Aufbruch ins Ungewisse von Seven_Seas_Alliance ================================================================================ Aufbruch ins Ungewisse ---------------------- Auf dem Bahnsteig 9¾ herrschte reges Treiben. Schüler rannten von einem Waggon zum nächsten, Eltern verabschiedeten sich, Haustiere wagten einen letzten Fluchtversuch und Sphintus Carmen fluchte. Es war kein leicht dahergesagter, kleiner Fluch sondern ein Ausdruck seines ganzen Missfallens, geäußert, während er sich mit aller Kraft gegen seinen Koffer stemmte. „Noch ein bisschen!“, hörte er die Stimme seines Freundes aus dem Waggon und er warf sich noch einmal gegen das Gepäckstück. Leder wurde gequetscht, Falten wurden in Kleidung eingedrückt, aber endlich gab das störrische Teil nach und verschwand im Inneren des Wagens. „Gott sei dank“, ächzte er und ließ es sich nicht nehmen, einen letzten triumphierenden Blick über den Bahnsteig gleiten zu lassen. Eigentlich fand er das alles ja schrecklich primitiv. Bahnfahren war doch etwas für den gemeinen Pöbel und nicht für einen jungen, aufstrebenden Magier wie ihn; oder Titus. Nicht das es dem etwas ausgemacht hätte. Er hatte zwar nichts gesagt, aber Sphintus hatte gesehen, mit was für großen Augen er die scharlachrote Dampflok angestarrt, mit welcher Bewunderung er all die Eulen und Katzen in ihren Käfigen bestaunt und die zu Tränen gerührten Mütter gemustert hatte. Es war das erste Mal, dass sein Freund in die große, weite Welt hinaus kam. Weg von Zuhause, wo man ihn wie ein rohes Ei behandelte und weg von der Magnostadt-Akademie, wo es ihm kaum besser ergangen war. Dieses Jahr würde ein besonderes Jahr für ihn werden. Eines, wo er endlich all das entdecken konnte, was er wollte und das wollte er ihm auf keinen Fall kaputt machen. Auch wenn es wirklich eine verdammte Zumutung war. „Da vorne ist das leere Abteil“, informierte ihn Titus mit einem Fingerzeig und machte sich daran zumindest einen ihrer beiden Koffer in die entsprechende Richtung zu ziehen. Sphintus seufzte, irgendwie hatte er ja gehofft, dass es beim Koffer-in-den-Zug-heben bleiben würde. Immerhin, für derart niedere Tätigkeiten gab es eigentlich so etwas wie Dienstpersonal. Unglücklich tastete er nach Kukulcan um ihr den Kopf zu tätscheln. Er wusste, das alles gefiel ihr genauso wenig wie ihm. „Entschuldigung.“ Sphintus griff nach seinem Koffer. „Ich sagte Entschuldigung.“ Redete man mit ihm? Langsam drehte er sich herum und erblickte ein Mädchen, dessen Haare ihn ein wenig an einen Busch erinnerten. Er wechselte einen Blick mit Kukulcan während das Mädchen die Hände in die Hüften stemmte. „Gemäß der Schulordnung sind in Hogwarts nur Eulen, Katzen oder Kröten als Haustier gestattet“, begann sie, „Das da ist eine Kobra.“ Sphintus seufzte. „Das da ist Kukulcan.“ „Sie ist gegen die Schulregeln“, beharrte das Mädchen, „Ich muss dich bitten sie noch schnell deinen Eltern zu übergeben.“ Die Schlange zischelte und Sphintus war gewillt ihr zuzustimmen. Ihm ging der Tonfall seiner Gegenüber auch gegen den Strich. „Wie wäre es, wenn du dich aus meinen Angelegenheiten heraushältst?“, schlug er vor und begann den Koffer in Richtung Abteil zu zerren. Wenn er schon keinen Gepäckträger bekam, konnte er es auch gleich hinter sich bringen und das nervige Mädchen da zurücklassen, wo es hingehörte. Auf dem Gang. „Moment mal“, rief es ihm nach, aber er drehte sich nicht um, um zu schauen ob es ihm zu allem Überfluss auch noch nachrannte. „Als Vertrauensschülerin bin ich dafür zuständig, dafür zu sorgen, dass die Schulregeln eingehalten werden...“ Ja, es rannte ihm nach. „ ... das ist essentiell wichtig für ein gutes, vorurteilsfreies Zusammenleben, das du sicherlich genauso anstrebst wie wir alle ...“ Unwirsch stopfte er den Koffer durch die halboffene Abteiltür und bemühte sich, dass schwafelnde Mädchen einfach zu ignorieren. War bestimmt so eine, die sich selbst gerne reden hörte. Ätzend solche Menschen. Titus schenkte ihm einen fragenden Blick, aber er ging nicht näher darauf ein. Stattdessen schob er seinen Koffer neben den seines Freundes. „Hörst du mir überhaupt zu?“, kam es vom Gang herein geweht und Sphintus sah sich nun doch veranlasst, sich wieder umzudrehen. Einen Moment lang musterte er das Mädchen erneut. Braune, buschige Haare, wütende Haltung, funkelnde Augen... Er grinste. „Nein“, entgegnete er ihr, dann schloss er einfach die Tür. „Das war aber nicht sehr nett von dir“, tadelte Titus ohne den Blick vom Fenster zu nehmen, vor dem eine schlanke, blonde Frau gerade ihr genauso blondes Kind in die Arme schloss. Sphintus zuckte mit den Schultern. „Vermutlich“, gab er zu. „Sie wird damit zu einem Lehrer gehen“, prophezeite sein Freund. Er nickte. Davon ging er auch aus. Aber egal was für einen Lehrer sie anschleppte, es würde ihm ein Vergnügen sein, ihm die zwölfseitige Sondergenehmigung zu zeigen. Die Sondergenehmigung, die er auch ihr gezeigt hätte, hätte sie einen netteren Tonfall an den Tag gelegt, oder sich beispielsweise dazu herabgelassen ihm mit dem Gepäck zu helfen. Denn eines stand ja wohl mal fest, diese Hogwartsschüler hatten noch zu lernen, wie man mit einem Magier des ersten Kodors umging und besser sie lernten es schnell. ++++ Kontaktaufnahme 1 ----------------- „Das ist so unfair!“, jammerte ihre kleine Schwester, aber Daphne hörte gar nicht richtig zu. Sie wusste, dass Astoria Dracos Reiseposition gegen den Strich ging, aber sie wusste auch, dass es sich nicht lohnte, sich darüber zu beschweren. Draco war mit Pansy zusammen und selbst wenn er es nicht gewesen wäre, wäre es ihm sicherlich egal, was ihre vierzehnjährige Schwester fair fand und was nicht. Dumm nur, dass Tori das noch nicht begriffen hatte. „Hast du gesehen, wie sich die Schlampe schon wieder an ihn rangeschmissen hat?“, fragte Tori und Daphne ließ sich zu einem „Hmm“ herab, das eigentlich alles heißen konnte. Natürlich hatte sie gesehen, wie sich Draco auf Pansys Schoss geräkelt hatte, aber es war ihr egal. Dieses Verhalten war nicht ungewöhnlich für ihren Mitschüler, auch wenn sie das jetzt lieber nicht sagen würde. Ihren Nerven zuliebe. „Ich finde es viel schlimmer, dass sie uns nichts freigehalten haben“, gab sie zu. Eigentlich war sie zwar nicht scharf darauf, die ganze Zugfahrt mit Draco zu verbringen, aber sie waren spät dran gewesen und jetzt mussten sie sehen, dass sie noch irgendwo mit unterkamen. Daphne schürzte die Lippen. Eigentlich musste sie sehen, denn Tori würde einfach nur weiter durch den Zug rennen und schimpfen und das half ihnen herzlich wenig, wenn sie die Fahrt nicht auf der Toilette verbringen wollten. Und sie wollte die Fahrt ganz sicher nicht auf der Toilette verbringen, schon gar nicht mit ihrer unglücklichen, kleinen Schwester. Wortlos blieb sie stehen und öffnete eine der vielen Türen. Vielleicht hatte sie hier ja Glück. „Hallo“, trällerte sie in das Abteil hinein und wurde prompt von drei paar Augen angestarrt. „Habt ihr hier noch ein Plätzchen für mich und meine kleine Schwester frei?“ Sie lächelte. Ihre Chancen waren gut. Erstens, weil in dem Abteil nur drei Jungs saßen und zweitens weil in dem Abteil drei Jungs saßen. Diese wechselten einen Blick, dann nahm der Dunkelhaarige seine Füße von der Sitzbank. „Klar“, antwortete er, „für hübsche Mädchen haben wir immer Platz.“ Daphne strahlte. Zwar war sie eigentlich nicht wirklich scharf auf ein Polster, auf dem zuvor ein paar Füße gelegen hatten, aber der Junge hatte sie hübsch genannt und das mochte sie. „Ich bin Daphne Greengrass“, erklärte sie den Dreien, während sie sich niederließ, „Und das hier ist meine kleine Schwester, Tori.“ „Astoria“, verbesserte diese. Daphne rollte mit den Augen. Scheinbar konnte auch männliche Gesellschaft ihre schlechte Laune nicht mehr heben. „Tori“, wiederholte sie, auch um ihre kleine Schwester zu ärgern, „hat heute einen schlechten Tag.“ „Du hättest auch einen schlechten Tag, hätte dein Freund seinen Kopf auf dem Schoß einer Anderen“, schnappte diese und verlegte sich darauf, düster auf den Boden zu starren. Daphne seufzte. Soviel zu dem Versuch Astoria in ein ablenkendes Gespräch zu verwickeln. Aber nur weil ihre kleine Schwester nicht reden wollte, hieß das ja noch lange nicht, dass sie es ihr nachmachen musste. Neugierig wandte sie sich ihren Mitreisenden zu. Die Jungs schienen etwa in ihrem Alter zu sein, aber ihre Gesichter kannte sie nicht und das hieß dann wohl ... „Ihr gehört zu den Schülern aus Magnostadt, nicht wahr? Wir haben im Propheten gelesen, was dort passiert ist. Total schrecklich“, versuchte sie sich erneut in Sachen Smalltalk und tatsächlich schien zumindest ihr Sitznachbar interessiert. „Ja, total schrecklich“, echote er grinsend, „Ich bin Sin und das sind Ja'far und Masrur.“ Die Anderen nickten ihr zu und langsam wuchs in Daphne der Verdacht, dass sie, wenn sie reden wollte, wohl mit dem Jungen namens Sin vorlieb nehmen musste. Jedenfalls, wenn sie es nicht schaffte, die Anderen aus der Reserve zu locken. Daphne setzte ihr naivstes Lächeln auf. „Wow“, verkündete sie und brachte damit sogar Tori dazu wieder aufzusehen, „Mit den roten Haaren machst du jedem Weasley Konkurrenz. Du bist nicht zufällig mit ihnen verwandt, hmm?“ Masrur zuckte mit den Schultern, antwortete aber nicht. Entweder er war schüchtern, oder er wollte einfach nichts dazu sagen, dass sie ihn mit einem Weasley verglich. Dabei war da wirklich etwas dran. Er war groß und rothaarig, genau wie die Weasleys. Nur seine Statur war anders. Kräftiger als bei diesem Windei aus Gryffindor. „Gleich wirst du auch noch fragen ob sein Freund ein Malfoy ist“, behauptete Tori spitz und Daphne musste zugeben, dass ihr der Vergleich durchaus schon auf der Zunge gelegen hatte. Helles Haar war eben etwas, was sie immer gleich mit den Malfoys verband, selbst wenn sie in diesem Fall recht genau wusste, dass da nichts dran sein konnte. Hätte Draco Verwandte in seinem Alter gehabt, er hätte sie einmal erwähnt, vor allem, wenn sie wirklich gezwungen gewesen wären, überraschend auf ihre Schule zu wechseln. Und Sommersprossen gab es in der Familie auch nicht. Sicher nicht. Das hätte sie gewusst. „Tori, bitte“, bat sie ihre Schwester, doch noch bevor diese etwas erwidern konnte, ergriff ein scheinbar recht amüsierter Sin das Wort. „An wen erinnere ich euch?“, wollte er wissen und warf sich in Positur. Daphne musterte ihn schweigend. Im Gegensatz zu seinen Freunden war er ein schwerer Fall, was nicht nur an der komischen Haarfarbe lag. Sie war sich nicht ganz sicher, aber sie glaubte die Farbe war Pflaume. Sie hatte eine Bluse in Pflaume. Passte gut zu ihren Augen. Vielleicht sollte sie sich öfter neben Sin setzen. Einfach weil seine Haarfarbe ihre Augen betonte und sie dann mit Glück noch ein bisschen hübscher aussah. Die Idee war gut, nur leider keine Antwort auf die Frage. Ratlos sah sie ihre Schwester an, versuchte an einen Schüler zu denken, der sie an die Bluse erinnerte, doch vor ihrem inneren Auge erschien einfach immer wieder Sin. „Eine Aubergine.“ Daphne prustete und auch Astoria konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen als Sin in sich zusammensank. „Eine Aubergine?“, stöhnte er. Masrur nickte stumm. „Ich finde ja, er hat mehr von einer Heidelbeere“, mischte sich Ja'far ein und Tori ließ es sich nicht nehmen „Holunder“ in den Raum zu rufen. Sin sprang auf und fuhr sich durch die langen Haare. „Ich bin kein Busch!“, klagte er und hätte er nicht gegrinst, Daphne hätte angenommen, dass sie ihn damit getroffen hatten. „Stimmt, du bist ein Strauch.“ „Halt die Klappe, Blumenkohl.“ „Blumenkohl?“ Eine Pergamentrolle flog durch die Luft und Daphne machte einen Satz nach links um ihr auszuweichen. Oh, das versprach eine lustige Fahrt zu werden. Hoffentlich ging ihnen unterwegs nicht das Gemüse aus. Kontaktaufnahme 2 ----------------- Manchmal bewunderte Kouen seinen kleinen Bruder, denn egal wie laut die Schüler im Abteil nebenan ihre Kochzutaten auch brüllten, Koumei schlief wie ein Stein. Er konnte das nicht, auch wenn er das laute „Radieschen!“, wirklich gerne ausgeblendet hätte. Seufzend klappte er sein Buch zusammen. Es brachte ihm nichts über die Koboldkriege zu lesen wenn jedes zweite Wort im Text plötzlich „Birne!“ hieß. Leider brachte das ein anderes Problem mit sich. Er musste sich irgendwie beschäftigen und irgendwie bedeutete in diesem Fall ohne Buch und ohne Koumei. Für kurze Zeit starrte er aus dem Fenster, dann begannen die Felder ihn zu langweilen und die Zwischenrufe ihn zu ärgern. Wenn die nebenan Hunger hatten, sollten sie sich gefälligst etwas zu Essen besorgen. Apropos Essen. Er hatte auch Hunger aber natürlich war der ganze Proviant im Koffer seines Bruders. Nicht in Koumeis Koffer, den hätte er ja einfach öffnen können. Nein, in Kouhas und wo Kouha gerade steckte, wussten nur die Götter. Kouen rollte mit den Augen. Wieso hatte er ihn auch gehen lassen? Er hätte darauf bestehen sollen, dass sich die Familie ein Abteil teilte. Das wäre zwar auch laut, aber wenigstens weniger nervig geworden. „Backpflaume!“, schallte es durch die Wand und Schreie der Entrüstung folgten. Da hatte wohl Jemand eine treffende Zutat erwischt. Kouen richtete seinen Blick auf seinen schlafenden Bruder. In einem Zugabteil konnte ihm ja eigentlich nichts passieren. Er würde dasitzen und schlafen und wenn sich Jemand herein verirrte, der ihm etwas tun wollte, würde er schon wach werden. Das hieß, dass er eigentlich schnell mal auf den Gang konnte. Beim Einsteigen hatte er so einen Snackwagen gesehen. Wenn er den fand, konnte er sich eine Backpflaume... äh etwas zu Essen kaufen. Kouen erhob sich, warf einen letzten Blick auf den schlafenden Haufen aus rotem Haar, dann schlich er sich zur Tür. Er hatte kaum den Fuß auf den Gang gesetzt, als er bereits unsanft zurück ins Abteil gedrängt wurde. Die Vorhänge vor der Tür wurden zugezogen, dann atmeten zwei Mädchen synchron auf. „Haben sie uns gesehen?“, fragte die eine und ihre Freundin schüttelte den Kopf. „Glaub nicht“, entgegnete sie und zog sich den Schal weiter vors Gesicht. Kouen hüstelte. „Wie wär's mit 'ner Entschuldigung?“, fragte er und erst jetzt schienen die Mädchen ihn richtig zu bemerken. Sie tauschten einen Blick, dann flüsterte die eine: „Der Überfall tut uns leid, aber es ist besser wenn die uns nicht entdecken.“ Kouen kannte diesen Satz. Er hatte ihn geschätzte drei Millionen mal von seinem kleinen Bruder gehört und vermutlich noch fünf mal häufiger von Judar. „Was habt ihr angestellt?“, fragte er aus der Gewohnheit heraus, aber die Beiden antworteten nicht. Er konnte es ihnen nicht verübeln. Einem Fremden in einem Zug hätte er auch keine Missetat gestanden, allerdings hätte er auch nicht versucht, sich in dem Abteil des Fremden zu verstecken. Kouen starrte die Beiden prüfend an. „Nun?“, erhöhte er den Druck. Erneut wurden Blicke getauscht, dann seufzte die Rothaarige mit dem Schal. „Ich“, begann sie, wurde aber brüsk von ihrer Freundin unterbrochen: „Wir“, verbesserte diese, „haben im letzten Schuljahr unter massivem Druck einer Lehrerin eine illegale AG verraten. Seitdem sind die Anderen sauer auf uns.“ „Auf mich.“ Kouen rieb sich das Kinn. Die Geschichte klang seltsam, aber wahrscheinlich war da etwas dran. Die Mädchen hätten es bestimmt nicht zugegeben, wenn dem nicht so wäre. Zu groß war die Gefahr, dass er sich von dem potentiellen Gruppenverhalten anstecken ließ und sie wieder vor die Tür setzte. Allerdings - Er zupfte an einer der Bartstoppeln, die er sich seit Neuestem stehen ließ - wie Verräter und Mitglieder illegaler Gruppierungen sahen die Zwei nicht aus. Die Kleinere der Beiden hatte asiatische Züge und langes, dunkles Haar, das ihr glatt über die Schultern fiel. Ihre Freundin war rot-blond und ziemlich damit beschäftigt seinem Blick auszuweichen. Dazu kam der Schal, der irgendwie fehl am Platz wirkte, immerhin hatten sie September und sie war nicht Koumei, der in der Regel nicht bemerkte, wenn er etwas Wunderliches trug. Kouen überlegte. Konnte er es sich leisten mit solchen Leuten gesehen zu werden? In Magnostadt hätte er ohne zu zögern „Nein“ gesagt, aber dort hatte er auch eine Chance auf den Titel als Vertrauens- oder Schulsprecher gehabt. Hier würde er ihn nicht bekommen, selbst wenn er sich auf den Kopf stellte. Entsprechend hatte er eigentlich nichts zu verlieren. Zumindest nichts an dem ihm wirklich was gelegen war. „Setzen“, befahl er und beobachtete zufrieden, dass die Mädchen auf ihn hörten. Außerhalb seiner Familie war er mehr Widerstand gewohnt. Wobei, wenn man bedachte, dass er einfach nur die Tür öffnen musste, um den beiden Ärger zu machen … Er schüttelte den Kopf. Scheinbar hatten die Beiden wirklich Probleme. „Rotkohl!“, schrie eine weibliche Stimme im anderen Abteil. Die Anderen lachten und das schien die Mädchen ordentlich aus dem Konzept zu bringen. Zumindest soweit er das beurteilen konnte. „Ignoriert das“, presste er heraus, „Koumei tut's auch.“ „Dein Bruder?“ Kouen nickte. „Lasst ihn einfach schlafen. Er wird immer sehr unleidlich, wenn man ihn grundlos weckt.“ Die Mädchen warfen einen interessierten Blick auf den anderen Sitz, waren aber tatsächlich still. Scheinbar waren sie bedachter auf ihre Umgebung als es den Anschein gehabt hatte. Vorsichtig ließ er sich neben Koumei gleiten. „Ich bin Kouen“, informierte er, „Kouen Ren.“ „Cho“, ergriff das Mädchen mit den dunklen Haaren leise das Wort und bestätigte damit seinen Verdacht, dass sie asiatische Wurzeln hatte. „Und das ist Marietta.“ Kouen blickte nach rechts, sah aber nur rotblonde Locken und ein Stück pastellfarbenen Schal. Merkwürdig. Er wollte etwas dazu sagen, entschied sich dann aber doch dagegen. Seine Schwester Kougyoku mochte es nicht, wenn er über ihre Kleidung sprach, folglich wollten fremde Mädchen das sicher auch nicht hören. Nur was wollten sie dann? Unschlüssig musterte er die Beiden. Er wusste, was er wollte. Aber Pfefferkobolde waren nicht in jedem Fall die Antwort. Manchmal sorgten sie auch für zusätzliche Probleme. Ähnlich wie Säuredrops. Die Mädchen mochten bestimmt keine Säuredrops. Taten die in Magnostadt auch nicht. Aber selbst wenn sie sie mochten, er hatte keine. Er hatte nicht mal einen lausigen Pfefferkobold. Nicht das er den mit den Beiden geteilt hätte. Naja, vielleicht doch, aber nur wenn es sich lohnte. Apropos lohnen... „Erklärt mir das mit der AG noch mal“, forderte er die Beiden auf. Immerhin, wenn er sich auf dieses Duo einlassen wollte, war es klug zu wissen, mit wem es sich im letzten Jahr was verscherzt hatte. Und wieso. Vor allem wieso, denn dann konnte er vielleicht Schadensbegrenzung betreiben. Begrenzung, die die Zwei dringend brauchten und selbst wenn es nicht klappte, es konnte nie schaden zu wissen, was um einen herum geschah oder in diesem Fall schon geschehen war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)