Der Ennui der Thermoskanne von Namina (NamixLaw / Namix??) ================================================================================ Kapitel 3: Nami - Wie man etwas Dummes tut ------------------------------------------   Nami - Wie man etwas Dummes tut. War es denn zu viel verlangt, nur einen Tag in Ruhe und ohne große Ausschweifungen verbringen zu können? Sie kam sich vor, als würde sie von einem Unglück ins nächste schlittern, mit der Nase direkt in Richtung Schwierigkeiten. So stand sie nun vor Trafalgar Law und musste ihm die Frage beantworten, ob sie wirklich Lust habe, ihm den Rest des Tages beizuwohnen. Nein, wollte sie sagen, nein natürlich will ich das nicht! Doch etwas hielt sie zurück. Etwas in ihr drinnen wehrte sich gegen das Ablehnen seines Angebotes. Sie lernte den Mann des Abends zuvor näher kennen, hatte erst ein paar Worte mit ihm gewechselt. Er war frech, offen und anscheinend auch stur. Charaktereigenschaften, welche die junge Frau an einem Mann als besonders attraktiv empfand. Er war mutig, das musste man ihm wohl eingestehen. Der Mumm, sie vor versammelter Mannschaft nach einem Date zu fragen, war nicht vielen vergönnt und so tendierte Nami stark dazu, seiner Bitte nachzugehen. Sie stand einige Meter vor dem Tisch, an dem gerade die Post abzugehen schien. Sie hörte Lysop etwas sagen, wenig später brach Sanji in einem Tobsuchtsanfall aus. Doch sie kümmerte nicht, was ihre Freunde da trieben. Sie blickte Law tief in die Augen und spürte, wie sich eine Gänsehaut über ihre Arme niederlegte. Er war gefährlich und unergründlich. Sie wusste, würde sie nun bejahen, war es ein Spiel mit dem Feuer. Bei niemand anderem hatte sie solch durchmischte Gefühle wie bei ihm. Seine Lippen umspielten ein herausforderndes Grinsen und auch Nami kam nicht umhin, ihre Gesichtszüge aufzulockern. Sie würde ihm zusagen und herausfinden, was diesen Mann vor ihr so besonders machte, hinter seine Fassaden blicken und am Ende vielleicht auch noch Gefallen daran finden. Sie mochte charaktervolle, ausdrucksstarke Männer und Law war ein Prachtexemplar. Und als sie gerade zur Zustimmung anheben wollte und nur für eine Sekunde zur Seite spähte, verschlug es ihr beinahe die Sprache. Zorro war inzwischen aufgestanden, mit hochrotem Kopf, und sah ihr mehr als eindringlich in die Augen. Man konnte spüren, wie sehr es ihm auf der Seele brannte. Nami... Tu nichts Dummes! Nach Atem und Fassung ringend stand sie da, zwischen den Stühlen. Es war ihr ein Unverständliches, wie sie von zwei Männern innerhalb so kurzer Zeit derart zerrissen werden konnte. Was sie bis dahin nicht wusste war, dass sie diesem Gefühl in Zukunft noch häufiger ausgesetzt werden sollte. "Vergiss es." Sie hatte die Kombüse noch schneller verlassen, als sie ihre Entscheidung hätte bereuen können. Den beherzten Einsatz des Smutjes zum Dank zog ihr plötzlicher Abgang nur bedingt die Aufmerksamkeit auf sich. Aber die junge Frau wusste, dass der Chirurg ein Nein wohl so schnell nicht als eben jenes akzeptieren würde. Nicht, solange er Namis Unsicherheit erkennen konnte. Und dies hatte er zweifellos, so viel war sicher. "Warte doch!" Es war nicht ihre Absicht, zu lächeln, aber als sie seine Stimme hörte, kam sie nicht umhin, seine Dickköpfigkeit charmant zu finden. Trotz alledem kam es jedoch nicht infrage, sich auf sein Angebot einzulassen. Es war einfach keine gute Idee, sie konnte noch nicht einmal Worte für ihre Begründung finden. Und so sehr sie von jener Gefahr, die der Mann ausstrahlte, auch angezogen wurde - sie hatte dem zu widerstehen. "Was willst du?" "Ich will eine Chance!" "Eine Chance auf was denn, bitteschön?", zischte sie, ihr Lächeln aus ihrem Gesicht verbannend und als sie sich umdrehte, um ihn mit ihrem Blick zu strafen, wurde sie jäh von zwei schwarzen Augen empfangen, welche zeitgleich unterschiedliche Botschaften aussandten. Er wollte es. Er wollte, dass sie sich auf seinen Vorschlag einließ, ihn kennenlernte. Aber er wollte dies nicht nur, und das war die konträre Nachricht, sondern er forderte es ein. Er forderte ein Recht darauf, von ihr erforscht zu werden. "Was erhoffst du dir davon? Ich habe keine Zeit und keine Lust auf sowas." "Nur eine Chance!" Seine Augen drohten Nami einzusaugen. Sie spiegelten kein Betteln und kein Flehen wider. Nur pure Entschlossenheit. Innerhalb weniger Stunden, erinnerte sich Nami, hatte sie in zwei paar schwarzer Augen gesehen und wunderte sich, wie unterschiedlich sie sich doch insgeheim waren. Heute morgen, als es noch dunkel war und sie gerade erst von ihrem Umtrunk zurückgekommen war, saß sie mit Zorro beisammen und nach nur einer banalen, ihr unwichtig scheinenden Frage änderte sich die Stimmung zwischen ihnen schlagartig. Sie wusste, welch starker Charakter dem Schwertkämpfer innewohnte. Wahrscheinlich konnte er sich mit jenem Laws vergleichen. Aber doch bemerkte sie, wie er sie nach ihrer Frage ansah. Jegliche Entschlossenheit und Härte waren seiner Ausstrahlung entwichen und er wirkte auf sie, wie ein verlorenes Kind. Insgeheim wunderte sich Nami, was genau in ihrer Frage den Mann so aus der Fassung gebracht hatte. Worüber dachte er denn nun nach, wenn er getrunken hatte? Welche waren die Geister, die ihn so sehr heimsuchten, dass er sich des Nächtens im Ausguck und mit einer Flasche Sake bewaffnet vor ihnen verstecken musste? Sie strengte ihr Hirn an und erinnerte sich weiter. Was könnte er denn nur gemeint haben? Sie rief sich seinen Ausdruck vor Augen. Er war ganz ruhig, beinahe schon entspannt und seine sonst so tiefen Stirnfalten lagen glatt da. Er sah sie einfach nur an, jedoch nicht so wie immer. Kein Ärger verformten seine gleichmäßigen Züge, keine Wut verzerrten sein markantes Gesicht. Und plötzlich fühlte Nami ein Kribbeln in ihrem Bauch. Von ihren eigenen Gefühlen überrascht seufzte die junge Frau auf. Und in einem Moment der Unachtsamkeit fragte sie Law nach Treffpunkt und -zeit und nahm somit sein Angebot an. Sie konnte sich nicht erklären, was sie dazu verleitet hatte, Laws Vorschlag zu bejahen. Sie konnte es sich nur so erklären, dass sie dieses Mal nicht dem Druck ihrer Kameraden und Zorros stechendem Blick ausgeliefert war. Somit war sie sozusagen leichte Beute für den Ex-Samurai und seine schwarzen Augen, die direkt in ihre Seele zu blicken vermochten. Während die junge Frau ihren Kleiderschrank nach Sachen durchsuchte, die einerseits dem Anlass entsprechen, andererseits dem Wetter trotzen würden - wobei ihr ersteres in ihren Augen durchaus wichtiger erschien - betrat jemand beinahe lautlos das Zimmer. Nachdem nur zwei Personen dieses Schiffes das Geschick vergönnt war, derart leise eine Tür auf- und zumachen zu können - nämlich Nico Robin und ihr selbst - wusste sie, dass sie sich wohl oder übel gleich mit Fragen bezüglich der Tagesplanung herumschlagen müssen werde. Und Nami sollte Recht behalten. "Du wirst also mit ihm gehen?" "Hast du mal wieder spioniert?", antwortete ihr Nami mit einer prompten Gegenfrage, ohne ihr Unterfangen abzubrechen. Robin lächelte. "Warum sonst würdest du wohl deinen Kleiderschrank auf den Kopf stellen?" Die Navigatorin musste sich eingestehen, dass ihre Freundin einen durchaus guten Einwand zutage gebracht hatte und zog sich noch während dieses Gedankens einen engen, grünen Pullover über den Kopf. Nachdem sie ihre dadurch aufgewühlte Mähne geglättet hatte, antwortete sie: "Ich bin einfach viel zu neugierig. Ich würde gerne herausfinden, was er vor hat." "Was er vor hat ist doch ziemlich offensichtlich." "Robin!", ermahnte sie die junge Frau, "Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich mich von ihm reizen lasse? So nötig hab ich's nun auch nicht." Mühevoll quetschte sich die junge Frau in eine graue Jeans und fasste im selben Moment den Entschluss, sich dem Nachtisch für einige Zeit nicht mehr so großzügig hinzugeben. "Mal sehen, was das Date so bringt, nicht wahr?" Robin hatte sich inzwischen auf den Stuhl gegenüber der Betten gesetzt und beobachtete Namis Kampf gegen ihr Kleidungsstück lächelnd. Mit einem Mal hielt sie in ihrem Tun inne und blickte Robin ungläubig an. "Scheiße, Robin... Ich hab ein Date mit Trafalgar Law!" Dieser Tatsache wurde sich Nami erst dann so richtig bewusst, als sie Schulter an Schulter mit Law vor einem großen, schweren Holztor auf der Death stand. Ihr war weniger wohl zumute, ganz alleine auf einem fremden Piratenschiff zu verweilen, zumal es sich um einen sehr gefährlichen Zeitgenossen handelte, der mit ihr jederzeit machen konnte, was er wollte. Keiner ihrer Freunde konnte ihr so schnell zu Hilfe kommen und wenn sich Law dazu entschied Nami umzubringen - oder schlimmeres - hätte sie wohl keine andere Wahl als sich ihm zu fügen. Sehr gut würden ihre Chancen gegen ihn ja nicht stehen, doch im gleichen Moment als sie ihren Gedanken fertig gedacht hatte, überkam sie ein ganz seltsames Gefühl. In ihr prickelte es, als bestünden ihre Innereien aus Brausepulver. Sie war hier. Mit ihm. Alleine. Man konnte behaupten, dass sie ihn Gefahr schwebte und der einzige, der über ihr Schicksal entschied war dieser geheimnisvolle Mann neben ihr. Sie presste die Beine zusammen als sie merkte, dass sie erregt war. Als das Tor sich auftat und die Frau einen Schritt in Richtung Dunkelheit machte, rechnete sie vorerst mit dem Schlimmsten. Doch als nur Sekunden später die Beleuchtung anging und das Zimmer in ein angenehmes Licht getaucht wurde, entspannten sich ihre Muskeln und nur einen Moment später stand ihr der Mund offen. Bücherregal um Bücherregal besetzten die Wände des Raumes, jedes einzelne war bis zum Anschlag mit Literatur vollbepackt. Sie reichten vom rustikalen Holzboden bis hinauf zur Decke, wobei die Bücher ganz oben nur durch Leitern erreichbar waren. Eine dunkle Ledercouch stand inmitten des Raumes und vermittelte einen sehr bequemen Eindruck. Nami stand da und fühlte sich einen Augenblick lang majestätisch. Als hätte sie den Schlüssel zum Wissen längst vergangener Jahrhunderte in die Hand gedrückt bekommen. Nur dieser kurze, erste Blick über die Bücherrücken verriet ihr, dass es sich hierbei um ausgewählte Exemplare handelte. Allesamt waren sie behutsam abgestaubt und nach dem Alphabet sortiert worden. Es roch nach Papier und Wissen. "Was... ist das hier?" Laws Belustigung war unüberhörbar, als er erklärte: "Na eine Bibliothek. Wonach sieht es denn sonst aus?" Nami schüttelte den Kopf und ohne die Augen von all den Büchern zu nehmen machte sie einige schnelle Schritte vorwärts, um eines der Bücher liebevoll aus dem Regal zu nehmen und über den Einband zu streichen. Mehrmals setzte sie an, etwas zu sagen. Mehrmals verhielt sie sich ihrer Worte, als sie merkte, dass es einfach keiner Worte bedarf. Fragen nach dem Wieso und Weshalb drängten sich ihr immer wieder in den Kopf, aber sie wollte nicht unhöflich oder gar misstrauisch klingen. Deshalb sagte sie nichts. Sie schob das makellose Buch, welches sie selbst als Kind schon besaß, und dessen Seiten ihres eigenen Exemplars schon gelb und abgegriffen waren, wieder in den dafür vorgesehenen Platz und flanierte langsamen Schrittes durch die Gänge, von allen Seiten von Büchern umgeben. Sie bemerkte, dass Law ihr folgte, ihre Anspannung jedoch war dahin. Als hätten diese Bücher eine gewisse Vertrauensbasis geschaffen, als könne man jemanden, der so viele Bücher besaß, einfach nicht mehr misstrauen. Als sie inmitten des Raumes angekommen war, drehte sie sich zu ihm um und sofort stockte ihr wieder der Atem, als Law gefährlich nahe stand. Ihr flauer Magen teilte ihr mit, wie unangenehm ihr diese Nähe war, ihre Beine jedoch taten keinen Schritt zur Seite. "Greif nur zu, wenn du möchtest.", brummte er und für eine Sekunde war sich Nami nicht mehr sicher, was der Kapitän meinte. Sie sog seinen herben, männlichen Duft ein und einen Augenblick lang wollte Nami ihn berühren, seine harten Muskeln, die sie schon ein paar Mal gesehen hatte und deren Anblick sie jedes Mal aufs Neue innerlich aufseufzen ließ. Beinahe wäre sie ihrem Gedanken auch erlegen, hätte Law nicht grinsend hinzugefügt: "Aber komm ja nicht auf die Idee, hier etwas zu klauen, Kätzchen!" Nami sah sich um und musste bedauerlicherweise feststellen, dass die Bibliothek der Sunny nicht halb so gut ausgestattet war, wie Laws. Sie enthielt kostbare Werke, deren Existenz der Öffentlichkeit vorenthalten wurde und auch alte, wertvolle Karten hatte der Mann feinsäuberlich gesammelt. Wie er zu solch einer Sammlung kommen konnte, war Nami zwar ein Rätsel, doch glaubte sie zu wissen dass dies wohl eine der Türen war, die einem Samurai der Meere durch seine Dienste eröffnet wurden. "Wahnsinn!", seufzte sie unbeabsichtigt, als sie ein Buch über "Angewandte Geodäsie" aus einem Regal zog, ließ sich an Ort und Stelle auf die Knie nieder und fing an, eifrig darin zu blättern. "Das ist ja Wahnsinn, Law! Sieh dir mal die Abbildungen an! Es ist alles so detailliert!" Ihre Euphorie kostete dem Chirurgen des Todes ein herzliches Lächeln. Er war mit seiner Idee die Kleine hierher zu bringen zufrieden. "Bring mir nur nichts durcheinander!" Geräuschlos ging er an Nami vorbei, welche nun vollends im Buch zu versinken drohte, und ließ sich auf der Ledergarnitur nieder. Er griff sich das Buch, welches daneben auf einem kleinen Tisch lag, und fing ebenfalls an, darin zu blättern, Nami immer wieder über den Bücherrand beobachtend. Innerhalb kürzester Zeit hatte sie es geschafft, sich aus der Vielfältigkeit seines Bücherzimmers drei Exemplare mit beinahe identem Titel herauszusuchen, sie auf dem Fußboden zu verteilen und die Welt um sich herum zu vergessen. Sie war komplett eingesunken in eine Welt aus Sextanten, Kompassen, terrestrische Messmethoden und topografischen Abbildungen und lief Gefahr, sich ein Weilchen darin zu verlieren. Doch dagegen hatte Law nichts. Er genoss die Ruhe, die sich in dem Raum ausbreitete und mit einer angenehmen Portion Neugier gespickt war. Irgendwann hatte auch er sich in seinem Buch verloren und schreckte überraschend zusammen, als Nami plötzlich vor der Couch, auf der er sich niedergelassen hatte, auf dem Fußboden saß und ihn mit großen Augen ansah. Nachdem er sich von seinem ersten Schock erholt hatte stellte er fest, dass sie große Ähnlichkeit mit einer wunderschönen Katze hatte, die geduldig, aber in keinem Maße unterwürfig, darauf wartete, von ihm gefüttert zu werden. Law schluckte hart. Sie war bildschön. "Hallo?", fragte sie nun schon etwas ungeduldiger, als der Pirat nach wiederholtem Male noch immer keine Anstalten machte, ihre Frage zu beantworten. Er jedoch ließ sich seine einstigen Gedanken nicht ansehen, sondern schüttelte den Kopf und lächelte wieder höflich. "Ich habe dich mitgenommen", seufzte er und klappte sein Buch zu, "weil du ein kluges Mädchen bist und ich dachte, es würde dich interessieren, einen Nachmittag hier zu verbringen. Ich habe die Bücher auf eurem Schiff gesehen und dachte mir, dass es dir gefallen könnte." Namis Augenpartien verzogen sich zu einem zweifelhaften Ausdruck. "Nico Robin liebt Literatur auch über alles. Vermutlich noch mehr als ich. Also, warum nicht sie, sondern ich?" Die Navigatorin war nicht auf den Kopf gefallen. Sie wusste, warum sie hier war. Er wollte sie und sie wollte, dass er sie wollte. Sie brauchte diese Frage eigentlich gar nicht stellen, das war ihr klar. Er hatte sie hierher geführt, um sie um seinen Finger zu wickeln. Doch trotzdem kam Nami nicht umhin, ihn zu fragen. Sie liebte es den Eierschalentanz mit anzusehen, den ein Mann veranstaltete, um ihr nicht den Eindruck zu vermitteln, nur hinter ihrem Höschen her zu sein. Es mit anzusehen, wie er versuchte, ihr das Gefühl zu geben, sie wäre doch etwas ganz Besonderes und ganz und gar nicht wie die anderen. Aber Law war anders. Er dachte nicht einmal daran, diesen Tanz für sie aufzuführen. Er war aus einem anderen Holz geschnitzt, das bewies er ihr prompt, als er die Beine von der Lehne der Couch schwang, sie so auf den Boden setzte, dass Nami dazwischen hockte und sich nach vorne lehnte, seine Unterarme von seinen Knien abgestützt. "Weil ich dich einfach zum Anbeißen finde und nicht sie!" Seine Stimme war nicht mehr als ein tiefes Flüstern. Der Bass seiner Stimme fuhr ihr durch Mark und Bein und für eine Sekunde schloss Nami die Augen, um ihn besser zu spüren. Es wurde ihr schwindlig. Der Duft, der Klang seiner Stimme, die Nähe. Es war betörend - das empfand Nami als das richtige Wort. Betörend. "Was bedeutet 'Ennui'?" Nach etwa drei Stunden des Stillschweigens und Nebeneinander-Herlesens entschieden sich die beiden, ihre jeweilige Fachliteratur aus den Händen zu legen und ihr gegenseitiges Wissen auf die Probe zu stellen. Nami blätterte nun in einem Lexikon der medizinischen Fachausdrücke und versuchte, ihrem Gegenüber die gemeinsten, schwierigsten und verworrensten Begriffe zu nennen, die sie ausfindig machen konnte. Immerhin war sie bis zu dem Buchstaben 'E' gekommen, bevor sie ein Wort fand, welches sich ihrem Vokabular zur Gänze entzog, was sie auf eine gewisse Art und Weise stolz werden ließ. Während Law kurz überlegte, griff Nami zu der silbernen Thermoskanne vor ihr, öffnete den Deckel und goss sich heißen. dampfenden Tee in einen Becher vor sich, ehe sie die Kanne zurückstellte um sich danach noch eine gehörige Portion Rum in eben jenen Becher einzuschenken. Mit spitzen Fingern hob sie das Getränk hoch, genau darauf bedacht sich nicht zu verbrühen, und blickte ihn erwartungsfroh und neugierig an, mit der stetigen Hoffnung innewohnend, dass er nun doch einmal klein beigeben müsse. "Ennui...", wiederholte er lange und in perfekter Aussprache, schien den Begriff in seinem Kopf hin und her zu jonglieren. Law, welcher inzwischen ebenfalls auf dem Boden Platz genommen hatte, lehnte sich leise seufzend gegen die Couch und ließ seine Nackenmuskulatur knacken. "Ennui ist ein anderer Ausdruck für Langeweile oder Eintönigkeit. Es ist das krankhafte, unwohle Gefühl des Überdrusses und tritt häufig als Symptom einer Depression auf." Die Erklärung war, wie auch all seine bisherigen, kurz, prägnant und auf den Punkt gebracht. Er hob amüsiert eine Augenbraue als er merkte, dass die Orangenhaarige von seinem Erfolg enttäuscht reagiert und nahm einen Schluck aus seinem eigenen Becher. Sofort war ihre, vom Alkohol leicht rot verfärbte, Nase wieder in dem Lexikon verschwunden und man sah ihr schon lange an, wie sie langsam die Geduld verlor, bevor sie es sich selbst eingestand. "Zum Teufel mit dir", verkündete sie gespielt theatralisch und hob das Lexikon hoch. Grinsend schwenkte der Chirurg seinen Tee mit Rum. Er mochte es mit anzusehen, wie die junge Frau allmählich, wenngleich unter Einfluss von Alkohol, hinter ihrem Wall hervor- und aus sich selbst herauskam. "Nagut, jetzt du. Schieß los!", forderte sie ihn auf. Doch anstatt zu tun, wie ihm geheißen, konnte er seine Augen nicht von ihren trennen, beobachtete sie, wie sie mit ihren zarten Fingern nach der Kanne griff, den Deckel abschraubte und sich mit flinken, sicheren Bewegungen nachgoss. Ihre kleinen Finger, kaum dicker als die eines Kindes. Ihre makellose Haut. Ihre schlanken Handgelenke, die er mit Sicherheit beide auf einmal festhalten könne, so winzig waren sie. "Wie funktioniert eine Thermoskanne?" Die Frage kam für beide Parteien unerwartet. Nami blickte einen Moment verwirrt drein. "Das soll die Frage sein?", harkte sie zur Sicherheit nach und legte ihre Stirn in Falten, um ihre Bedenken zu unterstreichen. "Ja. Wie hält eine Thermoskanne ihren Inhalt warm? Weißt du es denn nicht?" Nami lachte kurz und herablassend. "Natürlich weiß ich das. Ich wundere mich nur. Aber nun gut. Es gibt viele Faktoren, die eine Thermoskanne ausmachen, von der inneren Schicht bis hin zu den besonderen Materialien. Das Entscheidende jedoch ist, dass zwischen der Außen- und Innenwand ein Vakuum herrscht. Die Flüssigkeit - sei es Tee, Kaffee oder was auch immer - würde seine Wärme unverzüglich weitergeben, wenn dieser besagte Zwischenraum mit Luft gefüllt wäre, an Vakuum jedoch kann Wärme nicht weitergegeben werden. Das ist der ganze Zauber." Law legte seinen Kopf schief und hielt seinen leeren Becher lässig in der Hand. "Die einzige Aufgabe dieser Kanne ist es also, die Wärme ihres Inhalts für sich zu behalten.", schlussfolgerte der Chirurg. "Ja.", lachte Nami, hörbar verunsichert von seiner seltsamen Äußerung. "Sie kann also gar nicht anders, als die Wärme weiterhin in sich zu tragen, weil das Vakuum zwischen den Schichten sie nicht lässt." "Steigt dir langsam der Rum zu Kopf, Law?" "Selbst wenn sie wollte, könnte sie nichts anderes tun, als den Tee warm zu halten. Und sie kann auch sonst nichts anderes. Ganz schön trostlos." "Ok, gut. Kein Alkohol mehr für dich!" Er lächelte traurig, schien mit seinen Gedanken meilenweit weg, als er hinzufügte: "Ist das kein ödes Leben? Keine Wahl zu haben in dem, was man darstellt?" Nun wurde auch Nami ernst. "Der Ennui der Thermoskanne."   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)