Die vergessene Kommandantin von Kenja (Memoiren der Akari) ================================================================================ Kapitel 6: Der Traum von Anfang an ---------------------------------- Der Tag der Prüfung war gekommen. Es gab mehrere Prüfungsteile und tatsächlich war der erste Teil, auf den ich mich am meisten gefreut hatte, der, der mich am meisten enttäuschte. Wir durften das erste Mal eine echte Schlacht in der Welt der Lebenden ausfechten. Wir besuchten eine Stadt, in der vermehrt Hollows ihr Unwesen trieben, die allerdings für keinen von uns eine Herausforderung darstellten. Innerhalb von wenigen Stunden waren wir wieder zurück in der Akademie. Die weiteren Prüfungsabschnitte waren ähnlich, wie in unserer Zwischenprüfung im Jahr zuvor, nur dass von jeder Kompanie der Gotei 13 jemand vertreten war, der die Anwärter beobachtete und bewertete. Jeder Prüfling durfte vorab Wünsche abgeben, in welche Kompanie er oder sie gerne eingeteilt werden würde, doch ich war unentschieden, weshalb ich keinen Wunsch abgab. Die Prüfungen waren wesentlich länger und intensiver als alle vorherigen, weil wir viele unterschiedliche Aufgabengebiete erledigen mussten. Nicht nur Kido und Schwertkampf, sondern auch Heilkräfte, Organisation, Autorität, Personalführung aber auch Dokumentation. Insgesamt dauerten alle Prüfungsteile zwei Tage und ich weiß noch, dass wir alle nach dem letzten Prüfungsteil auf einer Bank saßen und auf unsere Ergebnisse warteten. Etliche andere saßen um uns herum und erzählten sich gegenseitig, wie sie welche Aufgabe gelöst hatten, wir hatten abgemacht nicht ein Wort über unsere Prüfungen zu verlieren und das war allen recht. „Kuchiki, Byakuya“, war der Erste, der von uns aufgerufen wurde. Ein junger Shinigami, der ein großes Pergament in der Hand hielt, musterte Byakuya mit offener Neugier, als dieser sich auf den Weg zum Prüfungsausschuss machte. Ich drückte seine Schulter kurz und er ging hinein. Eine Weile geschah nichts, dann kam der junge Shinigami zurück, rief einige andere Leute auf, die ich flüchtig kannte. Schließlich las er, „Matsumoto, Rangiku“, vor. Sie schluckte und atmete tief durch, bevor auch sie in den dunklen Gang verschwand. Das Warten war das Schlimmste. „Miyazaki, Akari“, ich ballte meine Hände zu Fäusten, um die Nervosität aus meinen Fingern zu pressen. Yamachi und Kisuke nickten mir aufmunternd zu und ich folgte dem Weg, den auch Rangiku und Byakuya schon gegangen waren. Ich fand mich in dem Prüfungssaal wieder und beobachtete die Vertreter, der unterschiedlichen Kompanien auf ihren Papieren herumkritzeln. „Miyazaki, Akari“, begrüßte mich Choujirou Sasakibe, der Vizekommandant der ersten Einheit, der diese Sitzung leitete. Es war meine erste Begegnung mit ihm. „Deine Ergebnisse waren hervorragend, nur deine Heilkünste könntest du noch weiter ausbauen. Wie dem auch sei, wir haben deine Fähigkeiten auf die eines Offiziers im vierten Rang eingestuft und die zehnte Kompanie wünscht dich in ihren Reihen“, er nickte einem älteren Mann zu, den ich als Ivan Youru erkannte, er war der dritte Offizier der Zehnten Kompanie und besetzte damit das zurzeit höchste Amt der Kompanie. Es war schon eine Weile her, dass die Zehnte Kompanie einen Kommandanten oder Vizekommandanten gehabt hatte. „Nimmst du dieses Amt an?“, fragte Sasakibe mich und ich brauchte einen kurzen Moment, um meine Stimme wiederzufinden, da ich noch immer nicht recht begriff, was ich da gerade gehört hatte. „Ja-ja, das tue ich“, sagte ich und war erstaunt darüber, wie fest meine Stimme klang. Ivan Youru lächelte mich an. Er erhob sich, schnappte sich ein Bündel und kam auf mich zu. „Herzlich willkommen in der Zehnten“, sagte er freundlich und reichte mir das Bündel. Ich erkannte, dass es sich um meine Shinigami Uniform handelte und dazu ein hölzernes Wappen mit dem Zeichen der Zehnten Kompanie und des vierten Offiziers. Ich schluckte und nahm das Bündel an. „Danke, ich freue mich“, gab ich zu und er wies mich an, in die Baracken der zehnten Einheit zu gehen. Ich verließ den Raum und atmete einmal tief durch. Dann folgte ich seinen Anweisungen, bis ich an einem großen Raum ankam. Ich schob langsam die Tür auf und erkannte zwei weitere Personen, die ein ähnliches Bündel in den Armen hielten wie ich und auf dem Boden hockten. „Akari!“, schrie die eine und ich erkannte, dass es sich um Rangiku handelte. Sie sprang auf und nahm mich in die Arme. „Wir sind in der gleichen Kompanie?“, rief sie freudig und auch ich drückte sie an mich, dann fiel ihr Blick auf mein Wappen und ihr stockte der Atem. „Vierte?“, flüsterte sie und ich nickte langsam, hoffte aber, dass sie den Unglauben in meinen Augen erkannte. Sie zeigte mir ihr eigenes Wappen und ich war freudig erstaunt, dass auch sie einen Offiziersrang erreicht hatte. „Zehnte, das ist doch wunderbar“, sagte ich und sie zuckte etwas verlegen mit den Schultern. Sie hatte nicht damit gerechnet, überhaupt einen Offiziersrang zu erreichen. Es gab in jeder Kompanie zwanzig Offiziere. Sie hatte den zehnten Rang, gehörte damit also zu den zehn stärksten der Kompanie. Ihr Training hatte sich also wirklich bezahlt gemacht. Noch einige Weitere kamen in den Raum, aber keiner unserer Freunde war dabei und auch trug keiner von ihnen ein Holzwappen bei sich. Es dauerte fast zwei Stunden, bis Ivan Youru eintraf und uns offiziell noch einmal begrüßen konnte. Er wies allen ihre Schlafräume zu bis auf Rangiku und mir. Er bat uns noch einen Moment dazubleiben, während die anderen nun ihre Sachen aus der Akademie oder von zu Hause holen konnten, um diese in ihre neuen Unterkünfte zu bringen. „Es gibt für jeden Offizier ein Einzelzimmer, die Suiten für Vizekommandanten und Kommandanten sind oben, aber das dürfte euch zurzeit nicht interessieren, da sie nicht besetzt sind, wie ihr sicher wisst“, er kramte in einem Schrank herum, „hier sind die Schlüssel“, er reichte jedem von uns einen kleinen Schlüssel, auf dem eine Zahl eingraviert war. Auf meinem die vier und Rangikus die zehn. „Sie befinden sich hier im linken Teil des Hauptgebäudes, nur die ersten Zehn haben ihre Zimmer im Hauptgebäude, die unteren zehn haben ihre Unterkünfte zwischen den Schlafräumen der anderen“, erklärte er weiter und zeigte auf eine Karte, welche die Umrisse der Gebäude der Zehnten Kompanie zeigte. Das war der Beginn meiner Karriere in der Gotei 13. Mein Zimmer war nicht besonders groß, doch im Gegensatz zu unserem Schlafraum in der Akademie wirkte es riesig. Ich hatte mein eigenes kleines Badezimmer und eine eigene kleine Küche. Rangikus Zimmer war eine exakte Kopie von meinem. An unseren Türen prangten die gleichen Symbole, wie auf unseren Schlüsseln und den Holzwappen: das Emblem der zehnten Kompanie und der jeweilige Rang. Ich hatte mein Zimmer fast fertig erkundet, als es an die Tür klopfte und Rangiku in ihrer Shinigami Uniform vor mir stand. Auch ich hatte mich umgezogen und ein seltsames Gefühl überkam mich. Ich spürte den neuen Lebensabschnitt, den ich gerade betrat. „Steht uns, würde ich sagen“, bemerkte Rangiku mit einem Grinsen und ich lachte. „Wollen wir?“, fragte sie und ich nickte. Wir hatten zuvor mit den Anderen abgemacht, dass wir uns um elf Uhr an unserem Lieblingsplatz treffen würden, die Wiese an der Akademie. Es war dunkel und eine kühle Brise wirbelte unsere Uniformen auf. Ich musste mich zurückhalten, um Rangiku nicht abzuhängen, da ich dank Yoruichis Training nun wesentlich schneller war als sie. Als wir auf der Wiese ankamen, saß dort bereits eine Gestalt. Als wir näherkamen, erkannte ich, dass es Kisuke war. Auch er trug die schwarze Shinigami Uniform und auch er hatte ein Holzwappen an seinem Arm befestig. „Guten Abend, ihr hübschen Offizierinnen“, begrüßte er uns schelmisch und Rangiku lachte fröhlich, all die Last schien von ihr abgefallen zu sein. Sie ließ sich auf die Wiese plumpsen. „Kisuke, Mensch, du auch den vierten Rang?“, fragte sie und musterte sein Wappen. „Ihr beiden, immer die Streber was“, neckte sie uns und auch ich setzte mich auf die Wiese. Kisuke und ich warfen uns einen Blick zu und lachten, doch ich wendete den Blick schnell wieder ab. Seit unserem Gespräch vor einer Woche war es seltsam zwischen uns. Kisuke verhielt sich mir gegenüber wie zuvor und doch bemerkte ich seine Seitenblicke, wenn er dachte, dass ich nicht hinsah. Ich spürte, dass ich ihm eine Antwort schuldig war und doch war ich dem bisher gezielt aus dem Weg gegangen. „Zweite Kompanie, mh?“, stellte Rangiku fest und riss mich so aus meinen Gedanken. Auch ich warf erneut einen Blick auf Kisukes Wappen. Yoruichi hatte ihn gewählt als Offizier, mich allerdings nicht. Obwohl ich es nicht zugeben wollte, versetzte mir das einen kleinen Stich. Dann spürte ich einen Windhauch und wie aus dem Nichts saß Byakuya neben mir, ein Bein lang gestreckt und eines gelassen angewinkelt. Es war für lange Zeit das letzte Mal, dass ich ihn so gelassen auf einer Wiese würde sitzen sehen. Er grinste breit, als er mein Wappen sah, und ich erwiderte sein Grinsen. „Noch ein vierter Offizier? Mensch mit euch kann ich mich ja gar nicht sehen lassen“, stöhnte Rangiku und Byakuya rollte mit den Augen. Er war vierter Offizier der sechsten Einheit und somit auf einem guten Weg, eines Tages den Platz seines Großvaters, dem Kommandanten der sechsten Kompanie, einzunehmen. Wir plauderten eine Weile entspannt, erzählten uns nun auch ein wenig von den Prüfungen und lachten gemeinsam, als Yamachi endlich auftauchte. Er trug seine übliche Kleidung und setzte sich nicht. Wir verstummten. „Yamachi ...“, begann ich leise, doch er lächelte breit: „Rang des neunzehnten Offiziers der Elften.“ Wir gratulierten ihm, doch spürte ich bereits, dass er noch etwas zu sagen hatte. Er sah mich an und alle anderen wurden still. „Ich habe den Job abgelehnt.“ Ich lächelte und auch die anderen schienen das erwartet zu haben, nur Rangiku wirkte verdutzt: „Was?“, fragte sie erstaunt. „Wisst ihr... eigentlich habe ich diese Prüfung nur gemacht um mir zu beweisen, dass ich es kann. Aber ich werde schon sehr bald Familienoberhaupt werden und die Familie Miyazaki hat sehr viele Verantwortungsbereiche. Uns gehören viele Firmen in Rukongai, um die ich mich kümmern muss, ich würde auf jeden Fall eines von beidem vernachlässigen ... das könnte ich weder meiner Kompanie, noch meiner Familie antun.“ Obwohl ich es seit langem gewusst hatte, stimmte es mich dennoch traurig. Es würde bedeuten, Yamachi deutlich seltener zu Gesicht zu bekommen. Trotz allem gratulierten wir ihm zu seiner tollen Leistung und stießen auf unsere gelungenen Prüfungen an. Rangiku hatte eine Flasche Sekt dabei und selbst Byakuya ließ es sich nicht nehmen, mit uns anzustoßen. Wir lachten herzlich, erzählten von unseren Prüfungen und aßen Süßigkeiten, als ich plötzlich ein Reiatsu spürte, dass ich schon lange nicht gespürt hatte. Alle wurden still, als eine Person langsam auf uns zu kam. „Herzlichen Glückwunsch ... euch allen“, sagte er und keiner antwortete ihm. Es war Gin der dort stand. Ich hob den Blick und unsere Augen trafen sich für einen Moment. Die Stille wurde drückend und Gins Lippen verzogen sich zu einem traurigen Lächeln. Er machte auf dem Absatz kehrt und schickte sich an, davonzugehen, da platzte ein „Danke“, aus mir heraus. Er blieb kurz stehen, drehte sich noch einmal um und warf mir ein kurzes Lächeln zu, bevor er erneut verschwand. Ich spürte Kisukes Blick in meinem Nacken und sah, dass seine Hände sich zu Fäusten geballt hatten, doch er sagte nichts. Ich schnappte mein Glas und hielt es Rangiku hin: „Ich brauch noch einen Drink.“ Die ersten Einsätze in der Welt der Lebenden waren aufregend, gefährlich und witzig. Die Lebenden konnten uns nicht sehen, was hin und wieder zu amüsanten Gegebenheiten führte und die niederen Hollows ließen sich leicht besiegen. Doch auch einige stärkeren Gegnern begegneten mir ab und zu. Es dauerte nur ein paar Monate, da wurden Byakuya und Kisuke bereits auf den dritten Rang befördert. Ich nicht. Aber nicht, weil ich nicht die Fähigkeiten dazu hatte, sondern weil es eine Absprache zwischen mir und Ivan war. Ich hatte es meinem dritten Offizier versprochen, auch wenn ich seinen Worten nicht recht glauben wollte. „Hör zu Akari, jetzt schon bist du stärker als ich, aber sie können dich nicht gleich auf einen höheren Rang setzen als den vierten, sie wollen, dass du zuerst Erfahrung sammelst. Deshalb werde sie dir in ein paar Monaten meinen Job anbieten ... ich möchte dich bitten, ihn nicht anzunehmen“, für einen Moment hatte ich ihn fast böse angesehen, doch er schüttelte den Kopf, „Versteh mich bitte nicht falsch. Es ist nur ... ich möchte nicht degradiert werden und ich bin mir sicher, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sie dir den Posten des Vizekommandanten anbieten werden.“ Tatsächlich dauerte es nicht lange und ich fand mich in einem Raum erneut Sasakibe gegenüber. Neben ihm saßen noch ein paar Offiziere, die ich nicht kannte. „Warum?“, fragte der VizeKommandant der ersten Einheit hochgezogenen Augenbrauen, als ich die Beförderung ausschlug. Ich beschloss, bei der Wahrheit zu bleiben. „Ich möchte niemandem seine Position wegnehmen, wenn ich mit Training und Disziplin eine freistehende Position erreichen kann.“ Das hatte ihn belustigt. Ich verbrachte den restlichen Tag mit Rangiku, die ebenfalls befördert worden war. Und wir backten eine Rhabarber-Möhren Torte. „Hallo Ladies“, hörte ich eine raue Stimme und wir drehten uns herum. „Shin!?“, rief ich erstaunt aus, als ich meinen alten Freund in der Tür erkannte, den ich zuletzt vor meiner Prüfung gesehen hatte. „Akari, hab gehört du bist jetzt meine Vorgesetzte“, lachte er und ich grinste ihn breit an. „Rangiku, darf ich dir unseren fünften Offizier vorstellen?“. „Ich wohne im Zimmer nebenan“, erklärte er, setzte sich einfach dazu und nahm sich ein Stück Torte. „Ich bin Isshin Shiba“, stellte er sich Rangiku vor, die seine Hand schüttelte, dabei recht verdattert wirkte. „Eigentlich wollte ich mir den Rang des vierten holen, aber du kamst mir zuvor“, sein Blick wirkte belustigt, aber auch herausfordernd. „Keine Sorge, den mache ich dir bald frei“, erwiderte ich und Shin brach in Gelächter aus. „Shiba, mh?“, fragte Rangiku und auch ich kannte den Namen. Die Familie Shiba gehörte zu eine der niederen Adelsfamilien, die außerhalb von Seireitei lebten. Mir war vorher nie bewusst gewesen, dass Shin zu ihnen gehörte. „Ich hatte einen längeren Einsatz in der Welt der Lebenden, mehrere Wochen da unten und das hier ist wie das Paradies. Eure Torte ist selten... aber lecker“, er nahm sich ein zweites Stück und wir lachten. Er war ein witziger Typ, mit dem wir uns gut verstanden. „Hey“, ich drehte mich herum, Kisuke war gekommen. Wir hatten ihn eingeladen um die Beförderungen zu feiern, sein Blick wanderte leicht verwirrt zu Shin, der sich mit vollem Mund vorstellte. Irgendwie ähnelten sie sich auf gewisse Weise. Byakuya schickte uns eine kurze Nachricht, dass er keine Zeit hatte und so schickten wir ihm ein Stück unserer Torte zur sechsten Einheit. „So, ich werde ins Bett gehen“, murmelte Rangiku irgendwann und auch Shin streckte sich genüsslich. „Dann mache ich mich wohl besser auch auf den Weg“, erklärte Kisuke, doch als Shin und Rangiku mein Zimmer gerade verließen und Kisuke ihnen folgen wollte, rief ich ihn zurück. „Jemand könnte mir schon beim Aufräumen helfen“, brummte ich ihn an, Rangiku beschleunigte ihren Schritt. Mit aufräumen hatte sie es nicht so und Shin tat es ihr gleich, er warf die Tür hinter sich zu. Ich hätte kein Problem damit gehabt allein aufzuräumen, es waren ja eigentlich nur vier Teller, aber ich wollte diese Gelegenheit nutzen, um mit Kisuke allein zu sprechen. Er schien das zu spüren. Ganz ruhig stapelte er die Teller vor sich und sagte nichts. Es fiel mir schwer, die passenden Worte zu finden, vor allem aber fiel es mir schwer, meine Gedanken richtig zu sortieren. „Ich habe viel nachgedacht“, begann ich langsam und Kisuke hielt in seinem Tun inne. „Als ich damals… diesen Einsatz in Rukongai hatte…“, ich stockte einen Moment. Kisuke blickte mich nun ganz offen an und es fiel mir schwer, ihm direkt in die Augen zu schauen. „Irgendwie müssen damals die Erinnerungen von Rangiku… Byakuya, meiner Mutter und vermutlich noch einigen weiteren Leuten manipuliert worden sein. Ich kann mir nicht ganz erklären, wie… aber das muss schon ein ziemlich mächtiger Shinigami gewesen sein. Ich glaube… als Gin sich von mir trennte, wollte er mich damit beschützen.“ Kisuke senkte den Blick und für einen Moment befürchtete ich, dass er einfach aufstehen und gehen würde. Doch dann sah er mich erneut direkt an. „Ich glaube, du hast Recht“, sagte er ganz einfach und ich konnte fast nicht glauben, was ich da hörte. „Ich glaube aber auch, dass du die ganze Geschichte gewaltig unterschätzt, Akari.“ Ich runzelte die Stirn und sagte nichts, wartete einfach einen Moment, bis er das Ganze weiter ausführte. „Das, was der Hollow auf dich abgefeuert hat… nennt man ein Cero. Das ist ein äußerst mächtiger Angriff und die Heilung einer solchen Wunde erfordert aller höchste Heilkunst und vor allem… Akari, wenn nach drei Tagen von einer solchen Wunde nur noch eine so blasse Narbe zu sehen ist…“ er stockte und ich sah ihn erwartungsvoll an. „Dann was?“ Er legte den Kopf schief. „Das ist wirklich allerhöchste Heilkunst. Ich will mir nicht anmaßen, mich in diesem Bereich gut auszukennen, deshalb habe ich, natürlich unter höchster Diskretion, ein paar Nachforschungen angestellt damals.“ „Du hast was?“, ich wusste nicht genau, ob ich wütend oder verwundert sein sollte, doch Kisuke hob direkt abwehrend die Hände. „Keine Sorge, ich habe so viele unterschiedliche Fragen gestellt, dass niemandem diese Frage dazwischen aufgefallen sein wird! Aber ja, ich habe mit ein paar Heilern der vierten Kompanie gesprochen und sie alle waren sich einig: Ein solche Wunde so schnell zu heilen, kann nur eine einzige Person in ganz Seireitei vollbringen.“ Für einen Moment war es komplett still und ich hatte das Gefühl, die Antwort dazu bereits zu kennen. „Retsu Unohana.“ Die Kommandantin der vierten Kompanie, oberste Heilerin der Gotei 13. Ich schluckte. „Aber wenn sie mich damals geheilt hat… Ich mein, ich war eine Studentin der Akademie, hätte sie einen solchen Vorfall nicht melden müssen?“ Kisuke nickte und ich sah, dass seine Hände sich zu Fäusten geballt hatten. „Ja, das hätte sie bestimmt auch getan… wenn sie sich daran erinnern würde.“ Es traf mich wie ein Schlag und für einen Moment blieb mir die Luft weg. „Aber kann das… sein?“ „Akari, auch Ichimaru hätte das melden müssen oder jeder andere ausgebildete Shinigami, der bei diesem Einsatz damals dabei war. Aber irgendjemand scheint dafür gesorgt zu haben, dass alle vergessen haben, dass es überhaupt passiert ist. Irgendjemand wollte dieses Ereignis vertuschen und wenn dieser jemand die Macht hat, sogar die Kommandantin der vierten Einheit hinters Licht zu führen, müssen wir auf der Hut sein…“ Ich schluckte und wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Meine Kehle brannte, doch ich wollte nicht vor Kisuke weinen, also sagte ich kein Wort. „Ich weiß, dass du Gin vertraust… und ich glaube auch nicht, dass er dir wirklich etwas Böses wollte, aber wer weiß, in was er da hineingeraten ist. Er erinnert sich immerhin noch an alles, was zeigt, dass er da irgendwie mit drinsteckt. Wir sollten ihn im Auge behalten… ihn und diesen Aizen.“ „Meinst du, auch Aizen hat etwas damit zu tun?“ „Er war der ranghöchste Shinigami, der damals mit euch unterwegs war, richtig? Er war derjenige, der uns damals immer wieder mit auf diese Einsätze nehmen wollte und er ist derjenige… der sich für ziemlich fragwürdige Forschungsgebiete interessiert. Ich traue ihm nicht und das solltest du auch nicht tun, Akari. Und auch wenn Gin dir vielleicht nichts Böses will… wir sollten auch ihm nicht trauen, auch wenn es dir schwerfällt.“ Ich stand auf und drehte mich weg, um die Tränen zu verbergen, die mir nun aus den Augen rannen. Ich atmete tief durch und versuchte. Mich wieder zu fassen, doch Kisuke hatte einfach nur bestätigt, was ich bereits befürchtet hatte. Zwar wusste keiner von uns beiden, was geschehen war, doch wir beide verstanden, dass es nichts Gutes sein konnte und wir gefährlich nah an etwas Unheilvollem waren. Plötzlich spürte ich Kisukes Hand auf meiner Schulter. „Akari“, begann er, doch ich wollte nichts weiter hören, ich drehte mich abrupt herum und vergrub mein Gesicht an seiner Brust. Ohne ein weiteres Wort legte er die Arme um mich und ich genoss diesen Moment einfach. Ich wusste, dass es nicht fair war, ihm körperlich so nah zu kommen, nachdem er mir seine Gefühle gestanden und ich nie darauf geantwortet hatte, doch seine Umarmung schien mich von innen heraus zu heilen. Ich löste mich und sah ihn an. „Entschuldige“, murmelte ich und wische eine letzte Träne aus meinem Gesicht. „Schon gut, dafür sind Freunde doch da“, erwiderte er und für einen Moment sahen wir uns an. Ich spürte ein Kribbeln in meinem Bauch und wandte den Blick von ihm ab. „Kisuke, hör mal…“, begann ich stammelnd, doch er wandte sich ab. „Schon gut, Akari. Wie gesagt, du kannst einfach vergessen, was ich da gesagt habe…“ „Aber ich will es gar nicht vergessen… ich kann nur einfach… noch nicht, ich“ Ich stammelte, fand erneut die Worte nicht. Kisuke stand noch immer recht nah bei mir und lehnte sich etwas vor, sodass seine Lippen ganz nah an meinem Ohr waren. „Schon gut. Ich kann warten“, hauchte er und ich spürte seinen Atem auf meiner Haut. Seine Hand griff nach meiner, drückte sie kurz und ohne ein weiteres Wort verschwand er aus meinen Gemächern. Noch eine ganze Weile stand ich wie eine Statue an der Stelle, an der er mich zurückgelassen hatte und spürte die Wärme seiner Hand in meiner. Die Monate flogen dahin und zwischen Kisuke und mir kehrte eine gewisse Normalität zurück, bei der ich jedoch stets im Hinterkopf hatte, ihm noch etwas schuldig zu sein. Wir verbrachten weniger Zeit als vor unserer Prüfung miteinander und so konnte ich Situationen aus dem Weg gehen, in denen wir alleine waren. Im späten Herbst jedoch, wurde uns ein Fall in der Welt der Lebenden zugeteilt. Es war eine Entscheidung von weiter oben und so konnte ich mich dem nicht verwehren. Es war seit langem das erste Mal, dass wir Zeit zu zweit verbrachten und ich mich so wieder den vielen unausgesprochenen Dingen gegenübersah, die zwischen uns lagen. Wir jagten einen äußerst geschickten Hollow durch die Welt der Lebenden, der stärker war als die meisten Hollows, die ich bisher bekämpft hatte und wir hatten so einige Schwierigkeiten, bis wir ihn endlich vernichten konnten. Wir würden das in der Seireitei melden müssen. Bevor wir jedoch zurückkehrten, schlenderten wir durch ein kleines Dorf und musterten die Architektur der Gebäude. Sowohl Kisuke als auch ich hatten Gefallen daran gefunden, die Werke der Menschen zu bestaunen. In einer kleinen Seitengasse entdeckten wir ein kleines Geschäft. Kisuke musterte das Schaufenster eine Zeit lang und ich beobachtete ihn aufmerksam. „Kann ich mir gut vorstellen“, murmelte ich und er warf mir einen verwirrten Blick zu. „Was?“ „Ich kann mir gut vorstellen, wie du in so einem Laden arbeitest. Du wärst dein bester Kunde.“ Er lachte und warf mir einen Blick tiefster Zuneigung entgegen, der mich verlegen machte. „Ja wenn ich kein Shinigami wäre, hätte ich sicher so ein Süßwarengeschäft.“ Noch eine Weile standen wir so vor dem Laden und beobachtete eine Mutter mit einem kleinen Kind, die eine riesige Tüte voll Bonbons kauften. Wir machten uns auf den Weg zurück in die Soul Society und nachdem wir von unserem Auftrag berichtet hatten, kam mir ein Gedanke. Ich wühlte mich durch meinen Schrank und fand schon bald, was ich gesucht hatte. Flink machte ich mich auf den Weg zu Kisuke, den ich tatsächlich zum allerersten Mal in seiner Unterkunft besuchte. Er öffnete die Tür und blinzelte verwundert, als er mich dort stehen sah. Es war seltsam, meistens hatten wir uns bei Rangiku oder mir getroffen, nie hatte ich sein Zimmer gesehen. Es war ganz ähnlich aufgebaut wie meins, aber mit anderen Möbeln. Außerdem hatte er einen riesigen Tisch, auf dem Reagenzgläser und Werkzeuge standen. „Ich habe etwas für dich“, sagte ich und ohne Umschweife reichte ich ihm eine Papiertüte, aus der er nun einen großen roten Lolly herauszog. Er begann herzlich zu lachen und es erwärmte mein Herz, ihn so fröhlich zu sehen. „Vielen Dank für dieses Geschenk!“ „Danke, dass du so lange auf mich wartest“, flüsterte ich, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und ließ ihn verwirrt aber lächelnd im Gang zurück. Es war ein Stück für Stück annähern. Ein weiteres Jahr zog ins Land, wir verbrachten öfter Zeit zu zweit. Dieses unangenehme Gefühl zwischen uns schwand mit jedem Tag. Das Gute war, dass wir unglaublich viel zu tun hatten und so kaum Zeit hatten unseren Gedanken nachzuhängen. Rangiku war nun schon auf den siebten Rang aufgestiegen, sie lernte schneller, seitdem sie echte Kämpfe bestritt. Dann kam ein Tag, an dem ich gerade dabei war einigen Shinigami Fälle zuzuweisen, als die Tür sich öffnete und zwei Kommandanten in der Tür standen. Ich hielt inne in meinem Tun und hielt den Atem an. Yoruichi kannte ich gut, aber mit Unohana hatte ich noch nicht sehr viel zu tun gehabt. Sie war die Kommandantin der vierten Kompanie und die beste Heilerin der Soul Society. Ein plötzlicher Schmerz, gefolgt von einer verschwommenen Erinnerung durchzuckte meinen Kopf und ich hielt mir die Hände an die Schläfen. Es war, als hätte ich Unohana schon einmal gesehen, über mich gebeugt mit einem ernsten Blick. Das Bild verschwand genauso schnell, wie es gekommen war. Ich musste an mein Gespräch mit Kisuke denken und ein säuerlicher Geschmack legte sich in meinen Mund. Die verschwommene Erinnerung bestätigte Kisukes Vermutung, dass Unohana meine Verletzung damals geheilt hatte und damit schien auch seine Theorie, dass es ein unglaublich starker Shinigami gewesen sein musste, der die Erinnerung meiner Freunde und auch die von Unonaha selbst, manipuliert hatte. „Miyazaki, Akari“, sagte sie leise und riss mich so aus meinen Gedanken. Yoruichi verschränkte die Arme mit einem frechen Grinsen im Gesicht. „Würdest du bitte mit uns kommen.“ Ich folgte den beiden stumm, immer noch in Gedanken vertieft, bis ich erstaunt feststellte, dass wir in der ersten Kompanie angekommen waren. Wir befanden uns in einem Raum, der ein wenig an die Trainingsräume der Akademie erinnerte, jedoch größer und moderner. „Es ist eine Art Prüfung, bitte gib dein Bestes“, sagte Unohana und Yoruichi nickte mir aufmunternd zu. Sie legten mir Elektroden an, wie in den Trainingsräumen und setzten sich in einen Nebenraum, den man durch ein Fenster sehen konnte und beobachteten mich. Es begann mit gewöhnlichen Hollows, wurde zu stärkeren und schließlich waren es andere Shinigami, die alle das gleiche Gesicht hatten. Hier musste ich schon ein wenig mehr Geschick anwenden, war jedoch nicht wirklich gefordert. Schließlich tauchte ein Shinigami in einem weißen Haori auf und griff mich an. Er war schnell, geschickt und stark, sein Reiatsu fühlte sich so echt an, dass ich für einen Moment das Gefühl hatte keine Luft zu bekommen. Ich sammelte meine Konzentration, spannte alle Muskeln in meinem Körper an und atmete tief durch. Seine Kraft presste mich nieder, seine Geschwindigkeit ermüdete mich und sein Geschick ließ mich taumeln. Ich holte tief Luft. Es gab da etwas, dass ich heimlich trainiert hatte. Niemand wusste davon, nicht einmal Rangiku oder Kisuke hatte ich davon erzählt, denn ich hatte es lange Zeit nicht unter Kontrolle gehabt. Aber in letzter Zeit war es besser geworden. Ich konnte es kontrollieren, das wusste ich. Doch ich zögerte noch. War ich bereit, es anderen zu zeigen? Der Gegner griff mich erneut an, brachte mich ins Wanken und gewann die Oberhand. Ich hatte nur den Bruchteil einer Sekunde Zeit, um eine Entscheidung zu treffen. „Nun gut Hanako“, murmelte ich meinem Schwert zu, „Bankai.“ Ich spürte, wie das Schwert in meiner Hand vibrierte und mein Reiatsu anstieg. Die Luft um mich herum wirbelte und ich fühlte mich frei, wie ein Vogel der endlich seinen Käfig verlassen hatte. Die Form meines Zanpakuto änderte sich. Es war jetzt schmaler, länger und schimmerte in einem dunklen Violett. Ich spürte, wie meine Muskeln stärker wurden und mein Geist wacher. Ich ging zum Angriff über. Seine Schläge machten mir nichts aus, ich wischte sie mit meinem Schwert weg, wie eine Fliege mit einer Fliegenklatsche. Ich brachte ihn aus dem Gleichgewicht, wirbelte umher, er parierte meinen Schlag, ich riss mein Schwert herum und schlug ihm meinen Schwertgriff ins Gesicht, er taumelte rückwärts. Ich setzte nach, trat ihm gegen die Brust, woraufhin er auf dem Boden landete und hielt ihm die Schwertspitze an den Hals. Er verschwand und ich hörte ein leises Applaudieren hinter mir. Ich drehte mich herum und erkannte Yoruichi und Unohana. Hinter ihnen stand der Generalkommandant. „Erstaunlich“, brummte er und machte einige Schritte auf mich zu. „Ich muss sagen, dieser Jahrgang birgt einige Überraschungen. Schon zwei außerordentlich begabte Shinigami durfte ich sehen, aber du Akari Miyazaki übertriffst die beiden noch. Die bist die erste, die den Hologramm-Kommandanten tatsächlich besiegt hat“, ich spürte wie eine leichte Röte in mir aufstieg. Ich war die Erste, die den falschen Kommandanten besiegt hatte? „Sie haben alle genug Punkte gesammelt, aber keiner hat ihn besiegt, also da steht das wohl außer Frage.“, murmelte er weiter und ich verstand nicht, wovon er redete. Yoruichi und Unohana warfen sich vielsagende Blicke zu und schienen begeistert zu sein. „Miyazaki, Akari“, begann Yamamto-Genryusai feierlich und ohne zu wissen warum, stellte ich mich etwas grader hin. „Hiermit befördere ich, Shigekuni Yamamoto-Genryusai, Generalkommandant der ersten Kompanie, dich vierter Offizier der Zehnten Kompanie, Akari Miyazaki, zur Kommandantin der zehnten Kompanie, mit sofortiger Wirkung.“ „Aber... was?“, sagte ich und kam mir reichlich blöd vor. Kommandantin? Ich? Sofort? Ich schnappte nach Luft. Wie konnte das sein? „Nimmst du diese Beförderung denn an?“, fragte er nun und zog die Augenbrauen in die Höhe, ich glaubte, ein Lachen in seinen Augen zu finden. Ganz offensichtlich hatte sein Vizekommandant ihm von meiner ausgeschlagenen Beförderung zur dritten Offizierin berichtet. Ich nickte verblüfft, bevor ich in der Lage war zu reden. „Ja, ich nehme die Beförderung an“, sagte ich stimmlos und der Generalkommandant nickte zufrieden. „Wir werden es morgen bekannt geben, hier“, er gab mir einen kleinen Schlüssel. „Gewänder findest du dort. Morgen früh um Acht im Besprechungsraum der ersten Kompanie.“ Damit verschwand er wieder, Unohana und Yoruichie beglückwünschten mich. „Ich wusste es“, sagte Yoruichi und zwinkerte mir zu. „Also dann, Kommandantin Miyazaki“, verabschiedete Unohana sich und ich wurde etwas verlegen. Ich verließ den Raum und Yoruichi zog mich mit sich einen weiteren Gang entlang, in dem ich Byakuya und Kisuke sah. Byakuya war an eine Wand gelehnt, während Kisuke auf einer Treppe saß. „Akari“, Byakuya bemerkte mich zuerst, und Yoruichi grinste ihn breit an. „Sie hat ihn besiegt“, rief sie und Kisuke klappte die Kinnlade herunter. „Also wurdest du auch befördert?“, fragte Byakuya mit zusammen gekniffenen Augen. "Auch?“, fragte ich verwirrt und Kisuke hob etwas in die Luft, dass wie ein Schlüssel aussah. Ich blickte meinen Eigenen an und stutzte. „Ihr seid auch zu Kommandanten befördert worden?“, sie nickten und ich lachte. Byakuya musste auch lächeln, aber ich sah ihm an, dass er sich ärgerte. Er hatte den Hologramm Shinigami nicht besiegen können, ich schon. Ich wusste, dass dies an ihm nagte. Trotzdem nahm ich ihn in die Arme und war erleichtert, dass er die Umarmung erwiderte. Auch Kisuke drückte ich an mich und seine Körperwärme machte mich nervös. „Ich wusste gar nicht, dass ihr alle Bankai beherrscht“, murmelte Yoruichi nun und jeder von uns warf ihr ein geheimnisvolles Grinsen zu. Eigentlich wussten alle Shinigami, dass jeder sein Bankai still und heimlich für sich trainierte. Einerseits weil es von Vorteil sein konnte, wenn nicht jeder wusste, was für eine Fähigkeit das Bankai hatte, andererseits weil man nicht wollte, dass andere mitbekamen, wenn man scheiterte. Wir plauderten noch eine Weile, bis Ginrei Kuchiki plötzlich auftauchte. Er wollte mit Byakuya sprechen und so verabschiedeten wir uns und machten uns auf den Weg. Yoruichi bog nun in Richtung zweite Kompanie ab und ich runzelte die Stirn. „Stimmt, für welche Kompanie bist du nun Kommandant?“, fragte ich und Kisuke runzelte die Stirn. „Zwölfte Kompanie, Kirio Hikifune hat ihre Beförderung nun angenommen“, er klang besorgt, „Ich habe gehört, dass meine neue Vizekommandantin dort nicht gerade begeistert ist über einen neuen Kommandanten. Ich hoffe, wir kommen klar.“ Ich hatte von ihr gehört, sie gehörte zu den jüngsten Vizekommandantinnen in ganz Seireitei und sie war scheinbar ziemlich temperamentvoll. Als ich bei meiner Kompanie ankam, betrat ich das Haupthaus. Im Aufenthaltsraum saßen einige Offiziere, auch Ivan, Shin und Rangiku fand ich dort, die Brotstangen knabberten und über einem Plan von Seireitei brüteten. Ich setzte mich zu ihnen und sie warfen mir empörte Blicke zu. „Wo warst du so lange?“, fragte Rangiku und setzte sich gerade hin. Ich sah sie eindringlich an, legte meinen Finger auf die Lippen, um ihr zu zeigen, dass sie still sein musste, auch Ivan und Shin bekamen das mit und musterten mich neugierig, als ich vorsichtig die Hand öffnete und ihnen den kleinen Schlüssel zeigte. Sie alle drei bekamen große Augen und Rangiku musste ein Quietschen unterdrücken. „Hilfst du mir, mein Zimmer aufzuräumen?“, fragte ich Rangiku leise, sie sprang sofort auf und so ließen wir Shin und Ivan verdutzt zurück. Ich erzählte ihr alles über die Prüfung und auch von Byakuya und Kisuke. „Ich bin ebenfalls befördert worden“, platzte sie dann heraus und ich drückte sie. „Auf den Seschsten“, erklärte sie und ich lächelte. „Weißt du was? Ab sofort darf ich die Beförderungen in der Kompanie bestimmen“, fiel mir gerade auf und Rangiku riss die Augen kurz auf. „Stimmt!“ „Aber keine Sorge, ich werde mich mit Ivan beraten, er hat einen guten Überblick. Aber... das ist alles so aufregend.“ Rangiku half mir, meine Sachen in das obere Stockwerk zu bringen. Die Gemächer des Kommandanten waren fast vier mal so groß, wie mein vorheriges. Ich hatte ein riesiges Schlafzimmer, ein großes Badezimmer mit einer riesigen Badewanne, eine große Küche die Rangiku schwärmen ließ und einem eigenen Wohnzimmer mit riesigem Sofa und einem Besprechungszimmer. Das Bett war riesig, es hätten locker vier Leute nebeneinander hineingepasst. Ich schlief so gut wie lange nicht mehr. Am nächsten Tag erwachte ich und war für einen Moment verwirrt, bis die Erinnerungen des Vortages mich einholten. Ich sprang auf. Als ich vor dem Versammlungsraum der ersten Kompanie ankam, stand Byakuya bereits dort und wartete. Die Tür öffnete sich nach einiger Zeit wie von selbst. Die anderen Kommandanten und Vizekommandanten trudelten nach und nach ein, nur Kisuke fehlte noch. Ich stellte mich zwischen die Kommandanten der neunten und elften Einheit, der Platz hinter mir blieb leer, da es keinen Vizekommandanten in der zehnten Einheit gab. Ich trat nervös von einem Fuß auf den anderen, Kisuke würde doch wohl nicht an seinem ersten tag als Kommandant zu spät kommen? Ich hörte Schritte, alle anderen Kommandanten hatten sich bereits eingereiht, als Kisuke verwirrt vor der Tür stehen blieb. Der Kommandantenhaori stand ihm ziemlich gut (Byakuya übrigens auch), doch er wirkte etwas unsicher. „Darf ich hereinkommen?“, fragte er und ich seufzte leise. Natürlich durfte er hereinkommen, er war jetzt Kommandant! An den Gedanken gewöhnte man sich nicht so leicht. Yoruichi hielt ihm einen Vortrag darüber, dass er doch ein wenig aufrechter stehen und seinen Hintern in den Saal bewegen sollte. Ich bemerkte Shinji Hirako, den Kommandanten der fünften Kompanie, der gelangweilt gähnte und Kisuke mit einem belustigen Blick betrachtete. „Was für ein lockerer Typ“, murmelte er und ich wusste aus vielen Geschichten, dass Kommandant Hirako auch nicht gerade die Autorität in Person war. Ginrei Kuchiki legte seinen Kommandantenhaori feierlich ab und ging fort. Ich weiß bis heute nicht, wohin er damals ging, aber er kam nur einige Male zu Besuch zurück. „Nun gut, beginnen wir mit den neuen Kommandanten“, eröffnete der Generalkommandant und ich atmete tief durch. „Als Erstes wäre da der neue Kommandant der sechsten Kompanie, Byakuya Kuchiki.“ Er teilte uns mit, dass Byakuya die Prüfung zum Kommandanten unter dem strengen Blick zweier Kommandanten bestanden hatte und die Beförderung angenommen hatte. „Des Weiteren als neue Kommandantin der zehnten Kompanie, Akari Miyazaki“, alle Blicke lagen auf mir und erst jetzt bemerkte ich Vizekommandant Aizen, der hinter Shinji Hirako stand und mich mit einem seltsamen Blick betrachtete. Auch Kisuke wurde vorgestellt, hinter ihm sah ich ein Mädchen mit blonden Zöpfen, das mit verschränkten Armen und wütendem Blick zu Boden starrte. Sie musste Kisukes neue Vizekommandantin sein. „Nun verkündet es euren Kompanien.“ Wir verließen die erste Kompanie und schon als ich mit dem weißen Kommandantenhaori durch die Gänge eilte, spürte ich die Blicke auf mir. Ich schob die Tür zum Haupthaus der zehnten Kompanie auf und alle Gespräche verstummten, als sie mich sahen. „Endlich! Wir haben eine Kommandantin!“, rief einer und andere stimmten in den Ruf mit ein. Keiner schien damit ein Problem zu haben, im Gegenteil, sie freuten sich darüber, die höchste Position ihrer Einheit wieder besetzt zu haben. Wir feierten die halbe Nacht und ich fiel erschöpft, aber glücklich in mein riesiges Bett. Anfangs überforderten mich die Aufgaben etwas, aber nach einer Weile gewann ich einen Überblick. Leider hatte Ivan nicht all die Dinge im Griff gehabt, für die unsere Kompanie verantwortlich waren, und so gab es viel aufzuholen. Natürlich hatte es viele Dinge gegeben, die Ivan sich einfach nicht zugetraut hatte. „Ich werde einen Vizekommandanten brauchen“, eröffnete ich ihm nach einigen Tagen und er nickte. „Ich weiß. Ich habe hier einige Vorschläge“, sagte er und schob mir zwei Personalakten zu. Es waren die von Shin und Rangiku. „Sie müssten dann allerdings eine ähnliche Prüfung absolvieren“, erklärte er und ich nickte. Ich zerbrach mir darüber den Kopf. Ich hätte Rangiku gern als meine Vizekommandantin gehabt, doch konnte ich Shin nicht einfach übergehen. Ivan wollte den Posten nicht und ich wusste auch, dass er dazu nicht in der Lage wäre. Er würde nicht mehr sehr lange Shinigami bleiben, dessen war ich mir sicher. Ich beriet mich mit Kisuke über mein Problem, doch er seufzte nur, dass er sich wünschte, er könne sich seinen Vizekommandanten selbst aussuchen. „Hiyori macht mich wahnsinnig. Sie akzeptiert mich nicht als ihren Vorgesetzten“, jammerte er und ich warf ihm einen mitfühlenden Blick zu. Auch die zwölfte Kompanie war noch nicht ganz auf seiner Seite, ich versuchte ihn aufzumuntern, aber er war sehr erschöpft. Als ich an diesem Abend in meinem Wohnzimmer über einigen Papierkram brütete, klopfte es an meiner Tür. „Ja?“, fragte ich und Shin trat ein. „Hast du kurz Zeit?“ „Klar, setz dich.“ „Kommandantin Miyazaki“, sagte er und ich lachte. „Ich bitte dich. Für dich bin ich Akazri“, er lachte und begann von vorn. „Okay Akari, hör mal ... ich habe mitbekommen, dass ihr mich als möglichen Vize in betracht zieht“, erklärte er und ich nickte langsam. „Ich bin dafür noch nicht bereit“, erklärte er und ich zog die Stirn kraus. „Es gibt so viele Dinge, in der Welt der Lebenden, die ich noch sehen möchte ... als Vizekommandant ist man sehr an die Soul Society gebunden und das möchte ich nicht.“ Ich ließ mir seinen Wunsch durch den Kopf gehen und seufzte erleichtert auf. „Das erspart mir eine schwierige Entscheidung“, murmelte ich und Shin warf mir ein aufmunterndes Lächeln zu. „Du machst das schon“, damit ging er wieder. Ich teilte dem Generalkommandanten am nächsten Tag mit, dass ich eine Anwärterin für den Posten der Vizekommandantin hatte und er stellte mir Unohana und Yoruichi zur Seite, um die Prüfung durchzuführen. Es war eine ähnliche Prüfung wie unsere, nur ohne den Hologramm Shinigami, stattdessen wurde sie am Ende von mehreren Menos Grande angegriffen. Nervös knetete ich meine Finger und zuckte jedes Mal zusammen, wenn Rangiku von ihren Gegner zurückgetrieben wurde, doch sie bewies Kampfgeist und das gefiel besonders Yoruichi. „Was ist mit eurem fünften Offizier?“, fragte Unohana mich nebenbei und ich erkläre ihr, dass Shin schon von vornherein gesagt hatte, er würde die Beförderung nicht annehmen. Sie beide kannten allerdings auch Ivan und wussten, dass er all die Jahre nur die Stellung als ranghöchster Offizier gehalten hatte, weil es sonst niemanden gegeben hatte. Die letzten Jahrgänge waren Mau gewesen, was großartige Talente anging. Am nächsten Tag stand Rangiku mit dem Holzwappen der Vizekommandantin in der Tür des Haupthauses. Alle waren begeistert und Shin beförderte ich immerhin zum vierten Offizier. Byakuya blieb ohne Vizekommandant, aber das schien ihm nichts auszumachen. In nächster Zeit gab es viel zu tun und wir rückten öfter in die Welt der Lebenden aus, als ich gedacht hätte. Doch die Kämpfe gegen die gewöhnlichen Hollows reizten mich nicht mehr und nach einiger Zeit überließ ich die meisten Aufträge Shin. Er war stark, stärker als Rangiku, das wusste ich nun und ich wunderte mich, was ihn so an der Welt der Lebenden reizte. Doch ich ließ ihn gewähren, wenn er das so sehr genoss, würde ich ihn nicht abhalten. Erst zu dieser Zeit realisierte ich, wie stark ich eigentlich war. Nur einige wenige Male ließ ich mein Reiatsu frei heraus und sah selbst einige Kommandanten zusammenzucken und mir Blicke zuwerfen. So kam es, dass der eine oder andere Kommandant Interesse an einem Duell mit mir zeigte. Ich gewann einige, verlor andere und viele endeten in einem Unentschieden. Unohana hatte hinterher meist einiges mit uns zu tun. Ich genoss das Leben als Kommandantin in vollen Zügen. Ich verbrachte viel Zeit mit der Talentsichtung in den äußeren Bezirken. Es war eine Sache, die ich mir zu Herzen genommen hatte. Rangikus Geschichte hatte mich damals tief bewegt und je mehr Zeit ich in Rukongai verbrachte, desto mehr hatte ich das Gefühl, dass wir all diese Leute im Stich ließen. Eines Tages fand ich ein kleines Mädchen, das weinend in einer Gasse saß. Sie suchte nach ihrer Mama. Ich wusste, dass es für die Verstorbenen fast unmöglich war, ihre Familien in Rukongai wieder zu finden, doch die Geschichte des Mädchens berührte mich so sehr, dass ich ihr half. Ihr Name war Mana und sie war erst vor kurzem verstorben. „Wie bist du denn gestorben?“, fragte ich sie und sie schniefte laut, bevor sie begann zu erzählen. „Meine Mama ist gestorben, weil ein böser Mann sie umgebracht hat und dann haben sie mich an einen furchtbaren Ort gebracht und da bin ich weg gelaufen, weil die Leute gemein waren und ich zu meiner Mama wollte ... und da bin ich auf ein Haus gerannt, auf das Dach und bevor die böse Frau mich einholen konnte...“ Sie war gesprungen. Ein neunjähriges Mädchen, das sich vom Dach eines Hauses gestürzt hatte. Ich musste einen großen Kloß im Hals herunterschlucken und versprach, dass ich alles tun würde, um ihr zu helfen. Ihre Mutter war nur einige Monate vor ihr gestorben. Wir suchten uns durch Rukongai, und ich erfuhr immer mehr über Mana. Ihr Vater hatte sie und ihre Mutter häusliche Gewalt angetan, jahrelang und als sie endlich ihrem Vater entkommen waren und eine neue Wohnung in der Stadt fanden, war ihre Mutter bei einem Überfall in der Nacht gestorben. Das Mädchen hatte nur Leid gesehen in ihrem Leben, ich wollte ihr in ihrem Tod wenigstens etwas Frieden schenken. Die Suche dauerte schon fast drei Monate, als ein kleines Wunder geschah. „Mana? MANA!“, ich bekam Gänsehaut, als das kleine Mädchen neben mir in Tränen ausbrach und ihrer Mutter in die Arme rannte. „Aber warum bist du denn hier, du solltest leben, warum bist du denn hier“, weinte sie, doch ich beruhigte sie. „Ihr seid jetzt zusammen, das ist alles, was zählt“, sie bedankte sich immer wieder bei mir und ich versicherte ihr, dass ich sie besuchen würde. Ich weiß noch, dass ich an diesem Abend müde in meine Gemächer zurückkehrte und blinzelte überrascht auf, als ich sah, dass mein Wohnzimmer hell beleuchtet war. Rangiku hatte eine riesige Torte auf den Tisch gestellt, die sie gerade anschnitt. Kisuke, Byakuya und Shin waren ebenfalls hier. „Ist heute etwas Besonderes?“, fragte ich und Kisuke lächelte. „Wir sind nun seit einem Jahr Kommandanten“, erklärte er und ich war erstaunt darüber, wie schnell die Zeit vergangen war. Als ich gerade in meinen Kuchen beißen wollte, klopfte es an der Tür und Yamachi trat ein. „Hallo!“, begrüßte er uns und es war ein bisschen wie früher. Leider hatten Yamachi und ich wenig Zeit uns gegenseitig zu besuchen, deshalb genoss ich seltene Momente wie diese ganz besonders. Wir saßen bis spät in die Nacht und als einer nach dem anderen den Raum verließ, hielt ich Kisuke zurück. „Warte, ich möchte mit dir reden“, sagte ich und dieses Mal tat ich es nicht heimlich. Alle bekamen es mit. Kisuke saß verdutzt vor mir und einen Moment lang räumte ich nur die Teller zusammen. Ich musterte ihn eine Weile und war fasziniert von ihm: Er warf mir noch immer den gleichen Blick zu, wie vor einem Jahr. Wie vor zwei Jahren. Er warf mir sein freches Grinsen zu und auch ich musste Lächeln. Er hatte die ganze Zeit nichts dazu gesagt, er hatte mich nie bedrängt, hatte mir nie Vorwürfe gemacht. Er war immer für mich da, seitdem ersten Tag an der Shinigami Akademie. Wir starrten uns einfach eine Zeit lang stumm an und ich wusste nicht, was ich sagen sollte, doch dann grinste er erneut und sagte: „Du musst nichts sagen.“ Er beugte sich zu mir und mein Herz schlug so schnell, dass ich das Gefühl hatte, meine Brust müsste gleich zerspringen. Seine Lippen trafen meine und das verdrängte alle anderen Gedanken. Sein Geruch, seine Wärme, alles an ihm schien so neu zu sein und doch vertraut. Ich wünschte, der Moment würde nie vorbeigehen, ich wollte ihn für ewig festhalten. Ich erwachte am nächsten Morgen in seinen Armen, spürte die Wärme seines Körpers neben mir und sein Geruch hing überall in meinem Zimmer. Alle meine Sorgen und Ängste schienen wie verflogen, all die schrecklichen Bilder der Vergangenheit, all die Verlustängste waren wie weggeblasen. Das war der Beginn der schönsten Zeit meines Lebens. Die Beziehung zwischen Kisuke und mir war etwas ganz Besonderes. Wir ergänzten uns. Wir harmonierten. Natürlich gab es auch Uneinigkeiten zwischen uns, vor allem wenn er Mal wieder stundenlang in seine Forschungen vertieft war und dabei sogar das Essen vergaß. Aber alles in allem war ich überglücklich. Ich schaffte es sogar, Gin wieder unter die Augen zu treten und mich mit ihm zu unterhalten. Es würde niemals so werden wie früher, aber wir waren in der Lage, einen kollegialen Kontakt zu pflegen, wann immer wir uns begegneten. Kisuke war nicht besonders begeistert davon, allerdings war es keine Eifersucht, die ihn dabei antrieb, sondern sein Misstrauen, dass er schon immer Gin gegenüber gehegt hatte. Doch ich dachte nicht weiter darüber nach. Es war, als wäre die Vergangenheit vergessen, sie ruhte tief in unseren Herzen und doch spürte ich bereits, dass es Dinge gab, die wieder aufflackern würden. Ich wusste, dass irgendetwas geschehen würde, und es würde nichts Gutes sein. Doch für eine Weile wollte ich einfach nur genießen, was ich hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)