Konoha Gangs II: Game On von ximi (Das Spiel hat gerade erst begonnen) ================================================================================ Kapitel 24: Der Mut, nicht aufzugeben ------------------------------------- «Und denken Sie, dass ‘im Leben Pech haben’, wie Sie es nennen, Überfälle auf Zivilisten und Zivilistinnen wie Mrs. Kato rechtfertigen?» Inzwischen sah Sakamoto nicht mehr ganz so unberührt aus. Sein angesäuerter Blick erinnerte sie ein wenig an den von Commodus aus dem Film ‘Gladiator’, wenn er für einen Gladiator den Daumen nach unten gab. Ein bisschen, wie wenn es ihn nerven würde, er sich aber trotzdem irgendwie zu schade dafür war, wirklich sauer zu werden. «Natürlich nicht.» Sakura lehnte sich leicht zurück. Jetzt war es an der Zeit, die Wahrheit zu sagen, auch wenn das von der Bevölkerung als blosse Behauptung aufgefasst würde. «Diese Überfälle von denen Sie sprechen, wurden weder von den Kurama Foxes, noch von den Taka Snakes verübt.» Einen Moment war es still. Von aussen musste es kaum sichtbar sein, aber in Sakamotos Augen sah sie für den Bruchteil einer Sekunde Wut aufflammen. «Und von wem haben Sie diese Informationen?» «Aus erster Hand von den Betroffenen.» Sakamoto hat ein fast unsichtbares Lächeln im Gesicht. «Natürlich würden das ihre Freunde behaupten. Ist noch selten ein Verbrecher freiwillig zu seinem Vergehen gestanden.» Der Mann hatte etwas Einschüchterndes an sich und Sakura kämpfte mit dem Drang, klein beizugeben. Wenn Sakamoto schon so schlimm war, wie musste es dann erst mit Momochi sein? Sakura versuchte, sachlich zu bleiben. «Dann möchte ich Ihnen jetzt einmal etwas sagen: Wie Sie wissen hat man an den Tatorten oft eindeutige Hinweise für ein Verbrechen seitens der beiden Gangs gefunden, Dinge wie Graffiti mit ihrem Bandensymbol und Ähnliches. Es sieht definitiv so aus, als wollten die Verbrecher, dass man weiss, wer dieser Überfall begangen hat. Wenn die Kuramas und Takas also eindeutige Hinweise hinterlassen würden, warum sollten sie es denn abstreiten?» Sakamoto holte Luft, um etwas zu entgegnen, aber Sakura kam ihm zuvor. «Gangs arbeiten strategisch, Mr. Sakamoto. Sie tun nicht nur einfach irgendwas um Radau zu machen. Sie haben sehr wohl einen Plan und den hatten die Jaguar Riots auch. Gibt ja nichts Einfacheres, als jemandem so etwas mit ein paar Graffiti in die Schuhe zu schieben.» Am liebsten hätte sie die Kooperation der Polizei mit den Riots erwähnt. Aber für so eine Anschuldigung glaubten ihr die Leute zu wenig und Sakamoto wüsste schon etwas zu erwidern, da war sie sich sicher. Er ging garantiert davon aus, dass sie von der Sache wusste. «Dann wollen Sie sagen, dass die beiden anderen Gangs an all der Unruhe unschuldig sind?» Seine Frage war bissig. Fieser hätte sie kaum sein können. Denn hier etwas Gegenteiliges zu behaupten wäre schlichtweg gelogen. «Nein, das will ich damit nicht sagen. Die Gangs sind bestimmt alle drei an der Unruhe beteiligt. Ich möchte nur klarstellen, dass weder die Foxes noch die Snakes absichtlich Zivilisten schädigen oder zum Beispiel Mrs. Katos Tankstelle überfallen.» Sie wandte sich an die Kamera. «Die Gangs wollen der Bevölkerung von Konoha nicht schaden, das müssen Sie wissen. Wenn es Überfälle gibt, dann waren das weder die Snakes noch die Foxes.» Haruka mischte sich ein, bevor Sakamoto noch irgendwas sagen konnte. «Möchten Sie diese Aussage vielleicht noch kommentieren, Mrs. Kato?» Manami Kato wirkte etwas verwirrt. «Ich kann dazu leider nicht viel sagen. Ich weiss nur, dass in meiner Tankstelle ein grosses Schlangensymbol an die Fensterscheibe geschmiert worden ist.» Haruka nickte. «Nun, was genau nun richtig ist oder falsch, werden wir wohl hier und heute nicht endgültig festlegen können. Mr. Inoue, finden Sie die Verhaftung der beiden Gang-Leader eine angemessene Strafe?» Inoue lehnte sich zurück und lächelte. «Das ist eine sehr schwierige Frage. Dazu müsste ich diese jungen Leute besser kennen. Ich weiss nicht, welche gesetzeswidrigen Taten sie begangen haben und noch wichtiger kenne ich die Beweggründe dazu nicht wirklich. Aber so wie Miss Haruno das schildert, scheint es schon einige Gründe zu geben. Womit ich grundsätzlich nicht einverstanden bin ist, dass man das Problem als gelöst betrachtet, sobald sie hinter Gittern sind.» Das war eine gute Äusserung gewesen. Sakura mochte diesen Inoue von Minute zu Minute mehr. «Gesetz ist Gesetz und wer gegen eines verstösst, der muss dafür geradestehen. Die Betroffenen können nichts dafür, dass die Gangs keine schöne Kindheit hatten.» Sakamoto schien sich inzwischen wirklich zu nerven und Sakura fragte sich, wie man überhaupt so kaltherzig und gefühllos werden konnte. Das mit den Gesetzten stimmte, aber diese letzte Bemerkung und sein verharmlosender Tonfall dabei zeigten, dass er das Problem überhaupt nicht als eines erkannte oder sogar erkennen wollte. «Hat denn nun Miss Haruno nicht gerade gesagt, dass sie die Schuld der Takas und Kuramas an den Überfällen infrage stellt?» Inoue blieb ganz ruhig und Sakura wurde das Gefühl nicht los, dass ihn diese ganze Sache hier ziemlich amüsierte. Sakura hatte das ganze Gespräch lang nur auf etwas gewartet. Sakamoto musste doch früher oder später die Entführung von Moegi und dem kleinen Jungen zum Thema machen. Es war von den Medien so an die grosse Glocke gehängt worden und mindestens eine Woche lang Titelseitenthema jeder Zeitung gewesen. Man sah es als das Verbrechen an, welches das war. Jedoch wusste er haargenau, welche Schuld die Kuramas und Takas daran trugen – nämlich keine. Die Möglichkeit, dass Sakura das auch noch anzweifeln könnte, schien ihm nicht zu gefallen. Aber es würde für ganz Konoha komisch wirken, wenn er sich dazu einfach in Schweigen hüllen würde. Und tatsächlich, dies war der Moment, an dem Sakamoto etwas sagen musste. «Miss Haruno mag das alles anzweifeln, ich sehe das. Jedoch kann nicht angezweifelt werden, dass die Kurama Foxes und die Taka Snakes gemeinsam zwei Kinder entführt und misshandelt haben.» «Und warum genau sollten sie diese Kinder entführt haben? Was denken Sie, hätten sie damit beabsichtigen wollen?» Die Frage war ihr einfach so rausgerutscht, aber das war schon gut so. Hatten sie sich überhaupt einen Grund dazu überlegt, damit ihre Lüge aufging? Sakamoto fixierte sie mit ihrem Blick. In seinen Augen konnte sie einen spöttischen Schimmer erkennen. «Nun die Gangs wollten damit die Jaguar Riots aus der Reserve locken. Dafür ist ihnen jedes Mittel recht, jedoch haben sie die Rechnung nicht mit uns gemacht. Uns ist sofort aufgefallen, dass viele Motorräder unterwegs waren und so haben wir die Fährte aufgenommen. So gut im strategischen Vorgehen sind sie wohl doch nicht.» Einige Leute im Publikum lachten über seinen lahmen Witz, was Sakura nur noch mehr anspornte. «Und wo waren die Jaguar Riots bei der Sache? Warum haben Sie nicht einfach darauf gewartet, dass sie auch bei der Stelle aufkreuzten, an denen die Takas und Kuramas ihrer Meinung nach warteten?» «Würde mich auch interessieren», meinte Inoue und überschlug ganz gemütlich die Beine. Mit Sakamoto hatte man schon den richtigen Polizeivertreter ausgewählt, das musste sie zugeben. Er blieb ruhig und wirkte immer noch überzeugend. Wenn sie es nicht besser wüsste, würde sie ihm es wohl sogar abkaufen. «Die Jaguar Riots sind nicht aufgetaucht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie gekommen wären, aber das Polizeiaufgebot hat sie vermutlich misstrauisch werden lassen. Waren wohl etwas überlegter als die Kuramas und Takas. Sieht man auch daran, wessen Leader bereits im Gefängnis sitzt.» Brandschwarz log er eine ganze Stadt an und verzog dabei nicht einmal einen Mundwinkel. Und dann strich er auch noch die Riots als die intelligentere Gang hervor, ohne dass er dabei irgendwie seine professionelle Attitüde vernachlässigte. «Haben Sie denn nicht damit gerechnet, dass die Riots in der Nähe sein müssen? Sie hätten sie doch bestimmt verfolgen können bei dem grossen Aufgebot.» «Miss Haruno, wir hatten alle Hände voll damit zu tun, die Kuramas und Takas zu verfolgen. Manchmal müssen Prioritäten gesetzt werden.» «Und warum haben sie dann nur die Leader der beiden Gangs dingfest machen können?» Ein leises Raunen ging durch das Publikum. Ja, sie wollte ihn herausfordern, auch wenn er sich niemals verraten würde. Aber er sollte sehen, dass sie nicht nur ein dummes Schulmädchen war. «Ich weiss nicht ob Ihnen bewusst ist, was ihre ‘Freunde’ für Menschen sind, Miss Haruno, aber sie kennen keine Grenzen. Sie waren zu allem bereit und wir brauchten unsere vereinten Kräfte um diese beiden jungen Männer zu fangen, bevor wir den anderen hinterherjagen konnten.» Ein Bild, welches sie nur allzu gut kannte, schoss ihr durch den Kopf. Sasuke, Naruto in der BZ hilflos darauf wartend, dass man ihnen den Kopf mit unnötiger Brutalität zu Boden drückte. Alles, damit die Kinder keinen Schaden nahmen. Und dieser Polizeityp liess sie dastehend wie Bestien, die hinter Gitter gehörten. «Na, ich hätte gerne ein wenig mehr von dem massiven Polizeiaufgebot gesehen, das Polizeipräsident Momochi versprochen hat.» Inoue schmunzelte und Sakamoto schien langsam aber sicher keine Lust mehr auf das Gespräch zu haben. «Von heute auf morgen können wir das Problem selbstverständlich nicht lösen. Verstehen Sie mich nicht falsch, aber ich möchte hier etwas klären. Miss Haruno, denken sie wirklich, dass sie in dieser ganzen Sache objektiv sind?» Sakamoto sah sie prüfend an. «Ich denke nämlich, dass Sie das nicht können, was auch sehr verständlich ist.» Sakura musste sich zusammenreissen, um nicht unüberlegt zu antworten. Jetzt wollte er sie wieder wie ein naives Mädchen dastehen lassen, das nicht klar denken konnte. «Nein, ich bin natürlich nicht objektiv, Mr. Sakamoto. Ich denke, das ist der Grund, warum ich hier bin. Gerade weil ich nicht objektiv bin kann ich Ihnen diese andere Seite aufzeigen, die so schnell übersehen wird. Ich habe keine andere Intention als ein wenig Klarheit zu schaffen und einmal für die Leute zu reden, die Sie nie zu Wort kommen lassen.» Er holte bereits Luft, deshalb fügte sie schnell an: «Zudem kommt es mir vor, als seien Sie ebenfalls nicht objektiv, denn sie schauen sich die Sache auch nur von ihrer Seite aus an.» Sie bekam ein zustimmendes Klatschen von einigen Leuten aus dem Publikum. «Nun, dann fragen wir doch jemand Objektiven», meinte Haruka und wandte sich an Inoue. «Mr. Inoue, sie haben einen neutralen Blickwinkel. Was sagen sie dazu?» Inoue nickte. «Nun ich bin genauso der Meinung, dass Gesetze dazu da sind, befolgt zu werden. Aber ich muss Ihnen sagen, dass diese junge Frau hier einen Punkt hat und zwar nicht nur irgendeinen: Sie spricht Probleme an, die in dieser Stadt schon viel zu lange unter den Teppich geschoben werden. Konoha ist sozial sehr schwach, das wissen die meisten. Und mit diesem Fokus auf radikale Verbrechensbekämpfung bringt uns das in dieser Hinsicht nicht weiter. All diese jungen Frauen und Männer haben Potenzial, warum nicht dieses Potenzial nutzen? Warum nicht endlich mal hinsehen, hin zu dem Elend, den Strassenkindern, der Armut? Warum denkt man, dass Gangs wegsperren uns wieder zu einer glücklichen Stadt macht? Kriminalität, Armut, all das gibt es so lange, bis die sozialen Probleme gelöst werden. Und das soll uns allen endlich mal klar werden. Anstatt einander mit Verachtung zu begegnen könnten wir einander doch auch einfach mal helfen? Kann doch nicht so schwer sein. Und deshalb finde ich, muss das Problem anders angegangen werden. Denn ich sage ihnen etwas: Wenn das so weitergeht, wird Konoha sich nur noch zum Schlimmeren entwickeln. Und dann wird es weder für die Polizei, noch für mich, noch für Sie alle da draussen schön werden. Machen Sie die Augen auf und schieben sie nicht jedes Problem auf eine Gruppe junger Leute, die in diesem Sumpf aufgewachsen sind.» Während Sakura noch ganz hingenommen von seinen treffenden Worten war, setzte Haruka ein und richtete sich dabei an das Publikum und die Kameras. «Ich denke, wir haben hier ein gutes Schlussstatement von Mr. Inoue erhalten. Wie Sie vielleicht bemerkt haben, sind wir hier noch nicht am Ende der Fahnenstange angelangt und es gibt noch einiges zu bereden. Also liebes Publikum, schalten sie auch nächsten Freitag wieder ein zum Thema ‘Konoha und seine Gangs’. Ich bedanke mich herzlich bei meinen Gesprächsgästen für die angeregte Diskussion und wünsche Ihnen einen schönen Abend.» Irgendjemand rief, dass die Kamera aus ist und Sakura spürte, wie sich die Muskeln ihres Körpers nach und nach entspannten. Verrückt, einfach verrückt, was sie da gemacht hatte.   Sasuke schlief schlecht. Das war schon seit einem halben Jahr so. Manchmal konnte er nicht einschlafen, manchmal wachte er ständig wieder auf und des Öfteren quälten ihn Albträume. Diese Nacht war es anders. Nein, es lag nicht an Big Fox’ Schnarchen auf dem Stockbett über ihm. Er konnte nicht einschlafen, jedoch wusste er genau warum. Er fühlte sich gut. Das mochte sich sehr seltsam anhören, aber es entsprach der Wahrheit. Seine ganze Situation war beschissen, sein Leben machte nicht wirklich Sinn und er würde seine jungen Jahre in dieser Anstalt zubringen. Trotzdem spürte er diese sonderbare Wärme im Herzen. In seinem Kopf hörte er immer noch Sakuras Stimme, sah ihre klugen Augen, wie sie mit ihnen diesen Sakamoto durchschaute, so wie sie auch ihn selbst immer durchschaut hatte. Er sah, wie sie ihre Fussspitzen aus Nervosität kaum merklich hin und her bewegte. Wie sie subtil lächelte, als Inoue sie unterstützte. Er wusste, wie viel Überwindung sie das gekostet haben musste, sie mochte das Rampenlicht genauso wenig, wie er. Aber sie war hingegangen, der Gangs wegen, und hatte einen beeindruckenden Auftritt hingelegt. Gerade mal neunzehn und bereits so klug und stark. Dieser klare Blick auf die Welt, diese Reife. Sie war so viel mehr als das kleine Mädchen, welches Sakamoto aus ihr heraus zu kitzeln versucht hatte. Normalerweise mochte er es nicht, wenn jemand ihn zu beschützen versuchte. Itachi war der Einzige gewesen, der das durfte oder bessergesagt einfach getan hatte. Sakura tat in diesem Moment genau dasselbe auf ihre Art, aber es störte ihn nicht. Im Gegenteil, er war so froh. So froh, dass sie ihn immer noch als guten Menschen sehen konnte, ganz egal, was er in seinem Leben getan hatte. Und dass sie alle anderen auch beschützen und der Welt mitteilen wollte, wer sie wirklich waren. Er wünschte, sie wäre jetzt hier. Egal wo, egal unter welchen Umständen, sein Leben hatte immer so viel Sinn gemacht, wenn sie bei ihm gewesen war. Er erinnerte sich an Itachis Brief, der jetzt immer noch unter der Matratze seines Bettes im HQ lag. Sasuke, du würdest es niemals zugeben, aber da gibt es mehr, was du willst. Du weisst wovon ich rede, Freundchen.   Natürlich hatte er tief innen drin gewusst, was Itachi damit meinte. Aber er hatte diesen Gedanken nie an sich herangelassen, bis jetzt. Denn hier, in der Zelle 203 in Block B der Strafvollzugsanstalt von Konohagakure, war es ihm sonnenklar: Er wollte ein Leben, das Sinn machte, ein Leben, auf das er zurückblicken konnte, ohne sich dabei schlecht zu fühlen. Ein Leben, in dem er und seine Mitmenschen zufrieden waren. War das denn zu viel verlangt? Vermutlich. Aber zum ersten Mal seit Jahren spürte er so etwas Hoffnung. Mit vierzig war das Leben noch nicht vorbei. Er würde irgendwo in Konoha leben und arbeiten. Er brauchte nicht viel, um zufrieden zu sein. Vielleicht würde er ab und an mit Sakuras Kindern spielen dürfen. Er mochte Kinder nämlich irgendwie schon ganz gerne, auch wenn ihm das keiner abkaufen würde. Keine Frage, er wünschte sich, dass Sakura seine Sakura bleiben würde. Aber das konnte er nicht von ihr verlangen. Zu viel schuldete er ihr, nachdem sie ihm all diese wunderbaren Momente und diese kleinen Hoffnungsschimmer geschenkt hatte. Und sie sollte glücklich sein, denn sie verdiente es.   «Das war einfach grosse Klasse, Sakura!» Beinahe erdrückte sie Ino mit ihrer Umarmung. «Du wirst berühmt!» «Blödsinn, Ino.» Sakura winkte lachend ab. «Das war eine einmalige Sache.» Jiraiya betrat das Zimmer. Seit Naruto im Gefängnis war, hatte er ständig dunkle Ringe unter den Augen. «Du solltest das nicht so unter den Teppich kehren, Sakura. Ich finde, das war eine beeindruckende Leistung.» «Danke, Jiraiya. Aber viel bewirkt hat es wahrscheinlich nicht», meinte sie. Das Zentrum der Aufmerksamkeit zu sein war ihr unangenehm. «Ehm, Sakura», meldete sich Lee aus der Ecke. «Du weisst schon, dass es in diesem Diskussionsforum von KCTV schon ziemlich die Post abgeht?» Sakura drehte überrascht den Kopf. «Was?» «Jap. Sieh es dir an!» Lee streckte ihr sein Handy mit zerkratztem Display entgegen. Und tatsächlich wurde in dem Forum eifrig über die Talkshow diskutiert. Es gab einen Haufen böse Worte für Gangs, aber auch ziemlich viele positive Kommentare. «Wow. Hätte ich echt nicht gedacht. Aber in kurzer Zeit wird das alles wieder verraucht sein.» Shino schüttelte den Kopf. «Na ich hoffe nicht. Die sollen nur wissen, was in Konoha für Mist abläuft um den sie sich nicht scheren.» «Cherry, ich find’s krass. War ja echt ein verdammt geiler Zufall, dass du diese Moderatorin auf der Strasse getroffen hast, was?» Lee lehnte sich zurück und seufzte. «Aber der Polizeityp war ja echt ein Vollidiot. Geradeaus gelogen ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.» Sakura nickte. «Der war wirklich unangenehm. So undurchschaubar und kalt auf eine ganz einschüchternde Weise. Aber Mr. Inoue hat mir zum Glück geholfen.» «Den fand ich spitze. Sitzt einfach dort und amüsiert sich und haut am Schluss noch einmal auf die Pauke», meinte Kiba dazu. «Hast du noch mit dem Polizeityp gesprochen? Nach der Sendung meine ich?» Sie schüttelte den Kopf. «Nein, er und die Frau waren ziemlich schnell verschwunden, aber mit Inoue habe ich noch ein paar Worte gewechselt. Er findet die ganze Gangsache wahnsinnig interessant.» «Was ist er? Soziologe? Klingt langweilig. Der braucht Nervenkitzel, deshalb findet er uns interessant.» Kiba zupfte Akamaru ein paar Haare vom verbleibenden Winterfell aus. Jiraiya verdrehte die Augen. «Wegen deinem Köter ist in meiner Wohnung alles voller Haare! Sogar unten auf dem Tresen habe ich vorher ein paar gefunden! Wie kommen die überhaupt dorthin?» Kiba zuckte mit den Schultern. «Sorry, Fox. Ich werde sie wegmachen, wenn wir wieder ausziehen.» Die Jungs hatten es sich in dem leeren Zimmer und Jiraiyas Büro über dem Toad’s breitgemacht. Es war eng, aber damit hatte niemand ein Problem. Tsunade würde sie in einer halben Stunde abholen kommen. Nach diesem Auftritt im Fernsehen mache sie sich furchtbare Sorgen um ihre Nichte. Immerhin hatte sie sich öffentlich über ihre Kontakte mit Gangs geäussert und besonders die Riots könnten das interessant finden. «Wo sind eigentlich die Outers hin?», fragte Sakura. Shikamaru seufzte. «Das ist mein grösstes Problem im Moment. Ich habe keine Ahnung, wo man so viele Menschen auf einmal unterbringen könnte. Ich meine, es sind an die vierzig. Und die Aussenquartiere sind nicht besser versteckt, als das HQ. Sora hat mir schon gesagt, dass wir uns nicht zu sorgen brauchen, aber ich bin immerhin der Übergangs-Leader und habe die Verantwortung. Naruto wäre bestimmt längst etwas eingefallen.» «Wisst ihr denn, wie es die Takas machen?» «Soviel ich weiss, haben die dasselbe Problem. Inners sind alle irgendwo versorgt und die Outers sind einfach zu viele.» Meinte Choji und griff in die Chipstüte. «Genius, wie gesagt, in meinem Keller gibt es noch Platz, aber höchstens für zehn, wenn sie ein wenig zusammenrücken…», erinnerte Jiraiya Shikamaru. «Zehn wären schon mal ein netter Anfang. Aber die können ja auch nicht immer in deinem Keller bleiben.» Sakura tat es weh, Shikamaru so zu sehen. Er war derjenige, der immer einen kugelsicheren Plan für alles gehabt hatte. Naruto war immer impulsiver gewesen und manchmal hatte sie das tatsächlich schnell ans Ziel gebracht. Shikamarus Pläne waren immer von einem ganz anderen Kaliber gewesen. Aber er hasste es, wenn er keine Kontrolle hatte. «Ich gebe Sora Bescheid, dass es hier Platz gibt», meinte er nur und verschwand aus dem Zimmer. Als er weg war meinte Sai: «Er ist völlig fertig. Dabei ist es fast ein Ding der Unmöglichkeit, vierzig Leuten ein sicheres Versteck zu besorgen. Das könnte keiner von uns.» «Ich sehe mal nach ihm», meinte Ino und verliess den Raum. Ino und Shika waren schon lange sehr gute Freunde und verstanden sich ungefähr so gut, wie Naruto und sie. Sie unterhielt sich noch ein wenig mit den Jungs, bis Tsunade da war. Bevor sie sich verabschiedete reichte ihnen Kiba noch zwei grosse Kartons mit all dem Gangkram drin. «Tragt Sorge, ja? Das sind unsere Schatzkisten.» Sakura lächelte etwas traurig. «Wir passen darauf auf. Versprochen. Wenn Tsunade nicht wie ein Henker fährt, dann haben die Kartons vielleicht eine Chance heil anzukommen.» «Sakura!», rief Tsunade empört. «Und so etwas muss ich mir von meiner frechen Nichte gefallen lassen, Jiraiya.» Der lachte nur. «Du hast auf sie abgefärbt, Tsuna!» Tsunade schnaubte und starrte Jiraiya böse an. Es war das typische Gekeife der beiden. Und ernst meinten sie es selten. «Macht’s gut!», verabschiedete sich Sakura von den anderen. «Tschüss Cherry! Und hey, geh nicht mehr alleine von Haus, ja? Kannst uns anrufen, wenn du irgendwo hinwillst, aber du solltest nie ohne Begleitung sein. Wer weiss, ob die Riots nicht was aushecken, jetzt wo sie dich im Fernsehen gesehen haben», sagte Choji. «Das ist richtig. Du bist für sie eine potenzielle Gefahr, weil du mehr weisst.» Sai sah nachdenklich aus. Sakura hatte nicht damit gerechnet, dass die Sache dieses Ausmass annehmen würde, aber sie hätte es sich ja denken können. «Alles klar. Tsunade hat mir das bereits eingeschärft.» Ino und Shikamaru waren noch nicht zurück, deshalb liess sie ihnen einen Gruss ausrichten. Das nächtliche Konoha hatte eine fast schon beruhigende Wirkung auf sie, als sie mit Tsunades altem Fiat durch die Strassen fuhren. Nach diesem langen Tag fühlte sie sich müde, wirklich müde. Ihre Gedanken gingen zu Sasuke. Himmel, wie sie ihn vermisste. Vielleicht hatten Naruto und er sie auch im Fernsehen gesehen? Aber sie fühlte sich für einmal nicht völlig verzweifelt, wenn sie an ihn dachte. Sie spürte so etwas wie Hoffnung, auch wenn sie nicht besonders gross war. Doch der Gedanke, dass es Leute gab, die die Geschehnisse in Konoha nicht in Ordnung fanden, tat unglaublich gut. Sie hätte so gerne mit Sasuke gesprochen und ihm von allem erzählt. Er hätte sein typisches Grinsen im Gesicht gehabt und hätte ihr gesagt, dass die das wirklich toll gemacht habe. Alles wäre in Ordnung, wenn er bei ihr wäre. Jetzt war er nicht da. Doch zu Hause würde sie zum hundertsten Mal seinen Brief lesen. Dieser Brief vermittelte ihr das Gefühl, ein Stück von ihm bei sich zu tragen. Manchmal erzählte sie ihm vor dem Einschlafen ihren Tag, auch wenn er sie nicht hören konnte. Heute würde sie ihm erzählen, dass sie hoffte. Und das Gefühl der Hoffnung war ein wirklich gutes.   «Wann zur Hölle legen wir eigentlich wieder los, Boss? Mir tut vom Rumsitzen schon der Arsch weh!» «Hat dich niemand dazu gezwungen, rumzusitzen. Hättest ja was Sinnvolles tun können. Die Garage müsste mal wieder rausgeputzt werden.» Ayato kaute an seinem Stift herum. Seit Tagen brütete er über der Stadtkarte. «Du könntest mit den anderen rausgehen und nach Schlangen und Füchsen Ausschau halten.» «Können wir nicht mal wieder was überfallen?» Ayato schüttelte den Kopf. «Jetzt wo uns Pink Lady angeschwärzt hat, wäre das keine kluge Idee. Aber unsere Zeit wird schon wieder kommen.» «Wenn du meinst. Aber heute hat mir Tomcat gesagt, die Kuramas und Takas seien wie vom Erdboden verschluckt», meinte der andere gelangweilt. «Na, ist doch gut oder nicht? Wenn sie von selber wegbleiben ist das ja umso besser. Ihre Zeit ist vorbei.» Er stand auf. Es war schon verrückt, welch eine Art von Leader Ayato «Crow» Kirishima war. Ganz anders als Naruto, Ganz anders als Demon. Aber nicht weniger stark und gerissen. Sie hatten ihn und die Stärke seiner Gang lange unterschätzt. Die Riots waren so viele, sie kannte längst nicht alle. Die Namen der Inners konnte sie sich inzwischen merken. Und die des Kerns sowieso. Waren ja nur fünf. Aber die waren von allem am gefährlichsten. Sie zogen die Fäden. Hinata sass auf ihrem Bett im zweiten Stock, aber die Tür stand offen und sie hörte alles, was im Aufenthaltsraum gesprochen wurde. Gerade hatte sie Hanabi angerufen um mit ihr zu besprechen, was sie gerne morgen zu Mittag essen würde. Sie kochte inzwischen fast täglich für ihre Schwester. An den Nachmittagen war sie mit ihr unterwegs oder half ihr beim Lernen. Ihr Vater war zu einem wichtigen Meeting in Peking geflogen und war nun eine Woche lang nicht hier. Es tat ihm jedes Mal unendlich weh, aber die beiden Mädchen waren nun einmal auf sein Einkommen angewiesen. Das alles machte sie müde. Zum Glück konnte Hanabi ab morgen zu ihrer Tante, dann würde die Kleine wiedermal den geregelteren Tagesablauf haben, den sie so mühselig aufrechtzuerhalten versuchte. Sie liess sich rücklings aufs Bett fallen. Neben ihr lag eines von Ayatos Shirts. Er war viel ordentlicher als Naruto, aber manchmal liess auch er sein Zeug wild verstreut in der Gegend herumliegen. Das HQ hatte ziemlich wenige Fenster. Aber die Riots hatten es wirklich geschafft, dass es gemütlich geworden war. Sekunden später hörte sie Schritte auf der Treppe. Sie kannte seine Schritte gut, sie hatten einen ganz bestimmten Takt, den nur er hatte. Sie machte die Augen zu, denn sie mochte jetzt nicht reden. Als er durch die Tür kam ging er schnurstracks an ihr vorbei zum Schrank und kramte darin. «Ich weiss schon, dass du nicht schläfst, Hina. Kannst mir auch einfach sagen, wenn du mit niemandem reden willst.» Er klang nicht beleidigt. Eher so, als würde er etwas feststellen. Sie seufzte. «Wo hab ich denn das Ding…» Hinata griff nach dem grauen Shirt neben ihr und warf es ihm von hinten sanft an den Kopf. Er drehte sich um und grinste. «Wie war das mit schlafen?» Hinata setzte sich auf. «Ich habe nicht geschlafen.» «Na also.» Eine Weile war es still und er nestelte irgendwas am Etikett des Shirts herum. «Was treibt Tomcat?», fragte sie. «Machst du dir Sorgen wegen deiner Freundin? So wie ich die Takas und Kuramas kenne, werden sie sie nicht mehr alleine auf die Strasse lassen. Da kann er lange suchen.» «Könntest du deinen Leuten nicht sagen, dass sie es sein lassen sollen?» «Was?» «Sie sollen Sakura in Ruhe lassen.» Jetzt drehte er sich mit hochgezogenen Augenbrauen um. «Würde dir das helfen?» «Ja.» Er seufzte. «Okay.» Sie stand auf, ging zu ihm hin und küsste ihn sanft auf die Wange. Er sah zwar nachdenklich aus, aber lächelte dabei leicht. Sie kannte diesen Blick, konnte ihn aber nie deuten. Nur etwas wusste sie: Wenn er so aussah, war alles gut.   «Und was waren deine Eltern von Beruf, Sasuke?», fragte Naomi und strich sich eine ihrer wirren Haarsträhnen hinters Ohr. Sie sah müde aus, der Job, den sie da machte, musste ganz schön hart sein. «Mein Vater war Polizist, meine Mutter Lehrerin. Und als sie Itachi bekam, arbeitete sie nur noch Teilzeit in einer Buchhandlung.» «Und deine Eltern hiessen Mikoto und Fugaku, ist das richtig?» Er nickte. Diese Namen hatte er seit Jahren nicht mehr ausgesprochen gehört. Er dachte nicht mehr an seine Eltern. Sie waren nur noch Schatten, die er irgendwo auf den Strassen Konohas zurückgelassen hatte. «Denkst du manchmal noch an sie?» Das hier war die dritte Sitzung und inzwischen konnte er sagen, dass diese Naomi Ito ausgesprochen intelligent war. Im Laufe des Gesprächs hatte er herausgefunden, dass sie derzeit noch ihren Abschluss in Psychologie machte, was einiges erklärte. Sie las Körpersprache wie andere Zeitung. «Nicht mehr. Und wenn ich an sie denke, dann irgendwie nicht wirklich.» Die Antwort machte wenig bis gar keinen Sinn, aber Naomi nickte. «Kannst du mir das noch ein wenig genauer erklären?» Er erzählte ihr von den Schatten, die seine Eltern für ihn waren. «Es ist lange her und meine Erinnerungen daran sind verschwommen.» «Möchtest du sie denn vergessen?» Das war eine schwierige Frage. «Nicht wollen. Es ist mehr so der Lauf der Dinge. Passiert einfach. Man hat keine Zeit mehr, dauernd an sie zu denken.» «Du meinst damit, dass sie einfach in der Erinnerung verblassen, verstehe ich dich da richtig?» Er nickte. «So ziemlich das ist es.» «Weisst du noch, wie du als Kind getrauert hast?» «Wie meinen Sie das genau?» «Hast du geweint oder warst du eher still, konntest du mit jemandem reden?» Er wollte ihr das eigentlich nicht sagen. Es war ihm unangenehm, daran zu denken, wie er als kleiner Junge unter der Decke seines Bettes geheult hatte, fast tagelang. «Ich war… traurig.» «Es ist okay, wenn du mir das nicht erzählen möchtest, Sasuke.» «Darum geht’s nicht…» «Hast du Angst, dass ich dich für schwach halten könnte?» Jetzt wo sie es ausgesprochen hatte, wusste er, wie dumm das eigentlich war. Er war acht gewesen, ein kleines Kind. Und Kinder weinen. «Ich habe viel geheult. Itachi hat selten geheult. Wahrscheinlich nur dann, wenn ich nicht dabei war.» «Meinst du, er hat für dich stark sein wollen?» «Ja.» «Hat sich im Heim jemand um euch und eure Trauer gekümmert?» Es war der Moment, in dem er nicht mehr wollte. Die Frau grub so tief und sie war sowieso schon viel zu weit vorgedrungen. Da gab es Dinge, die wollte er ihr nicht sagen. Dinge, die er nicht einmal Sakura erzählen wollte. Die sollten schön tief vergraben bleiben, verschlossen bis ans Ende seines Lebens. Seine Hände verkrampften sich und in seinem Hals spürte er einen dicken Kloss. Der Drang, aufzustehen und davonzulaufen war fast nicht zu unterdrücken. «Können…», stiess er hervor, «können wir für heute aufhören?» Naomi beobachtete ihn mit Adleraugen. «Natürlich. Es tut mir leid, wenn ich dir zu nahegetreten bin, Sasuke. Du musst mir nichts erzählen, was du nicht willst.» Ihr Blick war verständnisvoll und überhaupt nicht irgendwie genervt. «Darf ich dir aber noch etwas mit auf den Weg geben?» Er nickte. «Manchmal hat man das Gefühl, dass es Dinge gibt, die man niemandem erzählen darf. Doch genau diese Dinge sind es meistens Wert, jemandem zu erzählen, dem du vollkommen vertraust. Es macht vieles leichter, auch wenn du mir das jetzt nicht glaubst. Denk darüber nach, ja?» «Okay.» Erneut nickte er, bevor er sich von Naomi verabschiedete und sie ihm einen schönen Abend wünschte. «Dann sehen wir uns am Montag wieder.» «Ein schönes Wochenende, Naomi.» «Danke, das wünsche ich dir auch.» Kurz darauf stand der Wärter neben ihm, bereit, ihn zurück in seinen Trakt zu begleiten. Dort würde er Sakuras Brief durchlesen. So wie jeden Abend.   Der Umschlag mit dem Logo des South Konoha Colleges traf am Dienstag ein. Sakura hatte so viele andere Sachen im Kopf gehabt, da hatte sie beinahe vergessen, dass sie noch auf Prüfungsresultate wartete. Sie war ganz schön erschrocken, als die Inhalte von Harukas Talkshow das Titelblatt der Tageszeitung schmückten. Auf einer Doppelseite wurden ausführlich die Themen, Argumente und Aussagen aufgelistet und bewertet. Schon verrückt, welche Wellen dieser Auftritt geschlagen hatte. Natürlich, es waren viele Kontra-Gang-Argumente dabei, aber nichtsdestotrotz kam endlich einmal ein wenig Kritik am System rein und das war ja schon einmal etwas Positives. Es machte ihr Mut und sie hoffte, Sasuke und Naruto konnten es auch lesen. Ami hatte ihr auf jeden Fall schon per Telefon mitgeteilt, wie toll sie die ganze Sache gefunden hatte. Bedrohlich lag nun der weisse Umschlag vor ihr auf dem Esstisch. Tsunade war wegen Hexenschuss für eine Woche krankgeschrieben und sass deshalb mit einem Kissen im Rücken gespannt mit. «Denkst du, es hat gereicht, Mäuschen?» Sakura seufzte. «Ich weiss es nicht. Es war so viel los in den Tagen vor der Prüfung… ich weiss nicht, ob das gereich hat.» «Du hast mir oft erzählt, dass du Mühe hast, dich zu konzentrieren. Komm, mach den Umschlag auf. Ich glaube an dich. Und wenn es nicht geklappt hat, geht das Leben auch weiter. Dann gibt’s halt noch einmal ein Jahr Schule. Was ist schon ein Jahr?» Sakura atmete tief durch, öffnete den Brief und zog seinen Inhalt raus. Es war ein simples Blatt. «Sehr geehrte Miss Sakura Haruno, wir gratulieren Ihnen herzlich zur bestandenen Abschlussprüfung am South Konoha College mit der Note 3…» Tsunade war aufgesprungen und bereute es sogleich wieder. «Sakura, Mäuschen, ich bin so stolz auf dich», presste sie mit schmerzverzerrtem Gesicht hervor und umarmte ihre Nichte so gut es ging. «Meine Güte, das ist ja wunderbar!» «Danke, Tsunade…» In dem Moment läutete ihr Handy, Sekunden später brüllte ihr Ino ins Ohr, dass sie die Prüfungen ebenfalls bestanden hatte. Der Moment war leider etwas bittersüss, da Erinnerungen an das letzte Jahr hochkamen. Damals hatte sie sich mit Ino und Hinata ausgemalt, wie es sein würde, wenn sie das College abschlossen. Und nun waren sie nur noch zwei. Ob Hinata an die Abschlussfeier in einer Woche kommen würde? Nun, sie zweifelte daran. Und in diesen Zweifeln wurde sie eine Woche später bestätigt, als sie elegant gekleidet vor der Aula des South Konoha Colleges standen. Die Abschlussfeier hätte ein tolles Ereignis werden können und wenn alles unter normalen Umständen abgelaufen wäre, dann hätten sie an diesem Tag auch einige der Gangleute im Publikum gesehen. Heute waren es Inos Mutter und Tsunade. Ino wollte ihren Vater nicht einladen. Und Sakura hatte ihrer Mutter nur eine kurze SMS geschrieben, wann und wo die Feier stattfindet, aber sie war sich ziemlich sicher, dass Mebuki Haruno nicht aufkreuzen würde. Zu ihrer Überraschung waren Tenten und Neji auch aufgetaucht, was sie wirklich sehr freute. Tenten erzählte ihnen, dass Temari auch gerne gekommen wäre, jedoch ging es ihr seit Kankuros Tod immer noch nicht besonders gut und sie lebte mit schlimmen Höhen und Tiefen. Es tat Sakura so furchtbar leid. Vielleicht wäre Kankuro heute auch da gewesen, wenn alles anders gekommen wäre… «Denkst du, dass Hina kommt, Neji?», fragte Ino. Er schüttelte den Kopf. «Ich denke nicht. Ihr Vater ist immer noch unterwegs. Hanabi lebt derzeit wieder bei uns und Hina ist anscheinend oft unterwegs.» Er sagte das nicht ohne bitteren Beigeschmack. «Meiner Mom habe ich natürlich nichts gesagt von der Sache mit Hina.» Tenten lächelte traurig. «Aber hey, wir haben Hanabi heute mitgebracht. Ihr war langweilig. Sie kommt gleich. Sagt dort drüben noch Tsunade Hallo.» Tatsächlich stand dort drüben die kleine Hana und schüttelte Tsunade und Amaya Yamanaka die Hand. «Gut seht ihr übrigens aus», machte ihnen Tenten ein Kompliment. Sakura hatte sich nicht sonderlich Mühe gegeben. Heute war der dritte Juli und es war tatsächlich schon ziemlich warm, deshalb hatte sie ihr geliebtes weisses Sommerkleid angezogen. Es war jenes, welches sie an der Strassenparty vor gut einem Jahr angehabt hatte. Und es kam ihr vor als stünde Sasukes Name in grossen schwarzen Lettern draufgedruckt. Aber vielleicht konnte sie ihn so etwas bei sich haben. Wenigstens ein bisschen. Da sie absolut untalentiert war, was frisieren anging, hatte ihr Ino die Haare zu einem schönen Fischgrätenzopf geflochten. Ino selbst trug ein dunkelblaues Kleid. Aber in Feierlaune waren sie beide nicht. Solche Anlässe hatten sie nie gemocht. Jeder andere wurde von seinen Geschwistern und Eltern umgeben, während es bei ihnen gerade mal ein kleiner Bruchteil der Familie schaffte, anwesend zu sein. Hanabi kam angelaufen und warf sich Ino in die Arme. Die kleine war erst zwölf und war so viel alleine. Ihr Vater kriegte es einfach nicht auf die Reihe, seine Verantwortung wahrzunehmen. Und der Job war ihrer Meinung nach nur eine bedingt gültige Ausrede. Als auch Sakura die Kleine begrüsst hatte, meinte sie: «Hinata ist ja leider krank. Sie ist so oft unterwegs in letzter Zeit und oft müde. Kein Wunder, dass sie krank geworden ist. Aber ich habe gesagt, dass ich sie ja ein bisschen vertreten kann.» «Das ist lieb von dir, Hana.» Sakura strich ihr über das glatte, dunkle Haar, welches Hinatas zum Verwechseln ähnlich sah. Sie nahm offensichtlich an, dass ihre Schwester sie über ihren Verbleib informiert hatte. «Wir freuen uns, dass du da bist.» Die Feier war nicht besonders toll, aber das wichtigste war das Zeugnis, welches sie am Ende in ihren Händen hielten. Die besten Noten wurden noch geehrte, aber da gehörten weder sie noch Ino dazu. Es machte ihnen nichts. Da gab es so viel Wichtigeres auf der Welt, als Noten. Nach der Feier wurde erst einmal noch den Lehrern die Hände geschüttelt, wobei Miss Yuuhi ihnen ein sehr aufmunterndes, freundliches Lächeln schenkte. Sie war eine Ehemalige und wusste natürlich über all das Geschehene Bescheid. Tsunade drückte sie fest und gab ihr einen dicken Kuss auf die Stirn. Auch Amaya Yamanaka umarmte sie herzlich. Zu Sakuras Freude sah sie derzeit ganz fit aus. «Hör zu, Mäuschen, da ist noch…» In dem Moment tippte ihr jemand von hinten auf die Schulter. Sakura konnte nicht anders, als die Augen aufreissen und leer schlucken: ihre Mutter. «Mom?» Ihre Mom sah nicht unbedingt so aus, als würde sie vor Freude und Stolz strotzen. Kein Vergleich zu all den anderen Müttern hier. Aber sie war hier und irgendwie freute es Sakura, auch wenn sie es nicht gerne zugab. Diese Frau zeigte sich in ihrem Leben kaum, eigentlich sollte sie viel mehr zugegen sein. Sie umarmte ihre Mutter, aber es fühlte sich immer komisch und gekünstelt an. Zum Glück hatte sie ihren Lover nicht dabei. «Ich gratuliere zu deinem Abschluss!», sagte sie und lächelte dabei. Ihr Lächeln erreichte selten ihre Augen. Heute war es nicht anders. Die anderen stellten sich etwas abseits. Ino und Tsunade wussten ja bestens, wie schwierig Gesprächsführung mit ihrer Mutter war. «Wie geht es dir, Sakura?» Manchmal fragte sie sich, ob ihre Mutter keine Schuldgefühle hatte. Da hatte sie eine Tochter, nur eine einzige und schaffte es nicht, eine anständige Beziehung zu ihr zu haben. Ihr heutiges Auftauchen grenzte an ein Wunder. Und dass sie im Fernsehen gewesen war, hatte sie vermutlich auch nicht mitbekommen. Ein Glück. Sie musste ziemlich verbittert sein, das wusste Sakura. Aber Mitleid hatte sie nicht. Es war nicht ihr Fehler, dass ihr Vater gewalttätig gewesen war und ihre Ehe gescheitert ist. Aber manchmal fühlte es sich an, als sähe ihre Mutter das anders. «Ganz gut danke. Jetzt wo die ganze Prüfungssache durch ist.» Andere Töchter hätten ihren Müttern jetzt ihr Herz ausgeschüttet. Aber was wollte sie ihrer Mutter schon erzählen? «Und wie geht es dir?» «Nun, wir sind umgezogen. In ein grösseres Haus.» Noch grösser? Die Frau hatte einen ziemlich gut situierten Freund und bis anhin hatten sie schon eine riesige Wohnung gehabt. Und jetzt wohnten sie in einem noch grösseren Haus? Wussten die mit all den Zimmern überhaupt etwas anzufangen? «Das ist schön», log sie. Dass ihre Mutter den Nerv hatte, ihr das zu erzählen, war ja auch schon grenzwertig. Sie könnte ja mit all dem Geld ein wenig mehr ihre Schwester unterstützen, die ihre Mutterpflichten übernahm. Aber Geld gab es von ihr nur so viel, wie von Gesetzeswegen her festgelegt war. Nicht mehr und nicht weniger. «Und wie geht es denn jetzt für dich weiter, Sakura? Ich meine, beruflich? Hast du dich schon an einer Universität eingeschrieben?» Ging das also wieder los. «Nein habe ich nicht. Die letzte Zeit war sehr stressig und ich hatte nur wenig Kapazität, um mich darum zu kümmern. Am liebsten möchte ich erst etwas Geld verdienen, jobben, so etwas in der Art. Ich will finanziell nicht mehr vollständig auf Tsunade angewiesen sein. Sie soll es auch etwas ruhiger angehen lassen.» Mit purer Absicht hatte sie diesen letzten Satz angehängt. Sollte sie nur wissen, wie viel Tsunade für sie tat. «Findest du das denn sinnvoll?» Klar. Sie hatte es natürlich überhört. Aber ihre Verpflichtungen überhörte sie generell, von de her sollte es keine Überraschung sein. Und trotzdem ärgerte es sie. «Warum denn nicht? Ich bin noch jung. Und ein wenig etwas in der Tasche zu haben ist immer gut.» «Nun, wenn du jetzt bereits studieren würdest, dann würdest du auch schneller richtiges Geld verdienen. Du weisst schon, mit einem gut bezahlten Job.» Ihre Mutter wollte sie wohl so schnell finanziell unabhängig sehen, damit sie nicht mehr für sie aufkommen musste. Was hatte sie dieser Frau eigentlich getan, dass sie ihr so egal war? «Hör zu, Mom, ich werde das so machen, wie ich es für richtig halte, okay?» «Wie du meinst.» Der kühle Ton in ihrer Stimme drückte bestens aus, was sie wirklich dachte. «Aber hast du dir überlegt, was du studieren möchtest? Wirtschaft? Chemie? Jura?» «Noch nicht so genau», murmelte sie. Am liebsten hätte sie noch angefügt: Aber bestimmt nicht von deiner Aufzählung, Mom. Das waren alles Fächer, die ihr nicht besonders lagen. Ihre Mutter fragte noch weiter Dinge, natürlich alles karrierebezogen. Wahrscheinlich war das die einzige Möglichkeit wie Sakura sie noch halbwegs stolz machen könnte. Zum Glück kam in diesem Moment Tsunade dazu. «Mebuki, wir gehen jetzt alle noch essen. Wenn du also mitkommen willst, dann bist du auch eingeladen.» Mebuki schüttelte den Kopf. «Tut mir sehr leid, aber ich muss gleich wieder weiter.» Sakura war froh. Gerade einmal zehn Minuten alleine mit dieser Frau und sie ging ihr schon auf den Wecker. Ihre Mutter verabschiedete sich wieder mit einer noch etwas kühleren Umarmung, küsste Tsunade links und rechts auf die Wange und winkte den anderen noch zu. Und dann war sie weg. Tsunade kam zu ihr hin und legte ihr den Arm um die Schulter. «Schlimm?» Sakura nickte. Am liebsten hätte sie geweint. Sie wusste, dass diese Frau es nicht wert war, aber manchmal wünschte sie sich, ihre Mutter würde ihr einmal das Gefühl geben, etwas wert zu sein. Aber sie verkniff sich die Tränen. Ihre Mutter sollte auf keinen Fall die Macht haben, sie unglücklich zu machen, nur, weil sie selbst es ein halbes Leben lang gewesen war.   Es vergingen eine Woche, bis Sakura von Haruka hörte. Sie war natürlich hell begeistert über die Ausmasse, welche die Diskussion um die Gangs angenommen hatte. «Hör zu, Sakura», meinte sie gut gelaunt. «Ich will das weiterverfolgen. Letzte Woche hatte der Sender so hohe Einschaltquoten, wie schon lange nicht mehr. Die Problematik beschäftigt die Leute, das steht fest. Und ich finde, man sollte weitermachen.» Sakura war durch und durch einverstanden. Sie ahnte, worauf das hinauslaufen würde. «Jedenfalls habe ich Leserbriefe bekommen. Die wollen dich wieder in der Show haben!» «Wer?» Sakura war verwirrt. «Na, all die Leute. Viele sagten, dass ich ein echtes Gangmitglied einladen sollte.» Wenn diese Leute wüssten… «Du meinst, ich soll dir jemand solches auftreiben?» «Na ja…» «Haruka, sich im Fernsehen als Gangmitglied zu outen würde direkt zur Festnahme führen, das weisst du. Selbst wenn ihnen nichts beweisen werden könnte, dieses Risiko gehe ich bestimmt nicht ein, tut mir leid.» «Das habe ich mir schon gedacht.» Sie klang nicht enttäuscht. «Ich wollte dich sowieso etwas Anderes fragen. Ich möchte eine Reportage machen und zwar über ein Gangmitglied. Oder mehrere. Das kann vollkommen anonym erfolgen. Aber denkst du nicht, dass das einen grossen Effekt auf die Sichtweise der Leute hätte?» Das hatte etwas. Eine Reportage würde etwas mehr Einsicht in die Beweggründe eines Gangmitgliedes bringen. Jedoch zweifelte sie daran, dass irgendjemand etwas über seine Lebensgeschichte im Fernsehen preisgeben wollte, selbst anonym. «Ich fände es an sich eine gute Idee, aber die Jungs und Mädels sind nicht besonders erpicht darauf, ihre Geschichte an die grosse Glocke zu hängen, auch wenn es anonym gehalten würde.» «Das verstehe ich. Aber würdest du einmal fragen? Nein sagen können sie dann immer noch. Aber ich habe das Gefühl, dass uns genau so etwas weiterbringen könnte.» Haruka klang so begeistert und motiviert, dass Sakura lächeln musste. Sie wollte etwas verändern und das war wirklich schön. «Ich werde sehen, was ich tun kann, okay?» «Das wäre wirklich wunderbar. Vielen Dank, Sakura. Dann erkläre ich dir noch die Details…»   «Im Fernsehen? Nee. Das ist dein Gebiet, Cherry!» Von Shikamaru hatte sie keine andere Antwort erwartet. «Hör zu, Shika. Ich glaube, dass wir an unserer Situation etwas ändern können, wenn nur genug Leute hinsehen. Und das hier ist die Möglichkeit.» Shikamaru seufzte. «Cherry, ich weiss es wirklich zu schätzen, dass du das für uns alle tun willst. Aber ich glaube nicht mehr an den guten Willen der Menschen. So eine Reportage wird nicht den Effekt haben, den du dir versprichst.» Sakura schüttelte den Kopf. «Du verstehst das falsch. Ich habe keine Erwartungen an diese Sache. Aber es besteht die Chance, dass es uns weiterbringen könnte, wenn auch nur ein kleines Stück. Mann, Shika, wir sitzen hier in der Gegend rum und verstecken uns vor der Polizei und den Riots wie geschlagene Hunde. Das sind nicht die Kuramas. Wir suchen nach Mitteln und Wegen, den schwierigen Situationen zu entkommen. Warum nicht einen Schritt wagen? Es kann nicht mehr passieren, als das es nichts bewirkt. Schlechter dastehen können wir sowieso kaum noch. «Ich finde die Idee gut», warf Kiba ein. Sakura drehte überrascht den Kopf. «Wärst du denn dabei?» Er zuckte mit den Schultern. «Ich weiss nicht, ob das geht, weil du schon in der Talkshow von mir erzählt hast. Aber wenn, dann werde ich dir helfen. Ich meine, viel schlimmer kann unsere Situation nicht mehr werden. Und ich muss ja nur sagen, was ich sagen will, oder?» Sie hätte ihn küssen können. Seine Offenheit war wirklich mutig. «Das wäre toll, Kiba.» «Ich muss einfach wissen, dass das alles anonym gehalten wird. Traust du der Reporterin?» Sakura war noch nie auf die Idee gekommen, Harukas Absichten zu hinterfragen. Sie war so authentisch und freundlich. «Ich traue ihr. Aber weisst du, du musst nicht in direktem Kontakt mit ihr stehen. Du kannst mir all diese Dinge schildern und sie wird sie richtig umsetzen. Ihr Konzept ist es, dass sie Schauspieler verwendet, um euch zu portraitieren.» Kiba nickte. «Da wäre ich echt sehr froh.» Sakura blickte in die Runde. Bis anhin war niemand allzu enthusiastisch gewesen. «Und von den Mädchen? Ich denke es wäre toll, wenn noch Mädchen mitmachen würden.» Temari war nicht hier und auch nicht im Zustand für sowas. Aber die anderen vielleicht? «Sakura, ich würde das schon für dich tun… aber ich finde, dass wir schockierendere Geschichten nehmen müssten. Das klingt doof, ich weiss. Irgendwas, was die Leute wachrütteln kann.» Tenten wirkte nachdenklich. «Und da bin ich nicht die Richtige.» «Tenten hat Recht. Nicht, dass du kein hartes Leben hattest, Ten», meinte Lee. «Aber irgendwie wäre es schon noch gut, wenn man die härtesten Fälle nehmen könnte.» «Was ist mit Big Fox?» Sakura schüttelte den Kopf. «Nein. Das würde er nicht wollen, das weiss ich. Und jetzt wo er sowieso schon hinter Gittern sitzt, müssen wir ihm das nicht auch noch antun. Zudem brauchen wir noch ein Mädchen. Der Beitrag wird leider nur eine Stunde dauern, da bleibt nicht sehr viel Zeit.» «Temari wäre eine Kandidatin.» «Das können wir ihr nicht antun. Sie soll erst mal wieder zu Kräften kommen.» Ino verschränkte die Arme. «Sieht schwierig aus. Was ist mit den Outers? Matsuri zum Beispiel?» «Ehrlich gesagt kann ich dir nicht sagen, wer von den Outers sich wo aufhält. Die sind alle etwas verstreut und ich habe nur die Nummern der Gruppen-Leader. Und ob die da mitmachen?» Sakura war schon vor einer Weile eine Idee gekommen. Allerdings wusste sie nicht, ob das bei den Kuramas gut ankommen würde. «Was, wenn ich die Takas frage?» Hätte sie vor einem Jahr die Takas auch nur erwähnt, wäre es augenblicklich totenstill im Raum geworden. Aber die Zeiten hatten sich geändert, die Takas waren nicht mehr das grösste Problem. «Denkst du, die würden mitmachen?» Sakura zuckte mit den Schultern. «Fragen kostet ja nichts. Und den Fernsehbeitrag dürften sie ja wohl mitbekommen haben. War ja sehr präsent in den Medien.» «Hast du eine Taka-Nummer? Sonst gebe ich dir die von Pain», meinte Shika. Sein anfängliches Misstrauen schien sich in Akzeptanz verwandelt zu haben. Enthusiastisch wirkte er nicht gerade, aber das machte nichts. Sie verstand ihn. «Ich glaube, ich habe Blues Nummer noch.» Schnell durchsuchte sie auf ihrem Handy die Kontakte und fand Konan sofort. «Dann werde ich mal telefonieren.» Sie stand auf und ging ins Nebenzimmer, welches Jiraiyas Büro war. Sie trafen sich inzwischen etwas regelmässiger im Toad’s, einfach nur die Inner-Leute. Nach zweimal Läuten ging Konan ran. «Sakura?» Sie klang überrascht. «Hey, Konan. Alles klar bei dir?» «Soweit wie alles klar sein kann, ja. Und bei dir?» «Kann mich dir nur anschliessen. Hör zu, ich habe eine Bitte…» Sakura begann mit ihrer Erklärung ganz am Anfang, als Haruka sie per Zufall auf der Strasse angesprochen hatte und erklärte Konan detailliert, um was es ihr ging. Diese hörte aufmerksam zu und als Sakura mit ihrer Erklärung durch war meinte sie: «Also erst einmal wollte ich dir noch sagen, wie toll dein Auftritt gewesen ist. Besonders abends läuft der Fernseher hier dauernd, damit wir die wichtigen Dinge mitkriegen und als Deidara plötzlich aufgefallen ist, dass du da in diesem Studio gesessen hast, klebte auf einmal die ganze Meute vor der Kiste.» Sie musste ein wenig lachen. Sakura wurde richtig nervös, wenn sie sich vorstellte, wie ihr der gesamte Taka-Inner zusah. «Danke, Konan. Das war eine ziemlich schräge Sache.» «Aber sie ist gelungen. Das war ja danach Gesprächsthema Nummer Eins. Jedenfalls finde ich die Idee dieser Frau ziemlich gut. Ich meine, was haben wir denn noch zu verlieren. Ich werde die Mädels mal fragen und wenn sie nicht wollten, dann gibt es bestimmt einer unserer Jungs, die in die Bresche springen würde. Hauptsache schlimme Lebensgeschichte, denke ich oder?» Das war schon richtig, das Geschlecht war nicht von entscheidender Wichtigkeit, aber es würde die Sache halt schön abrunden. «Bleib dran, Sakura, es sind heute alle da.» Stimmt, die Takas hielten sich wahrscheinlich auch nicht mehr in ihrem HQ auf. Wo sie wohl waren? Eine Weile blieb es still. Etwa fünf Minuten später meldete sich Konan wieder. «Also, Sakura. Grundsätzlich würden sich hier drei Leute anbieten, nämlich Shion, Hotaru und ich. Obwohl ich mich gerne an dritte Stelle setzten würde, ich brenne da nicht so darauf. Allerdings versuchen die beiden noch, Karin zu überzeugen. Wir denken, dass ihre Lebensgeschichte ziemlich gut passen würde. Ich erkläre das dir nicht im Detail, aber ihre zeigt verschiedene Facetten des Problems auf.» Sakura musste schwer schlucken. Karin war nicht unbedingt die Person, mit der sie sich ein Gespräch unter vier Augen über ihre Lebensgeschichte vorstellen konnte. Andererseits hatte sie grosses Interesse daran, eine richtig passende Geschichte zu finden. Sie wäre also bereit, über ihren Schatten zu springen. An Karins Zustimmung zweifelte sie jedoch. «Sie hat eingewilligt.» Fast wäre Sakura der Hörer aus der Hand gefallen. «Wirklich?» «Ja.» Konan lachte. «Und wie läuft das Ganze jetzt ab?» «Also wenn es für Karin okay ist, werde ich ihre Lebensgeschichte aufschreiben. Wir müssten einfach ein Treffen ausmachen.» «Alles klar. Dann gebe ich sie dir mal, okay?» «Okay.» Sakura atmete tief durch. Telefonieren war sonst schon nicht ihre liebste Angelegenheit und dann noch mit Karin. «Prinzesschen?» «Hi, Karin.» Sakura seufzte. «Danke, dass du mitmachst.» «Wenn’s hilft.» «Das wird es.» Hoffentlich. «Wäre es okay für dich, ins Toad’s zu kommen? Oder soll ich…» «Nee, nee, ich komm dahin. Bin um halb sieben am Abend dort, ist das gut?» «Ja, das ist gut. Danke.» «Musst dich nicht ständig bedanken. Dann bis morgen.» «Bis morgen.» Na, das war doch gar nicht so schlecht gelaufen. Dann konnte sie ihren Leuten die gute Nachricht ja überbringen.   An diesem Abend zog sie die ganze Sache mit Kiba durch, gemeinsam sassen sie bei einem Bier und einer Cola in einer gut abgeschirmten Ecke im Toad’s. Haruka hatte ihr genaue Fragen aufgeschrieben, die sie stellen sollte. Tatsächlich war es sehr aufschlussreich und Kiba und sie hatten ein wirklich gutes Gespräch. Da gab es Details aus seiner Geschichte, die sie noch nicht gekannt hatte und irgendwie mochte sie es, wenn sie in Gesprächen auf eine tiefere Ebene gelangen konnte. Sakura war überzeugt, dass sie Haruka somit gutes Material für die Reportage liefern konnte. Inzwischen war sie richtig aufgeregt, immerhin kamen Kiba und Karin so indirekt ins Fernsehen. Und Haruka würde das bestimmt toll hinkriegen. Um ein Uhr nachts lag sie im Bett und las im Schein ihrer Nachttischlampe wieder einmal Sasukes Brief durch. Wenn sie ihm nur irgendwie Kraft geben könnte. Seit längerer Zeit fragte sie sich, ob es nicht möglich wäre, mit ihm zu schreiben. Das wäre es bestimmt. Aber irgendwie traute sie der Polizei und dem Gefängnispersonal nicht. Die konnten alles lesen, wenn sie wollten. Und Momochis Regime traute sie alles zu. Und sie wollte nicht, dass dieses Monster erfuhr, dass sie und Sasuke sehr eng miteinander waren. Gerade jetzt, wo man ihren Namen schon einmal im Fernsehen zum Thema gehört hatte. Sie seufzte. Vielleicht würde sie irgendwann einen Weg finden, sich mit ihm auszutauschen. Aber jetzt musste sie noch durchhalten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)