Entscheidung fürs Leben von Yuri91 (Liebe ist keine Kopfsache...) ================================================================================ Kapitel 33: Entscheidung fürs Leben ----------------------------------- Als der neue Tag anbrach, zwitscherten die Vögel ihr morgendliches Lied und begrüßten die aufgehende Sonne, die am orange-roten Himmel gerade aufstieg. Auch andere Tiere erwachten langsam, kamen aus ihren Nestern, Höhlen und Verstecken gekrochen, steckten ihre kleinen Näschen in die Höhe und schnupperten, ob die Luft auch frei war. Die letzten nachtaktiven Jäger kehrten nun zu ihren eigenen Schlafstätten und versteckten Bauten zurück und während der Großteil der Lebewesen nun ihren Tag begannen, gingen die nachtaktiven Tiere schlafen. So ahnungslos die Tiere waren, so war es bei den Dorfbewohnern Konohas nicht anders. Abgesehen von zwei Leuten wusste niemand über die Anwesenheit des jüngsten Uchiha-Sprösslings Bescheid. Von dessen Plänen wusste aber nur er alleine etwas. Ahnungslos stand Tenten bei Morgengrauen auf. Wie immer frühstückte sie, ging nach draußen und joggte. Heute stand eine Mission an. Endlich. Sie war froh etwas zu tun zu haben. Immer nur joggen, ein wenig trainieren und ansonsten mit den eigenen Gedanken allein sein. Nein, das war nichts für sie. Vor allem, weil sie sich immer noch ein wenig die Schuld an Sakuras Unfall gab. Jetzt, wo ihre Freundin aus dem Krankenhaus raus war, wäre ein Besuch vielleicht angebracht. Nur würde sie nicht dann Neji und Sakura zusammen erleben? Obwohl Tenten in den letzten Tagen klar geworden war, dass das Leben zu kurz war, um wegen einem Kerl die beste Freundin in die Wüste zu schicken, sträubte sich ein Teil von ihr zum Hyuuga-Anwesen zu gehen. So wichtig ihr ihre Freundschaft zu Sakura war, sie wollte sie nicht zusammen mit Neji sehen. Alleine. Ja, sehr gerne. Sie wollte sich noch einmal ordentlich bei Sakura entschuldigen, mit ihr ein klärendes Gespräch führen – auch über Neji – und dann einfach wieder befreundet sein. So wie früher. Tenten vermisste die rosahaarige Frau in ihrem Leben. Nur wollte sie deswegen nicht aufgeben und ihre große Liebe gehen lassen. Sie war eine Kämpferin. Das Wort „aufgeben“ gab es in Tentens Vokabular nicht. Aber sie wollte auch keinen Keil zwischen Neji und Sakura treiben, nicht der Grund für weitere Streitereien, Neid und Eifersucht sein. „Also ein strategischer Rückzug?“ murmelte Tenten sich leise zu. Wie einfach wäre es, wenn es für solche Situationen im Leben eine gute Fee gäbe, bei der man drei Wünsche frei hätte und die einem mit Rat und Tat zur Seite stand. Nur leider war das Leben kein Wunschkonzert. Es gab keine gute Fee, die ihr die Sorgen nahm oder den Liebeskummer verschwinden ließ. Leider. Tenten musste da alleine durch. Freundschaft oder Liebe? Die große Frage war eigentlich nur, hatte sie bei Neji überhaupt eine Chance? Wenngleich Tenten zu Beginn noch ihre Zweifel an der Richtigkeit an Nejis und Sakuras Beziehung gehabt hatte, hatten die letzten Tage ihre Sicht geändert. Sie hatte gehört, wie sehr sich Neji um Sakura kümmerte, hatte seine Angst und Sorgen gesehen, als sie gemeinsamen während der Notoperation gewartet hatten. Nein, eine Chance hatte sie bei Neji keine. Nicht im Geringsten. Also doch lieber ihre Gefühle runterschlucken, lächeln und hoffen, dass sie in Zukunft einen anderen Mann finden würde, sodass sie ihrer besten Freundin ihre Liebe gönnen konnte? Aber sie benötigte in ihrem Leben auch keinen Mann, entschied Tenten. Ihr großes Vorbild, Tsunade, die Schneckenprinzessin und momentane Hokage von Konohagakure, hatte auch nie geheiratet, keine Kinder und war dennoch erfolgreich. Ob sie auch glücklich war? Sicherlich. Sie war eine starke Frau, außerordentliche Shinobi und genau das würde Tenten auch sein! Etwas leichter und federnder als zuvor lief Tenten ihre Runden, um dann kurze Zeit später nach Hause zu gehen. Noch diese Woche, nachdem sie ihre neue Mission erledigt hatte, würde sie Sakura besuchen, entschied Tenten. Entschlossen packte sie ihre Sachen beisammen, verließ ihre Wohnung und machte sich auf zum Haupttor Konohas, wo ihre Mitstreiter für die anstehende Mission sicherlich schon warteten.   Während sich Tenten auf den Weg zu ihrer neuen Mission machte, stand Naruto gerade erst verschlafen auf. Er war genauso ahnungslos wie Tenten. Er wusste nicht das sein bester Freund nur wenige Kilometer von ihm entfernt auf dem Boden einer Waldlichtung lag. Er ahnte auch nichts von den schwerwiegenden Entscheidungen, die in der letzten Nacht getroffen worden waren. Er freute sich einfach nur. Gut gelaunt, wenngleich noch etwas verschlafen, streckte Naruto die Arme über den Kopf und gähnte ausgiebig. Es stand zwar keine Mission für ihn an, aber ein wenig Training würde ihm guttun. Vielleicht hatte er Glück und Sensei Kakashi hatte ein paar neue Techniken für ihn parat. Aber am meisten freute er sich darauf heute Sakura und Hinata zu besuchen. Egal was die anderen sagten und auch wenn es keine Party geben würde, einen Besuch konnte ihm ja wohl niemand übel nehmen oder? Und Sakura würde sich bestimmt auch darüber freuen! Außerdem konnte er dann Hinata wieder sehen. Der gestrige Abend war einfach wunderbar gewesen! Selbst nachdem er nach Hause gekommen war, hatte Naruto keinen Schlaf finden können. Zumindest nicht so schnell. Viel zu sehr hatte er in Erinnerungen geschwelgt, sich immer und immer wieder das Gefühl von Hinatas weichen Lippen auf seinen vorgestellt. Dieses Gefühl…. Es war einfach unbeschreiblich! Er konnte es kaum erwarten es heute zu wiederholen. Und morgen. Und übermorgen. Einfach jeden Tag! Wenngleich Naruto nicht viel geschlafen hatte, so fühlte er sich dennoch erholt, gut gelaunt und war voller Tatendrang. Es wurde Zeit, dass er sich anzog. Umso schneller er seine Aufgaben erledigte, umso schneller konnte er zum Hyuuga-Anwesen gehen. Hoffentlich nur würde Hinatas Vater nicht seine Pläne kaputt machen. Sicherlich würde Hinata sich zu keinem Kuss hinreißen lassen, wenn ihr Vater anwesend war. Er sollte mal Sakura fragen, wie sie das mit Neji machte. Weiterhin mit einem breiten Grinsen im Gesicht, schlüpfte Naruto aus seinem Schlafshirt, zog sich ein frisches, graues an, wechselte seine Unterwäsche, zog eine orangefarbene Hose an und ahnte in der ganzen Zeit nicht, dass er dabei beobachtet wurde. Genauso wenig wie er ahnte, dass er in den letzten Tagen bereits mehrfach beobachtet worden war oder das sein Beobachter, wie zuvor auch schon, mit sich haderte, ob er sich bemerkbar machen und das Gespräch suchen sollte. Wie die Male zuvor blieb sein Beobachter dies. Ein Beobachter. Während Naruto seine Zähne putzte, frühstückte und sich anschickte seine kleine, unordentliche Wohnung zu verlassen – wenngleich sie seit gestern ein wenig ordentlicher war - , blieb der Schwarzhaarige, mit seinen roten Augen, stumm und abwartend auf seinem Beobachtungsposten sitzen, mit sich selbst hadernd, ob seine Entscheidung die richtige war. Da Naruto keinerlei Ahnung hatte, wie chaotisch und durcheinander es im Leben seines besten Freundes ging, an was für einem Scheidepunkt er im Leben stand, ging er weiterhin gut gelaunt aus dem Haus und freute sich darauf, bald seine beste Freundin und seine feste Freundin zu treffen.   Tassen und Teller klapperten, klirrten, wenn sie aufeinander stießen. Zwei Leute unterhielten sich miteinander. Ein Mann und eine Frau. Es war eine banale Unterhaltung, wer das schmutzige Geschirr abwaschen und wer es abtrocknen und wegräumen sollte. Nun, sie schienen also nicht allzu beschäftigt. Eine gute Gelegenheit, die sich ihm jetzt bot. Mit geradem Rücken und festen Blick betrat Hiashi Hyuuga, das Oberhaupt des Hyuuga-Clans, die Küche. Bei seinem Eintreten wandten sich die Köpfe seines Neffen und seiner noch-Verlobten ihm zu. Mit einem Kopfnicken grüßte er diese, während ihm ein „Guten Morgen“, fast unisono von den Beiden, gewünscht wurde. Neji, der gerade dabei war Wasser in das Waschbecken einlaufen zu lassen, blickte weiterhin fragend zu seinem Onkel, während Sakura sich ein trockenes Handtuch aus einem Schrank holte. Auf dem Küchentisch stand nichts mehr, außer einer Blumenvase mit frischen Schnittblumen. Von dem ausgiebigen Frühstück, das hier eben noch stattgefunden hatte, war kein Zeichen mehr vorhanden. Selbst die Krümel waren bereits weggewischt worden. Hiashi wandte seinen Blick wieder seinem Neffen zu. Dieser Junge war wirklich außergewöhnlich. Bereits beim Eintreten hatte er erkannt, dass Hiashi etwas von ihm wollte. Wahrhaftig, Neji galt nicht grundlos als Genie des Hyuuga-Clans. „Kann ich etwas für dich tun, Onkel?“ erkundigte sich Neji, worauf Hiashi kurz nickte. „Ja, in der Tat. Ich möchte, dass du diesen Bericht der Hokage vorbei bringst und bei den Naras etwas für mich abholst.“ „In Ordnung. Das mache ich, sobald wir hier in der Küche mit dem Abwasch fertig sind.“ Mit so einer Antwort hatte Hiashi gerechnet, aber das ging nicht. Er wollte mit Sakura alleine reden. Nein, musste es. Wenn Neji dabei blieb, würde er nur Partei für Sakura ergreifen und sie in Schutz nehmen. Das sein Neffe in die Schülerin der Hokage verliebt war, hatte Hiashi begriffen. Es war auch schwer es nicht zu bemerken. Nur wie sah es bei Sakura aus? Hiashi musste sichergehen und dafür musste er mit der jungen Frau alleine reden. Am besten jetzt. Später hatte er noch ein paar Sitzungen abzuhalten, musste seine jüngste Tochter trainieren und ein klärendes Gespräch mit seiner ältesten Tochter war wohl auch nötig. Hiashi war zwar kein großer Fan des blonden Chaoten, den sich Hinata als Freund ausgesucht hatte, aber es war wenigstens ein junger Mann mit dem Herzen am rechten Fleck. Nur jetzt, wo sie einen Freund hatte, musste ein Gespräch geführt werden, das normalerweise zwischen Mutter und Tochter stattfinden sollte. Allein bei dem Gedanken daran, dass Hiashi seine Tochter sexuell aufklären musste… Aber es war nötig. Er wollte nicht, dass Naruto und Hinata etwas taten und nicht um die Folgen wussten. Es reichte, dass sich Neji in einer schwierigen Situation befand. Da benötigte Hiashi nicht auch noch ein verfrühtes Enkelkind. Da das Clanoberhaupt den heutigen Tag für solch unangenehme Gespräche vorgesehen hatte, sollte er seine Zeit auch nutzen. In den nächsten Tagen würde er noch weniger Zeit haben. Daher zog Hiashi aus dem Ärmel seines grau-grünes Yukatas einen Umschlag und hielt ihn Neji hin. Dieser hatte inzwischen das Wasser abgestellt und blickte zu seinem Onkel auf. „Ich fürchte das kann nicht bis später warten“, erklärte Hiashi knapp, woraufhin Neji kurz die Stirn runzelte und bereits den Mund öffnete, um etwas zu sagen. „Schon gut, ich kann den Abwasch auch alleine machen. Ich habe heute sonst eh nichts zu tun“, mischte sich nun auch Sakura ein, lächelte den jüngeren Hyuuga zu, der daraufhin nickte. „In Ordnung. Den Umschlag der Hokage abgeben und bei den Naras etwas abholen. Sonst noch etwas?“ „Nein. Das war es.“ Nickend gab Neji zu verstehen, dass er seinen Onkel verstanden hatte, nahm den Umschlag entgegen, verabschiedete sich kurz und verschwand  aus der Küche. Das lief soweit alles nach Plan. Noch ein paar Sekunden wartete Hiashi. Er wollte nicht Gefahr laufen, dass Neji noch einmal zurückkehrte und etwas von seiner Unterhaltung mit Sakura mitbekam. Die junge Frau dagegen wollte gerade mit dem Abwasch anfangen, das erste schmutzige Geschirr hatte sie bereits in das heiße Wasser getan, als sich Hiashi letztendlich räusperte. Der Zeitpunkt war gekommen, entschied er. Verwundert blickte die junge Frau von ihrer gerade erst begonnenen Hausarbeit auf. Fragend richteten sich ihre grünen Augen auf das Oberhaupt des Hyuuga-Clans. Bevor sie jedoch das Wort ergreifen konnte, kam Hiashi ihr zuvor. „Sakura, setz dich. Wir müssen reden.“ Zu ihrem fragenden Gesichtsausdruck gesellte sich für einen Sekundenbruchteil ein Stirnrunzeln. Jedoch ohne Widerworte zu geben, trocknete sie sich ihre Hände ab und setzte sich an den Küchentisch. Anschließend setzte sich Hiashi ihr gegenüber. „Das eben diente zur Ablenkung von Neji, richtig?“ Zustimmend nickte Hiashi. Nun, auch die junge Frau vor ihm war nicht auf den Kopf gefallen. Ansonsten hätte sie es wohl nie zur Schülerin der Hokage geschafft. Allerdings war jetzt nicht die Zeit, um über so etwas nachzudenken. „Ja, ich wollte mit dir alleine reden. Mir ist bewusst, dass du diese Unterhaltung womöglich Neji anvertrauen wirst. Das ist in Ordnung. Aber ich denke, für dieses Gespräch ist es besser, wenn wir unter uns sind.“ Mit dieser kurzen Erklärung hatte Hiashi die volle Aufmerksamkeit der jungen Frau für sich gewonnen. Sie schien damit zu rechnen, dass die nun folgende Unterhaltung kein Zuckerschlecken sein würde. „Es tut mir Leid, dass wir nach so kurzer Zeit bereits ein solches Gespräch führen müssen. Ich weiß du hast in letzter Zeit einiges durchmachen müssen.“ Auch wenn Hiashi es nicht beim Namen nannte, wussten sie beide, worüber es ging. Ein Schatten legte sich über Sakuras Gesicht, in ihren Augen lag ein Ausdruck des Schmerzes. Unter anderen Umständen hätte Hiashi nie so taktlos dahergeredet, aber es war nötig. Es ging um die Zukunft seines Neffen. Ob es ihm gefiel ober nicht, als Clanoberhaupt war es für ihn bereits zur Normalität geworden, Entscheidungen treffen zu müssen, die er als Privatperson wohl nicht gutheißen würde. „Durch die letzten Ereignisse hat sich die Situation geändert. Eine Gefahr durch den Uchiha besteht nun nicht mehr und damit auch kein Grund mehr für eine Verlobung mit Neji.“ Abrupt riss Sakura ihren Kopf nach oben. Schock stand in ihrem Gesicht. Anscheinend war ihr der Gedanke bislang nicht gekommen oder hatte ihn einfach nicht zugelassen. „Aber… Also… Was?“ Eindeutig, Hiashi hatte Sakura kalt erwischt. Es war kein angenehmes Thema, aber es musste geklärt werden. „Damit wir uns nicht falsch verstehen. Ich verlange nicht von dir, dass du in den nächsten 24 Stunden ausziehst oder Ähnliches. Mir geht es vielmehr um deine und Nejis Beziehung zueinander.“ Noch immer blickte Sakura mit großen Augen überrumpelt drein. Es war beinahe schon zu sehen, wie sich die Gedanken in ihrem Kopf überschlugen. „Ihr wurdet regelrecht zu einer Scheinbeziehung gezwungen. Ihr wart Freunde“, fuhr Hiashi fort, „aber was seid ihr jetzt? Ich hoffe dir ist klar, dass du Neji nicht egal bist.“ Hiashi wollte sich als Onkel nicht zu sehr in seine Beziehung einmischen, als Clanoberhaupt allerdings musste er Verantwortung tragen. Neji als Vorzeigeninja des Clans war ein wichtiger Repräsentant und damit auch wichtig für den Clan. „Ich benutze Neji nicht!“ Es klang nicht nach einer Verteidigung oder Rechtfertigung. Im Gegenteil, Sakura sah entrüstet und schon fast beleidigt aus. Das rechnete Hiashi ihr hoch an. Er hatte auch nicht angenommen, dass sie mit Neji nur spielte. „Das weiß ich. Trotzdem, wie stellst du dir die Zukunft vor? Mit oder ohne Neji? Soll ich die Hochzeit absagen oder lediglich verschieben? Die anderen Clanmitglieder würden beides verstehen. Viele Beziehungen gehen wegen solchen Umständen in die Brüche“, versuchte Hiashi Sakura die sich momentan bietenden Möglichkeiten aufzuzeigen. „Und das soll ich jetzt einfach so entscheide, ohne das Neji dabei ein Mitspracherecht hat?“ konterte Sakura, wohl um ein wenig Zeit zum Nachdenken herauszuschlagen. „Nein, du sollst nicht sofort eine Entscheidung fällen. Es sind noch zwei Wochen bis zur Hochzeit. Diese Woche solltest du dich schon noch entscheiden. Natürlich mit Neji zusammen“, fügte Hiashi schnell hinzu, als Sakura entrüstet den Mund aufmachte. „Ich wollte dir nur die momentane Situation erläutern.“ Mit diesen Worten erhob sich Hiashi. Für ihn war das Gespräch nun beendet. Für Sakura allerdings nicht. „Ich kann ihn nicht heiraten.“ Ohne etwas zu sagen, ohne das Gesicht zu verziehen, blickte Hiashi auf die junge Frau hinab, die seinen Blick erwiderte. „Nicht jetzt zumindest. Das war alles zu viel. Ich weiß nicht ob Neji einer Verschiebung der Hochzeit zustimmt oder ob wir das alles erst einmal auf Eis legen und sehen was die Zukunft für uns bereit hält“, fuhr Sakura ernst und entschieden fort, „aber ich weiß, dass ich Neji nicht aufgeben werde und mit ihm zusammen sein will.“ Kopfnickend nahm Hiashi Sakuras Entscheidung zur Kenntnis. Die junge Frau würde wohl über kurz oder lang doch Teil seiner Familie werden. Nicht gänzlich konnte er das Schmunzeln zurückhalten. Ein kurzes Zucken in seinen Mundwinkeln war Sakura sicherlich nicht entgangen. „Gut. Dann warte ich noch dein Gespräch mit Neji ab und leite dann wegen der Hochzeit alles Nötige in die Wege.“ Hiashi war bereits bei der Tür angekommen, als er noch einmal inne hielt und sich zu der Kunoichi umdrehte. „Ihr, du und Neji, packt das.“ Dann verschwand Hiashi letztendlich aus der Küche und hoffte, er hatte die richtige Entscheidung getroffen und drängte Sakura nicht allzu sehr. Aber manchen Menschen musste nun einmal ein wenig in den Hintern getreten werden, damit sie ihr Glück fanden.   War das gerade wirklich geschehen? Hatte Hiashi Hyuuga ihr ein Ultimatum gestellt? Nun, vielleicht war es übertrieben von einem Ultimatum zu reden, aber er hatte sie eindeutig zu einer Entscheidung gedrängt. Hatte sich Sakura nicht längst entschieden? Sie wollte mit Neji zusammen sein. Ob sie das Neji auch verständlich gemacht hatte? Hiashi hatte von alledem nichts gewusst. Natürlich. Von wem auch? Weder Sakura noch Neji gingen mit so etwas hausieren. Aber das Hiashi sie, so kurz nach der…nach ihrem schrecklichen Verlust darauf ansprach… Taktgefühl zählte eindeutig nicht zu den Stärken des Clanoberhauptes. Das Kind beim Namen nennen war wiederum nicht Sakuras Stärke. Sie hatte nicht „Ich liebe dich“ zu Neji gesagt. Sie konnte selbst jetzt nicht von einer Fehlgeburt reden, weil sie Angst hatte wieder zusammenzubrechen. Sie vermisste das kleine Würmchen, das nur so kurze Zeit in ihr herangewachsen war. Ein dumpfer Schmerz zog an ihrem Herzen. Sakura riss sich zusammen und unterdrückte den Drang ihre Hände auf ihren nun ganz flachen, normal aussehenden Unterleib zu legen. Besser sie regte sich noch eine Weile über Hiashi auf und machte sich Gedanken, wie sie ein solch wichtiges Gespräch mit Neji beginnen sollte. Würde er auf die Hochzeit in zwei Wochen bestehen oder hätte er keine Einwände für eine Verschiebung? Wollte er sie überhaupt noch heiraten? Wollte Sakura das? Die letzten Monate hatten ihr gezeigt, dass sie sich immer auf Neji verlassen konnte, dass sie ihn schätzte, ihn in ihrem Leben benötigte, brauchte und ohne ihn nicht sein konnte und wollte. Ja, sie wollte mit Neji zusammen sein. So lange wie ihr vergönnt war. Warum dann also nicht auch heiraten? Vielleicht in ein oder zwei Jahren? Dann hatten sie noch mehr Zeit ein richtiges Paar zu werden und die kleinen und großen Krisen durchzustehen, die eine Beziehung so mit sich brachte. Wenn Sasuke nicht aufgetaucht wäre, wäre Sakura in zwei Wochen bereits verheiratet. Wenn… In Gedanken versunken war die junge Frau aus der Küche gegangen, durch den kurzen Hausflur, die Treppe hinauf zu ihrem Zimmer. Wenn das Wörtchen wenn nicht wäre. Ja, wenn. Wenn sie keinen One-night-Stand mit Sasuke gehabt hätte, hätte sie sich nicht mit Tenten verworfen. Mit ihr sollte Sakura in nächster Zeit auch einmal reden. Zunächst jedoch sollte sie mit Neji klären, wie ihre Zukunft aussah und ob sie diese gemeinsam gestalten würden oder nicht. Bevor sie mit Neji sprach, sollte sie eventuell auch mit Hinata über die Situation reden. Vielleicht hatte sie ein paar gute Tipps für sie, wie sie ein solches Gespräch führen konnte. Und dann war da natürlich noch Sasuke. Sakura musste ihm sagen, dass sie sich nicht für ihn sondern für den Hyuuga entschieden hatte. Das würde alles andere als leicht werden. Es stand so viel auf dem Spiel. Was, wenn Sasuke dann einfach wieder gehen würde und sie erneut verließ? Wenn er wieder zu Orochimaru ging und sein Leben wegwarf? Es wäre dann alles ihre Schuld. Wenn…. Da war dieses kleine, hartnäckige Wort wieder. Energisch verdrängte Sakura das Wort aus ihrem Kopf. Es brachte nichts, sich jetzt den Kopf darüber zu zerbrechen. Wenn sie ihr Leben nur nach den „Wenn’s“ und „Aber’s“ und nach anderen Leuten ausrichtete, wo blieb dann sie? Außerdem wäre es Sasuke gegenüber alles andere als fair, mit ihm eine Beziehung zu führen, wenn ihr Herz für Neji schlug. Zum Scheitern wäre eine solche Beziehung wohl auch verurteilt. Nach ihrem Treffen mit dem Uchiha letzte Nacht machte sie sich sowieso Gedanken, ob sie noch zu Sasuke durchdringen konnte. Mit ihrem Verhalten hatte sie in der Tat viel falsch gemacht und nicht nur Neji und ihre Freunde verletzt und von sich gestoßen sondern vor allem Sasuke. Sie würde sich noch einmal ordentlich bei ihm entschuldigen müssen, sobald sie die nächste Gelegenheit dafür hatte, entschied Sakura und öffnete ihre Zimmertür. Anscheinend kam diese früher als gedacht, schoss es der Rosahaarigen durch den Kopf, als sie mit großen Augen zu der dunkelhaarigen Gestalt sah, die lässig an der Wand ihr gegenüber lehnte. „Sasuke.“ Schnell schloss Sakura die Tür hinter sich, ehe sie sich wieder ihrem Besucher zuwandte. „Du tauchst wirklich immer auf wann es dir passt. Wenn dich jemand sieht, dann…“, begann sie besorgt und dachte bereits angestrengt nach, ob Hiashi wohl eine Möglichkeit gehabt haben konnte Sasuke zu sehen, kam aber zu dem Schluss das er wohl – mal wieder – ungesehen hierher gekommen war. „Keine Sorge. Das wird in Zukunft nicht wieder geschehen“, eröffnete Sasuke das Gespräch trocken. Stirnrunzelnd trat Sakura näher an den Uchiha. Was meinte er? Kam es ihr nur so vor oder sah Sasuke heute ernster aus als sonst? Dunkle Schatten lagen unter seinen Augen, als ob er nicht viel geschlafen hätte. „Sasuke, alles in Ordnung bei dir? Du wirst nicht krank oder?“ Besorgt ließ Sakura ihren Blick weiter über den Schwarzhaarigen schweifen. Sein Gesicht wirkte ein wenig blasser als sonst. Seine ganze Haltung wirkte oberflächlich betrachtet locker und lässig, doch auf den zweiten Blick hin, wirkten die Züge um seinen Mund und die Augenwinkel gespannt. Dies war ebenso in seiner ganzen Art zu erkennen, wie er da an der Wand lehnte. Sein Blick dafür war intensiv. Seine dunklen Augen bohrten sich regelrecht in sie. Sie wanderten über jeden Zentimeter ihres Körpers, als ob er sich ihr Aussehen ins Gedächtnis brennen wollte. Ein Schauer rann Sakura über den Rücken. Irgendetwas war geschehen, von dem sie jedoch keine Ahnung hatte. Sie fühlte, dass etwas Bedeutsames geschehen war. Nur was? „Ich bin nicht krank“, antwortete Sasuke ihr da. Erleichtert nickte Sakura, wenngleich die Ärztin in ihr den Schwarzhaarigen gründlich durchchecken wollte. „Wollen wir uns nicht setzen?“ Einladend zeigte sie sowohl auf das Bett als auch auf den Boden. Schweigend verneinte Sasuke jedoch. Er machte keinen Anstalten ihr näher zu kommen, so wie bisher immer. Stattdessen ruhte sein Blick weiterhin unverwandt auf ihr. Etwas unbehaglich – Sakura wusste nicht so ganz was sie tun oder wie sie sich verhalten sollte – stand sie da, schlang die Arme mal um ihre Mitte, nur um sie dann direkt wieder schlaff zur Seite hängen zu lassen. Immer wieder verlagerte sie ihr Gewicht von einer Seite zur anderen. Dieses Schweigen, dieses Anstarren war alles andere als angenehm. Gleichzeitig spürte Sakura jedoch, dass es nicht sie war, die das Gespräch in Gang setzten sollte, sondern Sasuke. Falls der Uchiha dafür noch ein wenig mehr Zeit benötigte, dann würde sie ihm diese auch geben. Nachdem ein paar weitere Sekunden verstrichen waren, die sich wie Minuten anfühlten, wandte sich Sasuke von ihr ab, ging zum Fenster und blickte hinaus. Schweigend. Fragend lag Sakuras Blick auf ihm. Langsam keimte ein Verdacht in ihr auf. Es war ein Gefühl, das ihr Angst machte. Wie ein heißer Klumpen Blei lag es in ihrem Magen. Als sich Sasuke dann langsam zu ihr drehte, das Gesicht halb im Schatten verborgen, krampfte ihr Herz zusammen. Sein Blick war weiterhin intensiv auf sie gerichtet, doch zu der Ernsthaftigkeit in seinem Gesicht hatte sich nun auch Traurigkeit gemischt. „Das hier ist mein letzter Besuch, Sakura.“ Fieberhaft dachte die junge Frau nach. Die Worte durften nicht das bedeuten, wonach sie klangen. Immer positiv denken. Das hier würde sein letzter Besuch in aller Heimlichkeit sein, weil er in Konoha bleiben wollte. Dieses Mal offiziell, nicht länger als gesuchter Abtrünniger. Das musste es sein. Etwas anderes durfte es einfach nicht sein. So hartnäckig sich Sakura auch an diesen positiven Gedanken klammerte, ein Blick in Sasukes Gesicht und sie kannte die Antwort bereits. Schweigend ging Sakura auf ihre erste große Liebe zu. Der Mann, der sie zu der Frau gemacht hatte, die sie nun war. Ihr Freund, der immer ein Teil ihres Herzens für sich hatte. „Sasuke“, begann Sakura, doch ihre Stimme war nicht mehr als ein geflüsterter Hauch im Wind. Sie konnte bereits die Tränen spüren, die in ihren Augenwinkeln warteten. Mehrfach blinzelte sie, in der Hoffnung, die Tränen verdrängen zu können, doch ohne Erfolg. „Du hast dich entschieden und dasselbe habe ich auch getan.“ Sanft, wehmütig um schmiegte die tiefe Stimme Sasukes Sakura, doch nahmen sie den Worten nicht den Schmerz. Auf einmal fühlte sich die Situation nicht mehr unangenehm und fremd an. Sasuke war näher auf sie zugekommen. Nur wenige Zentimeter trennten sie voneinander. So nah und doch so fern. „Du hast hier mehr als nur mich“, begann Sakura verzweifelt darum zu kämpfen und Sasukes Meinung noch einmal zu ändern. „Du hast hier Freunde, ein Team. Wir sind wie eine Familie. Naruto, Kakashi Sensei…“ „Ich weiß.“ „Warum dann?“ Es tat weh. Beim letzten Mal war Sakura nicht stark genug gewesen Sasuke aufzuhalten. Dieses Mal hätte sie etwas ändern können. Hätte sie sich nicht für Neji entschieden, hatte sie nicht ihr Kind verloren, dann hätte sie vielleicht zu Sasuke durchdringen können. „Ich gehöre nicht hierher“, war die schlichte Antwort. Wirklich? Das sollte es gewesen sein? „Aber…Das stimmt nicht! Du bist ein Teil Konohas! Das wirst du immer sein!“ Verzweifelt griff Sakura nach Sasuke, bekam sein Oberteil zu fassen und klammerte sich daran fest. Stumm flossen die Tränen über ihr Gesicht. „Das mag sein, aber ich glaube, ich bin zu weit gegangen.“ Sasuke hatte sich nicht einen Millimeter von der Stelle bewegt. Unverwandt war sein Blick auf ihr Gesicht gerichtet, folgte der Spur einer Träne. „Schon wieder habe ich dich zum Weinen gebracht.“ Leise schniefte Sakura, während Sasuke mit dem Fingerrücken die Tränen auf ihrer Wange wegwischte. Schwer breitete sich die Stille wie eine Decke über ihnen aus. Was konnte sie jetzt noch sagen, um Sasuke zum Bleiben zu bewegen? Sie brachte es nicht über sich zu sagen, dass sie Neji verlassen würde um bei ihm zu bleiben. Außerdem bezweifelte sie, dass das noch einen Unterschied machen würde. Dennoch hörte sie sich sagen: „Wenn Neji…“ „Das mit uns, mit dem Kind, das war ein Traum. Ein wunderschöner Traum, in den ich mich flüchten wollte. Den ich zur Realität machen wollte. Aber es war nur ein Traum. Neji hat damit nichts zu tun.“ War das eine Absolution gewesen? Der Segen Sasukes für ihre Beziehung mit Neji? Ohne das sie ihm ihre Entscheidung hatte sagen müssen, schien der Uchiha zu wissen, wie es um ihr Herz stand. Es linderte ein wenig den Schmerz in ihrer Brust, wenngleich das Gefühl, sein Weggang sei ihre Schuld, blieb. „Bitte, geh nicht“, bat Sakura erneut flüsternd, den Blick flehend auf die tiefen, dunklen Augen gerichtet. „Gib dir nicht die Schuld. Es hat nicht sollen sein.“ Und dann beugte sich Sasuke vor, drückte seinen Mund auf den ihren. Es war kein leidenschaftlicher Kuss. Er war sacht, vorsichtig, unschuldig. Es war ein Abschied. Ungehindert flossen die Tränen nur so über ihr Gesicht. In den wenigen Sekunden, in denen der Abschiedskuss andauerte, schien die Zeit still zu stehen. Es gab nur den jungen Mann und die junge Frau. Ihre Namen, ihre Bürden, nichts spielte mehr eine Rolle. Für den Moment wurde beiden klar, was hätte sein können, hätten sie sich in der Vergangenheit anders entschieden. Als sich Sasuke von Sakura löste, endete der Augenblick der Verbundenheit. Die Realität hielt wieder Einzug in dem Zimmer, das sich Sakura wohl auch in Zukunft mit Neji teilen würde. „Danke“, hauchte Sasuke. Warm strich dabei sein Atem über ihr Gesicht. Es war wie beim letzten Mal. Nur dieses Mal schlug Sasuke sie nicht ohnmächtig. Er verschwand nicht in aller Heimlichkeit mitten in der Nacht. Dieses Mal schenkte Sasuke ihr noch einen letzten Blick. „Lebewohl.“ Mit diesem einen schlichten Wort drehte sich Sasuke um, öffnete das Fenster und sprang. Mit hoch erhobenem Kopf und geradem Rücken verließ Sasuke Uchiha dieses Mal Konoha. Bei Tageslicht. Nicht in Heimlichkeit. Dafür aber endgültig. Wo sein Weg ihn wohl hinführen mochte? Die Vögel, die am Himmel ihre Bahnen flogen, wusste es nicht. Ebenso wenig das Eichhörnchen, das von einem Baum aus zu ihm blickte. Selbst Sasuke wusste es nicht. Er würde vorerst nicht zu Orochimaru zurückkehren. Vorerst wollte er auch seine Rache nicht weiterverfolgen. Etwas war ihm letzte Nacht klar geworden. Er hatte keine Ahnung, wer er wirklich war. Er gehörte nicht nach Konoha. Noch nicht. Vielleicht niemals wieder. Es war nicht für das Leben im Dorf gemacht. Aber er wollte nicht nur für die Rache leben. Vielleicht würde er erst einmal durch die Gegend wandern und versuchen herauszufinden, wer er wirklich war. Sein Weg war offen. Niemand kannte die Zukunft. Sie konnte alles für ihn bereithalten. Auch Sakura, die noch lange weinend am Fenster stand und ihm nachsah, hatte keine Ahnung was die Zukunft für Sasuke und für sie selbst bereithielt. Aber sie wünschte dem Uchiha alles erdenklich Gute und das er seinen Platz im Leben fand. „Lebewohl, Sasuke Uchiha.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)