Komm, wir greifen nach den Sternen von Affodillbluete ================================================================================ Kapitel 6: Kapitel 6 - Der nächtliche Besucher ---------------------------------------------- Kapitel 6 Ich weiß nicht, wie lange ich schon hier draußen sitze, aber mir ist bewusst, dass ich wieder reingehen muss. Mit ein paar Startschwierigkeiten schaffe ich es dann doch, dass meine Beine mich wieder halten. Unbewusst tragen meine Beine mich in Richtung des Zimmers der Heiler. Ich muss mir Parvatis Akte suchen, um an Anhaltspunkte zu gelangen. Mein Schutzinstinkt sagt mir, dass ich vorsichtig sein muss. Immerhin werden die Heiler ihre Räumlichkeiten nicht einfach unbewacht lassen. Ich schaue mich um. Niemand zu sehen. Alle Heiler scheinen auf Visite zu sein. Trotzdem belege ich mich mit einem Desilliusionierungszauber. Sicher ist sicher. Vor der Tür bleibe ich stehen. Ich murmle ein paar Zauber, die Schutzbanne brechen sollen, als ich im Augenwinkel eine Bewegung wahrnehme. Eine Heilerin kommt direkt auf mich zu. Sie hat schwarzes, kinnlanges Haar und blaue Augen. Ihr Kittel ist mit einem kleinen Senffleck bekleckst. Offenbar wirkt mein Zauber, sodass sie mich nicht sieht. Ich nutze die Gunst der Stunde und schlängle mich hinter ihr durch die Tür. Sie setzt sich auf einen Stuhl und holt einen Walkman hervor, um Musik zu hören. Beinahe hätte ich laut angefangen zu lachen, kann mich aber gerade noch zurückhalten. Komisch, dass Zauberer und Hexen so fasziniert von ganz normalen (Muggel-) Gegenständen waren. Einige Sekunden vergingen, ehe ich mir sicher bin, dass sie voll und ganz im Bann der Musik gefangen ist. Also mache ich mich auf die Suche nach Parvatis Akte. Ich durchwühle die Regale, bis ich bei den Buchstaben ‚M-P‘ ankomme. Nach einem kleinen ‚Accio‘ halte ich die Krankenakte auch schon in der Hand. Ich fange an zu lesen Name: Parvati Patil Alter: 22 Blutstatus: Halbblut Symptome: Miss Patil wurde mit schweren Verätzungen der Lunge und Rachenschleimhaut eingeliefert. Sie war nicht ansprechbar und musste relativ zügig mit einem Beatmungszauber belegt werden. Diagnose: Miss Patil wurde Opfer eines Giftgasangriffes. Ihre Lunge ist stark verätzt und nicht mehr voll funktionsfähig. Behandlung: Es wurden bereits mehrere Heilungszauber auf ihren Rachen und ihre Lunge gesprochen, die alle wirkungslos blieben. Gegengifttränke haben bisher bewirkt, dass das Gift ihren Körper verlassen hat. Die Verätzungen sind dadurch aber nicht verschwunden. Prognose: Dadurch, dass das Gift aus dem Körper heraus ist, besteht nicht mehr akute Lebensgefahr. Wenn Miss Patil aber noch viel länger mit ihren Verätzungen leben muss, wird ihre Lunge bald komplett ihre Arbeit einstellen. Zeitraum: Ca. ein bis zwei Wochen. Wieder wurde mir schlecht. Parvati muss so schnell wie möglich geholfen werden. Ich kopiere mit meinem Zauberstab die Akte und verlasse vorsichtig das Zimmer. Auf dem Rückweg zu meinen Freunden komme ich an einem Getränkeautomat vorbei. Mir schießt die Idee in den Kopf, für uns alle was zu Trinken zu holen. Somit habe ich wenigstens eine Ausrede, wo ich denn gewesen war. Ich wollte meinen Freunden nichts von meinem Vorhaben erzählen, weil ich keine Hoffnungen schüren will, die ich eventuell nicht einhalten kann. Ohne zu klopfen trete ich wieder ins Krankenzimmer ein und werde fast gar nicht beachtet. Nur Harry hebt seinen Kopf und schaut mich mitfühlend an. Dass dieser Mann aber auch immer wissen musste, was in mir vorgeht. Ich stelle die Getränkedosen auf den kleinen Tisch und setze mich schweigend auf einen Stuhl. Nach mehreren Stunden schafft Ginny es endlich ihren Bruder zu überreden, mit ihnen zu kommen, da er auch etwas Schlaf braucht. Nachdem eine Heilerin uns mehrfach versichert hatte, dass Parvati soweit stabil war, dass sie die Nacht nun doch überleben würde, hat er endlich eingewilligt. Wir beschworen einen Kamin in dem Zimmer herauf, sodass Ron innerhalb weniger Sekunden wieder bei Patil wäre, würde sich etwas an ihrem Zustand ändern. Harry, Ginny und Ron warten auf den Fahrenden Ritter, da Ron nicht in der Verfassung ist, zu apparieren. Und ich glaube noch einmal zersplittern wollte er nicht. Ich verabschiede mich von allen, drücke Ron dabei ganz fest an mich und appariere nach Hause. Endlich bin ich wieder in meinem Zimmer angekommen. Ich muss die ganze Nacht weggewesen sein, da es draußen schon wieder hell wird. Harry würde heute nicht zur Arbeit gehen, also muss sein Gespräch mit Kingsley noch warten. So habe ich den Tag frei. Unfassbar müde werfe ich mich auf mein Bett und lege mich erstmal schlafen. Ein Blick auf meinen Wecker verrät mir, dass es bereits später Nachmittag ist. Man, da war ich wohl wirklich müde. Ich kuschle mich nochmal in meine Decke ein, doch mein Magen macht mir einen Strich durch die Rechnung. Ich muss seit Stunden nichts mehr gegessen haben. Also stehe ich auf, trotte ins Bad um zu duschen und gehe danach direkt runter in die Küche, um mir etwas zu essen zu machen. Nach einem Sandwich mit Schinken und Ei, einem großen Glas frischgepresstem Orangensaft und einem Joghurt fühle ich mich definitiv besser. Jetzt bin ich bereit mich weniger schönen, aber dafür umso dringlicheren Aufgaben zu widmen. Parvati’s Rettung. Ich zaubere mir die Kopien, die ich letzte Nacht von der Akte der Patil-Schwester gemacht hatte, auf blanko Pergamentblätter. Stundenlang arbeite ich Bücher und Pergamente durch um Parvati‘s Symptome abzugleichen, doch nirgends scheint etwas darüber zu stehen. Irgendetwas, was mir auch nur ansatzweise helfen könnte. Widerwillig schweifen meine Gedanken erneut zu meinem ehemaligen Zaubertränkelehrer ab. „Er hätte bestimmt eine Lösung gefunden“, grummle ich vor mich hin. Nicht umsonst wurde er immer vom St. Mungos um Rat gebeten, wenn die Heiler nicht weiter wussten. „Man Severus, wieso bist du nicht mehr da?“, stöhne ich und raufe mir die Haare. „Nicht so zynisch bitte Miss Granger. Das steht Ihnen nicht. Und nennen Sie mich nicht Severus, das steht Ihnen nicht zu!“, ertönt eine Stimme in meinem Kopf. SEINE Stimme. Ich zucke zusammen und lasse prompt ein Buch auf den Boden fallen, welches mit einem lauten Knall landet. Panisch schaue ich mich in meinem Zimmer um. Wo kam diese Stimme her? Führe ich neuerdings Selbstgespräche? Ich schlage mir zweimal gegen den Kopf, damit ich mich wieder besser konzentrieren kann und stürze mich in die Arbeit. Mitten in der Nacht bin ich dann komplett verzweifelt, klappe das letzte Buch zu und bin dabei aufzugeben. Meine Finger sind blutig, durch das viele Umblättern und meine Augen tun weh. Ich erkenne die Worte nicht mehr richtig und entscheide mich dazu, es für heute gut sein zu lassen. „Hier muss doch irgendwo etwas darüber stehen!“, rufe ich, vielleicht etwas zu laut. Von unten aus dem Wohnzimmer gibt Krummbein ein müdes „Miauuuu“ von sich. Ich drücke meinen Nasenrücken zwischen Daum und Zeigefinger ein und reibe mir die Augen. „Miss Granger, Sie sind doch sonst immer die Besserwisserin schlecht hin. Also geben Sie sich Mühe und denken mal scharf nach. Wo ist denn ihr Gryffindormut geblieben?“, fragt Severus Snapes Stimme provozierend in meinem Kopf. „Sie stellen sich das so einfach vor, Professor. Wieso helfen Sie mir nicht mal dabei, wenn Sie doch merken, dass ich nicht weiterkomme?“, zische ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. Ich bin zu müde, um zu hinterfragen, wieso ich schon wieder Selbstgespräche mit einem Toten führe. „Weil mir vielleicht nicht viel daran liegt, die Nerv tötende Patil-Schwester zu retten?“, sagt die Stimme in sarkastischem Ton. Ich kann mir sein Gesicht genau vorstellen. Wie er die rechte Augenbrauche nach oben zog und mich mit missbilligendem Blick ansah. „Wenn Sie hätten gerettet werden können, dann würden Sie auch wollen, dass sich jemand bemühte, oder nicht?“, frage ich ebenso sarkastisch. „Ich brauche keine Hilfe. Von niemandem!“, entgegnet Professor Snape gereizt. „Nennen Sie mir außerdem eine Person, die gewillt gewesen wäre mich zu retten. Das Leben ist kein Ponyhof, Miss Granger.“ „Seien Sie nicht so selbstkritisch, Professor.“, erwidere ich amüsiert. „Ich hätte Sie gerettet, wenn es mir möglich gewesen wäre…“ Seit Jahren habe ich nicht mehr an diesen Tag gedacht, als Severus Snape vor meinen Augen starb. Ich fühle mich schlecht, dass ich nicht mal einen Versuch unternommen habe, ihm zu helfen. Ich stand nur da und sah ihm dabei zu, wie er seinen letzten Atemzug nahm. „Es tut mir leid, dass Sie gestorben sind. Wenn ich könnte, würde ich es rückgängig machen..“ „Wenn Sie wüssten, Miss Granger..“, glaube ich die Stimme noch flüstern zu hören, ehe ich mit dem Kopf auf meinem Schreibtisch einschlafe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)