Konoha Gangs II: Game On von ximi (Das Spiel hat gerade erst begonnen) ================================================================================ Kapitel 33: Der aufsteigende Ast -------------------------------- Sasukes Husten dauerte noch einige Tage an. Diese verbrachte er entgegen der ärztlichen Empfehlung nicht in Ruhe, sondern wieder inmitten von Besprechungen und Vorbereitungen für den nächsten Schritt der Gangs und der Polizei. Aus dem Krankenhaus war er schon vor der Trauerfeier entlassen worden und obwohl Sakura und er sich im Universitäts-Gebäude aufhielten, sahen sie sich nicht oft. Abends kam er spät ins Bett und morgens war er früh schon wieder weg. Sakura machte das schon ein wenig Sorgen, aber es schien für ihn im Moment wichtig zu sein, etwas zu tun. Die Trauerfeier musste auch bei ihm Erinnerungen ausgelöst haben. Manchmal ertappte sie sich dabei, wie sie seine Sachen auflas und nach Bierflaschen Ausschau hielt. Eigentlich wollte sie ihn nicht kontrollieren, jedoch wusste sie um Sasukes Instabilität. Auch wenn er in letzter Zeit ausbalancierter wirkte, so trug er immer noch schwere Bürden mit sich herum. Itachi, das Gefängnis, seine Leader-Position… und das waren nur einige davon. Aber sie liess ihn machen. Eine Aufgabe zu haben, schien ihn aus dem Trott rauszuholen. Und als sie eines Abends bereits im Halbschlaf am Wegdämmern war, betrat Sasuke den kleinen Hörsaal. Seine Schritte waren für sie unverkennbar. Er bemühte sich, leise zu sein, zog sich rasch um und legte sich neben sie. Er roch frisch nach Duschgel, kam also gerade von den Gemeinschaftsduschen im Keller der Universität. Sakura hatte nicht vor, ihn einfach so wegschlafen zu lassen und drehte sich zu ihm um. Er wirkte überrascht, aber nicht erschrocken. «Noch wach?» «Sieht so aus.» «Hättest du mir auch früher sagen können.» Er sagte das mit dem Anflug eines Lächelns im Gesicht. Seine Stimme war immer noch rau. «Gibt es etwas Neues?» «Mhm. Es wird eine Razzia in den Liegenschaften von Shoto Murakami durchgeführt. Vielleicht ist das die Goldgrube, nach der wir suchen.» Sakura wünschte sich nichts mehr, als dass die Polizei endlich weiterkam. Die letzte Operation war ein Rückschlag gewesen und zeigte einmal mehr, was für ein begnadeter Marionettenspieler Crow war. «Denkst du, wir können sie irgendwann schlagen? Er nickte ohne zu Zögern. «Wir müssen. Sobald uns Karin und Suigetsu mehr Infos liefern können, sollten wir endlich vorankommen. Allerdings wird sehr viel von den neu rekrutierten Riots geheim gehalten. Crow ist nicht blöd, das wissen wir ja längst. Wir müssen diese Trumpfkarte geschickt nutzen. Früher oder später wird er uns auf die Schliche kommen. Wir müssen deshalb umso besser planen, wann wir die Quartiere der Riots angreifen. Bisher kennen wir nur zwei Standorte. Das reicht nicht.» Sakura verstand, doch das machte die Situation nicht besser. Das mit der Razzia war eine Hoffnung, doch Hoffnungen konnten bitter enttäuscht werden. Sie kuschelte sich näher an ihn und seine Arme schlossen sich um sie. Sein Atem war in ihrem Haar zu spüren. Es war ein wohliges, geborgenes Gefühl. Und wie so oft, wenn sie sich so nahe waren, wünschte sie sich, sie könnte die Zeit stillstehen lassen. Sie klammerte sich noch enger an ihn. Wer wusste schon, wie dieser ganze Krieg hier ausgehen würde. «Ist etwas passiert?», fragte er, offensichtlich etwas überrascht von ihrer engen Umarmung. «Es passieren doch die ganze Zeit ungute Dinge. Ich will nicht mehr, Sasuke. Ich will, dass es aufhört.» Ihre Gedanken gingen zurück zu der Trauerfeier und der Explosion im East. Zur DD-Area und all dem vergossenen Blut. «Wir machen, dass es aufhört.» «Zu welchem Preis?» Er schwieg. Sein Atem ging ruhig. «Zu einem hohen. Aber es ist nicht so, als hätten wir eine Wahl.» Recht hatte er. Und diese Tatsache war einfach nur krank. Die Takas und Kuramas hatten keine andere Möglichkeit, als zu kämpfen. Mit oder ohne Polizei, sie hätten sich sowieso gegen die Riots stellen müssen. Nach einem weitern Moment des Schweigens fragte er: «Ist es wegen Tomcat?» Sie schüttelte etwas zu schnell den Kopf. Ja, Tomcat machte ihr Angst. Aber in dem ganzen Trubel war Yohei Murakami nur ein kleines Problem von vielen. Dass sie aber viel zu oft über diesen jungen Mann nachdachte, den sie so gar nicht erfassen konnte, verschwieg sie ihm. Tomcat war oft in ihren Gedanken. Gerne hätte sie gewusst, was ihn zu dem gemacht hatte, was er heute war. Es war eine ungewöhnliche Mischung aus Interesse und Furcht. Sie musterte ihn. Er hatte die Augen nun geschlossen und sein Atem ging ruhig. Seine Müdigkeit war auch kein Wunder. Er war von Kopf bis Fuss in alles involviert, was die Polizei plante und tat. Für ihn hing vieles von dieser Aufgabe ab. Naruto und ihm sassen ihre Haftstrafen im Nacken. Dass er sich so viel Mühe gab, zeigte, wie sehr er aus diesem Gefängnis raus wollte. Hoffentlich übernahm er sich dabei nicht. Sasuke befand sich mitten in einem Wandlungsprozess, das spürte und sah sie. Er hatte vieles zu verarbeiten. Wenn das alles hier vorbei war, dann brauchte er eine Pause. Nun, sie alle brauchten eine Pause. Aber er eine richtig lange. Sachte strich sie ihm mit der Hand übers Haar. Er schlief tief und fest.   Es war eine warme Nacht. Leiser Wind strich durch die vereinzelten Bäume der Strasse, ansonsten war es still. Seit zwei Stunden wartete er mit hochgezogener Kapuze in der Seitengasse, an die Mauer des Wohnblocks gelehnt. Er hatte sich davongestohlen, wohlwissend, dass er sich damit auf gefährlichem Terrain bewegte. Aber es gab Prioritäten. Von seinen nächtlichen Aktionen wussten nur Kiba und Shikamaru, die ihn bisher zuverlässig gedeckt hatten. Inzwischen stand er zum fünften Mal abends in dieser Seitenstrasse und wartete. Irgendwann musste er sie erwischen. Es sollte anscheinend heute sein, denn nach fast zwei Stunden kam eine junge Frau die Strasse hinunter. Das seidenglatte, dunkle Haar hätte er auch aus einem Kilometer Entfernung sofort erkannt. Ansonsten war niemand zu sehen – Hinata kam alleine. Er verhielt sich ruhig und blieb vor Blicken geschützt im Schatten der Hausmauer stehen. Als sie an der Seitenstrasse vorbeiging, bemerkte sie ihn nicht. Er hatte sich auch gut verdeckt gehalten. «So spät noch alleine unterwegs?» Innerhalb einer Millisekunde hielt Hinata inne und erstarrte zu einer Salzsäule. Nicht eine ungewöhnliche Reaktion, aber er hatte etwas anderes erwartet. Erschrecktes Zusammenzucken oder ein Aufschrei zum Beispiel. Aber dieses Erstarren, ohne sich sofort umzudrehen, war seltsam. Als wüsste sie genau, wer hier im Dunkeln lauerte. «Und Crow wollte dich nicht begleiten?» Er trat aus dem Schatten der Gasse hervor. Hinata hatte seine Stimme inzwischen einordnen können, denn sie drehte sich um und hatte diesen eiskalten Blick aufgesetzt, den sie seit der Nacht am Güterbahnhof immer zur Schau trug. «Was willst du hier, Big Fox?» Hätte er es nicht besser gewusst, hätte er sofort geglaubt, es handle sich bei dieser Person nicht um Hinata. Ein Double. Ein Platzhalter für das schüchterne, aufrichtige Mädchen, welches sie einmal gewesen war. Oder von der er geglaubt hatte, sie wäre es gewesen. «Mit dir reden.» Sie hielt einen grosszügigen Sicherheitsabstand. «Geh. Ich will nichts mit dir zu tun haben.» Er hielt inne und suchte ihren Blick. Sie war ihm keineswegs freundlich gesinnt. Jedenfalls drückte das ihr Gesicht nicht aus. Aber er wusste eines: Hinata wandelte auf einem Weg, der ihr alles nehmen konnte. Er nahm sich die Frechheit, in diesem Fall urteilen zu können, was richtig und was falsch war. Hinatas Weg war durchweg falsch – warum auch immer sie ihn gehen wollte. Die Abweisung verletzte Naruto, auch wenn er es nicht zugeben wollte. Auch wenn er damit gerechnet hatte. Geistesgegenwärtig rief er sich noch einmal das Gespräch mit dem zwölfjährigen Klugscheisser in Erinnerung.  «Weisst du, da draussen hörte man vor einiger Zeit viel über die Foxes. Man hielt etwas von ihnen, sagte, dass sie niemals aufgeben. Wenn sie verlieren, gewinnen sie wieder. Wenn man jemandem von ihnen etwas antut, kriegt man es in dreifacher Wucht zurück. Und wenn man ihnen etwas nimmt, dann holen sie es sich wieder.»   Konohamaru hatte Recht. Die Kuramas gaben nicht einfach so auf und liessen sich schon gar nicht von irgendwelchen bescheuerten Riots auf der Nase herumtanzen. «Ich bleibe, ob du willst oder nicht. Und ich werde dafür sorgen, dass du mir zuhörst.» Sie schüttelte den Kopf. «Vergiss es, Big Fox. Ich will nichts mehr von euch wissen. Und von dir schon gar nicht.» Er nickte. «Ich bin nicht bescheuert, Hina, ich weiss das. Und es ist mir scheissegal.» Sie schnaubte verächtlich, drehte sich um und wollte davonlaufen, doch darauf war er vorbereitet gewesen.   «Hinata ist eine Kurama. Und egal, warum sie dazu gebracht wurde, bei diesen Riots mitzumachen, die Kuramas können sie wiederkriegen. Aber dazu musst du es wollen, du Waschlappen.»   Er wollte nicht, dass sie in Crows Fängen blieb. Ob sie nun freiwillig da war oder nicht, er wollte das nicht. Was genau er wollte, war ihm inzwischen sonnenklar. Schnell hatte er sie am Handgelenk erwischt und zog sie zurück, sodass sie ihn anschauen musste. «Falls ich dich jemals verletzt haben sollte, tut es mir leid. Du bist ein Teil von uns und wirst es immer bleiben. Ich bin manchmal etwas… naja, schwer von Begriff trifft es vielleicht am besten. Aber irgendwas ist passiert, was dich dazu bringt, nichts mehr mit uns zu tun haben zu wollen.» Sie starrte ihn ziemlich perplex an. «Du bist uns… mir sehr wichtig… mehr als du denkst vielleicht.» Er hatte keine Ahnung, warum seine Stimme versagte, doch er musste erst einmal Luft holen, bevor er weiterreden konnte. Hinata musste zurückkehren. Rein der Gedanke, dass sie mit Crow zusammen war, machte ihn rasend. «Wenn du jemals… wenn du jemals zurückkommen möchtest, dann bist du bei uns… und bei mir herzlich willkommen. Immer.» In Hinatas Gesicht konnte er eine Gefühlsregung lesen. Eine kleine, minimale, aber etwas war da. Sie löste ihre Hand aus seinem Griff, nicht ruckartig, sondern ganz vorsichtig. In ihren Augen war Härte einem mitleidigen Bedauern gewichen. Und bevor sie sich umdrehte und in Richtung ihres Blocks verschwand, formte sie Worte mit ihren Lippen, ohne etwas zu sagen. Und für eine Sekunde lang, blitzte das Wesen der liebevollen und sanften Hinata wieder auf. Ein Fragment der Person, die sie einmal gewesen war.   Es tut mir leid. Noch auf dem Heimweg ärgerte sich Naruto grün und blau. Er war so in Gedanken versunken, dass er sogar jemanden anrempelte. Dabei waren kaum mehr Leute unterwegs. Der Typ quittierte dies nur mit einigen Fluchwörtern, ging dann aber seines Weges. Naruto war es egal. Er hätte mehr tun, gegenüber Hinata überzeugender sein müssen. Er hatte seinen Willen nicht einmal klar ausgedrückt. Nie hatte er deutlich gesagt, dass er sie unbedingt zurückwollte. Sein Auftritt war mehr als nur schwach gewesen, dabei konnte er überzeugend sein, das wusste er mit absoluter Sicherheit. Warum hatte es heute Abend nicht geklappt? Es war niederschmetternd. Ihr Blick war so abweisend und desinteressiert gewesen. Bis auf diese leichte Veränderung in den letzten Sekunden, hatte er keine positive Gefühlsregung in ihrem Gesicht lesen können. «Es tut mir leid», hatte sie gesagt. Was tat ihr leid? Dass sie die Kuramas einfach zurückliess? Dass er eine so bemitleidenswerte, verzweifelte Performance abgegeben hatte? Dabei war er sich so sicher gewesen, was er ihr alles hatte sagen wollen. Und im entscheidenden Moment war er eingeknickt. Das kannte er gar nicht von sich. Er kam erst kurz vor Mitternacht an die Uni zurück. Er war aufgrund verschiedenster Besprechungen für den Moment auch hier stationiert. Im Gebäude war es ruhig, nur von der Cafeteria her waren noch Stimmen zu vernehmen. Naruto hatte keine Lust, sich zu den anderen zu begeben und schlich sich stattdessen in den ersten Stock hinauf. Dort war ein grosses Fenster mit einer breiten Fensterbank. Vielleicht konnte er da ein wenig seine Ruhe haben. Doch von Ruhe war gar nicht zu sprechen. In ihm rasten die Gedanken und sein Körper war wie auf Nadeln. Er war so wütend auf sich selbst. Wäre er ein guter Leader gewesen, wäre Hinata nicht zu Crow übergelaufen. Er hätte es verhindern können, war aber viel zu sehr auf sich selbst und den Kampf gegen die Riots konzentriert gewesen, als dass er seine Mitglieder im Auge behalten hätte. Und er hasste sich dafür. Hinata war immer gut zu ihm gewesen. Immer da, wenn sie gebraucht wurde. Hatte ein ausgesprochen gutes Gespür für ihr Umfeld und andere Menschen. Sie war besonnen und intelligent. Und nicht zu vergessen: Bildhübsch. Naruto hatte ihr langes, glattes Haar und ihre hellen, grossen Augen immer bewundert. Am Ende des Ganges öffnete sich auf einmal eine Tür – es war die verschlafene Sakura. Sie verschwand bei den Toiletten und kam zwei Minuten später wieder zurück. Da bemerkte sie ihn auf der Fensterbank. «Naruto? Ich dachte, du schläfst längst.» Er schüttelte nur den Kopf. Sakura, wie sie nun einmal war, spürte schnell, dass es ihm nicht besonders gut ging. «Ist etwas passiert?» Langsam kam sie näher. «Nein.» Das war selbstverständlich gelogen. Und Sakura war nicht dumm. «Ich bin nicht blind, Naruto. Was ist los?» Bei ihr hatte es keinen Zweck. Sie würde hartnäckig bleiben. Er schwieg für einen Moment, weil er nicht wusste, wie er das sagen sollte. «Sag mal, Sakura…», er holte tief Luft. «Stimmt es? Stimmt es, dass Hinata mich gemocht hat?» Sakura schien erst überrascht, doch dann schlich sich ein Lächeln auf ihre Lippen. «Dass du da erst jetzt draufkommst.» «Was meinst du damit?» «Jetzt kann ich es dir ja sagen… Hinata war seit ihrer Schulzeit in dich verliebt. Das hat vermutlich schon bei ihrer Aufnahme in die Gang begonnen. Und sie war nicht nur verliebt, sie hat dich geliebt. Und war immer viel zu schüchtern.» Das von Sakura zu hören, war noch einmal anders. All die Jahre also? Und er hatte es nie bemerkt? Wie hatte das passieren können? Er vergrub das Gesicht in den Händen. «Meine Fresse. Und ich hab’s nicht geschnallt…» «Hast du mir noch mehr zu erzählen?», fragte sie und er nickte. Es war Zeit, ihr von seinen nächtlichen Ausflügen zu berichten. Was Naruto ihr erzählte, überraschte sie. Keine Frage. Aber wundern? Nein. Naruto hielt sich selber in diesem Augenblick für den schlechtesten Gang-Leader auf Erden. Doch welcher Leader setzte schon alles daran, ein entlaufenes Mitglied wieder zurückzuholen? Welcher Leader wartete ernsthaft Abende lang in einer Seitenstrasse, in der Hoffnung, dieses entlaufene Mitglied würde auftauchen? Sein Verständnis von Leadership beeindruckte sie jede mal aufs Neue. Und was tat er? Er putzte sich runter, weil Hinata ihm die kalte Schulter gezeigt hatte. Und genau so sagte sie ihm das auch. «Ich weiss nicht, Sakura. In meiner Amtszeit habe ich nicht mehr erreicht, als dass zahlreiche Mitglieder gestorben sind, die Kuramas kurz vor ihrer Auflösung standen und nun, dass mir eine so bescheuerte Gang wie die Riots ein wichtiges Inner-Mitglied abwirbt. Das ist nicht gerade eine tolle Liste an Errungenschaften, wenn du mich fragst.» «Für äussere Umstände kannst du nichts, Naruto. Das wäre jedem anderen Leader auch so gegangen. Eine solche Herausforderung hat noch kein Anführer vorher bewältigen müssen und ich finde, du machst deine Sache hervorragend.» Er antwortete darauf nichts. Sein verbissener Blick sagte jedoch alles – er sah das anders. Wie immer war er viel zu streng mit sich selber. Unwillkürlich stellte sie sich die Frage, ob es Sasuke manchmal auch so ging. Er hinterfragte sich selber nie so offen, meistens wirkte er, als hätte er alles im Griff. Was hinter seiner Fassade abging, war immer schwierig zu sagen. Naruto äusserte sich wenigstens dazu, auch wenn es nur ihr gegenüber war. «Hinatas Absprung nagt an uns allen, Naruto. Für mich ist es auch schwer… sie war eine meiner besten Freundinnen. Aber du darfst dir das nicht zu Kopf steigen lassen. Wir haben alle unseren eigenen Kopf und treffen unsere eigenen Entscheidungen. So auch Hina.» Er nickte. «Ich frage mich nur, ob ich etwas hätte ändern können, wenn ich nicht so blind gewesen wäre…» «Hättest du denn etwas anders gemacht, wenn du es gewusst hättest?» Wieder Stille. «Ganz ehrlich? Ich weiss es nicht. Ich habe mir in den letzten Jahren wenige Gedanken um Frauen gemacht… hab halt irgendwie mein Job als Leader gelebt. Und ich habe es gern gemacht. Die Gemeinschaft in der Gang reichte mir und Frauen hätten das vermutlich nur verkompliziert. Aber ich habe so auch keine Rücksicht auf sie genommen. Hätte ich Bescheid gewusst, wäre es vielleicht anders gewesen. Ich habe mir das wirklich nie überlegt…» «So war es nun mal aber nicht. Deshalb müssen wir die Situation jetzt nehmen, wie sie ist. Was bringt es uns zu wissen, dass du eventuell in der Vergangenheit etwas anders gemacht hättest? Und woher wollen wir überhaupt wissen, aus welchen Beweggründen sie zu den Riots übergelaufen ist? Vielleicht hatte das ja nichts mit dir zu tun?» «Und vielleicht doch.» Er seufzte. «Aber du hast schon recht, Wahrscheinlichkeiten bringen uns auch nicht weiter.» «Glaubst du, dass sie nur wegen Crow übergelaufen ist?» Er zuckte mit den Schultern. «Möglich wäre es. Wenn sie in ihn verknallt ist…» Seine Stimme wurde gegen Ende dieses Satzes leiser. Genau wegen dieser Verknalltheit in Crow machte er sich Vorwürfe. «Du hast selber gesagt, dass für dich einige Dinge nicht aufgehen, was Hinatas Wechsel betrifft. Hat nicht Crow zum Beispiel geglaubt, sie sei eine Outer?» «Ja. Jedenfalls hat es so geklungen.» «Und warum hat sie den Riots unser Standort noch nicht verraten?» Naruto schüttelte den Kopf. «Ich nehme dir ja nur ungern diese Hoffnung, aber ich glaube nicht, dass das etwas beweist. Vielleicht hat sie sich als Outer ausgegeben, um ihnen nicht zu viel verraten zu müssen. Kann ja sein, dass ihr trotzdem noch ein wenig etwas an uns liegt und sie trotzdem Vollmitglied bei den Riots ist. Sie wird ihnen irgendwelche gute Lügen aufgetischt haben.» «Sie lügt die Riots also an, oder? Für mich klingt das, als ob sie den Riots gegenüber doch nicht so loyal ist, wie sie uns glauben machen will.» «Und selbst wenn, Sakura, was wären ihre Beweggründe?» «Kann ich dir auch nicht sagen. Aber irgendwas ist doch faul.» Sie dachte nach. «Du hast gesagt, sie habe sich bei dir entschuldigt. Ein Funken Sympathie für die Kuramas muss noch da sein, sonst hätte sie das nicht getan, Naruto.» Er war nahe dran, aufzugeben und das musste sie um jeden Preis verhindern. Wenn Naruto etwas aufgab, dann waren sie an einem tiefen Punkt angelangt. «Vielleicht wird sie ja dazu gezwungen? Erpresst, was weiss ich?», stellte sie eine Vermutung in den Raum. «Hast du gesehen, wie sie sich vor Crow gestellt hat, als ich ihn abknallen wollte? Sie hat sich unaufgefordert vor ihn geworfen, mit dem Risiko, eine Kugel für ihn abzufangen.» Da hatte er allerdings recht. «Sie wirkt allgemein nicht wirklich so, als wäre sie ungern bei den Riots. Laut Berichten ist sie ja ziemlich eng mit Crow.» «Und deshalb fällt es mir schwer, noch an diese Möglichkeit zu glauben», sagte er und richtet seinen Blick wieder zum Fenster hinaus. «Kopf hoch.» Sie legte ihm einen Arm um die Schulter. «Wir schaffen das alles. Irgendwie haben wir noch alles hinbekommen.» Doch sie sah die Traurigkeit in seinen Augen. Was heute Abend geschehen war, hatte ihn erschüttert. Es lag nicht gerade eine einfache Zeit hinter ihm und die Zukunft sah auch nicht viel rosiger aus. Hinatas Bruch mit den Kuramas drang langsam aber sicher bis zu seinem Herz durch. Er wusste nicht, was er denken sollte und wusste nicht mehr, wie er zu Hinata stand. Sie sah die Verwirrung seinem Gesicht an. Und was sie noch viel deutlicher sah, war Reue. Es zerriss ihr beinahe das Herz. In ihm war etwas passiert. Ob das gut oder schlecht war, konnte sie noch nicht sagen.   Suigetsu und Karin liessen täglich von sich hören. Mal waren die Infos hilfreicher, mal weniger. Doch es half, ein besseres Bild von der inneren Organisation der Riots zu erhalten. Tatsächlich kristallisierte sich vor allem eines heraus: Crow war ein Geheimniskrämer, selbst gegenüber seinen eigenen Leuten. Es schien, als wüsste die Obrigkeit alles und die Untergeordneten folgten, ohne etwas zu hinterfragen. Selbst nach dem Zwischenfall im East, schien wenig Misstrauen zu herrschen, obwohl Crow für seine Zwecke Leben aufs Spiel gesetzt und Leben geopfert hatte. Niemand stellte ihn in Frage. Er war ein Paradebeispiel für einen charismatischen Leader. Die Riots frassen ihm regelrecht aus der Hand. Was aber noch anstand, war der Polizeibesuch in Tomcats Villa. Und zwei Tage nach ihrem nächtlichen Gespräch mit Naruto, war es soweit. Die Polizei rückte aus – ohne die Begleitung von Gangs natürlich. Das führte zum Unvermeidlichen: In der Uni tigerten zwei ruhelose Gang-Leader herum, die nichts mit sich anzufangen wussten. Sakura wurde es irgendwann zu bunt, als Sasuke ständig neben ihr auf dem Sofa hin- und her rutschte und sie doch nur in Ruhe ihr Buch zu Ende lesen wollte. Ja, sie war auch nervös, aber was brachte es denn, hier so eine Unruhe zu verbreiten? Also schickte sie ihn zum trainieren, was er erstaunlicherweise ohne den geringsten Widerwillen tat. Sie konnten jetzt nicht mehr als Daumen drücken.   Hatake hatte eigenhändig die Klingel an dem schmiedeisernen Tor bedient, welches die stattliche Villa der Murakamis von der Strasse trennte. In der Gegensprechanlage ertönte eine ruhige Stimme, die vermutlich jemandem vom Hauspersonal gehörte. Der Polizei öffnete er ohne zu zögern, dabei hatte Hatake noch nicht einmal den Durchsuchungsbefehl erwähnt. An der Villa wurden sie von einem schick angezogenen Mann erwartet, der vermutlich so etwas wie ein Butler war. Er begrüsste sie höflich und Hatake hielt ihm ebenso höflich den Durchsuchungsbefehl unter die Nase. Der Mann wirkte ziemlich vor den Kopf gestossen und meinte stotternd, dass er zuerst den Hausherrn kontaktieren müsse. «Wir haben einen Durchsuchungsbefehl. Da kann auch ihr Hausherr nichts daran ändern. Und deshalb werden wir sofort beginnen, sie können sich in der Zwischenzeit mit ihm in Verbindung setzen.» Die Durchsuchung begann. Hatake und seine Leute staunten nicht schlecht über die prunkvolle Eingangshalle, die schmucken Räume mit pompöser Deckenbeleuchtung, die teuren Möbel und überdimensionalen Fenstern. Das Bankgeschäft war ein lukratives Geschäft. Vor allem wenn man bedachte, dass Shoto Murakami noch mehr solche Häuser in aller Welt besass. Hier war also dieser verdächtige Yohei Murakami aufgewachsen. Sich in diesen Räumlichkeiten ein spielendes, lachendes Kind vorzustellen, war ein Ding der Unmöglichkeit. So teuer die Einrichtung der Villa auch war, sie hatte nichts Warmes. Fast drei Stunden untersuchten sie die Räume – und fanden zu ihrer grossen Ernüchterung nichts. Nicht der kleinste Hinweis auf den Verbleib von Gangs. Der Butler hatte inzwischen seinen aufgebrachten Hausherrn am Telefon beruhigt – anscheinend hielt sich dieser gerade irgendwo in Hongkong auf – und stand nun betreten in der Nähe. Die Durchsuchungsaktion hatte auch anderes Hauspersonal aufgescheucht. «Gibt es auf dem Gelände noch andere Gebäude?», fragte Hatake und er sah, wie der Butler für eine Millisekunde seinen Gesichtsausdruck veränderte und sich gleich wieder fasste. Er schien gehofft zu haben, dieser Frage aus dem Weg gehen zu können. Nach einer kurzen Pause sagte er: «Ja. In dem kleinen Waldstück im Park gibt es ein Gästehaus. Es ist aber seit längerer Zeit unbenutzt.» Na das war doch einmal eine Info. Unbenutzt klang gut. Während also die eine Hälfte noch das Gelände inspizierte, machte sich die andere direkt auf den Weg zum Gästehaus. Tatsächlich hatte Murakami in einem Park ein ganzes Waldstück – nicht schlecht. Das Gästehaus war übrigens sehr viel grösser als das Haus eines normal sterblichen Bürgers. Der Butler schloss die Tür auf und liess die Polizei gewähren. Auf den ersten Blick war an dem Gästehaus nichts Auffälliges zu entdecken – bis auf die Tatsache, dass es eine Miniversion der Villa von nebenan war. Wobei «Mini» auch nicht wirklich stimmte. Das erste, was ihnen auffiel war, dass die Küche sowie drei der vier Schlafräume in letzter Zeit benutzt worden waren. «Hat die Familie Murakami in letzter Zeit Gäste empfangen?», fragte Hatake, kannte die Antwort jedoch bereits. «Nun, der junge Herr empfängt hier an den Wochenenden immer mal wieder Freunde.» Der Butler wirkte selber überrascht über die offensichtliche Unordnung in gleich mehreren Zimmern. «Normalerweise informiert er danach aber das Hauspersonal, damit sie aufräumen.» Hatake legte zufrieden den Kopf schief. «Dann könnten wir hier fündig werden.» Und tatsächlich waren sie auf eine Goldgrube gestossen. Im Keller des Hauses fanden sie zehn Holzkisten mit Waffen, von Gewehren über Pistolen, bis hin zu Messern war alles vorhanden. Einen Raum weiter war Sprengstoff untergebracht, gut verpackt und getarnt wie die Waffen, in verschliessbaren Apfelkisten. Der sichtlich verstörte Butler informierte sie, dass es im Park zehn Apfelbäume gab, deren Früchte immer hier im Gästehaus gelagert wurden. Er tupfte sich gehetzt die Schweissperlen von der Stirn. Weiter fanden sie allerlei Indizien für den Aufenthalt von Gangs; ein mit Alkohol gefüllter Kühlschrank, volle Aschenbecher auf den Balkonen der Schlafräume, herumliegende Chipstüten. Natürlich konnte das auch einfach von einem Partyvolk herstammen, die Waffen und der Sprengstoff liessen daran aber erhebliche Zweifel. Im grossräumigen Esszimmer, so vermuteten Hatake und Sarutobi, wurden Besprechungen abgehalten. Es war jedoch sauber aufgeräumt und liess keine definitiven Rückschlüsse darauf zu. «Ich nehme an, Sie wollen den Keller räumen?», meinte der Butler ernüchtert. «Das sehen Sie absolut richtig.»   Die freudige Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer an der Universität und auch an jedem anderen Standort. Endlich waren sie wieder auf einen grünen Zweig gestossen. Doch die Mission «Tomcats Villa» war damit noch nicht beendet. «Der Butler hat uns mitgeteilt, dass er Yohei Murakami schon seit eine Woche nicht mehr gesehen hat. Er hat bis vor drei Monaten noch ein High-Society-College besucht, hat inzwischen aber seinen Abschluss gemacht und ist seither dort ausgezogen. Im Moment lebt er offiziell noch zu Hause, hat aber laut dem Butler viel Zeit im Gästehaus verbracht, da er dort seine Ruhe hat. Laut seinem Vater war es ursprünglich auch sein Plan, an der Uni Wirtschaft zu studieren.» Hatake lehnte sich nach vorne über seine Notizen. Alle an der Uni Stationierten hatten sich in der Cafeteria versammelt und hingen gespannt an seinen Lippen. «Jedenfalls werden wir heute Nacht zurückkehren. Ich habe mit Shoto Murakami am Telefon gesprochen. Die Möglichkeit, dass sein Sohn in die Machenschaften der Riots involviert ist, streitet er vehement ab. Ich bin ziemlich sicher, dass Tomcat ihm nichts davon gesagt hat. Er glaubt stattdessen, dass in seinem Personal jemand ist, der den Riots Zugang auf das Gelände gewährt, zumal die Villa selten bewohnt ist und nur das Personal vor Ort ist, um das Haus in Stand zu halten. Nun, wir werden sehen. Wir überwachen von nun an das Gelände, um herauszufinden, was sich in diesem Gästehaus abspielt. Gerne nehme ich zwei Vertretungen der Gangs mit, mehr will ich nicht dabeihaben. Es handelt sich schlussendlich um eine Polizeiaktion. Das Ziel ist es, das Haus zu einem geeigneten Zeitpunkt zu umstellen und möglichst viele Riots in Gewahrsam zu nehmen.» Natürlich schnellten sofort Narutos und Sasukes Hände in die Höhe, doch Hatake lehnte ab. «Nein. Die Leader werden hierbleiben – ich brauche jemanden unauffälligeren.» Die Leader waren sichtlich enttäuscht, doch sie verstanden und akzeptierten die Entscheidung. Schlussendlich meldeten sich Kiba und Shion, das blonde Taka-Mädchen, Taka-Angel. «Alles klar. Dann brechen wir in zwei Stunden auf.»   In den ersten beiden Nächten passierte nichts. Hatake hatte niemanden vom Personal über die Überwachung informiert. Nachdem sie die Waffen und den Sprengstoff aus den Kisten entfernt hatten, hatten sie die Kisten so hingestellt, wie sie gelagert gewesen waren. Im hinteren Teil des Parks hatte die Polizei ein Loch in der Mauer entdeckt, durch das eine Person passte, wenn sie auf allen Vieren ging. Es war gut von Büschen versteckt und von aussen mit einer Steinplatte verschlossen gewesen. Natürlich parkten sie nicht direkt davor, aber durch dieses Loch gelangten die Polizisten nach innen. Insgesamt stellen sie innerhalb der Mauern acht bewaffnete Polizisten auf, die sich im Wald oder im Gebüsch versteckt auf die Lauer legten. Dabei waren auch Shion und Kiba, die sich freiwillig für die Überwachung innerhalb der Mauern gemeldet hatten. Es waren lange Nächte, in denen nichts passierte. Bis Freitag. Freitagnacht tat sich etwas. Kiba lag wie immer neben Shion auf dem Waldboden, gut versteckt hinter Büschen. Unter dem Gebüsch konnten sie direkt auf den Eingang des Gästehauses sehen. Es war kurz vor Mitternacht, als sich Gestalten durch das Loch in der Mauer auf das Gelände schlichen, die Tür des Hauses aufschlossen und eintraten. Die Fensterläden waren geschlossen, weshalb von aussen nicht sichtbar war, ob Licht gemacht wurde. Es waren nur drei Personen gewesen, deshalb vermuteten sie, dass noch mehr Leute auftauchen würden. Doch die Nacht zog sich hin und niemand mehr tauchte auf. Per Funk gab Hatake nach zwei weiteren langen Stunden des Wartens den Befehl zum Zugriff durch. Es war einfach – die vier Gangmitglieder hatten ihnen nichts entgegenzusetzen. Es waren drei Inners und nach Shions und Kibas Beurteilung Mitglieder von Crows Beraterkreis. Das war ein Spitzenfang, doch eine Tatsache überschattete das Ganze: weder Tomcat noch Crow waren ihnen ins Netz gegangen. In den folgenden Nächten zogen sie die Überwachung noch weiter, jedoch tauchte niemand mehr am Gästehaus auf. Irgendwann wurde beschlossen, dass nur noch wenige Einheiten für den unwahrscheinlichen Fall einer Rückkehr der beiden am Park stationiert sein sollten. Hatake wurde das komische Gefühl nicht los, dass Crow und Tomcat auf irgendeine Weise gewarnt worden waren. Vielleicht der Butler. Aber Hatake glaubte nicht an Zufälle.   Am Abend zuvor, eine halbe Stunde nach Mitternacht. Tomcat befand sich wie fast jeden Abend im Riot-HQ. Er wartete auf Crow, damit sie für die Besprechung zum Gästehaus gehen konnte und sah sich währenddessen eine Aufzeichnung der Interviews mit der kleinen Kurama an und ärgerte sich bei jedem braven Wort aufs Neue über sie. «Sag mal, wie oft willst du dir den Müll noch geben?», fragte Cracker, der gerade die Treppe in den Aufenthaltsraum hinunterkam. Er war bereit für den nächtlichen Ausflug. «Ich versuche nur zu verstehen, was die Leute dazu bewegt, einer dummen kleinen Mädchen Glauben zu schenken.» Cracker seufzte. «Sie ist unschuldig und passt nicht ins Gang-Schema. Sie kriegt ihr Leben auf die Reihe, ist süss und ehrlich. Das reicht bereits.» Tomcat reichte das noch nicht, aber es war ihm egal. Sein Handy vibrierte in diesem Moment zum gefühlt hundertsten Mal an diesem Tag und er wusste genau, wer es war. Sein Vater wollte wieder irgendwas von ihm, da war er sich sicher. Deshalb hatte er das Gerät mit Geduld läuten lassen, aber jetzt ging es ihm zu sehr auf die Nerven. Hastig griff er danach. «Ja?» «Yohei?» Wie erwartet. Es war sein Erzeuger. «Mhm», brummte er gelangweilt als Antwort. «Yohei. Die Polizei war heute an der Residenz in Konoha. Ich habe ihnen zwar gesagt, dass du nichts mit der ganzen Gang-Sache zu tun hast. Trotzdem: Ich traue ihnen nicht, also bleib von zu Hause fern! Nicht, dass du noch in irgendwelche falschen Schlagzeilen involviert wirst!» «Ich habe nichts mit den Gangs zu tun!», rief er aufgebracht und spielte seine Rolle damit gut genug. Er liebte es, seinen Vater anzulügen. Es erfüllte ihn mit Genugtuung. «Das hoffe ich doch sehr für dich! Ich will dich nicht noch nichtsnutziger wissen! Es ist schon rufschädigend genug, dass die Polizei überhaupt bei uns aufgetaucht ist. Also mach keinen Scheiss und reiss dich zusammen, die Zukunft unseres Unternehmens steht auf dem Spiel!» Noch bevor es in der Leitung klickte blaffte er: «Und schau, dass du endlich an die Uni kommst!» «Danke für das anregende Gespräch, alter Mann», sagte Tomcat mit einem gespielten Lächeln auf den Lippen. «Immer wieder nett mit dir.» Cracker neben ihm sah ihn entgeistert an, nicht etwa wegen seinem Vater, sondern wegen dessen Botschaft. «Crow!», rief er laut in den oberen Stock hinauf, während Tomcat schon die Nummer von Rambo wählte. Crow kam indes die Treppe hinunter, dicht gefolgt von der verschlafen aussehenden Foxy. Um sie herum versammelten sich alle anwesenden Riots. «Was ist?» «Wir stecken tief in der Scheisse.» Tomcat erreichte ihn, doch sie waren zu spät. Die drei befanden sich bereits im Inneren des Gästehauses. Cracker erklärte die Situation umgehend Crow, welcher zwar angespannt aussah, aber sofort den Leader übernahm. Er liess sich von Tomcat das Handy in die Hand drücken. Crow schaltete blitzschnell in den Leader-Modus und erklärte den drei am anderen Ende der Leitung die Situation. «Ihr sitzt in der Falle. Das ist Fakt. Und ihr kommt da nicht mehr raus, denn das Gelände ist mit absoluter Sicherheit umstellt. Vermutlich warten sie noch auf den Rest von uns.» Am anderen Ende der Leitung war es still. Sie hörten aufmerksam zu und beklagten ihre missliche Situation nicht. «Wenn sie euch verhören, haltet ihr dicht, so wie ihr es in eurem Eid geschworen habt. Früher oder später holen wir euch da entweder raus oder leisten euch Gesellschaft. Kommt darauf an, was die Zukunft für uns bereithält.» Seine Stimme klang wie die eines guten Freundes, der für eine unbestimmte Zeit Abschied nahm. «Wir wussten, dass sie früher oder später gezieltere Gegenattacken starten. Anscheinend ist es jetzt so weit.» Die Drei stimmten zu. Crow war stolz. Sie akzeptierten ihr Schicksal und waren fest entschlossen, aus dieser Lage das Beste für die Riots zu machen. «Wir nehmen das in Kauf. Für einen höheren Zweck», sagte Rambo bestimmt. «Schütze dich selber, Leader. Wir brauchen dich noch.» Er zweifelte nicht und Crow nickte, auch wenn seine Gesprächspartner das nicht sehen konnten. Crow war stolz auf seine Leute. Sie waren sich der Schlacht bewusst, die um sie herumtobte. Opfer waren nötig, um ans Ziel zu kommen und war ihnen klar. Crow liess sich aufs Sofa sinken. Die Situation nahm ihn mit, auch wenn er es sich nicht anmerken zu lassen versuchte. Hinata setzte sich neben ihn und hielt seine Hand. Ein Leader brachte Opfer. Und seine Opfer waren in vollstem Einverständnis mit ihm. Nun hörte er zu, wie die drei Jungs noch gemeinsam ein Bier öffneten und auf die Riots tranken. Sie im HQ taten es ihnen gleich und erwiesen ihnen diese letzte Ehre. Es war ruhig, die Gespräche bedeutsam. Und dann hörten sie über den Lautsprecher, wie die Polizei das Gästehaus stürmte.   Freude war gar kein Ausdruck für die Stimmung, die in den Standorten der Gang-Polizei-Fraktion herrschte. Ihnen waren drei grosse Fische ins Netz gegangen, wichtige Zahnräder im Herzen der Riots. So wie sie Crow kannten, war er gut darin, zu improvisieren. Deshalb durften sie jetzt nicht das Ziel aus den Augen verlieren. Das hatte auch niemand vor. Hatake plante bereits den nächsten Vorstoss. «Es ist an der Zeit, das Aussenquartier, in dem sich Karin und Suigetsu aufhalten, zu stürmen. Wir müssen weitermachen und ihnen keine Verschnaufpausen ermöglichen. Irgendwann werden sie erschöpft sein. Heute Abend werde ich euch den Plan dafür verkünden. Ich brauche die Leader und die Vizes in der Zentrale. Jeder, der sonst noch eine gute Idee hat, ist ebenfalls eingeladen.» Die gefüllte Cafeteria stimmte ihm unter lautem Jubeln zu. Die Motivation war hoch, doch Sakura traute dieser Freude nicht. Die Riots waren starke Gegner und hatten kein Problem damit, über Leichen zu gehen. Sie würden zurückschlagen, sobald sie konnten, da bestanden keine Zweifel. Solange sie Crow nicht hatte, würden die Riots noch lange weitermachen. Denn Tomcat und ihn hatten sie nicht gekriegt. Aus welchen Gründen auch immer sie dem Gästehaus in dieser Nacht ferngeblieben waren, spielte keine Rolle. Nach wie vor gingen die beiden gefährlichsten und unberechenbarsten Riots auf freiem Fuss. Wo waren ihre Schwachstellen? Sie schienen keine zu haben. Ihre Mission kam jedenfalls ins Rollen. Und schon heute Abend würden sie mehr wissen. Ja, sie befanden sich auf dem aufsteigenden Ast. Nur zu gut war ihr bewusst, dass sich das im Handumdrehen wieder ändern konnte. Aber sie wollte daran glauben: Es würde alles gut werden. Hätte sie zu diesem Zeitpunkt bereits gewusst, welche schweren Zeiten sie noch erwarteten, wäre sie nicht so zuversichtlich gewesen. Aber im Nachhinein war man immer schlauer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)