Entscheidung fürs Leben von Yuri91 (Liebe ist keine Kopfsache...) ================================================================================ Kapitel 27: Angst und Verzweiflung ---------------------------------- Alles spielte sich wie in Zeitlupe ab. Zeitgleich war Tenten wie versteinert. Sie konnte nicht einen einzigen Finger bewegen. Stattdessen sah sie bewegungslos mit an, wie Sakuras Fuß eine Stufe verfehlte, sie ihr Gleichgewicht verlor und dadurch die Treppe hinunterfiel. Mit dem Kopf schlug sie mehrfach auf, ebenso wurde Sakura durch die heftigen Schläge wieder nach hinten gedrückt und schlug mit dem Rücken auf, nur um dann erneut nach vorne zu fallen. Obwohl Tenten mitansehen konnte, wie Sakura die Arme schützend um ihren Bauch schlang und sich nach vorne krümmte, konnte Tenten genauso gut sagen, in welchem Moment ihre Freundin das Bewusstsein verlor. Ihr ganzer Körper erschlaffte, die Arme lagen nicht länger schützend um den Bauch und Sakura fiel, wie ein nasser Sack, mit dem Kopf voran die letzten Stufen hinunter. Das war der Moment, in dem Tenten endlich aus ihrer Schockstarre gerissen wurde. Ihr Gehirn hatte sich vollkommen verabschiedet. Lediglich ihr Körper handelte noch instinktiv und wusste somit, was zu tun war. Das Chakra sammelte sich in ihren Füßen. Die wenige Meter zwischen ihnen überwand Tenten, dank des gesammelten Chakras, deutlich schneller, als wenn sie ohne losgerannt wäre. So schaffte sie es gerade noch Sakuras bewusstlosen Körper aufzufangen, bevor sie am Fußende der Treppe aufkommen konnte. Die Wucht, mit der Tenten ihre Freundin auffing, war sehr stark. Die Luft wurde aus ihren Lungen gepresst und Tenten gab ein „Uff“ von sich. Zeitgleich musste sie in die Knie gehen, damit sie nicht selbst das Gleichgewicht verlor und umfiel. Vorsichtig legte Tenten Sakura anschließend auf den Boden. Sie war keine Ärztin und hatte, im Gegensatz zu vielen anderen Kunoichi, nie eine medizinische Ausbildung genossen. Natürlich kannte sie das grundlegende Wissen, wie man eine Blutung im Kampf stoppen konnte oder wie ein gebrochener Knochen gerichtet wurde. Allerdings fühlte sich Tenten in der jetzigen Situation komplett überfordert. Mit geschlossenen Augen lag Sakura da. Ihr Mund stand leicht offen. Ihr Brustkorb hob und senkte sich, langsam, aber gleichmäßig. Sie lebte, war der erste Gedanke, der voller Erleichterung durch Tentens Kopf schoss. Selbstverständlich konnte die Brünette einige Schürfwunden ausmachen, sowohl am Kopf, als auch an den Armen. Einen gebrochenen Knochen konnte sie auf die Schnelle nicht sehen. Auch keine anderen größeren Verletzungen. Nur was Tenten am meisten besorgte, war die Tatsache, dass Sakura so oft mit dem Kopf und Rücken auf die Stufen und die Wand gefallen war. Blitzschnell zog Tenten ihre nasse Jacke aus und bettete Sakuras Kopf darauf. Auf keinen Fall durfte sie die Bewusstlose zu viel bewegen. Wenn eine Verletzung an der Wirbelsäule vorlag, konnte jede Bewegung schädlich, ja sogar tödlich, sein. Allerdings hatte Tenten auch gehört, dass man den Kopf stützen sollte. Mehr wagte die junge Kunochi nicht zu tun. Sie wollte Sakura nicht noch irgendwie schaden und verletzen. Aber sie konnte versuchen, Sakura aufzuwecken. Das Herz schlug so heftig, Tenten glaubte, es würde ihr gleich aus der Brust springen. Das Adrenalin wurde nur so in ihr Blut gepumpt und durch den ganzen Körper transportiert. Sie stand unter Strom. In einer Kampfsituation war dies hilfreich, jetzt jedoch fühlte sich Tenten einfach nur hilflos. Ihre Hände zitterten, als sie vorsichtig mit der rechten Hand gegen die Wange ihrer Freundin schlug. „Sakura, wach auf. Sakura, komm schon!“ Immer wieder wiederholte Tenten dies. Mit der Zeit überschlug sich Tentens Stimme panisch, als sich bei der Bewusstlosen nichts regte. Mehrfach rief sie auch einfach nur in das Haus hinein nach Hilfe. Nichts geschah. „Telefon“, schoss es Tenten durch den Kopf. Ruckartig stand die junge Frau auf. Hektisch sah sie sich um. Verdammt, wo war das Telefon? Und warum war hier niemand? Hatte sie denn wirklich niemand gehört? Von ihrer Hilflosigkeit selbst überrascht und erschüttert, ging Tenten ein paar Schritte in das Haus hinein. Plötzlich sah sie eine junge Frau, die mit ihren schwarzen Haaren und den blassen, großen Augen, die typisch für die Hyuuga waren. Besorgt kam die junge Frau auf Tenten zu. Bevor der Neuankömmling nachfragen konnte, was denn los war, entdeckte sie auch schon Sakura, die bewegungslos auf dem Boden lag. Vor Schreck weiteten sich die blassen Augen. Das Blut wich aus ihrem sowieso schon blassen Gesicht und wurde noch weißer. „Ein Telefon. Schnell!“ befahl Tenten und war einfach nur froh, nicht länger alleine zu sein. Sonst war sie immer so selbstbewusst und sicher. Sie wusste in der Regel was zu tun war. Aber das sie so die Fassung verlor, machte Tenten noch hilfloser, als sie sich ohnehin schon fühlte. Dankbar dafür, dass die junge Frau nicht nachfragte was geschehen war, sondern einfach, nach einem verstehenden Nicken, wegging, wartete Tenten auf deren Rückkehr. Obwohl es nur wenige Sekunden dauerte, zogen sich diese für sie in die Länge und fühlten sich an wie Stunden. Vorsichtshalber war Tenten wieder zu Sakura zurückgekehrt und hatte erneut versucht sie aufzuwecken. Ohne Erfolg. „Ich habe bereites die Notrufnummer gewählt“, hörte Tenten da und nahm dankbar das Telefon entgegen, was ihr auffordernd hingehalten wurde. „Danke“, sagte sie an die Hyuuga gewandt und wartete darauf, dass jemand am anderen Ende der Leitung abnahm. Er wusste nicht was schlimmer war. Das schlechte Wetter, die daraus resultierende Langeweile, weil es keine Arbeit gab oder die Tatsache, dass Lee und Sensei Gai ihm gehörigen auf den Sack gegangen waren. Neji konnte sich da nicht so ganz entscheiden, während er sich auf dem Heimweg befand. Na, wenigstens hatte das Unwetter ein wenig nachgelassen. Das war doch schon mal etwas. Allerdings kam er auch deutlich später nach Hause, als geplant. Wobei Hinata wohl noch später kommen würde. Als Neji, bereits verspätet, das Hokage Gebäude verlassen hatte, waren Hinata und Naruto noch immer da gewesen und hatten miteinander geredet. Im Gegensatz zu ihm, der jedes Mal entscheiden musste, ob der Flirtspruch von Lee oder Sensei Gai besser war – es war wirklich eine sehr verstörende Erfahrung gewesen und er konnte nur hoffen, dass keine Frau sich jemals so etwas antun musste – genoss Hinata die Anwesenheit des blonden Chaoten. Neji hatte die zwei Verliebten daher nicht stören wollen und hatte sich alleine auf den Heimweg begeben. Wenigstens konnte er gleich Sakura sehen. Das war doch etwas, worauf er sich freuen konnte. Natürlich nur, wenn Sasuke nicht wieder einmal spontan aufgetaucht und seine Verlobte in Anspruch genommen hatte. Das Haus kam bereits in Sicht und Neji war einfach nur froh, gleich im Warmen sein zu können. Er war zu einem Entschluss gekommen. Auch wenn Sasuke Sakura heute womöglich treffen wollte, konnte er genauso gut einmal verlangen, einen Abend komplett mit seiner Verlobten zu verbringen. Immerhin war er für Sakura da und haute nicht immer ab, wenn es ihm passte. Wie er Sakura natürlich zu so etwas überzeugen sollte, wusste Neji noch nicht. Da konnte er sich auch gleich noch Gedanken machen. Jetzt jedoch war er erst einmal an der Haustür angelangt. In der Tasche kramte er nach seinem Schlüssel. Nach einigen Sekunden hatte er diesen gefunden und steckte ihn in das Haustürschloss. Einmal drehte er den Schlüssel um. Mit einem leisen Klick öffnete sich die Tür. Noch bevor Neji eintrat, schüttelte er den Regenschirm draußen aus und stellte ihn neben die Haustür. Dann erst trat er ein. Wie immer zog er seine Schuhe aus und hängte seine Jacke auf, die er im Sommer normalerweise nicht benötigte. Anschließend ging Neji weiter in das Haus hinein. Es war wirklich ruhig. Normalerweise kam Sakura und begrüßte ihn oder irgendjemand hantierte in der Küche herum. Jetzt jedoch konnte Neji nichts hören. Überhaupt nichts. So, als wäre er alleine im Haus. Dabei sollte man meine, bei einem so schlechten Wetter würde das Haus voller sein als sonst. Aber gut, Hinata war noch mit Naruto zusammen, Sakura war vielleicht noch auf der Arbeit oder schlief. Hanabi war bei diesem Wetter sicherlich nicht vor die Tür gegangen und lag womöglich auch noch im Bett. Wo sein Onkel war, wusste Neji natürlich nicht. Vielleicht war er geschäftlich außer Haus. Sich nichts weiter dabei denkend, ging Neji kurz in die Küche, um sich dort einen Tee zu kochen. Während er darauf wartete, dass das Wasser aufkochte, holte er sich eine Tasse und Teebeutel. Nach kurzer Zeit kochte das Wasser, womit er dann den Tee aufkochte. In fünf Minuten wäre sein Schwarztee fertig. Im Gegensatz zu vielen Leuten, die Zucker oder Milch zum Tee hinzugaben um ihn ein wenig zu süßen, mochte Neji seinen Tee stark. Da er nun fünf Minuten Zeit hatte, verließ Neji die Küche und ging ein Stockwerk nach oben in sein gemeinsames Zimmer mit Sakura. Für den Fall das sie schlief, versuchte er die Tür leise zu öffnen. Als er mit dem Kopf hineinlugte, stellte er überrascht fest, dass Sakura nicht da war. Ein weiterer Blick ins Badezimmer ergab dasselbe Ergebnis. Keine Sakura. Eifersucht wallte in Neji auf, als ihm nur eine Möglichkeit einfiel. Sie traf sich schon wieder mit Sasuke! Mit deutlich schlechterer Stimmung als noch vor Sekunden, ging der Hyuuga ungehalten aus seinem Zimmer. Verdammt, womit hatte er das eigentlich verdient? Da tat er alles für Sakura und wie dankte sie es ihm? Mal hielt sie ihm die Hand hin und kaum griff er danach, entzog sie ihm diese wieder! Energisch wollte Neji die Tür hinter sich zuknallen. Bevor er das jedoch tun konnte, lief er auch schon in jemanden hinein. Er hatte in seiner Rage ganz vergessen auf seine Umgebung zu achten. Aus einem Reflex heraus jedoch griff er mit seiner Hand nach vorne und bekam den Arm seines Gegenübers zu greifen und versuchte sowohl sein Gleichgewicht als auch das der anderen Person zu stabilisieren. Mit Erfolg. Neji stolperte zwar einen Schritt zurück, aber niemand fiel um. Erst dann ließ er seinen Blick zu der Person schweifen, wegen derer sie beide fast zu Boden gegangen wären. Den Blick musste der Hyuuga dafür ein wenig nach unten korrigieren. Dunkle, lange Haare, blasse, große Augen. Überrascht stellte Neji fest, dass seine Cousine Hanabi vor ihm stand. Zwar war seine Laune nicht besonders gut, dennoch entschuldigte er sich pflichtbewusst und grüßte seine Cousine freundlich. Der ernste Ausdruck, den Hanabi generell zur Schau trug, verschwand nicht, um ihn zu begrüßen, was normalerweise der Fall war. Im Gegenteil, Neji fand ihn sogar noch ernster als üblich. Auch wurde er von seiner jüngeren Cousine nicht gegrüßt. Das war mehr als untypisch für sie, denn trotz ihres eher ruhigen und strengen Charakters, war Hanabi in der Regel freundlich und gut erzogen. Das sie jetzt nicht so reagierte, versetzte Neji in Alarmbereitschaft. Irgendetwas war passiert. Das sagte ihm sein Bauchgefühl, auf das er sich bislang immer hatte verlassen können. „Was ist…“, begann der ahnungslose Hyuuga zu fragen, während seine Cousine ihrerseits bereits zu einer Erklärung ansetzte. „Sakura hatte einen Unfall.“ Neji machte sich nicht die Mühe darauf hinzuweisen, dass man Ältere nicht unterbrach, worauf sein Onkel immer sehr viel Wert legte. Im Gegenteil. Er spürte regelrecht wie sich sein Körper versteifte, seine Gesichtszüge wurden hart und bewegungslos, wie bei einer Maske. Unfälle hatten viele. Das hatte nicht viel zu heißen. Allerdings schien Sakura nicht daheim zu sein und das wiederum machte die ganze Situation beängstigend. Sein Herz befand sich in einem Schraubstock und wollte nicht mehr schlagen.  In seinen Lungen staute sich die verbrauchte Luft, wollte rausgelassen werden und baute deswegen einen schmerzhaften Druck auf. Ein Schreckensszenario jagte das andere. Neji verdrängte den Schmerz, konzentrierte sich auf das Hier und Jetzt und verdrängte die Gedanken an eine verletzte Sakura. Vielleicht ging seine Fantasie auch einfach mit ihm durch. Sakura ging es gut. Ganz sicher. Doch um sicher zu gehen, musste er Hanabi um mehr Informationen bitten. Die junge Hyuuga kam ihrem Cousin zuvor. Bevor Neji nachfragen konnte was los war, rissen ihre Worte dem Hyuuga den Boden unter den Füßen weg. „Sie ist die Treppe hinunter gefallen und liegt jetzt im Krankenhaus. Vater ist bei ihr. Ich sollte hier auf dich warten und mit dir…“ Hanabi schaffte es nicht ihre Erklärung zu beenden. Sämtliches Blut war Neji aus dem Gesicht gewichen. Sein Körper fühlte sich so schwach an, er glaubte jeden Moment zusammenzubrechen. Wenn Hiashi bei Sakura war, dann ging es ihr nicht gut. Andernfalls hätte das Oberhaupt des Hyuuga-Clans nicht einfach alles stehen und liegen lassen. Außerdem wusste Hanabi noch mehr. Das merkte er seiner Cousine einfach an. Doch selbst wenn sie jetzt mehr gesagt hätte, hätte Neji es wohl kaum verstanden, so laut rauschte das Blut in seinen Ohren und übertönte alles andere. Ja, für einen kurzen Moment glaubte Neji sogar, er würde gleich ohnmächtig werden, so sehr sorgte er sich. Dann jedoch nahm sein Körper endlich wieder seine Arbeit auf. Es hatte alles nur einen Sekundenbruchteil gedauert, in der sein Körper den Dienst verweigert hatte, dennoch hätte es fast gereicht, um den Hyuuga zu Boden zu schicken. Nun jedoch schlug das Herz wieder regelmäßig und stark, wenngleich ein wenig zu schnell. Seine Atmung setzte wieder ein und der Kohlenstoffdioxid wurde in seinen brennenden Lungen gegen frischen, lebensnotwendigen Sauerstoff ausgetauscht. Momentan wollte Neji nicht mehr wissen. Das einzige, worum es ihn nun verlangte, war Sakura zu sehen und sich zu vergewissern, dass es ihr gut ging. Ein Sturz von der Treppe…. Das war nicht allzu schlimm, redete sich Neji ein, während er wortlos an Hanabi vorbei und die Treppe hinunter ging. Kommentarlos folgte die jüngere Hyuuga ihm. Schweigend zogen sie sich ihre Schuhe und Jacken an. Aber, sagte eine kleine, pessimistische Stimme in ihm, starben die meisten Menschen doch bei einem Unfall im Haus. Bei ganz alltäglichen Dingen. Außerdem war Hiashi bei Sakura. Er musste zu Sakura. Sofort. Dieser Gedanke verdrängte alles, auch seine Ängste und Befürchtungen. Er musste jetzt daran glauben, dass alles gut war und Sakura nichts fehlte. Vor allem aber musste er so schnell wie möglich zu ihr. Energisch riss Neji die Haustür auf. Ohne Regenschirm eilte er hinaus, in den starken Regen hinein. Hanabi, mit einem Regenschirm, folgte ihm zügig. Allerdings rannte Neji regelrecht die Straßen entlang, sodass seine Cousine ebenfalls rennen musste, um mit ihm mitzuhalten. Es war ihm egal. Auch die Blicke der wenigen Leute, die draußen unterwegs waren ignorierte er. Ebenso den Regen, der ihn nach kurzer Zeit bis auf die Knochen durchnässt hatte und die Kälte, die sich in ihn hineinfraß. Hauptsache er war gleich bei Sakura. Es war das einzige, was für Neji noch zählte.   Das grelle Licht der Neonröhren war kalt. Ab und an summte eine Röhre kurz, flackerte auch einmal auf, ehe das kühle Licht ohne Störung den Flur weiter erhellte. Daneben waren lediglich die Regentropfen zu hören, die unaufhörlich auf die Erde, das Gebäude und gegen die Fensterscheiben prasselten. Die Luft war zum Schneiden dick. Sie war voller Anspannung geladen, genauso wie Tentens Nerven zum Zerreißen gespannt waren. Beim kleinsten Geräusche zuckte sie zusammen. Dabei handelte es sich bei diesen Geräuschen um nichts anderes als um Türen, die geöffnet oder geschlossen wurden. Allerdings nicht in unmittelbarerer Nähe. Hier, in dem Warteraum vor dem Operationssaal, befand sich niemand außer ihr und Hiashi Hyuuga. Es gab zwar mehrere Stühle, doch nur zwei wurden von ihnen in Anspruch genommen. Auch gab es einen kleinen, beigefarbenen Tisch, auf dem Zeitschriften lagen, doch weder Tenten noch das Oberhaupt des Hyuuga-Clans interessierten sich dafür. Keinerlei Geräusche drangen aus dem OP. Der Raum war mit einer großen, blauen zwei beschriftet und ein rotes Lämpchen über der Tür wies daraufhin, dass dieser Raum gerade benutzt wurde. Ansonsten unterschied sich die Tür, die dort hinein führte, kaum von einer anderen, ganz gewöhnlichen Tür. Nur hinter dieser Tür wurde gerade um ein Leben gekämpft. Nein, um zwei Leben, verbesserte sich die Kunoichi in Gedanken selbst. Jede einzelne Sekunde, die verstrich, kam Tenten wie eine Ewigkeit vor. Die Uhr, die in dem Warteraum angebracht war, schräg gegenüber von den Sitzmöglichkeiten, kam ihre wie eine Strafe vor. Als würde die Uhr sie verhöhnen und mit purer Absicht die Zeiger langsamer bewegen als sonst. Unruhig kaute Tenten auf ihrer Unterlippe herum. Mehrfach hatte sie bereits ihre Sitzposition geändert, aber gegen das Gefühl der Unruhe half das alles nicht. Genauso hatte sie versucht ein wenig in den Zeitschriften zu blättern, die vor ich lagen, nur um sich ein wenig abzulenken. Nichts half. Wenn Tenten die Augen schloss, sah sie Sakura vor sich, die bewusstlos auf dem Boden vor ihr lag. Auch sah sie, wie kurz nach ihrem Anruf, zwei Medizinninja in ihren weißen Uniformen gekommen waren. Einer hatte seinen Kopf auf Sakuras Brustkorb gelegt und überprüft ob ihr Herz noch schlug, während der andere den Puls gemessen hatte. Anschließend hatte einer von beiden das Chakra in seinen Handflächen gesammelt und eine Art Scan bei Sakura durchgeführt. Den Blick, den der Mediziner anschließend seinem Kollegen zugeworfen hatte, machte Tenten selbst jetzt noch Angst. Mit einer knappen Erklärung hatten sie Sakura auf eine weiße Trage gebettet, während Tenten hilflos daneben gestanden hatte. Die Hyuuga, die das Telefon organisiert hatte, war in der Zwischenzeit verschwunden. Kurz darauf kehrte sie allerdings mit Hiashi Hyuuga zurück, der mit den Sanitätern zusammen verschwand. Tenten hatte keine Ahnung gehabt, ob es in Ordnung war, dass sie mitging. Allerdings hatte niemand etwas gegenteiliges geäußert. Also war sie ihnen gefolgt. Selbst jetzt, in der Zeit, die sie hier nun zu zweit saßen und darauf warteten, dass Tsunade mit der Operation fertig wurde, hatte Hiashi nicht einmal das Wort an sie gerichtet. Tenten hatte auch keinerlei Ahnung wie es um Sakura stand. Bei ihrem Eintreffen, direkt hinter Nejis Onkel, hatte die amtierende Hokage bereits auf sie gewartet. Tenten hatte lediglich die Worte „Notoperation“ und „dringend“ vernommen, bevor Tsunade anschließend im Operationssaal verschwunden war. Das Tsunade die Operation durchführte, beruhigte Tenten ein wenig. Gleichzeitig führte es ihr jedoch auch vor Augen, wie schlecht es um Sakura stehen musste. Verdammt, das war alles ihre Schuld. Nur wegen ihr wurde Sakura jetzt operiert und schwebte womöglich in Lebensgefahr. Hätte Tenten Sakura nicht einfach so überrumpelt, wäre die schwangere Kunoichi wohl nicht in aller Eile die Treppe hinuntergerannt und letztendlich gestürzt. Am liebsten wollte Tenten losweinen. Auch wenn dies eigentlich nicht ihrer Art entsprach, fühlte sie sich vollkommen hilflos und schuldig. Sie konnte nichts tun, außer hier sitzen und beten, dass mit Sakura alles wieder in Ordnung kommen würde. Erneut zuckte die junge Frau zusammen, als eine Tür aufging und kurz darauf laut ins Schloss fiel. Auch konnte sie Schritte hören. Im Gegensatz zu den Malen zuvor jedoch kamen die Schritte immer näher. Als sie aufsah, weiteren sich ihre Augen. Neji, komplett von oben bis unten durchnässt, kam auf sie zu gerannt. Das Haar klebte ihm in Strähnen im Gesicht, Wasser tropfte davon herunter, floss über sein Gesicht und verschwand in seinem klitschnassen Oberteil. Ihr Teamkamerad sah aus, als hätte er vollkommen bekleidet eine Dusche genommen. Es schien ihn jedoch nicht zu stören. Tenten bezweifelte sogar, dass er es bemerkt hatte. Erst auf den zweiten Blick bemerkte Tenten die kleinere Hyuuga, die direkt auf Nejis Fuß folgte. Hanabi war also auch gekommen. Fehlte eigentlich nur noch Hinata. Ob sie wohl bereits Bescheid wusste? Nur kurz schweifte Nejis Blick zu Tenten. Sie wollte zu ihm, ihm sagen, was passiert war. Doch sein Onkel, der neben ihr saß, war bereits aufgestanden und auf Neji zugegangen. Bereits im Aufstehen begriffen, hielt Tenten mitten in der Bewegung inne und setzte sich wieder hin. Jetzt, wo Neji und Hanabi ebenfalls aufgetaucht waren, fühlte sich die brünette Kunoichi wie das fünfte Rad am Wagen. Sie war die einzige nicht-Hyuuga hier und fühlte sich vollkommen fehl am Platz. Nur am Rande nahm sie daher war, wie Hiashi knapp erzählte, was vorgefallen und nun aktueller Stand der Dinge war. Tenten, die bereits überlegte, ob sie kurz auf Toilette verschwinden sollte, nur um sich ein wenig zu sammeln, realisierte überrascht, wie sich Neji nun zwischen seinen Onkel und Tenten niederließ. Der junge Hyuuga wirkte deutlich blasser als sonst. Die Sorge stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. So sehr sich Tenten momentan selbst um Sakura sorgte, wurde ihr schmerzhaft bewusst, wie tief die Gefühle Nejis für die schwangere Frau gingen. Und ehe sich Tenten versah, erzählte sie Neji was vorgefallen war. Gerade so hatte sie sich noch davon abhalten können Sasukes Namen zu erwähnen. Noch mehr Chaos konnte hier momentan wohl niemand gebrauchen. Während sie erzählte was geschehen war, bemerkte sie erst nach einigen Augenblicken, dass sie angefangen hatte zu weinen. Es ignorierend, endete Tenten letztendlich ihre Schilderung mit einer Entschuldigung. „Ich hatte nicht geahnt, dass so etwas passieren würde. Das wollte ich nicht! Es tut mir so Leid!“ Zu Beginn hatte die brünette Kunoichi nicht vorgehabt sich zu entschuldigen. Sie hatte Sakura schließlich nicht die Treppe hinuntergeschubst. Dennoch fühlte sie sich schuldig. Vor allem wenn sie die Sorge in Nejis Gesicht sah. Anstatt das Neji jedoch sauer auf sie wurde oder ihre Worte abtat, sah sie mit feuchten Augen, wie er seine Arme öffnete. Sekunden später fand sie sich in seiner Umarmung wieder. Im ersten Moment versteifte sich Tenten, dann jedoch vernahm sie die geflüsterten Worte ihrer großen Liebe. „Schon gut. Es ist nicht deine Schuld. Sakura wird es sicherlich bald wieder besser gehen.“ Sie wusste nicht ob Neji es sagte, um ihr oder sich selbst Mut zu machen oder ob er tatsächlich so optimistisch war. Dennoch fühlte es sich wie eine Absolution an. Die Schleusen öffneten sich nun gänzlich. Tenten schluchzte einmal auf, bevor noch mehr Tränen als zuvor aus ihren Augen heraus und über ihr Gesicht kullerten. Nun schlang auch die junge Kunoichi die Arme um Neji, krallte ihre Finger in sein nasses Oberteil. Es störte sie nicht, dass der Hyuuga so durchnässt war. Sie fühlte sich auch nicht schuldig, dass sie Nejis Nähe für sich missbrauchte und die Stärke, die er ausstrahlte. Ebenso wusste Tenten, dass sie ihm Halt und Stärke gab, was ihr Herz für einen Moment schneller schlagen ließ.   Hiashi und Hanabi saßen schweigend da. Wenn sie sich nicht ab und an bewegen würden, hätte der Anschein erweckt werden können, bei den beiden Hyuugas handele es sich um menschenähnliche Puppen. Neji missverstand deren Verhalten nicht. Seine Familie war noch nie dafür bekannt gewesen, Gefühle groß zu zeigen. Aber sie waren da, wenn man sie brauchte. Das hatte zwar ein paar Jahre gedauert, bis er es auch verstanden hatte, aber dass sie überhaupt hier waren, zeigte, dass sie für ihn da waren und auch Anteil an seiner Angst und Sorge um Sakura hatten. Dass Tenten hier war, war zusätzlich eine große Hilfe für ihn.  Seit über zwei Stunde saß er bereits hier in diesem Warteraum. Wie lange Tenten und sein Onkel bereits hier waren, wusste er nicht. Hinata war vor einiger Zeit ebenfalls dazu gekommen. Einer der anderen Clanmitglieder hatte ihr wohl von dem Vorfall berichtet. Eine Zeitlang hatten sie Vermutungen angestellt, was wohl los war. Vor allem hatten dabei alle Augen auf Hinata geruht, die eine Grundausbildung zur Medicnin absolviert hatte. Allerdings hatte sie immer wieder darauf verwiesen, dass sie nicht dabei war und deswegen auch nichts sicher sagen konnte. Inzwischen waren die Gespräche Vergangenheit. Ruhe war eingekehrt, die jedoch alles andere als angenehm war und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Langsam wurde das Warten zu einer Geduldsprobe für Neji. Obwohl er sonst eine recht geduldige Person war – mit Lee und Sensei Gai in einem Team war das nicht anders möglich – machte ihn die Ungewissheit, was mit Sakura und dem Baby war, einfach fertig. Schon mehrfach hatte er sich bei dem Gedanken ertappt, einfach aufzustehen, die Tür zum Operationssaal zu öffnen und zu Sakura zu gehen. Dass dies eine dumme Idee war, wusste er auch. Es war wohl der einzige Grund, der ihn bislang davon abgehalten hatte, es in die Tat umzusetzen. Und so saß er nun hier, sein Körper angestaut mit Energie, die er nicht freilassen konnte, voller Sorge um Sakura. Aus eigenem Schutz heraus wagte er sich nicht vorzustellen, was sein mochte. Dass alles in Ordnung war, bezweifelte Neji. Ansonsten würde die Notoperation nicht schon über zwei Stunden andauern. Leider hatte ihn sein Bauchgefühl nicht getrogen gehabt. Allerdings gleich vom Schlimmsten auszugehen, war auch nicht ratsam. Nicht zumindest, wenn Neji nicht Amok laufen wollte. Und so zwang sich der Hyuuga an irgendetwas anderes zu denken. Was deutlich einfacher war als gesagt. Immer wieder kehrten seine Gedanken zu Sakura zurück. Was, wenn sie eine schlimme Wirbelsäulenverletzung davon getragen hatte und nun gelähmt war? Was, wenn sie ihren Kopf zu stark verletzt hatte und sie nun im Koma lag? Was wenn… An das Thema Tod machte Neji einen großen Bogen. Allein das Wort zu denken, jagte ihm einen Heidenschrecken ein. Außerdem wollte er damit nicht etwas heraufbeschwören. Ganz gewiss wollte und konnte er sich auch ein Leben ohne Sakura nicht ausmalen. Und so zwang er sich erneut daran zu denken, wie froh er sein konnte, dass Tenten dabei gewesen war und so augenblicklich erste Hilfe hatte leisten können.  Plötzlich spürte er eine warme, starke Hand auf seiner Schulter. Langsam hob er den Kopf an. Sein Blick, vorher auf die immerzu verschlossene Operationstür gerichtet, änderte nun die Richtung und blickte in ein Augenpaar, das seinem zum Verwechseln ähnlich sah. Lediglich die kleinen Fältchen um die Augen herum unterschieden sie. Aufmunternd nickte Hiashi seinem Neffen zu. Er sagte nicht ein Wort. Dennoch kam es Neji so vor, als würde ein Teil der Stärke und Ruhe, die in dem Anführer der Hyuugas hauste, auf Neji übergehen. Mit einem Mal merkte er, wie die Unruhe in ihm langsam nachließ. Seine Gedanken wurden optimistischer, wenngleich sie realistisch blieben. Genau, Neji musst hoffen. Er musste an Tsunade glauben, die eine der besten Ärztinnen der Welt war. Sakura war in guten Händen. Und ganz sicher würde sie lebend aus diesem Operationssaal kommen und schon bald wieder in seinen Armen liegen. Dankbar lächelte Neji seinen Onkel an. Er wollte noch etwas sagen, dann jedoch ruckten sämtliche Köpfe zu der unscheinbaren Tür mit der blauen zwei. Langsam aber stetig wurde diese geöffnet. Ehe sich Neji versah, war er auch schon aufgesprungen und ein paar Schritte nach vorne gegangen. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, dann jedoch erschien Tsunade. Sie sah erschöpft und blass aus. Ja, sogar ein wenig älter als sonst. Doch kaum hatte Neji sie erblickt, gab es für ihn kein Halten mehr. Die wenigen Schritte zu ihr rannte er regelrecht. Sein Körper stand unter Strom. Wenn er nicht sofort wusste, was mit Sakura war, würde er einfach losschreien. Direkt hinter ihm stand Hiashi. Er wusste es auch ohne hinzusehen. Seine Cousinen und Tenten waren ebenfalls alle aufgestanden und bildeten einen kleinen Halbkreis um die Gruppe, mit Tsunade und Neji im Vordergrund. Bevor der besorgte Hyuuga nachfragen konnte, wie die Operation gelaufen war und wie es Sakura ging, hielt ihn etwas zurück. Tsunade sah alles andere als zufrieden aus. Auch nicht erleichtert oder froh. Etwas war schief gegangen. Das wusste Neji mit einer Bestimmtheit, an der er nicht zweifelte. Sein Herz gefror zu Eis, sein Körper wurde starr. Dennoch wandte er nicht den Blick von Tsunade ab. Er musste es aus dem Mund der Hokage hören. Er musste Sakura sehen. Vorher würde er ihr nicht ein Wort glauben. Und doch war es, als würde ihn ein Lastwagen rammen und gleichzeitig wurde er zerquetscht und in tausend Stücke gerissen, als er die Worte hörte, die seiner Zukunft, seinem Leben und seinem ganzen Sein eine neue Richtung ins Unbekannte verliehen und einen Teil von ihm selbst sterben ließ. „Es tut mir Leid. Ich konnte sie nicht beide retten.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)