Verwundet von jane-pride (Portgas D. Ace) ================================================================================ Prolog: -------- Prolog Blut. Überall. Alles um ihn herum war eingetaucht in die Farbe des Blutes. Er überlegte, ob das meiste davon von ihm kam, doch so genau wusste er das nicht mehr. Er wusste, er hatte hart gekämpft. Hart und unerbittlich. Fäuste trafen aufeinander. Prügelten auf sein Gegenüber ein. Mehrere Kinnhaken und Tritte wurden ausgeteilt. Doch am Ende… Am Ende war er derjenige, der zum Schluss am Boden liegen blieb. Mittendrin in seinem eigenen Blut. Er hatte den Kampf verloren. Den Kampf, den er sich all die Jahre sehnsüchtig herbeigesehnt hatte. Sein ganzes bisheriges Leben war darauf ausgerichtet gewesen. Bereits als Kind hatte er angefangen zu trainieren. Seine Agilität. Seine Reflexe. Seine Kondition. Seine Stärke und seinen Geist. Viel Schweiß und Tränen waren vergossen wurden. Er dachte, er wäre stark genug geworden, um es endlich mit ihm aufnehmen zu können. Mit ihm, mit dem er sich um jeden Preis auf der Welt messen wollte. Er wusste, dass er gut war. Das er stark war. Doch gegen ihn hatte er dennoch keine Chance gehabt. Von Anfang an nicht. Scham keimte in ihm auf. Scham und Demütigung, die er davongetragen hatte. Dagegen waren seine Verletzungen ein Witz. Diese konnte er verkrampften, aber nicht diese tiefsitzende Schande. Er war eben doch kein so guter Pirat, wie er angenommen hatte. Seine Crew gab es ab heute nicht mehr. Was er aufgebaut, was er erreicht hatte, der Grund weswegen er in See gestochen war, hatte er vergessen. Es war bedeutungslos geworden. Seine Augenlider wurden schwer. Sein Atem wurde immer flacher. Er war müde, unsagbar müde. Er wollte nur noch schlafen. In eine unendliche Dunkelheit versinken und nie wieder erwachen. Whitebeard hatte ihn am Ende besiegt. Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Kapitel 1 Eine einzige Möwe hockte auf einem Felsvorsprung, der zur tosenden See hinausragte. Es war ein kleiner, schmaler Vorsprung, der keinen ausreichenden Platz für ein Kind oder ausgewachsenen Menschen bot. Diese Stelle war das Schlemmerbuffet der kleinen Möwe. In der engen Felsspalte tummelten und lebten viele verschiedene Insekten, die in ihrer Kolonie aufgeregt hin und her krabbelten. Die Möwe mochte es, diese winzigen Lebewesen zu jagen und zu reizen. Dadurch wurde ihr Jagdinstinkt, bzw. ihre Futtersuche, so richtig spannend und gestaltete sich meist spaßig. Wie auch in diesem Moment. Ihr Schnabel pikte und hackte auf die armen Kreaturen ein, die fluchtartig ins Dunkel, hinein in die Felsspalte, wuselten. Die meisten von ihnen hatten Glück. Doch die hartnäckige Möwe gab sich mit dieser mageren Ausbeute nicht zufrieden. Mit harter, roher Gewalt pikte sie mit ihrem Schnabel auf dem Fels ein, um etwas Stein davon zu lösen, damit die Käfer wieder ans Licht kommen würden. Es gelang ihr nur mit mäßigem Erfolg (immerhin war der Fels um einiges härter als ihr Schnabel). Nachdem sie völlig erschöpft, aber gesättigt, den Felsvorsprung wieder verließ, flog sie höher an den Rand der Felskante und riskierte einen Blick zurück auf die tobende Wassermasse.   Unfassbar weit erschreckte diese sich über den Horizont und spiegelte die beeindruckende Wolkenpracht an der Meeresoberfläche wieder. Ein kräftiger Wind zog auf, der die dunklen mit Regen gefüllten Wolken näher an die Insel wehte, auf der sich die Möwe gerade befand. Sie hatte keine Angst vor dem herannahenden Naturspektakel. Natürlich wusste sie genau, was sie zu tun hatte, um sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Diese Insel bot viele Möglichkeiten, entweder im Dickicht der Bäume und Büsche, in Höhlen oder unter Felsvorsprüngen, die unzählig im Norden der Insel vorzufinden waren. Genau dort, hielt sich die Möwe zu Zeit auf und hüpfte halbschwebend, zu ihrem warmen Nest. Wahrscheinlich würde es vom Regen etwas feucht werden, aber gewiss nicht triefend nass, sodass die Möwe sich absolut sicher sein konnte, in Sicherheit zu sein. Noch warm und gemütlich kuschelte sie sich in ihr Nest und bedeckte ihren kleinen Kopf mit einer von ihren Flügeln.   Die Möwe war längst eingeschlafen, als die fast schwarze Wolkenpracht langsam über die Insel hinweg zog, und dass mit ohrenbetäubendem Donner und brechenden Wellen, die vom stärker werdenden Wind aufgewirbelt wurden und an der meterhohen Felswand aufschlugen. Nebenbei wurde die Sonne von der Dunkelheit verschluckt. Man konnte sagen, dass der Tag zur Nacht geworden war, obwohl es gerade Mittag wurde. Eine düstere Stunde kündigte sich für die Insel und dessen Bewohner an.   Allgemein war es eine sehr friedlebende Insel, die relativ selten von Naturkatastrophen heimgesucht wurde. Meteorologen begründeten dies damit, dass die Insel, die keine besonders weite Landfläche ausmachte, nah am Kontinent lag, der vom Süden aus der Insel am Firmament sichtbar war. Die Überfahrt zum Festland dauerte keine sechzig Minuten, weswegen der Handel überragend profitierte. Auf der Insel befand sich ein großes Kohlebergwerk, was dafür verantwortlich war, dass mehr Bergleute mit ihren Familien auf der Insel lebten als andere Berufsstände. Selbstverständlich gab es ein kleines Dorf, das alle essentiellen Bedürfnisse der Menschen erfüllen konnte. Der Kontinent bot sich für diejenigen an, die nach mehr Luxus und exklusiven Gütern strebten, die ihr individuelles Leben bereichern sollten. Die Inselbewohner wurden über eine Teleschnecke im Basisgebäude rechtzeitig über den Orkan informiert. Eine Handvoll Marinesoldaten behüteten die Gesetze der Insel.   Mehr als eine Handvoll Soldaten war bisher nicht nötig gewesen. Verbrechen fanden hauptsächlich im kleineren Rahmen statt, die sich meist in Streitereien unter Nachbarn, Schlägereien in Kneipen oder Diebstählen von geringeren Nichtigkeiten äußerten. Außerdem kannten sich die Bewohner allesamt mit Namen. Jeder beschützte den anderen und ihre Rangeleien mit dem Gesetz machten sie meistens unter sich aus. Im Grunde genommen, war die Marine ausschließlich wegen der Bürokratie da.   In Anbetracht dessen liebte die kleine Dorfgemeinde ihr Leben auf der fast schon idyllischen Insel. Kinder wuchsen ohne Gewalt auf und die Erwachsenen konnten jeden Tag friedlich ihrer Arbeit nachgehen ohne irgendwelche Überraschungen jeglicher Art zu erwarten. Es war ein harmonisches Beisammensein, in dem jeder jeden schätzte und respektierte. Seit Generationen war dieses Leben unverändert gewesen. Sie schrieb ihre eigene für sich bedeutende Geschichte auf die jeder von ihnen stolz war.   Jedoch, wie in jeder Gute-Nacht-Geschichte, lebte auch unter den Inselbewohnern ein schwarzes Schaf. Eine junge Frau von gerade mal siebzehn Jahren träumte ihr Leben gern und ließ keine passende Gelegenheit unversucht, ihre Träume auch zu erfüllen. Hiko war bereits als kleines Kind extrem wissbegierig gewesen, was Erzählungen über Mythen und die unendlich weite See betraf. Das Meer jeden Tag sehen zu dürfen und zu beobachten, hatte sie vom ersten Tag an verzaubert. Stundenlang konnte sie aufs Meer hinausschauen ohne dessen Anblick müde zu werden. Sobald sie das Schwimmen gelernt hatte, konnten keine zehn Wildpferde sie daran hindern und vom Wasser fernhalten. Sie schwamm und tauchte ohne Unterlass. Dabei sammelte sie alles unter Wasser, was sie zwischen ihre Finger bekam.   Ihre Pflegeeltern hatten viel Arbeit mit ihr, auch wenn sie das allergrößte und beste Geschenk war, was das Leben ihnen geben konnte. Doch, wie alle Eltern, machten sie sich große Sorgen um die verträumte Hiko. Obwohl sie nicht deren leibliche Tochter war, liebten sie sie, als wäre es ihr eigenes. Allerdings veranlassten die vielen Geschichten der See, dass sich Hiko mit zunehmendem Alter immer mehr für die Piraterie interessierte. Für sie waren es mutige und tapfere Seeleute mit wahrhaftigem Leichtsinn, aber sie jagten Tag für Tag ihren Träumen hinterher und einige unter ihnen, schafften es auch diese zu verwirklichen. Der brutale Überlebenskampf auf hoher See, wo man sich nie sicher sein konnte, ob man den nächsten Tag noch erleben würde, übte einen faszinierenden Reiz auf Hiko aus, dem sie nur zu gerne, und zwar so bald wie möglich, nachgeben würde. Denn auch sie hatte ein großes Ziel, einen Traum, den sie unbedingt verwirklichen wollte. Und sie spürte, dass sie das auch musste…Sehr zum Missfallen der starrsinnigen Gemeinde, die mit Leuten, die anders waren, nicht unbedingt tolerant gegenüber waren.   Der Orkan fegte bereits seit einer halben Stunde über die Insel hinweg. Fenster und Türen wurden vorab doppelt und dreifach verriegelt, damit kein Windzug oder Regen in die Häuser eindringen konnte. Selbst die Dächer wurden ins pekziert, um peinlich genau sicher zu gehen, dass nichts beschädigt werden konnte.   Abgesehen vom wütenden Wind und Regen war es still im Dorf. Hikos Pflegeeltern Mamiko und Manabu saßen an ihrem Küchentisch mit einer dampfenden Tasse Jasmintee vor sich stehend. Sorgenfalten zeichneten sich auf Mamikos Stirn ab. „Ob sie wohlauf ist, Manabu?“, fragte sie bestimmt schon zum hundertsten Mal ihren Ehegatten. „Davon bin ich überzeugt, Liebes.“, antwortete Manabu und streichelte seiner Frau liebevoll über ihren rechten Handrücken. „Du kennst unsere Tochter. Es ist nicht das erste Mal, dass sie bei so einem Wetter draußen umherzieht. Es ist ihr inneres Wesen, was sie immer wieder nach draußen treibt und jedes Mal kehrt sie gesund und munter zurück. Garantiert auch dieses Mal.“   Weiterhin redete Manabu behutsam auf seine Frau ein, die trotz ihrer sichtbaren Sorgen unbeschreiblich schön aussah, obwohl die vielen Jahre schon erste Anzeichen vom Alter hinterlassen haben. Mamiko hatte goldblonde lange Haare, die gewellt über ihre Schultern hingen und sanft ihr zartes Gesicht umschmeichelten. Ihre Augen waren so blau wie der Himmel, stets unbeirrt hell und klar, die jeden Mann sofort in ihren Bann zogen. Dagegen war ihre kleine Stupsnase weniger auffallend, dafür aber wieder ihre vollen roten Lippen, die jeden zum Küssen einluden. Zudem war Mamikos Statur schlank und grazil. Sie hatte lange Beine, weiche Hände und einen wohlgeformten Busen. Heute trug sie ein schlichtes, langes hellblaues Kleid, was mit einem weisen kragen versehen war. Dieser war vorne offen, wodurch ihr Dekolletee frei war. Um ihren Hals trug sie eine goldene Halskette mit einem gleichfarbigen Blütenanhänger und einem roten Stein in der Mitte. Das war auch der einzige Schmuck den sie trug, abgesehen von ihrem Ehering am linken Ringfinger. Mehr hatte Mamiko auch nicht nötig, fand Manabu, denn die natürliche Schönheit seiner Frau kam so schon hervorragend zur Geltung. Männerherzen lagen ihr zu Füßen. All diese Herzen waren gebrochen, als Mamiko Manabu zu ihrem Ehemann genommen hatte.   Manabu war ebenfalls attraktiv mit seinen kurzen braunen Haaren und seinen haselnussbraunen Augen, die ab und zu hinter einer Lesebrille verborgen waren. Er war groß und schlank, besaß allerdings nur wenig Muskeln. Er führte einen Buchladen, in dem keinerlei physische Aktivitäten anfielen. Zumindest keine regelmäßigen, außer hin und wieder Bücherstabel von A nach B zu tragen. Dafür war sein Kinn markant und auch seine Hände waren auffallend groß. An seinem Hochzeitstag war er der glücklichste Mann auf Erden gewesen, als seine Mamiko, ihm das Jawort vor Familie und Freunden gegeben hatte. Viele glückliche Jahre waren seitdem vergangen. In den weniger schönen Stunden, als sie unter anderem feststellen mussten, dass Mamiko keine Kinder gebären konnte, entschlossen sie sich ein Kind zu adoptieren. Das Schicksal hatte sie letzten Endes zu Hiko geführt, die als Säugling unter einem Baum, nahe dem Wasser, auf der Insel gefunden worden war.   „Und was, wenn nicht?“ Auch diese Frage hatte Mamiko bereits ein dutzend Mal gestellt. „Das wird nicht passieren, Liebling.“, beteuerte Manabu und gab seiner Frau einen Kuss auf die Schläfe. „Hiko ist stark und unbeschreiblich klug. Sie wird wissen, wie und wo sie sich am besten vor dem Orkan schützen kann.“ „Ich hoffe, dass du recht behältst. Ich würde es nicht ertragen, unsere Hiko zu verlieren.“ Haltsuchend schmiegte sich Mamiko an die starke Brust ihres Mannes. Dieser strich seiner Frau beruhigend übers Haar. „Du wirst schon sehen. Spätestens heute Abend wird Hiko unversehrt durch unsere Haustür marschieren und freudig berichten, was sie alles Aufregendes erlebt hat. Davon bin ich überzeugt.“   >~~~~~~<   Tief im dichten und einzigen Wald der Insel verborgen, hatte Hiko bereits als kleines Kind einen Unterschlupf unter einem großen kräftigen Baumstamm zwischen den langen Wurzeln gefunden. Wie damals, als sechsjährige, als sie sich wie so oft verlaufen hatte, hockte sie auch heute unter diesem Baum und wartete bis der Orkan vorüber war. Das heftige Wetter jagte ihr keinerlei Angst ein, im Gegenteil, sie genoss dieses Naturschauspiel in vollen Zügen. Begierig nahm sie den Duft der nassen Natur in sich auf und versuchte sämtliche andere Lebensformen um sich herum wahrzunehmen, die sich wie sie, vor dem Sturm in Sicherheit gebracht hatten. Winzige Regungen nahm sie in ihrer unmittelbaren Umgebung wahr. Dabei musste Hiko das Leben in ihrer phänotypischen Form nicht sehen, um zu wissen, dass es sich in verschiedenen Tierarten und Pflanzen umgab. Ein Eichhörnchen schlief über ihr in der Baumkrone, in seinem eigenen warmen Nest. Mehrere Vogelnester waren bewohnt mit ihrer neugeschlüpften Brut. Kaninchen und Füchse ruhten unter der Erde in ihren Bauten und beschützten ihre Familien. Vielfältige Arten von Leben umgaben Hiko, und sie fühlte sich als Teil von ihnen. Die Waldbewohner kannten Hiko, hatten sie als eine von ihnen akzeptiert und gewährten ihr Zuflucht in ihrem grünen Heim.   Obwohl Hiko klatschnass war, war ihr dennoch nicht kalt. Eine wohltuende Wärme ruhte in ihr, die sich in sämtliche Glieder ausbreitete. Sogar, bis in den kleinen Zeh. Hiko trug heute keine Schuhe. Ein silbernes Fußarmband zierte ihren rechten Knöchel. Weiter trug sie eine blaue dreiviertel Jeans und ein rosafarbenes Longshirt. Ihre Augen waren braun und ihre schwarzen Haare waren zu einem Zopf gebunden. Ein schräger Pony fiel über ihre Stirn und verdeckte zur Hälfte ihr rechtes Auge. Mit ihren siebzehn Jahren war Hiko nicht besonders groß geraten, aber sie war dünn, und man konnte deutlich erkennen, dass sie sich auf dem besten Weg befand, sich zu einer reifen Frau zu entwickeln. Ihr Busen war eher klein, aber ganz klar vorhanden. Bei weitem war sie nicht so atemberaubend schön, wie ihre Mutter, aber das bedeutete auch nicht, dass sie hässlich war. Hiko mochte sich genauso, wie sie war. Außerdem hatte sie sich um Äußerlichkeiten noch nie großartig gekümmert.   Als der Sturm endlich anfing nachzulassen, sprang Hiko schnell vom feuchten Boden auf und trat unter dem Baum hervor. Zwar nieselte es noch leicht, doch Hiko ließ sich davon nicht beirren. Hastig lief sie durch den Wald aufs angrenzende Meer zu. Im Osten der Insel befand sich eine kleine Bucht, die mit weißen, schmalen Streifen Sand versehen war. Dies war Hikos Lieblingsort auf der Insel. Hier fühlte sie sich häufiger zu Hause, als manches Mal bei ihren Eltern. Natürlich liebte Hiko ihre Eltern über alles, aber…Heimat kann auch etwas anderes sein, und das musste Hiko für sich noch herausfinden. Am Strand entledigte sie sich ihrer Hose und sprang gezielt ins offene Meer. Unter Wasser eröffnete sich ihr eine komplett andere, bezaubernde Welt. Meeressäugetiere hießen sie willkommen, denn sie spürten, dass Hiko eine von ihnen war. Seit jeher konnte sie unter Wasser atmen und mit den Meereslebewesen kommunizieren. Dafür war keine verbale Sprache nötig, sondern eine Kommunikation auf mentaler Ebene. Sie konnte die Schwingungen anderer Lebewesen wahrnehmen, und diese je nach Gefühlslage interpretieren und verstehen. Hiko glitt durchs Waser, als wäre sie selbst ein Teil vom Meer. Als wäre dieser Ort, ihr einzig wahres zu Hause.   Im Wasser vergaß Hiko oft die Zeit und kam deswegen regelmäßig zu spät nach Hause, weswegen gerade ihre Mutter unter unnötigen Sorgen litt. Hiko tat ihr Verhalten jedes Mal Leid, aber ihr Herz brauchte so dringend das Meer, wie Menschen die Luft zum atmen benötigten. Warum sie als einzige ebenfalls unter Wasser atmen konnte, wusste sie nicht. Doch sie freute sich immens darüber, denn sie spürte, dass es richtig so war, auch wenn es eigentlich nicht möglich sein sollte. Eine Regung, die mehrere Meter von ihr entfernt war, ließ Hiko in ihrer Schwimmbewegung innehalten. Sie spürte, dass etwas Fremdartiges im Meer aufgetaucht war und langsam von der Meeresoberfläche immer tiefer sank. Von Neugier gepackt, eilte Hiko mit kräftigen Schwimmzügen zum leblosen Körper. Beim Näherkommen erkannte sie, dass es sich hierbei um einen Menschen handelte. Nach dieser Erkenntnis beeilte sie sich umso schneller, zu ihrem Ziel zu kommen. Dort angelangt, packte sie den Rumpf und schwamm schleunigst an die Oberfläche zurück. Es gelang ihr nicht ganz so zügig, wie sie es wollte, denn das Gewicht, welches sie mit sich zog, war aufgrund der Kleidung und der Größe des Menschen enorm. Trotzdem gelang es ihr und hielt den Kopf des Bewusstlosen überm Wasser. Auf diese Weise kraulte sie schnell an Land und legte den massiven Körper auf dem hellen Sand ab.   Der Mann vor ihr war ohnmächtig und atmete nicht. Rasch handelte Hiko, um nicht weitere lebenswichtige Zeit zu vergeuden, und zog mit einer Handbewegung sämtliches Wasser aus der Lunge des reglosen Körpers. Hierfür hielt sie ihre ausgestreckte Hand über den zuvor geöffneten Mund und konzentrierte sich auf die Wasseransammlung in seinen Lungen. Hiko konnte das Wasser eindeutig fühlen und holte es mittels ihrer Hand, die in diesem Fall wie ein Magnet auf das Wasser wirkte, heraus. Eine Art elektrischer Impuls ging durch ihren Körper und durch die entsprechende Hand, der durch ihre Konzentration erzeugt wurde. Im Anschluss daran hustete der Mann, das restliche Wasser aus, blieb jedoch weiterhin bewusstlos. Hiko war erleichtert, denn er lebte noch, und damit war sie vorerst zufrieden.   Bei näherer Betrachtung und Untersuchung stellte Hiko fest, dass der Mann massive Verletzungen erlitten hatte. Sie war sich absolut sicher, dass der Mann einen harten und anstrengenden Kampf ausgetragen hatte und dabei als Verlierer davongekommen war. Ein Blick zurück aufs Meer konnte ihr keine hilfreichen Antworten liefern, denn irgendwie musste dieser Kerl von jemandem, vermutlich seines Gegners, im Meer versenkt worden sein. Noch dazu, hatte bis vor kurzem ein Orkan in dieser Gegend gewütet, also wie um alles in der Welt, sollte es möglich gewesen sein, dass jemand freiwillig bei so einem Wetter aufs Meer hinausfuhr? Hiko hörte erstmal auf zu grübeln und zog dem Mann sein langes Gewand aus. Was zum Vorschein kam, verschlug ihr für einen kurzen Augenblick den Atem. Tiefe Fleischwunden übersäten den gesamten Korpus. Einige Wunden hatten sich entzündet und Blut trat aus ihnen hervor. Die blasse Haut war ein Zeichen dafür, dass er eine Menge Blut verloren haben musste. Es grenzte an ein Wunder, dass er noch unter den lebenden weilte, wenn auch nur sehr knapp, das war Hiko auf der Stelle klar geworden.   Neben der Tatsache, dass Hiko unter Wasser atmen konnte, besaß sie auch heilende Fähigkeiten. Sorgfältig und gründlich säuberte sie mit einem Tuch, dass sie zuvor aus ihrer Hosentasche geholt hatte, die Wunden und heilte wortwörtlich durch Hand auflegen. Ein helles Leuchten trat aus ihren Handflächen hervor und versiegelte die offenen Schnitte. Allerdings konnten sie nur recht langsam heilen, denn die Wunden waren ziemlich tief. Es kostete Hiko eine enorme Anstrengung ihre Heilkünste bis zum Ende auszuführen. Doch sie schaffte es. Jetzt erst nahm sie sich die Zeit, nachdem sie sich erschöpft zurückgelehnt hatte, den Fremden eingehender zu mustern.   Sie schätzte ihn auf die Anfang zwanzig, war sehr gut durchtrainiert, was seine vielen Muskeln am ganzen Körper zusätzlich verdeutlichen. Er hatte wirre schwarze Haare, seine Nase war kantig und um seinen Mund hatte er selbst im reglosen Zustand einen ernsten Zug. Einige Sommersprossen zierten sein Gesicht im Wangenknochenbereich und natürlich war er um einiges größer als Hiko. Die dunkle Hose des Mannes war zerfetzt und schon ziemlich abgetragen, um die Taille war sie nur notdürftig zugeknöpft. Alles in allem, und wenn man von seinem zuvor desolaten Zustand absah, konnte Hiko nicht leugnen, dass er verdammt gut aussah. Bestimmt hatte er bereits einige Frauenherzen gebrochen, davon war sie überzeugt.   Fürs erste beschloss Hiko zu warten, bis der Fremde wieder zu sich kommen würde. Sie zog ihre Hose wieder an und setzte sich einige Schritte von ihm entfernt auf einen kleinen Fels und wartete ab. Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Kapitel 2 Die Sonne begann bereits unterzugehen, als sich der Fremde zum ersten Mal rührte. Gespannt wartete Hiko und versetzte sich automatisch in Abwehrhaltung. Äußerlich blieb sie gefasst, aber innerlich war sie darauf vorbereitet, den Kerl auszuknocken, sollte er sie angreifen wollen. Der Fremde hatte seine Augen geöffnet. Mehrere Male zwinkerte er, ehe er sich langsam aufsetzte. Ein Keuchen drang aus seinem Mund. Mechanisch betastete er seinen Körper, nur um überraschend festzustellen, dass seine schweren Verletzungen verheilt waren. Verwirrt starrte er an sich hinab und kontrollierte jeden Zentimeter seines Körpers. Danach blickte er geradeaus aufs Meer und verstand gar nichts mehr.   Was in aller Welt ist geschehen? Eben hatte ich noch gekämpft, war verletzt…Und nun, liege ich hier und…wie bin ich hier hergekommen? Wie kann es sein, dass ich noch am Leben bin???   „Du bist in Sicherheit.“   Wer hat da gesprochen?   Mühsam drehte der Fremde seinen Kopf nach links und entdeckte eine junge Frau, die auf einem Stein saß und ihn neugierig musterte. Obwohl seine Verletzungen verheilt waren, tat ihm jede noch so kleine Bewegung weh. Bei seinem letzten Kampf hatte er seine gesamte Energie eingebüßt.   „Wie heißt du?“, fragte Hiko. „Wo…wo bin ich hier? Wie bin ich hierher gekommen?“ „Das wie kann ich dir nicht sagen. Du bist auf „Little Island“ einer ziemlich kleinen Insel, wie der Name schon sagt.“ „Ich verstehe nicht…ich wurde doch besiegt…“   Einzelne Bilder schossen dem Mann durch den Kampf, als er schemenhaft begann, sich an seinen Kampf zu erinnern.   „Du wurdest übel zugerichtet. Ich habe einen gewaltigen Schrecken bekommen, als ich deine Wunden gesehen habe.“   Was war verdammt noch mal geschehen? Ich war mit meiner Mannschaft, meiner Crew unterwegs gewesen, als plötzlich ein Sturm aufzog und dieses riesige Schiff, das auf uns zusteuerte…   „Magst du mir nicht deinen Namen verraten?“   Dieses Schiff! Es steuerte zielsicher auf uns zu…Dann diese Flagge…die Totenkopfflagge, die ich so lange gesucht habe…   „Geht es dir nicht gut?“   Hiko hatte die ganze Zeit den Fremden beobachtet, der sich schmerzend seinen Kopf hielt und unkontrollierte Töne von sich gegeben hatte. Dabei starrte er auf den Boden, zwischen seinen angewinkelten Beinen. Er musste Schlimmes durchgemacht haben.   „Hey!“   Erst jetzt, nachdem Hiko den Mann angeschrien hatte, fand er wieder langsam ins Hier und Jetzt zurück. In seinen Gedanken herrschte noch das reinste Chaos. Viel zu verworren, um alles auf der Stelle ordnen und begreifen zu können. Inzwischen war Hiko aufgestanden und lächelte freundlich auf den Fremden hinab.   „Verrate mir doch deinen Namen. Ich schwöre, dass du hier in Sicherheit bist.“ „In Sicherheit? Weißt du überhaupt, was das bedeutet?“, verächtlich kamen diese Worte aus seinem Mund.   Was weiß sie schon? Sie weiß gar nicht, was ich durchgemacht habe.   „Natürlich weiß ich nicht, was du durchmachen musstest, aber hier auf Little Island ist alles friedlich, das kannst du mir glauben.“ „Woher weißt du, was ich gerade gedacht habe?“ Skeptisch beäugte der Mann die junge Frau neben ihm, die sich eine Armeslänge entfernt von ihm gesetzt hat.   „Guck mich jetzt nicht so entgeistert an. Natürlich kann ich keine Gedanken lesen, aber ich kann ungefähr ahnen, woran du denken musst. Nicht jeden Tag finde ich einen schwerverletzten Mann im Meer, also ist es nur logisch, dass du einen harten Kampf hinter dir haben musst und dazu eine schwere Zeit.“ „Was hast du gerade gesagt? Du hast mich im Meer gefunden?“ „Ja. Ich war gerade tauchen, als du plötzlich im Wasser aufgetaucht bist. Seltsamerweise, ein Schiff habe ich nicht gesehen. Wie bist du hierher gekommen?“ „Ich…ich weiß es nicht.“ „Na dann, das macht nichts. Magst du mir nicht endlich verraten, wie du heißt?“   Was wurde hier überhaupt gespielt? Allmählich kam sich der Mann veralbert vor, auch wenn er wusste, dass der Kampf echt gewesen war. Aber, wie er um alles in der Welt hierher gekommen war, das wusste er nicht. Beim besten Willen konnte er sich nicht daran erinnern, was geschehen war, nachdem er ohnmächtig zu Boden gefallen war. Sein Kontrahent über ihm…   „Sag, in welchem Ozean befinden wir uns hier?“, wandte er sich an Hiko. „In welchem Ozean? Du stellst Fragen, wir sind im East Blue.“ „WAAAS? Verarsch mich nicht!“ „Na hör mal, was soll denn das Gebrüll?“   Erschrocken hatte sich Hiko die Ohren zugehalten. Was war denn auf einmal in ihn gefahren, so laut zu schreien?   „Aber, EBEN war ich noch auf der GRAND LINE gewesen!“ Das erklärte natürlich so einiges, besonders seinen lauten Ausbruch. Doch, auch Hiko war sprachlos und genauso irritiert wie ihr gegenüber, der sie weiterhin entgeistert anstarrte.   „Bist du dir sicher?“, hakte der Fremde ungläubig nach. „Und ob ich das bin. Seit siebzehn Jahren lebe ich hier schon, und war noch nie in einem der anderen Meere gewesen. Ich versichere dir, dass wir uns JETZT im East Blue aufhalten.“   Ich fasse es nicht! Konnte das alles wahr sein? Hier habe ich meine Reise vor zwei Jahren angetreten und geschworen ein berüchtigter Pirat zu werden, um Whitebeard zu besiegen!   „Hallo? Ist alles in Ordnung mit dir? Du bist noch blasser geworden, als du es ohnehin schon warst.“, versuchte Hiko erneut ein Gespräch mit dem Mann in Gang zu setzen. „Du lügst doch nicht, oder?“   In den Augen des Mannes spiegelten sich Unglauben mit einer gewaltigen Menge Hoffnung, dass Hiko ihn nicht anlog. Er hatte seinen Halt verloren und spürte den Drang, dass er sich an etwas klammern musste, das ihm wieder neuen Halt geben würde. Hiko war die einzige, die ihm dies geben konnte.   „Ich belüge dich nicht.“, antwortete Hiko freundlich und strömte Wärme aus, die den Fremden sanft streichelte. Augenblicklich beruhigte er sich wieder und seufzte. Er hoffte aus Erleichterung. „Wie heißt du?“, fragte Hiko ein weiteres Mal und sie wusste, dass sie nun eine Antwort auf diese Frage erhalten würde.   „Ace.”   „Willkommen, Ace. Hier auf Little Island. Mein Name ist Hiko.“ Erwartungsvoll streckte sie ihm die Hand entgegen und hoffte, dass er diese auch ergriff, was er nach kurzem Zögern auch tat.   „Kannst du mir sagen, was geschehen ist, nachdem du mich im Wasser gefunden hast?“ „Klar. Ich brachte dich an Land, holte das Wasser aus deinen Lungen und heilte deine Verletzungen. Das ging alles recht schnell. Danach habe ich bis Sonnenuntergang gewartet, bis du wieder zu dir gekommen bist.“ „Stopp! Du hast mich an Land gebracht, diesen Teil kann ich nachvollziehen, aber was meinst du damit, dass du das Wasser aus meiner Lunge geholt hast?“ Wieder sah er Hiko argwöhnisch an und bekam langsam den Verdacht, dass sie keine normale junge Frau war. Zwar war Ace ziemlich müde und ausgelaugt, aber er konnte dennoch erkennen, bzw. wahrnehmen, dass Hiko eine besondere Ausstrahlung umgab. Etwas Geheimnisvolles ging von ihr aus. Sie war definitiv kein normaler Mensch.   „Nun, mit meiner Hand. Eine rasche Handbewegung und die Wassermengen waren wieder draußen. Diese Fähigkeit habe ich, seit ich mich erinnern kann. Wasser scheint mir zu gehorchen, warum auch immer.“ „Hast du von einer Teufelsfrucht gegessen?“, wollte Ace von ihr wissen. Das war die einzig mögliche Erklärung dafür. „Von einer Teufelsfrucht? Nein. Ich kann es einfach so.“ „Einfach so? Aber, das kann nicht sein.“ „Ich kann dir auch nicht erklären, warum und wieso ich das kann. Aber, beruhig dich, hier bin ich die einzige, die sowas kann.“ „Normalerweise können sowas nur die Teufelsfrüchte mit einem Menschen machen.“, überlegte Ace und spürte, dass er Kopfschmerzen bekam.   „Hast du von einer Teufelsfrucht gegessen?“, hakte Hiko neugierig nach. „Du scheinst eine Menge über sie zu wissen.“ „So vieles darüber, weiß ich auch nicht. Nur, dass sie ungeahnte Fähigkeiten verleihen können, und zwar jedes Mal verschiedene. Jede Teufelsfrucht gibt es nur einmal auf der Welt und ihre individuelle Fähigkeit. Außerdem kann man danach, wenn man von einer gegessen hat, nie wieder Schwimmen. Und ja, ich habe von einer gegessen. Von der Feuerfrucht. Das ist eine von den Logiafrüchten.“ „Interessant. Das ist auch das, was ich über sie weiß. Du kannst also Feuer erzeugen?“ „Mein gesamter Körper besteht daraus.“   Zur Demonstration streckte Ace seine Handfläche nach oben und erzeugte eine kleine tanzende Flamme. Hiko war überwältigt davon. Begeistert klatschte sie in ihre Hände, als Ace völlig außer Atem nach vorne kippte. „Ist alles in Ordnung, Ace? Du bist wohl noch ziemlich erschöpft.“ Hiko wollte ihm helfen, sich wieder aufrecht hinzusetzen, doch Ace schlug ihre Hilfe aus. „Es geht schon wieder.“ Besorgt beobachtete Hiko ihn weiter, wie er sich krampfhaft bemühte, alleine wieder gerade zu sitzen und nicht all zu schmerzhaft sein Gesicht zu verziehen.   „Du sagst, du hast meine Verletzungen geheilt…“, nahm Ace wieder das Gespräch auf, als wäre nichts geschehen. „Ja, das kann ich durch Hand auflegen, aber deine Erschöpfung kann ich nicht heilen.“ „Das ist nicht weiter tragisch. Ich habe noch nie jemanden getroffen, die Wunden heilen kann. Gilt das auch für Krankheiten?“ „Nein.“ „Ach so, schade eigentlich. Stelle ich mir ziemlich nützlich vor.“ „Hey, was hältst du davon mit zu mir zu kommen? Bei meinen Eltern könntest du dich erholen und ich wette darauf, dass du kurz vorm verhungern bist, habe ich recht?“   Nachdem Hiko ihren letzten Satz ausgesprochen hatte, knurrte Aces Magen wie zur Bestätigung. Da er unfähig war, vernünftig und rational zu denken, stimmte er dem Vorschlag von Hiko zu. Eine warme Mahlzeit und die Aussicht auf ein gemütliches Bett konnten wahrlich nicht schaden.   >~~~~~~<   Hiko führte Ace durch den Wald ins Dorf. Anfangs wollte sie ihm alles Mögliche über diese kleine Insel und dem angrenzenden Festland erzählen, aber, als sie merkte, dass Ace gar nicht richtig zuhörte, ließ sie es schnell wieder bleiben. Sie hatte ihm angeboten, ihn zu stützen, da er recht langsam und nach vorne gebeugt ging, doch Ace schlug abermals ihre Hilfe aus. Obwohl er ziemlich erschöpft und müde war, besaß er immer noch eine Menge Stolz. Vor zwei Jahren war er alleine zur See gefahren. Seine Kämpfe, die im Laufe dieser Zeit gekommen waren, hatte er bis zu letzt alleine ausgetragen. Immer war er als Sieger daraus hervorgegangen. Von seiner Stärke war er maßlos überzeugt gewesen. Er hielt sich für den Stärksten auf der Grand Line…was für ein fataler Fehler es doch war.   „Hier, da vorne ist mein zu Hause.“, holte Hiko ihn aus seinen trübsinnigen Gedanken. Kaum hatte er den Kopf gehoben und in die Richtung geschaut, die Hiko ihm zeigte, als auch schon mit einem lautem Knall die Haustür aufgestoßen wurde und eine goldblonde Flut von Haaren auf die zwei zugelaufen kam.   „Hiko! Meine kleine Hiko! Wie kannst du uns nur so einen Schrecken einjagen? Haben wir dir nicht schon tausendmal gesagt, dass du so spät nicht mehr draußen herumlaufen sollst? Und, der Orkan?! Was geht bloß immer wieder in deinem Kopf vor?“ Mamiko hatte ihre Tochter fest in ihre Arme geschlossen, überhäufte sie mit Vorwürfen und weinte sich an ihrer Schulter aus. Hiko versuchte ihre Mutter zu beruhigen, was ihr nicht sonderlich gelang. Ace beobachtete dieses Schauspiel und konnte sich nicht erinnern, schon mal etwas Peinlicheres gesehen zu haben. Einige Meter von ihnen entfernt stand Manabu in der offenen Haustür und musste über den Anblick, den seine Frau und Tochter boten, lächeln. Natürlich war auch er erleichtert, dass seiner Tochter nichts geschehen war. Dann entdeckte er Ace und sein Lächeln verschwand abrupt. Ace spürte, dass er taxiert wurde. Ein Blick Richtung Manabu genügte und er wusste Bescheid.   „Mama, das reicht jetzt!“, wand sich Hiko unter Anstrengung aus der Klammerung ihrer überfürsorglichen Mutter. „Darf ich dir Ace vorstellen? Ich habe ihn aus dem Meer gefischt und dachte, dass er die Nacht bei uns verbringen kann?“ Dass sie ihn geheilt hatte, verschwieg sie lieber. Denn ihre Eltern wären über diese Tatsache alles andere als begeistert gewesen. Kämpfe, jeglicher Art, und egal aus welchem Grund sie geführt wurden, lehnten sie ab. „Wie? Was sagst du?“ Erst jetzt bemerkte Mamiko den jungen Mann, der hinter Hiko stand. Ihre Augen weiteten sich, als sie ihn erkannte.   Sie wollte sich gerade zu ihrem Mann umdrehen, als dieser eine Hand auf die Schulter seiner Frau legte. Ace spürte, dass er nicht länger willkommen war und musste darüber innerlich grinsen. Wie bekannt er doch in den letzten zwei Jahren geworden war. Sein Ruf war ihm mal wieder vorausgeeilt. „Was ist denn mit euch los? Ihr starrt ihn ja an, als wäre er ein Schwerverbrecher.“, brach Hiko die anhaltende Stille und spürte, dass irgendetwas im Busch war. „Nun, so ganz falsch ist das auch nicht.“, antwortete Ace und wandte sich mühselig zum Gehen. Seine Verletzungen waren wahrlich nicht ganz ohne gewesen.   „Warte, Ace! Wo willst du denn hin?“ Hiko wollte ihn am Arm packen, doch Manabu hielt sie zurück. „Lass es gut sein, Hiko. Wenn er gehen will, soll er lieber gehen. Wir können ihn hier nicht gebrauchen.“ „Vater, was sagst du denn da? So kenne ich dich gar nicht.“ Ein Blick in die Augen ihres Vaters und Hiko war entsetzt. Hass und Argwohn spiegelten sich in ihnen wieder. Was hatte das nur zu bedeuten? „Jetzt sagt schon, was mit euch los ist. Ich will es wissen!“, forderte Hiko aufgebracht auf, die nicht verstehen konnte, warum ihre Eltern so einen Aufstand wegen Ace machten, den sie doch überhaupt nicht kannten. Resigniert seufzte Mamiko. Sie warf ihrem Mann einen letzten Blick zu und nickte. Manabu hatte es geahnt. Am liebsten würde er es vermeiden, doch er kannte seine hartnäckige Tochter. Sie würde nicht eher ruhen, bis sie die Wahrheit erfuhr.   „Nun, Hiko, dieser Mann hier vor uns, ist kein gewöhnlicher Mann. Die Marine sucht ihn bereits. Auf diesem Mann ist ein Steckbrief mit hundertmillionen Berry ausgesetzt. Er ist der berüchtigte und brutale Pirat Portgas D. Ace.“     Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Kapitel 3 „Waas???“, ungläubig starrte Hiko Ace hinterher, der kurz darauf stehen geblieben war und nun mit dem Rücken zu ihnen gewandt stand. Er lächelte, doch gleichzeitig lag ein bitterer Zug um seine Mundwinkel. „Du bist der „echte“ Portgas D. Ace?“   Ehrfürchtig betrachtete Hiko die genannte Person. Bis gerade eben noch hatte sie ihn für einen Herumtreiber gehalten, der kreuz und quer über die Meere segelte und nach jedem Berry bettelte. Nach seiner Kleidung zu urteilen, war es das naheliegende. Selbstverständlich erinnerte sie sich daran, dass er erzählt hatte, dass er auf der Grand Line gewesen war, aber dies hatte sie für eine geistige Verwirrung gehalten, die vorübergehend nach seinem Erwachen Besitz von ihm ergriffen hatte.   Hiko hatte bereits viel über Portgas D. Ace gehört. Er galt als berühmt unter den derzeitigen Piraten. In den letzten zwei Jahren zierten sämtliche Titelblätter der Zeitung seinen Namen und hin und wieder wurde ein Bild von ihm abgelichtet. Allerdings hatte der Mann vor ihr wenig mit dem gemeinsam, über den sie in der Zeitung gelesen hatte. Es hieß allgemein, dass Ace grausam und brutal wäre, der sich in jeden noch so gewalttätigen Kampf stürzte, sei es mit anderen Gesetzeslosen oder der Marine und nach sinnlosem Blutvergießen lechzte. Selbst vor Frauen und Kindern würde er keinen Halt machen. Ein gefürchteter und furchtloser Pirat, der als Rookie einen nennenswerten Anfang hinlegte. Folglich konnte er von der Marine nicht so einfach ignoriert werden. Ace war kein namenloser Niemand, der mal eben Pirat spielte, nein, er lebte das Pirat sein mit Leib und Seele und nutzte seine Position gnadenlos aus.   „Warum hast du das denn nicht gleich gesagt, wer und was du bist?“, hüpfte Hiko aufgeregt und packte Ace am Handgelenk. Überrumpelt drehte er sich zwangsläufig wieder zu ihr um. „Jetzt musst du erst recht zum Abendessen bleiben und ein Bett für die Nacht bekommst du auch.“ „Wie? Hast du denn keine Angst?“, fragte Ace mehr als irritiert nach. „Ich bin ein Pirat. Die meisten machen um mich und meinesgleichen einen großen Bogen.“ „Na und? Ich habe dich aus dem Meer gefischt, also habe ich ja wohl eine Gegenleistung von dir verdient. Außerdem glaube ich nicht, dass du uns nachts heimlich die Kehle aufschlitzen wirst.“ „HIKO!“   Manabu trat einen großem Schritt auf seine Tochter zu, währenddessen schlotterte Mamiko am ganzen Körper. „Du weißt genau, dass du über sowas in Gegenwart deiner Mutter nicht reden sollst. Wir sind friedlebende Menschen. Keine PIRATEN! Auch du nicht!“ Drohend fixierte Manabu seine Tochter, die ihn geradewegs anfunkelte. „Wer oder was ich sein will, ist ganz allein meine Sache! Was kümmern mich die Meinungen der anderen im Dorf oder sonst welche. Aber es geht jetzt nicht darum. Ace hat einen harten Kampf hinter sich. Er wäre fast verblutet, wenn ich ihn nicht geheilt hätte. Ich bin mir sicher, dass er uns nichts tun wird. Und morgen, zieht er dann wieder weiter fröhlich seiner Wege.“   „Hiko, du weißt, dass wir verpflichtet sind, ihn der Marine auszuliefern.“ Rasch erfolgte ein Seitenblick von Ace auf Hikos Vater. Seine Aussichten waren gerade alles andere als rosig, aber diese Hiko schien ihn aus irgendwelchen Gründen zu verteidigen. Er hatte gleich gemerkt, dass sie nicht wie alle anderen oder die meisten Menschen war, die er bisher kennen gelernt hatte. Irgendetwas an ihr war anders und wenn er nicht so hungrig und müde wäre, hätte er mit Sicherheit auch gemerkt, dass sie interessant war und es sich lohnte über Gedanken über sie zu machen. „Dein Vater hat Recht, Hiko.“, wandte sich Ace an die junge Frau, die immer noch seinen Arm hielt und löste sich daraus. „Ich gehöre hier nicht her. Ich sorge bloß für Ärger und Unruhen.“ „Ach, quatsch!“, fuhr ihn Hiko an. „Du weißt doch gar nicht, wo du die Nacht verbringen sollst. Nachdem Orkan ist jeder Fleck auf der Insel nass und kalt. Deine spärliche Kleidung würde nicht lange halten. Bevor du dich richtig von deinen Verletzungen erholt hättest, wärst du schon krank und ringst erneut mit dem Tod. Das kommt überhaupt nicht In Frage, dass du jetzt einfach so verschwindest. Du musst mir von deinem Leben auf der See erzähen. Außerdem werden weder mein Vater noch meine Mutter bei der Marine Meldung erstatten, wenn ich sie freundlich darum bitte.“   Skepsis spiegelte sich in Aces Augen, umso überraschter war er, als er einen Blick auf Manabu und Mamiko warf, die ihre Blicke gesenkt hielten. Er konnte es nicht glauben und erst recht nicht für möglich halten, dass die Eltern dem Willen ihrer Tochter nachgeben würden. Denn, eigentlich wäre es nur allzu logisch ihn bei der Marine zu verpfeifen, die Belohnung zu kassieren, die auf seinem Kopf ausgesetzt war und nie wieder würde man sich unter die Augen kommen. Als hätte man sich nie gesehen oder getroffen. So läuft das eben in seinem Geschäft.   „Nun gut, wenn Hiko davon überzeugt ist.“, gab Manabu nach und nickte beschwichtigend seiner Frau zu. „Du darfst für eine Nacht bleiben, wenn du uns versprichst, dass du am nächsten Morgen sehr früh verschwinden wirst. Eine Verbindung zu uns gab es nicht und wird es nie geben. Und wehe du vergreifst dich an einen von uns. Dann Gnade dir Gott! Hast du mich verstanden?“ Alle Anwesenden wussten, dass der letzte Satz von Manabu eine leere Drohung war. Jedem war klar, dass Ace sie jeder Zeit überlisten konnte und Manabu kein Kämpfer war, was man ihm nur allzu deutlich ansah. Ace überlegte nicht lange und stimmte dem zu, denn sein knurrender Magen war kaum noch zu überhören.   >~~~~~~<   Die dreiköpfige Familie staunte nicht schlecht, während sie Ace beim Essen zusahen. Er verschlang das Essen in Sekunden, so rasch kam Mamiko mit dem Servieren gar nicht hinterher. Wenn er dann noch mit vollem Mund sprach, war es kaum noch zu glauben, dass dieser Vielfraß ein Pirat sein soll, der die Meere unsicher machte. Manabu kam nun vollends zu der Überzeugung, dass er ihnen nichts tun würde. Im Gegenteil, der Pirat bedankte sich in einer Tour für das köstliche Essen, kleckerte und rülpste zufrieden vor sich hin. Hiko lächelte über diesen Anblick und musste feststellen, dass sie Ace gern hatte. Durch seine Anwesenheit wurde es ein vergnüglicher und lustiger Abend. Selbst Mamiko kamen am Ende die Tränen vor Lachen, als Ace es irgendwie geschafft hatte, den Kartoffelbrei in seinen Haaren zu verteilen. Er sah aus wie ein Kind, das noch nicht mit Messer und Gabel umgehen konnte.   Nachdem Essen führte Hiko Ace zu seinem Zimmer und brachte sogar noch frische Wäsche, die er am nächsten Tag anziehen konnte. „Deine zerfetzte Kleidung macht es bestimmt nicht mehr lange mit. Das du dich so noch auf die Straße traust. Hier, dass sind ältere Klamotten meines Vaters, die trägt er seit Ewigkeiten nicht mehr.“ „Warum tust du das alles für mich? Ich hätte euch töten können.“, wandte sich Ace neugierig an Hiko, die die Kleidung ordentlich auf einen Stuhl gelegt hatte. Lange sah Hiko ihn an, ehe sie antwortete.   „Ich bin mir nicht ganz sicher, aber irgendetwas sagt mir, dass du kein schlechter Kerl bist und garantiert nicht dieser gefährliche Pirat, wie die Marine dich in den Zeitungen darstellt.“ „Woher willst du das wissen? Du kennst mich doch überhaupt nicht.“ „Das stimmt, aber ich besitze einen guten Instinkt, was Menschen betrifft.“ „Und wenn ich euch doch angegriffen hätte?“ „Das hättest du nicht getan, davon bin ich überzeugt. Ich habe deine Verletzungen gesehen, Ace. Wer auch immer dich so zugerichtet hat, war nicht zimperlich mit dir umgegangen. Du musstest einiges einstecken. Ich schätze dieser jemand, kannte keine Gnade. Das du noch lebst, grenzt an ein Wunder. Bei dem Blutverlust, den du erlitten hast. Du hast doch gar nicht die nötige Kraft, dich zu wehren. Zumindest im Moment nicht.“, schlussfolgerte Hiko und lächelte ihn aufmunternd an.   „Schon komisch.“, murmelte Ace. „Du bist anders, als die meisten Menschen, denen ich jemals begegnet bin.“ „Das haben schon viele zu mir gesagt. Du bist nicht der erste. Ich habe noch nie hierein gepasst. In dieses idyllische Dorf, wo nur eine Handvoll Marinesoldaten vertreten sind. So ruhig ist es hier.“ „Bloß eine Handvoll?“ „Ja. Die Marine hätte dich also kaum festhalten können.“ Bei diesem Gedanken kicherte Hiko.   „Diese Gemeinde ist stolz auf ihr friedliches Leben, dass es kaum Soldaten oder andere Gesetzeshüter benötigt. Verbrecher verirren sich nur extrem selten hierher. Eine Berühmtheit wie dich, gab es hier zuvor noch nie.“ „Ich könnte noch Autogramme verteilen, bevor ich wieder abreise.“, grinste Ace und warf sich rücklings aufs Bett. Müde schloss er seine Augen. „Mit anderen Worten, es ist ganz schön langweilig hier.“ „Du hast es erfasst. Jemand wie du oder ich passen hier nicht her. Zumal ich mit meinen Fähigkeiten anders als die anderen bin. Die meisten meiden mich, obwohl ich ihnen nie etwas Böses getan habe.“   Ace verstand nur zu gut. Er kannte das Gefühl von allen gemieden zu werden. Bei ihm war es nicht anders gewesen. Seine Abstammung hatte eine friedliche Kindheit verhindert. Mit jemandem wie ihm, wollte und sollte man nichts zu tun haben. „Also, willst du selber Pirat werden?“, hakte Ace nach wenigen Minuten nach, nachdem er seine trüben Gedanken vorerst losgeworden war. „Wie kommst du darauf?“ „Wegen der Äußerung deines Vaters, vorhin vor euerm Haus.“ „Ach so, die…Seit ich klein war, träumte ich davon zur See zu fahren. Kannst du dir vorstellen, wie begeistert ich war, als ich eines Tages festgestellt hatte, dass ich unter Wasser atmen konnte?“ „Du kannst unter Wasser atmen? Einfach so?“ „Ja, und noch andere zauberhafte Dinge.“ „Zauberhafte Dinge? Ich weiß nicht, ob du unheimlich oder einfach nur speziell bist.“   Hiko lachte. Es war ein helles, ungezwungenes Lachen. In diesem Moment glaubte Ace, einen Engel vor sich stehen zu haben. Doch dieses Bild währte nur kurz, weswegen er es gleich darauf wieder vergaß. „Nun, jeder Mensch hat seine eigenen Talente, findest du nicht?“ „Schon, aber bisher traf ich noch niemanden, der unter Wasser atmen konnte und mit den Händen Wunden heilen kann. Das ganze ohne jemals von einer Teufelsfrucht gegessen zu haben.“ „Ja…Die Welt steckt voller Überraschungen. Deswegen möchte ich unbedingt aufs Meer und weitere Überraschungen mit meinen eigenen Augen sehen. Wenn ich dafür Pirat werden muss, ist mir das nur recht und es scheint mir auch plausibel. Ich denke, einen anderen Weg, eine andere Alternative habe ich nicht.“   „Wieso glaubst du das? Pirat sein heißt, sich gegen das Gesetz zu stellen. Du wärst dann vogelfrei.“, warnte Ace sie und warf ihr einen eindringlichen Blick zu. „So einfach ist das Leben auf hoher See nicht. Jeder Tag könnte dein letzter sein. Dort draußen liegen Gefahren, die du dir in deinen kühnsten Träumen nicht einmal vorstellen kannst. Also, warum willst du Piratin werden? Was ist mit deinen Eltern?“   In den letzten zwei Jahren hatte Ace viel gesehen und erlebt. Er konnte Hikos Begeisterung sehr gut nachempfinden, denn er war genauso gewesen, als er ahnungslos in See gestochen war, um seinen Traum zu verwirklichen. Die erste Zeit auf Meer war gut gewesen. Von der Leichtigkeit sich Feinde zu machen und Crewmitglieder anzuheuern war er positiv überrascht gewesen. Bestimmt waren einige seiner Leute nur bei ihm eingetreten, weil sie Angst vor ihm hatten und um ihr Leben fürchteten, wenn sie sich ihm verweigerten. Welch Ironie das ist. Denn eine Garantie, dass man auf hoher See als Pirat überlebte, gab es nicht. Dennoch hatte Ace jeden Tag in vollen Zügen genossen. Es gestaltete sich als ein aufregendes Spiel für ihn, indem er immer wieder als Sieger hervorging. Er ergatterte Schätze, kenterte andere Piratenschiffe und versank liebend gern unzählige Marineschiffe im Meer.   Dabei hatte Ace nie die Absicht jemanden zu töten. Die meisten seiner Gegner und Feinde waren ihm unterlegen, weswegen es für ihn von vornherein nicht in Frage kam, jemand Schwächeres oder grundsätzlich jemanden umzubringen. Doch solch eine Handlungsweise passte nicht zu einem Pirat. Das allgemeine Piratenbild war ganz klar definiert: Grausam. Erbarmungslos. Brutal. Plündern. Stehlen. Andere zu töten stand an oberster Stelle.   Diese Vorurteile verbreitete auch die Marine über ihn. Natürlich hatte Ace damit gerechnet. Deswegen war er auch nicht wütend oder aufbrausend geworden, denn solche Gerüchte gehörten von nun an zu seinem Leben als Pirat dazu. Sein erster Steckbrief war ein eindeutiger Beweis gewesen, dass er seinem Ziel einen gewaltigen Schritt näher gekommen war. Er hatte angefangen seinen Traum zu leben und bereute auch nichts. Jeden Tag freute er sich aufs Neue, dass er noch am Leben war und in diesen unsicheren Gefilden auf der Grand Line zu Recht kam.   Es hätte alles so weitergehen können. Den Grund, weswegen er auf der Grand Line unterwegs war, hatte er früher als erwartet gefunden. Gestärkt in seinem jungen Leichtsinn und gewaltigem Übermut, hatte er alles auf eine Karte gesetzt. Denn sein Ruf war für ihn Bestätigung genug und er glaubte ganz fest daran. Unbeirrt hatte er daran geglaubt. Bis dieser Tag, der noch gar nicht so lange her war, alles verändert hatte…   Hikos erhobene Stimme holte Ace aus seinen abschweifenden Gedanken zurück. Die junge Frau hatte ihn einige Minuten ruhig und intensiv beobachtet. Die düstere Wandlung in seinem Gesicht war ihr nicht entgangen.   „Ich bin nicht naiv, Ace.“, entgegnete Hiko und funkelte Ace herausfordernd an. „Ich bin kein kleines Kind mehr, das du belehren musst. Außerdem, du bist doch selbst auch Pirat. Ein Vortrag von dir, macht also wenig Sinn. Lange und intensiv habe ich darüber nachgedacht. Ich gehöre nicht hierher. Ich wurde nicht einmal hier geboren. Meine richtigen Eltern haben mich auf dieser Insel ausgesetzt, als ich noch ein Baby war. All die Jahre musste ich mir anhören, dass ich anders, seltsam bin. Kaum ein anderes Kind wollte mit mir spielen, geschweige denn deren Eltern hätten es zugelassen. Meine Eltern lieben mich, dass weiß ich, aber mein Platz ist definitiv nicht hier. Also, frage ich dich, was würdest du tun, wenn du Tag für Tag von allen nur gemieden wirst oder schlimmer noch, man würde dich notgedrungen dulden? Du weißt genau, du gehörst hier nicht her. Was bleibt dann noch, um seinen Platz im Leben zu finden?“   „Man wird Pirat.“   Die Antwort kam von Ace wie aus der Pistole geschossen. Verdutzt sah Hiko ihn einen Augenblick an, ehe sie fortfuhr. „Damit das klar ist, ich erwarte kein Mitleid. Inzwischen bin ich ein großes Mädchen geworden und ich weiß, was ich will.“ „Und was wäre das?“   „Wonderland suchen.“ Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Kapitel 4 Ein bedrückendes, fast schon beklemmendes Schweigen hatte sich über das Ehepaar Mamiko und Manabu gelegt. Das gemeinsame Abendessen mit Ace hatte sich als sehr unterhaltsam und spaßig herausgestellt – dieser Pirat kannte keinerlei Tischmanieren – dennoch lag die Tatsache, dass er eben ein Gesetzesloser war, offen auf dem Tisch. Man konnte es nicht ignorieren, wenn man sein ganzes Leben in einer friedlichen Gemeinde aufgewachsen war und sich stets treu und vorbildlich an die Gesetze gehalten hatte. Es war schlichtweg undenkbar ein Fehlverhalten dieser Art zu tolerieren. Wie sollten sie jemals wieder ihren Freunden und Nachbarn ins Gesicht sehen können, wenn sie heimlich einem Piraten Unterschlupf gewährt haben? Nicht nur das, sondern ihnen Essen und Kleidung angeboten haben?   Beide waren sich sicher, dass Ace ihnen, während seines vorübergehenden Aufenthalts in deren Haus, nichts tun würde, was ihnen schaden könnte. Deutlich haben sie gesehen, dass er sehr geschwächt war und sich nur noch mit größter Mühe auf den Beinen halten konnte. Solange seine Kraft noch nicht vollständig hergestellt war, waren sie wohl in Sicherheit. Doch was wäre danach? Niemand konnte ihnen versichern, dass sie immer noch keiner Gefahr ausgesetzt waren, wenn Ace sich wieder erholt hatte. Selbst ihre Tochter, Hiko, konnte das nicht, auch wenn sie noch so sehr an seine Unschuld oder besser gesagt, gutem Charakter glaubte.   Die Marine war sich in diesem Punkt absolut sicher, dass man Piraten nicht trauen konnte. Im Laufe der Geschichte wurde es immer von historischen Quellen und Forschern bestätigt. Warum sollte es jetzt, bei einem einzigen Mann, anders sein? Nicht umsonst würde die Marine all diese Erlebnisse und Aktionen von Ace in den Zeitungen schreiben und für die Bevölkerung veröffentlichen. Die Hüter der Gesetzte gaben ihnen Sicherheit und würden das einfache friedlebende Volk bestimmt nicht belügen. Denn wem sollte man sonst auf der Welt vertrauen, wenn dann nicht der Marine?   „Ich mache mir Sorgen, Manabu.“, sprach Mamiko als erste ihre betrübten Gedanken aus und brach somit die anhaltende Stille zwischen ihnen. „Hast du Hiko beobachtet? Wie gebannt hing sie an Aces Lippen und forderte ständig Einzelheiten aus seinem Piratenleben.“ Das letzte Wort klang für Manabu wie Gift und für seine Frau schmeckte das Wort auch so. „Ich weiß, Liebling.“, entgegnete Manabu und starrte finster aus dem angrenzenden Fenster.   „Was sollen wir tun? Sollten wir  nicht doch, die Marine informieren…?“, fragte die besorgte Frau. „Nein.“, erwiderte ihr Mann bestimmt. Verwundert riss Mamiko ihre Augen auf und starrte ihren Mann entsetzt an. „Wie…Warum nicht?“ „Wegen unserer Tochter. Sie würde es uns nie verzeihen, wenn wir sie jetzt hintergehen würden, nachdem wir unser Wort darauf gegeben haben, diesen Pirat nicht zu verraten. Dann wäre das Vertrauen, was Hiko in uns hat, vermutlich für immer zerstört. Wir müssen uns nicht länger etwas vormachen.“, erklärte der resignierte Vater seiner geliebten Frau und nahm sanft ihre Hand in seine Hände.   Mamiko zitterte nach den letzten gehörten Worten. Ihr unglückliches Gefühl wurde von Sekunde zu Sekunde schwerer, während ihr Mann behutsam auf sie einsprach.   „Wir dürfen nicht länger unsere Augen davor verschließen. Auch wenn wir nie ausführlich darüber gesprochen haben, war es uns dennoch immer bewusst gewesen. Wir haben eine großartige und einzigartige Tochter bekommen und großgezogen. Wir haben ihr Recht und Ordnung gelehrt und die wichtigsten Werte im Leben näher gebracht. Hiko hat sie auch verstanden und weiß, was sie bedeuten, aber das heißt noch lange nicht, dass sie auch nach ihnen leben will…und muss. Es wird schwierig für uns werden unsere Tochter noch weiter gegen ihren Willen hier auf der Insel festzuhalten. Das Dorf hat sie bis zu einem gewissen Grad akzeptiert, aber als eine der ihren haben sie sie bis heute nicht anerkannt. Sie kam als Fremde, als Außenseiterin auf unsere Insel. Wer auch immer sie hier ausgesetzt hat, muss seine Gründe gehabt haben. Ich glaube nicht, dass es aus Bosheit geschehen ist, wie die meisten unserer Freunde glauben. Es kann vielerlei Gründe für so eine Handlung geben, das eigene Kind auszusetzen oder wegzugeben. Wir hatten damit Glück. Eine bessere Tochter hätten wir nicht haben können. Jetzt ist die Zeit gekommen, dass wir unsere Tochter – das wird sie auch immer bleiben – ziehen lassen. Hiko weiß es und wir wissen es. Hiko muss ihre eigenen Erfahrungen treffen und ihren Platz im Leben, auf dieser großen Welt, finden. Wir haben kein Recht uns da einzumischen. Auch wenn Hiko beschließen sollte, von bald an, als Piratin zu leben.“   Mamiko schluchzte. Eine einzige große, salzige Träne lief ihr über die rechte Wange. Innerlich hatte sie gewusst, dass dieser Tag kommen würde. Trotzdem hatte sie gehofft, dass es nicht so rasch sein würde, sondern noch einige Jahre bis dahin vergehen würden. Und wer weiß, vielleicht, aber wirklich nur vielleicht - hatte sie gehofft - dass eine geringe Wahrscheinlichkeit bestand, dass Hiko nicht diesen unsicheren Weg wählen würde. In Mamikos Vorstellungen hätte Hiko einen netten gutaussehenden Mann kennen gelernt, ihn geheiratet und wären in ein nettes Häuschen in der Nähe zu den Schwiegereltern gezogen, damit man sich jeden Tag weiterhin sehen konnte. Natürlich hätten sie auch Kinder bekommen. Mindestens zwei, um die sich Mamiko und ihr Mann regelmäßig gekümmert hätten. Jeden Tag das Geschrei ihrer Enkelkinder zu hören, ihnen abends Gute-Nacht-Geschichten vorlesen…   Ja, Mamiko liebte Kinder über alles. Gerne hätte sie selber ein halbes Dutzend gehabt. Leider, hatte das Schicksal anderes mit ihr im Sinn gehabt. Diesen Verlust hatte sie erst überwunden, als sie ihre Tochter zum ersten Mal im Arm gehalten hatte. Sie war so winzig und hilflos gewesen. Zuerst weinte sie, doch dann hatte sie sich schnell beruhigt, nachdem Mamiko sie sanft in ihren Armen gewiegt hatte. Spätestens in diesem Moment war es um die frischgebackene Mutter geschehen. Sofort hatte sie sich in die kleine Hiko verliebt und ihr geschworen, sie zu beschützen. Nie wieder sollte sie einen Grund haben zu weinen.   Das galt auch noch heute so. Hiko sollte nicht weinen müssen oder gar traurig sein, sondern glücklich und zufrieden. Ganz gleich welchen Lebensstil sie wählen sollte. „Ich habe Angst um sie.“, hauchte Mamiko und konnte ihre angestauten Tränen nicht mehr länger unterdrücken. „Ich weiß, mein Liebling. Doch, ich bin mir absolut sicher, dass Hiko ihren Weg meistern wird, ganz egal, was sich ihr in den Weg stellen mag.“ „Ich will sie aber nicht verlieren.“ „Das werden wir nicht. Sie wird immer ein Teil von uns sein und vor allem unsere Tochter, auf die wir stolz sein werden.“   >~~~~~~<   „Wonderland? Soll mir das etwas sagen?“, fragte Ace äußerst skeptisch, aber auch ein wenig neugierig nach. „Bisher hast du mich mit allem überrascht, was du übernatürliches kannst. Was wird es diesmal sein?“ „Wenn du nicht ernsthaft interessiert bist, oder zumindest gewillt zuzuhören, hat es wohl keinen Sinn, wenn ich es dir erzähle.“, antwortete Hiko schnippisch. „Was bist du denn auf einmal so gereizt? Ich habe von diesem Ort oder was das ist, eben noch nie etwas gehört. Man darf doch wohl noch Zweifel haben.“   Eigentlich wollte Hiko schon aus dem Zimmer laufen und Ace in Unklarheit darüber lassen. Seine arrogante Haltung, die er plötzlich auflegte, gefiel ihr ganz und gar nicht. Das Essen hatte ihm wohl einiges an Leben wieder eingehaucht. Seine Blässe ging allmählich zurück und ein gesunder Teint breitete sich auf seinem Gesicht aus. Wohlmöglich hatte ihn Hiko doch falsch eingeschätzt, aber konnte das möglich sein? Nein. Sie glaubte es nicht.   „Nun gut.“, gab die junge Frau ihre widerstrebende Haltung auf und begann zu erzählen…     Es war einmal, zu einer fast vergessenen Zeit, in der ein einziges Königreich über die Menschen der Erde regierte. Dieses Königreich thronte in schier unendlichen Höhen über den Köpfen und Ländern des einfachen Bürgertums. Klare Regeln und Strukturen waren Vorzeichen dieses neuen jungen Zeitalters. Das Königreich war pompös und überaus prachtvoll. Die Herren des Schlosses waren hoch angesehene Adlige, die ihren vorgeschriebenen Prinzipien und Überlieferungen der Vorzeit treu ergeben waren. Ihr Anwesen wurde umgeben von weißen Wolken, die wie Engel um die Schlossmauern und Türme schwebten. Die waren so nah, das man sie mit ausgestreckter Hand greifen konnte. Ein geradezu flauschiges, weiches und herzerwärmendes Gefühl breitete sich von der Hautoberfläche bis ins Innerste des Köpers aus. Es wirkte einem unsichtbaren Schutz gleich, der jeden umgab und fortan in einem wohnte, der ihnen so nah kommen konnte. Man fühlte sich frei wie ein Vogel und so leicht wie eine Feder. Sorgen und Nöte fielen von einem ab und man konnte einen kostbaren Moment unbeschreiblichen Glücks und friedvoller Harmonie empfinden.   Dieses Privileg genossen ausschließlich diejenigen, die vom königlichen Blut und adeligem Geschlecht waren. Der primitive Bürger kam nur äußerst selten, in den Genuss eines solchen Augenblickes. Wenn er herausragende Dienste für sein Land und Reich geleistet hatte, wurde er mit einer solchen gesegneten Wolke belohnt. Damit kein Missbrauch oder unerlaubtes Benutzen mit den Wolken betrieben werden konnte, ernannte der damalige König auserwählte Personen zu sogenannten Lichtwächtern, die über die Wolken wachen sollten. Dieser Entschluss war das Resultat eines Bürgeraufstandes, mit dem die Bürger versucht hatten, Glück, Hoffnung und eine gesicherte Zukunft auch in ihren Kreisen zu erfahren und zwar mittels der Wolken.   Aufgrund der verschiedenen Gesellschaften, die sich in Reichtum und Armut aufteilte, gab es viel Unzufriedenheit, Neid, Missgunst und Verbrechen in der unteren Gesellschaftsschicht. Viele von ihnen waren simple Bauern oder Bergleute. Normalerweise gehörten auch die Handwerker, nach den Gesellschaftsregeln, diesem niederen Stand an, aber durch ihre lohnende kunstvollen Fertigkeiten waren sie im Adel hoch angesehen. Meistens konnten sich auch nur solche Leute Möbel und dergleichen in hervorragender Qualität leisten. Demnach hatten die Handwerker ein sicheres Einkommen, während die anderen Berufsstände oft im Laufe ihres Lebens verarmten, wenn sie es nicht schon von Geburt an waren. Diebstähle und Überfälle waren somit an der Tagesordnung. Jeder war sich selbst der nächste und dachte ausschließlich an sein eigenes Überleben. Man hatte höchstens noch Gedanken für die eigene Familie, wenn man denn eine besaß. Häufig war dies nicht der Fall.   Ein weiterer Grund, warum die Hoheiten das Handwerk mit besonderer Beachtung zollten, war der, dass sie selber zu handwerklichem Geschick kaum, im Grund genommen gar nicht in der Lage waren. Sie waren außerstande die dafür benötigten Feinheiten zu entwickeln. In ihrer Herkunft lagen andere Fähigkeiten verborgen, die ihnen die Macht und Position verliehen über die einfacheren Menschen zu herrschen. Seit jeher war es ein geregeltes Dasein. Der Adel und die Könige waren imstande Kraft und Energie aus ihrem Inneren zu schöpfen und nach außen hin zu übertragen. Es hatte viel mit Konzentration und geistiger Wachheit zu tun, als mit physischen Können. Diese Energie konnte teilweise, von einigen, so stark entfaltet werden, dass sie fähig waren andere mit Leichtigkeit zu töten. Selbstverständlich wurde diese Überlegenheit von den Hoheiten ausgenutzt und der normale Bürger einen Rang tiefer gestellt.   Für die Hoheiten war es eine ehrenvolle Pflicht und Aufgabe über die kleineren Leute zu herrschen und zu wachen. Hierbei versäumten es die Könige aber nicht zu demonstrieren, dass sie stets die Überlegenen waren und Wiederworte und Auflehnungen gegen sie, nicht geduldet wurden. Die Angst vor Bestrafungen, im schlimmsten Fall den Tod, saß tief im Bewusstsein der Menschen. Ein falsches Verhalten und man wurde umgehend bestraft, ohne Möglichkeit auf Strafmilderung. Nichtsdestotrotz besaßen die Bürger Hoffnung und versuchten zum Gegenschlag auszuholen. Jedoch vergebens.   Viele, viele Jahre mussten erst ins Land ziehen, bis ein gütiger König die Thronfolge angetreten hatte. Er verfasste Gesetzte für den einfachen Bürger, wodurch ihr Leben deutlich erträglicher und hoffnungsvoller gestaltet wurde. Für ihre Arbeit sollten sie mehr Geld bekommen und bessere Wohnbedingungen, damit im Winter alte Menschen und Kinder nicht mehr erfrieren mussten. Die Sterblichkeit stieg an. Zudem wurde veranlasst, dass jeden Tag eine Wolke unter die Menschen gebracht werden sollte, damit sie diese streicheln konnten. Denn die Wolken verhießen jedem Menschen nicht nur Glück, Sicherheit und Harmonie, sondern auch Stärke. Wer einer schweren Krankheit erlegen war, konnte durch eine leichte Berührung wieder komplett geheilt werden. Kurzum sie verlängertem einem das Leben.   Mit diesem Wandel waren viele alteingesessene Adlige nicht im Geringsten einverstanden und versuchten die Macht des amtierenden Königs zu minimieren. Sie sahen die Wolken als ihr persönliches Eigentum an. Ein Nachteil, dieser Wolken war, dass sie sich nach häufigem Gebrauch irgendwann auflösten. Anfangs fiel es den Königen und Adligen nicht auf, da reichlich vorhanden waren, doch im Laufe der letzten Jahre haben sie überraschend festgestellt, dass die Masse an Wolken geschrumpft war. Für keinen Preis der Welt wollten die Hoheiten auf ihre Wolken verzichten und forderten die Abschaffung des Gesetzes. Doch der König ließ sich in seinem Tun nicht beirren. Er sah die Menschen als gleichwertig an und konnte es mit seinem Gewissen und reinen Herzen nicht über sich bringen, dass viele in seinem Königreich leiden mussten, wenn er es selber nicht brauchte. Außerdem waren für ihn die Wolken nur Hilfsmittel. Wer sich ehrlich bemüht und bestrebt ist, sein Glück im Leben auf eigene Faust zu suchen, der wird wahres Glück und vollkommenen Frieden finden. Das waren seine Worte.   Daraufhin wurden die uneinsichtigen Herren im Land dem König abtrünnig und planten im Geheimen einen Gegenschlag, um  ihn vom Thron zu stürzen…   >~~~~~~<   Die Drohung geriet in Vergessenheit. Schon längst regierte der Sohn des Königs über das Volk. Durch die Erziehung und Güte seines Vaters führte er die Regierung seines Vaters unbeirrt fort. Die Menschen konnten weiterhin Hand in Hand in Frieden leben. Gesellschaftliche Unterschiede gab es praktisch nicht mehr. Jeder besaß dieselben Rechte und konnte sich eines langen Lebens erfreuen. Seit einiger Zeit hatte sich der Name „Wonderland“ im Land eingebürgert. Nur in der Nähe des Königreiches gab es diese wunderbaren Wolken mit ihren kostbaren Fähigkeiten. Landstücke, die am Königreich angrenzten profitierten ebenfalls davon und konnten die Wolken je nach Belieben nutzen.   Allerdings hatte das Schicksal ein anderes Dasein für die Bevölkerung im Sinn gehabt. Nach einigen Jahren kehrten die Adligen aus ihrem Untergrund zurück und forderten mit Gewalt ihren rechtmäßigen Besitz. Eine grausame Schlacht entbrannte. In überragender Überzahl fielen die Adligen in ihr Heimatland ein. Sinnlos wurde Blut vergossen. Unschuldige Frauen und Kinder getötet. Das angegriffene Königreich war auf einem solchen Angriff nicht eingestellt. Diejenigen unter ihnen, die kämpfen konnten, stellten sich mit all ihren zur Verfügung stehenden Mitteln ihnen entgegen. Beide Seiten bekämpften sich mit Schwertern und nach außen projizierter Energie. Viele Männer verloren dabei ihr Leben.   Im Auge des er bitterlichen Gefechtes flohen so viel Leute, wie es möglich war. Wer eine Chance auf Entkommen sah, nutzte diese und kehrte auch nie wieder nach Wonderland zurück. Das einst so schöne, friedliche Land wurde dem Erdboden gleichgemacht. Die Angreifer sahen sich bereits als Sieger aus der Schlacht hervorgehen, jedoch hatte der König noch einen Trumpf im Ärmel.   Er wusste, dass er gegen die Angreifer nichts tun konnte und verbannte darum mit all seiner Kraft die restlichen verzauberten Wolken, da sie der Grund für diesen sinnlosen Überfall waren. Zufrieden ließ der König dafür sein Leben, da ihm diese Aktion seine gesamte Lebenskraft gefordert hatte. Die Ex-Adligen wurden dermaßen zornig darüber, dass sie noch ganze drei Tage lang über das restliche Land wüteten. Irgendwann war nichts mehr von dem glanzvollen Königreich übrig. Es war unmöglich, die herrschaftlichen Züge, die einst über das glorreiche Land lagen, wieder zu erkennen. Wonderland geriet in Vergessenheit.   Seitdem waren die Wolken von niemanden mehr gesehen wurden. Kapitel 5: Kapitel 5 -------------------- Kapitel 5 ~ Hoffnung und Niedergeschlagenheit ~ Nachdem Hiko ihre Märchenerzählung beendet hatte, sah sie Ace erwartungsvoll an. Während ihrer gesamten Rededauer hatte er sie kein einziges Mal unterbrochen und irgendwelche Zwischenfragen gestellt. Er hatte einfach nur auf dem Bett gesessen und sie angesehen. Ohne dabei seine Mimik zu verziehen. Dadurch wirkte er konzentriert und mental voll bei der Sache. Deswegen zitterte Hiko innerlich schon vor Ungeduld. Wie würde er auf das eben Gehörte reagieren? Würde er sie auslachen? Sie als dummes naives Mädchen bezeichnen, die noch an Märchen glaubte? Geistesabwesend schüttelte die junge Frau über derartige Fragen innerlich ihren Kopf. Es hatte sie doch sonst nie gekümmert, was andere über sie dachten.   „Ja, und?“, kam von Ace die Frage so plötzlich, dass die junge Frau ihn irritiert anstarrte. „Was meinst du?“ „Was soll mir das jetzt sagen? Wenn dieses mystische Königreich untergegangen ist, hat es wohl keinen Sinn danach zu suchen. Dasselbe gilt für diese Wolken.“ „Wie kannst du sowas nur sagen?“   Aufgebracht und empört, sprang Hiko vom Boden auf und funkelte Ace angriffslustig ins Gesicht. „Hast du mir nicht richtig zugehört? Es heißt, dass das Land zwar verwüstet wurde, aber NICHT, dass es von der Erdoberfläche verschwunden ist!“ „Sei mal ehrlich, war das eine Gute-Nacht-Geschichte, die dir deine Mutter abends im Bett erzählt hat und versäumt hat zu erwähnen, dass es nur eine Geschichte ist?“ „Für wen hältst du dich eigentlich? Wenn du dich nur über mich lustig machen willst, dann…“   „Ich mache mich keineswegs über dich lustig.“, unterbrach der junge Mann sie barsch. „Ich wundere mich nur, dass du in deinem Alter noch an Märchen glaubst. Bist du dafür nicht schon zu alt? Auch wenn du körperlich noch recht klein bist und dir wesentliche Körperzüge fehlen, hätte ich dich zumindest für intelligent gehalten.“ Ein demonstratives lang gezogenes Gähnen folgte.   Unwillkürlich verschränkte Hiko beide Arme vor ihrer Brust. Sie konnte nicht glauben, was ihr Ace soeben direkt entgegen geschleudert hatte. Beleidigender hätten seine Worte und sein Verhalten nicht sein können. Natürlich wusste Hiko, dass sie mit ihren siebzehn Jahren noch nicht sämtliche ausgeprägte weibliche Rundungen besaß, aber das hatte sie eigentlich auch nie gestört. Doch warum versetzte es ihr jetzt so einen Stich? Es konnte ihr doch egal sein, was Ace von ihr dachte und ob er sie körperlich anziehend fand oder nicht. Sie kannte ihn doch gar nicht und er sie ebenso wenig. Vielleicht hatte es damit zu tun, dass sie sich vor ihm, der ein echter Pirat und schon eine Zeitlang auf dem Meer unterwegs war, nicht blamieren wollte. Immerhin strebte sie fast das gleiche Ziel an. Sie wollte auch Piratin werden. Sei es auch aus völlig anderen Gründen.   „DU KANNST MICH MAL!“, brüllte Hiko ihn am Ende an und verschwand eiligst aus dem Zimmer. Dabei versäumte sie es nicht, die Tür mit einem ohrenbetäubenden Knall ins Schloss zu werfen.   Ace zuckte nicht im Geringsten über den plötzlichen Ausbruch zusammen. Er starrte ihr auch gar nicht hinterher, geschweige denn startete den Versuch sich bei ihr zu entschuldigen. Das hatte er, seiner Ansicht nach, auch gar nicht nötig. So weit käme es noch, dass er mittlerweile irgendwelchen hysterischen Weibern hinterherlief. Im Grunde genommen wusste er selber nicht, warum er so abfällig auf die Erzählung reagiert hatte und somit ihren Traum für eine alberne Kinderschwärmerei abtat. In diesem Moment erkannte er sich kaum selbst wieder. Eine Notwendigkeit sie sogar zu beleidigen, bestand eigentlich gar nicht.   Die Belange anderer hatten ihn sowieso noch nie interessiert. Jeder wählte sein eigenes Schicksal und war für sein Handeln verantwortlich. Vor zwei Jahren war er in See gestochen, mit dem Ziel ein berüchtigter Pirat zu werden, sodass jeder, der seinen Namen nur hörte vor Angst erzitterte und feige das Weite suchte, sobald er irgendwo auftauchte. Innerhalb kürzester Zeit hatte er das auch geschafft. Sein Name war überall auf der Welt bekannt geworden und seine Taten eilten ihm voraus. Je weiter er auf der Grand Line vorankam, desto sicherer fühlte er sich und bestätigte seine gewaltige Stärke. Was Angehörige von seiner Entscheidung hielten, hatte ihn bis zum heutigen Tag kein bisschen gekümmert. Er lebte für den Kampf. Den harten, unerbitterlichen Überlebenskampf auf der unsteten See.   Mit jedem Kampf den er ausgetragen hatte, kam er seinem Ziel jeden Tag ein Stück näher. Die Anzahl seiner Crew wuchs. Das Leben, wovon er seit seiner Kindheit an geträumt hatte, war real geworden. Er konnte es auf seiner Haut fühlen und an seiner Piratenflagge sehen, die unaufhörlich im Wind flatterte. Dies alles waren eindeutige Zeichen dafür gewesen, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Tobende Wellen und starke Sturmböen konnten ihn nicht aufhalten, so sehr sich die See auch manches Mal gegen ihn gestellt hatte. Sicher, was seine Navigationskünste betraf, steuerte er sein Schiff und führte sich und seine Crew immer wieder tapfer und unerschrocken aus jedem Sturm heraus. Nie war er untergangen oder ließ sich von anderen fertig machen. Zufrieden schwelgte er in seinen Erinnerungen.   Dann war das fulminante Piratenschiff auf der Meeresoberfläche aufgetaucht und er konnte die nagende Anspannung in seinen Muskeln fühlen, die zur nächsten Aktion schreiten wollten…   Mit einem Mal bekam Ace wieder höllische Kopfschmerzen und auch seine anderen Schmerzen, die er im letzten Kampf zugezogen hatte, kehrten mit einem Schlag wieder zurück. Krümmend warf er sich aufs Bett und vergrub sein Gesicht im Kissen. Die Schmach und Schande erwachten wieder in seinen jüngsten Erinnerungen. Er konnte wieder das Blut schmecken, welches sein eigenes war und in dem er gelegen hatte. Diesen  penetranten eisenhaltigen Geschmack in seinem Mund, der ihn veranlasste zu würgen. Um ihn herum drehte sich alles. Die Zimmerwände schienen mit einem Mal näher zu rücken. Engten ihn immer weiter ein. Zunehmend fiel ihm das Atmen schwerer. Seine Lunge zog sich verkrampfend zusammen. In seinem Inneren explodierte ein Höllenfeuer, welches sich quälend langsam in jeden Winkel seines Körpers ausbreitete. Die Schmerzen waren unerträglich und normalerweise ohne Betäubung nicht auszuhalten. Noch dazu die Übelkeit, die nicht versiegen wollte.   Keine Ahnung wie lange er gegen die Übelkeit und die Schmerzen ankämpfte. Hinterher lag er müde und schwer atmend ausgestreckt auf dem Bett. Ein Röcheln drang aus seiner trockenen Kehle. Vor seinen Augen verschwamm alles. Alles um ihn herum wurde schwarz. Sein letzter Gedanke war, bevor er ins Reich der Träume abdriftete, dass er sich wünschte im letzten Kampf sein Leben gelassen zu haben.             >~~~~~~<   Hiko geriet über diese Demütigung immer mehr in Rage. Zum Teufel mit Ace! Zum Teufel mit allen Männern der Welt! Zum Teufel mit diesem gehirnverbrannten arroganten Idioten! Was bildete er sich überhaupt ein? Da rettet man ihm sein gottloses Leben und wie wird einem dafür gedankt? Man wird beleidigt, seine Träume zu Kindereien degradiert, obwohl man ihm zuvor frische Kleidung zum Wechseln gegeben hatte! Dabei hatte er ein Bad dringend nötig. Er stank entsetzlich ungewaschen und dies vermischt mit salzigem Meerwasser. Es war kaum auszuhalten gewesen, mit ihm in einem Raum gesessen zu haben. Hätte sie ihn nicht im Meer treibend gefunden, wer weiß, was dann mit ihm geschehen wäre. Vermutlich wäre er gestorben. Ertrunken. Er sollte froh sein, dass er noch am Leben war und ihm das Jenseits erspart blieb.   Um ihrem abendlichen Ritual nachzukommen, ließ sich Hiko ein warmes und entspannendes Bad ein. Sobald sie das Wasser aus dem Wasserhahn laufen hörte, ging es ihr zugleich besser. Eine Hand hielt sie unter dem Wasserstrahl und beobachtete in gebückter Haltung, wie das warme wohltuende Wasser zwischen ihre Finger hindurch sickerte. Das Gefühl von nasser Haut und das Geräusch von Wasserrauschen hatten etwas Beruhigendes an sich. Hikos aufgewühlte Gefühle legten sich wieder. Die Anspannung fiel von ihr ab. Ihr Atem kam sacht und gleichmäßig.   Als die Badewanne bis zum Rand gefüllt war, erhob sich Hiko und zog ihre Kleider aus. Nachdem sie nackt im Bad stand, wandte sie sich mit dem Kopf nach hinten und sah in den großen Spiegel über dem Waschbecken. Ihre Haut war jung, glatt und geschmeidig und ihr Körper gut durchtrainiert. Nirgends war ein Gramm Fett zu viel. Sie hatte straffe Muskeln und ein konstantes Gewicht. Vom Salzwasser etwas stumpf und glanzlos geworden, fielen ihre Haare über die Schulter. Ihre Hüfte war zwar etwas schmal, aber eine anziehende Taille war schon vorhanden. Zu einem zufriedenen Lächeln formten sich Hikos Lippen. Zum ersten Mal sah sie sich eingehender im Spiegel an. Der jungen Frau gefiel ihr Spiegelbild und beschloss damit Ace´s Bemerkung von vorhin einfach zu vergessen. Was wusste dieser Zigeuner schon über die Reize einer Frau. Er konnte sich unmöglich die Zeit dafür genommen haben, Frauen eingehender zu mustern, wenn er doch die meiste Zeit mit Kämpfen beschäftigt war und sich danach ärztlich behandeln lassen musste. Es sei denn, er hatte eine sexy Ärztin an Bord gehabt, die ihn jedes Mal mit besonderer Hingabe und Fürsorge gepflegt hatte.   Jetzt, wo sie im warmen Wasser in der Badewanne lag, kam ihr Ace´s Verhalten mit einem Mal richtig merkwürdig vor. Irgendetwas stimmte mit ihm nicht. Ihre Intuition hatte sie noch nie getäuscht und genauso war sie auch nun davon überzeugt, dass etwas massives Bedrückendes auf Ace lag und ihn sehr belastete. Es war pure Spekulation, aber Hiko war sich ziemlich sicher, dass es mit dem letzten Gefecht zu tun haben musste, dem sich Ace ausgesetzt hatte. Ihre Neugierde war groß gewesen – bis jetzt hatte sich nichts daran geändert – aber sie hatte gespürt, dass er nicht darüber reden wollte, bzw. es wohl auch noch nicht konnte. Sie würde ihn niemals bedrängen, solange er nicht von sich aus darüber anfing zu sprechen.   Das viele Grübeln brachte Hiko auch nicht weiter. Am besten wird es sein, wenn sie morgen früh so tun würde, als wäre der Disput zwischen Ace und ihr nie gewesen. Immerhin gab es noch eine wichtige Frage, die sie ihm hatte stellen wollen und die Antwort darauf, würde ihren nächsten Schritt beeinflussen.   Denn es war ihr völliger Ernst „Wonderland“ zu suchen und auch zu finden. Natürlich würde es Hiko niemals zugeben, aber Ace hatte mit seiner Vermutung recht, was die Gute-Nacht-Geschichte betraf. Das Märchen über „Wonderland“ hatte sie tatsächlich zum ersten Mal von ihrer Mutter gehört, als sie noch ganz klein war und erschrocken festgestellt hatte, dass ihre Hände zu Leuchten anfingen. Damals war Hiko noch zu klein gewesen, um richtig zu begreifen, was mit ihr geschehen war und wozu sie alles in der Lage sein würde. Die nächsten Jahre hatte sie es dann nach und nach herausgefunden und das Märchen über „Wonderland“ hatte ihr wieder neuen Mut gegeben. Sie war sich ziemlich sicher, dass es noch andere Menschen wie sie geben musste. Zumindest ihre biologischen Eltern - höchstens einer von ihnen – hätten genauso wie sie sein müssen. Woher sollte sie sonst diese Fähigkeiten besitzen?   Deshalb war es auch kein Verbrechen, ihrer Meinung nach, dass man mehr über seine Herkunft herausfinden möchte. Wonderland war auf jeden Fall ein guter Ansatzpunkt, um mit der Suche zu beginnen. Einige Informationen hatte sie diesbezüglich schon gesammelt. Es war eine recht magere Ausbeute. Niemand teilte ihre Begeisterung und hielt sie praktisch für verrückt, weil sie an dieses eine Märchen so stur glaubte. Dementsprechend würde sich ihre weitere Suche nicht weniger schwierig gestalten.                                                                                                             >~~~~~~<   Während der ausgelaugte Pirat im Gästezimmer äußerst unruhig schlief, konnte Hiko ausgesprochen ruhig und fest schlafen. Sie war lediglich mit einem knappen Hemd bekleidet, die Decke reichte ihr geradeso bis über die Hüfte und ein Träger ihres weißen Hemdes war von ihrer Schulter gerutscht. Nachdem heftigen Orkan war es unerklärlich warm geworden. Die kurze Abkühlung war vorüber, was nicht weiter erstaunlich war, denn immerhin war es mitten im Hochsommer auf Little Island. Solche krassen Temperaturschwankungen von warm nach kalt und umgekehrt waren somit normal.   Stille legte sich über das Dorf und die angrenzenden Wälder. Nichts deutete darauf hin, dass ein gefährlicher Pirat unter den friedlebenden Dorfbewohnern weilte. Niemand wäre auch im Ansatz auf die Idee gekommen, dass ehrbare und angesehene Eheleute wie Manabu und Mamiko damit zu tun haben könnten, einen Verbrecher zu beherbergen. Es war schlichtweg undenkbar, dass sich überhaupt irgendein Pirat auf diese abgelegene Insel verirren konnte. Das nahegelegene Festland bot viel mehr Möglichkeiten zum Plündern und Stehlen, als dieses kleine Eiland. Folglich, wurde es eine Nacht wie jede andere, in der jeder sicher, geborgen und nichtsahnend schlafen konnte.   Weit nach Mitternacht setzte sich Ace auf und war schweißgebadet. Mehrere Minuten keuchte er, bevor sich sein Puls wieder normalisiert hatte. Angst war in ihm hochgekommen. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann er das letzte Mal Angst gehabt hatte. In den letzten zwei Jahren gewiss nicht und davor… auch nicht. Mühevoll versuchte er sich zu entsinnen, was er geträumt hatte, dass ihm so real vorgekommen war und deutlich Furcht eingeflößt hatte. Nach seinem schnellen Herzschlag zu urteilen, müsste es sogar Panik gewesen sein.   Erzürnt über diese Erkenntnis, holte er mit seiner rechten Faust aus und schlug kraftvoll gegen die Wand, sodass ein Abdruck davon zurückblieb. Ihm wurde jetzt erst bewusst, dass er alles verloren hatte, was er in den letzten Jahren erreicht hatte. Selbst wenn sein Steckbrief weiterhin existieren sollte, was es ohne Zweifel tun würde, so könnte dieses dünne Stück Papier nichts mehr von dem Mann wiedergeben, der er einstgewesen war:   Furchtlos. Unerschrocken. Siegessicher. Stark. Mutig. Ein Pirat…   Tränen stiegen in ihm auf, die er ohne sie aufzuhalten über sein trauriges Gesicht laufen ließ. Es war unmöglich sich noch länger etwas vorzumachen. Er wurde besiegt. Geschlagen von einem der vier Kaiser und er blieb als nichts weiteres, als ein Verlierer zurück.   Noch etwas benommen und mit einem Gefühl der Leere stand Ace auf und verließ das Zimmer. Er gab sich keine Mühe, dabei leise zu sein, bzw. achtete er auch nicht darauf, ob er es wirklich war, als er durch das dunkle Haus schlich. Seine Gedanken waren ganz woanders. Er ging einfach. Hinaus in die Nacht ohne zu wissen, wohin ihn seine Füße tragen würden. Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- Kapitel 6                                ~ Weil ich… ~ Die Sonne ging auf. Eine Tatsache, die jeden Morgen um dieselbe Zeit geschah. Der gelb-rot glühende Feuerball tauchte den Himmel in ein Meer von orangenen Farbtönen, die hier und dort von Wolken unterbrochen wurden und an der Wasseroberfläche reflektierten. Ein heller Schein, der von Stunde zu Stunde leuchtender und kräftiger wurde. Stetig nahm die Farbintensität zu, bis sie zur Mittagszeit ihren Höhenpunkt erreicht hatte, und von da an nach und nach wieder abnahm.   Noch war früher Morgen. Ein junger Mann, lediglich in einer zerfetzten Hose und zerrissenem Hemd bekleidet, hockte auf einem Felsvorsprung und starrte über das unendlich weite Meer hinaus. Eine seichte Brise wehte ihm um die Ohren und durch wirbelte sein schwarzes Haar. Um seine Augen hatten sich dunkle Ringe gebildet. Müde betrachteten sie die Meeresoberfläche, direkt dem aufsteigenden Sonnenaufgang entgegen.   In der restlichen Nacht hatte er keinen erholsamen Schlaf mehr gefunden. Ziellos war er auf der kleinen Insel umhergeirrt und hatte nach einem unbekannten Anhaltspunkt gesucht. Unsichtbar und lautlos war er um die Häuser geschlichen, durch den Wald gestreift und an den Klippen und am Strand entlanggelaufen. Alles vergebens. Er hatte nichts gefunden, was ihm wieder neuen Lebensmut gegeben hätte. Irgendwann war er in Trance an Hikos Elternhaus vorbeigekommen und hatte für eine Sekunde überlegt, sich wieder ins Bett im Gästezimmer zu legen, um doch noch ein wenig Schlaf zu bekommen. Allerdings hatte er es bleiben lassen. Ace hatte mit den Leuten nichts zu tun. Schon gar nicht mit Hiko, die vermutlich nie wieder ein Wort mit ihm reden würde, nachdem er sie so rüde beleidigt hatte.   Dabei hatte er sich für die paar Stunden wohl in ihrer Nähe gefühlt. Ihre Ausstrahlung hatte etwas Beruhigendes, schon fast Übernatürliches an sich gehabt. Es ging eine Wärme von ihr aus, die auch ihn erreicht hatte und kurzzeitig seinen Schmerz und seine harte Niederlage vergessen ließ. Es hatte gut getan, seine Sorgen, und sei es nur für wenige Stunden, losgelassen zu haben. Er konnte sich nicht erklären, warum er sie nach ihrer Erzählung von Wonderland angeschnauzt hatte. Vermutlich, damit sie endlich aus seiner Nähe verschwand. In keiner Weise war dies nötig gewesen.   Jedoch waren seine Erinnerungen urplötzlich zurückgekehrt. Dies schreckliche Szenario hatte sich auf seiner Netzhaut eingebrannt. So ohne Weiteres würde er es nicht vergessen können. Zumindest nicht so schnell und in nächster Zeit. Wahrscheinlich musste er einfach nur abwarten. Warten bis der Schmerz darüber vergehen würde und alles wieder einen Sinn ergab.                  >~~~~~~<   Hiko war kein bisschen überrascht gewesen, als sie am Morgen aufgestanden war und sich fertig angezogen hatte und feststellte, dass Ace nicht mehr da war. Sie wunderte sich über die Delle in der Wand, die deutlich Ace`s Faust erkennen ließ und konnte nicht verhindern, dass sie sich fragte, wohin er wohl gegangen war. Am Frühstückstisch erzählte Hiko ihren Eltern, das Ace verschwunden war. „Habt ihr mitbekommen, wie und wann er nachts das Haus verlassen hat?“, fragte sie ihre Eltern geradeheraus und machte sich eine Schale voll Müsli. Rasch tauschten ihre Eltern einen Blick aus, was der jungen Frau, die genüsslich ihr Müsli aß nicht verborgen blieb. „Nein, mein Schatz.“, antwortete schließlich Mamiko und lächelte, weil ihre alte Hoffnung wieder in ihr aufkeimte.   „Vermutlich ist es auch besser so.“, äußerte sie vorsichtig ihre Gedanken, um ihre Tochter nicht zu vergraulen. „Wir hätten gewaltigen Ärger bekommen, wenn es rausgekommen wäre, dass wir einen Piraten beherbergt haben. Wenn er einfach so gegangen ist, ohne sich zu verabschieden, muss er seine Gründe gehabt haben.“ „Hmm, ich weiß nicht recht. Er war ziemlich verletzt. Selbst wenn er sich nach einer Nacht wieder komplett erholt haben sollte, so halte ich es dennoch nicht für ratsam, dass er draußen herum läuft. Zumal am hellen Tag, wo ihn jeder erkennen kann.“   „Das ist sein Problem, Hiko, nicht unseres.“, entgegnete Manabu und steckte seinen Kopf hinter der Zeitung hervor, um seine Tochter genauer anzusehen. „Er ist nicht erst seit gestern ein Seeräuber und auf dem Meer unterwegs. Er wird schon wissen, was er zu tun hat und wie er sich zu verhalten hat, um unentdeckt zu bleiben. Wir müssen uns also keine Sorgen machen.“   Lange betrachtete Hiko ihre Eltern und wusste genau, was sie gemeinsam dachten. Selbst wenn sie nicht blutsverwandt miteinander waren, liebten sie sie, wie ihr eigenes Kind. Natürlich machten sie sich auch Sorgen um sie, wie alle liebevollen Eltern es um ihre Kinder tun würden. Die junge Frau konnte die Gefühle ihrer Eltern nachvollziehen. Sie wollten nicht, dass Hiko sich in Gefahr begab und mit dem Gesetzt anlegte. Noch dazu mit einem Piraten wie Ace, der die Marine ziemlich auf Trapp hielt.   Nur ihr zuliebe, hatten sie ihn bei der Marine nicht angezeigt und ausgeliefert. Das Vertrauen ihrer Tochter in sie wollten sie nicht verlieren und Hiko hatte es bis zu einem gewissen Grad ausgenutzt, was ihr jetzt unendlich leid tat. Trotzdem hatte sie das Gefühl, dass sie Ace nicht umsonst begegnet war und aus dem Meer gefischt hatte. Sein lädierter Körper hatte ihr einen gehörigen Schrecken eingejagt. Es blieb keine Zeit darüber nachzudenken, was ihr Handeln für Konsequenzen haben könnte, wenn sie ihm half. Zumal sie zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gewusst hatte, wer er eigentlich war.   Seine Schmerzen mussten unerträglich gewesen sein. Hiko hatte nur eins ganz sicher gewusst: Wenn sie ihm jetzt nicht half, würde er vor ihren Augen sterben. Das hätte sie nicht zulassen können. Niemals.   Mit ihren nächsten Worten, die Hiko an ihre Eltern richten würde, wusste sie genau, dass sie sie tief verletzten. Dennoch wusste sie, dass sie keine andere Wahl hatte. Vor ihrer Entscheidung würde sie ihren Eltern noch versichern, dass sie sie sehr lieb hatte und sie die besten Eltern waren, die sich ein Kind nur wünschen konnte.   Entschlossen stellte Hiko ihre leere Müslischale vor sich auf den Tisch und lächelte ihre Eltern liebevoll an. „Mama, Papa. Ich muss euch was sagen.“             >~~~~~~<   Hiko lief, so schnell sie ihre Füße tragen konnten.   „Aber, Hiko! Bist du dir dessen ganz sicher?“   Die niedergeschlagene Stimme ihrer Mutter hallte ihr mit jedem Meter den sie lief in ihrem Kopf wieder. Dazu auch die kräftige, tiefe Stimme ihres Vaters.   „Wenn du jetzt gehst, wird es für dich kein Zurück mehr geben.“   Sie wich den vorbeilaufenden Dorfbewohnern aus und hielt nach ihm Ausschau.   „Meine kleine Hiko! Sag, warum willst du das tun?“   Mamikos Tränen waren für sie jetzt noch so real, dass sie diese auf ihrer eigenen Haut fühlen konnte. Langsam liefen sie ihr über das Gesicht und tropften zu Boden.   „Hiko, schau mal! Das ist ein Märchenbuch.“   Manabu, der ihr jeden Abend begeistert von seiner Arbeit erzählt hat und ihr die Welt der Bücher näher gebracht hatte. Stundenlang hatte sie bei Kerzenschein in der Nacht in ihnen gelesen oder sich die bunten Bilder angesehen. Als sie noch klein war, hatte ihre Mutter ihr jeden Abend aus dem Märchenbuch vorgelesen.   „Es gibt so viele schöne Geschichten, Hiko, die für ein verträumtes Mädchen wie du wie geschaffen sind.“   An einem Baum, am Rande des Waldes machte Hiko Halt und regulierte ihre Atmung. Längst vergessen geglaubte Erinnerungen bahnten sich ihren Weg in ihr Gedächtnis zurück.   „Es war einmal, ein herrschaftliches Königreich zu einer längst vergangenen Zeit…“   Die junge Frau lief wieder mit einem klaren Ziel vor Augen. Ihr ehemaliges zu Hause hinter sich lassend.   „Dort gab es Wolken, die einem das Leben verlängern konnten, selbst wenn der Tod nach einem griff…“   Wo ist er nur hingelaufen? Ist er wohlmöglich gar nicht mehr auf der Insel? Fragen schwirrten durch Hikos unruhige Gedanken. Ihr Puls beschleunigte sich mit jedem weiteren Schritt. Ihr Herz hämmerte gegen ihren Brustkorb …vor Freude.   „Die Könige und Adligen, die über das primitive Volk regierten, konnten Energie aus ihrem Inneren nach außen projizieren. Ihre Hände konnten leuchten.“   „Genauso wie meine Hände.“   Genau, wie meine Hände. Hikos Hände. Das Märchen lieferte ihr einen Anhaltspunkt zu ihrer ursprünglichen Herkunft. Zumindest glaubte sie ganz fest daran, dass es mit diesem Märchen irgendeinen Zusammenhang gab.   „Vielleicht…erzählt dieses Märchen meine Geschichte.“, erklärte Hiko aufgeregt ihren fassungslosen Eltern. „Sagt nicht, dass ihr nicht auch daran gedacht habt? Zumindest die Möglichkeit in Betracht gezogen?“   „Aber, Hiko…“   Schon wieder ein „Aber“. Immer waren es viele „Abers“, die ihre Kindheit begleiteten. Trotzdem, in meiner Welt gibt es keine „Abers“!.   „Aber, Hiko! Zieh doch dieses hübsche rote Kleid an. Du bist doch ein Mädchen.“   „Aber, Hiko! Man isst nicht mit den Fingern. Benutze Messer und Gabel.“   „Aber, Hiko! Das Leben auf See ist nichts für ein Mädchen.“   Es wurde ihr nie erklärt, warum es für Mädchen so viele Einschränkungen gab, wenn es die Jungen nicht hatten. Das Leben war ihr viele Jahre ungerecht vorgekommen. Sogar die Dorfbewohner wollten sie nicht unter sich haben.   „Woher stammt eigentlich dieses vorlaute Kind?“   „Wäre sie wirklich eine von uns, würde sie sich nicht so unhöflich Erwachsenen gegenüber benehmen.“   „Was ist das mit ihren Händen? Mein Kind, halte dich fern von dieser Hiko!“   Viele Nächte hatte Hiko geweint. Ihre Eltern hatten sie nicht trösten können. Die junge Frau spürte, dass sie anders war, als die meisten Menschen. Sie besaß Fähigkeiten, die normale Menschen nicht hatten. Wo bist du, Ace?   „Hiko…warum willst du uns verlassen?“   „Wir lieben dich doch. Du bist unsere Tochter!“   Bitte, ihr Lebewesen im Wald, hilft mir Ace zu finden. Ich brauche ihn! Längst eilte Hiko den Strand entlang, an dem sie am Vorabend den verletzten Mann gefunden hatte. Nichtahnend, dass er ein Pirat war.   „Weil ich…“   Wind führe mich zu Ace!   „Mama, Papa…weil ich…“   Ein Blick nach oben, die Klippe hinauf und sie sah Ace auf dem Felsvorsprung sitzen. Die Möwen kreisten über sie hinweg und zeigten ihr den Weg.   „Weil ich…“     „Habe ich dich endlich gefunden.“   Keuchend tauche Hiko hinter Ace auf, der erstaunt und überrascht über ihr Erscheinen sich nach ihrer Stimme umdrehte. „Du hättest mir sagen können, dass du vor hattest uns so früh wieder zu verlassen. Meine Eltern waren richtig enttäuscht über deinen plötzlichen Abgang.“ Grinsend setzte sie sich neben ihn und starrte wie zuvor er aufs Meer hinaus.   „Du willst mich wohl auf dem Arm nehmen.“, entgegnete Ace und konnte nicht verhindern, dass sich seine Mundwinkel leicht nach oben zogen. „Deine Eltern wollten mich bereits gestern loswerden und ich wage mich dran zu erinnern, dass dein Vater mir sogar gedroht hatte, wenn ich nicht artig wäre.“ „Nun, das bist du auch gewesen. Mit deinem hämischen Kommentar gegen meine unreife Figur.“, konterte Hiko und konnte ihre überhebliche Art nicht ganz unterdrücken. „Warum bist du hier? Wenn du mir deswegen die Ohren voll heulen willst, hättest du dir den Weg hierher ruhig sparen können. Ich werde mich ganz sicher nicht entschuldigen.“ „Dessen bin ich mir durchaus bewusst, aber ich bin nicht deswegen hier.“   Fragend schaute Ace die junge Frau aus den Augenwinkeln an. Klar und unerschrocken waren ihre braunen Augen auf ihn gerichtet. So sehr er sich auch bemühte, er konnte in ihrem Gesicht nicht ablesen, was gerade durch ihren Kopf ging und was sie eigentlich von ihm wollte. Wahrscheinlich hielt sie ihn für einen ungehobelten Klotz, der dunkle Ringe unter den Augen hatte und nicht in der Lage war, sich vernünftige Kleider zu besorgen. Wie ein Pirat, dachte Ace. Mit Ausnahme der dicken Augenlider.   „Ich weiß nicht, wie man so etwas freundlich formuliert, aber ich muss es dir einfach frontal ins Gesicht sagen: Ace, du siehst scheiße aus.“   Für Minuten herrschte Stille. Schweigend sahen sie sich an. Ein Eichhörnchen kletterte gerade an einem Baumstamm hoch, als Ace dröhnend anfing lauthals zu lachen. Erschrocken flogen einige Vögel aus ihrer unmittelbaren Umgebung aus ihren Nestern. Sogar das Eichhörnchen war mitten im Sprung, als es vor Schreck nicht auf dem nächsten Ast landete, sondern durch die Erdanziehung gen Boden gezogen wurde. Das Meer schlug weiterhin gegen die Felswand. Erst nach vielen Minuten später konnten beide wieder aufhören zu lachen, wobei sich der junge Mann krampfhaft die Leiste hielt.   „Mein Gott, mir kommen sogar die Tränen vor Lachen. Du nimmst kein Blatt vor dem Mund, kann das sein?“ „Nur bei Leuten, die ich sehr gern hab und nicht verletzen will. Außerdem hattest du das verdient, nach der Aktion von gestern.“ „Verstehe. Ich bin natürlich keiner von ihnen. Wo du recht hast, hast du recht.“ „Hier, ich habe dir saubere Kleidung mitgebracht. Die hast du auf dem Stuhl liegen gelassen.“ „Häh? Wieso? Bist du deswegen zu mir gekommen?“, fragte Ace mehr als verblüfft, der Hikos Beweggründe nicht erahnen konnte.   „Ja und nein. Wenn wir gemeinsam in See stechen, dachte ich, könntest du dich am Anfang wenigstens ordentlich kleiden. Was später damit passieren wird, werden wir sehen. Obwohl ich gar nicht daran denken mag.“, murmelte Hiko vor sich hin und zog leicht ihre Stirn dabei kraus. Der überrumpelte Pirat glaubte sich verhört zu haben. Mit einer lässigen Handbewegung hatte Hiko die Klamotten auf seinem Schoß fallen gelassen und blickte ihn lächelnd an. Er wiederum konnte nur ausdruckslos zurückstarren.   „Habe ich irgendwas nicht mitgekriegt? Wann haben wir gemeinsam beschlossen in See zu stechen?“ „Nun, für mich stand das schon gestern fest. Zwar war ich kurz von dieser Idee abgeneigt gewesen, als du Wonderland für ein Kindermärchen abgetan hast, was es auch ist, aber das tut hier jetzt nichts zur Sache. Fakt ist, wir sollten uns zusammen tun.“ „Mir erschließt sich immer noch nicht der Grund.“, erwiderte Ace von neuem und wandte sich von ihr ab. Die Kleider lagen immer noch gefaltet in seinem Schoß.   „Der Grund ist doch ganz simpel, um uns gegenseitig zu unterstützen. Ein weiterer Vorteil ist, dass niemand von uns alleine wäre. Außerdem warst du bereits auf der Grand Line gewesen. Du kennst dich dort aus, weißt wie es auf dem Meer zugeht. Deine Erfahrung kann ich also gut gebrauchen und so schlimm finde ich dich jetzt auch nicht. Eine lächerliche Beleidigung kann mich nicht davon abhalten, nie wieder mit dir zu reden.“   „Das ist alles irrelevant. Wer sagt, dass ich mit dir zusammen gehen werde?“ „Na, ich. Hast du mir eben nicht zugehört?“ „Weißt du, ich…“   Aufgebracht stand Ace auf und stapfte wenige Schritte davon. Allerdings kam er nicht weit. Nach wenigen Metern geriet er ins Straucheln, weil ihm schwindelig vor Hunger wurde. Er saß schneller wieder als er eigentlich wollte. Doch er hielt Hiko zugute, dass sie keine Anstalten unternommen hatte, ihm zu helfen. Das wäre das letzte gewesen, was er jetzt brauchte. Am allerwenigsten von ihr.   „Deine Kraft ist noch nicht hundertprozentig wieder hergestellt. Neben der Kleidung habe ich noch was zu Essen dabei. Ich stelle es hier hin. Wenn du es haben willst, brauchst du es nur zu nehmen.“   Ace spürte die Versuchung, die hinter dem Vorhaben lag. Dennoch, so schnell wollte er nicht gleich klein bei geben. Obwohl er tierischen Hunger hatte, wusste er genau, was Hiko damit bezweckte. Wenn er das angebotene Essen nicht nahm, käme dies einer Ablehnung ihres Vorschlages gleich. Doch, würde er es stattdessen nehmen – sein Hunger war nicht länger zu ignorieren - hätte er mehr oder weniger der Idee zugestimmt und er war sich absolut sicher, dass er das unter keinen Umständen wollte.   Warum kümmert sie sich überhaupt um ihn? Es konnte ihr doch gleichgültig sein, was aus ihm wurde. Wenn sie unbedingt zur See wollte, hielt sie doch keiner davon ab, abgesehen von ihren Eltern. Moment Mal… In diesem Moment fiel ihm auf, dass Hiko mit einem schweren Rucksack ausgestattet war, der neben ihr lag. Ihre Kleidung zeigte deutlich, dass sie reisebereit war. Zu welchem Ziel auch immer. Sie trug eine Uhr und einen Kompass bei sich und ihre Schuhe waren wetterfest, das konnte er aus dieser geringen Entfernung erkennen. Allem in allem, startklar und bereit.   „Wohin willst du aufbrechen?“, hakte Ace neugierig nach, aber auch aus dem Grund, um das permanente Knurren seines Magens zu übertönen. „Das weißt du doch.“, antwortete Hiko und richtete ihren Blick wieder aufs Meer. Ace war so, als könne er eindeutig ahnen, das Hiko ihr Ziel bereits visuell sehen könnte.   Er betrachtete Hiko noch länger von der Seite, die ihn ganz klar an ihn selbst erinnerte. An einem Moment in seiner Jugend zurück, als er selber noch jeden Tag aufs Meer hinaus gestarrt hatte und den Wellen dabei zusah, wie sie ununterbrochen am Strand aufschlugen. Damals war er noch mit seinem kleinen Bruder zusammen gewesen. Beide hatten dasselbe Ziel gehabt und sich geschworen, diese auch zu erfüllen. Komme, was da wolle.   „Was ist, wenn ich sage, dass ich nicht mehr zur See fahren will?“ Nach dieser Frage schaute Hiko wieder vom Meer weg und ihn direkt an. „Das hast du aber nicht gesagt.“     „Von heute an schwöre ich…“ Ein kleiner dunkelhaariger Junge mit einzelnen Sommersprossen im Gesicht schaute der untergehenden Sonne entgegen und rief lautstark seinen Wunsch dem Meer entgegen.   „Hast du dir das auch gut überlegt, Hiko?“, fragte Manabu zum dritten Mal und verschränkte seine Hand mit der von seiner Frau. „Ja.“, antwortete Hiko.   „Ich werde Pirat.“   „Ich werde Pirat.“ Kapitel 7: Kapitel 7 -------------------- Kapitel 7    ~ Der Beginn einer langen Reise ~ Schaukelnd fuhr die letzte Fähre von Little Island zum angrenzenden Festland hinüber. Der Kapitän war ein kleiner alter Mann mit ungefähr sechzig Jahren. In seinem fortgeschrittenen Alter nahm er seine Pflichten als Kapitän sehr ernst, was noch lange  nicht bedeutete, dass er sich hin und wieder zu einem Scherz hinreißen ließ. Die letzte Fahrt zwischen Insel und Festland steuerte er immer selber. Normalerweise keine nennenswerte Sache, doch leider zum Missfallen seiner treuen Mannschaft. Der betagte Mann lenkte das kleine Schiff je nach seiner aktuellen Gefühlslage. Demnach konnte es passieren, dass eine Fahrt doppelt so lang dauerte, wenn der Kapitän mal wieder frisch verliebt war und seiner Angebeteten ein endlos langes Ständchen sang, obwohl die Empfängerin dieser Liebesbotschaft sich nicht einmal auf dem Schiff befand. Ein anderes Mal raste er wie ein Berserker über die kurze Distanz, sodass seine Augen wild hervorstachen, er krampfhaft das Steuer in den Händen hielt – fast mit ihm eins wurde, denn wenn er das Steuer bewegte, tat es ihm seine Statur gleich – die gesamte Besatzung und Passagiere waren dann gezwungen sich haltsuchend an irgendetwas festzuhalten und inständig zu hoffen, dass sie den Kontinent noch lebend und mit vollständigen Gliedmaßen auch erreichen würden. Sollte der Kapitän mal traurig sein, was relativ selten vorkam, tuckerte er über das Wasser in einem schildkröteartigen Tempo, dass die komplette Mannschaft an Bord einschlief und erst am nächsten Hafen wieder wach wurde. Im Gegensatz dazu, wenn der langjährige Seefahrer extrem gute Laune hatte, fuhr er erst gar nicht von Little Island ab. Beschimpfungen und Drohungen der Passagiere kümmerten ihn dann nicht. Er stand hinter seinem Steuer und starrte mit funkelnden Augen aufs Meer hinaus und genoss diesen friedlichen Anblick. Heute war der Kapitän betrunken und manövrierte die kleine Fähre in Schlangenlinien über die See. Durch das viele Schaukeln und den abrupten Kurswechsel konnte nicht verhindert werden, dass viele Passagiere und einigen Matrosen übel wurde und sie sich hin und wieder über die Reling beugten und ins Wasser unter ihnen spieen.   Es war später Nachmittag als Hiko und Ace an Bord gegangen waren. Zu später Stunde würde die Fähre ein letztes Mal zur Insel zurückfahren, aber das kam für die zwei ohnehin nicht mehr in Frage. Vor dem Beginn ihrer Reise hatte Hiko ein letztes Mal ihre Vorräte und Kleider kontrolliert, ob auch alles Notwendige dabei war. Ace hatte es für unnötig befunden und gemeint, dass man auch mit weniger zu Recht kommen würde. Das mochte stimmen, aber Hiko wollte wenigstens am Anfang keine all zu großen Überraschungen erleben. Nebenbei bemerkt, würde sie es Ace niemals gegenüber zugeben, denn trotz gründlicher Planung und jahrelangem träumen, hatte sie dennoch ein wenig Angst. Der Pirat neben ihr war bereits zur See gefahren und wusste, was sie beide erwartete. Hiko noch nicht. Zwar hatte sie schon ein paar Mal das Festland mit ihren Eltern besucht gehabt und einige Einkäufe dort erledigt, doch viel weiter war sie von Little Island noch nie zuvor entfernt gewesen. Nun, das würde sich jetzt ändern und die junge Frau wusste, dass ein Zurück nicht mehr möglich war.   Als ein junger Knabe direkt neben Ace seinen Mageninhalt entleerte, scheuchte er diesen mit einer kleiner Feuerkugel augenblicklich wieder davon. Daraufhin grinste der junge Mann und kassierte dafür einen missbilligen Blick von seiner Begleiterin. „War das wirklich nötig?“, fragte Hiko sofort nach und musste sich erneut eilig an die Reling klammern, da das Schiff mal wieder die Richtung gewechselt hatte. „Was meinst du?“, entgegnete Ace genervt und musste sich ebenfalls festhalten um nicht hinzufallen.   „Das weißt du ganz genau.“, fauchte die junge Frau zurück. Inzwischen war sie wieder sauer auf ihn geworden, der mit seiner sturen Art keine Einsicht für ihre Vorsichtsmaßnahmen zeigen wollte. „Der Junge von eben war noch ein Kind. Du hättest ihn nicht so erschrecken müssen und was ist, wenn er direkt zu seinen Eltern gerannt ist und ihnen erzählt, was er gesehen hat? Ich muss dich doch wohl nicht schon wieder daran erinnern, dass dein Gesicht auf einem Steckbrief verewigt wurde.“   „Ja ja, schon klar. Ist mir durchaus bewusst.“ „Wenn es das ist, dann verhalte dich auch dementsprechend.“, erwiderte Hiko barsch. Das Ace es nicht einmal für nötig hielt, sie während ihres Gespräches anzusehen, verärgerte sie maßlos. „Und setzt dir wieder den Hut auf! Wozu habe ich ihn wohl gekauft? Bestimmt nicht damit du dir kalte Luft zu fächern kannst.“   Dem jungen Mann ging der rechthaberische Ton von Hiko allmählich auf den Geist. Nachdem er zugesagt hatte mit ihr gemeinsam auf Reisen zu gehen, hatte sie sich als überfürsorgliche Mutter entpuppt und ihn belehrt, dass er sich nicht allzu sehr der Gesellschaft präsentieren darf. Zwischen ihnen hatte es einen langen Streit gegeben, indem er ihr versucht hatte klarzumachen, dass er schon länger als Gesetzesloser unterwegs war und genau weiß wie er sich zu verhalten habe, um unerkannt zu bleiben. Trotzdem hatte Hiko auf diesen orangenen Hut bestanden, der seine Augen verbergen konnte. Insgeheim gefiel ihm der Hut. Er musste zugeben, dass er ihm stand und er somit seinen Blick vor den anderen verheimlichen konnte. Natürlich hatte Hiko auch mit den anderen Sachen recht, die sie über sein Verhalten gesagt hatte. Allerdings sollte ihn eher der Teufel persönlich holen, als das er ihr dies jemals sagen würde. Ohne einen weiteren Kommentar wandte sich Ace von ihr ab und zog den Hut demonstrativ tief in sein Gesicht. Hiko schüttelte den Kopf über soviel Sturheit, aber um den Friedenswillen aufrechtzuerhalten erwiderte sie nichts darauf. Immerhin würden sie demnächst miteinander auskommen müssen, wenn sie ihre Reise fortsetzten. Erstmal Vertrauen zueinander aufzubauen, war das Wichtigste.   Trotz des Alkoholpegels im Blut des Kapitäns fuhr die Fähre sicher im Hafen ein. Ein Stoßgebet wurde schnell gen Himmel geschickt bevor sämtliche Passagiere fluchtartig an Land liefen. Viele unter ihnen bekamen es schon mit der Angst zu tun, wenn sie nur daran dachten, dass sie auf derselben Fähre mit demselben Kapitän wieder zurückfahren mussten. Kurzerhand wurde überlegt, sich schleunigst ein billiges Hotel zu suchen und morgenfrüh erst wieder die Rückfahrt anzutreten.   Das ungleiche Paar hatte stattdessen andere Pläne. Bisher war die Frage noch nicht geklärt wurden, wie sie ihre Weiterreise fortsetzen wollten. Denn das wichtigste fehlte ihnen dazu noch: ein Schiff.   Der Hafenaufseher erteilte ihnen Auskunft, dass Schiffe ungefähr eine Tagesreise von hier weiter östlich in einer Werft verkauft werden. Allerdings äußerte er auch gleich, dass diese Schiffe ein halbes Vermögen kosteten und  nach ihrer Kleidung zu urteilen, machten Hiko und Ace keinen Wohlhaberen Eindruck. Dennoch bedankte sich Hiko freundlich bei dem Mann und beschloss sich erstmal am Hafen weiter umzusehen. Vielleicht gab es irgendwo jemanden, der möglicherweise gebrauchte Schiffe verkaufen würde. Außerdem musste es eines sein, was man zu zweit steuern konnte. In diesem Punkt waren sich Ace und sie rasch einig geworden, dass sie keine traditionelle Piratenbande gründen wollten, sondern lediglich zu zweit unterwegs sein werden.   Es herrschte ein reges und dichtes Treiben am Hafen, aufgrund der vielen verschiedenen Geschäfte und dem beeindruckenden Fischhandel. Deswegen war es nicht gerade leicht sich einen Überblick über den Platz zu verschaffen. Nachdem beide bis zu einer engen Gasse vorgedrungen waren, musste Hiko leider wieder feststellen, das Ace den Eindruck machte, als ob ihm ihr Vorhaben vollkommen egal wäre. Mit dem Rücken lehnte er sich an die Häuserwand und verstränkte die Arme gelangweilt vor seiner Brust.   „Sag mal, kann es sein, dass es dir egal ist, ob wir ein Schiff bekommen oder nicht?“, fragte die junge Frau sichtlich provoziert über sein Verhalten. „Wenn du es wirklich wissen willst, im Moment schon. Du solltest lieber einen Gang runterfahren und entspannter die Sache betrachten.“ „Entspannter? Hoffentlich meinst du nicht so entspannt wie du. Denn bisher hast du dich größtenteils wie ein Arschloch verhalten.“ „Sieh mal einer an, du kennst Kraftausdrücke.“, entgegnete der Seeräuber gespielt überrascht. „Hätte ich dir nicht zugetraut. Bisher hast du nämlich andauernd geschwollen geredet, dass ich mir am liebsten die Ohren rausgerissen hätte.“   Schnaubend und bösartig funkelnd wandte sich Hiko von ihm ab. Eilig schmiss sie ihren Rucksack auf den Boden und machte einen Hochsprung nach oben. Eigentlich wollte Ace ihr nicht hinterher gucken. Sollte sie doch pikiert davonlaufen, dann hätte er wenigstens wieder seine Ruhe. Doch, da sie nicht wieder nach ihrem plötzlichen Sprung vor ihm auftauchte, hob er doch den Kopf gen Himmel und bekam gerade soeben noch zu sehen, dass Hiko hinauf aufs Dach geflogen war. Sieh an, sie kann also auch fliegen.   In diesem Augenblick war Ace nicht ganz so erstaunt wie gestern, als sie ihm erzählt hatte, dass sie unter Wasser atmen konnte und heilende Fähigkeiten besaß. Ihm blieb immer noch schleierhaft, warum er ihr überhaupt zugesagt hatte mit ihr gemeinsam zur See zu fahren und Wonderland zu suchen. Er konnte sich durchaus vorstellen, dass es so einen Ort irgendwo auf der Grand Line gab. Immerhin hatte er zwei Jahre in diesen gefährlichen und sensationellen Gewässern gelebt und einige Wunder mit eigenen Augen gesehen. Dennoch war es ihm im Grunde genommen egal, ob dieses Märchen der Realität entsprach oder nicht. Ihm ging es nicht darum irgendwelchen Träumen hinterherzujagen, sondern viel eher darum einen neuen Grund für sich zu finden, warum es sich noch lohnen sollte nach unbekannten Orten zu suchen und weiterhin ein gefährlicher Pirat zu sein. Vielleicht hatte es aber auch an dieser jungen Frau gelegen, die ihn für einen kurzen Moment an eine Erinnerung aus seiner Jugend erinnerte und in der er sich noch so lebendig gefühlt hatte. Dieses überraschende Gefühl hatte ihn überrumpelt, weil es sich so echt anfühlte und er dieser Sehnsucht nachgab.   Vom Dach des Hauses aus hatte Hiko einen hervorragenden Überblick über den gewaltigen Hafen. Er war weitflächiger als sie gedacht hatte. Sie hob schützend eine Hand über ihre Augen, um nicht von der Sonne geblendet zu werden. Von ihrem hohen Posten aus sah sie viele Schiffe, Ruderboote, Fischerboote und die Fähre auf der sie und Ace eben erst angelegt hatten. Sie konnte sogar Little Island am Horizont ausmachen und nahm sich eine Minute Zeit, um diesen Ausblick zu verinnerlichen.   In Gedanken an ihre Eltern umfasste Hiko mit der anderen Hand die goldene Kette mit dem Blütenanhänger um ihren Hals. Sehnsucht nach ihnen nahm von ihr Besitz und sorgte dafür, dass Zweifel über ihren Entschluss Piratin zu werden, in ihr aufkamen. Es fiel ihr nicht leicht mit Ace reservierten Verhalten klar zu kommen. Zumal sie es auch nicht verstehen konnte, warum er so abweisend auf alles was sie sagte, reagierte. Selbstverständlich war ihr bereits aufgefallen, dass sie erzieherisch mit ihm umgesprungen war, als wäre er ein nörgelndes Kleinkind, dem man den Lieblingslolly entwendet hatte. Der Pirat Ace, wie sie ihn kennen gelernt hatte, passte nicht zu dem, den sie aus den Zeitungen her kannte. Ihr war bewusst, dass die Marine nicht immer die Wahrheit schrieb und wichtige Informationen der Bevölkerung vorenthielt, und trotzdem verhielt sich Ace nicht wie ein Pirat. Zumindest nicht wie einer, wie sie sie sich immer vorgestellt hatte.   Hiko hatte gedacht, dass sie einfach zusammen losziehen würden und viel Spaß und viele Abenteuer miteinander erleben werden. Gegenseitig würden sie sich beschützen und jedem erdenklichen Hinweis nach Wonderland nachgehen. Ganz schön naiv, wie sie nun nach kurzer Zeit festgestellt hatte. Vielleicht wollte Ace gar nicht nach Wonderland suchen. Immerhin habe ich ihn mehr oder weniger zu dieser Reise überredet. Was er will, danach habe ich ihn überhaupt nicht gefragt.   „Willst du weiterhin Löcher in die Luft starren oder können wir endlich weiter nach einem geeigneten Schiff suchen?“, ertönte mit einem Mal die Stimme von Ace neben Hiko, sodass sie sich überrascht nach ihm umdrehte. „Erzähl mir jetzt nicht, dass du es dir anders überlegt hast und zurück zu deinen Eltern willst?“, hakte er nach, nachdem er dem Blick von ihr gefolgt war, der zuvor noch auf Little Island gerichtet war. „Ich dachte, du bist hierauf geflogen, um nach Schiffen Ausschau zu halten und nicht nach deiner Heimat.“   „Rede keinen Unsinn.“, antwortete Hiko und richtete ihren Blick wieder auf den weiten Hafen. In diesem Moment entdeckte Ace die Kette, die Hiko um ihren Hals trug. „Wenn ich mich nicht täusche, ist das die Kette von deiner Mutter.“ „Woher…? Das war dir aufgefallen?“ „Ich habe es mir angewöhnt meine Gegner oder mögliche Feinde genauer zu betrachten und zu beobachten. Somit bin ich vor eventuellen Angriffen gewarnt und ich weiß mit wem ich es zu tun habe.“ „Aber, so eine unbedeutende Kette ist dir aufgefallen?“, hakte Hiko skeptisch nach. „So unbedeutend ist sie gar nicht. Ich habe sofort gewusst, dass sie deiner Mutter sehr viel bedeuten muss, denn bis auf die Kette trug sie keinen weiteren Schmuck. Abgesehen von ihrem Ehering.“   Hiko war sprachlos. Ace Intuition hatte genau ins Schwarze getroffen. Diese Kette hatte Mamiko an ihrem ersten Hochzeitstag von Manabu geschenkt bekommen. Seitdem hatte sie die Kette jeden Tag getragen und kein einziges Mal abgenommen.   „Hier, mein Kind.“, weinte Mamiko und löste die goldene Kette mit dem Blütenanhänger von ihrem Hals. „Mutter, was tust du da?“ Eilig trat Hiko einen Schritt zurück und wollte die Kette ihrer Mutter, die ihr soviel bedeutete, nicht annehmen. „Es ist dein Geschenk von Papa an eurem ersten Hochzeitstag gewesen. Ich kann sie nicht annehmen. Das wäre falsch. Vermutlich wirst du sie niemals wieder sehen.“ „Es stimmt schon, dass mir diese Kette sehr wichtig ist und gerade deswegen ist es richtig, dass du sie bekommst. Auch wenn ich sie nicht wieder sehen sollte, habe ich dennoch die Hoffnung, dass es ein Wiedersehen geben wird. Sollte es noch so viele Jahre dauern. Wir, dein Vater und ich, werden auf dich warten. In dieser Zeit hast du etwas, was dich an uns erinnert und dir den Weg zu uns weisen wird, sollte es dich jemals wieder in deine Heimat zurück verschlagen. Vergiss nicht, dies hier ist dein zu Hause.“   Die letzten Worte ihrer Mutter. Hastig blinzelte Hiko die aufkommenden Tränen weg und zeigte mit ausgestrecktem Arm nach vorne. „Schau, Ace! Dort drüben sieht es so aus, als ob dort einige unberührte Schiffe ankern. Wollen wir dort vorbeischauen?“   Mit einem aufgeregten Lächeln hatte sich Hiko wieder Ace zugewandt und wartete auf seine Reaktion. Ihm war nicht entgangen, dass Hiko mit ihren Gedanken woanders gewesen war, wahrscheinlich bei ihren Eltern, doch er stellte keine Fragen. Sie ist tapfer. Er konnte sich nur ungefähr vorstellen, wie schwer es für jemanden sein musste, sein Elternhaus zu verlassen, um über die Meere zu reisen. Denn er selber hatte keine Familie gehabt. Daher wusste er nicht, was Hiko alles hinter sich ließ, um mit ihm in See zu stechen.   „Von mir aus.“ Er wollte auch nicht weiter darüber sinnieren.   Mit einem gezielten Sprung vom Dach bahnten sie sich ihren Weg durch die Menschenmenge mit einem klaren Ziel vor Augen. Kapitel 8: Kapitel 8 -------------------- Kapitel 8               ~ Ein Schiff ~ Gelangweilt und desinteressiert streifte ein einzelner Mann in zerlumpter Kleidung durch die Menschenmenge am Hafen. Niemand schenkte ihm sonderlich Beachtung. Seine Erscheinung war eine Beleidigung in den Augen aller, die großen Wert auf ein vernünftiges Äußeres legten. Dieser Vagabund erfüllte in keiner Weise ihre Vorstellungen oder ihre gesellschaftliche Norm. Für den Reisenden war es nur von Vorteil. Innerlich grinste der Mann über die Dummheit der Leute, die sich viel zu schnell von Äußerlichkeiten blenden ließen.   Unter seinem verschlissenen Umhang trat hin und wieder einer seiner Hände hervor und griff in die offenen Handtaschen der ahnungslosen Passanten.  Niemand von ihnen bemerkte, dass ein gerissener Dieb unter ihnen weilte und ihnen sämtliche Gelder direkt vor der Nase gestohlen wurden. Die gezielten Handbewegungen des Gauners waren so schnell, dass keiner sie mit bloßem Auge sehen, geschweige denn erkennen konnte. Er war routiniert darin und nur er allein wusste, wie lange er schon auf diese Weise sein Leben fristete. Von ehrlicher Arbeit hatte er noch nie viel gehalten und war bereits in jungen Jahren ein erfolgreicher Taschendieb geworden. Keiner in seinem Milieu konnte ihm das Wasser reichen. Er blieb die unangefochtene Spitze unter den Taschendieben. Darauf war er sehr stolz und stärkte sein Ego von Tag zu Tag.   An keinem neuen Tag rechnete er damit, dass ihn jemals jemand bei seiner Gaunerei erwischen würde. Die Marine hatte es bis heute nicht geschafft. Wie sollte es dann ein einfacher Bürger schaffen ihn zu enttarnen?   >~~~~~~<   „Dein Blick spricht Bände.“, richtete Hiko das Wort an ihren Gefährten. Seit einer geschlagenen Stunde ließen sie sich nun sämtliche gebrauchte Schiffe vorführen, wobei das nächste immer schlechter wurde, als das vorige. Ihre gute Erziehung hinterließ bei dem Händler einen falschen Eindruck. Aufgrund ihres freundlichen Lächelns fühlte sich der Mann in seinem Tun bestätigt und schwadronierte die ganz Zeit über von seinen missratenen Booten, die eine Huldigung gar nicht verdienten.   „Vielleicht solltest du endlich aufhören so dämlich zu grinsen. Ansonsten fängt dieser Nichtsnutz noch an vor deinen Füßen zu sabbern.“, brummte Ace und wandte sich zum Gehen. Diese ganze Aktion war reine Zeitverschwendung gewesen. „Was meinst du damit?“, eilte Hiko hinter ihm her und ließ den einfachen Händler mit gebrochenem Herzen einfach stehen. „Sag jetzt nicht, dass dir das nicht aufgefallen ist?“ „Was ist mir nicht aufgefallen?“ „Du hast es nicht bemerkt?“   Überrascht blieb Ace stehen und musterte Hikos fragende Miene. „Dir ist nicht aufgefallen, dass der Einfallspinsel von eben auf dich steht?“ „Wie?“ Die junge Frau musste über diese absurde Tatsache lachen. „Ein guter Witz, Ace. Lass uns lieber überlegen, wo wir sonst noch an ein Schiff kommen können.“   Perplex starrte Ace seiner Kameradin hinterher. Konnte es wirklich sein, dass sie nicht im Klaren darüber war, dass sie für einige Männer durchaus attraktiv aussah und anziehend wirken konnte? Sei es drum. Das ging ihm nichts an. Dennoch hatte er noch nie zuvor ein Mädchen kennen gelernt, die ihren eigenen Wert nicht kannte.   „Und wo sollen wir hin?“, führte der junge Mann ihre erste höfliche Konversation fort. „Ich weiß auch nicht so genau.“, gestand Hiko ihm ehrlich. „Viele der Geschäfte schließen bereits. Die wenigen, die noch am Markt sind, sollten wir vielleicht ausfragen und so herausfinden, ob irgendeiner uns weiterhelfen kann.“ „Einverstanden. Bei der Gelegenheit können wir uns auch umsehen, wo wir die Nacht verbringen können.“   „Sag mal, Ace, geht es dir gut?“, hakte Hiko misstrauisch nach, die seine komplette Gradwanderung von megaunfreundlich zu nett nicht nachvollziehen konnte. „Wieso? Das sind normale Überlegungen, die jeder Reisende macht. Mach jetzt bitte nicht schon wieder ein Drama draus.“ „Schon gut. Ich wollte dich bestimmt nicht aufs Neue ärgern.“   Einige Meter legten sie schweigend zurück, bis Ace mit einem Mal stehen blieb und einen Vorbeigehenden Mann unsanft am Arm gepackt hatte. Neugierig über seinen Verbleib, drehte sich Hiko zu ihnen um und beobachtete die gereizte Miene von Ace.   „Was fällt dir ein? Lass mich sofort los!“, befahl der zerlumpte Mann und versuchte sich aus Ace eisernen Griff zu entziehen. „Erst wenn du der Dame, die du eben vor uns bestohlen hast, ihr Geld wieder gibst.“, forderte er kühl auf und blickte den Gauner eiskalt an. „Ich weiß überhaupt nicht, wovon du sprichst.“, wehrte sich der Mann weiterhin, obwohl er ein mulmiges Gefühl in seiner Magengegend kaum unterdrücken konnte. „Ace, was ist denn los?“, schaltete sich nun Hiko dazwischen und trat einen Schritt näher auf die Kontrahenten zu. Inzwischen hatten sich bereits mehrere Schaulustige um die drei versammelt und verfolgten faszinierend das Geschehen.   „Halt dich da raus, Hiko.“, herrschte Ace sie an. „Dieser Dieb hat bestimmt schon mehrere Geldbeutel auf dem Markt mitgehen lassen. Ich wette, dass auf dich eine Belohnung ausgesetzt ist. Kann das sein?“ „Lass mich sofort los. So eine Unverschämtheit lasse ich mir nicht bieten.“ Der Mann wurde zunehmend nervöser. Wie konnte dieser arrogante Kerl überhaupt mitkriegen, dass ich ein Taschendieb bin? Ich sollte mir schleunigst etwas einfallen lassen, ansonsten lande ich noch hinter Gittern!   „Ist das wahr, Ace?“ In diesem Moment fiel einigen Umstehenden auf, dass ihnen tatsächlich ihre Geldbörse gestohlen wurden war ohne das sie etwas bemerkt haben. Empört verlangten sie von dem Gauner auf der Stelle ihr Geld zurück. „Hörst du das? Du bist enttarnt und tust augenblicklich gut daran, wenn du dich jetzt schön brav verhältst und ohne einen Mucks mich zur Marine begleitest.“ „NEIN!“, schrie der verzweifelte Gauner.   Panik fiel über ihn herein. Noch nie zuvor war er verhaftet wurden und hatte jetzt auch bestimmt nicht vor, dass es soweit kommen sollte. In seiner Not biss er Ace in den Arm, der mit dieser hinterhältigen Aktion nicht gerechnet hatte und ließ den gemeinen Kerl sofort los. Dieser nutzte den günstigen Moment und nahm die erstbeste Person – in diesem Fall Hiko – als Geisel und hielt ihr ein schmutziges Messer an ihre Kehle. Ein erstickter Schrei ging durch die anwesende Menge. Mehrere Frauen hielten ängstlich die Hände vor ihrem Mund oder klammerten sich an ihre Ehegatten. Kinder versteckten sich hinter ihren Eltern und weinten.   „Was willst du jetzt tun, du arroganter Kerl?“, rief der Gauner dem jungen Mann entgegen, der stoisch die neue Situation peilte. „Wenn du auch nur einen Schritt näher kommst, ist dieses süße Täubchen einen Kopf kürzer. Hast du mich verstanden?“ „Natürlich hat er dich verstanden. Schließlich ist er nicht taub.“, fauchte Hiko den Gauner von der Seite an und versuchte nicht weiter durch ihre Nase zu atmen. Der penetrante Körpergeruch des Mannes stank entsetzlich. „Wie?“ Eine solche Reaktion hatte der Geiselnehmer nicht erwartet und lockerte dadurch seinen Griff um Hikos Hals.   Die junge Frau reagierte blitzschnell, verpasste dem Grobian einen gezielten Stoß in seine Magengegend mit ihrem rechten Ellenbogen, sodass dieser sich keuchend beugen musste. Somit war Hiko aus den Fängen des Mannes befreit. Trotzdem sprang sie ein wenig hoch, drehte sich halb um ihre eigene Achse und traf den Kerl mit einem starken Fuß kick am Kopf, sodass er rücklings zu Boden fiel. Von diesem Moment an sah der Typ nur noch Sterne vor seinem inneren Auge vorbeiziehen und blieb bewusstlos am Boden liegen.   Ace staunte nicht schlecht, aber auch die anderen Anwesenden waren erstmal geschockt von der Wendung, die sich so plötzlich ergeben hatte. Doch sobald sie ihren Schock überwunden hatten, jubelten sie Hiko zu und gratulierten ihr zu ihrem Sieg. „Ein wirklicher Kampf war das doch gar nicht.“, murmelte die Heldin des Tages und ging auf Ace zu, um die Bisswunde an seinem Arm zu heilen. „Für diese Leute bist du es.“, erwiderte Ace und begutachtete die verheilte Stelle an seinem Arm. „Du scheinst doch zu etwas nützlich zu sein.“   Liebend gern hätte Hiko etwas auf diese ironische Aussage erwidert, doch in diesem Moment trat ein älteres Ehepaar auf die zwei zu und lächelten sie freundlich an. „Das hast du gut gemacht, mein Mädchen.“, schüttelte der Mann mit dem Ziegenbart ihr die Hand. „Eine solche Schlagkraft habe ich noch nie bei einer so jungen Frau wie dir gesehen. Gestattet, dass wir uns vorstellen: Mein Name ist Egon und das ist meine reizende Frau Marianne. Durch euer Engreifen haben wir unser Geld von dem Gauner wieder erhalten. Wie können wir uns erkenntlich zeigen?“ „Das war keine große Sache. Purer Zufall, weiter nichts.“, winkte Hiko ab und sattelte wieder ihren Rucksack. „Wir müssen uns noch einen geeigneten Platz für die Nacht suchen und wissen gar nicht…“   „Aber damit können wir doch behilflich sein.“, unterbrach der redselige Herr sie und zeigte links von ihnen auf eine herrschaftliche Villa ein wenig abseits vom Hafen. „Meine Frau und ich wohnen dort drüben. Leider sind unsere Kinder bereits alle erwachsen geworden, weswegen es manchmal recht einsam in dem großen Haus ist. Seien sie beide unsere Gäste. Ich verspreche euch, es wird ein leckeres Abendessen geben. Euch wird nichts fehlen.“ „Ich weiß nicht, wir…“ Hilfesuchend schaute Hiko zu Ace auf, der ein Schulterzucken andeutete und meinte, dass sie es besser gar nicht treffen können. Zwar wollte Hiko noch protestieren, denn was passierte, wenn jemand entdeckte wer er wirklich war? Doch davon wollte der junge Mann nichts wissen und zog sie bestimmt neben sich her zum Anwesen des älteren Paares.   >~~~~~~<   „Ace, bist du vollkommen übergeschnappt? Was ist, wenn diese Leute herausfinden sollten, wer du bist?“, meckerte Hiko mit ihrem Kameraden, nachdem sie in die Villa geführt wurden und ihnen zugleich ihre Zimmer gezeigt wurden. „Dann steht die Marine schneller vor der Tür als wir gucken können.“ „Jetzt reg dich mal nicht so auf. Die beste Tarnung ist es sich nicht verdächtig zu verhalten. Weil wir der Einladung nachgekommen sind, fallen wir somit weniger auf. Die meisten Menschen haben ein bestimmtes Bild von Piraten im Kopf, nämlich das sie plündern und morden. Keiner von ihnen rechnet damit, dass ein gefährlicher Pirat wie ich, einen Dieb schnappt und gleich darauf bei solch reichen Leuten zu Abend essen wird.“   „Aber dein Gesicht ist bestimmt einigen bekannt.“, zweifelte Hiko. Diesmal weniger aufbrausend, denn seine vorige Erklärung leuchtete ihr durchaus ein. „Zerbrech dir nicht den Kopf darüber. Mein Gesicht sehen sie bloß im Vorbeigehen auf einem Steckbrief an der Wand. Keiner von ihnen macht sich die Mühe genauer hinzusehen und jedes Detail einzuprägen.“ „So einfach ist das?“ „In den meisten Fällen.“, antwortete Ace und richtete seinen Blick auf die verunsicherte Hiko, die immer noch nicht so recht glauben wollte, dass man sich so einfach als Pirat durchmogeln konnte.   „Du wirst es selber noch erleben. Die meisten Menschen denken nur an sich und machen sich wenig Gedanken um ihre Mitmenschen. Schon gar nicht um solche, wie ich einer bin.“, grinste Ace und rückte seinen Hut zurecht. „Komm jetzt, die Herrschaften werden bereits auf uns warten und ob du es glaubst oder nicht, mein Magen knurrt schon entsetzlich.“   Mit diesem Worten ging er an Hiko vorbei und ließ sie allein zurück. Sie verstand die Welt nicht mehr. Irgendwie hatte sie das Gefühl das etwas verkehrt lief. Ein solches einfaches Verfahren hatte sie sich nicht vorgestellt. Andersherum musste etwas Wahres dran sein, denn wie sonst schaffen es einige berüchtigte Piraten über etliche Jahre auf freiem Fuß zu bleiben? Nicht umsonst bereiten sie der Marine ein solches Kopfzerbrechen. Die Gefährlichkeit, die von solchen Leuten ausgeht, sollte man nicht unterschätzen. Hiko stand noch am Anfang und begann erst annähernd zu erahnen, was es wirklich bedeutete ein freier Pirat zu sein, vor dem sich jeder fürchtete.   >~~~~~~<   Ace unmenschlicher Appetit war mal wieder nicht zu zügeln. Hiko befürchtete schon, dass das nette Ehepaar sie wieder hinauskatapultieren würden, aber es geschah nichts dergleichen. Im Gegenteil, sie fanden Ace Appetit sehr belustigend und bekräftigten ihn auch noch, die drei verschiedenen Nachtische zu probieren. Wobei probieren das falsche Wort war. Es war ein regelrechtes verschlingen von Speisen ohne wirklich zu kauen. Zumindest kam es ihr so vor. Trotzdem konnte sie nicht verhindern, dass sie wieder über Ace´s Anblick lachen musste. Seine natürliche und lockere Art Dinge zu betrachten oder anzugehen, steckten sie langsam an.   „Jetzt erzählt doch mal ihr zwei, wohin seid ihr denn alleine unterwegs?“, hakte Egon nach dem Essen nach und musterte seine Gäste freundlich mit seinen klaren blauen Augen. „Nun, um ehrlich zu sein, wollen wir um die ganze Welt reisen.“, antwortete Hiko wahrheitsgemäß, wobei sie den Part mit der Piraterie absichtlich nicht erwähnte. Aus den Augenwinkeln beobachtete Ace seine Kameradin und wunderte sich ein wenig darüber, dass sie so gelassen auf diese Frage reagierte ohne den Eindruck zu erwecken, als würden sie etwas verheimlichen. Sie lernt schnell.   „Wir sind heute Morgen aufgebrochen und haben noch keinen genaueren Plan, wie wir die Reise angehen sollen. Außerdem fehlt uns für diese Unternehmung ein passendes Schiff, dass wir zu zweit steuern können.“, erzählte Hiko weiter und sah bei der Sache mit dem Schiff traurig zur Seite. Einzig und allein Ace spürte, dass diese Traurigkeit nur gespielt war. Bei diesen naiven Leuten war ein solches Schauspiel durchaus sinnvoll. Außerdem hatte Ace denselben Gedanken wie Hiko gehabt. Mit höchster Wahrscheinlichkeit konnte das alte Ehepaar ihnen zu einem Schiff verhelfen. Deren Vermögen sprach eindeutig für die beiden.   „Ein Schiff? Warum habt ihr das nicht gleich gesagt?“ Hastig sprang der alte Mann auf und forderte seine Gäste auf ihnen eilig zu folgen. Etwas irritiert über diese schnelle Abfolge ihres Gesprächs, ihrem Ziel so rasch näher gekommen zu sein, folgten sie dem Paar auf die andere Seite des Anwesens. Hinter der Villa befand sich ein gewaltiger Schuppen, den man locker zu einem Haus umfunktionieren könnte, aber in dem befand sich bloß ein einziger riesiger Raum mit einem prachtvollen Schiff in der Mitte.   „Na, was sagt ihr dazu?“   Was sollte man dazu noch sagen? Hiko und Ace waren sprachlos. Vor ihnen stand ein meterlanges Schiff mit einem einzigen Segelmast in der Mitte. Es war aus kastanienfarbigem Holz und eine Stufenleiter war am äußeren Rand angebracht, mit der man aufs Schiff gelangen konnte. Das Steuerrad befand sich vorne und ein goldener Löwenkopf zierte das vordere Bug. Hinter dem Segelmast befand sich eine Tür, die in das Innere des Schiffes führte. Bei ihrem Rundgang durchs kleine Schiff, stellten beide fest, dass der Weg direkt in die Kombüse führte, die mit allen möglichen Kochutensilien ausgestattet war und eine passende Sitzmöglichkeit gab es auch noch. Auf dem Fußboden der Kombüse befand sich eine Falltür, die noch tiefer ins Innere führte. Nun standen Hiko und Ace in einem schmalen Flur, von dem zwei Türen abgingen. Hinter der einen befand sich ein schickes Badezimmer mit eingebauter Dusche, die andere Tür führte sie in ein Schlafzimmer, in dem ein Doppelbett, ein Kleiderschrank und sogar ein aufklappbarer Sessel standen.   Zusammengefasst konnte man festhalten, dass das kleine Schiff ihnen alles bot, was Hiko und Ace brauchten, um in See stechen zu können.   „Was wollt ihr als Gegenleistung haben?“, fragte Hiko Egon und Marianne, nachdem sie eingehender das Schiff bewundert hatte. Sie hatte sich auf der Stelle in diesen Einmaster verliebt. „Nichts.“, antwortete das ältere Ehepaar und musste über die erstaunten Gesichter ihrer Gäste lachen. „Wieso? Ich verstehe nicht, wie sie so ein tolles Schiff einfach verschenken können.“, fand Hiko ihre Sprache wieder.   „Ganz einfach.“, antwortete Egon und lächelte seine Gattin zärtlich an. „Meine geliebte Marianne und ich haben bereits vieles von dieser Welt gesehen, was wir sehen wollten. Zusammen mit unseren Kindern war unser größter Wunsch in Erfüllung gegangen. Wir hatten ein erfülltes Leben und merken, wie wir allmählich immer älter und damit auch nutzloser für unsere Kinder und unsere Mitmenschen geworden sind. Auf diesem Schiff sind wir hunderte Mal auf dem Meer unterwegs gewesen. Jetzt, haben wir dafür keine Verwendung mehr. Unsere Knochen sind nicht mehr die jüngsten. Dem Wetter auf der See würden unsere Glieder nicht mehr standhalten. Wenn ihr es nötiger habt, und das sehen wir, geben wir es euch gerne. Somit kann es seinen eigentlichen Nutzen noch erfüllen und auf dem weiten Meer umherfahren.“   Hiko war gerührt von dieser Ansprache und bemerkte ein zufriedenes Glitzern in den Augen des Paares. Sie müssen viele schöne Erinnerungen mit dem Schiff verbinden.   Ein letzter Blick zu Ace, der ihr zustimmend zunickte und die Sache war damit besiegelt. Sie hatten endlich ein Schiff und würden am nächsten Morgen mit ihm in See stechen. Kapitel 9: Kapitel 9 -------------------- Kapitel 9                                 ~ Erinnerungen und hässliche Worte ~ Portgas D. Ace lag mit dem Rücken auf dem Deck ihres kürzlich geschenkt bekommen Schiffes und starrte in den Himmel hinauf, der mit seiner einzigartigen Wolkenpracht den Firmament jeden Tag aufs Neue anders und fantasievoll gestaltete. Die weißen flauschigen Kugeln waren frei und nicht gebunden, an irgendwelche irdischen Gesetze. Sie konnten kommen und gehen, wie es ihnen beliebte. Meist waren sie freundlich und so schön hell erleuchtet wie heute, doch dann gab es Momente, in denen sie ausrasteten und einen gefährlichen Sturm heraufbeschwören konnten. Wenn es soweit war, sollte man diese gewaltige Kraft, die dahinter steckte nicht unterschätzen. Der Himmel war dann so unberechenbar, wie die stürmische See unter ihm.   Das sanfte Schaukeln des Schiffes machte Ace dösig. Er wusste, dass Hiko neben dem Löwenkopf am Heck hockte und über dem weiten Meer Ausschau hielt. Ihr begeistertes jugendhafte Gesicht, das sie aufgelegt hatte, als das Schiff aus dem Hafen gelaufen war, hatte dafür gesorgt, dass ein wohliges und warmes Gefühl in ihm ausgebrochen war. Es kribbelte noch jetzt in seinem Inneren und ließ ihn in seine Träume abdriften. Der klare blaue Himmel über ihm, er auf einem Schiff in dem endlos weitem Meer…Ja, Ace spürte, dass er sich langsam wieder seiner Bestimmung näherte. Seiner Heimat auf dem größten Gewässer der Welt. Dann erschien das Gesicht von Ruffy vor seinen Augen.     „Nun warte doch, Ace! Ich kann nicht so schnell laufen, wie du.“ Ein kleiner Junge mit dem Namen Monkey D. Ruffy lief seinem großen Bruder Ace hinterher, der sich mal wieder einen Spaß daraus machte, seinen kleinen Bruder zu ärgern. Wie Ace hatte Ruffy wirres schwarzes Haar, das er um einiges kürzer trug, als er. Zudem lief der kleine Junge für sein Leben gern in flachen Sandalen rum. „Hör auf zu flennen und streng dich gefälligst mehr an.“, rief Ace grinsend zurück und sprang sicher über einem liegenden Baumstamm. Wie es nicht anders zu erwarten war, rannte Ruffy frontal darauf zu und fiel rücklings zu Boden. Vor Schmerz hielt er sich die Hände an sein Gesicht und rief verzweifelt nach seinem großen Bruder, doch der hatte ihn bereits weit hinter sich gelassen.   Ace war ein schneller und flinker Junge, der sich in den Bergen und Wäldern seiner Heimatinsel gut auskannte. Er kannte jedes Schlupfloch, jede Gefahr, sei es durch irgendein wildes Tier oder einem Bergräuber, der abseits vom Dorf sein Unwesen trieb. Furcht besaß Ace keine. Er vertraute seinem Können und seiner Stärke, die für einen zehnjährigen sehr beachtlich waren. Bei sich führte er einen langen und stabilen Ast, der ihm regelmäßig als Waffe zur Verteidigung oder zum Angriff diente. Sobald er den herannahenden großen runden Fels erspähte, verlangsamte er sein Tempo und war mal wieder so gütig, um dort auf seinem kleinen Bruder zu warten.   Nach einer halben Ewigkeit erschien er endlich mit einer blutenden Nase im Gesicht. „Da bist du ja endlich. Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr.“ „Warum hast du nicht auf mich gewartet oder mir geholfen?“, klagte Ruffy und zog das Blut durch seine Nase hoch. „Gewartet habe ich, was ich nicht hätte tun müssen, und was das Helfen angeht,“, antwortete Ace und bedachte den jüngeren Jungen mit einem gleichgültigem Blick, „musst du in der Lage sein, dir selber helfen zu können. Außerdem hättest du nur über dem Baumstamm springen oder klettern müssen. Wie man einfach so doof sein kann und dagegen läuft, ist mir ein Rätsel.“   „Ach, halt doch die Klappe!“, brüllte Ruffy und stellte sich in Kampfposition. „Kämpf lieber mit mir. Dann wirst du sehen, wer der Bessere von uns beiden ist.“ „Na gut, wenn du unbedingt verlieren willst.“   Ein gezielter Schlag von Ace mit seinem Stock und Ruffy ging sofort zu Boden. Das geschah so schnell, dass ihm keine Zeit geblieben war, den Angriff zu parieren. „Das ist gemein von dir Ace.“, fing Ruffy an zu weinen und nun vermischten sich Tränen mit dem getrockneten Blut. „Du solltest mir lieber danken, dass ich dich nicht noch schlimmer verletzt habe. Hör endlich auf zu flennen, das kann sich niemand mehr mit ansehen.“     Verwundert drehte sich Hiko zu Ace um, der eben ein Lachen von sich gegeben hatte. Zuerst dachte sie, dass er irgendetwas Merkwürdiges im Wasser entdeckt hätte. Da er jedoch noch immer auf dem Boden lag und allem Anschein nach träumte, war Hiko beruhigt und ließ ihn einfach weiter schlafen. Er scheint einen schönen Traum zu haben. Es ist gut, wenn er sich wieder richtig erholen kann.     „Du musst härter schlagen, viel härter Ruffy! Sonst wird aus dir niemals ein richtiger Mann!“ „Ich versuche es ja.“ In der Geheimbasis von den zwei Jungs hatten sie eine Art Trainingslager aufgebaut, in dem sie ihre Stärke trainieren wollten. Ruffy schlug gerade mehrmals hintereinander gegen einen schweren Sandsack, der an einem Ast herabhing und Ace feuerte ihn gnadenlos an.   „Ruffy, der Sack soll sich bewegen.“ „Ich gebe schon mein bestes.“ „Das ist aber noch lange nicht gut genug. Lass mich mal ran, dann kannst du einen Meister bei der Arbeit sehen.“   Unsanft hatte Ace seinen Bruder zur Seite geschubst und mit nur einem einzigen Schlag, hatte er den Sandsack dazu gebracht, dass er einmal vor und zurück schwenkte. Bei Ruffy wollte der Sack sich kaum bewegen. „Boah! Bist du stark, Ace.“, bewunderte der Junge seinen großen Bruder und machte sofort weiter mit dem Training, um eines Tages seinen Bruder einzuholen.   Mit einem Lächeln im Gesicht drehte sich Ace auf die Seite.     „Eines Tages, Ruffy, das schwöre ich dir, werde ich zur See fahren und ein berühmter Pirat werden, vor dem sich jeder fürchten wird.“ „Ich bin mir absolut sicher, dass du das auch schaffen wirst.“ Auf einer Klippe sahen die Brüder übers Meer und dem Sonnenuntergang entgegen.   „Es wird nicht leicht werden, so viel steht fest, aber ich habe ein Ziel und das werde ich unter allen Umständen auch erreichen.“, ballte Ace zuversichtlich seine Hände zu Fäusten und schlug sie vor seiner Brust zusammen. „Dann wird jeder vor Angst erzittern, sobald er nur meinem Namen hört.“ „Was willst du denn erreichen, Ace?“, hakte Ruffy neugierig nach und musste rasch seinen Strohhut festhalten, weil ein Windzug aufgekommen war, der ihn sonst fortgerissen hätte.   „Ein noch gefürchteter Pirat, als der Piratenkönig Col D. Roger.“ „Und wie willst du das schaffen? In dem du das One Piece findest?“ „Nein.“ „Häh? Wie denn dann?“ Neugierig blickte Ruffy zu seinem großen Bruder auf, der mit entschlossener Miene aufs Meer hinaus starrte.   „Ich werde sehr hart trainieren müssen. Ich muss noch um einiges stärker werden, als ich es jetzt bin und wenn ich das geschafft habe, dann…Dann fordere ich Whitebeard zum Kampf heraus und werde ihn vernichtend besiegen.“   >~~~~~~<   Seit zwei Tagen waren nun Hiko und Ace auf dem Meer unterwegs ohne dass etwas Sonderbares geschehen war. Deren Kombüse wurde vorm Auslaufen noch mit reichlich leckeren Vorräten gefüllt, sodass sie die nächsten Wochen keinen Hunger zu befürchten brauchten. Hiko stellte sich als eine herausragende Köchin heraus und konnte somit beide mit sehr gutem Essen versorgen. Dafür übernahm Ace die Navigation ihres gemeinsamen Schiffes und behielt andauernd das Wetter im Auge. Zum Zeitvertreib angelte er, wenn er nicht gerade an Deck trainierte. Dabei hatte Hiko den Eindruck, dass er nur mit halbem Ehrgeiz dabei war. Irgendetwas schien ihn zu blockieren. Allerdings wusste sie nicht was es war und Ace war auch nur wenig bereit dazu, sich mir ihr zu unterhalten. Manchmal kam es ihr so vor, als wäre sie die einzige auf dem Schiff, da der junge Mann eine beachtliche Begabung darin hatte, sich unsichtbar zu machen, sodass man ihn hin und wieder vergaß.   Hiko war so in ihren Gedanken über ihn versunken, dass sie nicht gleich mitbekam, dass Ace das Wort an sie gerichtet hatte. Dementsprechend schlecht gelaunt war er, als sie nach drei Versuchen seinerseits endlich reagierte. „Was hast du gesagt?“ „Kannst du denn nichts anderes als träumen?“, blaffte Ace sie an. „Wie? Nun hör mal, immer wenn ich ein Gespräch mit dir führen wollte, hast du dich von mir abgewandt oder bist mitten im Satz eingeschlafen. Es ist also nicht meine Schuld, wenn wir Kommunikationsschwierigkeiten haben.“   „Kommu…Was? Jetzt mach nicht schon wieder ein Theater und hör einfach zu, was ich dir zu sagen habe.“ „Ich mache SCHON WIEDER ein Theater?“, empörte sich Hiko und zeigte mit ausgestrecktem Zeigefinger auf ihren Gegenüber. „Erstmal wirst du mir zuhören: Erstens, bist du derjenige von uns beiden, der glaubt eine einsame und ruhige Kugel schieben zu müssen. Zweitens, blockst du jeden Versuch von mir ab, wenn ich mit dir reden will. Drittens, sorge ich dafür, dass du jeden Tag ein vernünftiges Mahl vorgesetzt bekommst. Hast du dich dafür schon einmal bedankt? Bisher nicht. Ich versuche alles, um ein gemütliches oder zumindest freundschaftliches Verhältnis zu dir aufzubauen und du weist mich permanent zurück. Und viertens, war ich diejenige, die dich aus dem Meer gezogen und deine Verletzungen geheilt hat. Du schuldest mit also wenigstens ein bisschen mehr Dankbarkeit!“   Außer Atem schaute sie ihn geradewegs in die Augen und wartete auf eine wenigstens halbwegs vernünftige Antwort von ihm. „War das alles?“ „Wie bitte? Ich habe mich wohl verhört. Hast du nichts anderes dazu zu sagen?“ „Nö.“ „Wie nö? Ace, so kann das doch nicht weitergehen.“ „Wieso nicht? Ich habe keinen Bock für jede Kleinigkeit Rechenschaft ablegen zu müssen. Ich hatte dich nicht darum gebeten, mir das Leben zu retten, kapiert? Wir steuern übrigens eine Insel an. Das wollte ich dir bloß mitteilen.“   Wütend wandte sich Hiko von dem Dickschädel ab und blickte in die Richtung in die Ace gedeutet hatte. Tatsächlich eine Insel tauchte direkt vor ihnen aus dem Meer auf.   „Wenn du mich überhaupt nicht leiden kannst, warum hast du dann zugesagt mich zu begleiten?“, wollte Hiko einen letzten Versuch starten, um zu begreifen, warum Ace ein solch unmögliches Verhalten an den Tag legte. Es musste etwas mit ihr zu tun haben, oder aber mit seinem letzten Kampf, der ihm fast das Leben gekostet hatte. „Das hat mit dir gar nichts zu tun.“, antwortete Ace und kehrte zurück hinters Steuerrad. „So einfach kannst du das nicht abtun, Ace.“, erwiderte die junge Frau und drehte sich wieder zu ihm um.   „Wenn es stimmt, was du sagst und dein selbstgefälliges Verhalten nicht gegen mich gerichtet ist, dann hör auf mir ständig vorwurfsvolle Blicke zuzuwerfen und mich für irgendetwas zu bestrafen, was ich getan habe. Ich muss etwas getan haben, was dich verärgert. Mir fällt nur nicht ein, was es sein soll.“ „Lass es gut sein, Hiko. Das ist ganz allein meine Sache.“ „Nein! Es geht auch mich etwas an. Ansonsten können wir nämlich die ganze Aktion wieder abblasen.“, rief sie ihm aufgebracht entgegen und hätte vor Verzweiflung am liebsten angefangen zu heulen.   „Weißt du, was ich zum ersten Mal gedacht habe, als ich erfahren habe, wer du bist? Ich dachte, du wärst ein guter Mensch. Ja, du hast schon richtig gehört. Du brauchst gar nicht deine Augen zu verdrehen!“, ging Hiko auf ihn los und starrte ihm geradewegs in die braunen Augen, die vor Kummer und Schmerz nur so schrien.   „Was das angeht, irre ich mich nie. Du und ich, das war eine Spontanidee von mir gewesen, dass wir gemeinsam zur See fahren und nach Wonderland suchen. Es bedeutet mir sehr viel, dass ich etwas über meine Herkunft in Erfahrung bringe. Sollte ich nichts finden, wäre das nicht so schlimm, denn dann wüsste ich, dass ich alles dafür versucht habe, was mir möglich war. Ich dachte, dass mir deine Erfahrung von Nutzen sein kann und ich habe immer davon geträumt selber Piratin zu werden und mit anderen Piraten Abenteuer zu erleben. Dann bist du aufgetaucht und ich war mir sicher, dass es kein Zufall war, dass wir uns getroffen haben. Es interessiert mich nicht im Geringsten, was genau in deinem letzten Kampf vorgefallen ist, denn ich vermute den Grund für deine unermessliche Ignoranz liegt dort. Wer auch immer dich so zugerichtet hat, der wollte dich umbringen. Du solltest wirklich dankbar sein, dass du noch am Leben bist und eine zweite Chance bekommen hast.“   „Eine zweite Chance? Das nennst du eine zweite Chance?“ Ruckartig hechtete Ace hinter dem Steuer hervor, hob Hiko an ihrem Hemdkragen hoch und sprach ihr folgende vernichtende Worte entgegen, die sie vor Angst erzittern ließen.   „Das ist keine zweite Chance für mich, sondern DEINE große Chance auf einen lächerlichen Traum. Du bist nicht die einzige, die ohne deine leibliche Familie aufgewachsen ist. Warum auch immer sie dich ausgesetzt haben, sie hatten einen guten Grund dafür. Vermutlich wollten sie dich loswerden, weil sie deinen Anblick nicht länger ertragen konnten. Es dreht sich nicht alles im Leben nur um dich! Und wie ich bereits gesagt habe, hatte ich nicht darum gebeten, dass du mir das Leben rettest. Soll ich dir mal was sagen? Ich wünschte, du hättest mich im Meer versinken lassen, dann müsste ich nicht mit einer naiven Besserwisserin um die Welt segeln, die glaubt die Weisheit mit Löffeln gegessen zu haben!“ Kapitel 10: Kapitel 10 ---------------------- Kapitel 10 ~ Der Mann mit den drei Zöpfen ~ Stille. Eisige Stille breitete sich zwischen dem ungleichen Paar aus. Die bitteren Worte, die Ace der naiven Hiko entgegen geschleudert hatte, trafen sie mit einer Wucht, die sie bis ins Mark erschütterte. Ihr Körper zitterte noch immer, selbst dann noch, als Ace sie langsam wieder auf ihre Füße gesetzt hatte, der zutiefst erschrocken von seiner eigenen Handlung und Ungerechtigkeit gegenüber Hiko war. Dabei wusste er genau, dass die junge Frau vor ihm am aller wenigsten für seine derzeitige Situation konnte. Für seine schwere Niederlage gegen Whitebeard, ganz zu schweigen. Es waren sein Kampf und sein Leben gewesen, die er vor kurzem noch gelebt hatte. Er allein war für seine Taten, seine illegalen Vergehen und Entscheidungen verantwortlich. Sonst niemand. Also, konnte er niemand anderen dafür die Schuld in die Schuhe schieben. Ihm wurde gerade bewusst, dass er dies jedoch versucht hatte. Er wusste, warum er Hiko so rüde und hart verbal angegriffen hatte. Sie hatte ihm das Leben gerettet, und das hatte er, seiner Ansicht nach, nicht verdient. Im Kampf gegen Whitebeard hätte er normalerweise sein Leben lassen müssen. Das wäre richtig gewesen und die einzig logische Konsequenz, nachdem man als…Verlierer und gescheiterter Pirat aus einem solchen Kampf gegangen war.   Ace wusste nicht mehr weiter. Am Wenigsten konnte er sagen, was er jetzt tun wollte, was er überhaupt noch vom Leben wollte. Alles hatte für ihn keinen Sinn mehr. Seine Mission war gescheitert. Die langjährigen Vorbereitungen, die er dafür getroffen hatte, waren seit seiner Niederlage bedeutungslos geworden. Dabei hatte er angenommen, von Anfang alles richtig gemacht zu haben. Die erste Zeit auf hoher See hatten es ihm doch bewiesen, dass er ein starker Mann und gefürchteter Pirat geworden war, der jede noch so heikle Situation auf dem Meer trotzen konnte. Er fühlte sich von Anfang an jeder misslichen Lage gewachsen. Denn immer, ging er am Ende als Sieger daraus hervor. Seine harten Bemühungen konnten demnach nicht umsonst gewesen sein. Doch gegen Whitebeard…hatten sie nichts genützt.   Fluchend wandte sich Ace von Hiko ab, die ihn die ganze Zeit über argwöhnisch beobachtet hatte. Sie hatte Angst vor ihm bekommen, dass er so wenig Wert auf sein eigenes Leben legte, hätte sie nicht für möglich gehalten. Der Mann vor ihr, war nicht der Pirat für den sie ihn gehalten hatte. Dieser Mann direkt vor ihr, war ein gebrochener erbärmlicher Herumtreiber, der die Welt zwei Jahre lang in Angst und Schrecken versetzt hatte. Jetzt schien nichts mehr von ihm übrig zu sein. Er war bloß noch ein Schatten seiner früheren selbst, der den Anschluss am Leben verloren hatte. Konnte Hiko wirklich so blind gewesen sein? Sie meinte, anderes in ihm gesehen zu haben, als er sie zu ihren Eltern begleitet hatte und am Tag danach zu sagte, mit ihr zur Grand Line zu segeln.   Seine verbale Attacke saß noch tief in ihren Gliedern. Ihre Knie waren wackelig und die aufrechte Haltung fiel ihr schwer. Zum Glück hatte sich Ace von ihr abgewandt und konnte nicht sehen, wie gedemütigt und zutiefst verletzt sie sich gerade fühlte. „Das ist keine zweite Chance für mich, sondern DEINE große Chance auf einen lächerlichen Traum. Du bist nicht die einzige, die ohne deine leibliche Familie aufgewachsen ist. Warum auch immer sie dich ausgesetzt haben, sie hatten einen guten Grund dafür. Vermutlich wollten sie dich loswerden, weil sie deinen Anblick nicht länger ertragen konnten. Es dreht sich nicht alles im Leben nur um dich! Und wie ich bereits gesagt habe, hatte ich nicht darum gebeten, dass du mir das Leben rettest. Soll ich dir mal was sagen? Ich wünschte, du hättest mich im Meer versinken lassen, dann müsste ich nicht mit einer naiven Besserwisserin um die Welt segeln, die glaubt die Weisheit mit Löffeln gegessen zu haben!“   Am liebsten würde Hiko diese Worte aus ihrem Gedächtnis entfernen und für immer aus ihren Erinnerungen streichen, aber es ging nicht. Vermutlich wollten sie dich loswerden, weil sie deinen Anblick nicht länger ertragen konnten.   Hiko spürte entsetzliche Furcht in sich aufsteigen. Nie zuvor in ihrem Leben hatte sie sich getraut diesen Gedanken laut auszusprechen, wie Ace es eben getan hatte. Diese traurige Tatsache wäre möglich, aber Hiko wollte die Hoffnung auf eine andere freundlichere Erklärung nicht aufgeben, warum ihre Familie sie nicht mehr bei sich haben wollte. Dafür musste es einen Grund geben. Was ist so falsch daran, wenn man seine richtige Familie kennen lernen will und erfahren möchte, warum sie sie ausgesetzt hatten? Welches Handeln, welche Motive hatten sie dazu getrieben, eine solch schwere Entscheidung zu treffen? Wenn sie denn ihren Eltern schwer gefallen war, und Hiko hoffte es so sehr…   Inzwischen hatte sich Ace wieder hinter das Steuer begeben und vermied es Blickkontakt mit Hiko aufzunehmen. Er wusste nicht, wie er sich bei ihr für sein schlechtes Benehmen entschuldigen sollte, ohne weiter ins Detail seiner Verbitterung vordringen zu müssen. Vermutlich war es erstmal am Besten, das ganze auf sich beruhen zu lassen, bis die erhitzten Gemüter sich wieder gelegt hatten und er erneut in der Lage sein würde, Hiko in die Augen zu sehen.   Sein Blick war auf die näherkommende Insel gerichtet, als er ein Platschen neben sich hörte. Nachdem er seinen Kopf in die Richtung gedreht hatte, musste er feststellen, dass sich Hiko nicht mehr auf dem kleinen Schiff befand. ~~~~~~ Die Insel, die die zwei erreicht hatten, war etwas größer als Little Island. Trotzdem schaffte es Hiko unter einer Stunde, die neue Insel unter Wasser zu umrunden. Um Ace aus dem Weg zu gehen, weil sie sich im Augenblick außerstande sah, ihm aufrecht gegenüber zu treten, entschloss sie sich auf der gegenüberliegenden Seite der Insel an Land zu gehen, während Ace im Osten ankerte. Im Moment war es Hiko gleichgültig, was nun mit ihnen geschehen sollte und wie sich ihre weitere Reise gestaltete, wenn es denn eine Weiterreise geben würde. Sie konnte sich nicht helfen, aber sie fühlte sich von Ace verraten und verletzt. Diese unschönen Worte hätte er ihr nicht frontal ins Gesicht schleudern müssen, auch wenn sie tief in ihrem Inneren unbewusst dieselben Gedanken und Spekulationen hegte.   Es war beides möglich, wenn sie jemals die Wahrheit über ihre wahre Herkunft erfahren sollte. Entweder würde sie mit offenen Armen von ihren Eltern empfangen werden – sofern diese noch lebten – oder aber sie würde erneut verstoßen werden. Dabei war es ihr so unendlich wichtig herauszufinden, von wem und wo sie in Wirklichkeit abstammte. Natürlich hatte sie ihre Eltern Mamiko und Manabu sehr geliebt, den Beweis, dass auch sie sie zutiefst geliebt haben, trug Hiko in diesem Moment um ihren Hals. Sie hatte auch gerne auf Little Island gelebt, aber sie hatte sich dort nie wirklich heimisch gefühlt. Nach siebzehn Jahren wollte sie endlich wissen, wo sie überhaupt hingehörte und welchen Platz sie in Zukunft auf der weiten für sie unbekannten Welt einnehmen würde.   Außerdem war sie sich sicher, dass es im Grunde genommen, Ace momentan genauso erging, obgleich seine Gründe dafür anderer Natur waren. Hiko hatte die Leere und Traurigkeit in seinen Augen gesehen. Möglicherweise hatte sie eine Art von Seelenverwandtschaft zu ihm gefühlt und sich daran geklammert, weil sie insgeheim gehofft hatte, von nun an nicht mehr alleine zu sein… So wie es jetzt gerade aussah, war sie dem Irrtum erlegen. Ace akzeptierte sie nicht, hatte es von Anfang nicht getan. Im Gegenteil, er machte ihr heftige Vorwürfe, ihm das Leben gerettet zu haben.   Wütend auf sich selber und über ihre eigene Naivität warf sich Hiko ins kühle Gras und weinte ihre Verzweiflung hinaus. Salzige Tränen liefen ihr über das Gesicht und benetzten ihre zitternden Lippen. Ihr gesamter Körper bebte, der dadurch ihrer Hilflosigkeit noch mehr Ausdruck verlieh. Irgendwann hatte sie sich wieder beruhigt. In embryonaler Haltung lag sie nun auf dem Boden und stabilisierte ihre Atmung.   Dann hörte sie Schritte näher kommen. An der Gangart bemerkte sie sofort, dass es sich hierbei nicht um Ace handelte. Neugierig und einigermaßen gefasst, richtete sie sich langsam wieder vom Boden auf und wartete auf den näherkommenden Fremden, der entschlossen auf sie zumarschierte. ~~~~~~ Ebenso, wie Hiko, hatte sich Ace ins Gras geworfen, nachdem er sicher an der Insel angekommen war. Er beschloss an dieser Stelle auf Hiko zu warten. Bestimmt würde sie irgendwann wieder zu ihm zurück kommen. Schließlich konnte sie die Weiterreise ohne ein Schiff und Navigationskünste nicht fortschreiten. Es hatte ihn erstaunt, dass sie zwar unbedingt zur See fahren wollte, aber keinerlei Ahnung von der Navigation und von Wind und Wetter hatte. Entweder war sie sehr todesmutig oder…nun ja, zu allem entschlossen. Das sie zu allem entschlossen war, dass hatte sie ihm gezeigt.   Wahrscheinlich war es genau diese Tatsache gewesen, die ihn dazu bewogen hatte, Hiko in ihrem Traum zu unterstützen. Immerhin kam es für ihn nicht mehr in Frage, ein weiteres Mal eine Crew zusammen zu trommeln und fähige und unerschrockene Männer zu suchen. Dieses Vorhaben hatte er eindeutig aufgegeben. Trotzdem wusste er immer noch nicht so richtig, was er jetzt mit sich selber anfangen sollte. Die Suche nach Wonderland hin oder her, was wollte er nun vom Leben und welches war sein Ziel?   Sein Leben hatte nur dieses eine Streben gehabt: ein gefürchteter Pirat zu werden und Whitebeard zum Kampf herausfordern und natürlich besiegen. Dieser Gedanke hatte ihn sein bisheriges Leben lang begleitet, ohne Ausnahme. Das Aufeinandertreffen mit einen der vier Kaiser war eine logische Abfolge in seiner Piratenlaufbahn gewesen. An eine Niederlage hatte er in diesem Moment nicht gedacht, als er plötzlich Whitebeard gegenüber gestanden hatte. In seinem Wortschatz kam dieses Wort bisher auch nicht vor. Die Geschehnisse sprechen jedoch eine ganz andere Sprache und haben ihn eines Besseren belehrt. Ein so unerschrockener und starker Pirat, wie er geglaubt hatte zu sein, war er gar nicht. Doch Hikos strahlende Augen, hatten ihn mit Ehrfurcht und voller Bewunderung angesehen…   Das Herumsitzen und Warten bis die junge Frau wieder bei ihm aufkreuzen würde, war sinnlos. Ace musste sie schon selber suchen. Außerdem war er es, der sich bei ihr entschuldigen musste, für sein brutales Verhalten und seine kränkenden Worte. Keines von beiden hatte sie verdient. Hiko hatte ihm das Leben gerettet und ihm eine zweite Chance dadurch geschenkt. Es war endlich an der Zeit, dass er sich dafür bei ihr bedankte. Und vielleicht würde er auf der Reise mit ihr erkennen, welches sein neues Ziel in Zukunft sein würde. ~~~~~~ Hiko konnte ihren eigenen Augen kaum trauen, als sie den fremden Mann erkennen konnte, der wenige Meter vor ihr zum Stehen gekommen war. Von Kopf bis Fuß gab er eine skurrile Erscheinung ab. Der Mann war in sämtlichen violetten Farben gekleidet, seine Füße und Hände waren doppelt so groß als bei den meisten Menschen und seine schwarze Haarpracht stand in drei geflochtenen Zöpfen von seinem Kopf ab. Diese saßen, jeweils links und rechts einer, direkt an den Ohren und der dritte Zopf ging von seinem Scheitel aus nach hinten über. Des Weiteren waren seine Wimpern unwahrscheinlich lang. Dadurch war es fast unmöglich seine Pupillen zu erkennen. Sein langer Riechkolben stach prägnant aus seinem Gesicht hervor. Der jungen Frau war sofort klar, dass dieser Typ nicht zu ihren persönlichen Favoriten zählte, was die Attraktivität von Männern anging. Zudem fühlte sich Hiko in seiner Gegenwart nicht besonders wohl. Von ihm ging eine negative Ausstrahlung aus, die konnte sie deutlich fühlen.   „Hallo, junges Fräulein!“, begrüßte der Fremde Mann Hiko und trat einen Schritt näher auf sie zu. „So ganz allein und dann noch in trister Verfassung? Sag, wie kann ich, Pepe, dir bei deinem Leid behilflich sein?“ „Es geht schon wieder. Danke der Nachfrage.“, antwortete Hiko und suchte fieberhaft die nähere Umgebung nach einer Fluchtmöglichkeit ab. „Ich habe meinen Kameraden aus den Augen verloren und deswegen kurz die Beherrschung verloren. Sie haben ihn hier nicht irgendwo gesehen?“   „Nein, junges Fräulein. Es verirren sich nur sehr wenige auf diese abgelegen Insel. Außer mir lebt kein weiterer Mensch auf dieser Insel. Deshalb gefällt sie mir so. Es ist ruhig und friedlich. Ich liebe die Stille und das Alleinsein.“ Im letzten Satz spürte Hiko deutlich, dass eine unterschwellige Drohung mit ausgesprochen wurde. Wahrscheinlich habe ich ihn in seiner Ruhe durch mein Geheule gestört.   „Nun, wenn das so ist. Möchte ich sie nicht länger aufhalten und weiter auf die Nerven gehen. Ich werde mich dann wieder auf dem Weg machen und nach meinem Kameraden suchen.“ So unauffällig wie möglich versuchte Hiko einen weiten Bogen um den eigenartigen Pepe zu machen und zwischen den Bäumen hinter ihm zu verschwinden. Doch kaum hatte sie einen Schritt nach links gemacht, machte Pepe ebenfalls einen Schritt nach rechts und stand somit wieder direkt vor ihr. Verwundert hielt Hiko in ihrer Bewegung inne und fixierte den Fremden von neuem.   „Abgesehen von Ruhe und Frieden, schätze ich auch höfliche Umgangsformen.“, setzte Pepe das Gespräch fort und seinen Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. „Ich kann mich nicht entsinnen, dass sie sich mir gegenüber vorgestellt haben. Habe ich recht?“ „Wie? Oh, j-ja. Sie haben recht.“, stockte Hiko und deutete zusätzlich eine knappe Verbeugung an. Unter gar keinen Umständen wollte sie den Mann weiter provozieren. Er schien sowieso schon, schlecht gelaunt und verärgert auf die junge Frau zu sein. „Ich heiße, Hiko. Wenn es ihnen recht ist, dann würde ich sehr gerne auf ihrer Insel nach meinem Kameraden suchen. Er muss auf der anderen Seite an Land gegangen sein.“   Wenige Sekunden lang behielt Pepe Hiko eingehender im Auge, bis seine Augen wieder einen freundlicheren Zug annahmen, was Hiko erleichtert aufatmen ließ. „Hiko, sie dürfen. Wenn ich sie aber darum bitten dürfte, bei ihrer Suche leise vorzugehen, habe ich nichts dagegen, wenn sie sich noch einige Zeit auf meiner Insel aufhalten.“ „Vielen Dank, Pepe. Ich verspreche ihnen, dass ich mucksmäuschenstill sein werde. Sie haben mein Wort darauf.“   In diesem Moment - kaum hatte sich Hiko von Pepe abgewandt - kam ein laut schreiender Ace durch die Bäume gerannt und stoppte direkt vor Hiko, die ihn am liebsten auf der Stelle geknebelt hätte. In ihren Augenwinkeln bemerkte sie, wie sich Pepe von neuem bedrohlich aufbaute. Es verhieß nichts Gutes.   „Habe ich dich endlich gefunden! Hiko, ich…“, abrupt schwieg Ace und musterte eingehender Hikos Gesicht. Er konnte deutlich die Rückstände von Tränen darin erkennen, die vor kurzem noch über ihr Gesicht gelaufen waren. Dieser Anblick versetzte ihm einen tiefen Stich. Beschämt blickte er an ihr vorbei und wollte gerade zu einer ehrlichen Entschuldigung ansetzen, als er plötzlich von Hiko nach hinten gestoßen wurde, ein schneller Schatten über ihnen hinwegfegte und die junge Frau in seinen Armen vor Schmerz aufschrie. Kapitel 11: ------------ Kapitel 11         ~ Die Feuerfaust ~ Fassungslos und vollkommen irritiert, starrte Ace auf die junge Frau in seinen Armen. Was war nur geschehen? Er war heilfroh, dass er Hiko wieder gefunden hatte, doch dann hatte sie sich im nächsten Moment schützend vor ihn geworfen, wodurch sie auf unerklärlicherweise verletzt wurde. Aus den Augenwinkeln hatte er einen schnellen Schatten registriert, der über sie hinweg geflogen war. Im Augenblick war ihm der Schatten relativ egal. Seine Aufmerksamkeit war komplett auf Hiko gerichtet, die sich schmerzend ihre rechte Schulter hielt. Eine tiefe Wunde war an dieser Stelle deutlich zu sehen und Blut sickerte an ihrem Arm herab.   „Hiko, was ist passiert?“, fragte Ace ernsthaft besorgt nach und richtete die verletzte Frau so gut es ging auf. Ihr Gesicht war vor Schmerz gewaltig verzehrt. „Au! Es…es geht schon. Du hättest eben nicht so laut schreien müssen.“ „Wie jetzt? Ist das etwa meine Schuld? Was wird hier gespielt, Hiko?“ „Jetzt sei doch nicht so laut, sonst geht er gleich wieder auf uns los.“, mahnte Hiko den jungen Mann erneut, der sie perplex anstarrte. „Wer? Wen meinst du?“   „Die junge Dame meint mich.“   Erst in diesem Moment registrierte Ace, dass er nicht alleine mit Hiko war, sondern eine weitere skurrile Erscheinung anwesend war, die langsam auf sie zu ging. Eine solche Kleiderzusammenstellung hatte er noch nie zuvor in seinem Leben gesehen. Dabei dachte Ace, dass er schon alles, was es merkwürdiges zu sehen gab, bereits gesehen hatte. Dass es tatsächlich noch etwas gab, was ihn Schocken konnte, damit hatte er nicht gerechnet.   „Welcher Zirkus hat dich denn frei laufen lassen?“, sprach Ace Pepe direkt an, woraufhin Hiko ihm einen warnenden Blick zuwarf, um ihm klar zu machen, dass mit diesem Fremden nicht gut Kirschen essen war. „Zirkus? Ich verstehe, du willst dich also über mich lustig machen.“, antwortete Pepe, wobei sich seine Gesichtszüge deutlich verfinstert hatten. Stoisch warf er seine drei Zöpfe zurück und starrte seinen Gegenüber an. „Irgendwie kommt mir dein Gesicht bekannt vor…Kann es sein, das wir uns schon mal begegnet sind?“ „Auf keinen Fall. Ich gehe in keinen Zirkus.“ „Ace, hör sofort auf damit Pepe weiter zu provozieren!“   In kurzen Sätzen versuchte Hiko ihrem Gefährten zu erklären, dass Pepe sehr bedacht auf Ruhe war und er sich momentan darin gestört fühlte, weswegen sie beide einfach zu ihrem Schiff verschwinden sollten. Ace spürte die Angst, die in Hikos Stimme mitschwang und prüfte den Fremden etwas eingehender. Auch ihm blieb die dunkle Aura, die Pepe umgab nicht verborgen. Er mochte wie eine Witzfigur aussehen, aber das bedeutete noch lange nicht, dass er auch eine war. Genauso gut konnte er ein gefährlicher Gauner oder Schlimmeres sein, die äußere Erscheinung konnte so manche latenten Eigenarten verbergen.   Wieder zuckte Hiko neben ihm zusammen. Ihre Wunde schien ziemlich weh zu tun. „Warum heilst du dich nicht?“ „Würde ich ja gerne, aber hast du das etwa schon vergessen? Ich kann andere von ihren Verletzungen heilen, aber nicht mich selber.“, fauchte die junge Frau zurück und kramte ein Tuch aus ihrer Tasche. Unbeholfen versuchte sie ihre Wunde zu verbinden, was ihr nicht sonderlich gut gelang, weswegen Ace schnell eingriff und ihre Schulter sorgfältig verband. Verblüfft schaute Hiko ihn an und konnte nicht verhindern, dass eine zarte Röte ihr Gesicht kennzeichnete.   „Jetzt starr mich nicht so entgeistert an.“, brummte Ace und wandte sein Gesicht von Hiko ab, dem es unangenehm war von ihr so genau gemustert zu werden. „Mein Verhalten von vorhin tut mir Leid. Das hast du nicht verdient und dafür entschuldige ich mich.“ Beschämt zog sich Ace seinen Hut tiefer ins Gesicht, um seine Augen vor der jungen Frau zu verbergen. „Das ist schon gut. Habe ich längst vergessen, Ace.“ Verlegen senkte sie ihren Blick und spürte wie der Schmerz in ihrer Schulter begann nachzulassen.   „Habe ich richtig gehört, dein Name ist Ace?“, rief Pepe mit einem Mal aus und den beiden wurde soeben wieder bewusst, dass die Sache mit ihm noch nicht geregelt war. „Richtig.“, entgegnete Ace feindselig und hatte plötzlich den Drang demjenigen eine gewaltige Abreibung zu verpassen, für die unschöne Verletzung, die er Hiko zugeführt hatte. „Wieso fragst du?“ „Doch nicht etwa der Portgas D. Ace, der Whitebeard zum Kampf herausfordern wollte?“ „Wie? Whitebeard?“   Hiko musterte Ace, der mit einem Mal wie versteinert war. Seine Augen waren plötzlich unergründlich und zu seinen Füßen gerichtet. Die junge Frau spürte, dass er vor Anspannung zitterte. Also, war Whitebeard derjenige, der Ace so übel zugerichtet hatte. Kein Wunder, dass er nicht darüber sprechen wollte…Diese Niederlage muss sehr schmerzhaft für ihn sein.   Instinktiv ergriff Hiko Aces Hand. Überrascht schaute er auf und fand den ehrlichen und offenen Blick von der Frau, die ihm das Leben gerettet hatte. Eine zweite Chance…   Das stimmte. Ihm wurde eine zweite Chance gegeben, um sein Leben weiter zu leben oder um ein neues zu beginnen. Nun lag es an ihm, sich zu entscheiden, was er tun wollte. Eins war allerdings von vornherein klar: erstmal würde er diesen Pepe auf den Mond oder weiter weg befördern.   „Nun,“, setzte Ace das Gespräch fort und machte einen Schritt auf Pepe zu. „du scheinst eine Menge über mich zu wissen. Es stimmt, ich bin Portgas D. Ace, der geschworen hatte Whitebeard zum Kampf herauszufordern und zu besiegen. Doch sag, warum hast du uns angegriffen? Ich kann mich nicht entsinnen, dass wir dir etwas angetan haben.“ „Mir angetan? Ihr habt mich in meiner Ruhe gestört. Die junge Dame wurde immerhin so einsichtig und hatte versprochen mich in meiner heiligen Ruhe nicht weiter zu belästigen. Doch dann warst du mit einem Mal aufgetaucht.“ Pepe machte noch einen Schritt auf Ace zu. Er wiederum tat es ihm gleich. Gespannt verfolgte Hiko die feindselige Atmosphäre, die sich um Ace und Pepe aufgebaut hatte. Aus Sicherheitsgründen entfernte sie sich wenige Meter von ihnen und beobachtete sie von dort aus. Sogar die Insel hatte ihren Atem angehalten. Als ob sie wüsste, das bald ein gefährlicher Orkan toben würde.   „Ich schätze meine Ruhe. Außerdem ist dies meine Insel und somit mein zu Hause. Ihr habt kein Recht, einfach unangemeldet vorbeizukommen und meine Ruhe zu stören.“ „Ich höre immer nur Ruhe und nochmals Ruhe. Hört sich ziemlich langweilig an. Seit wann hast du als einziger Anspruch auf eine ganze Insel für dich alleine? Ist ganz schön egoistisch von dir.“ „Na und? Dafür habe ich meine Ruhe, nach der ich mich jeden Tag sehne.“ Um seinen Worten noch mehr Ausdruck zu verleihen, hob Pepe seine Arme ausgestreckt zum Himmel und atmete die frische klare Luft ein.   „Spürt ihr das? Nichts als Ruhe und abermals Ruhe. Sogar die Tiere wissen das.“ „Trotzdem, das ist noch lange kein Grund jemanden zu verletzen. Schon gar nicht, wenn es sich dabei um meine Kameradin handelt.“ Eine unausgesprochene Drohung schwang in Aces Stimme mit, die Hiko verblüfft aufhorchen ließ. Demnach akzeptiert er mich doch als gleichwertige Partnerin.   „Eigentlich hatte ich vor dich zu treffen. Das sich die junge Dame dazwischen werfen würde, damit habe ich nicht gerechnet und ist mir im Grunde genommen auch völlig gleichgültig. Dir kann ich immer noch eine Tracht Prügel verpassen, für deine Unverschämtheit mir gegenüber und kein Verständnis von Ruhe.“ „Du willst mich verhauen? Das ich nicht lache. Du solltest dich lieber vor mir in Acht nehmen.“, grinste Ace und stellte sich in Kampfposition. „Meine Feuerfaust wird dich das Fürchten lehren, das verspreche ich dir.“ „Das werden wir ja sehen.“   Rechtzeitig hatte sich Hiko in sicheren Abstand vor den beiden Kontrahenten gebracht, die blitzartig aufeinander losgeschossen waren. Eine harte Faust traf die des Gegenübers. Durch deren Aufprall wurde eine gewaltige Menge an unsichtbarer Energie freigesetzt, die Hiko ihre Nackenhaare zu Berge stiegen ließen. Mit geweiteten Augen verfolgte sie das schnelle attackieren und parieren. Es sah so aus, als wären beide Kämpfer sich ebenbürtig, aber die junge Frau wusste instinktiv, dass sie sich soeben erst aufwärmten und den jeweilig anderen in seiner Stärke testeten.   Pepe hatte unglaublich flinke Beine. Schnell und lautlos flog er über den Boden hinweg und griff Ace jedes Mal zielsicher an. Seine Bewegungen zeugten von keiner all zu großen Anstrengung, und seine Zöpfe konnte er ebenfalls als treffsichere Waffe einsetzen. Aus diesem Grund musste Ace nicht nur auf die Arme und Beine des Gegners achten, sondern auch auf die langen Zöpfe, die es wahrlich in sich hatten. Ein einziger Treffer davon hinterließ rote Striemen auf seiner Haut, weswegen ein Abwehren so nicht möglich war. Jedoch wich Ace den meisten Angriffen aus und konnte auch selber einige Treffer bei Pepe landen. Durch den andauernden Kampf spürte er, wie seine Lebensgeister neu geweckt wurden und der Wille zum Sieg allmählich zurückkehrte. Ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht.   „Du scheinst dir deiner Sache ziemlich sicher zu sein.“, wandte sich Pepe in einer kleinen Pause an seinen Gegner. „Ich muss zugeben, dass die Gerüchte stimmen, die über dich erzählt werden. Allerdings bist du nur so halb so stark, wie ich angenommen habe.“ „Lass dich mal nicht täuschen.“, entgegnete Ace und streckte seinen linken Arm von sich aus. „Auch du hast einiges auf Lager, das sehe ich, aber für einen Sieg über mich, reicht es bei Weitem nicht.“ Ace ballte seine linke Faust und erzeugte eine Feuerkugel, die sich mit tanzenden roten Flammen um sie schlängelte.   „Hmm. Du hast von einer Teufelsfrucht gegessen.“, schlussfolgerte Pepe und beobachtete gelassen die aufsteigenden Flammen. „Richtig erkannt. Damit werde ich dich das Fürchten lehren.“   Wie aufs Stichwort schleuderte Ace seine erschaffene Feuerkugel Pepe direkt entgegen und setzte mit einem agilen Hechtsprung nach. Tatsächlich trat das ein, was Ace voraus geahnt hatte. Natürlich war Pepe dem Feuer rechtzeitig ausgewichen, doch das sein Gegner mit einem gezielten Sprung hinterher hechten würde, damit hatte er nicht gerechnet. Ein brutaler Schlag traf Pepe mitten ins Gesicht, woraufhin er kurz die Orientierung verlor und zu Boden fiel. Dabei flog er wenige Meter nach hinten und landete äußerst unsanft auf dem Boden.   „Glaubst du immer noch, dass du mich so einfach besiegen kannst? Ich verrate dir mal ein Geheimnis…Man sollte mich niemals so leichtfertig unterschätzen.“, baute sich Ace drohend über seinen Kontrahenten auf. „Du wirst dafür bezahlen meine Partnerin verletzt zu haben.“   Zwar stand Hiko abseits der beiden, dennoch konnte sie jedes Wort verstehen, was gesprochen wurde. Sie war gleichermaßen überrascht, als auch erstaunt zu sehen, was für ein guter und starker Kämpfer Ace war. Außerdem zeigte er ihr deutlich, dass er sie beide als Team sah, trotz ihrer bisherigen Differenzen. Stolz beobachtete sie das weitere Geschehen und konnte es gar nicht mehr abwarten zu sehen, wie ihr Partner diesen Idioten endgültig zum Schweigen brachte.   „Was ist denn nun? Sag jetzt nicht, dass du nach diesem Schlag schon erledigt bist.“   Langsam richtete sich der zu Boden gegangene wieder auf. Blut tropfte von seinen Lippen auf den Boden und hinterließ einen eisenhaltigen Geschmack im Mund. Erniedrigt und bebend vor Wut stand Pepe wieder auf und richtete seinen zornigen Blick auf seinen Gegner.   „Na so was! Du hast doch noch Kampfgeist.“, grinste Ace hinterhältig und plante bereits seinen nächsten Angriff. „Du wirst es noch bereuen mich lächerlich gemacht zu haben.“, erwiderte Pepe und begann mit einem Mal sich pfeilschnell um die eigene Achse zu drehen.   Da Ace mit so einer Handlung nicht gerechnet hatte, wurde er dreimal hintereinander von den langen Zöpfen getroffen und taumelte daraufhin zur Seite. Er betastete seine linke Wange, die vor Schmerz gewaltig pochte. Außerdem fühlte es sich so an, als wäre ihm ein Zahn ausgeschlagen wurden. Angewidert spuckte er Blut und beeilte sich dem drehenden Karussell auszuweichen. Pepe hielt in seiner Bewegung keineswegs inne und steuerte geradewegs auf Hiko zu, die hastig zur Seite sprang, um nicht ebenfalls getroffen zu werden.   Doch damit, war noch lange nicht Schluss. Pepe drehte sich unaufhörlich weiter und wirbelte dabei eine Menge Dreck und Staub vom Boden auf, wodurch Ace und Hiko kurzzeitig die Sicht genommen wurde. Die Staubschicht hüllte Pepe vollständig ein und fegte nun ähnlich wie ein Sandsturm über die beiden hinweg. Ace reagierte blitzschnell, packte Hiko am Arm und zog sie rechtzeitig von Pepe fort. Allerdings wurde er dadurch wieder einmal von den drei Zöpfen getroffen und fluchte laut unwillkürlich auf.   „Mein Gott, Ace!“, rief Hiko und stütze ihren Partner vorsichtig auf. „Ist alles in Ordnung? Tut mir Leid, aber ich hatte Dreck in die Augen bekommen und nichts gesehen.“ „Schon gut. Mir ist nichts weiter passiert. Bloß ein paar Kratzer.“, beruhigte Ace sie wieder und stand abrupt wieder auf. Nachdem er sich umgedreht hatte, traute er seinen eigenen Augen kaum. Auch Hiko stand der Mund offen, sobald sie ihren Blick zu Pepe gerichtet hatte. Dieser schwankte so stark, dass er bald darauf sein Gleichgewicht verlor und wieder einmal zu Boden fiel.   „Das ist jetzt nicht wahr. Diese Hohlbirne hat sich selber außer Gefecht gesetzt.“, fand Ace seine Sprache wieder und konnte so viel Dummheit gar nicht begreifen. „Wir sollten froh sein.“, erwiderte Hiko und begann Aces Wunden zu heilen. „Durch seine unüberlegte Aktion hat er uns einiges an Arbeit abgenommen.“ „Stimmt.“, zuckte Ace und kniff für einen Augenblick seine Augen zusammen, da es etwas schmerzhaft war, als sich seine Wunden langsam wieder schlossen. „Tut mir Leid, einige Verletzungen sind ganz schön tief. Dann kann es schon mal vorkommen, dass die Wundheilung etwas weh tut.“ „Hör auf dich andauernd bei mir zu entschuldigen.“, entgegnete Ace genervt, lächelte aber im nächsten Moment sie dankbar an. „Schmerzen gehören zum Leben dazu. Auch du kannst sie nicht so einfach auslöschen.“ Für wenige Sekunden starrte Hikoihren Gegenüber an, ehe sie ihm ebenfalls lächelnd zustimmte.   Beide waren durch ihr kurzes Gespräch so abgelenkt, dass sie nicht sofort mit bekamen, dass sich Pepe in der Zwischenzeit wieder erholt hatte und zu einem neuen Angriff ausholte. Durch seinen Schrei aufmerksam geworden, wandte sich Ace eilig zur Seite, entwickelte in rascher Eile einen neuen riesigen Feuerball und richtete ihn in diesem Moment auf seinen Gegner, als dieser zum neuen Schlag ausholen wollte. Die Feuerkugel traf ihn frontal und mit einer solch gewaltigen Wucht, dass Pepe nicht mehr in der Lage war, rechtzeitig auszuweichen. Das Feuer sengte seine Kleidung an und legte sich tänzelnd über seine Haut. Vor Schmerz schreiend rannte er eilig Richtung Meer und tauchte mit gesamter Statur unter Wasser. Sobald sein Kopf wieder zum Vorschein kam, konnten Hiko und Ace erkennen, dass Pepe seine drei Zöpfe komplett verloren hatte. Ace Feuerfaust hatte ihm seine schlagkräftige Haarpracht für eine lange Zeit genommen. Weinend und jammernd wie ein Kind griff er sich an den Kopf und trauerte theatralisch seinen Haaren hinterher.   „Nun, jetzt weißt du, dass man mich nicht unterschätzen sollte.“, lachte Ace und setzte sich seinen orangenen Hut wieder auf, dem ihm Hiko vom Boden aufgelesen und wieder gegeben hatte. „Wir sollten zurück zum Schiff gehen.“ „Ja. Es wird Zeit, das wir weiter reisen.“ Epilog: -------- Epilog Starke Finger trommelten auf einen massiven Holztisch. Das gleichmäßige Tippen auf den Tisch gaben die nüchternen Gedanken des alten Mannes wieder, der seit einer geschlagenen Stunde hinter seinem Schreibtisch aufs weite Meer hinaus starrte. Die blaue See lag an diesem sonnigen warmen Tag, flach und ruhig unter dem strahlenden Feuerball. Der betagte Mann hörte die lauten Marktgeräusche, Frauen, die fürs Mittagessen einkauften, Händler, die ihre Ware anpriesen und Kinder, die tobend zwischen den beschäftigten Leuten umherliefen und ihren kindischen Spielen nachgingen. Das kleine Gebäude, in dem sich der Mann befand, war nicht weit vom Meer und dem angrenzenden Markt entfernt. Es war für ihn ein Katzensprung, denn selbst wenn er bereits in die Jahre gekommen war und vieles in seinem Leben erlebt hatte, sei es Glück oder der Tod, so war er noch sehr agil, besaß viel Energie und einen unbeschreiblichen Lebenswillen. Seine Stärke war innerhalb der Marine legendär. Viele hatten Respekt und ehrten ihn, hatten aber auch gleichzeitig ein wenig Furcht vor ihm. Jeder, der ihn schon mal wütend erlebt hatte, wusste genau, dass mit ihm dann nicht gut Kirschen essen war. Von daher, war ein Mindestsicherheitsabstand jedem zu empfehlen, wenn man nicht selber der Grund für seine Raserei werden wollte.   Monkey D. Garp liebte sein Leben und bereute keine seiner bisherigen Entscheidungen. Er liebte seinen Beruf, das Meer und die Überwachung und Einhaltung der Gesetze auf der Welt. Die damit verbundene Jagd nach Piraten versüßte seinen Status als Vizeadmiral. Sogar noch heute, ist er imstande zu sagen, wen er bisher alles verhaftet und überführt hatte und wen nicht. Seine größte Herausforderung war Col D. Roger gewesen. Sie waren sich ebenbürtig gewesen, bis zu jenem Tag, an dem der allseits bekannte Piratenkönig hingerichtet worden war. Seit jenem Tag bildet der Vizeadmiral neue Rekruten aus. Sein Ableben war der Beginn eines neuen Piratenzeitalters geworden. Die Ordnung auf den verschiedenen Meeren versucht sich seitdem neu zu organisieren. Viele junge Männer stechen in See und wollen in die Fußstapfen des Piratenkönigs treten und seinen geheimnisvollen Schatz, das One Piece, auf der Grand Line finden, um der neue König der Piraten zu werden.   Garp hoffte, dass dieser Tag nie kommen würde. In diesen Zeiten herrschte viel Aufruhr in den Gewässern. Whitebeards Kämpfe lagen inzwischen in aller Munde. Nach Jahren der Stille um ihn, war er wieder hervorgekommen und mischte die Grand Line so richtig auf. Etliche Neulinge waren an ihm gescheitert und von der Marine völlig entkräftet überführt wurden. Man konnte jetzt noch die Angst und Furcht in den Augen dieser unzähligen Männer sehen, die Whitebeard gegenübergetreten waren. Der Vizeadmiral war sich sicher, dass dies erst der Beginn einer langen Serie von Kämpfen und Schlachten war, die das eigentliche Ziel noch nicht erahnen ließen.   Was führt dieser Halunke bloß im Schilde? Warum taucht er gerade jetzt wieder auf?   Das Trommeln der Finger hörte augenblicklich auf. Stattdessen klopfte ein junger Matrose an Garps Tür und trat nach seiner Zustimmung schließlich ein. „Guten Tag, Sir. Ich bringe ihnen einen Brief vom Admiral Sengoku.“ Garp rührte sich nicht. Weiterhin blickte er zum Meer hinaus und verschränkte die starken Arme vor seiner gewaltigen Brust. Seine Augen waren zu Schlitzen verengt. Unsicher wartete der Matrose auf eine Reaktion seines Vorgesetzten. Da ihm die ruhige Atmosphäre nicht ganz geheuer vorkam, salutierte er schließlich und ging eilig wieder davon. Noch lange lag der Brief unangetastet auf dem riesigen Schreibtisch. Der alte Vizeadmiral ahnte bereits, was das Schreiben von Sengoku enthalten würde.   Puma D. Ace war wieder im East Blue aufgetaucht. Garantiert waren schon weitere Schritte der Marine bezüglich dieser Tatsache geplant wurden. Ein kurzer trauriger Ausdruck trat in Garps Augen. Doch noch ehe man diesen richtig erfassen konnte, war er auch schon wieder verschwunden und ein entschlossener Ausdruck ersetzte diesen und Garp öffnete ungehalten den Brief.   ~~~~~~   „Findest du nicht, dass ich langsam genug gebüßt habe?“, fluchte Ace und schleuderte den Schrubber beiseite, mit dem er bis eben noch das Deck von ihrem Schiff geschrubbt hatte. „Seit drei Tagen kommandierst du mich herum und lässt mich sämtliche Drecksarbeit machen!“ „Jetzt hör endlich auf dich zu beschweren und erledige lieber ordentlich deine Arbeit.“, antwortete Hiko vergnügt und blätterte eine weitere Seite in ihrem kürzlich erworbenen Buch um. „Außerdem weißt du ganz genau, warum du die Drecksarbeit hier machen musst.“   „Es könnte aber nicht schaden, wenn ich nicht der einzige hier auf dem Schiff wäre, der wirklich arbeitet.“ „Fang nicht schon wieder damit an. Du weißt, dass ich für die Küche und die Wäsche verantwortlich bin und für alles andere bist du eingeteilt. Das kann nun wirklich nicht so schwer sein, das Deck sauber zu halten und den Müll, den hauptsächlich du organisierst, wegzuräumen.“ „Trotzdem. Ich sehe nicht, dass das fair ist.“   „Sei ein großer Junge und erledige deine Arbeit, dann bekommst du hinterher auch was zu essen.“, zwinkerte Hiko dem jungen Mann schelmisch zu, der vor Zorn rot anlief und dieses Mal den Besen über Bord warf. Ein lautes Platschen verkündete, dass dieser nun auf dem Weg zum Meeresgrund war. „Super gemacht, Ace. Das war unser einziger Besen.“ „Das wäre nicht passiert, wenn du nicht andauernd auf mir herumhacken würdest.“, beschwerte sich Ace und verschwand hinters Steuer.   „Ich hacke doch nicht auf dir herum.“, versuchte Hiko ein vernünftiges Gespräch in Gang zu setzen, da sie erkannt hatte, dass sie dieses Mal wohl zu weit gegangen war. Entschlossen, klappte sie ihr Buch zu und trat dicht neben Ace und beobachtete mit ihm die ruhige blaue See vor ihnen.   „Weißt du, Ace. Ich wollte dich wirklich nicht beleidigen. Natürlich bist du bei weitem mehr Wert, als die Putzfrau zu spielen. Doch, die Arbeitsteilung ist so wie sie ist, fair genug. Außerdem, ein wenig Wiedergutmachung hattest du schon zu leisten.“, lächelte Hiko ihren Kameraden an, der beschämt zur Seite blickte. „Kopf hoch, Ace. Ich habe dir doch schon längst verziehen. Ich finde, wir sind ein gutes Team. Findest du nicht auch?“   Da Ace nicht sofort antwortete, begab sich Hiko wieder zurück auf ihren Stuhl und las mit einem Lächeln auf den Lippen in ihrem Buch weiter. Eine ganze Zeit lang stand Ace nur da und beobachtete die junge Frau direkt vor ihm.   Er konnte noch immer nicht begreifen, wie es soweit kam, dass er mit ihr zusammen in See gestochen war. Nach einem Tag hatte er ihr einfach zugestimmt und dabei hatte sie keine Angst vor ihm gehabt, obwohl sie sich im Grunde genommen überhaupt nicht kannten. Vielleicht lag es daran. Zwei verlorene Seelen, die zufällig zueinander gefunden haben.   War es denn Zufall?   Ace wusste es nicht. Noch immer plagte ihn die Frage, wie er von der Grand Line aus direkt in den East Blue befördert werden konnte, obwohl unendliche Meilen zwischen ihnen lagen. Zu gerne hätte er die Antwort darauf gewusst, denn in seinen Augen war es schier unmöglich, obgleich er eine Menge abstruser Sachen auf dem Meer erlebt hatte.   Es gab viele Ungewissheiten, die er gerne klären wollte. Nach dem Kampf mit Pepe hatte er wieder neuen Lebensmut gefunden. Zwar wusste er noch nicht, wohin ihn sein neuer Weg führen würde, aber er war fest entschlossen, diesen Weg weiter zu gehen und Hiko in ihrem Vorhaben zu unterstützen. Immerhin verdankte er ihr sein Leben.   Und die Sache mit Whitebeard war noch lange nicht aus der Welt geschafft.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)