Lebensretter von Goetterspeise (vertraue dir selbst) ================================================================================ Prolog: Die Geschichte einer Prinzessin --------------------------------------- Es war einmal in einem weit entfernten Königreich ein ungleiches Geschwisterpaar. Die ältere Schwester, schüchtern und schweigsam und die Jüngere, aufgeschlossen und aufgedreht. An jenem Tag als die ältere der beiden Schwestern mit dem Prinzessinenunterricht begann, ereignete sich ein schwerer Unfall und die Mutter der Mädchen, die Königin des Reiches, stürzte mit der Kusche einen Abhang hinab und verstarb. Der König - und bis zu diesem Tage liebevolle Vater - wurde kalt und abweisend und besuchte seine Töchter nur noch selten in ihren Gemächern. Abend für Abend dachte die ältere Schwester, am Fenster sitzend und nach draußen in den Nachthimmel schauend, über die schöne Zeit nach, die mit dieser schrecklichen Tragödie so abrupt hatte enden müssen. Das tägliche zu Bett gehen, bei dem ihre Eltern stets gemeinsam gekommen waren und sie liebevoll auf die Stirn geküsst hatten, bevor sie sie zugedeckt hatten. Die Sonntagnachmittage, an denen sie immer ausgeritten waren, um auf den Wiesen vor dem Schloss spazieren zu gehen. Und natürlich das Abendessen, bei dem sich ausgelassen unterhalten wurde. All dies waren nur noch Erinnerungen, die weit entfernt wirkten. Unwriklich, wie aus einer anderen Welt. Die Jahre vergingen und die beiden Mädchen wuchsen zu jungen Frauen heran. Während die ältere Schwester bereits in das Alter gekommen war, in welchem sie sich um die Staatsangelegenheiten kümmern konnte, musste die Jüngere noch den täglichen Unterricht besuchen, doch es zeigte sich bereits jetzt, dass es wohl die kleine Schwester sein würde, die eines Tages den Thron erben würde. Das ältere Mädchen war nicht neidisch, sie freute sich sogar für ihre Schwester, denn ihr selbst war durchaus bewusst, dass sie niemals dazu in der Lage sein würde, alleine ein Königreich zu führen. Sie war zu ruhig und konnte keine harten Entscheidungen treffen. Selbst, wenn mit den Jahren das Selbstvertrauen in ihr gewachsen war. Doch dann geschah etwas, mit dem niemand mehr gerechnet hätte. Der König heiratete erneut. Eine Frau, deren Haarfarbe so hell wie der Tag und Seele so schwarz wie die Nacht war. Sie schickte die jüngere Tochter weit weg, um sie 'besser auf ihre späteren Aufgaben vorbereiten zu können' und nahm der Älteren das Selbstvertrauen, welches sie sich so lange Zeit hatte aufbauen müssen. Der König, der es sicher nur gut gemeint hatte, weil er selbst nicht mehr in der Lage war, mit seinen Töchtern zu sprechen, war so hingerissen von seiner neuen Braut, dass er sie machen ließ, was ihr beliebte. Er war erfreut, dass seine zwei Mädchen eine neue Mutter erhalten hatte, die nur das Beste für sie wollte, dass er sich nicht dazu in der Lage sah, die Wahrheit hinter ihren süßen Worten zu sehen. Und so änderte sich die Rangfolge auf das Thronerbe. Die ältere Schwester, die nun allein im Schloss saß und die peinigenden Worte ihrer Mutter über sich ergehen lassen musste, fand nur dann Ruhe und Frieden wenn sie am Fenster saß und die Sterne beobachtete. Und in einer dieser Nächte änderte sich ihr Leben erneut gewaltsam. Sie war kurz davor sich schlafen zu legen, als der Hauptmann – ihr Onkel – den Raum betrat und sie bat mitzukommen. Voller Angst stand sie vor ihrem Vater und seiner Frau und sah an den Blicken der beiden, dass die folgenden Worte nur etwas Böses bedeuten konnten. Es war ihre neue Mutter, die das Wort ergriff und ihr zum Vorwurf machte, die Schätze des Königs geraubt zu haben. Voller Schock konnte sich das Mädchen nicht mehr bewegen, ihre Glieder waren steif und aufgrund ihres mangelnden Selbstbewusstseins schwieg sie nur. Ohne Widerworte ließ sie sich abführen und in den Kerker bringen. Sie wusste, dass ihr nichts anderes blieb als die Strafe, die ihr der König auferlegen würde – und dabei konnte es sich nur um den Galgen handeln – zu akzeptieren. Sie würde sich ihrem Schicksal hingeben müssen, in dem Wissen, dass sie nicht bereit dazu gewesen war zu kämpfen. Die Tage kamen und gingen und niemand besuchte sie, bis auf die Wache, die ihr täglich ihr Essen brachte. Mit einem traurigen Blick bedachte er sie, sagte aber ebenfalls kein Wort und auch ihr Versuch ihn freundlich anzulächeln, änderte an seinen Augen nichts. Es brach ihr das Herz. Eines Nachts wurde sie unsanft aus ihrem Schlaf gerissen und der Sohn des Hauptmannes stand plötzlich vor ihr. Sie blickte ihn verschlafen, von Tränen geröteten Augen an und verstand nicht, wieso er sie plötzlich hochzog und ihr einen alten Jagdmantel um die Schultern legte. Sie öffnete ihren Mund, doch er legte einen Zeigefinger auf seine Lippen um ihr zu bedeuten, dass sie schweigen solle. Sie rannten die Kerkergänge entlang, verstecken sich vor den Wachen und schlichen durch die Burg und hinaus in die Unterstadt. Er führte sie durch Gassen und verlassene Häuser, Ställe und Gärten. Schließlich gelangten sie vor die Mauer und er bedeutete ihr wortlos in den Wald zu rennen. Er übergab ihr noch einen kleinen Lederbeutel, der ungewöhnlich schwer in ihrer Hand lag und drehte sich dann weg. Sie begann zu rennen. Weit fort von hier. Von ihrer Familie. Von dieser schrecklichen Frau. Und von ihrer eigentlichen Aufgabe, die sie nie als die ihre angesehen hatte. In dieser Nacht rettete er ihr das Leben, welches ihr zwei Tage später hätte genommen werden sollen. Sie rannte und rannte, bis die Sonne aufging und gelangte schließlich zu einem alten Gasthaus, in welchem sie Unterschlupf und etwas zu Essen erhielt. Sie hatte ihre Familie, ihren Vater nicht verlassen wollen, doch die Angst vor dem Tode wiegte schwerer als die Wut über diese Behandlung. Sie musste fort von hier, dorthin, wo niemand sie kannte und keiner Fragen stellte. An einen Ort, an den nichts sie an ihr Leben im Schloss erinnerte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)