Entscheidung fürs Leben von Yuri91 (Liebe ist keine Kopfsache...) ================================================================================ Kapitel 31: Entlassung ---------------------- Aller Anfang war schwer. Das galt für so einiges. Der Einstieg in das Berufsleben, die Erziehung eines Kindes, das Schreiben eines Buches. Die Liste hätte Neji noch ewig lang fortsetzen können, so viel fiel ihm ein. Doch manchmal entpuppt es sich als schwieriger, aber auch einfacher. Es gab Höhen und Tiefen. Das ganze Leben war eine reinste Achterbahnfahrt. Genau das durchlebte Neji auch jetzt. In den letzten drei Tagen hatte er so einige Höhen und auch etliche Tiefen erlebt. Manchmal folgten sie direkt aufeinander, manchmal gab es jedoch auch ein paar Verschnaufpausen. So auch wie jetzt. Die Sonne schien angenehm warm, durch das geöffnete Fenster wehte ein laues Lüftchen und streichelte sein Gesicht. Während sein Blick auf die Dächerlandschafts Konoha fiel, streichelte er unablässig in einem gleichbleibenden, ruhigen Rhythmus über Sakuras weiches Haar. Ihren Kopf hatte sie auf seinen Schoß gebettet, ihre Füße ruhten da, wo normalerweise das Kopfkissen lag und friedlich dämmerte die junge Frau vor sich hin. Als er seinen Blick auf Sakura fallen ließ, lächelte er unweigerlich. Er war froh, dass sie nicht länger so distanziert und wie gefühlstot war. Er hatte wirklich Angst um sie gehabt. Bis jetzt wusste er nicht, was den Sinneswandel bei Sakura ausgelöst hatte, aber etwas musste geschehen sein. Ob Sasuke wohl etwas damit zu tun hatte? Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Diesen ruhigen, schönen Moment wollte er nicht mit Gedanken an den Uchiha verschwenden. Die letzten Tage waren das reinste Durcheinander gewesen. Ein Chaos aus Gefühlen. Daher war Neji erleichtert, selbst einmal für einen kurzen Moment durchatmen zu können. Die letzten drei Tage war der junge Hyuuga fast ausschließlich im Krankenhaus gewesen. Lediglich spät abends ging er nach Hause, um dort zu schlafen. Nachdem er vor vier Tagen Sakura weinend in ihrem Krankenzimmer vorgefunden hatte, war so einiges in Gang gekommen. Zu Nejis Erleichterung hatte sie angefangen um den Verlust ihres Kindes zu trauern. Während er sie im Arm gehalten und getröstet hatte, war es ihm irgendwie gelungen, den roten Alarmknopf zu drücken, der im Notfall dazu diente, das Pflegepersonal und falls nötig einen Arzt zu rufen. Sekunden später war eine junge Frau mit weißer Arbeitskleidung und weißer Haube auf den braunen Haaren im Zimmer erschienen. Noch bevor sie irgendetwas hatte sagen können, hatte Neji nach Tsunade verlangt. Die Krankenschwester selbst jedoch versicherte sich zuvor, dass mit Sakura alles in Ordnung war, bevor sie den Raum verließ. Auch dieses Mal hatte es nicht lange gedauert, da ging die Zimmertür auf. Mit Wucht hatte die Hokage sie aufgestoßen, sodass die Tür mit einem lauten Knall gegen die Zimmerwand schlug. Anschließend hatte sich ein Loch, in Form der Türklinke, in die Wand gegraben. In diesem Moment jedoch hatte es niemanden interessiert. Das misstrauische, ernste Gesicht der Hokage verwandelte sich beim Anblick Nejis, der die weinende Sakura im Arm hielt. Vor Erleichterung hatte sie die Augen für einen Sekundenbruchteil geschlossen, dann jedoch lächelte sie und ging auf das Bett zu. Diese erste Nacht war Neji erst nach Mitternacht nach Hause gegangen. Tsunade hatte dafür extra ihre Erlaubnis erteilen müssen, damit keiner der Ärzte oder des Pflegepersonals ihn rausschmeißen konnte. Am nächsten Tag hatte der Hyuuga um sieben Uhr wieder vor Sakuras Zimmertür gestanden und war auch dann erst wieder abends nach Hause gegangen. Die darauffolgenden Tage hatten sich ähnlich abgespielt. Manchmal weinte Sakura, manchmal wurde sie wütend über die Ungerechtigkeit, manchmal aber auch entschuldigte sie sich bei Neji, der ihr immer wieder versicherte, dass es nicht nötig war. Manchmal aber auch stierte Sakura einfach nur niedergeschlagen aus dem Fenster und hing ihren eigenen Gedanken nach. Doch es war nicht so wie die Tage davor. Wenn man sie in diesem Zustand ansprach, dann reagierte sie. Auch wirkten ihre Augen nicht länger wie tot, nein, sie war dann einfach nur in Gedanken versunken. Manchmal aber auch gab es diese schönen Momente, in denen Neji und Sakura ganz normal miteinander redeten. So zum Beispiel hatte er ihr alles über Naruto und Hinata erzählt, was er von seiner Cousine so in Erfahrung hatte bringen können. Manchmal aber auch kuschelten sie einfach nur miteinander, Sakura lag dann eng an ihn geschmiegt. Diese Momente gaben Neji die Kraft, die er benötigte, wenn Sakura vor Wut schrie oder vor Schmerz wehklagend und herzzerreißend weinte. Dann fühlte er sich jedes Mal hilflos. In den letzten Tagen, in denen es Sakura deutlich besser ging, wenngleich sie jedoch noch nicht stabil war, hatten auch zig Freunde zu ihr gewollt. Allen voran Naruto. Während Neji immer so lange bei Sakura bleiben konnte wie er wollte, hatte Tsunade nicht die gleiche Einstellung bei den anderen. Es mochte daran liegen, dass die Hokage selbst sah, wie gut es Sakura ging wenn Neji bei ihr war. Außerdem war es die junge Haruno selbst gewesen, die Tsunade schon fast unter Tränen angefleht hatte, dass Neji bei ihr bleiben konnte, so lange er wollte. Als er das erfahren hatte, war ihm unweigerlich warm ums Herz geworden und er hatte Sakura nur noch in die Arme schließen wollen. Trotzdem hatte Tsunade ihn, in einem vier-Augen-Gespräch darum gebeten gehabt, dass er wenigstens die Nacht über bei sich alleine schlief. Die Hokage hatte es damit begründet, dass er selbst auch ein bisschen Zeit für sich brauchte und sich nicht permanent um Sakura kümmern konnte. Wenngleich Neji das verstand, ging er doch immer mit gemischten Gefühlen nach Hause. Doch bevor er ging, vergewisserte er sich jedes Mal, dass Sakura bereits schlief. Nun, Naruto jedoch teilte die Ansichten der Hokage nicht und wenngleich er nicht lange bleiben durfte, fand er eine Lösung. Anstatt nur einmal am Tag zu Besuch zu kommen, ließ er sich in der Regel fünfmal blicken. Manchmal sogar noch öfter. Tsunade hatte selbstverständlich Wind davon bekommen und ihn sogar schon einmal rausgeworfen, doch Naruto war kein Kind von Traurigkeit und ließ sich auch nicht so leicht unterkriegen. Wenn dann also Kakashi, Lee, Hinata, Sai, oder Ino vorbei kamen, schmuggelte sich Naruto dazu. Nur als Hiashi und Hanabi einmal vorbeigekommen waren, hatte sich der Chaosninja zurückgehalten. Er wollte vor dem Vater seiner Freundin wohl keinen Streit mit Tsunade haben. Meist freute es Sakura, doch am ersten Tag war es ihr sehr unangenehm gewesen. So hatte sie Neji später gestanden, dass sie sich schlecht fühlte, wegen ihres Verhaltens ihren Freunden und auch ihm gegenüber. Dass sie mehr als nur unhöflich gewesen war. Doch niemanden hatte das interessiert. Viel zu sehr waren alle froh und erleichtert, dass es Sakura nun etwas besser ging. Das hatte Neji ihr auch klarmachen können, wenngleich es ein wenig gedauert hatte. Nur Tenten war bislang nicht erschienen. Weswegen wusste er nicht, doch auch wie bei Sasuke, versuchte er momentan sich keine Gedanken darüber zu machen. Heute würde Sakura aus dem Krankenhaus entlassen werden. Körperlich war sie wieder gesund. Die Sachen waren schnell gepackt gewesen. Da Sakura immer ihre Krankenhauskleidung, die für Patienten bereitgestellt wurde, getragen hatte, hatte Neji den fast unberührten Koffer schnell fertig gepackt gehabt. Lediglich Unterwäsche und einen Pyjama, den Sakura nie getragen hatte, sowie Zahnbürste, Zahnpasta und eine Haarbürste hatte er in den Koffer tun müssen. Jetzt warteten sie auf die Entlassungspapiere. Das dauerte bereits zwei Stunden. Neji hatte keinerlei Ahnung wieso es so viel Zeit in Anspruch nahm, aber das gehörte wohl zur Bürokratie dazu. Ein leiser Seufzer entfuhr der noch schlafenden Sakura. Sekunden später bewegte sie ihren Kopf ein paar mal hin und her, bis sie letztendlich ihre Augen öffnete. Noch verschlafen richtete sie sich auf. Nejis Hand, die bis jetzt über das rosafarbene Haar gestrichen hatte, lag nun neben ihm. Herzhaft gähnte Sakura, rieb sich mit dem Handrücken über die Augen und ließ ihren Blick dann zu der Uhr gleiten, die über der Zimmertür hing. „Wie lange habe ich geschlafen?“ Mit belegter Stimme hatte sie Neji gefragt. Dieser jedoch lächelte vor sich hin, anstatt eine Antwort zu geben. Ihr Anblick, leicht desorientiert und noch im Halbschlaf, war wirklich niedlich. Er musste ihn sich einprägen, bevor der Augenblick vorbei war. „Neji?“ „Hm? Ah, ja“, meinte der junge Mann nur und der Moment war vorbei. „Nicht lange. Etwa dreißig Minuten.“ „Ah, okay. Und die Papiere?“ „Noch nicht gekommen. Sonst hätte ich dich geweckt.“ „Hm.“ Schweigen legte sich über den Raum, doch es war kein unangenehmes und drückendes, wie noch ein paar Tage davor. Es war wieder Sakura, die die Nähe zu ihm suchte und ihren Kopf auf seiner Schulter bettete, während sie darauf warteten, dass sie endlich gemeinsam das Krankenhaus verlassen durften. Ein paar Minuten waren verstrichen. Keiner hatte etwas gesagt. Sie beiden hingen ihren Gedanken nach und genossen ihre Zweisamkeit. Dann jedoch richtete sich Sakura wieder auf, setzte sich mit angewinkelten Beinen auf das Bett und sah Neji eindringlich an. Ihr Blick war ernst, kein Lächeln zierte ihr blasses Gesicht. Unweigerlich begann das Herz des Hyuugas zu rasen. Würde es jetzt schlechte Neuigkeiten geben? Würde Sakura sagen, sie wolle nicht mit ihm kommen? Oder hatte es gar etwas mit Sasuke zu tun? Doch weit gefehlt. Neji, der sich sonst so selten irrte, lag dieses Mal mit seinen Ängsten falsch. Was folgte, hatte er nicht erwartet, doch es ließ sein Herz leicht werden.   Die Sekunden waren verstrichen zu Minuten, Stunden und letztendlich Tagen geworden. Nachdem drei Bäume unter seiner Wut gelitten hatten – nur noch die Stümpfe standen und die Stämme lagen mitsamt Blätterdach auf der Lichtung – war auch irgendwann seine Wut verraucht. Mit jeder verstrichenen Minute war sie weniger geworden. Das hieß jedoch nicht, das Sasuke gänzlich ruhig war. Noch immer konnte er Sakuras Verhalten einfach nicht verstehen. Es ging nicht in seinen Kopf. Wie konnte sie sich denn nur einfach so vor der Realität verschließen? Nie hätte Sasuke geglaubt, dass sie so feige war. Sakura war es doch gewesen, die mit Naruto zusammen immer nach ihm gesucht hatte. Sie war es auch gewesen, die mehr als einmal um ihn gekämpft hatte, sowohl gegen ihn als auch gegen andere Ninja. Sie hatte versucht ihn aufzuhalten, als er das Dorf vor so vielen Jahren verlassen hatte. Ganz allein. Und jetzt? Als Ninja erfuhr jeder früher oder später den Tod eines geliebten Menschen. Sasuke hatte das auf die harte Tour lernen müssen. Zwar hatten sie ihr Kind nicht durch irgendeinen Kampf oder Mission verloren, aber das Endergebnis war dasselbe. Sakura und Sasuke würde nie erfahren, ob sie einen Sohn oder eine Tochter bekommen hätten. Aber das war beim besten Willen keine Entschuldigung für ihr Verhalten. Obwohl sich Sasuke bereits deutlich beruhigt hatte, brachte er kein Verständnis für die junge Frau auf, die ihm seit Jahren im Kopf umherspukte. Vor vier Tagen hatte er noch geglaubt, dass es sein Schicksal war, Itachi zu töten und seine Familie damit zu rächen. Der Tod seines Ungeborenen war ein regelrechter Wink mit dem Zaunpfahl. Doch lag er damit wirklich richtig? Langsam überkamen Sasuke ein paar Zweifel. In den letzten Tagen hatte er auch genügend Zeit gehabt um über sich nachzudenken und ob Sakura wirklich der einzige Grund für ihn war in Konoha zu bleiben. Zum Einen wollte Sasuke Itachi unbedingt tot sehen. Dafür hatte er bereits so viel geopfert. Er hatte sich selbst aufgeopfert. Zum Anderen jedoch wollte er Ruhe in seinem sonst so rastlosen Leben. Er wollte sich mit Naruto streiten, von Kakashi getadelt und von Sakura, Naruto und Ino genervt werden. Eine Familie wollte er noch immer gründen. Nur jetzt, nach diesem schweren Schicksalsschlag, konnte er sich für diese Idee nicht aufraffen. Dafür würde er wohl noch einige Zeit brauchen. Die Wunden mussten erst einmal verheilen, wenngleich tiefe, zerfurchte Narben zurückbleiben würden. Nur wie Sasuke es auch drehte und wendete, irgendwie opferte er sich immer auf. Entweder er ließ seine Chance auf ein weitgehend ruhiges und friedliches Leben zurück und suchte weiter nach Itachi oder aber Sasuke ließ den Grund für sein Handeln – und Itachi bestimmte sein Leben nun schon über 15 Jahren – in Vergessenheit verschwinden. Aber war das nicht Verrat an seiner Familie? Oder wollte sein Clan gar nicht gerächt werden? Nicht, wenn Sasuke dafür so viel erdulden musste. Als Kind hatte er sich häufig nach seinen Eltern gesehnt. Vor allem nach seiner Mutter. Mit jedem Jahr das vergangen war, hatte er solche Gedanken und Gefühle unterbunden und unterdrückt. Jetzt jedoch wäre ein elterlicher Rat mehr als hilfreich. Sasuke konnte regelrecht vor seinem inneren Auge sehen wie sein Vater am Küchentisch saß, sich sein Problem anhörte und anschließend einen pragmatischen Vorschlag machte. Seine Mutter jedoch würde liebevoll Lächeln, ihm über den Kopf streichen und ihm sagen, er solle auf sein Herz hören. Aber verdammt, was sagte ihm sein Herz?! Es zerrte ihn nach links und rechts. Seine Gefühle gingen in zwei vollkommen entgegengesetzte Richtungen. In seinem Leben an einem Punkt angelangt, an dem ihm all sein Wissen und all sein Talent ihm nicht weiterhalf, ging der junge Mann im Wald auf und ab. Seine rechte Hand hatte er in seinem schwarzen Haar vergraben. Ja, wie sollte sich Sasuke nur entscheiden? Ob ein neuerlicher Besuch bei Sakura eine Hilfe sein würde? Nur wusste er, dass er nicht wieder diese Puppe vor sich sitzen haben wollte, die zwar aussah wie Sakura, aber nichts mit der Frau gemein hatte, in die er sich verliebt hatte. Außerdem hatte er Angst davor, dass ein Treffen mit Sakura dazu führte, dass er sich eindeutig wieder für den Hass und die Rache an Itachi entschied. Und doch flüsterte ihm eine kleine, leise Stimme zu, er solle wieder zu Sakura gehen. Egal ob er blieb oder ging, er musste einen Abschluss finden und dafür musste er mit seiner ehemaligen Teamkameradin sprechen. Und je nachdem wie das Treffen verlief, konnte ein kleiner Abstecher bei Naruto auch nicht schaden. Bald würde es Abendessen geben. Man konnte bereits etwas von dem frisch Gekochten riechen. Sowohl Nejis als auch Sakuras Magen knurrten, als sich die Zimmertür hinter ihnen schloss. „Willkommen zurück daheim“, meinte der junge Hyuuga mit einem kleinen, unsicheren Lächeln, das die Haruno ebenso erwiderte, während sie den Koffer neben dem Bett abstellte. War das hier wirklich ihr zuhause geworden? Nun, bevor sie sich mit solch tiefgreifenden Gedanken beschäftigte, wollte sie sich lieber bei Neji bedanken. Doch dieser winkte nur lächelnd ab. Dabei hatte er ihr – mal wieder – so viel geholfen, Sakura konnte das wohl in diesem Leben nicht wieder zurückzahlen. Er war für sie da, jeden Moment, in dem sie ihn benötigte. Und auch jetzt tat er alles, damit sie sich wohlfühlte. Ob Neji wohl wusste, wie wichtig er ihr war? Hatten ihre Worte ausgereicht, um es ihm im Krankenhaus begreiflich zu machen? Sakura hatte kleine Zweifel daran. Konnte ein Mensch ihre Gefühle überhaupt mit Worten beschreiben? Immerhin empfand Sakura nicht nur Dankbarkeit für den Hyuuga. Nein, ohne ihn konnte sie einfach nicht sein. Er war nicht einfach nur ihr Fels in der Brandung, er war ihr Sein. Ihr Sinn im Leben weiterzumachen, obwohl sie einfach nur aufhören wollte. Doch wegen dem jungen Mann vor ihr, der gerade vorschlug sie sollten in die Küche gehen und nachschauen, wie es um das Abendessen stand, wollte Sakura weitermachen. Sie hatte ihr Kind verloren. Ja. Aber das hieß nicht, dass sie deswegen aufgeben durfte. Sasuke hatte ihr aufgezeigt, wie feige und schlecht sie sich verhalten hatte. Sasuke war es gewesen, der sie aus dieser totenähnlichen Lethargie aufgeweckt hatte und doch hatte sie es nicht nur wegen dem Uchiha geschafft. Es war mehr oder weniger die Tatsache, dass Sasuke ihr aufgezeigt hatte, wie sehr sie die beiden Männer in ihrem Leben verletzte, die für sie die wichtigsten waren und die sie allen voran nicht verletzen wollte. Sasuke hatte ihre Vergangenheit bestimmt. Ohne ihn wäre Sakura nie zu der Frau geworden, die sie nun war, mit all ihren guten und schlechten Seiten. Sie hatte ihn geliebt und würde es wohl auch immer. Nur hatte sich ihre Liebe zu ihm geändert. Und das wegen dem Hyuuga. Neji war es, für den sie weiterleben wollte. Mit Neji wollte sie eine gemeinsame Zukunft haben. Fast genauso hatte sie es ihm im Krankenhaus gesagt. Nun, das mit der Zukunft hatte sie ausgelassen, zu nervös und unsicher, ob er sie nicht einfach abweisen würde. Auch hatte sie die Worte „Ich liebe dich“ nicht gesagt, aus demselben Grund. Dennoch hatte sie ihm versichert, er sei nie ein Lückenbüßer für Sasuke gewesen. Zur Überraschung der jungen Frau hatte Neji aufgelacht und sie in seine Arme geschlossen. „So etwas habe ich nie gedacht“, waren seine Worte gewesen, die Balsam für Sakura waren, bevor er sie küsste. Kurz darauf war Tsunade selbst mit den nötigen Entlassungspapieren gekommen und die Zweisamkeit hatte ein abruptes Ende gefunden. Was Neji jedoch über die Rolle Sasukes dachte und wie wichtig sie doch war, wusste die rosahaarige Frau nicht. Der Uchiha selbst ahnte immerhin bislang selbst noch nichts davon. „Ja, lass uns in die Küche gehen. Ich habe Hunger“, erklärte Sakura da und verließ mit Neji ihr gemeinsames Zimmer, in dem sie ab heute wieder mit dem Mann, der ihr die Tür aufhielt, leben würde.   „Wir sollten das machen. Ich finde das ist eine super Idee!“ „Bei dir ist fast alles eine super Idee. Man kann dich eh für so gut wie alles begeistern.“ „Tz. Nur weil deine Ideen nicht so toll sind wie meine“, begann Naruto empört, hielt sich aber Sekunden später jaulend den Kopf, den er zwischen die Schultern eingezogen hatte. „Das tat weh!“ „Sollte es auch“, blaffte Ino zurück. „Du kannst auch ruhig noch eine Kopfnuss bekommen. Das hilft vielleicht, dass du nicht immer so viel Müll von dir gibst.“ „Oder aber es macht es nur noch schlimmer.“ Augenrollend lehnte sich Ino zurück, sagte nichts mehr, während sie finster zwischen Naruto und Shikamaru hin und her sah, der den Einwand eingeworfen hatte. Warum hatten sie sich überhaupt hier bei dem Chaoten daheim getroffen? Der Boden war übersät mit Trainingsutensilien und leeren als auch noch ungeöffneten Packungen von Instant-Nudelsuppe. Auf den Stühlen und dem Küchentisch sah es nicht viel besser aus, wenngleich Hinata gerade dabei war ein wenig aufzuräumen, damit sie sich wie Menschen an den Tisch setzen konnten und nicht wie Tiere auf dem dreckigen Boden kauern mussten. „Sollten wir nicht vielleicht lieber auf Tenten warten?“ meldete sich Hinata da kleinlaut vom Küchentisch. Naruto hatte wirklich einen positiven Effekt auf die Hyuuga. Das musste Ino ihm lassen. Sie war inzwischen ein wenig selbstbewusster. Zumindest meldete sie sich eher mal zu Wort als vorher. „Sai fehlt auch noch“, bemerkte da Shikamaru. „Ach, die kommen bestimmt gleich.“ Zuversichtlich lächelte Naruto in die Runde. Als der Tisch soweit vom Müll befreit war, dass sie sich alle dorthin setzen konnten, ließen sich die vier jungen Menschen auf den Stühlen nieder. Ino fühlte sich ein wenig schlecht, dass sie Hinata das Aufräumen überlassen hatte, aber sie wollte Naruto nicht hinterherräumen. Eigentlich hatte Ino gewollt, dass er es macht, was aber letztendlich in einem Streit geendet hatte und bevor sich die Blondine versehen hatte, hatte sich Hinata in der Zwischenzeit ans Aufräumen gemacht. Tja, ohne sie würde Naruto hier wohl irgendwann an seinen Müll ersticken. „Also zurück zu meiner Idee. Was haltet ihr jetzt davon?“ Erwartungsvoll blickte Naruto in die Runde. Shikamaru sah gelangweilt drein, während er seinen Kopf auf der Hand abstützte. Ino hatte ihre Arme vor der Brust verschränkt und blickte weiter skeptisch drein. Sie konnte noch so oft sagen, was sie von der Idee hielt, aber auf sie würde er wohl nicht hören. Hinata dagegen wurde ein wenig rot im Gesicht. Dennoch erklärte sie: „Ich denke Ino hat Recht.“ Ungläubig blickte Naruto seine Freundin an. Von Hinata hatte er wohl Unterstützung für seine unüberlegte Idee erhofft. Jetzt jedoch war sein Lächeln verschwunden. „Was? Wieso das denn? Das ist eine super Idee!“ „Überraschungspartys werden überschätzt. Sie sind doch echt nur anstrengend“, warf da Shikamaru ein. Beleidigt verschränkte der Uzumaki nun die Arme vor der Brust und blickte die drei Anwesenden scharf an, wenngleich sich Ino einbildete, dass sein Blick für Hinata deutlich milder ausfiel. „Na, du findest eh alles anstrengend.“ „Da hat er Recht“, stimmte Ino ihm zu. „Dennoch ändert das nichts.“ „Und warum bitte schön? Vielleicht sollten wir doch besser auf Tenten und Sai warten.“ „Die werden dir auch nicht zustimmen.“ „Und warum nicht?“ Während sich Ino und Naruto ein Blickduell lieferten und die junge Frau ihr Temperament im Zaun halten musste um nicht wieder handgreiflich zu werden, musste sie dennoch anerkennen, dass Naruto ein guter Mensch und Freund war, er lediglich nicht gründlich über die Sache nachgedacht hatte. Es war jedoch nicht Ino, die Naruto eine Erklärung lieferte. Auch nicht Shikamaru, dem das wohl zu lästig war. Stattdessen meldete sich Hinata zu Wort. Zwar deutlich leiser als Ino es getan hätte, aber dennoch mit kräftigerer Stimme als noch vor ein paar Wochen. „Wir wissen das du es nur gut meinst“, begann die junge Frau, um ihren Freund nicht gänzlich vor den Kopf zu stoßen, „aber du musst bedenken, warum Sakura im Krankenhaus war.“ „Das weiß ich doch. Wegen der Fehlgeburt.“ „Ja und denkst du wirklich, eine Überraschungsfeier ist da angebracht?“ Kurz schweifte Hinatas Blick tadelnd zu Ino, die nur überrascht blinzelte, ansonsten jedoch den Mund hielt. Die Hyuuga schien wirklich an Selbstbewusstsein hinzugewonnen zu haben. „Für Sakura ist das jetzt eine sehr schwere Zeit.“ „Deswegen wäre doch eine Party super!“ warf Naruto energisch ein, doch seine Freundin schüttelte nur den Kopf. „Nein, wäre es nicht. Sie hat sich nicht einfach das Bein gebrochen und ist jetzt froh wieder nach Hause zu kommen. Das kannst du damit nicht vergleichen.“ „Ich will ihr doch nur was Gutes tun!“ „Wissen wir. Aber eine Überraschungsparty würde sie wohl eher vor den Kopf stoßen“, mischte sich nun auch Shikamaru in die Unterhaltung ein, „und ihr womöglich ein schlechtes Gefühl geben.“ „Eben. Wenn man den Tod eines Menschen betrauert, vor allem den seines eigenen Kindes, fühlt man sich wohl nicht danach, Party zu machen.“ Und bevor die Diskussion so richtig losgehen konnte, klingelte es an der Tür und sowohl Sai als auch Tenten standen vor der Tür. Hätte Ino den Grund gewusst, weswegen Naruto sie alle heute zu sich eingeladen hatte, hätte sie womöglich eine Entschuldigung gefunden, um nicht zu kommen. Wobei, so konnte sie noch dafür sorgen, dass Naruto seine gut gemeinte Idee nicht in die Tat umsetzte. Kaum saßen Sai und Tenten, wurden sie sogleich für den Grund des Treffens unterrichtet. Es dauerte auch nicht lange, bis wieder eine Diskussion vom Zaun brach. Wie lange das wohl noch dauern würde? Ino hoffte, Sakuras Abend verlief ruhiger.   Das Zimmer war leer. Das Bett war gemacht und sah unbenutzt aus. Es gab keine Vase mehr, in der frische Blumen standen. Im Schrank befand sich kein Koffer mehr. Auch Zahnbürste, Zahnpasta und Haarbürste waren aus dem Bad verschwunden. Sakura war weg. Das war die logische Schlussfolgerung. Die schweren Steine, die ihm im Magen lagen, wurden ein wenig leichter. Ebenso der starke Druck und der Klammergriff um sein Herz. Er hatte einen kleinen Aufschub bekommen. Sasuke könnte jetzt einfach wieder zurück in die Waldlichtung gehen und sich dort Gedanken machen, wie er jetzt weiter vorgehen sollte. Doch er wusste es schon längst. Genauso wie er wusste, wo er nach Sakura suchen musste. Sicherlich war sie wieder im Hyuuga-Anwesen. Er konnte noch ein paar Tage warten und dann Sakura aufsuchen, doch der jüngste noch lebende Uchiha wusste es besser. Es war lediglich eine Ausrede für ihn, um ein Treffen weiter hinauszuschieben. Noch immer graute ihm vor dem Anblick der puppenhaften Sakura. Dennoch, es würde nichts bringen. Nur lautete jetzt die Frage, sollte Sasuke einfach vorbei gehen und schauen wie es kommen würde? Sollte er mit Sakura lieber alleine reden oder wäre es sogar besser Neji mit dabei zu haben? Eigentlich wollte er nicht, dass der Hyuuga dabei war. Allerdings wollte Sasuke genauso wenig mit Sakuras Schatten ihrer Selbst reden. Also, abwarten bis Neji aus dem Haus war und dann mit der Haruno reden oder das Risiko eingehen und gegebenenfalls auch mit dem Hyuuga reden? Während Sasuke wieder aus dem Fenster stieg und das Krankenhaus wohl vorerst das letzte Mal besucht hatte, überlegte er wie er vorgehen sollte. Letztendlich entschied er sich dafür, jetzt einen kurzen Besuch bei den Hyuugas vorbei zu schauen. Falls Sakura noch wach war, würde er jetzt das Gespräch mit ihr suchen. Er durfte es nicht länger hinausschieben. Falls Neji mit dabei war, tja, dann war es nun einmal so. Zur Not konnte Sasuke ihn immer noch rauswerfen. 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