Lebensretter von Goetterspeise (vertraue dir selbst) ================================================================================ Kapitel 4: Seltsame Verhaltensweisen ------------------------------------ Sie starrten sich eine endlos lange Minute an, während Menschen um sie herum den Raum betraten und verließen, aufstanden, sich hinsetzten, bestellten oder zahlten. Es war laut, voll und stickig, doch das verschwand in dieser Minute in eine weit entfernte Galaxie, weil es einfach nicht wichtig war. Dieser Satz, dieser eine Augenblick war es, denn wenn man so darüber nachdachte, war es wirklich ironisch, nein, eigentlich war es dumm. Einfach nur dumm. „Und du glaubst das?“ Naruto hatte endlich wieder seine Stimme gefunden, nur den Weg zurück ins Hier und Jetzt noch nicht. Er fixierte seine beste Freundin nach wie vor mit seinen Augen und hatte das Gefühl in einem furchtbar schlechten Traum gelandet zu sein, der einfach nicht aufhören wollte. Er biss sich auf die Unterlippe, es schmerzte und er wusste, das hier war keine Einbildung, kein Gedankenstreich. Sie saßen tatsächlich in diesem Café nahe der Uni, die Glocke an der Tür läutete jedes Mal, wenn jemand diese öffnete oder sie sich schloss und eine Kellnerin hatte gerade in dem Gedrängel ihr Tablett fallen lassen, weshalb das Geschirr mit einem lauten Klirren auf den Boden fiel und dort zerschellte. „Ja. Tue ich.“ Sakura sah ihn mit einem festen Blick an. „Wieso?“ „Warum nicht? Er hat mir alles geschildert, was in der Nacht neulich passiert ist. Er hat mir erklärt, wieso er wortlos diese Blumen geschickt hat, warum er sich so lange nicht getraut hat, mir zu sagen, dass er es war.“ Naruto fuhr sich mit der flachen Hand über die Augen und musste sich sammeln. Das war wirklich dumm. Und eine verdammte Zwickmühle. Er konnte ihr doch jetzt nicht die Wahrheit sagen, nachdem er es solange vor ihr verschwiegen hatte, weil ihm einfach die Beweise fehlten. „Ich weiß, das hast du schon mal gesagt, aber wieso bist du dir so sicher, dass es stimmt? Er könnte doch auch einfach etwas erfinden, weil ihm langweilig ist oder warum auch immer.“ Weil er dich in die Kiste bekommen will? Das konnte er schlecht laut aussprechen. „Naruto, weil ich es einfach weiß, okay? Ich weiß nicht, weshalb du daraus jetzt eine so große Sache machst. Nervt es dich, dass du nicht derjenige warst, der ihn gefunden hat oder was ist los?“ Das … das war ja wohl eine Frechheit! Sie konnte doch nicht ernsthaft glauben, dass er deshalb so zweifelnd reagierte, nur weil er nicht in Erfahrungen bringen hatte können, wer es gewesen war! Naruto biss sich erneut auf die Unterlippe, dieses Mal allerdings, weil er nicht wollte, dass er unbedacht etwas aussprach, was er in einer Minute bereuen würde. Er kannte diesen Typen nicht, aber er verspürte gerade den starken Drang, zu ihm zu fahren, ihm eine runter zu hauen und ihm zu sagen, er solle aufhören Sakura anzulügen. „Weiß es Sasuke schon?“ So direkt hatte Naruto sie eigentlich nicht fragen wollen, aber eine andere Art und Weise das in Erfahrung zu bringen, war ihm nicht eingefallen. „Ja. ich hab ihn gestern Abend noch im Supermarkt nahe der Uni getroffen und na ja, er hat mit den Schultern gezuckt und wirkte nicht sehr interessiert.“ Zum ersten Mal seit sie hier saßen, sah Sakura weg und starrte durch die Glasscheibe hinter Naruto nach draußen, wo die Sonne mittlerweile von dicken Regenwolken verdeckt worden war. „Das hört sich aber nicht gerade glücklich an.“ Sasuke dieser Trottel. „Was? Nein, das ist es nicht. Ich hab gerade nur nachgedacht. Es ist manchmal wirklich komisch wie er sich verhält, findest du nicht? An manchen Tagen hat man das Gefühl, dass man ihm wichtig ist und plötzlich interessiert er sich null für dich.“ „Das ist Sasuke, er zeigt eben nicht gerne, wie es in ihm aussieht.“ Naruto zwinkerte ihr zu. „Ich weiß, ich weiß. Schließlich kenne ich ihn jetzt auch schon eine Weile, aber hin und wieder ist es echt frustrierend. Weißt du was ich meine?“ Oh ja. „Ich halt es seit der Grundschule mit ihm aus, also erzählst du mir da nichts Neues.“ Sie begannen zu lachen und die bedrückte Stimmung verschwand augenblicklich. Erleichterung machte sich in Naruto breit, auch wenn er nicht wusste, warum genau. Aber nach der Geschichte von gestern und Sakuras Erzählung gerade eben war es wirklich schön, lachen zu können. „Und? Was ist bei dir los?“ Naruto sah sie verwirrt an. „Was meinst du?“ „Ach komm schon. Ich bin doch nicht blöd. Du scheinst letzte Nacht nicht sonderlich viel geschlafen zu haben und als du vorhin reingekommen bist, warst du komplett durch den Wind, also?“ Was Sasuke zu wenig wahrnahm, sah Sakura einfach zu genau. Naruto seufzte und überlegte kurz, ob er ihr erzählen sollte, was ihn nicht mehr in Ruhe ließ oder nicht. Im Endeffekt war es ja nichts Schlimmes, nur … ein wenig peinlich und im Augenblick ergab manches für ihn einfach keinen Sinn. „Weißt du“, begann er schließlich, „es geht um Hinata.“ Sakura nickte wissend, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. „Dachte ich mir und weiter?“ „Na ja, also … Sakura, ich find das echt nicht cool. Ich meine, Männer reden nicht über ihre Gefühle, muss ich das wirklich aussprechen?“ Ein Grinsen schlich sich auf ihre Lippen und sie schüttelte ungläubig den Kopf. „Also, dass du sie magst, so richtig magst, dürfte wohl ein Blinder sehen, aber zumindest ihr gegenüber solltest du das schon irgendwann mal aussprechen. Ich glaube nämlich, Hinata ist nicht nur blind, sondern auch taub und was ich auch glaube, ist, dass sie sicher nicht schreiend weglaufen würde, wenn du ihr sagst, dass du sie magst.“ Er lief rot an und musste sich dieses Szenario natürlich sofort bildlich vorstellen. Gott! Was, wenn sie wirklich nichts von ihm wollte und er damit volle Kanne ins Fettnäpfchen treten würde? So leicht, wie ihr Dinge unangenehm wurden, würde sie dann doch nie wieder ein Wort mit ihm wechseln. „Du bist doch sonst so gerade heraus und sagst, was du denkst. Wieso hast du dann solche Angst davor? Und komm mir jetzt nicht mit dieser Freundschaftssache, weil das Blödsinn ist. Das würde auf Dauer eh nicht funktionieren, gerade, weil du sie magst.“ Er schwieg und dachte über ihre Worte nach. Seltsam war, dass Naruto in seinem Leben bisher schon ein paar Mal verknallt, sogar verliebt gewesen war und dennoch fühlte sich das alles bei Hinata einfach … anders an und das verstand er nicht. Vielleicht hatte Sakura ja Recht, nein, er wusste, sie lag richtig, aber wissen und danach handeln waren einfach nochmals zwei Paar Schuh. „Da ist noch was.“ Es half ja nichts, sich über dieses Thema den Mund fusselig zu reden, so sehr er sich auch davor fürchtete, was noch kommen würde, aber zumindest bei der zweiten Sache, die ihm nicht mehr aus den Kopf wollte, konnte sie ihm vielleicht mehr helfen. „Okay und was?“ „Ich hab Hinata gestern noch nachhause gefahren und sie zu ihrer Wohnung gebracht. Hinata wohnt im selben Viertel wie Sasuke. Ich weiß wirklich nicht, wie sie sich das leisten kann. So viel verdient man als Aushilfe in einer Bibliothek doch auch nicht, oder?“ „Hat sie nicht mal gesagt, dass sie von ihren Eltern Geld geerbt hat? Vielleicht kann sie es sich deshalb leisten.“ Man hörte Sakura an, dass sie nicht wirklich an diesen Gedanken glaubte. „Ich weiß es nicht, aber sie sagte auch mal, dass sie keine Familie mehr hätte. Nur hab ich gestern ihre Schwester kennengelernt.“ „Ihre was?“ „Was heißt kennengelernt. Hinata hat dieses Mädchen vor sich her geschoben und mich abgewimmelt. Warum sollte sie mir verheimlichen, dass sie eine Schwester hat?“ ~*~ „Der gewünschte Gesprächspartner ist zurzeit nicht erreichbar. Bitte versuchen Sie es später noch einmal.“ Naruto drücke genervt auf den roten Hörer und fluchte laut. Seit zwei Tagen versuchte er Hinata zu erreichen, die weder in die Uni kam, noch in die Arbeit und bei ihr zuhause machte ihm auch keiner auf. Langsam wurde er wirklich wütend. Er ging in seiner kleinen Wohnung auf und ab, überlegte, was er tun sollte und kam zu dem Schluss, dass er absolut keine Ahnung hatte. Was war in solchen Situationen der klügste, nächste Schritt? Gute Frage. Vor allem verstand er ja nicht einmal, wieso sie sich so von ihm abkapselte. Hatte er sich ihr gegenüber blöd verhalten? War der Sprung ins Wasser doch zu viel gewesen? Oder schämte sie sich dafür, dass sie ihm ihre Schwester vorbehalten hatte? Gut, das war vielleicht nicht die feine, englische Art, aber für dieses Schweigen gab es doch sicher einen Grund, einen überzeugenden Grund. Schließlich war Hinata sicher nicht der Typ, der jemanden anlog. Vor allem, da sie aus dieser Familiengeschichte keinen Profit geschlagen hatte. Das würde es aber zumindest erklären. Wenn sie damit hausieren gegangen wäre, wie hart ihr bisheriges Leben gewesen war und dass sie sich alles allein hatte erkämpfen müssen, nur um besser dazustehen oder schneller Freunde und Bewunderer zu finden. Aber so? Es ergab einfach absolut keinen Sinn und das nervte ihn. Gewaltig. Naruto fuhr sich mit der Hand durch seine kurzen, blonden Haare und ließ sich schließlich auf seine Couch fallen. Er legte seinen Kopf in den Nacken, schloss seine Augen und suchte weiterhin verzweifelt nach irgendeiner Lösung, die ihm einfach nicht einfallen wollte. Sich für ihre eigene Schwester schämen würde Hinata doch sicher auch nicht, oder? Selbiges galt für die Menschen, mit denen sie auf der Uni zu tun hatte. Oder zumindest musste sie über ihre Familienverhältnisse nicht lügen, nur, weil sie nicht wollte, dass ihre Kommilitonen ihre Familie kennenlernten. Wie er es auch drehte und wendete, bis auf absolut unrealistische Ideen, kam ihm nichts in den Sinn, was ihn auch nur ansatzweise weiter brachte. Vor allem die Idee mit dem Zeugenschutzprogramm verwarf er gleich wieder. Das war wahrscheinlich das abwegigste, was er überhaupt denken konnte. Naruto lachte über sich selbst, wobei es sich dabei um ein halb verzweifeltes Lachen handelte, da es ihn nicht weiter brachte, wenn er nur zu so absolut stumpfsinnigen Schlussfolgerungen kam. Es half alles nichts. Seine einzige Möglichkeit Antworten auf die Fragen zu finden, die ihn beschäftigten, war, mit ihr direkt zu sprechen. Von Angesicht zu Angesicht. Just in diesem Augenblick erschien ihr freundliches Lächeln vor seinem inneren Auge. Ihre langen, blauschwarzen Haare, die großen, hellen Augen und diese Wärme, die ihre alleinige Anwesenheit in ihm auslöste. „Scheiße.“ Er war wirklich ein hoffnungsloser Trottel, nur brachte ihn diese neue, alte Erkenntnis leider absolut nicht weiter. Es änderte nichts an der Tatsache, dass sie ihm aus dem Weg ging und einen auf unnahbar machte. Ehrlich gesagt verschlimmerte es sogar alles nur noch, weil es sich wie eine Abfuhr anfühlte und in gewisser Weise war es das wohl auch. Nicht, weil sie seine Liebe nicht erwiderte. Es ging eher darum, dass sie ihrer Freundschaft diese erteilt hatte. So plötzlich den Kontakt abbrechen und sich nicht einmal mehr irgendwo zu zeigen, tat weh. Mehr als es ihm lieb gewesen wäre, vor allem, da er sich sonst nicht so leicht von negativen Situationen unterkriegen ließ. Nur war das mit Hinata absolut nicht so wie sonst. Naruto biss sich auf die Lippe, öffnete seine Augen und erhob sich. Er konnte hier nicht untätig herum sitzen und darauf warten, dass ihm die einleuchtende Idee kam. Am liebsten wäre er zu ihr gefahren, aber da sie bei seinem letzten Versuch schon nicht geöffnet und auch sonst keiner ihn hatte reinlassen wollen, würde das sowieso nichts bringen. Vor allem nicht zu dieser Uhrzeit. Nur in dieser viel zu engen Wohnung, in der er das Gefühl hatte, die Wände würden von Minute zu Minute näher kommen, konnte er auch nicht länger bleiben, also musste irgendetwas oder irgendwer als Ablenkung herhalten und da er wegen Sasuke in letzter Zeit genügend Stress gehabt hatte, würde es eben dieser sein. ~*~ Der Vorteil ein bester Freund zu sein, lag unter anderem daran, dass man für Notfälle einen Zweischlüssel anvertraut bekommen hatte und diesen nutze Naruto nun. In gewisser Weise war seine momentane Situation schließlich ein Notfall, ein großer Notfall und vor allem ein schmerzvoller. Auch, wenn er daran zweifelte, dass Sasuke ihm in diesem Punkt zustimmen würde. Aber so war das manchmal eben einfach, wenn man unterschiedlicher nicht sein konnte. Außerdem tat Naruto ihm einen Gefallen, in dem er nicht sturmklingelte, sondern versuchte möglichst leise in die Wohnung zu gelangen, um Sasuke nicht zu stören, falls dieser schon schlafen sollte. Er würde ihn natürlich auch nicht aufwecken, sondern die Konsole anschalten, Ton ausstellen und wenn nötig, die ganze Nacht durchzocken. Solange sein Kopf aufhörte zu denken, war ihm die Beschäftigung egal. Er besaß nur einfach keine Konsole oder PC-Spiele, die er als Ablenkung hätte nutzen können und alleine 'Mensch ärgere dich nicht' zu spielen war ziemlich witzlos. Er machte klick und Naruto drückte langsam und leise den Türknauf nach unten, drückte sich ins Innere der Wohnung und schloss die Tür hinter sich. Er zog vorsichtig seine Schuhe aus und stellte sie neben die von Sasuke. Die Wohnung selbst war ungefähr dreimal so groß wie seine Eigene. Besaß einen breiten Flur, bei dem links und rechts je zwei Türen weggingen und am anderen Ende eine weitere aus Milchglas. Dahinter schimmerte noch gedämpft Licht, was allerdings nicht viel zu sagen hatte, da Sasuke gerne mal über seinen Sachen einschlief. Etwas, das man diesem Mann wohl eher nicht zutraute, aber laut Sakura fanden Frauen das sogar süß – Naruto sah das anders. Es war amüsant, um nicht zu sagen ziemlich lustig. Die Tür am Ende des Flurs führte ins Wohnzimmer und genau dorthin wäre er sowieso gegangen, ob nun mit leuchtender Lampe oder ohne. Er schlich sich auf Zehenspitzen an, um Sasuke nicht zu wecken, falls dieser eingeschlafen war und drückte das Glas schließlich langsam auf, da die Tür nur angelehnt war. Er entdeckte Sasuke sofort an dessen Rechner und mit Kopfhörern auf den Ohren. Naruto seufzte erleichtert auf, dann musste er sich zumindest morgen früh nicht mit einem schlechtgelaunten Sasuke rumschlagen, wenn dieser Naruto zockend in seinem Wohnzimmer vorfand. Er trat näher, mittlerweile nicht mehr darauf bedacht möglichst leise zu sein, da er keine Angst mehr hatte jemanden zu wecken, außerdem hörte Sasuke ihn wahrscheinlich sowieso nicht, da er leidenschaftlich gern Hardrock hörte. Oder Heavy Metal und das bei einer ganz ordentlichen Lautstärke. Mittlerweile stand Naruto nur noch zwei Meter hinter Sasukes Bürostuhl und konnte ihm so über die Schulter blicken. Dieser bemerkte anscheinend durch die Spiegelung des Bildschirms Naruto, riss die Kopfhörer herunter und sprang auf. „Sag mal spinnst du?“ Sasuke sah ihn stocksauer an und seine Brust hob und senkte sich ungewöhnlich schnell. „Hab ich dich erschreckt?“, wollte Naruto wissen und lachte nervös auf. Er kratze sich am Hinterkopf und überlegte, ob es nicht doch schlauer gewesen wäre, ihm zumindest eine SMS zu schicken. „Nein, ich hab den ganzen Abend darauf gewartet, dass du plötzlich hinter mir stehst“, erklärte Sasuke sarkastisch und rieb sich die rechte Schläfe. „Und schon bin ich da. Tada.“ Naruto begann breit zu grinsen, sah dann aber an Sasuke vorbei auf dessen Bildschirm. „Wer ist das denn?“ Naruto musterte das Facebookprofil eines rothaarigen Mannes und wollte gerade den Namen lesen als Sasuke sich mit dem Rücken zu ihm in den Weg stellte und das Fenster schloss. „Niemand.“ „Dafür ist dir die Frage aber wirklich unangenehm.“ „Halt die Klappe. Was willst du überhaupt hier?“ Musste Sasuke ihn daran erinnern. Naruto ließ den Kopf hängen und schwieg für ein paar Sekunden, bevor er Sasuke, der sich mittlerweile wieder zu ihm gedreht hatte, ansah. „Ähm … na ja. Du kennst doch Hinata oder?“ Was für eine dämliche Frage. Naruto wollte gar nicht wissen, wie oft er ihren Namen in den letzten Wochen ausgesprochen hatte – oder gedacht. Natürlich wusste Sasuke wer sie war. „Ja“, kam die monotone und zu erwartende Antwort. „Nun ja, sie kommt nicht zur Uni, ignoriert jede SMS, hat ihr Handy ausgeschaltet und will mich bei sich zuhause nicht reinlassen. Ihre Arbeitskollegen wissen auch nichts und ich bin deswegen gerade etwas nervös.“ Sasuke nickte kurz. „Also … dachte ich mir, es wäre vielleicht sinnvoll ein bisschen Ablenkung zu bekommen, weil ich es alleine absolut nicht mehr aushalte. Zocken oder so. Und können wir uns setzten? Ich komm mir gerade vor wie ein Trottel.“ „Du bist ein Trottel.“ „Halt die Klappe.“ Naruto drehte sich demonstrativ weg und ging zur nagelneuen, schwarzen Ledercouch, um sich zu setzten. „Schreib an deiner Hausarbeit weiter, anstatt mich zu nerven“, schlug Sasuke vor und ließ sich wieder auf seinen Bürostuhl nieder. Zwischen den Beiden waren nun gut zehn Meter Platz und Naruto begutachtete in aller Ruhe das große Wohnzimmer, mit der Bücherwand rechts von ihm und dem großen Fernseher, inklusive Konsolen, die schräg neben ihm standen. Sein Blick fiel sogar auf die Familienfotos, die Sasuke auf eine Kommode gestellt hatte, um seiner Mutter eine Freude zu machen. Er sah überall hin, nur nicht zu seinem besten Freund, weil allein der Gedanke an diese dumme Hausarbeit ihn wieder an Hinata denken ließ und er nicht wie das absolute Weichei rüber kommen wollte. Allerdings … Sasuke hatte eindeutig Sakuras Date gestalkt, also sollte dieser wohl der Letzte sein, der bei solchen Dingen den Mund aufmachen sollte. „Du stehst auf Sakura, kann das sein?“ Naruto wusste nicht, woher diese Worte kamen oder wieso er sie gerade jetzt ausgesprochen hatte, aber solange sie sich nicht über Hinata unterhielten, war ihm das egal. Und er wollte endlich, dass dieses künstliche Drama zwischen Sasuke und Sakura endete. Langsam hatte er absolut die Schnauze voll. Allein, wenn er daran dachte, mit welchem schmerzvollen Blick Sakura ihm erzählt hatte, dass es Sasuke nicht interessierte, dass sie mit diesem Typen essen gehen wolle und die Tatsache, wie sie ihn im Krankenhaus angesehen hatte, musste doch jedem klar machen, wie es um sie stand. Auch, wenn Naruto nicht genau sagen konnte, wie tief Sakura selbst schon darin stecke, aber langsam wurde es doch lächerlich. Wenn Sasuke – man betone Sasuke! – lieber jemanden via Facebook stalke, anstatt es endlich zu sagen. Wovor hatten die zwei bitte Angst? Wahrscheinlich vor dem Selben, wie er. Dabei war doch gerade Sakura diejenige gewesen, die ihm erklärt hatte, dass Freundschaft nicht auf Dauer funktioniere, wenn man in den anderen verliebt sei, also wieso handelte sie dann so? „Blödsinn.“ Sasukes scharfe Erwiderung riss Naruto aus seinen wirren Gedanken. „Also suchst du aus Spaß nach diesem Kerl? Weil du nichts von ihr willst.“ „Wir sind befreundet.“ Naruto lachte. „Du leugnest nicht mal, dass er es wirklich war?“ Sasukes Augen funkelten zornig, doch Naruto konnte nicht aufhören. Er konnte einfach nicht aufhören zu lachen. Es tat so gut, den Stress und die Sorgen der letzten Tage loszuwerden, selbst, wenn es auf eine so irre Art und Weise war, wie diese. Aber das brauchte er im Moment einfach. Naruto hörte, wie Sasuke sich erhob und ein paar Sekunden später drückte er ihm die Hand auf den Mund. „Schau mal auf die Uhr. Du weckst das halbe Haus auf“, zischte Sasuke und wartete noch ein paar Augenblicke, bevor er Naruto los ließ. „Entschuldige. Aber die Ausrede ist doch dämlich. Du bist absolut nicht der Typ für so etwas und nur eine Freundschaft würde daran sicher auch nichts ändern, also verarsch mich nicht.“ Schweigen. „Wolltest du nicht zocken?“ ~*~ Naruto erwachte am nächsten Morgen halb vom Sofa hängend und den Controller immer noch auf dem Bauch und rieb sich müde die Augen. Er setzte sich langsam auf und streckte seine Arme nach oben und sah sich um. Sasuke betrat gerade den Raum, in der einen Hand hielt er eine Tüte, die er Naruto kommentarlos zu warf, in der anderen ein Magazin. „Danke“, gähnte Naruto und öffnete das Papier. Sein Magen begann zu knurren, als er den Inhalt sah und er merkte, was für einen Kohldampf er doch hatte, weshalb er sofort das belegte Brötchen rausholte und hungrig hinein biss. War zwar kein typisch, japanisches Frühstück, schmecke aber auch viel, viel besser und war nicht einmal halb so aufwendig. „Schmatz nicht so.“ Naruto streckte Sasuke die Zunge heraus und erhob sich von der Couch. „Du erlaubst mir normalerweise nie im Wohnzimmer zu essen. Was ist denn los?“ Naruto hob fragend eine Augenbraue und beobachtete Sasuke, wie dieser kurz seufzte, einen schnellen Blick auf die Zeitschrift in seiner Hand warf und wieder aufsah. „Hinatas Familiengeschichte hat mich verwundert“, begann Sasuke langsam, fast behutsam. Eine Tonlage, die Naruto zuvor bei ihm noch nie gehört hatte. Zumindest nicht so ernst, höchstens dann, wenn er Naruto wegen dessen 'Dummheit' hatte aufziehen wollen. „Geht mir ähnlich, aber worauf willst du hinaus?“ Sasuke hob die Zeitschrift als wolle er diese Naruto reichen. „Hier.“ Er sah seinen besten Freund fragend an. „Das ist ein Wirtschaftsmagazin. Schau es einfach mal durch.“ Naruto nahm es Sasuke ab und schaute sich das Cover an. Klang jetzt nicht wirklich nach etwas, was ihn sonderlich interessierte und eine Verbindung zu Hinata konnte er auch nicht erkennen. „Und was soll ich damit?“ „Hab ich doch gesagt. Durchschauen. Reicht auch, wenn du dir die Bilder anschaust. Du würdest das Meiste sowieso nicht verstehen.“ Naruto hob skeptisch eine Augenbraue (die unterschwellige Beleidigung ignorierte er mal). Da Sasuke keine weiteren Anstalten machte etwas zu sagen oder gar genauer zu erklären, öffnete Naruto augenverdrehend die Zeitschrift und begann gelangweilt zu blättern. Er verstand wirklich nicht, was Sasuke jetzt eigentlich von ihm wollte. Mit Wirtschaft hatte er genauso viel am Hut wie mit Schach. Also absolut gar nichts. Gut, Freunde, die sich dafür interessierten oder spielen, aber ihn selbst betraf es ja nicht. Er blätterte weiter und wurde mit jeder Seite ein Stück weit genervter von dieser Situation. Schließlich kam er zur Zeitschriftmitte, auf dessen Blättern eine doppelseitige Reportage abgedruckt war. Viel Text, ein paar Bilder, nichts Spektakuläres. Naruto wollte bereits zur nächsten Seite umschlagen als er sich die Fotos doch noch richtig ansah. Er stockte. „Was zum …?“ Naruto blinzelte ein paar Mal, doch das Foto vor ihm wollte sich einfach nicht verändern. Das war jetzt ein schlechter Witz, oder? Irgendjemand musste doch gleich hinter dem Fernseher hervor springen und laut 'Willkommen bei der versteckten Kamera!' rufen. Er sah mit weit aufgerissenen Augen auf, doch Sasuke erwiderte seinen Blick nur stumm. „Willst du mich verarschen?“ „Nein.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)