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Kaltes Herz

von

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It's in your eyes...

Morgengrauen läutete den neuen Tag ein und vereinzelt drangen bereits Lichter durch die Fensterscheiben. Schon bald begann die tägliche Routine und das Dorf erwachte. Das Wetter blieb beständig. Vom kalten, durch alle Ritzen pfeifenden Wind, wirbelten Schneeflocken und fest eingepackt, in dicke Mäntel und Schals, waren die ersten Silhouetten auf den Straßen erkennbar. Ein gewöhnlicher Morgen auf einer ungewöhnlichen Insel war im Anmarsch.

Wer nicht musste, der verweilte im Warmen, etwas das einen Mann vollkommen ungerührt ließ. Der Wirt, der Sanji alle Einzelheiten erklärt hatte, trat auf den Balkon. Keine Temperatur der Welt, kein Sturm, nichts hielt ihn ab. Frau und Kind lagen noch schlafend in den Betten und leise schloss er die Türe hinter sich. Täglich tat er dasselbe und täglich war er darauf bedacht, seine Familie nicht aufzuwecken. Die Arbeit, die er bereits Jahrzehnte ausführte, verlangte ihm einen eigenwilligen Rhythmus ab. Den konnte er nicht ändern, ganz gleich wie oft er es bereits versucht hatte, er scheiterte. Unmöglich war es für ihn länger im Bett zu liegen, viel zu schnell wurde er unruhig. Und so schlich der Mann Tag für Tag zur selben Zeit nach draußen. Keine vier Stunden hatte er diese Nacht geschlafen, aber fühlte er sich putzmunter.

Ans Geländer lehnend, rauchte er unbekümmert und betrachtete die Hauptstraße, die die einzige Straße war, die nachts von Laternen erhellt wurde. Sein Blick schweifte. Auf dieser Insel kannte jeder jeden und sie lebte allesamt in einer eigenen Welt. Nie war er fortgegangen. Zwar konnte man von hier verschwinden, aber eine Rückkehr war schwierig, kaum möglich. Niemand, der den Schritt gewagt hatte, kam je zurück. Es war, wie er all den Reisenden erklärte, die Insel konnte auf normalem Wege nicht gefunden werden. Ein Vorteil, das Weltgeschehen blieb ihnen fern und kamen Piraten, die ihnen Böses wollten, so waren etwaige Probleme bloß von kurzer Dauer.

Bei ihnen? Da blieb der Fluch auf Abstand. Eine unsichtbare Grenze zog sich inmitten des Waldes und hielt die Auswirkungen ab. Bis in die Stadt drang er nicht vor. Daher blieb die Bevölkerung, arrangierte sich seither mit den Wetterbedingungen, aber niemand wusste mehr, wann alles seinen Anfang nahm. Der Fluch überdauerte bereits Generationen. Er dachte an diese Bande, den blonden Mann, der ihm Gehör schenkte und alle Informationen einsog. Obwohl er auf dem ersten Blick hin, einen netten Eindruck machte, sah er in ihm dieselbe Schwäche. Zu viele schon hatte er daran zerbrechen gesehen. Freundschaft war, so sehr man auch dagegen sprach, ein schwaches Band, bloß bis zu einem Punkt unantastbar. Der Wirt nahm einen tiefen Zug, direkt unter der Laterne stehend, erfasste er eine Frau. Der Rauch blieb ihm in der Lunge. Sie sah hoch zu ihm, er hustete.

Belächelnd schüttelte die Frau den Kopf, setzte ihren Spaziergang fort, raus aus dem Ort. Unmöglich. Dem Mann entwich jegliche Farbe. Ungeachtet ließ er die Zigarette fallen und verschwand in der Wohnung, trat in den Flur, suchte seinen Mantel, den er auf dem Weg zur Arbeit trug. Durchsuchte dessen Taschen und fand ein Stück Papier, einen Steckbrief. Ein und dieselbe Frau.
 


 

× ×
 

Abseits, einen längeren Fußmarsch entfernt, lag weiterhin das Schiff der Strohhutpiraten vor Anker. Sachte Wellen schlugen gegen den Bug. Die Flagge wehte aufgeregt und das Schiff, das war in Schweigen gehüllt.

Aus den Bullaugen der Kombüse drang das Licht nach draußen. Pfannen und Töpfe wurden aus den Schränken geholt, klangvoll abgestellt. Sanji war müde, hatte nachts keinen Schlaf gefunden, und obwohl im klar war, wie unwichtig das nahrhafte Frühstück in manchen Augen war, bestand der Smutje auf den morgendlichen Ablauf. Niemand sollte ohne Stärkung den Tag beginnen. Er befand sich nicht alleine im Raum und die Gesellschaft, nun, sie passte nicht ins alltägliche Bild. Franky und Zorro saßen schweigend bei Tisch. Um diese Zeit sah er sie höchstens nach einer Nachtwache und selbst dann, nur für einen kurzen Zeitraum; eine minimale Stärkung ehe sie zu Bett gingen. Heute waren sie die gesamte Nacht über hier gewesen.

Zorro lehnte zurück, hatte den Kopf im Nacken, die Arme verschränkt. Ein Nickerchen, so der erste Eindruck, weit gefehlt. Nach all der Zeit kannte Sanji den anderen, wusste wann dieser döste. Zorro dachte definitiv nach. Ein Messer wurde gezückt.

Franky zeigte seine Müdigkeit, hatte den Kopf auf einen Arm gelegt, die Augen offen und umspielte gähnend den Flaschenhals. Schon lange hatte Sanji kein Wort mehr vom Cyborg vernommen. Die Laune der Mannschaft hatte einen Tiefpunkt erreicht. Sanji erstarrte in seinen routinierten Bewegungen, suchte die Uhr. Normalerweise hatte er locker eine Stunde bis alle beisammen saßen aber dieser Morgen entsprach nicht der Norm.

Mitten in der Nacht waren beide zurückgekehrt, berichteten über ihren Zusammenprall mit Robin. Noch wusste Nami nichts von den neuen Erkenntnissen. Sanji behielt sich das Recht sie schlafen zu lassen. Lange hatten sie miteinander gesprochen und irgendwann verebbte der Redefluss und ihr Kopf lehnte an seiner Schulter. Das Gespräch musste Sanji erst sacken lassen und so dachte er, er könnte bis zum Morgen hin warten.

Die restlichen Crewmitglieder hatten sich schnell aufgeteilt. Chopper blieb anschließend noch eine Weile im Behandlungszimmer, aber da sich Brook nicht regte, war er für eine Pause in die Kajüte aufgebrochen, wo sich Lysop bereits aufhielt. Chopper hatte ihnen lediglich den Auftrag gegeben sich zu melden, sobald Brook aufwachte, aber bisher war alles ruhig. Und dann war da Ruffy … aus dem Nichts heraus hatte er ihnen einen Befehl erteilt. Ohne Erlaubnis durfte niemand das Schiff verlassen und noch bevor jemand eine Antwort geben konnte, war er schon aus der Kombüse verschwunden. Wo er sich aufhielt, war schwer einzuschätzen. Vermutlich hing er, irgendwo für sich allein, seinen Gedanken nach. Wie alle, auch Nami, wusste Ruffy alles. Sanji hatte darauf geachtet, hatte jede Information weitergegeben; über diesen Fluch mit den sonderbaren Konditionen. Bei all den Erzählungen blieb dennoch eine Frage offen und die Antwort mussten sie finden, erst dann konnte sie Robin helfen.
 


 

× ×
 

Zielstrebig stapfte der junge Kapitän durch die hohe Schneedecke. Dank den Erzählungen hatte er ein ungefähres Bild erhalten und wusste wohin er gehen musste. Den Alleingang hatte Ruffy für sich behalten und bald dürften sie sein Verschwinden registrieren, aber hatten sie einen Befehl erhalten. Einen Befehl an dem es kein Rütteln gab. Entsprach Robins Veränderung der Wahrheit, dann hatte er die richtige Entscheidung getroffen. Ihm blieb nichts übrig. Eine Gegenüberstellung, nur sie beide, die einzige Lösung, die er fand, die die restliche Mannschaft beschützte. Schon immer hatte er um die Mächtigkeit ihrer Teufelskraft gewusst, so wie um seine Immunität. Diesen Vorteil galt es auszunutzen. Robin konnte ihm auf direktem Wege nichts anhaben und er hatte die Zeit auf seiner Seite.
 

Tief schob er den Strohhut ins Gesicht. Wieder war der Wind stärker geworden, kam aus jener Richtung, in die er unterwegs war. Die Kälte störte kaum, vielmehr ignorierte Ruffy sie. Kaum hatte sich das Hirngespinst in ein durchführbares Vorhaben umgewandelt, hatte sich Ruffy eine Jacke übergestreift und tatsächlich seine Sandalen gegen ein festeres Schuhwerk ausgetauscht. Lediglich die kurze Hose blieb und das war gut, sie gab ihm die nötige Bewegungsfreiheit.

Immer wieder lugte er zu den Seiten, blieb er wohl auf dem besagten Weg? Normalerweise nahm Ruffy gerne Umwege in Kauf, kam daher verzögert an sein Ziel, aber dieses Mal, da schwor er sich, es richtig zu machen. Von Anfang an. Den Fehler alles zu belächeln, den durfte er sich nicht leisten. Nicht umsonst war er der Kapitän.
 


 

× ×
 

Eingerollt in die warme Decke lag Nami da, stierte auf einen zufällig ausgewählten Punkt. Wann sie eingeschlafen war, konnte sie nicht sagen, aber die letzte Erinnerung sagte ihr, sie befand sich im anderen Teil des Zimmers. Sanji musste sie in Bett getragen, ihr die Schuhe ausgezogen haben.

Dabei hatte sie vehement versucht nicht einzuschlafen, aber irgendwann hatte der Körper gewonnen und nun konnte sie wenigstens sagen, sie war ausgeruht. Halbwegs, denn aus irgendeinem Grund schmerzte ihr Kopf. Womöglich eine Folge der momentanen Umstände.

Seufzend rollte sie auf den Rücken. Viel durfte sie nicht verpasst haben. Wäre etwas geschehen, dann hätten sie Nami aufgeweckt, bestimmt. Ernüchternd schloss sie die Augen. Also hatte es keine Veränderung gegeben. Robin blieb weiterhin verschwunden. Vielleicht waren ja Zorro und Franky zurückgekehrt, aber brachten sie neue Erkenntnisse? Wohl kaum, auch sonst wäre sie geweckt worden.
 

Erinnerungen kamen hoch. Während der Unterhaltung hatte Nami die Karten offen auf den Tisch gelegt. So gut ihr möglich war, hatte sie das Gefühl vom Nachmittag beschrieben und, schwer war es ihr gefallen, von der anderen Sache. Stunden hatte sie es als Nichts abgetan. Nami schluckte, legte die Hand aufs Herz, lauschte den Schlägen. Ein flaues Gefühl rumorte in ihrem Magen.

Auf Erinnerungen folgten Zweifel, krochen förmlich an die Oberfläche, nagten an ihr. Die Anzeichen waren da gewesen. Tagelang glaubte Nami an eine Veränderung, daran das Robin ihr auswich. Und doch hatte sie nicht weiter darauf beharrt, hatte Robin nicht provokant zu einem Gespräch gezwungen. Dann kam sie mit Sanji darauf zu sprechen und hatte sich von ihm beruhigen lassen. Nach dem Robin untergetaucht war, hatte sie sie gegen jegliche Anschuldigungen verteidigt, hatte nach allerlei Gründen gesucht. Naiv. Vielleicht hatte sich Nami deshalb so lange gegen den Fluch gewehrt. Eben weil sie Robin machen ließ. Er existierte und das Finden der Unterlagen hatte ihr daher einen Stich versetzt. Ein Wort und sie hätten die Insel ignoriert, umfahren. Stattdessen gab es keine Vorkehrungen und sie steuerten blindlings die Insel, vielleicht ihr Verderben, an. Erneut hatte Nico Robin geschwiegen, bewusst Informationen zurückgehalten und die Crew somit ins kalte Wasser geworfen.

„Du wirst mir wohl nie dein Vertrauen schenken.“ Nami hatte mehr erwartet. Nach allem was sie tat, gab … war ein bisschen mehr zu viel erwartet? Der einzige Mensch, dem sie jedes Detail ihres Lebens anvertraute, der Geschichten kannte, die sie selbst vor Nojiko verheimlichte, aus Angst sie würde die Beweggründe nie verstehen, hatte ein weiteres Mal Schweigen vorgezogen und sie außen vor gelassen.
 

„Niederträchtige Biester diese Zweifel, was?“
 


 

× ×
 

„Ruffy ist fort“, sprach Chopper, ein Zittern lag in seiner Stimme, und nahm auf seinem gewohnten Stuhl Platz. Die Nachricht blieb im Raum hängen und obwohl die drei Aufgebliebenen bereits damit gerechnet hatten, war das Wissen darüber etwas vollkommen anderes. Lysop stocherte in seinem Essen, kaute langsam auf einem Bissen.

„Einen Versuch ist es wert“, brummte Zorro, der seinen Teller kaum anrührte.

„Deshalb der Befehl“, kommentierte Sanji, nippte am Kaffee. Ebenfalls schweigend verblieb Franky. Ein absehbarer Schachzug, irgendwie plausibel, aber durchaus waghalsig.

„Alleingänge sind nie gut“, nuschelte Chopper. Im behagte das Vorhaben seines Kapitäns nicht. Was, wenn dort mehr war als bisher angenommen?

„In diesem Fall schlau. Bei dem Grad ihrer Verwirrung ist sie unberechenbar geworden. Ruffy kann sich unbekümmert nähern.“ Vollkommen überzeugend waren Zorros Worte nicht, denn das beantwortete kaum die entscheidende Frage: Wie gelang ihnen Robins Rettung?

„Nach all dem, das uns mitgeteilt worden ist oder wir gesehen haben, bezweifle ich ein einfaches Gespräch“, gestand Chopper ohne seine Freunde anzusehen.

„Und bestimmt keine Trachtprügel“, murmelte Lysop in seinen Kaffee.

„An Bord holen fällt ebenfalls flach“, steuerte Franky noch bei. Sie wurden hier buchstäblich an die Wand gefahren.

Sanjis Mundwinkel zuckten auf die Bemerkung hin. In der Tat, daher lebten die Bewohner in Frieden. Der Fluch drang direkt nicht in den Ort vor, auch nicht zur Anlegestelle. Der Körper blieb an einen Radius rund um das Plateau gekettet. Hatte Ruffy daran gedacht? Nutzte er dieses Wissen aus? Am Schiff waren sie sicher. Zwar stellte sich Ruffy gerne dumm an, aber Sanji wusste mittlerweile, dass er das eigentlich gar nicht war. Im Gefecht hatte er einen Instinkt, wie kein anderer und daher wusste der Käpt’n um die Probleme. Geschah im Ernstfall ein Fehler, eine Unachtsamkeit… Robin nutzte jede Möglichkeit. Umso schlimmer, sollte sie bereits auf einen Kampf eingestellt sein, ihn erwarten. Wer sagte ihnen, dass sie überhaupt so weit vordrangen? Ab der Grenze gab es keine Sicherheit mehr. Moment! Nachdenklich zog er die Brauen zusammen.

„Wie wir damit leben? Unsere Leben werden nicht direkt beeinträchtigt. Wir existieren nebeneinander. Niemand betritt das obere Plateau und der Fluch bewegt sich eingeschränkt. Der Befallene ist an diesen Ort gebunden, er kann ihn, solange der Fluch Wirkung zeigt, nie wieder verlassen“, hatte ihm der Wirt erklärt. So weit so gut. Der Fluch suchte sich einen Wirt, der in nächster Nähe war. Irgendetwas zog den Auserwählten an, brachte ihn dort hoch, wurde befallen und musste bleiben. Der Körper war gefangen. Der natürliche Körper, das Original … Jeder normale Mensch besaß bloß diesen einen. Ausnahmslos bis auf...

Teufelskräfte hebelten natürliche Gesetze aus. Wie verhielt sich der Fluch dahingehend? Sanji kannte die Erweiterung, kannte die Fortschritte, die Doppelgänger. Sie agierten auf Robins Wunsch hin … sie waren nie sicher, würde nie sicher sein!

Robin konnte diese eine Ausnahme bilden, die das Leben aller Bewohner auf den Kopf stellte. Wie umfangreich war die Reichweite? Innerlich stieß Sanji einen Fluch aus. Diese klitzekleine Idee nahm ihn ein, mochte erhört werden. Sie klang logisch und Sanji wusste, dass er womöglich einen Fehler gemacht hatte. Er war immerhin der gewesen, der ihnen sagte, sie würden hier sicher sein. Er hatte Zorro und Franky beruhigt, die glaubten sie waren in Schwierigkeiten, da sie Robin provoziert hatten. Warum war ihm der Gedanke nicht sofort gekommen? Weil nichts vorgefallen war!

Das hieß nichts, das passte sogar. Hier standen sie niemand gegenüber, der aus dem Impuls heraus entschied. Robin war eine Taktikerin, durch und durch.
 

„Ist jemand gestorben? Yohoohoho …“, riss es Sanji aus den Gedanken und er hörte das schallende Lachen, das rasch in einem Hustenanfall erstickte.
 


 

× ×
 

Nami war hochgeschreckt. Unverkennbar diese Stimme, sie würde sie überall, in jeder erdenklichen Lage heraushören. Wann hatte sie das Zimmer betreten? Die Türe, Schritte, irgendetwas hätte sie hören müssen. Vorsichtig nahm sie Robin, die sich im Sessel zurückgelehnte, in Augenschein. Sie sah aus wie immer.

Sie dürfte nicht hier sein! Sanji hatte ihr unmittelbar klar gemacht, wie der Fluch funktionierte. War Robin gar nicht besessen? Wenn dem so war, warum blieb Robin so lange fern? Das passte nicht. Unbeholfen starrte Nami, wie sollte sie sich geben? Was sagen? Normalerweise musste sich Erleichterung ausbreiten, sie musste froh über die Rückkehr sein, aber warum verdammt fühlte sie nichts dergleichen? Vermutlich wusste sie insgeheim, dass das nicht ihre Freundin war.

„Sehr schweigsam“, Robin blickte auf das Handgelenk der anderen und griente, „die liebe Navigatorin.“ Nami biss sich regelrecht auf die Zunge. Wie sehr die Bezeichnung verabscheute. Aus dem Mund ihrer Freundin stand dieses eine Wort für den mit Steinen gepflasterten Anfang. Eine Entfernung lag damals zwischen ihnen und seither diente Navigatorin als neckende Bezeichnung, aber das hier, das war kein Necken. Ein weiteres Zeichen. Die Frau, die mit ihr im Raum saß, das war nicht ihre Freundin, nicht die Frau, die sie liebte.

Nami fasste sich, musterte die andere genauer. Weder Ausstrahlung noch Gesichtsausdruck, nichts stimmte mit ihrer Robin überein und sie spürte einen kalten Schauer, ihr Körper erzitterte. Als ob sie darauf gewartet hatte, wandte Robin den Blick von ihr ab und so sehr sich Nami dagegen wehrte, fühlte sie dieses Mal Erleichterung. Wann war das jemals vorgekommen? Höchstens am Anfang ihrer gemeinsamen Reise, wenn überhaupt!

Sie erkannte, dass Robin die Unterlagen betrachtete. Sie hatte sie liegen gelassen. Das Gespräch mit Sanji hatte ihre volle Aufmerksamkeit erhalten und die losen Blätter waren in Vergessenheit geraten.

„Du hegst Zweifel“, fing Robin wieder an, nahm das oberste Blatt in die Hand. Ertappt ließ Nami den Kopf sinken. Es entsprach der Wahrheit und die tat weh. Lange Zeit schon hegte sie bloß einen Wunsch: Vertrauen. Egal wie viel Nami preisgab, egal wie viel sie Robin entlockte, stets hatte sie das Gefühl, das es genügend gab, das unausgesprochen blieb. Viel zu viel hielt ihre Freundin zurück. Im Grunde erhoffte Nami sich eine einfache Bestätigung. Die Vorgänge der Insel boten ein ideales Beispiel. Statt mit ihr darüber zu reden, hatte Robin auf eigene Faust agiert und erhielt prompt die Quittung. Warum fiel es ihr so schwer?

„Zweifel kommen und gehen“, erwiderte Nami schließlich und stand auf. Länger hielt sie es im Bett nicht mehr aus.

„Aber ist er gesät, dann wächst er. Unaufhörlich. Stück für Stück“, sprach Robin nebenbei, fast teilnahmslos. Vielmehr gehörte ihre Aufmerksamkeit den Zeilen. Nicht die Thematik stach ihr ins Auge, es war die Schrift. Ihre Handschrift. Sie fand keine passende Erinnerung.

„Und wie jede Pflanze stirbt er eines Tages.“ Vorsichtig setzte sich Nami Robin gegenüber. Näher sollte sie nicht. Sie war angespannt und die Alarmglocken waren in Bereitschaft.

„Ab da entfernt sich der Zweifel, er bleibt und ist unsterblich. Vielleicht verblasst er, wird in eine Ecke getrieben, aber er lebt und wartet auf den nächstbesten Moment.“ Das nächste Blatt wurde aufgehoben, genauestens studiert. Nami ignorierte den Einwand. Für solch eine Unterhaltung fehlten ihr die Nerven.

„Warum bist du hier?“ Die Frage, die ihr minutenlang auf der Zunge lag.

„Ich möchte mich überzeugen.“

„Wovon?“ Erkannte Nami ein Lächeln? Ihr wurde bang. Die Alarmglocken schrillten. Robin hob den Kopf an und lächelte tatsächlich.

„Ob du es wert bist, mir die Hände schmutzig zu machen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Dark777
2015-09-22T16:14:13+00:00 22.09.2015 18:14
Au backe, das ist ja ein toller Cliffhanger >_<! Die unerträglichsten Zeiten sind die, in denen niemand etwas tun kann. Das ganze Kapitel über staut sich die Spannung auf, mit einer direkten Konfrontation zwischen Nami und Robin zum Schluss hätte ich aber noch nicht gerechnet. Sehr clever von Robin Ruffy so loszuwerden, der Einzige der im Kampf wirklich gegen sie bestehen kann. Andererseits........etwas anderes als so taktisches Denken darf man von ihr nicht erwarten, man unterschätzt sie leider immer wieder. Wenn es Robin schaffen sollte Nami auszuknipsen, ist sie endgültig verloren. Die Jungs sollten lieber mal ihren Hintern hoch bekommen und zusehen, rechtzeitig bei den beiden einzutreffen.

Wie gesagt sehr spannend, ich möchte jetzt natürlich wissen wie es weiter geht!

V(~_^)
Von:  fahnm
2015-09-19T22:30:49+00:00 20.09.2015 00:30
Geniales Kapitel


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