Der Ennui der Thermoskanne von Namina (NamixLaw / Namix??) ================================================================================ Kapitel 1: Law - Des Teufels Avancen. ------------------------------------- Law - Des Teufels Avancen. Dass Law zu ihr herüber kam merkte, bis auf die unmittelbar Beteiligten ihrer kleinen Runde, keiner. Die junge Frau hatte soeben einen Becher Alkoholisches auf Anhieb geleert und ließ ihn mit voller Wucht auf den Holztisch vor ihr sausen, noch bevor die anderen Teilnehmer dieses Wettkampfes dazu in der Lage waren. Die Tatsache davon mal ausgenommen, dass nur sie und ein anderer Mann ihre Krüge leertrinken konnten, schafften es die anderen Schnapsnasen noch nicht einmal, ihre Getränke wieder sicher auf den Tisch zurückzuführen. Drei der fünf Teilnehmenden standen also am Ende nicht nur als Verlierer, sondern auch noch ohne Bier da, wobei das ihrer Stimmung keinen Abbruch tat. Sie jubelten und gröhlten, als ob sie alle Gewinner wären. Aber das waren sie ja schließlich auch. "Du säufst meine Mannschaft da ja ganz schön unter den Tisch. Pass mir ja auf sie auf, immerhin brauche ich sie ja morgen noch, kleine Katze!" Er nahm auf der Bank neben Nami Platz, die erst jetzt bemerkte, wer da zu ihr sprach. Die Tatsache, dass die junge Navigatorin sich dabei ertappte kurz zusammenzuzucken beruhte jedoch nicht nur auf der Gegebenheit, dass er sich der Frau von hinten näherte. Er hatte etwas Dunkles, Unheimliches an sich, was niemand zu ergründen vermochte. Er vermittelte in einem Augenblick gleichzeitig Ruhe und Bedrohlichkeit. Schon als sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte, war sie überwältigt von seiner Ausstrahlung - im negativen Sinne gesprochen. Er beunruhigte sie, was Namis natürlichen Reflex sich eigenartigen Personen gegenüber unfreundlich zu verhalten nur verstärkte. Infolgedessen wurde er von ihr auch nicht, wie von den anderen Mitgliedern der Runde, aus vollem Herzen in Empfang genommen, seine Anwesenheit wurde lediglich mit einen skeptischen Blick quittiert. "Wehe, ich muss einen von euch morgen die Sporen geben, wenn er seekrank wird!", scherzte der Kapitän der Heart-Piraten, jedoch war seine Stimme tonlos und in Namis Ohren hörte sich sein Ulk nach einer Drohung an. Aber schien diese Meinung niemand der anderen zu teilen, auch Jean Bart winkte ab und beteuerte seinem Kapitän am kommenden Tag "fit wie ein Turnschuh" zu sein, wenn es hart auf hart käme. Mit diesem Versprechen gab sich der Schwarzhaarige zufrieden und nahm, ohne danach zu fragen, einen halbvollen, am Tisch stehenden Krug Bier in seine große, linke Hand, die mit fünf dünnen, langen Fingern versehen war. Während er sich weit zurücklehnte, platzierte er seinen rechten Arm an die Lehne der Bank, direkt hinter Nami, was erneut ein mulmiges Gefühl in ihr auslöste. "Und? Wohin wird euch eure Reise ab morgen führen?", fragte er, wobei seine Stimme einem Schnurren glich und der jungen Frau wider Willen Gänsehaut bereitete. Er musste mit Verzückung feststellen, welchen Einfluss er auf die Schönheit neben sich hatte. Ihre nervöse Haltung, ihre hastigen Seitenblicke. Sie bestätigten ihn in seinem Auftreten. Er selbst sah sich als Herr der Manipulation, liebte es mit anderen Menschen Spielchen zu spielen, Verwirrung zu stiften. Besonders bei jungen, attraktiven Frauen konnte er durch sein Aussehen zusätzlich aufwühlen. Er genoss jede Sekunde, in denen er seiner Autorität sicher war. Jede einzelne. Doch dieses Mal, musste er die jähe Erkenntnis machen, wurde ihm keine befriedigende Führung zuteil. Das Mädchen neben ihm straffte seine Schultern, räusperte sich und sah ihm direkt in seine Augen. "Tja, das wirst du wohl so schnell nicht erfahren. Es wird jede Sekunde ein Sturm aufkommen, der sich gewaschen hat. Und wenn ihr nicht bei dem Versuch das seichte Küstengebiet zu verlasse, Gefahr laufen wollt gegen die Klippen zu donnern, empfehle ich euch, mit eurer Abreise ebenfalls zu warten, so wie ich es morgen noch meinem Kapitän erklären werde." Die Monotonie in ihrer Stimme war unterlegt von flacher Herablassung und nun war es Law, dessen Fassade zu bröckeln begann. Zu überspielen versuchte er dies mit einem mitleidigem Lächeln und den Worten: "Kleines, ich besitze ein U-Boot. Es wird wohl so schnell kein derartiger Sturm aufziehen, welcher das Meer in solch Aufruhr versetzen könnte..." Die Navigatorin legte den Kopf schief und zog die Augenbrauen hoch, bevor sie demonstrativ eine Uhr an der Wand über sich betrachtete und aus dem Fenster deutete. "In den nächsten zehn Sekunden. Wetten?" Noch perplexer als zuvor sah der Kapitän zuerst ein paar Mal zwischen der Frau und dem Fenster hin und her, bevor er sich endgültig entschied darauf zu warten, was das Wetter wohl in den nächsten Sekunden zu bieten hatte. Er beobachtete einen Baum vor dem Lokal, der sanft im Wind wippte. Nur ein bisschen windig da draußen, dachte er, nicht der Rede wert. Doch als er den Blick länger hielt fing der Baum an, seine Äste gen Himmel zu recken. Von einer auf die anderen Sekunde zuckte ein Blitz über dem Baum auf und schließlich brach ein monsunartiger Regenschauer aus. Law keuchte auf, unterdrückte diesen Reflex der Fassungslosigkeit jedoch sogleich. Nami zuckte mit den Achseln und sagte, mit gespieltem Bedauern in der Stimme: "Acht Sekunden. Zu schade." "HAHAHA, was für ein Prachtweib, Captain!" Erst durch einen beherzten Schlag eines Crewmitglieds auf Laws Schulterblatt schaffte es dieser, seine Contenance wiederzufinden und lächelte. "Respekt, Nami. Du bist ein Naturtalent." Angesprochene reagierte auf diese Aussage mit einem weiteren Schulterzucken und wandte sich ab, während sich das Gesprächsthema an Tisch in diverse Richtungen verlief. "Sag schon, diebische Katze... Welchem Glückspilz aus deiner Crew bist du vergönnt?" Zutiefst verdutzt hielt sie inmitten eines zünftigen Zuges aus ihrem Krug inne, um diesen Schluck dann nur unter Aufbringung von Anstrengung durch ihren Hals und in ihren Magen befördern konnte. "Bitte, wie meinen?" Der Kapitän der Heart-Piraten hatte sich insgeheim zu ihr gebeugt, die Distanz zwischen ihnen somit reduziert, sodass niemand ihrer Unterhaltung beiwohnen konnte. "Du hast mich schon verstanden. Mit wem aus deiner Crew treibst du es?", fragte er nun präziser und senkte zugleich seine Stimme. Immerhin musste nicht gleich das ganze Lokal wissen, welch prekäres Gespräch die beiden da eben führten. Nimmt dieser Mann denn kein Blatt vor den Mund, war das einzige, was Nami denken konnte und ohne eine Antwort zu geben, schüttelte sie langsam den Kopf. Nun war er es, der sie ungläubig anstarrte, sofern das sein Pokerface zuließ. "Wie? Du bist mit keinem deiner Jungs zusammen? Kein Gefühle? Nichts?", harkte er erbarmungslos nach und endlich hatte nun auch Nami ihre Stimme wieder gefunden. "Ich denke zum einen nicht, dass dich das was angeht. Und zum anderen: Nein!" "Nicht mal hin und wieder, um Dampf abzulassen?" "Deine Fragen sind ganz schön unverschämt, Trafalgar Law!" "Bitte entschuldige, ich hatte nicht die Absicht unverschämt zu sein. Ich möchte lediglich in Erfahrung bringen, ob es passend ist, dir Avancen zu machen." Eine Bombe war geplatzt. Namis Gesichtszüge entglitten völlig. Avancen machen? Er? Ihr? Hatte sie sich da eben verhört? Für einen Moment war die Musik, die von Rauch erfüllte Luft und all die anderen Menschen im Raum wie vergessen. Sie sank völlig ein in das Schwarz seiner Augen, die so tief waren, wie das Meer und ebenso unergründlich. Law lachte leise und war zufrieden mit sich. Seine Worte hatten ihre Wirkung nicht verfehlt und wieder kam er in den Genuss, Herr der Lage zu sein. Durch das Rot ihrer Gesichtsfarbe bestätigt, beugte er sich noch ein Stück zu ihr. "Gut zu wissen.", wisperte er gerade in der richtigen Lautstärke, sodass sie ihn noch hören konnte. Er zwinkerte ihr kurz zu und erhob sich dann still vom Tisch, um dann zu verschwinden. Nami war viel zu perplex, um seine Schritte noch weiter zu verfolgen. Hatte er sie da gerade auf den Arm genommen? Wollte er sie nur aus der Fassung bringen? Zumindest das hatte er geschafft, denn erst als Nami von Sanji, welcher sich soeben an ihren Tisch begeben hatte, angesprochen wurde, fand sie ihren Verstand wieder, welcher ihr für einige Sekunden abhanden gekommen war. Sie verließen das Lokal so, wie sie es betraten hatten: Gleichzeitig. Die Lautstärke zweier betrunkenen Piratenbanden, die zusammen im strömenden Regen die Straßen durchquerten, war beachtlich und um ein Haar hatte der Chirurg des Todes Mitleid mit den Menschen, die sie im Moment von ihrer Nachtruhe abhielten. Jedoch war der Sturm und der Regenguss schon so laut, dass er ahnte, ihre Stimmen würden darin untergehen. Der Strohhut, der wohl zu den Betrunkensten der Partie gehörte, führte eben jene an, seinen Schiffsarzt unter den Arm geklemmt, welchem die verminderte Sauerstoffzufuhr anscheinend nichts anzuhaben schien. Unter des Captains Arm und von seinen Witzen behelligt jaulte er ein Law unbekanntes Piratenlied. Es könnte jedoch auch sein, dass sich dies der kleine Elch auch selbst ausgedacht hatte. Bepo schritt, mit einem breiten Grinsen und von der Stimmung des heutigen Abends beflügelt, neben seinem Kapitän her, dessen Schwert sicher in seinen Pranken und seine Kapuze bis über seine behaarten Ohren gezogen. Law versuchte indessen, die Nässe mithilfe seiner Kopfbedeckung von seinem Gesicht fernzuhalten. Der Regen, den die Navigatorin da herbei beschworen hatte, war nicht von schlechten Eltern, das musste er ihr zugestehen. Jedoch bezweifelte er ihre Einschätzung, mit dem U-Boot sei nicht aufs offene Meer zu kommen. Sicher war es anstrengender, die Küste bei unruhigen Unterwasserströmen zu verlassen, jedoch hatte er mit seiner Mannschaft schon härtere Aufgaben überstanden und Bepo als sein Navigator erbrachte exzellente Leistungen. Er sah über die Schulter zurück und erblickte ihren leuchtenden Haarschopf. Sie strahlte übers ganze Gesicht, ihre Jacke schützend über den Kopf gezogen. Dennoch waren ihre Haare durchnässt und klebten in Strähnen an ihren Wangen. "Captain?", fragte Bepo leicht beunruhigt und sah ihm, ohne jedoch selbst stehenzubleiben, nach, als eben jener seine Schritte verlangsamte und sich zurückfallen ließ. "Geh nur vor, Bepo.", befahl ihm Law und ohne weitere Fragen zu verschwenden tat der Bär wie ihm geheißen. "Haha, du siehst aus wie eine alte Frau, Robin! Nimm doch den Schal vom Ko... Oh...", Nami hielt inne, als sie merkte, wer nur wenige Meter vor den beiden Frauen stand und offensichtlich auf sie wartete. "Neuer Verehrer, Fräulein Navigatorin?", grinste die Schwarzhaarige und stupste ihre Freundin mit dem Ellbogen in die Seite. "So ein Blödsinn... Robin, was soll ich denn nur tun?" Nur noch wenige Schritte waren sie voneinander entfernt. "Bauch rein, Brust raus heißt es doch so schön.", kicherte Angesprochene jedoch nur, wenig hilfreich für Namis Geschmack. "Lass den Blödsinn! Der Typ macht mich nervös.", zischte die junge Frau und musste letztendlich feststellen, dass es nun zu spät war um gute Ratschlage mit der Archäologin auszutauschen. Trafalgar Law stand bereits neben ihr. "Angenehmes Wetter, findest du nicht?" "Erfrischt die Lebensgeister." Er nickte zustimmend. "Da wird es wohl nichts mit einem romantischen Strandspaziergang.", stellte er fest, wobei Nami sofort die Ironie in seiner Stimme heraushören konnte. "Tja, da muss ich dich enttäuschen." "Was sagt Frau Wetterfrosch denn für morgen voraus?" Nami überdrehte innerlich die Augen. "Schwer zu sagen. Ach verdammt.", schimpfte sie, als sie in Folge ihrer Unumsichtigkeit in eine Pfütze trat, "Ich kann das Wetter nur lesen, nicht vorhersagen." "Lesen also." Law klang ehrlich beeindruckt. "Ja.", bestätigte Nami und stellte mit Wut fest, dass sich ihre Freundin während eines unaufmerksamen Moments wohl klammheimlich in Luft aufgelöst hatte. "Hör mal, Law...", begann sie, wandte sich ihm vollends zu und hielt an, "Was auch immer du vorhast, das zieht bei mir nicht. Ich bin keines dieser Flittchen, die sich von dir beeindruckt fühlen. Es ist mir einfach höchst unangenehm." Seine rechte Augenbraue wanderte gen Haarscheitel. "Höchst unangenehm?", wiederholte er ihre Worte, ersteres hörbar betonend und von ihrer Wortwahl offenbar belustigt. "Du wirst mich durch deine kleinen Macht-Psycho-Nummern nicht beeindrucken. Ich bin nicht dieser Typ Frau. Du lässt es lieber gleich bleiben. Ein wenig Smalltalk macht die Sache auch nicht besser." Ein Lächeln stahl sich auf Laws Lippen und offenbarte kleine Grübchen über seinen Mundwinkeln. "So so." "Also spar dir deine... 'Avancen'." Eilig nahm sie die Beine in die Hand, um den verlorenen Vorsprung zu ihren Freunden wieder aufzuholen, hinterließ dabei einen herzlich lächelnden Law. Er dachte einen Augenblick über die Worte der jungen Frau nach, bevor er eine tiefe, kühle Stimme vernahm. "Lass gefälligst das Gegrinse und halt dich verdammt nochmal fern von ihr." Als er aufsah, blickte er in ein Paar glühende, schwarze Augen. Am nächsten Tag hatte der Regen etwas nachgelassen, jedoch war der Sturm nicht weniger imposant als in der Nacht zuvor. Die Bäume bogen sich in alle Richtungen und drohten damit, in ihrer Standhaftigkeit nachzugeben. Law und Bepo standen vor der Thousand Sunny, deren aufgezogenes Segel unruhig vom Masten zu springen vermochte. Der Schwarzhaarige betrachtete den Ausguck und würde sich für nichts auf der Welt bei diesem Wetter dort hinauf begeben. Er war kein Typ, der sich in schwindelerregenden Höhen sicher und behaglich fühlte. Er war lieber unter Wasser, wo es ruhig und düster war. Dort fand er sich zurecht, dort war sein Reich. Und während er so dastand, sein Mantel vom Wind zu einem Duell herausgefordert, vernahm er des Strohhuts Stimme: "Hey, Traffy! Steht da nicht rum, kommt schon hoch!" Er nahm am Esstisch der Strohhutbande Platz, ließ sich dafür besonders viel Zeit. Sein Schwert war in Bepos sicheren Pfoten, eben jener meinte, die Tür der Kombüse bewachen zu müssen. Law versicherte sich noch einmal, dass alle Mitglieder der Bande versammelt waren. Seine dunklen Augen schweiften durch die Runde und mit Genugtuung musste er feststellen, dass alle Blicke vor Spannung triefend auf ihn gerichtet waren. Ja, so hatte er es gern und so war er es gewohnt. Aber Moment mal - es fehlte jemand. Kurz bevor er zum Satz anheben wollte, fiel ihm der grünhaarige Lorenor Zorro auf, welcher nicht wie die anderen in unmittelbarer Nähe auf seinen Mund starrten, in der Hoffnung, die Offenbarung darin zu finden. Nein, er hockte lässig - wenn auch mit einem mehr als misstrauischem Blick - in der Ecke der Küche und schien, kaum an dem interessiert zu sein, was er nun zu verkünden vermochte. Sei es drum, er konnte den Schwertkämpfer schon einigermaßen einschätzen und er wusste, dass dieser ihn seit jeher nicht leiden konnte. "Wie ihr euch sicher schon denken könnt, werden wir nun wieder unsere eigenen Wege gehen. Wir haben mit unserem Vorhaben einen echten Coup gelandet. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich von Anfang an Zweifel. Aber lassen wir die Vergangenheit ruhen. Die Zukunft ist mir wichtig.", setzte er endlich an und ein stolzes Lächeln legte sich auf den Großteil der Strohhut-Crew. Er setzte fort: "Ruffy, ich danke dir und deiner Mannschaft für eure Hilfe und Treue. Jedem von euch danke ich." Er blickte durch die Runde, jedem einzelnen tief in die Augen. In Strohhut Ruffys, die durch sein gigantisches Grinsen zu engen Schlitzen verengt wurden. In Schwarzfuß Sanjis, der sich - um Lässigkeit bemüht - eine Zigarette ansteckte. In Nico Robins, welche ebenso höflich zurücklächelte. In Tony Choppers, der verlegen weg sah und sogar durch sein dichtes Fell hindurch lichterloh glühte. In des Cyborg Frankys Augen, die er durch seine dunkle Sonnenbrille beinahe nicht erkennen konnte und welcher ihm zur Bestätigung den Daumen hoch deutete. In Brooks dunkle Augenhöhlen, dessen 'Mimik' er nicht lesen konnte und dessen Anblick selbst ihn etwas nervös machte. Und letztendlich kam er zur diebischen Katze. Ihre Augen, musste er feststellen, waren die angenehmsten von allen. Ein leichter Rotschimmer legte sich um ihre Nase und am liebsten, schien es ihm, hätte sie wieder beiseite geblickt. Ihre Scham entzückte ihn und so beschloss er, länger als nötig auf ihren Augen zu verweilen, bis sie sich unter seinem Blick wand und schließlich das Thema wechselte. "Du sagtest", hob sie an, "es gibt zweierlei Dinge, die du mit uns zu besprechen hast. Ich nehme an, dein Dank war der eine Teil?" Sein aufrichtiges Lächeln hatte während ihres langen Blickkontaktes etwas Spitzbübisches angenommen. "Ja, absolut richtig. Es gibt da noch einen kleinen Gefallen, um den ich euch bitten möchte. Um ehrlich zu sein, betrifft es nur zwei von euch." Der Chirurg des Todes bemerkte zufrieden, dass nun auch der Schwertkämpfer in seinem Eck hellhörig wurde und gespannt lauschte. Geht doch. Langsam drehte sich der Schwarzhaarige mit dem Oberkörper zu dem Kapitän der Bande. "Ruffy... Ich bitte dich, Nami für heute Nachmittag zu entbehren. Ich wäre gerne in ihrer Gesellschaft. Ich werde sie unversehrt wieder zurückbringen. Natürlich nur dann, wenn auch sie zustimmt." Mit den letzten Worten richtete er sich zu der Navigatorin und sah ihr prüfend in die Augen. In den folgenden Sekunden hätte man Grashalme aus dem Boden wachsen hören können. Der erste, der Luft holte und entsetzt zum Rundumschlag ausholte, war der Smutje. "DU WILLST WAAAAAS? ICH WERDE DIR GLEICH DEINE UNBUNTE FRESSE POLIEREN, DU MÖCHTEGERN WEIBERHE-" Sanjis Toben wurde von Ruffy durch eine einzige Armbewegung unterbrochen. Nami vernahm nur das Rauschen ihres eigenen Blutes in den Ohren. Dazu sah sie in tiefes Schwarz. Das Schwarz seiner Augen "Unmöglich, wir- wir müssen doch noch alles... Naja... Für die Weiterreise... Wir müssen noch alles startklar machen!", regte sich nun der Widerspruch der jungen Frau. "Nami, du sagtest doch, dass du mit dem Ablegen warten wolltest, bis der Wind sich gelegt hat, nicht wahr?", erkundigte sich der Kapitän der Strohhutbande. "Ja, klar... Aber wir müssen noch Proviant besorgen, die Tanks füllen..." "Für die Proviantbeschaffung hast du doch vorhin Ruffy und Sanji verdonnert und die Tanks habe ich schon alle vollgemacht. Meine Sunny fährt sicher nicht mit leeren Kesseln rum!" "Ach, wirklich, Franky...", zischte sie gefährlich in seine Richtung, versuchte ihm klarzumachen, wie deplaziert seine 'Hilfe' hier war. Inzwischen war die junge Frau aufgestanden und tänzelte nervös durch den Raum. Sie fühlte sich in dieser Situation sichtlich unwohl, was Law eine gewisse Genugtuung verschaffte. Er saß einfach nur ganz ruhig da, ein angedeutetes Lächeln auf seinen Lippen, und ließ den Dingen ihren Lauf. "Robin, du wolltest doch meine Hilfe... In der Bibliothek... Da wolltest du doch..." "Ich kann mir nicht erklären, was du meinst.", grinste ihre treuste Freundin, die zu lügen anscheinend nicht bereit war. Mit hochrotem Kopf drehte sich Nami von der Gruppe weg, als Lysop nun auch noch laut zu lachen begann: "Langsam gehen dir die Ausreden aus, Nami! Komm schon, gib dir nen Ruck und begleite Law. Nach zehn Minuten schickt er dich sowieso postwendend wieder zurück!" Tränen bildeten sich in Choppers Augen und verrieten, dass auch er sich vor Amüsement kaum noch halten konnte. "Ich könnte eure gemeinsame Zeit mit einem musikalischen Gaumenschmaus unterlegen.", schlug Brook vor und brach somit vollends die Dämme des Rentiers, welcher lauthals in ihr Gelächter mit einstimmte. "SAGT MAL, WIE REDET IHR ÜBER NAMILEIN IHR HIRNLOSEN IDIOTEN?" Gebeine flogen durch die Luft und krachten gegen die Wand. Bepo sah durch die Luke in die Küche und was er sah verstörte ihn: Vor lachen am Boden liegende Crewmitglieder, ein in der Wand feststeckendes Skelett, ein Plüschtier in XL-Ausgabe, sowie einen Cyborg, welcher versuchte, den in Rage gebrachten Koch vor einem Mehrfachmord zurückzuhalten. Mitten drin in all dem Getümmel befand sich sein Kapitän und er schien nur Augen für die Frau vor sich zu haben, welche ebenso ruhig, wenn auch ratlos, zu ihm blickte. Die beiden schienen ein wortloses Gefecht zu führen und schon jetzt wusste Bepo, dass die junge Frau einknicken würde. Er hatte sie vor den Augen all ihrer Freunde um ihre Gesellschaft gebeten und dies zeichnete sich, in Bepos Augen, als ganz besondere Geste aus. Zwar konnte man dem Captain nicht nachsagen, viel auf die Meinung anderer zu halten, jedoch bedarf es schon viel Mut, es vor versammelter Mannschaft zu riskieren, sich einen Korb einzufangen. Und welche herzlose Kreatur konnte ihm das schon antun? "Vergiss es!" Nur ein beherzter Sprung zur Seite konnte Bepo vor einer Kollision mit der aufspringenden Kombüsentür bewahren. An ihm vorbei stapfte eine wutentbrannte Navigatorin mit orangen, langen Haaren. Fragend blickte ihr Bepo nach und übersah die Tatsache, dass die Türe noch ein zweites Mal schwungvoll geöffnet wurde, was er mit einer Beute auf seinem Hinterkopf büßen musste. Doch anstatt sich der Sitte halber zu entschuldigen, stürmte der Übeltäter direkt weiter und der jungen Frau nach. Bei den Stufen vor der Kombüse blieben die beiden stehen. Nur das Sausen des Windes und die gedämpften Streitlaute der Crewmitglieder von innerhalb waren zu vernehmen. "Warte doch!", bat Law und seine Stimme klang durchaus flehend und bestimmt zugleich. Er hielt Nami am Handgelenk fest, noch bevor sie bei den Stufen angekommen war. Seine Geste verfehlte ihre Wirkung nicht und augenblicklich blieb sie stehen, um ihn mit einem Blick zu strafen. "Was willst du?", zischte sie, wobei der Wind beinahe lauter war als ihre Frage. "Ich will eine Chance!" "Eine Chance auf was denn, bitteschön?" Sie befreite sich aus seinem Griff und machte eine ausladende Geste. "Was erhoffst du dir davon? Ich habe keine Zeit und keine Lust auf sowas." Nami drehte sich wieder von ihm weg, zum Gehen bereit, doch Law reagierte schneller. Drei große Schritte bis vor ihren Körper hinderten sie, die Stufen weiter hinab zu steigen. Genervt seufzte die junge Frau und legte eine Hand auf die Stirn. "Nur ein Nachmittag!", bestand der Schwarzhaarige weiter und sah die Frau eindringlich an. Der Wind peitschte ihnen ins Gesicht und beide hatten nicht wirklich viel an, waren auf ein Gespräch außerhalb der wärmenden Räume nicht gefasst. Nami seufzte wieder, wich seinem Blick kontinuierlich aus, bevor sie ungeduldig fragte, für welchen Ort und welche Zeit er ihr treffen denn bedacht hätte. Sichtlich erleichtert nannte er ihr die Informationen und ohne ihn noch einmal anzusehen schritt die Frau an ihm vorbei und verschwand durch eine weitere Tür. Sich noch immer den Hinterkopf reibend kam der Bär auf seinen Chef zu und fragte seinen Captain nach dem Verbleib der beiden. Sie hatte ja gesagt, teilte er ihm mit. Er müsse wahnsinnig sein, meinte Bepo. Kapitel 2: Zorro - Von Scheiße und mehr Alkohol. ------------------------------------------------ Zorro - Von Scheiße und mehr Alkohol. Eine Liebe zu verlieren, von der man nie gewusst hat sie zu lieben und es erst im Nachhinein einzusehen - das ist eine Sache. Aber zu beobachten, wie jemand einem eine Liebe direkt vor den Augen fortreißen möchte, nur weil man selbst zu blöd ist einzusehen, dass man nicht ewig Zeit hat - das ist eine komplett andere. Beides ist Scheiße. Zorro saß mit Lysop, Chopper und Robin an einem Tisch, folgte aber schon lange nicht mehr dem bunten Treiben seiner Mitstreiter, sondern beschäftigte sich damit, sich mit monoton wachsendem Alkoholpegel nach der schönen Navigatorin zu sehnen. Sie saß am anderen Ende des Raumes und tat das, was sie am zweitbesten konnte: saufen. Er beobachtete sie wachsam, bereit einzuspringen, wenn ihre große Klappe ihr Schwierigkeiten bescherte und verlor dabei den Überblick wie viel Sake er nun schon zu sich genommen hatte. Ihm war dabei nicht entgangen, dass sich die Blicke, die der Heart-Kapitän ihr zuwarf, sich häuften und insgeheim legte er sich schon die Ausrede zurecht, mit der er Nami an ihren Tisch bekommen würde. Doch wie immer musste der Schwertkämpfer lernen, sich zu viel Zeit gelassen zu haben und wurde Zeuge, wie eben jener Dreckskerl energisch aufstand und den Weg zu der jungen Schönheit antrat. Beinahe wäre Zorro aufgestanden und hätte den Typ in seine Schranken gewiesen - wäre da nur nicht seine beachtliche Summe Alkohol in seinem Blut, welche sich im Laufe des Abends angehäuft hatte. So schnell er den Entschluss des Aufstehens gefasst hatte, so schnell war sein Gleichgewicht verschwunden und er konnte es nur mit Müh und Not bewerkstelligen, nicht kopfüber vom Stuhl zu fallen. Nein, das war absolut nicht sein Abend. Das war eine riesengroße Scheiße. Verärgert musste er feststellen, dass er viel zu besoffen war um jemand anders die Scheiße aus dem Leib zu prügeln. Er hatte schon genug Probleme damit, die Muttersprache wiederzufinden, geschweige denn seine hart trainierten Fähigkeit des aufrechten Gangs. Mitnichten würde er unter diesen Umständen jemand anders den Marsch blasen und das Mädchen, das ihm seit ihrer ersten Begegnung in einen unbeschreiblichen Bann gezogen hatte, für sich gewinnen. Heute Abend musste er sich also mit kleinen Brötchen zufrieden geben - wie zum Beispiel den Inhalt seines Magens für sich zu behalten... Nach insgesamt zwölf Stunden des Feierns wurden die Gäste im hohen Bogen aus der Bar geschmissen und erstmals konnte Zorro wieder einen klaren Gedanken fassen. der Regen tat seiner Verfassung gut und erst jetzt merkte er, dass er im Lokal wohl geschlafen haben musste, denn das letzte, woran er sich erinnerte, war Law, der an Namis Tisch trat und Lysop, der laut 'Yatzy' rief. Unfreiwillig malte er sich aus, wie Nami wohl auf Laws Gesellschaft reagiert hatte. Träge rieb er über seine Augen und gähnte beherzt. während er wie automatisch der Piratenmasse folgte. "Dir scheint der Abend ja ganz schön zugesetzt zu haben." Die Stimme gehörte zu Nico Robin. Sie war neben ihm aufgetaucht und sah, wie vor dem Umtrunk, fröhlich und erholt aus. Zu einer Art Turban gebunden schützte ihr Schal ihr Gesicht eher schlecht als recht vor den Wassertropfen. "Ich hab wohl etwas zu viel erwischt.", brummte der Schwertkämpfer mürrisch und versuchte die Bilder in seinem Kopf zu verdrängen, die sich willkürlich in seinen Kopf stahlen. "Das sieht man dir an. Keine Sorge, es ist nichts passiert." Konfus sah er seine Freundin an. Was meinte sie nur mit ihrer höchst seltsamen Aussage? Hatte sie ihn etwa dabei ertappt, wie er Nami beobachtet hatte? Zugegeben, es bedarf keines außergewöhnlichen Genies zu erkennen, dass Zorro den ganzen Abend nur Augen für die junge Frau hatte. Er war relativ früh betrunken und Nami zog es vor, sich etwas weiter von der Gruppe entfernt einen einzustellen. Niemand, der über eine gesunde Auffassungsgabe verfügte, hätte seine ständigen Blicke übersehen können. Da er wusste, dass es sinnlos war etwas abzustreiten, nickte er nur und zuckte letztendlich mit den Schultern, um gleichzeitig auch nicht zu interessiert zu scheinen. "Der Typ ist mir unheimlich.", versuchte der Grünhaarige sein Verhalten zu begründen, Robin jedoch kicherte nur tonlos. "Hey, Robin!" Nami kam von hinten auf die beiden zu, ihre Jacke bis über den Kopf gezogen, um sich vor dem Regen zu schützen, was - ebenso wie bei Nico Robin - ein vergebenes Unterfangen war. "Ich denke an Bord sollten wir erstmal eine Dusche nehmen!", lachte die Navigatorin und als Zorros Gehirn nach diesen Worten eben jenes Bild hervor beschwor, ließ sich der Schwerkämpfer unauffällig zurückfallen, um wieder alleine seiner Wege zu gehen. Nur weil er Fisch liebte, musste er noch lange nicht mit Haien schwimmen. Mit den Händen in den Taschen bewegte er sich träge der Masse nach, das monotone Rauschen von Wind und Wetter machten ihn nun müde und sehnlichst wünschte sich der junge Mann an Bord des Schiffes. Seiner Einschätzung nach hatte die Gruppe noch gut zehn Minuten Fußweg vor sich, bis sie den Hafen erreichen würden. Die Insel, so Laws Einschätzungen, war sicher vor der Marine, die sie nach dem Vorfall auf Dressrosa wieder einmal auf dem Korn hatte. Hier bräuchten sie nichts zu befürchten, meinte der Chirurg und insgeheim hegte Zorro an jedem seiner Worte Zweifel. Aber sei's wie's war - sie brauchten eine Pause, Erholung. Sie hatten diese Momente der Freiheit wieder bitter nötig und während der Vize der Strohhüte so vor sich hin schritt, bemerke er, wie zwei Personen vor ihm ein Gespräch mittlerer Lautstärke führten. "Also spar dir deine... 'Avancen'.", war das Letzte, was Zorro noch hören konnte, bevor die junge Frau von Law abließ und wieder ihrer Wege ging. Abrupt blieb auch der Schwertkämpfer stehen und beobachtete, wie das Lächeln auf Laws Lippen anschwoll und er sah es nur noch als hässliche Grimasse an. Er verachtete ihn in dem Moment, was meinte sie mit 'Avancen'? Mit einem Schlag fühlte sich der junge Mann nüchtern und wusste nun genau, was zu tun war. So einen Kerl würde er niemals an Nami heranlassen. Er war gefährlich, er war unberechenbar und er war zweifelsohne eiskalt. Bis die beiden Männer nur noch eine Hand breit voneinander entfernt waren, schritt Zorro auf ihn zu. Schleunigst hatte er Laws unbeeindruckte Aufmerksamkeit, versuchte mit seinem Blick alles zu sagen, was er in diesem Moment nicht aussprechen durfte. "Lass gefälligst das Gegrinse und halt dich verdammt nochmal fern von ihr." Es ging ihm beschissen, obwohl er schon seit Minuten auf den Schlaf wartete. Schnarchgeräusche in den verschiedensten Lautstärken verriet ihm, dass seine Zimmergenossen wohl schon lange ins Reich der Träume geschlüpft waren. Ihm jedoch war nicht nach Nachtruhe zumute. Er spürte eine Wut, die sich von ganz tief unten, von seinen Innereien, bis in den Hals hoch kämpfte. Die Wut auf den ehemaligen Samurai, die Wut auf Nami, vor allem aber war es Wut auf sich selbst, nicht zu seinen Gefühlen stehen zu können. Nichts anderes tun zu können, als sich in jeder einsamen Sekunde auszumahlen, wie sie wohl auf seine Offenbarung reagieren würde, könnte er den Mut fassen sich zu äußern. Der Alkohol verstärkte seine Gefühle und seine Unschlüssigkeit noch mehr und schon langsam war er daran, den Kopf zu verlieren. Und bei genauerer Betrachtung viel ihm auf, dass auch diese Empfindung der Kopflosigkeit Folge des überflüssigen Alkoholkonsums war. Er befand es als gute Idee, vor dem zu Bett gehen noch einen Schlummertrunk im Ausguck des Schiffes zu nehmen, um dann in genau diesem friedlich einzuschlafen. Der Regen hatte schon spürbar nachgelassen, jedoch war es der starke Wind, welcher Unbehagen bereitete. Dennoch fühlte sich der junge Mann in seinem Trainingsraum, etwa zwanzig Meter über dem Meeresspiegel, am sichersten. Dies war sein Rückzugsort, seine eigene kleine Welt. Sein Reich. Er öffnete die Flasche Sake, die er prophylaktisch immer hier oben bunkerte, mit einem lauten 'Plopp' und nahm einen großen Schluck. Das Geheimnis war, einfach nicht nüchtern zu werden, bevor einen der wohlverdiente Schlaf holt. Sein Körper jedoch hatte schon damit begonnen, die Promille in seinem Blut abzubauen und das war der Punkt, an dem man lieber nicht mehr wach sein sollte - oder eben besser zum Gegenschlag ausholte. Soweit also Zorros Theorie. Er setzte sich an seinen Lieblingsplatz und starrte aus einem der Fenster in den schwarzen Nachthimmel. Der tobende Sturm draußen war hier nur noch ein laues Lüftchen und als der Schwertkämpfer die Augen schloss, war es einen Moment lang so, als würde er schweben. Ein weiterer Schluck aus der Flasche brachten ihm seinem Traumland noch näher und gleich würde er einschlafen. Aber Nami hatte andere Pläne. "Sag mal, was tust du denn da?" Aus der Bodenklappe, die in seinen Trainingsraum führte, lugte ein oranger Schopf. Missbilligend verzog sie eine Augenbraue. Innerlich seufzte der Mann tief. Konnte sie ihn denn nicht ein mal in Ruhe lassen? "Ich trinke." "Ja aber..." Seine verschlossenen Augen hinderten ihm daran wahrzunehmen, was die Navigatorin in weiterer Folge vorhatte. In Gedanken machte er sich schon auf eine Standpauke gefasst, verabschiedete sich von seinen spätabendlichen Plänen, sich hier an Ort und Stelle einen hinter die Binde zu kippen, um sich dann seelenruhig ins Land der Träume zu verabschieden. "Gib schon her!" Wohl hatte er mit allem gerechnet, jedoch war ihm die Idee, dass sie sich zu ihm gesellte, nie gekommen. Die Augen öffnend reichte er ihr die Flasche, wovon sie einen genüsslichen Schluck nahm. "Ah, das tut gut..." "Was machst du noch hier?" "Robin und ich waren noch duschen. Dann hab ich gesehen, dass hier noch Licht ist und nun ja... Es war nicht schwer eins und eins zusammenzuzählen." Erst jetzt bemerkte Zorro, dass die Frau in drei Schichten, bestehend aus Pyjama, Bade- und Regenmantel, gehüllt war. Gähnend ließ sie sich auf den Boden neben ihn sinken. "Seltsamer Abend, nicht wahr?", rutschte es dem Grünhaarigen heraus, noch bevor er sich selbst ermahnen konnte, diese Frage nicht zu stellen. Am Ende würde er sich erklären müssen und sich dabei gewiss nur in irgendwas hineinreden. "Aus welchem Blickwinkel betrachtet?", kam postwendend die durchaus berechtigte Frage, mit der Zorro schon gerechnet hatte. "Ach, vergiss es. Ich werde nachdenklich, wenn ich getrunken habe." "Und worüber denkst du so nach?" Er schüttelte sehr langsam den Kopf und sah ihr danach in die Augen. Während der Blickkontakt bestanden blieb, aber dennoch kein Wort gewechselt wurde, setzte er die Flasche an die Lippen und trank daraus. Während des ganzen Prozedere sah er kein einziges mal weg. Er wusste keine Antwort zu geben. Wie auch sollte er ihr seinen Standpunkt erklären? Dass er sie nicht mehr aus dem Kopf bekam und fuchsteufelswild wurde, wenn er die Typen ertragen musste, die dachten gut genug für Nami zu sein? Dass er einfach nicht wusste, wie er die Sache ansprechen sollte und insgeheim hoffte, sie könne ihm aus den Augen herauslesen, welche Sehnsucht ihn plagte? Lange wurde kein Wort gewechselt und die Orangenhaarige sah beiseite. "Ich geh dann mal.", verkündete sie, dieses Mal jedoch mit deutlich gesenkter Stimme und eine Spur zu eilig als man es von ihr gewohnt war. "Nami... Tu nichts Dummes!" Vorsichtig nahm sie sein Gesicht in ihre Hände, kam seinen Lippen mit den ihren immer näher. Bevor er jedoch ihre zarte Berührung spüren durfte, zog ihr Mund an seinem vorbei, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern: "Wach auf, Law ist hier!" "ZORRO, KOMM SCHON!", schrillte Lysops unerträgliche Stimme zum Ausguck hoch. Er blinzelte ein paar Mal und als sein Körper langsam zum Hier und Jetzt zurückfand, realisierte er, wie scheiße es ihm ging. Ein laues Gefühl durchwühlte seine Magengegend und sein Kopf drohte, in mehrere, verschieden große Teile zu zerspringen. "Verdammt nochmal.", fluchte er, als er sich vorsichtig aufrappelte und einen Blick aus dem Fenster auf das Festland unter ihm nahm. Die erste unangenehme Sache des Morgens war zweifelsohne seine Verfassung. Doch diese wurde problemlos von der Aussicht, die sich ihm nun bot, übertrumpft. Law und sein bäriger Begleiter standen vor der Thousand Sunny und es schien ihm, als würde er direkt zu dem Schwertkämpfer hochblicken. Da fiel ihm wieder ein, dass sich der Chirurg gestern Abend nach ihrem Besäufnis für heute angekündigt hatte. Besser konnte ein Tag ja kaum beginnen. Sich übers Gesicht streichend, als ob er mit dieser Geste den Schlaf aus jenem verbannen wollte, erhob er die andere Hand zum Stinkefinger. Schade, dass Law es nicht sehen konnte. Mit letzter Kraft und unter höchster Anstrengung schleppte sich der Schwertkämpfer in die Kombüse, in welcher ihre Unterredung stattfinden sollte. Als er eintrat, warteten schon alle gespannt auf den Beginn von Laws Rede und klebten ihm an den Lippen, wie Motten am Licht. Laws zufriedener Gesichtsausdruck schürten Zorros blanken Hass nur noch mehr und er entschloss sich, bei seinem Spiel sicher nicht mitzumachen. Voll Desinteresse steuerte er ein gemütliches Eck der Küche an, in welcher er die Gruppe und gleichzeitig die Tür im Auge behalten konnte. er sehnte sich die Sekunde herbei, in welcher der Chirurg dieses Schiff verlassen und nie wieder betreten würde. Mit einem vorfreudigen Grinsen auf den Lippen wartete er auf dessen kommende Worte, welche die letzten sein sollten, die der Vize hören wird. Als Laws 'Ansprache' ihren Schluss gefunden und Sanji dem Gespött seiner drei Kumpanen ein jähes Ende bereitet hatte, war nun auch Zorro hellwach. War es diesem zwielichtigem Typen da eben eingefallen, Nami zu... was auch immer einzuladen? Hatte er es da eben tatsächlich gewagt, ohne mit der Wimper zu zucken Zorros klare Drohung zu ignorieren und sein Ding durchzuziehen? Von Ärger getrieben sprang der Schwertkämpfer auf, war jedoch nicht imstande, seine Beine zu bewegen, wobei davonlaufen sowieso keine denkbare Option gewesen wäre. Er bemerkte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss und am liebsten hätte er den Gast im hohen Bogen rausgeschmissen. Doch er wurde sich unvermittelt bewusst, dass es nicht seiner Entscheidung oblag, was Nami zu tun und zu lassen hatte. Und selbst wenn sie die Gesellschaft mit diesem Chirurgen vorzog, er würde sie sicher nicht anbetteln nicht zu gehen. Was genau den Schwertkämpfer an dieser ganzen Geschichte so sehr schmerzte war die Tatsache, dass er sich einfach nicht zu helfen wusste. Er war kein Mann, der jemandem seine Gefühle auf dem Silbertablett präsentieren konnte wie Sanji oder Brook es konnten. Er war auch niemand, der sich zugunsten einer Frau verstellen wollte, sein Großmaul war ebenso Teil von ihm, wie sein Dickkopf und sein Stolz. Und wenn er auch nicht sagen konnte, dass er all die vielen Zankereien mit der Navigatorin genoss - es war die einzige Art und Weise, wie er sich ihr nähern konnte, ohne dabei sein Gesicht zu verlieren. So mancher könnte denken, dass er ein gestandener Mann sei und schon vielen Feinden selbstbewusst gegenüber gestanden ist - aber das Thema 'Frauen' war für ihn ein ganz anderes Kaliber. Nur in seltenen Momenten, zumeist unter erheblichen Alkoholeinfluss, gab es Sekunden, in denen er seine Maske ablegen konnte und seine zerbrechliche Seite offenbarte. Sekunden, wie es jene im Trainingsraum waren und welchen er sich ungern gedachte. Einer harten Schale, so seine Devise, konnte man so schnell nicht den Kern zerstören. Und so verpasste er es regelmäßig, sie in seine Gefühle einzuweihen, bis er an diesem Punkt angelangt war: Jemand anders hatte ihn eingeholt. Gebannt wartete er, welche Entscheidung die Navigatorin treffen würde und wiederholte innerlich genau den Rat, den er ihr erst Stunden zuvor gegeben hatte, wie ein Mantra. Tu nichts Dummes. Geschlaucht von zu viel Alkohol und zu wenig Schlaf zog sich der Vize nach Laws Auftritt zurück in den Schlafraum. Kraftlos warf er sich auf seine Koje und musterte eindringlich die Maserung der Holzdecke. Er brauchte unbedingt eine Runde ruhigen Schlafes ohne dem Beisein anderer. Er musste sich von gestern und heute erholen, schloss die Augen und driftete schon bald ab. Kurz bevor alles in einem dunklen Schwarz versank, sah er Kuinas Gesicht und ein letzter, schmerzlicher Gedanke kreuzte sein Bewusstsein: Dass sie im Endeffekt doch zusagen würde wusste der Schwertkämpfer in dem Moment, als Law ihr nachging. Kapitel 3: Nami - Wie man etwas Dummes tut ------------------------------------------   Nami - Wie man etwas Dummes tut. War es denn zu viel verlangt, nur einen Tag in Ruhe und ohne große Ausschweifungen verbringen zu können? Sie kam sich vor, als würde sie von einem Unglück ins nächste schlittern, mit der Nase direkt in Richtung Schwierigkeiten. So stand sie nun vor Trafalgar Law und musste ihm die Frage beantworten, ob sie wirklich Lust habe, ihm den Rest des Tages beizuwohnen. Nein, wollte sie sagen, nein natürlich will ich das nicht! Doch etwas hielt sie zurück. Etwas in ihr drinnen wehrte sich gegen das Ablehnen seines Angebotes. Sie lernte den Mann des Abends zuvor näher kennen, hatte erst ein paar Worte mit ihm gewechselt. Er war frech, offen und anscheinend auch stur. Charaktereigenschaften, welche die junge Frau an einem Mann als besonders attraktiv empfand. Er war mutig, das musste man ihm wohl eingestehen. Der Mumm, sie vor versammelter Mannschaft nach einem Date zu fragen, war nicht vielen vergönnt und so tendierte Nami stark dazu, seiner Bitte nachzugehen. Sie stand einige Meter vor dem Tisch, an dem gerade die Post abzugehen schien. Sie hörte Lysop etwas sagen, wenig später brach Sanji in einem Tobsuchtsanfall aus. Doch sie kümmerte nicht, was ihre Freunde da trieben. Sie blickte Law tief in die Augen und spürte, wie sich eine Gänsehaut über ihre Arme niederlegte. Er war gefährlich und unergründlich. Sie wusste, würde sie nun bejahen, war es ein Spiel mit dem Feuer. Bei niemand anderem hatte sie solch durchmischte Gefühle wie bei ihm. Seine Lippen umspielten ein herausforderndes Grinsen und auch Nami kam nicht umhin, ihre Gesichtszüge aufzulockern. Sie würde ihm zusagen und herausfinden, was diesen Mann vor ihr so besonders machte, hinter seine Fassaden blicken und am Ende vielleicht auch noch Gefallen daran finden. Sie mochte charaktervolle, ausdrucksstarke Männer und Law war ein Prachtexemplar. Und als sie gerade zur Zustimmung anheben wollte und nur für eine Sekunde zur Seite spähte, verschlug es ihr beinahe die Sprache. Zorro war inzwischen aufgestanden, mit hochrotem Kopf, und sah ihr mehr als eindringlich in die Augen. Man konnte spüren, wie sehr es ihm auf der Seele brannte. Nami... Tu nichts Dummes! Nach Atem und Fassung ringend stand sie da, zwischen den Stühlen. Es war ihr ein Unverständliches, wie sie von zwei Männern innerhalb so kurzer Zeit derart zerrissen werden konnte. Was sie bis dahin nicht wusste war, dass sie diesem Gefühl in Zukunft noch häufiger ausgesetzt werden sollte. "Vergiss es." Sie hatte die Kombüse noch schneller verlassen, als sie ihre Entscheidung hätte bereuen können. Den beherzten Einsatz des Smutjes zum Dank zog ihr plötzlicher Abgang nur bedingt die Aufmerksamkeit auf sich. Aber die junge Frau wusste, dass der Chirurg ein Nein wohl so schnell nicht als eben jenes akzeptieren würde. Nicht, solange er Namis Unsicherheit erkennen konnte. Und dies hatte er zweifellos, so viel war sicher. "Warte doch!" Es war nicht ihre Absicht, zu lächeln, aber als sie seine Stimme hörte, kam sie nicht umhin, seine Dickköpfigkeit charmant zu finden. Trotz alledem kam es jedoch nicht infrage, sich auf sein Angebot einzulassen. Es war einfach keine gute Idee, sie konnte noch nicht einmal Worte für ihre Begründung finden. Und so sehr sie von jener Gefahr, die der Mann ausstrahlte, auch angezogen wurde - sie hatte dem zu widerstehen. "Was willst du?" "Ich will eine Chance!" "Eine Chance auf was denn, bitteschön?", zischte sie, ihr Lächeln aus ihrem Gesicht verbannend und als sie sich umdrehte, um ihn mit ihrem Blick zu strafen, wurde sie jäh von zwei schwarzen Augen empfangen, welche zeitgleich unterschiedliche Botschaften aussandten. Er wollte es. Er wollte, dass sie sich auf seinen Vorschlag einließ, ihn kennenlernte. Aber er wollte dies nicht nur, und das war die konträre Nachricht, sondern er forderte es ein. Er forderte ein Recht darauf, von ihr erforscht zu werden. "Was erhoffst du dir davon? Ich habe keine Zeit und keine Lust auf sowas." "Nur eine Chance!" Seine Augen drohten Nami einzusaugen. Sie spiegelten kein Betteln und kein Flehen wider. Nur pure Entschlossenheit. Innerhalb weniger Stunden, erinnerte sich Nami, hatte sie in zwei paar schwarzer Augen gesehen und wunderte sich, wie unterschiedlich sie sich doch insgeheim waren. Heute morgen, als es noch dunkel war und sie gerade erst von ihrem Umtrunk zurückgekommen war, saß sie mit Zorro beisammen und nach nur einer banalen, ihr unwichtig scheinenden Frage änderte sich die Stimmung zwischen ihnen schlagartig. Sie wusste, welch starker Charakter dem Schwertkämpfer innewohnte. Wahrscheinlich konnte er sich mit jenem Laws vergleichen. Aber doch bemerkte sie, wie er sie nach ihrer Frage ansah. Jegliche Entschlossenheit und Härte waren seiner Ausstrahlung entwichen und er wirkte auf sie, wie ein verlorenes Kind. Insgeheim wunderte sich Nami, was genau in ihrer Frage den Mann so aus der Fassung gebracht hatte. Worüber dachte er denn nun nach, wenn er getrunken hatte? Welche waren die Geister, die ihn so sehr heimsuchten, dass er sich des Nächtens im Ausguck und mit einer Flasche Sake bewaffnet vor ihnen verstecken musste? Sie strengte ihr Hirn an und erinnerte sich weiter. Was könnte er denn nur gemeint haben? Sie rief sich seinen Ausdruck vor Augen. Er war ganz ruhig, beinahe schon entspannt und seine sonst so tiefen Stirnfalten lagen glatt da. Er sah sie einfach nur an, jedoch nicht so wie immer. Kein Ärger verformten seine gleichmäßigen Züge, keine Wut verzerrten sein markantes Gesicht. Und plötzlich fühlte Nami ein Kribbeln in ihrem Bauch. Von ihren eigenen Gefühlen überrascht seufzte die junge Frau auf. Und in einem Moment der Unachtsamkeit fragte sie Law nach Treffpunkt und -zeit und nahm somit sein Angebot an. Sie konnte sich nicht erklären, was sie dazu verleitet hatte, Laws Vorschlag zu bejahen. Sie konnte es sich nur so erklären, dass sie dieses Mal nicht dem Druck ihrer Kameraden und Zorros stechendem Blick ausgeliefert war. Somit war sie sozusagen leichte Beute für den Ex-Samurai und seine schwarzen Augen, die direkt in ihre Seele zu blicken vermochten. Während die junge Frau ihren Kleiderschrank nach Sachen durchsuchte, die einerseits dem Anlass entsprechen, andererseits dem Wetter trotzen würden - wobei ihr ersteres in ihren Augen durchaus wichtiger erschien - betrat jemand beinahe lautlos das Zimmer. Nachdem nur zwei Personen dieses Schiffes das Geschick vergönnt war, derart leise eine Tür auf- und zumachen zu können - nämlich Nico Robin und ihr selbst - wusste sie, dass sie sich wohl oder übel gleich mit Fragen bezüglich der Tagesplanung herumschlagen müssen werde. Und Nami sollte Recht behalten. "Du wirst also mit ihm gehen?" "Hast du mal wieder spioniert?", antwortete ihr Nami mit einer prompten Gegenfrage, ohne ihr Unterfangen abzubrechen. Robin lächelte. "Warum sonst würdest du wohl deinen Kleiderschrank auf den Kopf stellen?" Die Navigatorin musste sich eingestehen, dass ihre Freundin einen durchaus guten Einwand zutage gebracht hatte und zog sich noch während dieses Gedankens einen engen, grünen Pullover über den Kopf. Nachdem sie ihre dadurch aufgewühlte Mähne geglättet hatte, antwortete sie: "Ich bin einfach viel zu neugierig. Ich würde gerne herausfinden, was er vor hat." "Was er vor hat ist doch ziemlich offensichtlich." "Robin!", ermahnte sie die junge Frau, "Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich mich von ihm reizen lasse? So nötig hab ich's nun auch nicht." Mühevoll quetschte sich die junge Frau in eine graue Jeans und fasste im selben Moment den Entschluss, sich dem Nachtisch für einige Zeit nicht mehr so großzügig hinzugeben. "Mal sehen, was das Date so bringt, nicht wahr?" Robin hatte sich inzwischen auf den Stuhl gegenüber der Betten gesetzt und beobachtete Namis Kampf gegen ihr Kleidungsstück lächelnd. Mit einem Mal hielt sie in ihrem Tun inne und blickte Robin ungläubig an. "Scheiße, Robin... Ich hab ein Date mit Trafalgar Law!" Dieser Tatsache wurde sich Nami erst dann so richtig bewusst, als sie Schulter an Schulter mit Law vor einem großen, schweren Holztor auf der Death stand. Ihr war weniger wohl zumute, ganz alleine auf einem fremden Piratenschiff zu verweilen, zumal es sich um einen sehr gefährlichen Zeitgenossen handelte, der mit ihr jederzeit machen konnte, was er wollte. Keiner ihrer Freunde konnte ihr so schnell zu Hilfe kommen und wenn sich Law dazu entschied Nami umzubringen - oder schlimmeres - hätte sie wohl keine andere Wahl als sich ihm zu fügen. Sehr gut würden ihre Chancen gegen ihn ja nicht stehen, doch im gleichen Moment als sie ihren Gedanken fertig gedacht hatte, überkam sie ein ganz seltsames Gefühl. In ihr prickelte es, als bestünden ihre Innereien aus Brausepulver. Sie war hier. Mit ihm. Alleine. Man konnte behaupten, dass sie ihn Gefahr schwebte und der einzige, der über ihr Schicksal entschied war dieser geheimnisvolle Mann neben ihr. Sie presste die Beine zusammen als sie merkte, dass sie erregt war. Als das Tor sich auftat und die Frau einen Schritt in Richtung Dunkelheit machte, rechnete sie vorerst mit dem Schlimmsten. Doch als nur Sekunden später die Beleuchtung anging und das Zimmer in ein angenehmes Licht getaucht wurde, entspannten sich ihre Muskeln und nur einen Moment später stand ihr der Mund offen. Bücherregal um Bücherregal besetzten die Wände des Raumes, jedes einzelne war bis zum Anschlag mit Literatur vollbepackt. Sie reichten vom rustikalen Holzboden bis hinauf zur Decke, wobei die Bücher ganz oben nur durch Leitern erreichbar waren. Eine dunkle Ledercouch stand inmitten des Raumes und vermittelte einen sehr bequemen Eindruck. Nami stand da und fühlte sich einen Augenblick lang majestätisch. Als hätte sie den Schlüssel zum Wissen längst vergangener Jahrhunderte in die Hand gedrückt bekommen. Nur dieser kurze, erste Blick über die Bücherrücken verriet ihr, dass es sich hierbei um ausgewählte Exemplare handelte. Allesamt waren sie behutsam abgestaubt und nach dem Alphabet sortiert worden. Es roch nach Papier und Wissen. "Was... ist das hier?" Laws Belustigung war unüberhörbar, als er erklärte: "Na eine Bibliothek. Wonach sieht es denn sonst aus?" Nami schüttelte den Kopf und ohne die Augen von all den Büchern zu nehmen machte sie einige schnelle Schritte vorwärts, um eines der Bücher liebevoll aus dem Regal zu nehmen und über den Einband zu streichen. Mehrmals setzte sie an, etwas zu sagen. Mehrmals verhielt sie sich ihrer Worte, als sie merkte, dass es einfach keiner Worte bedarf. Fragen nach dem Wieso und Weshalb drängten sich ihr immer wieder in den Kopf, aber sie wollte nicht unhöflich oder gar misstrauisch klingen. Deshalb sagte sie nichts. Sie schob das makellose Buch, welches sie selbst als Kind schon besaß, und dessen Seiten ihres eigenen Exemplars schon gelb und abgegriffen waren, wieder in den dafür vorgesehenen Platz und flanierte langsamen Schrittes durch die Gänge, von allen Seiten von Büchern umgeben. Sie bemerkte, dass Law ihr folgte, ihre Anspannung jedoch war dahin. Als hätten diese Bücher eine gewisse Vertrauensbasis geschaffen, als könne man jemanden, der so viele Bücher besaß, einfach nicht mehr misstrauen. Als sie inmitten des Raumes angekommen war, drehte sie sich zu ihm um und sofort stockte ihr wieder der Atem, als Law gefährlich nahe stand. Ihr flauer Magen teilte ihr mit, wie unangenehm ihr diese Nähe war, ihre Beine jedoch taten keinen Schritt zur Seite. "Greif nur zu, wenn du möchtest.", brummte er und für eine Sekunde war sich Nami nicht mehr sicher, was der Kapitän meinte. Sie sog seinen herben, männlichen Duft ein und einen Augenblick lang wollte Nami ihn berühren, seine harten Muskeln, die sie schon ein paar Mal gesehen hatte und deren Anblick sie jedes Mal aufs Neue innerlich aufseufzen ließ. Beinahe wäre sie ihrem Gedanken auch erlegen, hätte Law nicht grinsend hinzugefügt: "Aber komm ja nicht auf die Idee, hier etwas zu klauen, Kätzchen!" Nami sah sich um und musste bedauerlicherweise feststellen, dass die Bibliothek der Sunny nicht halb so gut ausgestattet war, wie Laws. Sie enthielt kostbare Werke, deren Existenz der Öffentlichkeit vorenthalten wurde und auch alte, wertvolle Karten hatte der Mann feinsäuberlich gesammelt. Wie er zu solch einer Sammlung kommen konnte, war Nami zwar ein Rätsel, doch glaubte sie zu wissen dass dies wohl eine der Türen war, die einem Samurai der Meere durch seine Dienste eröffnet wurden. "Wahnsinn!", seufzte sie unbeabsichtigt, als sie ein Buch über "Angewandte Geodäsie" aus einem Regal zog, ließ sich an Ort und Stelle auf die Knie nieder und fing an, eifrig darin zu blättern. "Das ist ja Wahnsinn, Law! Sieh dir mal die Abbildungen an! Es ist alles so detailliert!" Ihre Euphorie kostete dem Chirurgen des Todes ein herzliches Lächeln. Er war mit seiner Idee die Kleine hierher zu bringen zufrieden. "Bring mir nur nichts durcheinander!" Geräuschlos ging er an Nami vorbei, welche nun vollends im Buch zu versinken drohte, und ließ sich auf der Ledergarnitur nieder. Er griff sich das Buch, welches daneben auf einem kleinen Tisch lag, und fing ebenfalls an, darin zu blättern, Nami immer wieder über den Bücherrand beobachtend. Innerhalb kürzester Zeit hatte sie es geschafft, sich aus der Vielfältigkeit seines Bücherzimmers drei Exemplare mit beinahe identem Titel herauszusuchen, sie auf dem Fußboden zu verteilen und die Welt um sich herum zu vergessen. Sie war komplett eingesunken in eine Welt aus Sextanten, Kompassen, terrestrische Messmethoden und topografischen Abbildungen und lief Gefahr, sich ein Weilchen darin zu verlieren. Doch dagegen hatte Law nichts. Er genoss die Ruhe, die sich in dem Raum ausbreitete und mit einer angenehmen Portion Neugier gespickt war. Irgendwann hatte auch er sich in seinem Buch verloren und schreckte überraschend zusammen, als Nami plötzlich vor der Couch, auf der er sich niedergelassen hatte, auf dem Fußboden saß und ihn mit großen Augen ansah. Nachdem er sich von seinem ersten Schock erholt hatte stellte er fest, dass sie große Ähnlichkeit mit einer wunderschönen Katze hatte, die geduldig, aber in keinem Maße unterwürfig, darauf wartete, von ihm gefüttert zu werden. Law schluckte hart. Sie war bildschön. "Hallo?", fragte sie nun schon etwas ungeduldiger, als der Pirat nach wiederholtem Male noch immer keine Anstalten machte, ihre Frage zu beantworten. Er jedoch ließ sich seine einstigen Gedanken nicht ansehen, sondern schüttelte den Kopf und lächelte wieder höflich. "Ich habe dich mitgenommen", seufzte er und klappte sein Buch zu, "weil du ein kluges Mädchen bist und ich dachte, es würde dich interessieren, einen Nachmittag hier zu verbringen. Ich habe die Bücher auf eurem Schiff gesehen und dachte mir, dass es dir gefallen könnte." Namis Augenpartien verzogen sich zu einem zweifelhaften Ausdruck. "Nico Robin liebt Literatur auch über alles. Vermutlich noch mehr als ich. Also, warum nicht sie, sondern ich?" Die Navigatorin war nicht auf den Kopf gefallen. Sie wusste, warum sie hier war. Er wollte sie und sie wollte, dass er sie wollte. Sie brauchte diese Frage eigentlich gar nicht stellen, das war ihr klar. Er hatte sie hierher geführt, um sie um seinen Finger zu wickeln. Doch trotzdem kam Nami nicht umhin, ihn zu fragen. Sie liebte es den Eierschalentanz mit anzusehen, den ein Mann veranstaltete, um ihr nicht den Eindruck zu vermitteln, nur hinter ihrem Höschen her zu sein. Es mit anzusehen, wie er versuchte, ihr das Gefühl zu geben, sie wäre doch etwas ganz Besonderes und ganz und gar nicht wie die anderen. Aber Law war anders. Er dachte nicht einmal daran, diesen Tanz für sie aufzuführen. Er war aus einem anderen Holz geschnitzt, das bewies er ihr prompt, als er die Beine von der Lehne der Couch schwang, sie so auf den Boden setzte, dass Nami dazwischen hockte und sich nach vorne lehnte, seine Unterarme von seinen Knien abgestützt. "Weil ich dich einfach zum Anbeißen finde und nicht sie!" Seine Stimme war nicht mehr als ein tiefes Flüstern. Der Bass seiner Stimme fuhr ihr durch Mark und Bein und für eine Sekunde schloss Nami die Augen, um ihn besser zu spüren. Es wurde ihr schwindlig. Der Duft, der Klang seiner Stimme, die Nähe. Es war betörend - das empfand Nami als das richtige Wort. Betörend. "Was bedeutet 'Ennui'?" Nach etwa drei Stunden des Stillschweigens und Nebeneinander-Herlesens entschieden sich die beiden, ihre jeweilige Fachliteratur aus den Händen zu legen und ihr gegenseitiges Wissen auf die Probe zu stellen. Nami blätterte nun in einem Lexikon der medizinischen Fachausdrücke und versuchte, ihrem Gegenüber die gemeinsten, schwierigsten und verworrensten Begriffe zu nennen, die sie ausfindig machen konnte. Immerhin war sie bis zu dem Buchstaben 'E' gekommen, bevor sie ein Wort fand, welches sich ihrem Vokabular zur Gänze entzog, was sie auf eine gewisse Art und Weise stolz werden ließ. Während Law kurz überlegte, griff Nami zu der silbernen Thermoskanne vor ihr, öffnete den Deckel und goss sich heißen. dampfenden Tee in einen Becher vor sich, ehe sie die Kanne zurückstellte um sich danach noch eine gehörige Portion Rum in eben jenen Becher einzuschenken. Mit spitzen Fingern hob sie das Getränk hoch, genau darauf bedacht sich nicht zu verbrühen, und blickte ihn erwartungsfroh und neugierig an, mit der stetigen Hoffnung innewohnend, dass er nun doch einmal klein beigeben müsse. "Ennui...", wiederholte er lange und in perfekter Aussprache, schien den Begriff in seinem Kopf hin und her zu jonglieren. Law, welcher inzwischen ebenfalls auf dem Boden Platz genommen hatte, lehnte sich leise seufzend gegen die Couch und ließ seine Nackenmuskulatur knacken. "Ennui ist ein anderer Ausdruck für Langeweile oder Eintönigkeit. Es ist das krankhafte, unwohle Gefühl des Überdrusses und tritt häufig als Symptom einer Depression auf." Die Erklärung war, wie auch all seine bisherigen, kurz, prägnant und auf den Punkt gebracht. Er hob amüsiert eine Augenbraue als er merkte, dass die Orangenhaarige von seinem Erfolg enttäuscht reagiert und nahm einen Schluck aus seinem eigenen Becher. Sofort war ihre, vom Alkohol leicht rot verfärbte, Nase wieder in dem Lexikon verschwunden und man sah ihr schon lange an, wie sie langsam die Geduld verlor, bevor sie es sich selbst eingestand. "Zum Teufel mit dir", verkündete sie gespielt theatralisch und hob das Lexikon hoch. Grinsend schwenkte der Chirurg seinen Tee mit Rum. Er mochte es mit anzusehen, wie die junge Frau allmählich, wenngleich unter Einfluss von Alkohol, hinter ihrem Wall hervor- und aus sich selbst herauskam. "Nagut, jetzt du. Schieß los!", forderte sie ihn auf. Doch anstatt zu tun, wie ihm geheißen, konnte er seine Augen nicht von ihren trennen, beobachtete sie, wie sie mit ihren zarten Fingern nach der Kanne griff, den Deckel abschraubte und sich mit flinken, sicheren Bewegungen nachgoss. Ihre kleinen Finger, kaum dicker als die eines Kindes. Ihre makellose Haut. Ihre schlanken Handgelenke, die er mit Sicherheit beide auf einmal festhalten könne, so winzig waren sie. "Wie funktioniert eine Thermoskanne?" Die Frage kam für beide Parteien unerwartet. Nami blickte einen Moment verwirrt drein. "Das soll die Frage sein?", harkte sie zur Sicherheit nach und legte ihre Stirn in Falten, um ihre Bedenken zu unterstreichen. "Ja. Wie hält eine Thermoskanne ihren Inhalt warm? Weißt du es denn nicht?" Nami lachte kurz und herablassend. "Natürlich weiß ich das. Ich wundere mich nur. Aber nun gut. Es gibt viele Faktoren, die eine Thermoskanne ausmachen, von der inneren Schicht bis hin zu den besonderen Materialien. Das Entscheidende jedoch ist, dass zwischen der Außen- und Innenwand ein Vakuum herrscht. Die Flüssigkeit - sei es Tee, Kaffee oder was auch immer - würde seine Wärme unverzüglich weitergeben, wenn dieser besagte Zwischenraum mit Luft gefüllt wäre, an Vakuum jedoch kann Wärme nicht weitergegeben werden. Das ist der ganze Zauber." Law legte seinen Kopf schief und hielt seinen leeren Becher lässig in der Hand. "Die einzige Aufgabe dieser Kanne ist es also, die Wärme ihres Inhalts für sich zu behalten.", schlussfolgerte der Chirurg. "Ja.", lachte Nami, hörbar verunsichert von seiner seltsamen Äußerung. "Sie kann also gar nicht anders, als die Wärme weiterhin in sich zu tragen, weil das Vakuum zwischen den Schichten sie nicht lässt." "Steigt dir langsam der Rum zu Kopf, Law?" "Selbst wenn sie wollte, könnte sie nichts anderes tun, als den Tee warm zu halten. Und sie kann auch sonst nichts anderes. Ganz schön trostlos." "Ok, gut. Kein Alkohol mehr für dich!" Er lächelte traurig, schien mit seinen Gedanken meilenweit weg, als er hinzufügte: "Ist das kein ödes Leben? Keine Wahl zu haben in dem, was man darstellt?" Nun wurde auch Nami ernst. "Der Ennui der Thermoskanne."   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)