Konoha Gangs II: Game On von ximi (Das Spiel hat gerade erst begonnen) ================================================================================ Kapitel 31: Mittel und Wege --------------------------- Das Aussenquartier war ein altes Fabrikgebäude am Rande des North, fast schon im Little East. Es bestand aus seiner grossen Halle und diversen Räumen mit hohen Decken. In dem Gebäude tummelten sich Riots wie in einem Ameisenhaufen. Cracker informierte sie, dass sie sich im Moment zurückgezogen hielten. Die Polizei habe aufgerüstet und mit den Kuramas und Takas zusammengespannt. Innerlich lachten Karin und Suigetsu natürlich darüber. Cracker zeigte ihnen ihre Quartiere – Massenschlafsäle mit Matratzen am Boden und riesige, kahle Waschräume. Es gab einen grossen Aufenthaltsraum. Wo die Waffen waren, wurde ihnen nicht gezeigt, dafür aber auch die Garage. Es war ziemlich schlecht aufgeräumt, was aber auch mit der Anzahl der hier lebenden Personen zu tun haben konnte. Der Boss dieses Stützpunktes hiess Runch, war geschätzt vierundzwanzig Jahre alt, gross, dunkelhaarig und versprühte eine ziemlich unangenehme Aura. Er war muskulös und wirkte bullig, jedoch wussten die beiden Takas, dass er auch intellektuell etwas auf dem Kasten haben musste, wenn er zu einem der Quartier-Bosse auserkoren worden war. Crow war hinterlistig, aber bestimmt nicht blöd. «Ich bin hier der Boss und ihr habt zu folgen. Wer Scheisse baut, der kann sich auf etwas gefasst machen, versucht es also besser gar nicht erst.» Er wies mit der Hand auf ein zierliches blondes Mädchen, dass viel zu jung für dieses Milieu hier wirkte. Sie war ziemlich klein und ihre grünen Augen strahlten etwas Nettes aus. «Wenn ihr Fragen habt: Pixie wird euch gerne aufklären. Sie wird euch auch zu euren jeweiligen Subgruppen begleiten.» Damit verschwand Runch. Pixie lächelte freundlich, als wäre sie die Rezeptionistin in der Hotellobby dieses Quartiers. «Hey zusammen! Freut mich, euch kennenzulernen. Wie Runch schon gesagt hat, mein Name ist Pixie und ihr könnt mich gerne alles fragen, was euch so einfällt. Hier im HQ gibt es nur wenige Regeln. Dem Boss wird gehorcht und im Moment herrscht eine Art Ausgangssperre, da die Cops mit den Kuramas und Taka ihr Unwesen treiben. Der Leader arbeitet an einem Plan, bis dieser steht müssen wir uns zurückhalten.» Allem Anschein nach war Pixie eine kleine Quasseltante. «Ich weiss, es ist ziemlich schmutzig hier, aber ich sage euch, die Typen hier räumen einfach nie auf. Vielleicht seid ihr ja etwas ordentlicher?» Sie bedachte die Neu-Riots mit einem vielsagenden Blick. Während Pixie sie also zu ihren jeweiligen Gruppen begleitete, mussten sie ihr allesamt ihre Namen mitteilen, weil sie diese unbedingt lernen wollte. Einen nach dem anderen setzte Pixie bei ihren Leuten ab, bis nur noch Karin und Suigetsu übrig waren. «Toya und Yuma. Toya und Yuma. Toya und Yuma», murmelte sie ihre Namen wie ein Mantra vor sich hin. «Ich darf euch beglückwünschen! Ihr seid meiner Gruppe zugeteilt worden! Juhu!» Sie hüpfte grinsend von einem Bein aufs andere und Karin musste zugeben, es kostete sie ziemliche Mühe, nicht loszulachen. Die Kleine hatte etwas wirklich Süsses an sich. Und auch wenn sie kindlich wirkte, wenn Runch sie als wichtig genug ansah, um ihr die Neuen anzuvertrauen, sollten sie Pixie besser nicht unterschätzen. «Wie lange bist du schon dabei, Pixie?», fragte Karin locker. «Hm, inzwischen müsste es etwa ein dreiviertel Jahr sein. Die Riots sind noch relativ jung. Gegründet wurden wir offiziell im Juli des Vorjahres. Die Gang hat rasant an Mitgliedern gewonnen und irgendwann im Herbst war dann der erste offizielle Auftritt in der Stadt.» Suigetsu und Karin erinnerten sich gut an den Tag, an dem ihre Gangflagge lichterloh auf der Glade’s Terrace gebrannt hatte. «Und wie bist du überhaupt dazugekommen?» Pixie hatte ihr Interesse geweckt. «Meine Eltern sind beide Junkies und leben quasi in der Entzugsklinik. Ich habe bis zum Beitritt in einer Restaurantküche den Abwasch gemacht. Es war langweilig, ich habe es gehasst. Mein Chef war ein Arsch und die Arbeit undankbar. Tja und dann ist mir Cracker über den Weg gelaufen, wir sind in derselben Nachbarschaft aufgewachsen, wisst ihr. Und er hat mich hierhergebracht.» Sie lächelte. «Vorher machte nichts wirklich Sinn und jetzt habe ich eine Aufgabe. Und ihr?» Die beiden erzählten ihnen die Story, die sie gestern noch gemeinsam bis ins letzte Detail ausgefeilt hatten. Von ihrer Zeit im Untergrund und ihren Botengängen für Hochkriminelle bis hin zu dem Abend, an dem sie beschlossen hatten, den Riots beizutreten. «Dann habt ihr ein paar echt wilde Sachen gemacht», meinte Pixie beeindruckt. «Ich konnte vor meinem Beitritt knapp abwaschen. Aber Cracker hat mich zu Crow gebracht und der hat mir versichert, dass das kein Problem ist und er mich gerne dabeihaben möchte. Damals waren wir noch nicht so viele wie heute. Ich wurde intensiv im Kampf trainiert, das war echt eine anstrengende Zeit. Ich bin nach wie vor nicht so gut wie andere, aber für die Basics hat es gereicht. Und mich brauchen sie wegen meiner Grösse sowieso gerne fürs Kundschaften und Spionieren.» «Dann habt ihr auch bestimmte Funktionen in der Gang?» «Jep. Und ihr werdet sicher auch bald eine zugeteilt bekommen. So wie ich gehört habe, seid ihr gute Kämpfer. Nun, in meiner Subgruppe gibt es einige gute Kämpfer, ihr werdet sie kennenlernen. Sie sind allerdings noch unterwegs. Man kann schon rausgehen, allerdings darf man sich nicht als Riots zu erkennen sein. Crow empfiehlt aber drinnen zu bleiben.» «Alles klar.» «Es ist jedem selber überlassen, ob er hier im Quartier schlafen will. Für diese Nacht empfehle ich euch, zu bleiben. Der Leader wird morgen eine wichtige Ankündigung machen und ich denke, dass ihr da dabei sein solltet. Ansonsten ist alles andere ein wenig Learning-by-Doing.» «Finde ich gut», meinte Suigetsu und wechselte einen vielsagenden Blick mit Karin. Den Rest des Abends verbrachten sie mit Pixie und den anderen im Aufenthaltsraum. Auf die Neuen wurde mit Bier angestossen und alles in allem konnten die beiden Takas nicht viel Negatives über ihren Empfang sagten. Die Einstellung gegenüber Neulingen schien durchaus positiv zu sein. Man sah sie als Verstärkung und nicht als Last an – Karin wäre auch beleidigt gewesen, wenn man sie als Klotz am Bein bezeichnet hätte. Immerhin war sie Taka-Sniper. Sie lernten auch die anderen Mitglieder ihrer Subgruppe kennen, ihre Namen konnten sie sich jedoch nicht auf Anhieb merken, schliesslich waren es an die fünfzehn Mitglieder. Pixie war nicht die Leaderin der Subgruppe, sondern ein Typ namens Rifle. Sein Bandenname liess verlauten, dass er ein guter Schütze sein musste. Rifle war in ihrem Alter, hatte dunkles Haar und wachsame Augen. Er war nicht besonders gesprächig, aber Karin wusste sofort, dass er intelligent war. Seine Ausstrahlung sprach für sich. Karin legte sich an ihrem zugeteilten Platz hin. Sie konnte eigentlich überall schlafen, aber an diesem Ort blieben ihre Instinkte geschärft. Sie befanden sich schliesslich mitten im feindlichen Lager. Deshalb döste sie mehr vor sich hin, als dass sie schlief. Im Männerschlafraum ging es Suigetsu ähnlich. Jedoch wussten beide, sie waren auf eine Goldgrube gestossen. Wenn sie das hier durchzogen, dann konnte das für ihre Gangs grosses bedeuten. Und deshalb würden sie ausharren, solange es nötig war. Sasuke wälzte sich neben ihr von einer Seite auf die andere. Es machte ihn wahnsinnig, nichts über den Status von Karin und Suigetsu zu wissen. Heute am Nachmittag hatte er sich ein wenig beruhigen können, nachdem sie ihm mit Engelsgeduld ihr halbes Leben erzählt hatte. Aber nun, da er auf der Matratze liegen musste und er in seinem Kopf wieder Platz für Gedanken hatte, war alles beim Alten. Sakura wusste wirklich nicht, wie sie ihm helfen sollte. Deshalb drehte sie sich zu ihm und schlang von hinten ihre Arme um ihn und legte ihr Gesicht in seinen Nacken. «Alles wird gut», flüsterte sie und küsste ihn auf seine warme, weiche Haut. «Das ist unsere letzte Chance, Sakura», murmelte er nach einer Weile. «Wenn wir es vermasseln, will ich nicht noch mehr Leute verlieren, nur weil ich zu viele Risiken eingegangen bin.» «Du kennst Karin und Suigetsu. Die beiden sind schlau, flink und vor allem eines: verlässlich. Sie wollten diese Mission übernehmen und jetzt musst du ihnen vertrauen. Ich bin überzeugt, dass sie das schaffen werden. Du kannst nicht immer alles unter Kontrolle haben.» Er sagte zuerst nichts. Nur das Rascheln der Baumkronen drang durch das offene Fenster an ihre Ohren. Sein Atem ging ruhig, sein Körper war wunderbar warm. Er roch nach einer Mischung aus seinem Sandelholz-Duschgel und diesem vertrauten Geruch, der ihr immer von wilden Abenteuern erzählte. «Das ist meine letzte Zeit, in der ich als Leader funktioniere. Pain wird das übernehmen, wenn das Ganze hier vorbei ist. Ich will noch einmal alles richtig machen», meinte er. Sie bekam seine Hand zu fassen und drückte sie. «Du wirst es richtig machen. Aber vergiss nie, dass du nicht auf alles Einfluss nehmen kannst. Sonst wirst du an diesem Ziel kaputt gehen.» Sie küsste ihn noch einmal. Er seufzte, jedoch spürte sie, wie sich seine angespannten Muskeln ein wenig lockerten. «Ich bin das nicht gewohnt», flüsterte er so leise, dass sie beinahe glaubte, sie hätte es nicht nur eingebildet. «Was?» Er schwieg. «Ich hatte noch nie so viel zu verlieren, wie jetzt.» Als er das sagte und Sakura hörte, welch schwere Traurigkeit aus längst vergangen Tagen in seinen Worten mitschwang, spürte sie einen schmerzhaften Kloss im Hals. In der Tat hatte er viel zu verlieren. Und es war schön, dass er es auch realisierte. Sasuke war drauf und dran, aufzutauen. Seine Fassade hatte stark zu bröckeln begonnen, schon seit längerer Zeit. Aber in der Zeit seines Gefängnisaufenthaltes hatte er besonders grosse Schritte gemacht. Hier war er und mit jedem Tag sah sie mehr Facetten von ihm. Er öffnete sich und das erfüllte sie mit einer Wärme, die sie kaum beschreiben konnte. «Glaubst du mir, wenn ich dir sage, dass das etwas Gutes ist?» Er kam in Bewegung und drehte sich zu ihr um. Sein Blick konnte sie nicht deuten, aber er ging wie immer tief. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt. «Ist es das?» Sakura nickte. «Hundertprozentig.» Er lächelte schwach. «Na dann.» Karin fühlte sich nicht besonders ausgeruht als sie am nächsten Morgen in den Aufenthaltsraum des Quartiers trat. Ihr Make-Up und ihre Perücke sassen, das hatte sie bereits vor dem Spiegel im Bad überprüft. Und nun waren sie von Runch zusammengetrommelt worden, der nicht viel freundlicher als gestern aussah. Suigetsu konnte sie neben Pixie ausmachen und sie gesellte sich zu ihnen. «Morgen, Toya! Na, hast du gut geschlafen?», fragte sie aufgeweckt – keine Spur von morgendlicher Müdigkeit. Sie verstand schon, woher sie ihren Namen hatte. Ihr Gesicht, ihre Figur, ja ihre gesamte Aura hatte etwas Elfenhaftes. Irgendwie wollte sie der Gedanke nicht loslassen, das Pixie einfach nicht hierhin gehörte. «Ja, danke», log sie. «Sind wir hier wegen der Ankündigung vom Boss?» Pixie nickte. «Genau richtig! Er geht von Quartier zu Quartier und macht die Ankündigung, in etwa fünf Minuten sollte er hier sein. Habe Crow schon lange nicht mehr gesehen, drum freue ich mich riesig!» Sie hüpfte von einem Bein aufs andere. Karin und Suigetsu wechselten einen Blick. Normalerweise mochte Karin kleine, naive Mädchen nicht, aber Pixie war einfach liebenswert. Man konnte gar nicht anders, als sie zu mögen. Tatsächlich kam der Leader – mit von der Partie waren Purple und Tomcat. Karin und Suigetsu hielten sich deshalb in den hintersten Reihen auf, Suigetsu streifte die Kapuze seines Pullovers über. Es wäre fatal, von Tomcat oder Crow erkannt zu werden. Die ganze Atmosphäre im Raum veränderte sich, als Crow eintrat. Die Riots jubelten freudig, Crow begrüsste grinsend die Menge. Er hatte Charisma, das konnte niemand leugnen. Er wirkte echt und überhaupt nicht überheblich. Wäre er nicht bejubelt worden, hätte man ihn für ein ganz normales Mitglied der Riots halten können. Von Tomcat konnte man das allerdings nicht behaupten. Sein ganzes Auftreten hatte etwas Extravagantes, sein Kinn trug er hoch, sein Blick strahlte ein unerschütterliches Selbstbewusstsein aus. Er machte vielmehr den Eindruck eines Königs, der auf sein Fussvolk hinuntersah. Crow begrüsste diejenigen mit einer Umarmung oder einem Handschlag, die er vermutlich besser kannte. Karin bemerkte erst, dass Pixie gar nicht mehr neben ihnen stand, als sie weiter vorne dem Riot-Leader vor Freude um den Hals fiel. Crow musste lachen, die Szene hätte fast so schön zum Zuschauen sein können, wenn man den offensichtlichen Haken der Sache ausser Acht liess. Er blieb nicht vor den Leuten stehen sondern setzte sich auf einer der Couches im Raum. Purple setzte sich dazu und Tomcat stellte sich fast schon ein wenig desinteressiert daneben. War Purple also auch Teil seines inneren Kreises? Die Riots setzten sich auf den Boden, so dass sie alle einen Blick auf den Leader erhaschen konnten. «Schön euch zu sehen», begann er. Bereits beim ersten Wort wurde Karin klar, dass er sich jetzt vollkommen auf einer Ebene mit seinen Leuten bewegte. Sie kaufte ihm das aber nicht ab. Er stellte sich nicht über sie, doch er war ihnen überlegen. Und ihm war das durchaus bewusst. «Ich habe heute nur eine kurze Mitteilung für euch. Wie ihr wisst geht es im Moment etwas rau zu. Wie bereits angekündigt, haben wir einen Schlachtplan ausgearbeitet. Und euch brauchen wir dazu. In den kommenden Tagen werden wir aktiv werden, wie genau erfahrt ihr wie immer kurz vor Einsatz. Eure Aufgabe wird es bis dahin sein, Auszukundschaften und in Bereitschaft zu sein. Macht euch darauf gefasst, dass es ein harter Kampf wird. Die Polizei kombiniert mit Takas und Kuramas ist, obwohl ich es nicht gerne sage, ein gefährlicher Gegner. Ich will, dass ihr herausfindet, wo sie patrouillieren, woher sie kommen und vor allem, welche Takas und Kuramas wo dabei sind. Das wird für weitere Manöver hilfreich sein.» Die Riots hingen gebannt an seinen Lippen. Karin hätte den Leader verfluchen können. Warum konnte er nicht einfach seinen verdammten Plan preisgeben? Die Antwort wusste sie. Weil er zu schlau war. Die Riots waren so viele, da die Kontrolle über Informationen zu behalten, war unmöglich. Und seine Leute trauten ihm auch so, in ihren Augen hatte er sich längst bewiesen. «Und ich versichere euch: Der Plan ist gut. Wenn ihr alle mitmacht, kriegen wir auch die Polizei in die Knie. Und dann steht uns nichts mehr im Weg.» Es folgte zustimmendes Jubeln und Johlen. Karin musste sich Mühe geben, ihr Schauspiel aufrechtzuerhalten. Dem Typen wurde so viel Vertrauen entgegengebracht, dass er ihnen nicht einmal seinen Masterplan erklären musste. Er wusste genau, was er sagen musste, um die gewünschte Reaktion zu erhalten. Sie konnte es nicht abstreiten – er war ein Leader. Die Frage war nur, was für einer er war. Ob ihm seine Leute wirklich am Herzen lagen, konnte sie zu diesem Zeitpunkt kaum beurteilen. Nutze er sie nur aus um seinen Machthunger stillen zu können oder lag ihm tatsächlich was an ihrem Schicksal? Und nun blieb er tatsächlich noch eine Weile so sitzen und kam mit seinen Leuten ins Gespräch, während sich die Runde auflöste. Karin gesellte sich zu Suigetsu. Dieser beobachtete den Leader, welcher gerade lächelnd mit der Hand durch Pixies Haar wuschelte. Sie wechselten einen vielsagenden Blick und wollten gerade von der Bildfläche verschwinden, doch da: «Yuma! Toya!» Pixie winkte ihnen aufgeregt zu. Karin mochte Pixie, wirklich. Aber das war jetzt äusserst ungünstig. Glücklicherweise hatte sie ihre Schminke heute noch nachgezogen. Suigetsu hatte ähnliche Gedanken wie sie gehabt und sich die Haare nach hinten gegelt, zur Sicherheit aber noch die Kapuze hochgezogen. Nichtsdestotrotz mussten sie sich nun in die Höhle des Löwen begegnen. Es stand viel auf dem Spiel, jetzt also bloss nicht schwach werden. Rasch setzte sie ein schüchternes Gesicht auf und versuchte, möglichst zögerlich zu gehen. Sie versuchte, ihn mit möglichst viel Respekt und Verehrung anzuschauen, jedoch durfte sie es auch nicht übertreiben. «Das sind meine beiden Schützlinge. Cool, was?» Meinte Pixie und zeigte stolz auf Karin und Suigetsu. Der Leader schüttelte ihnen die Hand. «Es ist immer eine Freude, neue Mitglieder begrüssen zu dürfen.» «Die beiden haben echt was drauf», meinte Pixie stolz. «Das kann ich mir denken. Rekrutierung war vorgestern, wenn sie jetzt schon hier sind, müssen sie beachtliche Fähigkeiten haben. Schau zu, dass sie sich gut einleben, Anju.» Sein Blick war unergründlich und Karin musste sich ihre Nervosität eingestehen. «Leute wie ihr habt bei uns eine echte Zukunft. Ich freue mich, von euren Einsätzen zu hören.» Er nickte freundlich und wandte sich dann ab, weil Tomcat irgendetwas von ihm wollte. «Tja, das ist unser Crow.» «Und dein richtiger Name ist also Anju?», fragte Suigetsu interessiert. Karin musste sich Mühe geben, nicht die Augen zu verdrehen. Was für ein Schürzenjäger. Und Pixie passte genau in sein Beuteschema. «Anju Ishida. Gut aufgepasst, Yuma Suzuki.» Sie lächelte frech und verschwand dann in den herumstehenden Leuten. Karin rammte Suigetsu ihren Ellenbogen in die Rippen. «Reiss dich zusammen, Yuma Suzuki!» Sie betonte seinen Decknamen mit Absicht scharf. Er lachte nur. «Hey, ich will meinen Spass haben.» Karin schüttelte den Kopf. «Heute geht’s auf Streife, wie du gehört hast. Also konzentrier dich!» An diesem Nachmittag spazierten sie zu Dritt mit Pixie durch Konoha Downtown. Natürlich ging es nicht nur darum, sich die Beine zu vertreten, sondern zu kundschaften. Karin und Suigetsu versuchten, Pixie möglichst von Stützpunkten der Polizei wegzuführen, jedoch wussten sie, dass diese Methode nur bedingt Wirkung zeigen würde. Schliesslich waren sie nicht die Einzigen, die kundschafteten. Heute auf der Toilette hatte sie Sasuke eine ellenlange SMS mit den Informationen geschickt, die sie heute erhalten hatte und die Ortsangabe ihres Quartieres. Sie betonte dabei, dass mehr ausgekundschaftet wurde. Das hiess zum einen, dass die Polizei aufpassen musste, um ihre Standorte nicht zu verraten, andererseits konnten sie gezielt Leute auf den Strassen kontrollieren und festnehmen. Und das taten sie auch. Als sie am Abend zurückkehrten, herrschte im Quartier angespannte Stimmung. Runch war noch grimmiger drauf als sonst. Einige der Riots sagten ihnen, dass die Polizei heute auf der Strasse Kontrollen gemacht hatten und dabei mehrere Leute aus ihren Reihen festgenommen. Karin und Suigetsu fiel es schwer, in Anbetracht dieser Neuigkeiten ein bestürztes Gesicht aufzusetzen. Ein wenig leid tat es ihr für Pixie, die ziemlich traurig wirkte. Sie war es, die auf Runch zuging und ihn etwas fragte. Karin war zu weit weg, um verstehen zu können, was genau sie sagte. Was sie jedoch sehen konnte war, wie Runch sie grob zu Seite stiess, sodass Pixie ins Taumeln geriet und hinfiel. Das machte sie sauer, jedoch hielt sie sich zurück. Nicht so Suigetsu. Von wegen nicht auffallen. Es dauerte keine fünf Sekunden, bis er bei Pixie war und ihr beim Aufstehen behilflich war. Glücklicherweise zettelte er keinen Streit mit Runch an, aber somit war er natürlich gleich der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Niemand traute sich, ihr zu helfen. Der Respekt vor dem bulligen Runch war zu gross. «Alles klar bei dir?», fragte Suigetsu. Pixie wirkte etwas durcheinander. «Ja, danke… seid nicht böse auf ihn, er spürt sich manchmal nicht so richtig, wenn er wütend ist.» Karin seufzte. Was auch immer das bedeuten sollte. Sarutobi wich das Lächeln an diesem Abend nicht mehr aus dem Gesicht. War auch kein Wunder, denn insgesamt hatten sie über zwanzig Riots auf der Strasse dingfest machen können. Und das war ein Fortschritt. «Wie gerne würde ich jetzt Crows Gesicht sehen», meinte Hidan, als sie gerade in einer kleinen Gruppe in der Cafeteria sassen. «Der raucht doch bestimmt zu den Ohren raus!» Sasuke winkte ab. «Ich glaube nicht, dass das Crow allzu wehtut. Er muss sich im Moment noch keine Sorgen um den Mangel an Leuten machen, so viel wie die erst gerade rekrutiert haben. Von heute an wird er vorsichtiger sein. Und wie ihr wisst: Seinen Plan hat er seinem Fussvolk nicht verraten. Das wissen nur diejenigen, die ihm am nächsten sind.» «Meinst du, der wird tatsächlich mit einem richtigen Masterplan aufkreuzen? Wenn du mich fragst haben wir so oder so die Überhand. Was soll der schon gross anstellen können?», meinte nun Deidara. Sasuke schüttelte den Kopf. «Macht nicht den Fehler, die Riots zu unterschätzen. Ihr wisst, er arbeitet zum Beispiel gerne mit Geiseln und das macht ihn schon mächtig. Zudem waren Big Fox und Genius heute in Oros Gruft – der Typ ist mit Sack und Pack verschwunden. Hat wohl gerochen, dass es brenzlig wird für ihn, jetzt wo wir mit den Cops gemeinsame Sache machen.» Er blickte ernst in die Runde. «Gerüchten zu Folge hat er die Stadt verlassen.» Sakuras Gedanken gingen zurück zu Drop Down. An diesem Abend wären ihre Leute – allen voran Sasuke – beinahe dem Sprengstoff zu Opfer gefallen, den Oro für die Riots aufgetrieben hatte. Vor ihrem geistigen Auge sah sie Sasukes schreckliche Verbrennungen auf dem Rücken. Er musste solche Schmerzen gehabt haben. Da waren ihre kleinen Brandmale eine Kleinigkeit gewesen. «Scheiss-Oro. Da waren wir jahrelang seine besten Kunden und jetzt bringt der so etwas.» Deidara legte den Arm um Hotaru, welche ihn aber gleich wieder wegstiess. Sakura hätte beinahe ein wenig lachen müssen, als sie Deidaras verwirrten Blick sah. Aber ihr Mitleid hielt sich in Grenzen. «Was hast du mit Sarutobi besprochen?», fragte Kiba nun. «Ich meine, sollen wir einfach abwarten?» «Das ist jetzt die grosse Frage. Karin und Suigetsu befinden sich in einem ziemlich grossen Quartier. Es jetzt zu überfallen würde den Riots ziemlich wehtun. Allerdings wäre es dann aus mit spionieren. Und wenn es nicht reicht haben wir Pech gehabt. Deshalb werden wir abwarten und so gut wie möglich die Umgebung im Auge halten. Das bedeutet für euch, alles zu tun, damit unsere Stützpunkte so lang wie möglich von den Riots unbemerkt bleiben. Klar?» Zustimmendes Nicken. «Es könnte auch sein, dass er früher angreifen wird, als er es selber geplant hat. Macht euch auf was gefasst.» Gegen halb zehn verabschiedete sich Sakura von den anderen. Sie hatte beschlossen, heute wieder einmal nach Hause zu gehen. Tsunade hatte sie nun schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Sasuke hatte angeboten, sie nach Hause zu bringen und Sarutobi hatte nichts dagegen gehabt. Käme Sasuke auf die Idee, abzuhauen, würde er sich ins eigene Fleisch schneiden. Der Audi der Takas stand unten im Hof der Universität. Bei seinem Anblick stieg in Sakura ein Gefühl von Nostalgie auf. Gerne wäre sie mit Sasuke Motorrad gefahren, so wie früher, aber dieser Gefahr setzten sie sich nicht aus. Sasuke schien sichtlich Freude daran zu haben, wieder einmal Autofahren zu können. Sie fuhren schweigend durch die klare Spätsommernacht. Sakura öffnete das Fenster einen Spalt breit und sog die kühle Nachtluft ein. Es hätte ein wunderbarer Moment sein können, wenn nicht ständig dieses Gefühl von Bedrohung präsent wäre. Nach etwa zehn Minuten ging Sakuras Handy. Tatsächlich war die Anruferin Ami, die sich erst einmal für den Anruf zu später Stunde entschuldigte. Ami hatte Sakura ganz vergessen und brachte sie deshalb auf den neuesten Stand. Tatsächlich berichtete Ami, dass die Zeitungen inzwischen über die Kooperation berichteten, nun da die Riots ja Bescheid wussten. Der Deal mit den Medien war allerdings, dass sie keine Details schreiben durften. «Da gab es so ein Foto von euch!» Sakura stellte auf Lautsprecher. «Was für ein Foto?» «Na, eines von euch. Ich war ganz gerührt. Sasuke, du siehst ja wie ein richtiger Polizist aus.» Sasuke lächelte verlegen. «Ist das ein Kompliment, Ami?» «Natürlich ist es das! Von Sakura sieht man leider kein Gesicht. Ich schicke euch das Bild nachher, okay?» «Ja gerne.» Sie redeten noch ein wenig mit Ami und Sakura war überrascht, wie viel Sasuke zu dem Gespräch beitrug. Zum Abschluss übermittelte Ami ihnen noch einen Gruss von Sasukes ehemaligen Schulfreunden. Tatsächlich wurde das Geschehen hier in Konoha von halb Oto gakure verfolgt, nachdem sich die Neuigkeiten des zurückgekehrten Uchiha-Kindes herumgesprochen hatte.Sie legte erst auf, als sie in die allzu vertraute Strasse einbogen, an der ihr Block stand. Gleich darauf erhielt sie eine MMS von Ami. Das Bild beinhaltete genau das, was sie vermutet hatte. Es war eines von denen die Haruka gemacht hatte. Nicht auf dem Titelblatt, jedoch als Illustration in einem Bericht. Es waren Sasuke und sie, in enger Umarmung, im Hintergrund Polizeiwagen. Das Universitätsgebäude war nicht zu sehen. Haruka hatte die Bilder mit Absicht so geschossen, dass es keine Rückschlüsse auf Ortschaften zuliess. Als Sasuke den Motor ausschaltete, hielt sie ihm ihr Handy hin. Er musterte das Bild und schüttelte den Kopf. «Von all den Bildern, die sie hätte nehmen können.» «Ich bin auch nicht gerade begeistert. Aber Haruka wird schon ihre Gründe dafür gehabt haben. Und unsere Gesichter sieht man ja nicht.» Sie schwiegen, doch Sakura sah im Augenwinkel, dass er sie musterte. «Was ist?», fragte sie. «Nichts. Ich würde dich nur am liebsten wieder mitnehmen.» «Ich bin ja nicht lange weg.» «Aber es ist gefährlich. Klar, solange du zu Hause bist, passiert dir nichts. Aber bleib bitte zu Hause. Geh nicht einkaufen oder was weiss ich. Die Riots wissen, wer du bist.» Sein besorgter Unterton bescherte ihr eine Gänsehaut. «Möchtest du nicht… mit nach oben…», begann sie, doch er unterbrach. «Nein. Ich muss zurück Sakura und deine Tante würde vermutlich nicht gerade vor Freude in die Luft springen. Okay?» «Okay», meinte sie etwas enttäuscht. Das überhörte er natürlich nicht. Ehe sie es sich versah, hatte er sich zu ihr hinübergebeugt und geküsst. Seine Lippen waren warm und sie spürte seine Hand an ihrem Hals. «Ich liebe dich», flüsterte er. «Ich liebe dich auch.» Sie öffnete die Tür. «Bis morgen.» Sasuke fuhr nicht los, bis sie in der Eingangstür verschwunden war. Oben angekommen wurde sie von Tsunade mit einer herzhaften Umarmung begrüsst. «Ich bin so froh, dass es dir gut geht, Mäuschen. Komm, ich habe Teewasser aufgesetzt.» Es fühlte sich wunderbar an, mit ihrer Tante in ihrem kuscheligen Wohnzimmer auf der Couch zu sitzen. Sie brachte Tsunade erst einmal auf den neuesten Stand, danach plauderten sie über alles Mögliche. Sakura bemerkte die Zeitung auf dem Wohnzimmertisch und fragte sich, ob Tsunade das Bild gesehen hat. Ziemlich sicher hatte sie das. Aber da Tsunade sie nicht darauf ansprach, fragte sie auch nicht nach. Natürlich liess sie auch das hitzige Telefongespräch mit ihrer Mutter nicht aus. Bevor Sakura an diesem Abend ins Bett ging, prüfte sie noch einmal, ob sie die Tür wirklich abgeschlossen hatten. Sakura hielt sich an Sasukes Ermahnung und verliess die Wohnung am nächsten Tag nicht. Stattdessen putzte sie die Fenster, welche es bitter nötig hatten. Danach suchte sie in der Zeitung und im Internet nach Jobanzeigen, irgendetwas einfaches für Leute, die neben dem Studium jobbten oder so, jedoch schien in Konoha momentan die totale Flaute zu herrschen. Sollte sie eigentlich nicht verwundern, in Zeiten wie diesen gingen die Leute nicht mehr aus dem Haus. Und Tourismus konnte man sowieso vergessen. Nicht, dass sie jetzt mit Arbeiten hätte anfangen können, schliesslich befanden sie sich mitten im Krieg. Aber sie hatte Tsunade gegenüber ein schlechtes Gewissen. Sie wollte ihr nicht mehr dauernd auf der Tasche sitzen. Seufzend schaltete sie den Laptop wieder aus. In was für einer komischen Zeit sie sich befand. Gerade mal neunzehn Jahre alt und mitten in einem Gangkrieg. Manchmal fragte sie sich, wie es die Söhne und Töchter wohlhabender Leute haben mussten. Ein sorgenfreies Leben, oder? Doch da kam ihr Tomcat in den Sinn. Reicher als der konnte man vermutlich nicht mehr werden. Ihre Gedanken gingen zurück zu dem Abend, als Tomcat vor dem Fenster des Toad’s aufgetaucht war. Was hatte er gesagt? Man könne auf verschiedene Arten ein beschissenes Leben haben. Sie musste zugeben, der junge Mann interessierte sie. Sein Hintergrund war ihr ein Rätsel und genau deshalb hätte sie gerne mehr über ihn gewusst. Alles, was sie über ihn wusste, sprach nicht für einen Gangjungen. Falsche Freunde vielleicht? Bevor sie noch weiter darüber nachdenken konnte, vibrierte ihr Handy. Sasuke fragte, wann er sie abholen kommen sollte. Sie vereinbarten halb Acht Uhr abends. Bis dahin zog sich Sakura in ihr Zimmer zurück. Es war schon eine Weile her, dass sie hier gewesen war und ehrlich gesagt hatte sie es ziemlich vermisst. Ehe sie es sich versah, war sie eingeschlafen. Sie erwachte erst, als ihr Handy neben ihr läutete, jedoch war es nicht Sasuke, der anrief. «Cherry!», brüllte Ino ihr ins Ohr. «Ino, was ist?» «Komm sofort zur Uni!» «Warum?» «Die haben schon losgelegt! Wie Sasuke es vermutet hat!» Sakura verstand immer noch nicht ganz. «Losgelegt?» «Der erste Kampf hat begonnen, Saku! Leider kann dich niemand abholen kommen, mit der U-Bahn solltest du sicher sein. Das Battle findet im East statt, also solltest du das gut schaffen! Aber halt dich bedeckt, ja?» «Ich komme sofort.» In ihren Schläfen pochte es. Jetzt schon?! So schnell sie konnte zog sie sich an, hinterlegte einen Zettel für Tsunade und verliess die Wohnung. Sie trug die Kapuze ihres Pullovers oben, die Haare hatte sie zusammengebunden. Sie musste sich Mühe geben, nicht bis zur U-Bahn-Station zu rennen. Jedoch wusste sie, wie wichtig es war, unauffällig zu bleiben. Und deshalb lief sie gemächlich bis zur U-Bahn-Station und wartete auf den nächsten Zug. Sie sah sich bestimmt noch fünfmal vorsichtig um, bevor sie in die Bahn einsteigen konnte. Schon auf dem Bahnsteig waren kaum Leute und im Zug sah es nicht viel anders aus. Bis zur Uni musste sie einmal umsteigen und als sie die U-Bahn-Station verliess, prüfte sie vorsichtig, ob ihr niemand gefolgt war. Sie musste schwer schlucken, als sie den Hof der Uni halb leer vorfand. Die meisten Polizeiwagen sowie einer der Krankenwagen waren ausgerückt. Hier, im blickgeschützten Hof hinter den roten Backsteinmauern der Uni, konnte sie laufen. Schon auf der Aufgangstreppe kam ihr Ino in voller Sanitätsmontur entgegen. «Saku!» Ihre Freundin fiel ihr um den Hals. «Demon und die anderen sind schon weg und meine und deine Einheit sind auf Standby. Aber so, wie ich bis jetzt gehört habe, ist da etwas Grobes im Gange.» Sakura nickte. «Lass uns reingehen, ich muss mich noch umziehen.» Im Inneren des Gebäudes herrschte gespenstische Stille. Nur aus der Kommandozentrale in einem der Hörsäle vernahm sie Stimmen. «Die Übriggebliebenen sind in der Cafeteria», informierte sie Ino noch, als Sakura schon die Treppe hochhastete. Ihren Hörsaal fand sie natürlich leer vor. Sasukes Sachen lagen wild verstreut in der Gegend herum – kaum war sie mal für einen Moment nicht da. Ihre Kleider lagen jedoch sauber gefaltet auf einem der Pulte, so wie sie sie zurückgelassen hatte. Mit dem Fuss stiess sie unter dem Schlafsack gegen etwas Hartes. Unter dem Schlafsack rollte eine Bierflasche hervor. Sie stutzte. Trank Sasuke hier? Sie fischte die Flasche vom Boden auf und stellte sie neben den Papierkorb in Zimmer, damit der Hauswart sie mitnehmen konnte. Eigentlich hätte sie sich jetzt darüber Gedanken machen sollen, wie die Flasche hierherkam, jedoch musste sie das vertagen. Sie würde Sasuke damit konfrontieren, wenn sie die passende Gelegenheit dazu bekam. Natürlich hatte sie nicht vergessen, was sie über seinen zeitweise exzessiven Alkoholkonsum gehört hatte. Da Ino noch nicht nach ihr rief, beschloss sie, noch schnell ein wenig aufzuräumen. Sie hob seinen Schlafsack und schüttelte ihn aus. Dabei fiel ihr ein zerfleddertes Stück Papier vor die Füsse. Sakura faltete es auseinander. Es war ein handschriftlich verfasster Brief und total abgegriffen. Als ob er ihn schon hunderte von Malen in den Händen gehalten hätte. Eigentlich wollte sie ihn nicht lesen. Doch dann sah sie die Unterschrift: Itachi. Und da konnte sie nicht mehr anders. Sie würde es Sasuke erklären müssen. Der sorgfältig niedergeschriebene Inhalt zerriss ihr das Herz. Das waren die letzten Worte, die Sasuke von seinem Bruder erhalten hatte. Ihr stiegen die Tränen in die Augen. Sie konnte diese unglaublich tiefe Verbundenheit der beiden Brüder richtiggehend aus dem Text herausspüren. Und der letzte Satz erklärte einiges. «P.S: Finger weg vom Alk, du hast es einfach nicht im Griff mit dem Zeug.» Er musste diesen Brief gelesen haben und da war er schwach geworden. Ach, Sasuke. «Saku! Wo bleibst du denn?! Wir haben den Befehl zum Ausrücken bekommen!» Hastig faltete sie das Papier wieder und legte es auf Sasukes Schlafsack. Dann lief sie los. Karin griff hastig nach ihrem Handy und brauchte drei Anläufe, um ihren Pin-Code richtig einzugeben. Ihre Hand zitterte regelrecht. Die Nummer der Zentrale hatte sie in der Kurzwahl gespeichert. Vor kurzem hatten sie das Update zu Crows Plan erhalten. Sie hatte sich so schnell wie möglich davonstehlen müssen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis jemand ranging. «Sniper?» «Ordnet sofort den Rückzug aller Truppen an! Sie sollen sofort von diesem Ort weg, aus den Gebäuden raus, Deckung suchen! Gleich fliegt dort alles in die Luft!» Sasuke traf den Riot mit einem rechten Haken direkt ins Gesicht, worauf er zurücktaumelte. Sarutobi hatte sie dazu angewiesen, keine tödlichen Verletzungen zu landen, wenn es möglich war. Das war nicht allzu einfach bei einem Gegenüber, der einen um jeden Preis töten wollte. Er sah die Aufregung in ihren Augen. Natürlich würde es ihnen viel bringen, wenn sie den Leader der Takas umlegten. In dieser schrägen Riot-Hierarchie würde sie das vermutlich nahe an die Spitze katapultieren. Aber so einfach konnte man ihn nicht ausschalten. Er war noch längst nicht eingerostet, ganz im Gegenteil. In ihm spürte er eine Energie aufsteigen, die ihm nur allzu bekannt vorkam. Das Adrenalin in Gangkämpfen hatte etwas von einer Droge, die jedoch nicht zum Kontrollverlust, sondern zu mehr Kraft und Präzision führte. Neben ihm schlugen sich Deidara und Hidan wacker. Die Schützen hatten sich hinter ihren Autos verschanzt und unterstützen sie. Der Nahkampf liess sich bei der Zahl an Riots nicht vermeiden. Es wäre einfacher gewesen, ein Massaker zu veranstalten und einfach zu schiessen. Aber das wollte weder Sarutobi, noch sonst jemand. Die Aggressivität ihrer Feinde war jedoch nicht zu unterschätzen. In seinen Ohren dröhnten Kampfgeschrei, Schüsse und das Geräusch von Motoren. Um sie herum standen leere Fabrikgebäude, bei denen es wenigstens nicht allzu schlimm war, wenn sie Schaden nahmen. Eigentlich war es ihr Auftrag, die Riot-Schützen innerhalb der Fabrikgebäude auszuschalten, doch die Zahl ihrer Feinde war nicht zu unterschätzen. Crow hatte sich eine Armee aufgebaut, anders konnte man das gar nicht ausdrücken. Und mit seinen hirnrissigen Plänen meinte er es todernst. Sasuke trat die morsche Tür auf. Sie war von innen verbarrikadiert worden, weshalb sie sich gemeinsam dagegenstemmen mussten, damit sie durchkamen. Karin hatte ihm vor gut zwei Stunden gesimst, was genau ihr Auftrag war. Leider hatten sich seine Vermutungen bestätigt – Crow gab seinen Leuten nie seinen ganzen Plan preis, sondern immer nur die Aufgaben der jeweiligen Truppen. Wie auch immer er ihnen das verkaufte, es schien zu funktionieren. Und was genau der Sinn der heutigen Aktion war, wusste Sasuke beim besten Willen nicht. Hinter ihm waren Kiba und Deidara, gefolgt von Ukon, Sakon und Tayuya. Sie bewegten sich in kleinen Gruppen, um möglichst wenig Aufsehen zu erregen. Sie befanden sich in einem Gebäude links vom Kampfschauplatz. Hidan und einige andere hatten das rechte übernommen. Es war eine alte Einstellhalle, ein hoher Raum mit allerlei Gerümpel. Die einzige Schutzmöglichkeit boten die Säulen, welche die Decke trugen. Die Geräusche von draussen waren hier nur noch gedämpft wahrzunehmen. Ansonsten war es gespenstisch ruhig im Raum. Sasuke drehte sich zu seinen Leuten um und wies mit dem Finger nach oben. Die andere verstanden. Vorsichtig schlichen sie sich durch die Halle. Sie blieben natürlich nicht lange unentdeckt. Sasuke nahm die Riots bereits wahr, als diese sie erst entdeckten. Sie zückten ihre Messer und der Kampf ging los. Es waren nur vier, allesamt nicht gerade allzu stark im Nahkampf. Sie schafften es, sie ohne Verletzungen zu überwältigen, fesselten sie mit herumliegenden Gegenständen wie Seilen und Kabelbinder aneinander. Ukon blieb hier, um ein Auge auf den Eingang und ihre Gefangenen zu haben. «Verräter! Verbündet euch mit den Cops!» Einer der Riots spuckte Kiba vor die Füsse. Ukon, trat ihm gegen den Schädel, sodass er das Bewusstsein verlor. Sasuke bedachte seinen Outer mit einem tadelnden Blick. «Was? Er lebt ja noch. Müssen wir uns doch nicht von denen gefallen lassen!», war seine trotzige Antwort. Und eigentlich hatte er ja recht. Kiba, Deidara und er schlichen weiter. Eine Treppe aus abgewetztem Beton führte in die oberen Stockwerke. Leider brachte Lauschen nicht wirklich viel, bis auf das Geräusch von Gewehrschüssen und Schritten in der oberen Etage. Rückschlüsse auf ihre Zahl so nicht möglich. Ihnen blieb nur eine Option: Da hochgehen und diesen verfluchten Riots davon abhalten, auf ihre Verbündeten zu schiessen. Sasuke suchte den Blickkontakt mit seinen Leuten und gab ihnen ein unmissverständliches Handzeichen. Drei, zwei, eins. Die Treppe gingen sie so leise wie möglich hoch, oben angekommen blieb ihnen nichts anders übrig, als auf Tempo zu setzen. Es waren zehn Schützen da und sie waren nur zu sechst. Doch Sasuke hatte das im Voraus mit seinen Leuten besprochen – nun setzten sie für einmal auf die Geiseltaktik. Jene Riots, die ihnen am nächsten waren, wurden innerhalb Sekunden entwaffnet und hatten ein Messer an der Kehle. «Waffen runter!», befahl er ruhig. Die anderen Vier hatten ausgehört zu schiessen und konnten nichts anderes tun, als auf diesen Befehl hin ihre Waffen niederzulegen. Es war ein Einfaches, sie zu fesseln. Sasuke stutzte. Das war zu einfach gewesen. Viel zu einfach. «Was hat Crow für einen Plan?», fragte er seine Geisel, der er immer noch die Kante seines Messers an den Hals drückte. «Wir wissen es nicht!», stiess der Riot hervor. «Wir haben nur den Auftrag bekommen, zu schiessen.» Er hatte es vermutet. Jedoch war es ein Versucht wert gewesen. «Crow führt sogar seine eigenen Leute an der Nase herum. Nichts als armselige Handlanger seid ihr.» Plötzlich meldete sich die Kommandozentrale in seinem Ohr. Er hatte ganz vergessen, dass nun Technologien wie diese Ohr-Walkie-Talkies zur Verfügung hatten. «Alle Truppen: Sofortiger Rückzug! Aus den Gebäuden raus und in Deckung! Ich wiederhole: Alle Truppen, sofortiger Rückzug! Aus den Gebäuden raus und in Deckung!» In Sasuke stieg ein ungutes Gefühl auf. Viel zu einfach war es gewesen. Sein Gefühl hatte recht behalten. Er brauchte keine weitere Erklärung – Karin und Suigetsu mussten mehr Details erfahren haben. «Raus hier! Alle raus!», brüllte er noch, bevor der erste Sprengsatz gezündet wurde. Eine halbe Stunde zuvor. Sakura hatte Sanae dazu angewiesen, sich in einer Seitengasse etwas abseits zu positionieren. Ihren Standort gaben sie per Funk an die Zentrale weiter. Sakura hatte davon abgeraten, zu nahe an das Kampfgeschehen heranzugehen, stattdessen die Verletzten aufzusuchen oder sie von anderen bringen zu lassen. Bisher funktionierte das gut. Gerade verband sie Soras Arm. Ihn hatte sie schon lange nicht mehr gesehen, was auch für viele andere Outers galt. Er hatte einen Streifschuss abbekommen und die Wunde hatte ziemlich heftig geblutet. «Du scheinst ziemlich versiert mit solchen Verletzungen zu sein, Sakura», meinte Aoi anerkennend, die selber eine Outer-Kurama verarztete. «Wo hast du das gelernt?» Sakura schmunzelte. «Learning by doing, vermutlich. Meine Tante ist Krankenschwester und unsere Gangärztin hat mir auch viel beigebracht.» «Gangärztin?» Kenta musste trotz ihrer angespannten Situation lachen. «Ihr hab eine Gangärztin?» Sakura grinste zurück. «Sogar mehrere. Wir sind gut vernetzt.» «Ich hätte nie gedacht, dass ihr so ein ausgeklügeltes System hat. Jeder scheint genau zu wissen, welche Funktion er hat und was zu tun ist. Es sind so komplexe Abläufe, die ganz selbstverständlich von Statten gehen – Wahnsinn», meinte er beeindruckt. «Ich bin froh, habe ich mich für diese Aufgabe hier gemeldet. Muss ich ehrlich sagen. Ich sehe euch Gangs längst nicht mehr im gleichen Licht, wie noch vor ein paar Monaten.» «Das ist wirklich schön zu hören.» Sakura tat sie Ablenkung durch die Gespräche gut. Ihre Gedanken fanden immer wieder ihren Weg auf das Schlachtfeld auf dem Platz zwischen den verwahrlosten Gebäuden. Das Kurama-HQ war nur fünf Minuten von hier entfernt. Naruto, Shika, Temari und all die anderen hatte sie schon seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gesehen. Hoffentlich ging es ihnen allen gut. Fleissig verarzteten sie weiter, bis es auf einmal lauter als gewöhnlich an die Tür des Krankenwagens klopfte. Sakura spähte hinaus und erkannte Gaara. Schnell riss sie die Tür auf. «Gaara!» «Hey, Cherry! Ich brauche deine Hilfe! Habe da vorne jemand, der unmöglich laufen kann. Links und rechts angeschossen. Wir können sie nicht tragen, sie ist echt schlimm dran.» Er keuchte. Er hatte eine kleine Platzwunde am Kopf, die über seine Wange geblutet hatte, seine Kleider waren schmutzig vom Strassenstaub und Blut. Sakura wechselte einen Blick mit Kenta. Eigentlich war es ihr Auftrag, sich nicht zu weit vom Krankenwagen wegzubewegen. Jedoch brauchte da draussen jemand ihre Hilfe. «Wie weit entfernt?», fragte Kenta. «Zwei Gehminuten von hier!» Kenta schnappte sich die Krankenbahre und sprang aus dem Wagen. «Los geht es, Sakura. Ich folge dir.» «Sind noch mehr Leute da, Gaara?», fragte Sakura. Sie wollte niemanden unnötig der Todesgefahr aussetzen. Kenta war in diesen ganzen Gangkrieg nicht involviert, sie wollte nicht, dass er Schaden nahm. «Um die Ecke sind Lee und noch ein Outer.» «Dann gebt uns Deckung», wies sie an und half Kenta, die Bahre zu schieben. Da sie rannten, schafften sie es unter zwei Minuten um die Häuserecken, wo die Verwundete lag, versteckt hinter zwei Mülltonnen. Sie sah übel aus – es war Matsuri, ein junges Outer-Mädchen. Kenta und Sakura nahmen sich sofort den Wunden an, die am übelsten bluten. Sie hatte insgesamt drei Kugeln erwischt, wenigstens waren keine lebensgefährlichen Stellen betroffen. Sie weinte und unterdrückte einen Schrei, als sie gemeinsam und möglichst vorsichtig auf die Trage legten. «Alles wird gut, Matsuri.» Sakura streichelte sanft ihr weiches, braunes Haar. Sie war achtzehn Jahre alt und Sakura kannte sie nur als kleinen Sonnenschein. «Wir bringen dich ins Krankenhaus.» «Der Riot war echt verrückt. Er hat sie absichtlich dreimal angeschossen und nicht nach dem ersten aufgehört. Ich habe…», Gaaras Blick wanderte zu Kenta, der mit Matsuri beschäftigt war. «Ich habe ihn ausgeschaltet.» Sakura wusste was das bedeutete. Sie wusste nicht, ob Gaara in absichtlich umgebracht hatte oder nicht. Für sie spielte das im Moment auch keine Rolle. Auf dem Weg zum Krankenwagen gab es keine Zwischenfälle. Doch als sie Matsuri sicher in den Wagen gehoben hatten, hörte sie es. Es war ein ohrenbetäubendes Knallen – es kam ihr nur allzu vertraut vor. Bilder von Drop Down schossen ihr durch den Kopf. Da waren Sprengsätze gezündet worden. Und nicht von der Polizei. Die anderen waren gleichermassen geschockt. Noch ein Knall. Über den Dächern stieg Rauch auf. Zwei Minuten zuvor. Crow stand auf dem Dach des Hochhauses und beobachtete das Geschehen aus angenehmer Entfernung. In seinem Blick lag eine Zufriedenheit, die nicht wirklich in die Situation hineinpasste. Seine Leute waren zurückgedrängt worden, so wie er es erwartet hatte. Vor einer halben Minute hatte er seinen Leuten den Befehl zum Rückzug gegeben und er war amüsiert, wie einfach sein Plan aufging. Den Sprengstoff hatten sie nicht mit einkalkuliert. Nun gut, wie hätten sie das auch ahnen können? Oro konnte solches Zeug im Normalfall gar nicht beschaffen, schon gar nicht, wenn er irgendwo im nirgendwo auf der Flucht war. Und wenn er doch davon hatte, war es verflucht teuer. Aber an Geld fehlte es gewissen Gangmitgliedern nicht. Und Oro war mehr als nur erfreut gewesen, wieder mit ihnen Geschäfte zu machen, auch wenn sie über eine weitere Distanz stattfinden mussten. In der Hand hielt er das kleine, machtvolle Gerät. Gleich würde der Druck auf dieses winzige Knöpfchen eine riesige Explosion auslösen. Nachdem man ihm viele seiner Mitglieder genommen hatte, musste er wieder zu bewährteren Methoden greifen. Tricksen, täuschen und Sachen in die Luft jagen. Es war vielleicht nicht besonders stilvoll, aber effektiv. Sollte nur die ganze Stadt wissen, dass er keine Scherze machte. Das Fake-Manöver hatte ihm einige Verluste eingebracht. Und die Explosionen – nun er musste sie früher einleiten, als er gedacht hatte. Blieb zu hoffen, dass es alle Riots rechtzeitig rauschafften. Aber wenn er noch länger wartete, entkamen zu viele seiner Gegner und die Aktion wäre für die Katz gewesen. Es war ein Krieg und er musste das Ziel vor Augen haben. Jenes Ziel, auf das jeder einzelne Riot hinarbeitete und bereit war, alles zu geben. Er wollte eine bessere Zukunft für die Menschen, die als Abschaum galten. Sie waren keine Spielzeuge, die man einfach auf den Strassen verrecken lassen konnte, während man selbst ein privilegiertes Leben führte. Zu lange waren die Stimmen der vermeintlich Schwächeren unterdrückt worden. Nur war nicht bedacht worden, dass sie überhaupt nicht schwächer waren. Sie hatten durchaus Mittel und Wege, jedoch waren sie radikal. Und jetzt, nachdem nie etwas für die Randständigen getan worden war, kamen sie zum Einsatz. Er wusste, dass es ein moralisch fragwürdiger Weg war. Er wusste, dass auf diese Weise Blut vergossen werden musste. Aber er wusste auch, dass es der einzige Weg war. Das war der Moment, in dem dunkle Erinnerungen in Ayato Kirishimas Bewusstsein drangen. Er spürte den Knopf unter seinem Daumen, als Gesichter an ihm vorbeizogen, die er so verabscheute. Die Gesichter all seiner Peiniger vor seinem geistigen Auge machten es ihm leicht, den Knopf zu drücken. Er setze sich seine Sonnenbrille auf die Nase und ging in Richtung Treppenhaus, als die erste Detonation erfolgte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)