Konoha Gangs II: Game On von ximi (Das Spiel hat gerade erst begonnen) ================================================================================ Kapitel 15: Minus und Minus gibt Plus ------------------------------------- Den gesamten Freitag lang fühlte Sakura sich irgendwie leer. Nebst der Tatsache, dass sie jetzt erkältet war. Es war eine andere Leere als die, die sie vor ihrer Reise nach Oto gefühlt hatte, eine weitaus positivere. Diese Leere, die konnte sie füllen. Das heisst, sie könnte. Es war nicht unmöglich. Die Tatsache, dass schon bald Abschlussprüfungen vor der Tür standen, trug dabei eine wesentliche Schuld. Am Abend, das wusste sie, wollte sie den Kuramas einen Besuch abstatten, obwohl sie nicht besonders darauf brannte, den fragenden Gesichtern ausgesetzt zu sein. Es war ein verregneter Tag und deshalb eignete er sich eigentlich ziemlich gut zum Lernen. Das heisst, wenn sie sich hätte konzentrieren können. Nur mit Mühen schaffte sie es, sich auf Physik und Mathe zu konzentrieren, die Fächer, die ihr am Schwersten fielen. Es klappte zwar halbwegs mit Bio, aber dort war sie im Normalfall ganz gut. Nach ungefähr zwei Stunden legte sie die Bücher und Arbeitsblätter weg. Auf ihrem Handy entdeckte sie eine SMS von Ami, die fragte, ob sie gut angekommen seien. Kurz textete sie eine Nachricht zurück und verstaute danach ihre Bücher in ihrer Schreibtischschublade, wobei ihr ein kleines Heft in die Hände fiel. Das Notizbuch, in der sie die Geschichte zwischen Sasuke und ihr aufzuarbeiten versucht hatte. Kurzerhand beschloss sie, das Kapitel mit Oto zu ergänzen – die Geschichte ging weiter und war nicht zu Ende, so wie sie das eigentlich vorgesehen hatte. Ohne es zu wollen fragte sie sich, wie lange ihre Geschichte einmal werden würde, aber vermutlich war es besser, wenn sie es nicht wusste. Manchmal waren Überraschungen einfach besser. Tsunade arbeitete heute wieder, jedoch hatte Sakura schon heute Morgen gemerkt, dass ihr Ärger ein wenig verklungen war. Ihre Tante wusste, wann Sakura etwas wichtig war und deshalb hatte sie in diesem Fall nur die „Pflicht-Schelte“ erhalten. Manchmal spürte sie mehr, als sie zugab. In der U-Bahn Richtung East schweiften ihre Gedanken ins Taka-HQ ab und sie fragte sich, was Sasuke gerade so machte. Und was sie noch mehr beschäftigte: Wann würde sie ihn wieder sehen? Egal was kam, vor dem Battle wollte sie ihn noch einmal sehen, denn langsam aber sicher drang der Fakt, dass dieser entscheidende Kampf kurz vor der Tür stand an sie heran. Es konnte alles passieren und die Riots waren leider Gottes stark. Als sie die U-Bahn verliess und die Treppe zu der kleinen Wartehalle hochstieg, erschrak sie zutiefst. Es war gerade mal halb acht, doch da drüben sah sie eine Gruppe vermummter Leute, die sich am Kiosk zu schaffen machten. Anscheinend hatte der Kiosk geschlossen gehabt und die Leute hatten den Rollladen aufgebrochen, um  an die Ware im Innern heranzukommen. Die Leute machten einen Bogen um das Geschehen, ignorierten die Tatsache, dass vor ihnen gerade ein Verbrechen begangen wurde. Sakura sah die Furcht in ihren Augen sofort Um die nächste Ecke sah sie ein Mann, der telefonierte, bei genauerem Hinhören vernahm sie, dass er die Polizei alarmierte. Dann musste sie das jedenfalls nicht tun. Trotzdem warf sie noch einmal einen Blick auf das Szenario und im gelblichen Licht der alten Neonröhren an der Decke sah sie auf der schwarzen Lederjacke des einen Typen einen Jaguarkopf aufblitzen. Also ein Grund mehr, um die Riots zu verfluchen. Hätte sie sich auch gleich denken können: Die versuchten nicht, einen Job zu finden um eine Gangskasse aufbauen zu können, nein. Sie nahmen das Geld einfach, woher sie es kriegen konnten. Unterste Schublade, das war alles, woran Sakura denken konnte. Jedenfalls hauten die Typen ziemlich bald in Richtung Gleise ab, nachdem sie ihr Geld und alles, was sie sonst noch so brauchten, genommen hatten. Zudem waren von weitem Polizeisirenen in den Strassen zu hören und darauf konnte Sakura verzichten. Schnell lief sie die Treppe hoch, die sie mitten ins East brachte. Was sie da eben gesehen hatte, machte sie mehr als nur wütend. Als sie schlussendlich im Aufenthaltsraum des HQs stand, war sie erst einmal überrascht. Vor dem Fernseher sassen gerade mal Gaara und Kankuro, spielten irgendein Rennspiel und bemerkten sie gar nicht. Aus der Küche hörte sie das Klappern von Geschirr, vermutlich Choji. Und wo war der Rest? Gerade, als sie sich leise in Richtung Quartiere stehlen wollte, sah sie noch etwas anderes, was sie ziemlich verwirrte. Zwischen Kankuro und Gaara sass ein kleiner Junge, ungefähr elf Jahre alt, der verbissen auf seinem Controller herumdrückte. Wer war denn das? Nun, sie wollte niemanden unterbrechen und verschwand im Gang. Vielleicht würde sie im Frauenschlafraum jemanden finden.  Als sie jedoch die Tür öffnete, erwies sich diese Vermutung als Fehlanzeige. Die Betten waren allesamt gemacht, auch Tentens und Temaris. Langsam aber sicher kam ihr das komisch vor. Normalerweise waren vor allem um diese Zeit immer Leute im HQ anzutreffen. Und zwar mehr als drei. Vielleicht hatte sie ja bei den Jungs Glück? Vorsichtig klopfte sie an der Tür, sie vermutete aber bereits, dass wohl niemand drin war. Meistens hörte man durch die Tür irgendwelche Musik oder Stimmen, die jetzt aber ausblieben. Als niemand öffnete, trat sie vorsichtig in das Zimmer ein. Es war in der Tat leer. Nur die Betten waren nicht gemacht, aber das war hier ein Dauerzustand. Durch das angelehnte Fenster drang das Geräusch des fliessenden Flusses und des Regens. Gerade wollte sie sich umdrehen, als sie auf dem Hochbett rechts an der Wand jemanden entdeckte. Vor lauter Decken hätte sie Naruto fast nicht gesehen, der tief und fest zu schlafen schien. Um diese Zeit? Es war gerade mal halb acht, eigentlich keine Zeit, in der Naruto bereits schlief. Jedenfalls wollte sie ihn nicht wecken und beschloss deshalb, sich bei den Jungs im Aufenthaltsraum bemerkbar zu machen. Dann würde sie auch erfahren, wer dieser kleine Junge war. Fast schön hätte sie die Tür hinter sich geschlossen. Doch dann hörte sie etwas. „Sakura?“ Naruto war also doch wach? Sie trat zurück ins Zimmer. „Ja?“ „Du bist wieder da.“ Naruto sprang gerade von seinem Bett hinunter. Er sah verschlafen aus, das blonde Haar war zerzaust, sein Shirt und seine Hose waren zerknittert und an seiner Wange hatte er einen rötlichen Kissenabdruck. Bei diesem Anblick musste sie lachen. „Was machst du denn um diese Zeit im Bett, Big Fox?“, fragte sie scherzhaft. „Wonach sah es denn aus? Schlafen.“ Er gähnte herzhaft. „Um halb acht Uhr abends?“ „Mhm. Bin halt müde.“ „Und wo sind die Anderen?“ „Alle unterwegs. Die Einen ins Kino, die Anderen in eine Bar, der Rest keine Ahnung. Wollten den Kopf frei kriegen.“ „Und warum bist du nicht mit?“, fragte sie. Sonst war er immer für Ausflüge zu haben. „Ich hatte keine Lust.“ Sakura legte den Kopf schief. „Was ist los, Naruto?“ Er seufzte. „Ich will dieses verfluchte Battle endlich hinter mich bringen. Manchmal frage ich mich, warum ich mir das überhaupt antue. Shika könnte das genauso.“ Er setzte sich auf eines der Betten. „Sag nicht sowas, Naruto.“ Sie setzte sich neben ihn. „Shika ist nicht du. Ihm fehlt die nötige Portion Hitzkopf.“  „Na vielen Dank.“ Er tat so als würde ihn das beleidigen, jedoch konnte sie sein Grinsen im schummrigen Licht, das vom Gang herein fiel, erkennen. „Irgendwie ist alles so anders, seit der Krieg ausgebrochen ist. Ich spüre einfach nicht mehr das, was ich von mir gewohnt bin, wenn ich hierherkomme.“ In der Tat hatte sich viel verändert und sie hoffte inständig, dass alles wieder so werden würde, wie es einmal gewesen war, wenn der Krieg endlich ein Ende gefunden hatte. Aber tief in sich drin wusste sie, dass sich hier Veränderungen zutrugen, die unwiderruflich waren. Irgendetwas würde sich ändern, sie konnte nur nicht genau sagen war. „Ich weiss. Aber wir werden alles daran setzen, dass es wieder so wird, wie vorhin. Leider Gottes nehmen die Riots immer mehr die Überhand an. Seit unser Status als stärkste Gang verloren gegangen ist, werden die anderen Gangs respektlos. Gerade gestern hat mir Kiba gesagt, dass ihn so ein Vollidiot auf offener Strasse attackiert hat. Die denken sich, dass sie unsere Plätze einnehmen und in der Rangordnung so aufsteigen können. Und die Riots lachen sich ins Fäustchen, während sie die Stadt ungestört in Angst und Schrecken versetzen. Unsere Stadt.“ Schlagartig fiel ihr das Ereignis in der U-Bahn-Station ein. „Du meinst es hat noch mehr solche Vorfälle gegeben?“ „Wie meinst du das?“ Schnell erzählte sie ihm die Story und bekam seinerseits eine völlig unerwartete Reaktion. Sie hätte gedacht, dass er ausrasten würde. Aber er schüttelte nur den Kopf und fasste sich mit der Hand an die Stirn. „Ich weiss nicht, wie viel du mitbekommen hast, als du…du weisst schon wo warst, aber möglicherweise hat dir der Taka ja etwas gesagt. Die werden in den nächsten Tagen das Polizeiaufgebot in Konoha erweitern, indem sie aus anderen Städten Polizisten zuziehen, weil die Riots so einen verdammten Radau machen. Sie denken, weil sie jetzt an der Spitze sind, können sie sich alles erlauben. Wie kleine Kinder, die spüren sich nicht mehr, sage ich dir. Die rauben nicht nur Kioske aus, sondern auch Zivilisten, sie brechen ein, wo sie wollen und die Polizei kommt kaum hinterher. Halten sich für die Könige der Stadt. Und das geht eindeutig zu weit. Sie werfen ein noch schlechteres Licht auf die Gangs, dabei waren unsere Fights immer Gang gegen Gang. Wir haben Zivilisten immer rausgehalten und auch nicht irgendwelche Läden ausgeraubt. Wir arbeiten für unser Geld und kämpfen gegen andere, weil wir sonst ziemlich untendurch müssen. Wer in der Rangordnung ganz unten steht, der hat verloren. Und wie ich gesagt habe, einen Statusverlust ist etwas, was andere Gangs aufhetzt und in ihnen die Hoffnung weckt, aufsteigen zu können. In den vergangenen Jahren lebten wir in einer goldenen Zeit, das kann ich dir sagen, Sakura.“ Das Ganze fügte sich in ihrem Kopf jetzt zu einem Bild zusammen. „Die Wurzeln allen Übels sind also die Riots.“ „Nee, Sakura. Die Wurzel allen Übels ist unser verdammtes Gesellschaftssystem. Würde diese Stadt etwas mehr für Strassenkinder und gegen die Armut tun, dann würde das schon einige Probleme lösen. In eine Gang gelangt man, wenn man auf der Strasse überleben muss, was alleine ziemlich unmöglich ist. Es sind anfänglich Zweckgemeinschaften, bleiben Zweckgemeinschaften oder werden irgendwann zu einer wirklichen Familie. Sie beschuldigen uns, dass wir unsere Leben so gut es geht leben, weil wir dabei auf Mittel zurückgreifen müssen, die sie verachten. Aber welche Wahl haben wir denn? Ich hätte ja nichts dagegen, wenn man alle Gangs gleichstellen und die Rangordnung abschaffen würde, dann gäbe es wenigstens keine Battles mehr. Aber sowas funktioniert nur in der Theorie.“ Er klang niedergeschlagen. „Meinst du?“ „Ja. Es ist wie bei der ganzen Menschheit, Sakura. Menschen, beziehungsweise Gangs, können nicht gleichgestellt sein. Das geht nicht in die Köpfe der Leute rein, weil es schlichtweg nicht in ihrer Natur liegt. Es gab schon immer Über- und Untergeordnete, Arme und Reiche, Schlaue und Dumme, Schöne und Hässliche. Wir kategorisieren alles und jeden und deshalb funktioniert eine Gleichstellung nicht. Weder bei der ganzen Menschheit noch bei den Gangs.“ Seine Worte machten sie traurig, aber er hatte Recht. Seine Stimme war rau, klang müde, so gar nicht wie der Naruto, den sie noch vor einiger Zeit hier im HQ angetroffen hatte. „Was können wir dafür, dass wir Pech im Leben gehabt haben?“ Die ganze Welt setzte ihm wahrscheinlich im Moment mehr als nur ein bisschen zu. Auch Naruto hatte kein einfaches Leben gehabt und er trug so viel Verantwortung auf seinen Schultern. Er war immer das Zentrum der Kuramas gewesen, der Mensch, der seinen Freunden immer zur Seite gestanden war und niemals nie jemanden im Stich gelassen hatte. Seit sie ihn kannte machte er die Bürden seiner Leute zu seinen eigenen. Sie nahm ihn in den Arm und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Schon so lange waren er und die Kuramas ihre Familie gewesen. Er hatte ihr nie den Rücken zugekehrt. Nie. Es war wahnsinnig, was für ein Mensch Naruto war. Einer der loyalsten, liebsten und gleichzeitig stärksten Menschen, die sie je getroffen hatte. Es war kein Wunder, dass Hinata so Hals über Kopf in ihn verschossen war. „Es ist egal, was die Welt von uns hält, Naruto. Solange wir Kuramas uns haben, kann uns nichts passieren. So lange wird es immer weitergehen. Wir müssen niemandem etwas beweisen.“ „Ich hasse es, Sakura… ich hasse es, das wir Pech gehabt haben.“ Naruto war selten so offen, schon gar nicht vor seinen Leuten. Er wollte immer den Kampfgeist seiner Gang aufrecht erhalten. Aber auch er hatte keine Superkräfte. Und sie war froh, dass er sich ihr so öffnete. Sie streichelte sanft seinen Rücken. „Was wäre, wenn wir Glück gehabt hätten? Du wärst jetzt bestimmt Polizist und würdest den Riots gehörig in den Arsch treten. So wie jetzt, nur tätest du es legal.“ Naruto hatte früher, als sie noch etwas jünger gewesen waren immer gesagt, dass er eines Tages Polizist werden wollte. Er grinste ein wenig, als sie das sagte. „Lass uns weiterspinnen. Ino würde entweder ein Kleidergeschäft oder einen Blumenladen eröffnen.  Shika wäre ein genervter Mathe- oder Physiklehrer, Kiba würde ein Tierheim eröffnen. Hinata würde bestimmt auch eine Lehrerin werden. Oder eine Kindergärtnerin, eins von beiden.“ Jetzt musste er etwas merklicher lachen. „Wobei man sagen muss, dass bei euch die Chancen dazu gar nicht mal so schlecht stehen. Hmm, aber lass uns mal nachdenken. Gaara und Kankuro wären professionelle Gamer, Choji ein Fünfsternekoch. Tenten heiratet Neji und sie eröffnen einen Waffenladen, Temari wäre eine Stuntfrau.“ Sakura lachte. „Das ist gut! Ich bin überzeugt, genau so wäre es gekommen.“ „Natürlich, wie auch sonst?“ „Aber weisst du, was daran nicht gut wäre? Wir hätten uns vielleicht alle nie kennengelernt. Und das kann und will ich mir ehrlich gesagt einfach nicht vorstellen.“ Er nickte. „Da hast du Recht. Komm, ich hab Hunger, lass uns in die Küche gehen. Choji ist da, weil er endlich mal aufräumen wollte, der hat bestimmt war für uns. Da kannst du mir etwas mehr darüber erzählen, wo du warst.“ Sie hatte gewusst, dass das kam. Aber sie spürte,  dass Naruto sich wirklich vornahm, sich zurückzuhalten. Sie würde ihm erzählen, was er hören wollte. Das war sie ihm schuldig, nach all den Dingen, die er in seinem Leben schon für sie getan hatte. Diese Tatsache wurde ihr immer deutlicher bewusst. „Okay. Und dann kannst du mir noch sagen, wer der Neuzuwachs vorne mit Kankuro und Gaara Videospiele spielt.“ Naruto verdrehte die Augen. „Ach, der? Ja, da gibt’s schon was zu erzählen.“ Sie standen auf und verliessen den Schlafraum. Bevor sie aber in den Aufenthaltsraum eintraten, hielt Naruto noch einmal kurz inne und drehte sich zu ihr um. „Schön, dass du wieder da bist, Sakura.“   Als Sakura in dieser Nacht in ihrem Bett, zu Hause in ihrem Zimmer lag, liess sie den Abend gedanklich noch einmal Revue passieren. Sie hatte Naruto von ihrer kleinen Reise erzählt, wobei er zwar schon nicht gerade amüsiert gewirkt hatte, aber auch nichts Negatives dazu gesagt hatte. Die Augenblicke, in denen sie Sasuke so nahe gewesen war, liess sie bewusst weg, weil das etwas sehr Privates war. Ami, Haru und die Kinder erwähnte sie auch, aber sie gab nicht preis, was er nicht hätte preisgeben wollen. Naruto hatte daraufhin nichts mehr gefragt, weder nach der Beziehung zwischen ihr und Sasuke, noch nach irgendetwas anderem. Sie hätte ihm sowieso keine vernünftige Antwort mehr geben können. Gegen zehn Uhr abends waren bereits einige Gangmitglieder zurückgekehrt, darunter auch Ino. Hinata hatte heute keine Zeit gehabt. Natürlich hatte Ino sie geradezu ausgequetscht, jedoch erzählte sie ihr nicht mehr, als vorhin Naruto. Danach hatten sie alle zusammen im Aufenthaltsraum gesessen, Chips gegessen und etwas getrunken. Konohamaru, der kleine Junge war trotz seines verletzten Beines ein kleiner Stimmungsmacher und unterhielt sie alle ziemlich gut. Ab und an hatte sie Naruto angesehen, welcher nicht besonders amüsiert über die Anwesenheit des Jungspundes zu sein schien, aber Sakura wusste genau, warum. Konohamaru war genau wie er damals. Sie konnte nicht noch gut daran erinnern, zwar waren sie damals schon etwas älter gewesen, aber trotzdem war die Ähnlichkeit unverkennbar. Zudem waren sie sich alle einig, dass es langsam Zeit wurde, Banden-Nachwuchs zu rekrutieren, obwohl Naruto noch gar nicht entschieden hatte, ob Konohamaru bleiben durfte. Aber im Grunde genommen stand diese Entscheidung schon fest, denn irgendwie schienen ihn alle bereits ins Herz geschlossen zu haben. Nun, der Abend war wirklich schön gewesen und ganz gegen ihre Erwartungen überhaupt nicht unangenehm. Niemand hatte sie komisch angeschaut oder ihr aufdringliche oder misstrauische Fragen gestellt. Mit ihren Leuten zusammen Zeit zu verbringen half irgendwie dabei, den kommenden Samstag ein wenig zu vergessen. Denn dazu hatte Naruto auch eine interessante Neuigkeit gehabt. Pain und er hatten beschlossen, dass jede Gang eine mobile Versorgungstruppe zur Verfügung stellte. Eine Art Sanitäter. Es blieb der Gang überlassen, ob diese nur in einem oder mehreren Autos unterwegs waren. Wenn vor Ort geholfen werden konnte, erhöhte das die Chancen auf  weniger Verluste. Die Kuramas hatten dazu über Jiraiya und seine Kontakte einen Kleintransporter organisiert, mit dem nötigenfalls bis zu vier Personen im Laderaum transportiert werden konnten. Die Schwierigkeit dabei war, dass die Trupps sich ebenfalls nicht von den Riots und natürlich der Polizei erwischen lassen durften, da sie sonst als Verbündete enttarnt werden konnten und da waren negative Folgen vorprogrammiert. Grundsätzlich konnte man jemanden nicht verhaften, nur weil er erste Hilfe bei einem Gangmitglied leistete, aber es wäre vermutlich schon viel zu auffällig, wenn per Zufall Ärzte wie Shizune und Krankenschwestern wie Tsunade mit einem perfekt ausgerüsteten Kleintransporter in der Nähe wären. Wie auch immer, sie hatte sich ebenfalls für die Teilnahme an diesen Einheiten gemeldet. Tsunade würde ihr das kaum verbieten können, denn sie hatte laut Naruto auch bereits ihre Zusage gegeben, genauso wie Shizune. Einmal Kurama, immer Kurama. Wenn Hilfe benötigt wurde, dann kam auch Hilfe. Es erfüllte sie mit einem guten Gefühl, zu wissen, dass sie dieses Mal nicht einfach nur tatenlos zusehen konnte, wie sich ihre Leute in eine Schlacht stürzten. Sie war zwar nicht gut im kämpfen, aber sie wusste als Laie ganz schön viel über erste Hilfe. Erfahrung war nun einmal eine gute Lehrerin. Es war in Anbetracht der heiklen Situation nicht angebracht, aber sie fühlte sich in diesem Moment ziemlich gut. Hoffnungsvoll. Sie beschloss, dieses Gefühl zu geniessen, denn ihr war durchaus klar, dass sich das schon bald ändern würde.   Es war Donnerstag, halb sechs Uhr abends. Sakura schloss die Tür auf und hievte die beiden Einkaufstaschen in die Wohnung hinein. Tsunade hatte ihr einen ganz schön langen Einkaufszettel geschrieben. Als sie die Tüten in die Küche geschoben hatte, brauchte sie erst einmal ein Glas Wasser. Die Treppen mit solchen Anhängseln hinaufzusteigen war alles andere als leicht gewesen. Kurz warf sie einen Blick auf ihr Handy-Display. Sie hatte eine neue Nachricht. Zuerst rechnete sie mit Ino oder Hinata, mit denen sie gerade gestern im Kino gewesen war. Doch zu ihrer Überraschung war sie von jemand ganz anderem.   Heute Möbelfabrik?   S.   Kaum hatte sie die Nachricht gelesen setzten sich ihre Gedanken in Bewegung. Warum wollte er sie sehen? War etwas geschehen? Ging es ihm nicht gut? Eigentlich war ihr klar, dass sie sich gerade völlig unbegründet Sorgen machte, aber irgendwie konnte sie sich nicht wirklich vorstellen, dass es  jetzt wieder so war wie im letzten Sommer, als sie sich getroffen hatten, damit sie zusammen sein konnten. Jedoch war es für sie keine Frage. Dieses Mal würde sie nicht vergessen, Ino Bescheid zu geben, damit sie sie deckte.   Bin um acht dort.   Sie begann damit, die Einkäufe auszupacken und in die jeweiligen Schränke zu versorgen. Keine zwei Minuten dauerte es, bis sie eine Antwort hatte.   Nimm die U-Bahn. Ich warte an der Station.   Wollte er nicht, dass sie alleine unterwegs war? Nun gut, sie musste zugeben, dass es ihr eigentlich sehr willkommen war, abgeholt zu werden. Die Stadt war gefährlich und die Riots trieben ihr Unwesen, da wollte sie nicht alleine unterwegs sein, schon gar nicht in dieser Gegend. Sie informierte Ino per SMS über die Tatsache, dass sie heute bei ihr schlafen würde. Ihre Freundin willigte sofort ein. Sie war momentan die Einzige, die wusste, dass sie den Kontakt mit Sasuke weiterhin aufrecht erhielt. Nun gut, Naruto oder auch andere aus ihrer Gang waren ja nicht blöd, sie ahnten vermutlich schon etwas. Aber Ino wusste es jetzt mit absoluter Sicherheit. Tsunade rief sie gegen halb sieben Uhr an, dass sie zum Abendessen nicht zu Hause sein würde. Hier platzierte Sakura ihre Lüge. Himmel, wie sie es hasste, Tsunade anzulügen. Spätestens nach ihrem letzten Disput deswegen, war ihr das mehr denn je bewusst. Aber was sollte sie ihr sagen? „Hey, ich treffe heute den Taka-Leader in einer heruntergekommenen Fabrik im North?“ Wohl kaum. Ihre Tante hatte viel um die Ohren und sie wollte ihr keine zusätzlichen Sorgen bereiten. Nachdem sie etwas zu Abend gegessen hatte, blieb ihr nichts anderes übrig, als zu warten. Sie war nervös, so nervös wie schon lange nicht mehr. Wie das heute wohl werden würde?   Drei Minuten vor Acht fuhr die U-Bahn in den Bahnhof ein. Mitten unter der Arbeitswoche waren um diese Zeit noch ziemlich viele Leute unterwegs, die meisten von ihnen sahen aus, als wären sie müde von einem harten Arbeitstag. An ihrer Station stiegen jedoch kaum Leute aus. Sie befanden sich hier auch nicht unbedingt in einer Wohngegend. Der Boden war schmutzig, die Abfalleimer überfüllt, es roch nach einer unangenehmen Mischung aus Urin und Zigarettenrauch. Die Neonröhren an der Decke hatten auch schon bessere Tage gesehen und gaben kaum mehr so viel Licht, wie es sie anfänglich vermutlich zu tun gepflegt hatten. Schnell erklomm sie die Treppe und passierte das Drehkreuz. Ein kühler, erfrischender Wind wehte ihr entgegen, als sie auf die Strasse hinaustrat. Sie befanden sich hier in einer ziemlich verlassenen Gegend, abends tendenziell als unsicher und eher gefährlich eingestuft. Die Strasse war auf dieser Seite verlassen umd gesäumt von grossen Wohnblocks, von denen bereits der Putz bröckelte. Die meisten Fensterläden waren geschlossen, der Boden war schmutzig und überall lag Müll. Wenn man sich hier so umsah, dann brauchte es nicht viel Fantasie, um es mit einem präapokalyptischen Szenario zu vergleichen. Wie in diesen Filmen und Serien… Sasuke stand ganz in der Nähe, angelehnt an eine Strassenlaterne, die es gerade noch knapp schaffte, ein wenig Licht zu spenden. Es war seltsam, welch starke Aura er hatte, selbst wenn er einfach nur dastand. Trotz den mässigen Lichtverhältnissen erkannte sie, dass er gerade eine Zigarette rauchte. Sie musste zugeben, dass sie sein derzeitiges Rauchverhalten ziemlich beunruhigte. Oder hatte er schon immer so viel geraucht? Ehrlichgesagt wusste sie es nicht, sie kannte ihn schliesslich auch erst seit einem halben Jahr und davon hatte sie einige Monate keinen Kontakt mehr mit ihm gehabt. Wie war es vor Itachis Tod gewesen? Sie konnte sich nicht erinnern. Er hatte sie längst gesehen, drückte seine Zigarette beim nächsten Eimer aus und kam langsam auf sie zu. Die vereinzelten Typen, die hier noch herumstanden beobachteten sie, das war nicht zu übersehen. „Hey“, sagte sie, als er nah genug bei ihr war. „Hey.“ Er nahm sie sofort am Handgelenk und zog sie sanft mit sich. Anscheinend wollte er nicht allzu lange hierbleiben. Verständlich. «Wir sollten uns hier nicht zu lange aufhalten», sagte er leise in ihre Richtung, als sie die U-Bahn-Station hinter sich liessen. «Diese Scheiss-Kerle können überall sein.» Er lief zwar ziemlich schnell, jedoch schaffte er es, dass es nicht so aussah, als hätte er es eilig. Die Kapuze hatte er sich tief ins Gesicht gezogen, da er in Gangkreisen leider nicht gerade unbekannt war. Mehr und mehr kam Sakura die Gegend bekannt vor. Sie näherten sich der Fabrik dieses Mal von einer anderen Seite. Es kam ihr vor, als wäre sie seit Jahrzehnten nicht mehr hier gewesen. Die Zeit vor Itachis Tod und dem ganzen Bandenkrieg schienen Lichtjahre entfernt. All diese Dinge, die sie davor gehabt hatten wirkten wie eine verschwommene Erinnerung an schwierige, aber aufregende Zeiten zu sein. Als sie vor der Tür standen, zögerte Sasuke, zwar nur eine Millisekunde lang, jedoch war das für Sakura lang genug. «Ist etwas?» Urplötzlich stellte sich ihr die Frage, ob er seit Dezember überhaupt einmal wieder hier gewesen war. Die Fabrik war Itachis und sein Unterschlupf gewesen, bevor sie zu der Gang gekommen waren. Auf ihre Frage hin hielt er inne, wirkte aber sogar ein kleines bisschen amüsiert. «Wer bist du, Sherlock?» Schon lange hatte sie keinen Sarkasmus aus seinem Mund gehört. Das letzte Mal war in Amis und Harus Garten gewesen. Nun musste sie seinem Sarkasmus wohl noch weitere mögliche Bedeutungen zuschreiben: Nervosität. Unruhe. Unsicherheit. Damals war sein Sarkasmus bösartig gewesen, jetzt war er gutartig. Jedoch passten solche Aussagen nicht zu ihm. Manchmal fiel ihr gar nicht mehr auf, wie sehr sie ihn inzwischen analysierte. Aber sie glaubte, damit richtig zu liegen. «Natürlich, Watson.» Sie setzte ein gespielt selbstzufriedenes Gesicht auf. «Was hast du denn gedacht?» Er schüttelte den Kopf und schob die beiden Tonnen von der Tür weg, die erstaunlicherweise immer noch hier waren. Dabei konnte in einem halben Jahr viel passieren. In der Fabrik sah es immer noch gleich aus. Es war also tatsächlich keiner auf die Idee gekommen, dass sie ein netter Unterschlupf sein könnte. Beeindruckend. Der Gang war stockfinster und der Boden knarrte, als Sasuke die ersten Schritte hinein machte. Irgendwo hörte sie eine Maus fiepen. Hinter ihr verrammelte Sasuke die Tür und griff in das Loch in der Wand – ohne mit der Wimper zu zucken – um daraus die Taschenlampe zu fischen. Sakura ekelte sich bei den Gedanken, was alles in diesem Loch hausen könnte, ihn schien es nicht zu stören. Er knipste die Lampe an, tatsächlich funktionierte sie noch. «Ein Wunder.», murmelte er und liess den Lichtkegel vorauswandern. «Wann warst du zum letzten Mal da?», fragte sie nun doch, die Neugier war einfach zu gross. Er antwortete nicht sofort. «Mit dir. Sommer, Herbst.» Also doch. Er war seitdem nicht einmal mehr hier gewesen. Er versuchte zwar, es zu überspielen, aber Sakura bemerkte seine Nervosität so oder so. «Sasuke, warte mal.» Dieses Mal war sie es, die ihn am Handgelenk packte. «Warum wolltest du hierher kommen?» Er drehte sich nicht um. «Ich dachte, wenn du dabei bist… dann geht es.» Dass er so direkt und ehrlich war, überraschte sie ziemlich. Normalerweise rückte er mit solchen Sachen nicht gleich bei der ersten Nachfrage raus. Sie liess sein Handgelenk los und nickte. «Geh voran.» Was musste es für ein Gefühl sein? Vermutlich löste alles, was Sasuke im Alltag antraf Erinnerungen an seinen Bruder aus, aber das hier musste etwas vom Härtesten sein, was er bis anhin hatte durchstehen müssen. Umso mehr freute es sie, dass er sie dabei haben wollte. Sie erreichten die nach wie vor mehr als nur instabil aussehende Treppe. Sasuke zögerte, jedoch lag das nicht an der Treppe. Er schien abzuwägen, wie schlimm es wäre, jetzt umzukehren. Aber er tat es nicht. Von all den guten Eigenschaften, die Sasuke hatte, war diese eine seiner besten. Er drehte sich nicht um und er versteckte sich nicht. Wenn es galt, einer Sache ins Gesicht zu sehen, dann tat er es einfach. Nicht, weil er keine Angst hätte oder sich beweisen wollte, sondern einfach, weil er so war. Ihr war vollkommen bewusst, wie in diesem Moment alles in ihm danach schrie, umzukehren. Jede einzelne Faser seines Körpers. Und trotzdem setzte er nun den Fuss auf die Treppe und ging langsam nach oben. Das Knarren des morschen Holzes war alles andere als beruhigend, aber Sakura folgte ihm, als er etwa in der Mitte angekommen war. Oben war es dunkel, jedoch wurde der Flur ganz leicht vom Mondlicht erhellt, dass vermutlich durch die offene Tür des Zimmers fiel. Aber er kannte dieses Gebäude in- und auswendig, deshalb stellten die schlechten Lichtverhältnisse überhaupt kein Problem dar. Im ersten Stock angekommen wurde Sakura erst bewusst, wie lange sie tatsächlich nicht mehr hier gewesen war. Es war zwar alles unverändert, jedoch kamen ihr die Zeiten, die sie hier mit Sasuke verbracht hatte, Ewigkeiten entfernt vor. Es war alles ziemlich staubig, das Klavier, der Boden, die Decke auf der Matratze. Durch den leeren Fensterrahmen sah sie die Lichter der Stadt und der glitzernde Fluss, der nur einige Gehminuten von der Fabrik entfernt war. Wenn man Konoha von hier aus sah, dann konnte man dieser Grossstadt beinahe noch etwas abgewinnen. Sasukes Blick wanderte vorsichtig durch den Raum. Es war zwar kühl, aber nicht wirklich kalt, denn der Winter hatte sich inzwischen verabschiedet. Nachts jedoch, war es trotzdem noch ziemlich frisch. Die Holzdielen ächzten, als er langsam den Raum betrat. Sakura beschloss kurzerhand, diese beklemmende Stille zu durchbrechen und ging in den Raum hinein, so wie sie zu Hause in ihr Zimmer hinein ging. «Ganz schön staubig, was?», sagte sie, schnappte sich die Decke auf der Matratze und schüttelte sie kräftig aus. Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, wie viel Staub sich tatsächlich in den Stofffasern verfangen hatte und musste kurz die Luft anhalten, bis sich die Staubwolke langsam verflüchtigte. «Die müsste man wohl mal waschen», brummte sie und klopfte sich den Staub aus den Kleidern, bevor sie die Decke zusammenfaltete und am Ende der Matratze platzierte. Unter der Decke war die Matratze verhältnismässig sauber und deshalb liess sie sich nun darauf plumpsen. Sie wollte ihn ablenken, ablenken von diesen Erinnerungen. Eigentlich wollte sie nicht mit diesem Thema beginnen, aber irgendwie war es dann doch das erste, was ihr einfiel.   «Seid ihr bereit? Ich meine für Samstag?» Sasuke liess sich auf dem Hocker vor dem Klavier nieder. «So bereit wie man für ein Unternehmen in diesem Ausmass sein kann. Das alles erinnert mich irgendwie an die letzte Auseinandersetzung mit den Riots.» Sakura nickte. Auch sie selbst erinnerte sich nur zu gut an diese schicksalshafte Nacht. Zwar war es bereits einige Monate her, aber die Auswirkungen dieses verheerenden Ereignisses würden noch sehr lange spürbar sein, da bestanden keine Zweifel. «Bist du nervös?», fragte sie leise. Ihr selbst machte es definitiv Sorgen. Zwar hatte sie es geschafft, den bevorstehenden Kampf bisher zu verdrängen, aber sie hatte Angst. Angst davor, Menschen, die sie liebte, zu verlieren. Seit dem Drop Down war ihr längst wieder bewusst geworden, wie schnell es gehen konnte, dass jemand im Kreuzfeuer sein Leben verlor. Wenn man bedachte, wie viel ein einzelner Mensch wert war, mit all seinen Qualitäten und Mäkeln war, erschien es ihr beinahe unmöglich, dass eine einzelne Kugel, ein einzelner Messerstich über Leben und Tod entscheiden konnte. Eigentlich war es verrückt. Es war vollkommen wahnsinnig, was sie machten. Aber hatten sie denn eine Wahl? Nicht wirklich. «Nein. Nervös ist das falsche Wort dafür. Aber es lässt mich nicht kalt, so viel soll gesagt sein.» Er spielte mit seinem Lederarmband. Was er wohl damit sagen wollte?  «Inwiefern?» Er schien sich gut zu überlegen, ob er ihr das wirklich preisgeben wollte. Jedoch schien er sich dafür zu entschliessen, es doch zu tun. «Ich weiss, du findest das nicht gut. Nicht im Geringsten. Aber ich kann es kaum erwarten, gegen die Riots anzutreten. Sie denken, sie hätten uns in die Knie gezwungen, aber das ist nicht so. Genauer gesagt haben sie schlafende Hunde geweckt. Ich spreche hier nur für die Takas, aber wir waren noch selten so konzentriert auf einen bevorstehenden Kampf, wie bei diesem. Die Riots werden bezahlen.» Er hatte recht, diese Worte lösten in ihr ein seltsames Unbehagen aus. Es war das Gefühl, dass sie damals bei der DD-Area verspürt hatte, als Sasuke Itachis Mörder hingerichtet hatte, nur dieses Mal in etwas abgeschwächter Form. Auf der einen Seite verstand sie die Rachegelüste und die Wut, die in jedem einzelnen Takas toben musste, aber andererseits wusste sie, dass sie das niemals weiterbringen würde. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Es war etwas, das nicht funktionierte, denn so beschwor man einen Teufelskreis herauf. Einen nie endenden Teufelskreis aus Rachegelüsten und Hass. «Wirst du dich danach besser fühlen?», fragte sie leise. «Nachdem du alles für das riskierst?» Er nickte. «Ja.» «Bist du dir sicher?» Er hob den Kopf und schaute sie an. «Ziemlich, ja.» «Okay.» Ob es ihm mit all den Blut an den Händen wirklich besser gehen würde, sei dahin gestellt. Wenn er das überhaupt überlebte. Aber daran wollte sie gar nicht denken. Damals beim Drop Down war er so ausser sich gewesen. Diese eiskalten Augen, als er den Abzug gedrückt hatte, schossen ihr wieder durch den Kopf. Es war ein Akt basierend auf puren negativen Emotionen gewesen. Sasuke konnte schnell die Kontrolle verlieren und das konnte auf dem Schlachtfeld sehr schnell gefährlich werden, vor allem für ihn. Nie mehr wollte sie Sasuke Uchiha wieder so sehen, wie damals. Niemals. Aber vielleicht würde sie es noch einmal ertragen müssen. Wer wusste schon, was am Samstag alles auf sie wartete… «Am Samstag könnten wir alle sterben.», brachte sie trocken hervor. Der plötzliche Themenwechsel schien ihn schon zu überraschen, jedoch schien er nur von seinen Erinnerungen abgelenkt zu sein. «Moment, warum solltest du am Samstag dein Leben riskieren?» Das hatte sie ihm noch nicht gesagt. Dann war ja jetzt die Gelegenheit dazu. «Mobiles Versorgungsteam Kurama 1.» Mehr brauchte er nicht zu hören. Sobald man bei dieser Einheit war, befand man sich auch im Gefecht. Natürlich nicht direkt, aber das Risiko, ins Kreuzfeuer zu gelangen bestand durchaus. «Das ist nicht dein Ernst oder?» Er wurde unruhig. Was war denn los? «Doch. Warum?» «Das ist nicht der Ort, wo du hingehörst. Sakura, du gehörst an vielen Orten hin, aber nicht in diese Gangfights!» Sie seufzte. «Ich kämpfe ja nicht mit, die Chance, dass wir bemerkt werden ist klein und wir sind ja immer darauf bedacht…» «Nein. Warum erlaubt Big Fox das überhaupt? Du und deine Freundinnen habt noch einiges vor euch. Wirf doch all das, was dir geschenkt wurde nicht einfach so weg.» Sakura schaute ihn irritiert an. Er sah wütend aus. Diese aufgebrachte Reaktion hatte sie definitiv nicht erwartet. «Sasuke, ich werfe es doch nicht weg, ich…» «Doch. Genau das tust du. Du gehst ein Risiko ein und zwar ein Grosses.» Seine Worte hatten Sakura ziemlich überrollt. Im ersten Moment wusste sie nicht, was sie daraufhin sagen sollte, aber allmählich fand sie ihre Worte wieder. «Sasuke», sagte sie leise. «Weisst du, was es für ein Gefühl ist, seine Freunde in einen Kampf ziehen zu sehen und selbst absolut machtlos im HQ auf Meldung zu warten? Es sind die Menschen, die mich gerettet haben. Ich habe es satt, zuzusehen, wie sie sich für uns in den Kampf stürzen und ihnen dabei nicht im Geringsten helfen zu können. Du erinnerst dich an die BZ letzten Sommer? Naruto war nie ein Fan davon gewesen, uns antreten zu sehen und hat uns deshalb immer die Positionen zugeteilt, in denen wir gut geschützt durch andere waren. Es ist nicht so, dass er uns in diese Sachen einbeziehen will, ganz und gar nicht. Aber ich habe darauf bestanden. Und meine Tante konnte nicht Nein sagen, weil sie selbst dabei ist.» Bevor er etwas sagen konnte, hob sie die Hand. «Ich werde nicht tatenlos zusehen, wie dieser Kampf seinen Lauf nimmt. Egal, was du jetzt sagst. Die Riots werden alle Hände voll zu tun haben und wir werden Undercover bleiben. Die Chancen, dass wir auffliegen, sind gering.» Er sah nicht im Mindesten so aus, als würde ihn das beruhigen. «Tu es nicht, Sakura.» Sie musterte ihn. Er sah sie direkt an, bittend, mit einer Spur Leader-Autorität in seiner ganzen Haltung. Sie beschloss, dass sie ihn auch gleich direkt auf das, was sie dachte, ansprechen konnte. «Du machst dir Sorgen.» Jetzt war sie gespannt. Ob er das zugeben würde? Er senkte seinen Blick wieder, vermutlich überrascht über ihre Unverfrorenheit. Sie beobachtete wie er das Lederarmbändchen zwischen seinen Fingern hin- und herdrehte. Schlussendlich schien er sich doch noch zu einer Antwort durchringen können. «Würde mich ja nicht so querstellen, wenn nicht.» Jetzt wäre sie beinahe rückwärts von der Matratze gekippt. Sie wusste nicht genau, mit was für einer Antwort sie gerechnet hatte, aber diese war es jedenfalls nicht gewesen. Es war die Antwort, die sie sich tief im Innersten gewünscht hatte, sie aber jetzt in der Realität, hier und jetzt von ihm zu hören, brachte ihr Herz wieder einmal ganz wild zum klopfen. Was machte dieser Taka nur mit ihr, dass sie immer so heftig auf solche Sachen reagierte? «Und was gibt dann dir das Recht, einfach so blind in den Kampf zu rennen?», war das Erste, was sie ihm entgegnen konnte. Er war drauf und dran, etwas zu erwidern, aber inmitten seines Anlaufes schien er zu begreifen, was sie damit sagen wollte. «Du kannst nicht andere mit dem Argument, dir Sorgen zu machen, von diesen Angelegenheiten fernhalten, wenn du nicht selbst Rücksicht auf diejenigen nimmst, die sich um dich sorgen…», plötzlich verspürte sie einen Kloss im Hals. «Hast du dir das jemals überlegt?» Inzwischen fixierte er sie wieder voll und ganz mit seinen dunklen, durchleuchtenden Augen. Er sah verwundert, ja, sogar leicht irritiert aus. «In solchen Sachen denkst du immer nur an dich. Immer. Manchmal glaube ich sogar… dass du einen richtigen Todeswunsch hegst…» Ohne es zu wollen begann sie leicht zu zittern. Der Kloss in ihrem Hals fühlte sich an, als würde er ihre Luftröhre langsam schmerzhaft verschliessen. Aber war es nicht so? Wenn er so redete, dann glaubte sie, dass er überhaupt nicht mehr vom Leben hielt und es ihm eigentlich gleichgültig war, ob er lebte oder ob er starb. Irritiert war für seinen Blick inzwischen gar kein Ausdruck mehr. Sie wusste selbst nicht, warum das plötzlich alles aus ihr rauskam. Es war nicht so, als hätte sie ihm so etwas in dieser Art schon lange sagen wollten. Es war, als wäre ihr selbst das alles eben erst bewusst geworden und nun sprudelte es einfach aus ihr heraus. «Ständig tust du alles auf eigene Faust. In Oto warst du einfach mal für ein paar Stunden weg, ohne mir zu sagen, wohin. Du lehnst Hilfe ab und wenn du es mal zulässt, dann sind es nur kleine Dinge. Manchmal denke ich, dass du dich endlich öffnest und im nächsten Moment bist du mir wieder fremd. Ausserhalb von Gang-Angelegenheiten verlässt du dich auf niemanden mehr… und dann sagst du solche Sachen… von wegen rächen und dass du dich regelrecht auf den Kampf freust… Schwachsinn, Sasuke.» Sie konnte ihn gar nicht mehr ansehen, denn in ihren Augen sammelte sich schon langsam das altvertraute Wasser. Es war eine salzige Mischung aus Wut und Verzweiflung. «Willst du sterben, Sasuke?», fragte sie, das Gesicht in den angewinkelten Beinen vergraben. «Du hast vieles verloren, gibt es noch genug, das dir wichtig ist?» Stille. Sie hörte nur seinen Atem. Sie wollte auch seinen Gesichtsausdruck nicht sehen. Vielleicht dachte er jetzt gerade, dass sie völlig durchgeknallt war. Aus einem simplen Gespräch auf so etwas zu kommen war ja auch nicht gerade normal. Sie spürte die Kälte durch ihre Jacke dringen. Nach geraumer Zeit fragte sie sich, ob er überhaupt noch da war oder ob er sich aus den Staub gemacht hatte – sie hätte es nicht gehört, so sehr rauschte das Blut in ihren Ohren. «Ich habe nie mehr darüber nachgedacht, seit ich klein war», sagte er plötzlich, leise und rau. «Übers Sterben wollen. Vielleicht will ich es. Vielleicht auch nicht. Ich kann manchmal gar nicht mehr sagen, was ich bewusst tue und was nicht…» Er machte eine Pause. «Itachi hat immer gesagt, wer sich wünscht zu sterben, der ist ein Feigling. Er hat mir immer einen Grund gegeben, weiter zu machen.» «Und jetzt?», fragte sie mit erstickter Stimme. «Jetzt ist er weg. Wo kommt denn jetzt der Grund her?» Eigentlich war es gerade ziemlich kontraproduktiv, was sie hier machte, denn eigentlich wollte sie ja, dass es ihm besser ging. «Ich glaube, ich habe genug Gründe.» Er sagte das nicht unsicher, nicht nur, um sie zu besänftigen. Er sagte das, als ob er diesen Entschluss gerade gefasst hätte. «Vielleicht ist mir das erst jetzt gerade klargeworden, aber gehabt habe ich sie schon lange. Die meisten jedenfalls.» Sie war mehr als erstaunt. Vielleicht wäre das der Schlüssel dazu gewesen, ihn endgültig aus sich raus zu locken? Ihm von ihren innersten Sorgen zu erzählen? Jetzt war es wieder still. «Dann lass uns beide in den Kampf ziehen», sagte Sakura und hob ihren Kopf. Inzwischen mussten ihre Augen knallrot vor lauter Tränen sein. «Damit wir unsere Gründe beschützen können. Nicht um zu rächen. Oder zu sterben.» Sie hatte ihn schon lange nicht mehr so gesehen. Er wirkte traurig, aber offen. Zugänglich. Er stand langsam auf und kam zu ihr herüber. Die Dielen knarrten unter seinen Schritten. Hatte sie ihn schon jemals so gesehen? Er sah aus, als würde er all diese Bewegungen völlig unbewusst machen. Seine dunklen Augen waren auf sie gerichtet. Vor ihr kniete er sich langsam hin. Sein Blick machte sie ganz verrückt. «Es tut mir leid, Sakura. Ich wusste nicht, dass… nun, dass dich das alles so…betrifft.» Sie schüttelte verständnislos den Kopf. «Wie könnte es nicht? Weisst du, wenn ich mich auf Menschen einlasse, dann tue ich das nicht nur halbherzig. Das kann ich nicht. Du doch auch, auf ein andere Art, aber du tust es auch.» Es war wahr. Nur liess sie die Menschen zu schnell an sich heran und er sie fast gar nicht. Aber im Endeffekt taten sie das gleiche: Wenn sie sich auf jemanden einliessen, dann richtig. «Das ist eine Stärke», sagte er rau. «Oder eine Schwäche.» «Es kann dich verwundbar machen…», begann er. «…und dir im selben Atemzug alle Türen öffnen, die du jemals offen vor dir sehen wolltest», beendete sie. In ihr herrschte eine riesige Aufruhr. Sein Blick, seine Stimme, seine Worte, alles an ihm brachte ihr Herz und ihre Gedanken zum Rasen. Verwundbarkeit… Stärken, Schwächen. Waren das nicht alles Sachen, die ihr im Zusammenhang mit Sasuke immer wieder begegnet waren? Er hatte sie noch nie so angeschaut. Noch nie, seit sie ihn kannte, war sein Blick so intensiv gewesen. So offen. Er sah aus, als wollte er ihr alles geben, was er hatte. Als hätte er ihre Botschaft verstanden. Und sie fühlte dasselbe ihm gegenüber. Sie würde ihm alles geben, alles, was sie ihm geben konnte. So war es schon immer gewesen und sie konnte und wollte auch nichts dagegen tun. «Ich bin armselig oder?», brachte sie hervor. «Richtig naiv.» «Dann bin ich auch armselig», antwortete er mit erstickter Stimme. «Egoistisch und dumm.» Plötzlich spürte sie seine warme Hand auf ihrer. Sie ergriff sie, ohne zu zögern. «Minus und Minus gibt Plus, hast du das gewusst?», fragte sie leise. Und unter einem schwachen Lächeln fügte sie hinzu: «Armselig und armselig hebt sich ja dann vielleicht auch auf.» Sein Gesicht war jetzt ganz nahe bei ihrem und bevor sie es sich versah spürte sie seine Lippen auf ihren. Es war der Moment, in dem ihr Körper und ihr Verstand endgültig der Sehnsucht nach ihm nachgaben. Lange hatte sie es verdrängt, doch jetzt war ihr einziger Gedanke: endlich. Endlich war sie ihm wieder nah. Es war lange her, dass sie ihn zum letzten Mal geküsst hatte, aber die Erinnerung daran wurde jetzt noch einmal übertroffen. Sie hätte inmitten dieser ganzen Traurigkeit vor Freude platzen können. Die Empfindungen, die er in ihr auslösen konnte, waren einfach überwältigend. Ihr war, als könnte sie seinen Herzschlag durch die Vibrationen in der Luft spüren, als sie ihm nach diesem Kuss in die Augen sah. «Bleib da, Sakura.», war das Einzige, was er noch sagte, bevor er sie erneut küsste. Und sie wusste, was er damit meinte. Keine Erklärung notwendig. Jetzt legte sie ihre Hände auf seine Schultern und er hatte seine Arme ganz um sie geschlungen, damit er sie an sich heranziehen konnte. Er war wieder bei ihr. Und sie würde da bleiben. Vieles war in der Zwischenzeit passiert. Sehr vieles. Aber sie wollte da bleiben. Bei ihm. Sie wussten nicht, was die Zukunft bringen würde. Der bevorstehende Kampf hing wie ein dunkler Schatten in einer Ecke, und gerade deshalb würde Sakura ihn jetzt nicht loslassen. Egal, was in diesem Kampf geschehen würde. Jetzt war er bei ihr. Und sie bei ihm. Hosted by Animexx e.V. 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