühe auszusprechen, was er nun sagte. «Ich liebe dich, Sakura. Ich will dich nicht verlieren.» Sie drückte seine Hand. «Ich liebe dich auch. Und was soll ich denn sagen? Du bist derjenige, der an der Front sein wird. Ich habe Angst.» «Ich werde das hinkriegen. Itachi meinte immer, ich sei zäh.» Das war es also. Sasuke nahm Itachis Namen selten in den Mund. Aber natürlich, das bevorstehende Battle weckte Erinnerungen an vergangenen Winter. An einen schlimmen Winter. Sakura kniete sich vor ihn hin und legte ihre Hand an sein Gesicht. Sie war ganz erhitzt. Sanft streichelte sie ihm über die Wange und sein feuchtes Haar. Er roch gut, wie immer. «Du musst trotzdem aufpassen.» Dieses Mal war sie es, die ihn auf die Stirn küsste, doch ehe sie sich wieder von ihm lösen konnte, hatte er seine Arme um sie geschlungen und zu sich hingezogen. Er drückte sie an sich als könne er sie bei der leisesten Anwandlung von Loslassen für immer verlieren. Sakura streichelte seinen Nacken und küsse ihn auf die Wange. Sie wollte ihn trösten, ihm den Schmerz nehmen, den Itachis Tod mit sich gebracht hatte. Das war nicht möglich, aber vielleicht konnte sie ihn zumindest etwas lindern. Sein Kopf ruhte auf ihrer Schulter und sie legte ihre Arme sachte um seinen Kopf. Dunkle Gedanken schlichen sich in ihren Verstand ein. Vielleicht war dieser kostbare Moment ihre letzte Gelegenheit, einander nahe zu sein. Wer wusste schon, was morgen passierte? Ihr ganzer Körper verkrampfte sich bei dem Gedanken. Was würde sie ohne Sasuke tun? Er begab sich mitten ins Gefecht und war in seiner Leader-Funktion mehr als jeder andere eine Zielscheibe. Von allen wollten die Riots ihn und Naruto am meisten tot sehen. Sasuke mochte zäh sein, aber eine Kugel oder ein Messer durchs Herz vermochte den zähsten Mann zu töten. Sie hatte Angst um alle, keine Frage. Aber gerade jetzt traf sie die Erkenntnis, Sasuke morgen verlieren zu können hart. Ihre Arme schlossen sich enger um ihn. Er wurde stutzig und hob seinen Kopf. «Alles okay?» Sie schüttelte den Kopf. «Wie könnte das hier okay sein? Vielleicht sterben wir morgen. Ich finde das nicht okay.» Sasuke verstand und setzte sich auf. «Du nicht. Versprochen.» «Darum geht es mir nicht.» «Ich kriege das hin. Die Riots sind dieses Mal nicht vorbereitet. Keine Zeit für Sprengsätze oder hinterlistige Pläne.» «Aus dem morgigen Tag kann sich aber ein sehr viel grösserer Kampf entwickeln. Sehr wahrscheinlich sogar, hat Hatake gesagt.» Er nickte. «Wir können nur unser Bestes geben und hoffen, Sakura.» Sein Ton klang zwar tröstlich, aber auch leicht resignierend. «Crow hat die ganze Stadt durcheinandergebracht.» «Ich weiss…», flüsterte Sakura. «Und ich finde es zum Kotzen.» Er lachte leise. «Wer schon nicht?» «Glaubt er wirklich, dass er damit eine Chance hat?» «Nun, er hat es ziemlich weit gebracht für jemanden, den man vor einem Jahr noch gar nicht gekannt hat. Ich meine, es hat sich verdammt viel verändert, seit er auf den Plan getreten ist. Die Leute fürchten ihn. Und die beiden grössten Gangs Konohas wurden von ihm und seinen Spielchen beinahe ausgelöscht. Er hat eine Macht, die nicht zu unterschätzen ist. Und tagtäglich schliessen sich ihm Leute an, die sich mit seinen Motiven identifizieren können. Er gibt ihnen Gemeinschaft, einen Sinn und die Aussicht darauf, einer mächtigen Gruppierung anzugehören. Das ist sehr viel mehr, als man es in der Gosse jemals zu träumen wagen würde.» «Der Rächer aller Unterdrückten oder wie?», murmelte sie. «Ganz genau. Man bewundert ihn. Und er ist ein manipulatives Genie. Wie sonst könnte man so viele Leute um sich scharen? Er hat definitiv eine Chance. Die Frag ist nur, worin.» Sakura stand auf, ging zum Fenster und öffnete es. Das nächtliche Konoha lag friedlich da. Jedenfalls machte es den Anschein. «So eine grosse Stadt. Und eine Gang, die so viel Kontrolle über sie hat?» Sasuke gesellte sich zu ihr. «Crow muss irgendwo aus dem Untergrund gekommen sein. Er muss Kontakte, Netzwerke haben. Leuten Dinge versprechen. Er riskiert alles.» Das alles hatte bereits unter der Oberfläche gebrodelt, als sie noch ganz mit dem Konflikt zwischen den Kuramas und Takas beschäftigt gewesen war. Als sie Sasuke heimlich getroffen hatte, als sie um ein Haar mit ihrer Gang gebrochen wäre. Schon damals war im Untergrund ein viel giftigeres Pflänzchen aus der Erde gekeimt, dass nun immense Grösse angenommen hatte. Sakura lehnte sich gegen ihn und legte ihm den Kopf auf die Schulter. Still blickten sie auf die Lichter der Stadt hinaus und versuchten zu realisieren, welch drastische Wendung ihr Leben genommen hatte und welche Gefahren ihnen bevorstanden. Doch es wollte nicht so recht zu ihnen durchsickern. Und vielleicht war das auch besser so. Der Tag brach an und mit ihm die Veränderung. Auf dem Platz vor der Uni standen die Polizei- und Krankenwagen alle bereit und es herrschte ein reges Treiben. Die Mission wurde am Samstagnachmittag durchgeführt, in der Hoffnung, möglichst viele verkaterte Riots anzutreffen. An den Abenden waren diese Chancen eher gering und man hatte beschlossen, dass sich die späteren Nachmittage am Wochenende am besten eigneten. Sogar Tsunade und Jiraiya waren vor Ort, um ihren Leuten Glück zu wünschen und Mut zuzusprechen. «Mäuschen…», ihre Tante legte ihr die Hand an die Wange. Die Besorgnis stand ihr ins Gesicht geschrieben. «Ich will eigentlich nicht, dass du das hier machst.» Die Diskussion hatten sie bereits geführt, als Sakura zu Hause gewesen war. Inzwischen hatte Tsunade ihren Entscheid akzeptiert, schlussendlich war sie erwachsen. Und trotzdem machte sie sich natürlich Sorgen. Sie hatte schon ihre Teilnahme bei den BZs nicht unterstützt. War ja auch das einzig richtige, was eine Tante tun konnte. «Ich bin nur im Sanitätsteam. Ich werde nicht an vorderster Front sein.» «Und trotzdem. Pass auf dich auf, ja?» Sie drückte ihr einen Kuss auf die Wange, dann machte sich Sakura auf den Weg zu ihrer Einheit. Es war halb drei Uhr nachtmittags und in einer Stunde startete ihre Mission. Ihren Freunden Glück gewünscht und sich bis auf Weiteres verabschiedet hatte sie bereits. Von hier aus konnte sie viele von ihnen sehen – Takas und Kuramas. Beinahe wurde sie sentimental, wenn sich die einst verfeindeten Seiten die Hand reichten. Aber ein gemeinsamer Gegner hatte bekanntlich schon öfters Feinde zusammengebracht. Naruto winkte ihr von Weitem zu und sie winkte zurück. Er hatte nie mehr ein Wort über Hinata verloren. Das Thema war für ihn aber noch nicht abgehakt, da war sie keine Zweifel. Sakura schwitzte beinahe ein wenig in ihrem Overall du zog die Jacke aus. Die Spätsommersonne gab noch einmal alles. Viel zu schönes Wetter für einen solchen Tag. «Alles klar bei dir, Sakura?», frage Aoi, die ihre gedankliche Abwesenheit bemerkte. «Ja, alles klar.» Sie lächelte und begab sich zurück zum Wagen. «Na dann, alles einsteigen!», rief Sanae. Die Polizeiwagen, alles Zivilfahrzeuge, verliessen in kleinen Gruppen in Abständen von je fünf Minuten das Gelände. Dasselbe bei den Motorrädern. Hatake hatte genau geplant, wer welche Route nahm, damit sich die Wagen gut verteilten, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Konoha war gross und verfügte über mehr als genug Verkehr, aber Kakashi wollte keine Risiken eingehen. Zudem waren mehrere Kastenwagen darunter, die etwas auffälliger waren.  Sakura lehnte sich zurück und studierte die Karte. Die Krankenwagen würden erst in einer halben Stunde losfahren. Das Quartier, in dem Karin und Suigetsu waren, lag im östlichen Teil des Norths und war eine alte Fabrik. Das Gebäude würde zur gleichen Zeit von allen Eingängen aus gestürmt werden, genau wie es bei den anderen beiden Standorten der Plan war. Wenn alles glatt lief, würde die Mission schnell erledigt sein. Aber daran zweifelte sie – die Riots hatten es ihnen noch nie leicht gemacht.   Sasuke sass im Kastenwagen und trug die kugelsichere Weste. Sie war nicht unbedingt praktisch für schnelle und flinke Bewegungen, aber könnte sein Leben retten. Er schüttelte für sich den Kopf. Wurde er etwa alt? Seit wann brauchte er eine Weste, die ihn schützte? Ja, die Dinge änderten sich. Er hatte ein viel zu grosses Interesse, am Leben zu bleiben, als dass er dieses Teil ausziehen würde. Und das überraschte ihn. Er wollte für einmal nicht so waghalsig sein, wie er es sonst immer war. Die anderen trugen dieselbe Weste. «KCPD» kurz für Konoha City Police Department, stand in weissen Lettern auf den schwarzen Westen geschrieben. Es war schon ironisch, dass sie in diesem Moment von Gangmitgliedern getragen wurden. Der Wagen hielt nach zwanzig Minuten in einer Seitenstrasse. Von hier aus waren es etwas noch zwei Minuten Fussmarsch, bis sie das Riot-Quartier erreichten. In seiner Hand ruhte ein Gewehr. Sie wussten, wann sie es anwenden durften und wann nicht. Er wollte es bei keinem von Crows Schergen anwenden. Derzeit konnte er drei Leute nennen, bei denen es ihm aber nichts ausmachen würde: Runch, Tomcat und Crow. Sarutobi öffnete die Tür des Wagens und spähte hinaus, bevor sie alle nacheinander aus dem Wagen stiegen und sich in die sichtgeschützte Gasse drängten. Sie waren fünfzehn. Sieben Polizisten und acht Takas. Neben ihm standen Deidara und Hidan, die für einmal ernst und bei der Sache waren. Sarutobi wies sie an, ihm und seinen Leuten zu folgen. Kakashi und Big Fox waren auch an diesem Standort, jedoch in Einheit 1. So leise wie es ihnen möglich war, durchquerten sie die schmutzigen Seitensträsschen. Die Nachmittagssonne warf einen goldenen Schimmer auf die Hausfassaden und spiegelte im Glas der Fenster wieder. Zumindest in jenen, die nicht ganz trüb und staubig waren. Er spürte das Adrenalin in seinen Adern. Zeit, Sniper und Fangs da rauszuholen. Sie erreichten den Hintereingang des Gebäudes. Er war unscheinbar, flankiert von überfüllten Mülltonnen. Am Boden lagen Bierdosen und Zigarettenstummel – auf den ersten Blick das einzige Indiz für die Präsenz von Gangs in dieser Gegend. Sarutobi klärte über Funk ab, ob Einheiten 1 und 3 bereit waren und gab ihnen dann das Zeichen. Sasuke und die anderen liefen rasch los. Die Mülltonnen stanken in der Wärme der Sonne bestialisch. Und als sie alle vor der Tür standen, die von ihren Widersachern trennte, fühlte er Energie in sich aufsteigen. Heute waren sie am längeren Hebel. Die Riots machten sich besser auf etwas gefasst. Die Tür war verschlossen, aber Sarutobi trat sie ohne Probleme auf. Sie standen nun in dem langen Flur, den Sniper beschrieben hatte. Rasch liefen sie los, wobei immer drei von ihnen in den Mädchen- und den Jungenschlafraum stürmten. Sasuke lief weiter nach vorne, in Richtung des Aufenthaltsraumes. Seine Leute waren da vorne. Der düstere Flur lichtete sich. Und dann begann das Geschrei. Riots liefen wild durcheinander, wollten sich zu den anderen Ausgängen flüchten, doch weit kamen sie nicht. Die anderen Einheiten waren auch da. Sasuke suchte den Raum nach Runch ab. Nach Snipers Beschreibung stach er direkt ins Auge, wenn man ihn sah. Gross, bullig, böse. «Der Trainingsraum!», rief Sarutobi und Sasuke verstand. Ihm folgten Deidara und Hidan. Der Trainingsraum lag im Keller, eine Betontreppe seitlich des Aufenthaltsraumes führte in das Untergeschoss hinab. Sasuke lief, so schnell er konnte. Unten eröffnete sich ihm eine riesige Halle mit Matten, diversen Boxsäcken, Hanteln und Gestellen voll mit Messern, Pistolen und Gewehren. Wie erwartet hatten diejenigen, die sich hier aufhielten, das Geschrei bereits gehört und zu Waffen gegriffen. Sie wurden von einem Kugelhagel begrüsst, doch auch das waren sie vorbereitet gewesen. Links und rechts führten zwei schmale Gänge von der Treppe weg, geradeaus lag die Halle. Schnell warfen sie sich in diese Gänge und feuerten aus dieser Position heraus zurück. Während die Riots, offensichtlich in Panik, wild durch die Gegend ballerten, schossen die Takas mit mehr Präzision. Sasuke konnte Karin ausmachen, die sich auf den Boden geworfen hatte. In den Augen der Riots, um sich selber zu schützen, doch in Wahrheit nur, um den Takas freie Bahn zu gewähren. So konnten sie unbesorgt ihre Ziele anpeilen. Runch hatte sich hinter einem stählernen Tisch in Deckung gebracht und feuerte. «Runch!», rief Sasuke so laut er konnte in Richtung der Halle. «Es hat keinen Zweck!» Der Kugelhagel wurde langsam schwächer. Ihnen ging die Munition aus.   Karin hatte sich selten so gefreut, wie in diesem Moment. Endlich, ihre Leute waren da. Neben ihr kniete Pixie, kreidebleich. Und als Runch diesen beschissenen Geheimgang unter einer Matte hervorzauberte, hätte sie ihn am liebsten gewürgt. Und er war auch noch der erste, der sich aus dem Staub machte. Karin reagierte blitzschnell. «Pixie, geh mit. Ich halte hier die Stellung.» Wenn schon jemand entkam, dann bitte Pixie. Karin wollte sie nicht im Gefängnis sehen, sie gehörte einfach nicht dorthin. «Was wird dann aus dir?», rief sie in dem Lärm aus Gewehrschüssen. «Ich komme schon zurecht.» Wenn sie nur wüsste. Am liebsten hätte sie ihr die Wahrheit gesagt. «Nein, Toya, kommt nicht in Frage!» Hinter ihrer Entschlossenheit stand Angst, das stand deutlich in ihren Augen. «Geh mit! Je mehr rauskommen, desto besser. Und ich bin eine gute Schützin!» Und ganz leise, sodass nur Pixie sie hören konnte, sagte sie: «Ich bin nicht die, die ich zu sein scheine.» Unverständnis stand in ihren Augen und ehe Pixie es sich versah, packte Rifle sie und zog sie mit in den Geheimgang hinunter. Sie protestierte, doch er verhandelte nicht und verschwand hinter ihr in dem dunklen Loch. Jetzt musste sie sich entscheiden: Floh sie mit den anderen Riots und fand heraus, wo der Gang hinführte oder schaltete sie den Übriggebliebenen aus, damit Sasuke und die anderen die Verfolgung aufnehmen konnte? Sie entschied sich für Letzteres, denn ausrichten konnte sie alleine nichts. Sie kannte den Riot und mochte ihn nicht besonders, was es einfacher machte. Ehe er es sich versah, hatte Karin ihn übermannt, drückte ihm seine Arme auf den Rücken und verpasste seinem Gewehr einen Tritt, damit es auch ja ausserhalb seiner Reichweite bleib. Keine fünf Sekunden später standen Sasuke, Deidara und Hidan neben ihr. Sasuke wies Deidara an, hier zu bleiben und nahm mit Hidan die Verfolgung auf. Der Riot wehrte sich noch kurz, doch gegen zwei kam er nicht an. An ihnen stürzten fünf weitere Leute vorbei, Takas, Polizisten, sie konnte es nicht sagen. «Toya, du verdammte Hure!», brüllte der Riot. «Du spielst also auf der anderen Seite!» «Halt die Klappe», meinte Karin gelassen und drückte seinen Kopf zu Boden, während Blondie ihn festhielt. Deidara grinste sie an. «Schön dich zu sehen, Sniper!» Sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Selten war sie so froh gewesen, diesen Trottel zu sehen. Bald waren Polizisten die den Riot zu den anderen hinauf führte. «Brauchen die anderen unsere Hilfe?», fragte Karin einen Polizisten und dieser schüttelte den Kopf. «Eure Hilfe ist oben benötigt. Die Kastenwagen sind unterwegs und da nun ein grosser Teil die Verfolgung von den Flüchtigen aufgenommen hat, können wir euch hier gut gebrauchen.» Karin freute sich auf den Moment, sich diese bescheuerte Perücke vom Kopf zu ziehen. Ihre rote Mähne war ihr Markenzeichen und sie wollte, dass es alle sahen. Alle Riots mussten sehen, dass dieses Mal sie hintergangen worden waren. Sie durchquerte die verwüstete Trainingshalle, in der Runch so manches krankes Spiel gespielt hatte, stieg die Treppe hoch und als sie den Aufenthaltsraum betrat, ging ein Raunen durch die fast vierzig gefesselten und zusammengetriebenen Riots. Besonders dann, als sie die Perücke vom Kopf zog und ihre rote Mähne von Haarnetz und Harnadeln befreite. Fluchwörter wurden ihr an den Kopf geschmissen, sie wurde angebrüllt, wie schon lange nicht mehr. Aber es machte ihr nichts aus. Geduldig liess sie die Meute zetern, winkte den Polizisten ab, die sie zum Schweigen bringen wollten und steckte sich gemächlich eine Zigarette an. Irgendwann klangen die Flüche ab. «Seid ihr jetzt fertig?», fragte sie selbstgefällig. «Gut. Denn ihr werdet hinter Gittern noch genug zu fluchen haben. Was ihr hier seht, sollte euch bestens vertraut sein. Dreckige Spiele, der Verrat an eigenen Leuten. Klingelt was?» Sie wartete keine Antworten ab. «Euch ist heute widerfahren, was euer Boss andauernd tut. Nur, dass wir euch am Leben lassen und er nach Belieben Leute umlegt. Ich war lange bei euch im Quartier, viel zu lange. Es war abartig. Runch hat einen fetten Dachschaden, das wisst ihr alle. Und trotzdem schweigt ihr. Crow, euer eigener Boss, missbraucht euch, jagt die Eurigen in die Luft und schreckt vor nichts zurück um seine schrägen, fragwürdigen Ziele zu erreichen. Warum ihr ihm folgt verstehe ich auch nach so langer Zeit unter euch noch nicht. Ihr werdet rekrutiert und dann als Kanonenfutter verwendet, wenn ihr in der Hierarchie nicht hoch genug steht. Wenn euch das Spass macht, dann ja, habt ihr eine gute Entscheidung getroffen. Glückwunsch.» Sie nahm einen Zug von ihrer Zigarette. «Ihr habt ein verdammt bescheuertes Los gezogen und lasst euch von diesem geistesgestörten Anführer manipulieren. Und ich weiss, dass es euch nicht interessiert, aber lasst euch eines gesagt sein: Crow wird nicht siegen. Und wenn er siegen würde, hättet ihr nichts davon gehabt. Ihr wärt für ihn genau gleich unbedeutend geblieben.» Sie blickte in die Runde, entdeckte sehr viel Wut, Niedergeschlagenheit, aber auch fragende und nachdenkliche Blicke. «So. Das musste einmal gesagt werden. Ich bin fertig. Können wir sie abführen?» Die Polizisten nickten und begannen damit, Gruppen von Riots hinauszuführen. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sich Karin zwiegespalten. Einerseits wollte sie Runch und seine Lakaien unbedingt hinter Gittern sehen, andererseits waren Pixie und Rifle mit ihnen auf der Flucht. Und diese beiden sollten unbedingt entkommen. So ungern sie es auch zugab, aber sie hatte die naive Hoffnung, dass sich die beiden noch eines besseren besinnen und sich von den Riots abwenden konnten. «Haben Sie irgendeine Ahnung, wohin die Tunnel führen könnten?», fragte eine Polizistin. «Nein. Ich wusste nichts von diesen beschissenen Tunneln. Aber Sasuke und die anderen werden es inzwischen rausgefunden haben.»   Der Tunnel mündete in einem als Senkloch getarnten Ausgang in einer Seitenstrasse. Eine kurze Leiter führte sie nach oben, wo sie die Abendsonne richtiggehend blendete. Einer der Polizisten verschaffte sich ein Bild ihres Aufenthaltsortes gab umgehend per Funk durch, wo der Tunnel endete, damit die Einheiten in der Umgebung einen Anhaltspunkt hatten. Ohne zu Zögern liefen Sasuke und Hidan, gefolgt von vier Polizisten weiter. Es handelte sich bei der Seitenstrasse um eine Sackgasse, also gab es nur einen Weg, den die Riots hatten nehmen können. Um die Ecke gebogen, konnte er sie noch sehen. Sie rannten um ihr Leben, doch das durfte nicht gut genug sein. Seine Kondition hatte etwas nachgelassen, das musste er zugeben. Im Gefängnis sitzen und Dinge planen war nicht gerade ein besonders effektives Workout. Aber für diese Verfolgung reichte es. «Hill Street Richtung East!», brüllte der Cop in sein Funkgerät, als sie auf eine grössere Strasse einbogen. Von Weitem vernahm Sasuke Sirenen – Sarutobi war unterwegs. Leute stoben auseinander, als sie die Polizei erblickten und verschwanden in sicherer Deckung. Inzwischen waren sie näher an den Riots dran. Weiter vorne kam eine Kreuzung in Sicht und hinter ihnen tauchte ein Polizeiwagen mit heulenden Sirenen auf. Die Riots würden nicht entkommen. Doch in dem Moment raste in halsbrecherischer Geschwindigkeit ein schwarzer Wagen um die Ecke und hielt neben den Riots. «Scheisse!», fluchte Sasuke. Ein Polizist neben ihm gab einen Warnschuss ab. «Die entkommen auch mit einem Auto nicht!», antwortete ein Polizist. Drei der vier Strassen waren nur mit Polizeiautos versperrt und von der vierten her nahten Sirenen. «Wollen die eine sinnlose Verfolgungsjagd riskieren?», fragte die Polizistin keuchend. «Keine Ahnung», antwortete Sasuke schwer atmend. «Bin noch nie schlau aus denen geworden.» Die Runch, ein Mädchen und drei Typen sprangen in das Auto, welches mit quietschenden Reifen in der noch freien Strasse verschwand. Drei der Riots blieben zurück – wieder einmal erbrachte man Opfer für die Ranghöheren. Sasuke und seine Gruppe erreichten die Strasse. Sie brauchten nicht mehr zu rennen. Und gerade als er dachte, es könne nichts mehr passieren, geschah es. Sarutobi war drauf und dran mit seinen Wagen dem Riot-Auto hinterher zu brettern, doch sie wurden erneut gehindert. Die drei übrigen Riots stellten sich nebeneinander auf die Strasse und zwar in passenden Abständen, sodass keine Autos mehr zwischen oder neben ihnen hindurch passten. Dies, als die Polizeiwagen bereits auf sie zurrasten. Den Wagen blieb nichts anderes übrig als eine Vollbremsung zu machen, die Zuschauer hielten die Luft an. Es war höllisch knapp, doch die Wagen kamen gerade noch zum Stehen, bevor sie die Riots umfuhren. Nun handelte Sasukes Gruppe und stürzte sich auf die Riots, zog sie unter gewaltiger Gegenwehr von der Strasse und liess die Wagen endlich die Verfolgung aufnehmen – mit einer verdammt bedeutenden Zeiteinbusse. Sasuke konnte es nicht verstehen. Die waren bereit, sich überfahren zu lassen, nur damit Runch davonkam? Das war absolut krank. Die Drei konnten von Glück reden, hatten sie es mit der Polizei zu tun. Crow in ihrer Situation hätte nicht gezögert und seine Gegner ohne mit der Wimper zu zucken überfahren lassen. Er für seinen Teil drückte einen Riot zu Boden. «Ihr habt sie nicht mehr alle», teilte er ihm mit, doch das schien den Typen nicht zu kümmern. Eine Viertelstunde später kam ein Kastenwagen vorbei, der die Riots aufgabelte. Bis sie Bescheid von Sarutobi bekamen, dauerte es eine ganze Stunde: Runch mit vier Leuten entkommen. Sie hatten das Auto in einem günstigen Moment verlassen, während sich der Fahrer geopfert hatte, um die Polizei möglichst weit weg von seinen Kameraden zu locken. Gekriegt hatten sie das Auto, das war nie in Frage gestanden. Die Mission war geglückt, das Quartier leergeräumt. An ihrem Standort hatte Crow an die vierzig Leute verloren. Aber der grösste Mistkerl war noch auf freiem Fuss. Und das brachte Sasuke zur Weissglut.   Die Mission war erfolgreich gewesen. Bis auf die Vorfälle an Standort 1, dem grössten Standort, hatte es keine unvorhergesehenen Zwischenfälle gegeben. Die Quartiere waren abgeriegelt worden. Jedoch rechnete man in jedem Moment mit einem Gegenangriff der Riots, da Crow nun zu Handeln gezwungen war. Er hatte eine Einbusse von sechzig Leuten erlitten und das war auch für seine Verhältnisse viel. Ein Polizist berichtete ihr, dass Suigetsu sich mit den Verfolgern auf den Weg gemacht hatte. Auch er war nicht mehr als Spion im Rennen. Besser so. Was heute geschehen war, konnte nur duch Verrat bewerkstelligt werden, das war auch Crow klar. Er wäre in den Reihen der Riots nicht mehr sicher. «Verdammte Verräter!» brüllte Runch als er den Aufenthaltsraum des HQs betrat. Er war verschwitzt und hatte schmutzige Arme, vermutlich von dem ganzen Dreck in dem selten benutzten Geheimtunnel unter dem Quartier. Crow kam gerade die Treppe aus dem ersten Stock hinunter. Er sah nicht erfreut aus, aber auch keineswegs erschüttert. Sein Blick war wie immer klar und entschlossen. In seinem Wortschatz gab es Verzweiflung nicht. «Runch, komm unter!», befahl er in scharfem Ton. «Hast du eine Ahnung, wer dafür verantwortlich sein könnte?» Runch zollte seinem Leader Respekt, doch der Zorn stand im weiterhin ins Gesicht geschrieben. «Irgendwer von den letzten neuen Rekruten. Seit die da sind, passieren komische Dinge.» «Könnte es nicht auch sein, dass uns die Bullen einfach auf die Schliche gekommen sind?», gab Cracker zu bedenken. «Vielleicht waren wir einfach zu unvorsichtig und die haben Spione.» Crow nickte nachdenklich. «Könnte sein, jedoch wäre es ein ganz schön grosser Zufall. Zuerst die Festnahmen auf offener Strasse, dann die Falle bei Yoheis Gästehaus und jetzt gleich drei Quartiere auf einmal.» «Neue Rekruten. Ich kann es mir nicht anders erklären.» Runch beruhigte sich langsam aber sicher ein wenig. «Die drei sind die einzigen Quartiere, die unsere Neuen kennen.» «Es liegt nahe», meinte Crow. In seinem Kopf arbeitete es. «Die Frage ist jetzt nur noch, ob diese neuen Rekruten noch unter uns weilen?» «Aus Quartier 2 und 3 sind keine Leute entkommen. Wären die Verräter dort stationiert gewesen, sind sie nun wieder beim Gegner. Sind unter deinen Leuten hier neue, Runch?» Runch schüttelte den Kopf. «Nein.» «Gab es neue Rekruten, die heute nicht im Quartier waren?» Runch schüttelte erneut den Kopf. «Nein, sie waren alle da für eine spezielle Trainingseinheit am Abend.» Crow stützte sich mit den Händen an der Lehne des Sofas ab. «Wer auch immer Undercover war, sie sind nicht mehr unter uns. Falls jemand von den neuen Rekruten trotzdem wiederauftauchen sollte, wird er oder sie auf der Stelle zu mir gebracht, verstanden?» Zustimmendes Nicken. «Obwohl wir Mitglieder und vor allem Rekruten möglichst von allen potenziell gefährlichen Infos isolieren, kann es trotzdem sein, dass sie noch mehr wissen. Es gilt also, aufzupassen und vor allem zu handeln. Wir werden zurückschlagen und zwar sofort. Ihnen mehr Zeit für Nachforschungen zu lassen, wäre ein Witz. Da wir in en Aussenquartieren keine Dokumente, die Rückschlüsse auf unsere Standorte und Vorhaben zulassen, müssen wir uns wenigstens deshalb keine Gedanken machen. Aber es wird zurückgeschlagen.» Er richtete sich an Cracker. «Mobilisier die Quartier 4, 5 und 6. Alle anderen, macht euch bereit.» Cracker verschwand auf der Stelle in ihrem Kommandoraum. Er selber machte rechtsumkehrt und verschwand wieder in seinen Räumen –auch für ihn war es an der Zeit, sich bereit zu machen. In seinem Zimmer traf er auf Hinata, die eine lange, blutende Schnittwunde an Pixies Arm verarztete. Sie hatte sich in der ganzen Eile an einer auseinandergebrochenen Metallröhre verletzt. «Kommst du zurecht, Pix?», fragte er und sie nickte, doch in ihrem Gesicht stand eine seltsame Angst, eine Verwirrung. Das kannte er von der sonst so sorglosen und fröhlichen Pixie nicht. «Bin einfach noch ein wenig durcheinander», murmelte sie. «Der Angriff kam so überraschend und…» Sie wollte noch etwas sagen, brach aber mitten im Satz ab. «Und?», fragte er, während er die Wunde begutachtete. «Nichts», murmelte sie. «Bin einfach überrumpelt, das ist alles.» Er drückte ihr sanft die Schulter. «Alles klar. Ruh dich aus, Foxy wird hierbleiben. Wir anderen rücken jetzt aus.» «Viel Glückt», sagte Pixie. Sie tat ihm leid, sie hatte ein sanftes Gemüt und war auf keinen Fall eine Kriegerin. Er beschloss, sie in Zukunft im HQ wohnen zu lassen. Hinata war darauf konzentriert, den Verband sauber um Pixies Arm zu legen und hob den Blick nicht, als er den Raum verliess. «Danke, Foxy», flüsterte Pixie. «Tut mir leid für die Umstände.» Hinata schenkte ihr ein warmes Lächeln. «Das ist doch selbstverständlich. Ihr habt ganz schön was durchgemacht heute.» «Sag mal… du warst doch lange bei den Kuramas.» Hinatas Blick wurde etwas kühler, aber blieb immer noch freundlich. «Ja, das stimmt.» «Warum bist du dort weg?» Sie schwieg für einen Moment und antwortete dann: «Da gab es gute Gründe.» «Waren sie böse zu dir?» Die Antwort kam schnell. «Nein, nie. Sie waren immer gut zu mir.» Pixie dachte nach. «Warum bekämpfen wir sie dann, wenn sie eigentlich ganz in Ordnung sind?» Hinata wusste nicht, warum Pixie das fragte. Und eigentlich spielte es auch keine Rolle. «Um unser Ziel zu erreichen, für einen Zweck, der auch ihnen zu Gute käme. Sie stellen sich uns in den Weg und das ist der einzige Grund.» Pixie nickte, doch waren es Crows Worte, die Foxy aussprach. Es war nicht ihre Antwort, sondern seine.   Karin was stinksauer. Dieser geisteskranke Runch war tatsächlich entkommen. Um Pixie und Rifle war sie froh, aber Runch? Nein, der sollte in der Hölle schmoren. Neben ihr sass Sasuke, der unruhig ein gefaltetes, zerfleddertes Stück Papier in der Hand drehte. Er wirkte anders, als er normalerweise vor Kämpfen war und sie verstand es. Das hier war grösser als alles, was sie bisher erlebt hatten. Karin war froh, als ihrem Polizeiwagen über Funk vermittelt wurde, dass es losging – ein Battle. Das Warten hatte ein Ende. Einige Polizeieinheiten waren direkt von Riots attackiert worden. Crow fuhr nun all seine Geschütze auf. Die Riots hatten den Schauplatz DDM ausgewählt und machten den Club einmal mehr zu ihrer Festung. Karins Puls beschleunigte und sie spürte das Adrenalin in ihrem Körper aufsteigen. Das war ja wie in alten Zeiten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)