Entscheidung fürs Leben von Yuri91 (Liebe ist keine Kopfsache...) ================================================================================ Kapitel 24: Abendstunde ----------------------- Glücklicherweise war der heutige Tag nicht sonderlich anstrengend gewesen. Es hatte nicht viel Papierkram gegeben und einiger der Kranken hatten heute ihren Dienst wieder aufgenommen. Daher war Sakura sehr froh, dass sie ein wenig früher nach Hause konnte. Oder besser gesagt, gekonnt hätte. Denn auf dem Heimweg war sie Ino über den Weg gelaufen und jetzt saßen sie zu zweit in einem Café und redeten. Vor Ino stand ein dampfender Becher mit heißem Kaffee, an dem sie ab und an nippte, während sich Sakura an ihrem großen Eisbecher genüsslich tat. Sie hatten sich je eine Kugel Schokolade, Amarena, Erdbeere, Haselnuss und Stracciatella bestellt. Als sie ihre Bestellungen aufgegeben hatten, hatte Ino sie nur ausgelacht und gemeint: „Isst du für zwei oder für drei?“ Inzwischen hatte Sakura die Hälfte ihres Eisbechers gegessen gehabt, Ino hatte ihren zweiten Kaffee. „Und bei dir und Tenten herrsch noch Eiszeit?“ erkundigte sich die Blonde gerade. Die gute Laune verschwand augenblicklich. Sakura schluckte das geschmolzene Eis in ihrem Mund hinunter und legte den langen Eislöffel beiseite. „Ja, leider. Ich habe sie seitdem nie wieder gesehen. Na ja“, fügte sie nach einer kurzen Pause hinzu und erzählte Ino davon, wie sie gestern Neji und Tenten zusammen hat lachen sehen. „Also scheinen sich die beiden wieder gut zu vertragen“, stellte Ino korrekt fest. „Ich bin froh, dass die beiden wieder Freunde sind.“ „Du würdest nur auch gerne dazugehören, nicht wahr?“ Zur Antwort nickte Sakura. Wenn sie jetzt schon dabei waren solch ein Thema zu besprechen, konnte Sakura vielleicht noch weiter gehen. „Sag mal Ino, ich habe eine Frage eine andere Frage an dich. Ich hab da diese Freundin. Sie ist gerade dabei jemanden zu daten. Allerdings ist der Kerl, auf den meine Freundin jahrelang stand und der ihre Liebe nie erwidert hat, jetzt auch wieder aufgetaucht und will mit ihr ausgehen.“ „Ah, typische Dreiecksbeziehung. Und du willst wissen, für wen sie sich entscheiden soll?“ Zustimmend nickte Sakura. Vielleicht konnte Ino ihr so helfen, herauszufinden, für wen sie sich entscheiden sollte. Für wen schlug ihr Herz? Hoffentlich würde Ino jedoch nicht herausfinden, dass es dabei um sie ging. „Ich kann mir auch schon vorstellen, um wen es geht“, meinte Ino da plötzlich. An dem Löffel Eis, den Sakura sich gerade in den Mund geschoben hatte, verschluckte sie sich bei Inos Aussage. Panisch riss sie die Augen auf. Ino konnte nicht dahintergekommen sein! Oder war Sasuke heute Morgen doch von jemandem gesehen worden? Allerdings hatte Sakura davon nichts mitbekommen und dabei arbeitete sie doch im Büro der Hokage. Heftig hustete Sakura, bekam keine Luft, während ihre Gedanken rasten. Die Tränen traten ihr in die Augen, ihr Gesicht wurde rot. „Hey, immer langsam mit den jungen Pferden“, meinte Ino, stand auf, ging zu Sakura und klopfte ihr behände auf den Rücken. Nachdem diese wieder normal atmen konnte, bedankte sie sich bei der Blondine. „Man, ich weiß ja, dass du bei den Hyuugas wohnst. Da bekommst du das mit Hinata wohl aus erster Hand mit. Aber das du dich deswegen so erschreckst!“ lachte Ino los. Sakura indessen verstand nichts und wischte sich die Tränen aus den Augen. Wovon sprach Ino da? „Allerdings hat das Gerücht um Hinata mit ihrer Dreiecksbeziehung längst die Runde gemacht. Es ist doch ein wenig offensichtlich“, sprach die junge Frau weiter und verwirrte Sakura dadurch nur immer mehr. Noch einmal. Wovon sprach Ino da? Sakura kam überhaupt nicht mehr mit. „So lange Hinata schon ihre einseitige Liebe zu Naruto hatte, wurde es auch langsam Zeit, dass sie sich ein wenig umsieht. Und Kiba sieht echt nicht schlecht aus. Außerdem ist er ein netter Kerl. Aber manchmal müssen Männer eben erst einen hart in die Fresse bekommen, bevor sie wissen, was abgeht. Ich verstehe überhaupt nicht, was Hinata immer an Naruto gefunden hat. Aber wenigstens hat der Depp es jetzt langsam kapiert.“ So langsam reimte sich Sakura die Geschichte zusammen. Kiba, Hinata und Naruto. Wer hätte geglaubt, dass es zwischen den Dreien einmal ein solches Gerücht geben sollte? Sakura zumindest nicht. Allerdings konnte sie super auf dieser Geschichte aufbauen und sie für sich nutzen. Das Grundproblem war bei ihr dasselbe wie bei Hinata. Falls es denn überhaupt stimmte. Später sollte Sakura Neji oder Hinata einmal darauf ansprechen. „Ja, gut, dann weißt du ja schon Bescheid. Also Ino, was denkst du? Für wen sollte sich Hinata entscheiden?“ fragte Sakura nach und hoffte, dass ihr Ino bei ihrem Problem weiterhelfen konnte.   Es war bereits nach 19 Uhr, die Sonne war noch nicht untergegangen, dennoch hatte es sich ein wenig abgekühlt. Frösteln tat Sakura dennoch nicht, als sie durch die sonst so betriebsamen Straßen Konohas ging. Jetzt, wo jedoch fast jeder daheim war und mit der Familie zu Abend aß, waren die Straßen wie leergefegt. Sakura hatte es daher nicht schwer durch die manchmal doch sehr engen Gassen zu gehen. Sie kam auch deutlich schneller voran als sonst. Was gut war, da sie langsam Hunger bekam. Da Sakura alleine unterwegs nichts zu tun hatte, ging sie ihr Gespräch mit Ino noch einmal im Kopf Revue passieren. In der Tat hatte ihr das Gespräch geholfen, fand Sakura. Hinata als Vorwand benutzend, hatte das Gespräch seinen Lauf genommen. Ino vertrat die Meinung, ein wenig Erfahrung und Abwechslung konnten nicht schaden, solange sie ihrem Gefühl folgte. Außerdem, wenn der Kerl lange genug zu blöd war, um die Wahrheit zu erkennen, geschah es ihm nur recht, wenn er mal einen Korb bekommen würde. Das waren Inos Worte im Bezug auf Naruto gewesen. Allerdings passten sie auch gut auf Sakuras Situation mit Sasuke. Nur sie sollte nicht mit den Männern spielen, hatte Ino betont. Eine Tatsache, die bei Hinata wohl nie zutreffen würde. Nur leider hatte Sakura die Befürchtung, dass sie genau das tat, wenngleich auch nicht absichtlich. Nur wie sollte sie sich entscheiden? Natürlich hatte Sakura Ino das auch gefragt gehabt. Inos Antwort war so einfach, Sakura war erstaunt, dass sie nicht selber darauf gekommen war. Bei demjenigen, bei dem dein Herz schneller schlägt, selbst wenn du nur an ihn denkst und an den du sowieso immer denken musst, wenn du von ihm getrennt bist, den solltest du nehmen. Wie Recht Ino damit hatte. Obgleich es Sakura ungemein weiter half, hieß das noch lange nicht, dass sie dadurch zu einer einfachen Entscheidung kommen konnte. Nein, überhaupt nicht. Aber es half weiter. Wenn Ino wüsste, wem sie da eigentlich half, hätte sie es eventuell sein lassen. Immerhin stand sie auch bereits seit Jahren auf Sasuke. Die neue Freundschaft zwischen Sakura und Ino befand sich noch an einem seidenen Faden. Mit der Wahrheit wollte sie das dünne Band der Freundschaft nicht wieder zerstören. So in Gedanken versunken war der Heimweg noch einmal schneller voran gegangen als ohnehin schon. Dennoch knurrte ihr Magen protestierend, als Sakura die Haustür öffnete und eintrat. Nachdem sie sich ihrer Schuhe entledigt hatte, ging sie zielstrebig in die Küche. Zu ihrer Freude saß dort Neji am Tisch und aß alleine sein Abendessen. Bei Sakuras Eintreten blickte Neji von seiner Portion Ramen auf. Bei dem Anblick, wie Neji die Nudelsuppe aß, musste sie unweigerlich schmunzeln. „Hallo, bin wieder da. Tut mir Leid, dass es etwas später geworden ist. Ich hatte mich spontan noch mit Ino getroffen. Aber wie ich sehe bist du ja froh mit deiner Nudelsuppe. Das erinnert mich doch sehr an Naruto.“ Bei diesem Vergleich zog Neji lediglich eine Augenbraue in die Höhe und nahm einen weiteren Löffel heißer Suppe zu sich. Augenblicklich knurrte Sakuras Magen laut los. „Da ist noch was, wenn du willst“, kommentierte er ihr Magenknurren. „Falls du die Gefahr eingehen willst zu Naruto zu mutieren.“ „Ich glaube das Risiko gehe ich ein“, entgegnete Sakura, wobei sie sich längst in Bewegung gesetzt hatte und sich direkt darauf in eine große Suppenschüssel die heiße, lecker duftende Suppe einschenkte. Mit der heißen Schüssel in der Hand ging sie vorsichtig zum Kuchentisch und ließ sich neben Neji nieder. Kurz pustete sie auf die heiße Brühe, dann schlürfte sie laut los und trank ein paar Schlucke Suppe. Anschließend griff Sakura nach ihren Stäbchen und begann die Nudeln zu essen. Einen Moment lang genoss Sakura einfach nur die heiße, kräftige Brühe. Bei so gutem Essen, vor allem in Nejis Gesellschaft, konnte sie einfach nur lächeln. „Und du hast dich also mit Ino getroffen?“ kam es da von Neji, während er weiter aß. Nickend stimmte Sakura zu. „Ja, ich habe sie auf dem Heimweg getroffen. Wir sind kurz in ein Café gegangen. Wusstest du, dass das Gerücht umgeht, dass Hinata was mit Kiba anfängt und dass das Naruto gar nicht gefällt?“ Laut schlürfte Neji gerade die heiße Brühe, dann legte er kurz sein Besteck beiseite und begann Sakura kurz von Narutos gestrigem Besuch und seinem Gespräch mit Hinata zu erzählen. Aufmerksam hörte die Rosahaarige zu. Sie konnte kaum glauben, was sie da von Neji hörte. Dennoch freute sie sich ungemein für Hinata. „Wow, endlich kapiert Naruto auch mal, was er an Hinata hat! Ich hoffe er vermasselt es nicht.“ „Das hoffe ich auch. Wenn er Hinata verletzt, dann…“ „Dann musst du ein ernstes Wörtchen mit Naruto reden?“ fragte Sakura gut gelaunt. Sie war wirklich erleichtert, dass Neji ihr nicht länger aus dem Weg ging. Außerdem tat es einfach gut, ein wenig mit dem Hyuuga herumzualbern. Nachdem sie beide aufgegessen hatten, räumten sie gemeinsam das dreckige Geschirr weg und taten den Abwasch. „Willst du noch einen Tee trinken?“ fragte da Neji, worauf Sakura gut gelaunt zustimmte. Es würde sicherlich schön sein, noch ein wenig länger mit Neji in der Küche zu sitzen. Später wollte sie noch einmal mit Hinata reden. Sie war gespannt darauf, was ihre Freundin so zu sagen hatte. Ob Naruto sie wohl bereits um ein Date gebeten hatte? Anschließend musste Sakura noch zu Sasuke und…. Und Mist! Sakura hatte ganz vergessen Neji von heute Morgen zu erzählen. Das sollte sie besser schnell machen, bevor es zu spät war und es zu Missverständnissen kam. Nicht schon wieder wollte Sakura, dass Neji auf Abstand zu ihr ging. Wenn sie ihm das jetzt jedoch mit Sasuke sagte, was würde dann passieren?   Das heiße Teewasser kochte. Neji nahm den Teekessel von der Herdplatte und goss ihn in die zwei bereitstehenden Tassen, in denen je ein Beutel mit Grüntee lag. Nachdem das Wasser in die Tassen gefüllt war, brachte Neji die dampfenden Getränke zum Küchentisch. Es würde noch ein paar Minuten dauern, bis sie den Tee trinken konnten, dennoch fand er es recht gemütlich mit Sakura. Der heutige Tag war bei Neji ein ganz normaler Arbeitstag gewesen. Lee und Sensei Gai waren von ihrer Mission zurück und so hatte Neji nicht länger den langweiligen Papierkram erledigen müssen. Daher war er wirklich froh, dass er seinen Abend in Ruhe mit Sakura ausklingen lassen konnte. Dachte er zumindest. „Ähm, Neji“, kam es da von Sakura, in einem Tonfall, der sämtliche Alarmglocken bei ihm losschrillen ließ. Das war es dann wohl mit dem ruhigen Ausklingen des Abends. Bevor Neji auf Sakura reagierte, setzte er sich wieder auf seinen Stuhl. In aller Ruhe, um ja nicht seine innere Unruhe zu zeigen, drehte er sich Sakura zu, die bereits ungeduldig auf ihrer Unterlippe herumkaute. Ein weiteres Zeichen dafür, dass das, was er gleich hören würde, ihm eindeutig nicht gefallen wird. „Kaum das du heute Morgen das Haus verlassen hast, ist Sasuke vorbei gekommen“, erklärte Sakura da auch schon und blickte nervös zu Neji. Ein heißer, brennender Knoten bildete sich augenblicklich in Nejis Magen. Allein bei dem Namen des Uchihas wallte die Eifersucht in ihm auf. Die Muskeln in seiner Hand zuckten, wollten eine Faust bilden. Dennoch hielt sich der junge Hyuuga zurück, versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Sakura indessen redeten weiter. Die Erklärung sprudelte nur so aus ihr heraus, wohl um kein Missverständnis aufkommen zu lassen. „Ich hatte davon wirklich keine Ahnung. Er ist einfach aufgetaucht. Ich habe ihm auch gesagt, dass er das nicht mehr tun soll.“ „Und wann trefft ihr euch wieder?“ verlangte Neji zu wissen. Eventuell klang seine Stimme nicht sonderlich freundlich, aber ganz sicherlich auch nicht wütend. Sakura hielt in ihrer Erklärung kurz inne, wohl durch Nejis Frage überrascht, fuhr dann jedoch fort. „Heute Abend. Natürlich nur, wenn es für dich in Ordnung geht.“ Wann sollte er denn darauf erwidern? Natürlich war es nicht in Ordnung. Er würde wahnsinnig werden, wenn er nur daran dachte. Und er traute Sasuke nicht über den Weg. Allerdings hatte Neji auch Sakura seine Unterstützung zugesagt. Deswegen war es für ihn klar, wie seine Antwort ausfallen würde. Noch während er zustimmte, sagte sich Neji immer wieder, dass Sakura ihm genauso versprochen hatte, dass sie nur mit Sasuke reden würde. Nichts mehr. Dankbar lächelte seine Schein-Verlobte Neji an, wenngleich er fand, dass sie ein wenig schuldbewusst dreinsah. Das war sicherlich nur seine Einbildung. Vielleicht auch einfach die Tatsache, dass Sakura nun um seine Gefühle wusste und das es Neji eher verletzte statt gefiel, dass sie sich mit Sasuke traf. Eins von beidem würde der Fall sein, dachte sich Neji, nahm den Teebeutel aus der Tasse und trank einen kleinen Schluck des heißen Tees. Heiß floss die grüne Flüssigkeit seine Kehle hinab. Fast war es noch ein wenig zu heiß. Nur fast. Schweigen legte sich über Sakura und Neji. Ein unangenehmes. Obwohl sie dicht nebeneinander saßen, waren sie doch weit voneinander entfernt. Seit Sasuke aufgetaucht war, hatte sich eine unsichtbare Mauer zwischen ihnen beiden gebildet. Neji wusste nicht, wie er sie einreißen sollte. Er hoffte, die Tatsache, dass er Sakura unterstützte würde helfen, allerdings hatte er so seine Zweifel dabei. Würde er nicht letztendlich auf der Strecke bleiben? Die Zweifel beiseitegelassen, konnte sich Neji, wenn er ehrlich zu sich war, aber auch keine Zukunft mit Sakura vorstellen, in der Sasuke immer wieder auftauchte. Solange die Angelegenheit mit Sasuke nicht geklärt war, würde es keine gemeinsame Zukunft mit ihm und Sakura geben können. Warum also half er Sakura dabei, den abtrünnigen Uchiha zu überreden, zurück nach Konoha zu kommen? Ach ja, richtig. Weil Neji es nicht ertragen konnte, wenn Sakura verletzt war. Was jedoch noch schlimmer war, ist die Tatsache, dass sie ansonsten die Sache mit Sasuke vor ihm verheimlichen würde. Und das wollte er noch viel weniger. Was man für die Liebe nicht alles tat. Liebe konnte wirklich weh tun, befand Neji und nahm einen weiteren Schluck seines noch dampfenden Tees.   Erneut goss Neji heißes Wasser in seinen Becher. Kaum traf das Wasser auf die Kräutermischung in dem Teebeutel, verfärbte sich das Wasser grün. Erst nur schwach, dann immer intensiver, bis es ein sattes Grün angenommen hatte. Der Duft des Grüntees stieg ihm in die Nase.  Seine wievielte Tasse war das jetzt schon? Neji hatte aufgehört zu zählen. Auf jeden Fall mehr als üblich. Seine fünfte Tasse war es sicherlich bereits. Heute hatte der Grüntee nicht die gewünschte beruhigende Wirkung auf ihn wie sonst. Vielleicht sollte er auf etwas Stärkeres umsteigen. Whiskey oder so. Aber Neji gehörte nun einmal nicht zu den Leuten, die ihre Sorgen und Unmut in Alkohol ertränkten. Um ehrlich zu sein konnte er sich nicht daran erinnern, außer zu bestimmten Anlässen, mal etwas alkoholisches getrunken zu haben. Und selbst dann in der Regel nur ein Glas. Am besten sollte Neji einfach Sport treiben. Das würde ihn eventuell auf andere Gedanken bringen. Zumindest würde es dafür sorgen, dass er nicht alle zwei Minuten auf die Küchenuhr sah, die schräg gegenüber von ihm an der Wand hing und unaufhörlich die Zeiger, Sekunde für Sekunde, weiter nach vorne schob. Wenn Neji doch nur die Zeit anhalten könnte. Dann würde er dafür sorgen, dass Sakura nicht das Haus verließ, um jetzt Sasuke zu treffen. Dann könnte er sie jetzt einfach wieder mitnehmen. Oder wenn er die Zeit zurückdrehen könnte, dann würde er verhindern, dass Sasuke von der Schwangerschaft erfuhr und nach Konoha zurückkam. „Leider leben wir nicht im Konjunktiv“, murmelte Neji in seinen dampfenden Becher, bevor er einen Schluck davon trank. Was Sakura und Sasuke wohl gerade taten? Hoffentlich wirklich nur reden. Alles andere wäre einfach zu viel für ihn. Wurde es nicht außerdem langsam Zeit für Sakura zurück zu kommen? Immerhin war sie vor gut einer Stunde aufgebrochen. Genau genommen vor 57 Minuten. Nachdem sie beide noch einen Moment lang schweigend in der Küche gesessen hatte, niemand hatte gewusst gehabt, was er sagen sollte, war Sakura dann aufgebrochen und hatte ihm versichert, es würde nicht allzu lange dauern. Wie lange war >nicht allzu lange< für Sakura? Für Nejis Geschmack definitiv zu lange. Vielleicht sollte er zu Hinata gehen? Oder nach Hanabi sehen? Aber wenn er sich andauernd bei seinen Cousinen aufhielt würde irgendwann einer von beiden sich schon denken können, dass es zwischen ihm und Sakura nicht besonders gut lief. Bereits die letzten beiden Abende hatte Neji bei Hinata verbracht. Außerdem war Hiashi vor ein paar Minuten in der Küche erschienen, hatte etwas Tee gekocht und mit zu seiner noch kranken Tochter genommen. Sicherlich saß Hiashi noch bei Hanabi, der es zwar schon deutlich besser ging, sich aber noch ein wenig schwach fühlte. „Also Sport“, entschied Neji. Bevor er seine Meinung ändern konnte, schob der Hyuuga den noch dampfenden Becher Tee beiseite und stand auf. Der Stuhl schabte dabei über den Boden und erzeugte einen kratzenden, hohen Ton, der an Nejis sowieso schon angespannten Nerven zog. Nur durch die Küche, den Flur entlang, der zum Wohnbereich der Hauptfamilie gehörte und dann die letzte Tür links. Das war eigentlich nicht weit, um bis zum privaten Trainingsraum der Hauptfamilie zu gelangen. Heute war er allerdings zu lang. Neji war gerade einmal bis zur Küchentür gekommen, als es an der Haustür klingelte. Um diese Uhrzeit waren in der Regel keine Bediensteten mehr im Haus. Da Neji auch nicht gerade weit weg war von der Haustür, entschied er schnell nachzusehen, wer um kurz vor neun Uhr abends noch vorbei schaute. Gerade hatte er die Küche erneut durchquert und war in den Flur getreten, als es erneut klingelte. Seine Laune war schon nicht die Beste, da sollte derjenige, der vor der Tür stand, einen wirklich guten Grund haben, jetzt noch zu klingeln. Und dann auch noch zweimal innerhalb kürzester Zeit! „Komme“, rief er leicht entnervt Richtung Haustür, um ein drittes Mal klingeln zu verhindern. Sekunden später war Neji an der Haustür angekommen und öffnete diese. Hätte er das lieber sein lassen. Im Nachhinein bereute Neji es, wenngleich er das jetzt noch nicht hatte ahnen können. Noch völlig ahnungslos schwang die Haustür auf und mit der Person, die davor stand, sollte Nejis Abend unvergesslich werden. Unvergesslich anstrengend. Die letzten Tage waren angenehm warm gewesen, fast schon etwas heiß. Der Sommer war angekommen. Das konnte man auch bereits in den Nächten spüren. Dennoch war es bereits um 20 Uhr dunkel. Nun, gänzlich war der Sommer vielleicht noch nicht angekommen. Und da Tenten in den beiden Tagen zuvor nicht dazu gekommen war, ihren abendlichen Rundgang zu laufen, tat sie dies heute. In den letzten beiden Tagen hatte Tenten auch keinen Grund dazu gehabt. Es war auch so erfrischend und entspannt gewesen, die ganze Zeit mit Neji alleine arbeiten zu können. Nur leider hatte diese Arbeit heute ein Ende gefunden. Die zwei Tage mit Neji hatten eine angenehme Verschnaufpause dargestellt. Die Zeit mit ihm war wie im Flug verflogen. Sensei Gais und Lees Auftauchen war wie ein Hagelschlag gewesen, der die wunderbare Traumblase zum Platzen gebracht hatte. Die letzten beiden Tage mit Neji hatten jedoch auch noch etwas anderes bewirkt gehabt. Nicht nur hatte sich Tenten so gut gefühlt wie seit Wochen nicht mehr, nein, es hatte ihr auch vor Augen geführt, dass sie immer noch haltlos in Neji verliebt war. All die Wochen, in denen sie Neji gemieden und ignoriert hatte und die Arbeit, die sie investiert hatte, um sich einzureden, dass sie nichts mehr für den Hyuuga empfand, waren sinnlose Zeitverschwendung gewesen. Wenn es überhaupt möglich war, hatte sie sich nur noch mehr in Neji verliebt. Während Tenten durch die nun wenig belebten Straßen Konohas joggte, wippte ihr Haar, das sie ausnahmsweise zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, hin und her. Zum Joggen bevorzugte Tenten generell einen lockeren Zopf als ihre strammen zwei Knoten. Gut das sie heute auf ihre dünne Sportjacke verzichtet hatte. Obwohl sie bislang nur in einem lockeren, langsamen Tempo joggte, war ihr bereits warm genug. In wenigen Wochen würde jeder Schritt draußen zur Qual werden, wenn die Temperaturanzeigen über dreißig Grad anzeigten. Dann würden auch mehr Ninjas abends eine Trainingsrunde absolvieren. Daher wollte Tenten die Zeit für sich allein draußen so gut es ging genießen. Außerdem genoss Tenten die Zeit und nutzte sie, um über Verschiedenes nachzudenken. Heute, egal ob sie wollte oder nicht, drehten sich ihre Gedanken lediglich um den dunkelhaarigen Hyuuga, der ihr einfach keine Ruhe ließ. Langsam kam die dunkle Silhouette des Parks in Sicht, in dem Tenten üblicherweise ihre Runden lief, bis ihre Lungen brannten und ihre Beine sie kaum noch trugen. Dunkel und düster hoben sich die zahlreichen Bäume von der nächtlichen Schwärze ab. Auf den ein oder anderen mochte es bedrohlich wirken, Tenten jedoch schätzte das. Sie mochte diese leicht gruselige Atmosphäre. Nun, immerhin zählten auch Horrorfilme zu ihrem liebsten Genre. Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen näherte sich Tenten dem verlassenen Park und betrat ihn letztendlich. Kaum hatten ihre Füße den erdigen, nicht länger gepflasterten Weg berührt, zog Tenten das Tempo deutlich an. Mit ihrer nun erhöhten Schnelligkeit ging auch Sekunden später ihr Atem schneller. Der Zopf wippte immer wilder hin und her. Von links nach rechts, hoch und runter. Nach nur wenigen Minuten bereits hatte sich Tentens Herzschlag deutlich beschleunigt. Ihr Herz pumpte wie wild, um genügend von dem benötigten Sauerstoff durch die Blutbahnen, durch Lunge hindurch zum Gehirn zu pumpen. Dennoch war Tentens Atmung kontrolliert und nicht allzu schnell. Tief durch die Nase ein- und tief durch den Mund wieder ausatmen. Kannte man diesen einen, kleinen Trick war man gefeit vor Seitenstechen, Schwindel und sonstigen unangenehmen Beschwerden, die viele Leute hatten, wenn sie joggten. Tenten jedoch tat dies bereits ihr Leben lang. Ihr war nie etwas anderes in den Sinn gekommen. Schon immer hatte für sie festgestanden, dass sie einmal ein Ninja werden würde. Und genauso sicher war sie sich sicher, dass sie wohl immer Neji lieben würde. Daran bestand für Tenten kein Zweifel mehr. Wenn sie so darüber nachdachte, war sie Hinata, die all die Jahre in Naruto und Ino und Sakura, die in Sasuke verliebt waren, gar nicht so unähnlich. Wobei, Sakura war ja jetzt mit Neji verlobt. Eine Tatsache, die Tenten ihr immer noch übel nahm. Nur auf Neji war sie irgendwie nicht mehr wütend. Wohl, weil sie in den dunkelhaarigen Ninja verliebt war, während Sakura, als Tentens beste Freundin, eigentlich hätte wissen sollen, dass Neji damit für sie verboten war. Bis jetzt verstand Tenten nicht, wie Sakura ihr das alles hatte verheimlichen können. Erst ein One-night Stand, dann die Schwangerschaft und die Verlobung. Außerdem hatte Tenten noch immer ihre Zweifel daran, ob ihre ehemalige Freundin wirklich in Neji verliebt war. Wenn sie daran zurückdachte, wie sie vor kurzem erst Sakura, mit Neji zusammen, gesucht hatte und an die Reaktion der beiden zurückdachte und die Tatsache, dass sich Sakura nachts heimlich durch Konoha schlich… Nein, ihr angeborener, weiblicher Instinkt, dieses Gefühl tief in ihr drinnen, das Tenten nicht näher beschreiben konnte, sagte ihr einfach, dass da mit Neji und Sakura etwas nicht stimmte. Irgendetwas an deren Beziehung war merkwürdig, nicht stimmig. Neji wollte nicht darüber reden. Das verstand und respektierte Tenten. Sie würde nicht weiter nachbohren. Aber ganz gewiss würde sie nicht aufhören, um Neji zu kämpfen. Das war Tenten in den letzten Tag mehr als bewusst geworden. Außerdem war ihr klar geworden, dass sie mit dem albernen, für sie untypischen Verhalten, das sie vorher an den Tag gelegt hatte, um Neji für sich zu gewinnen, 100%ig scheitern würde. Wenn Tenten so daran zurück dachte, wie sie sich aufgedonnert und unreif verhalten hatte, kam in ihr ein Gefühl der Scham auf. Nein, definitiv, so würde sie sich nicht noch einmal verhalten. Wenn sie jetzt um den Hyuuga kämpfen würde, dann als Frau, nicht als pubertierendes Mädchen. Von diesem Entschluss nur noch weiter angespornt, erhöhte Tenten ihre Laufgeschwindigkeit noch ein wenig mehr. Jetzt hatte sie genug über Neji, Sakura und mögliche Theorien über deren Beziehung nachgedacht. Es wurde Zeit, dass sie ihren Kopf frei kam, damit sie ab morgen wahrhaftig um Neji kämpfen konnte. Sie würde ihm schon zeigen, was er an ihr hatte und was er alles verpassen würde, sollte er sich gegen Tenten entscheiden. Tenten war bereits etliche Minuten im Park Runden gelaufen. Der Schweiß floss ihr über die Stirn das Gesicht herunter. Zwischen ihren Schulterblättern und Brüsten konnte sie ebenso die salzige Flüssigkeit auf ihrer Haut spüren. Ihr Herz raste, die Lungen brannten und ihre Beine zitterten. Ziel für heute erreicht, befand Tenten und entschloss noch locker durch die Stadt nach Hause zu joggen und dabei ihren Körper ein wenig runter zu bringen. Es war immer ungesund nach dem Sport abrupt aufzuhören. In deutlich langsameren Tempo als zuvor, joggte Tenten aus dem Park heraus. Inzwischen war es richtig dunkel geworden. Am Himmel konnte Tenten einige Sterne ausmachen. Ein Blick über die Schulter und der Park wirkte jetzt noch düsterer und unheimlicher als zuvor. Lächelnd drehte die junge Frau ihren Kopf wieder nach vorne. Sie war nur wenige Meter weit gekommen, als Tenten stirnrunzelnd stehen blieb. Bildete sie sich das nur ein oder sah sie schon wieder Sakura, die durch die abendlichen Straßen Konohas schlich? Es war eindeutig Sakura, entschied Tenten. Diese rosa Haare waren einfach unverkennbar. Und wie beim letzten Mal auch schon, blickte sich Sakura regelmäßig um und ging immer geschützt in der Dunkelheit der Häuser entlang. Sogar ihre Kleidung war dunkel. Die ansonsten farbenfrohen Kleider hatten schwarzen Shorts und Shirt Platz machen müssen. Das war alles mehr als verdächtig. Wäre sonst alles in Ordnung bei Sakura und hätte Tenten sie jetzt beim Herumschleichen nicht bereits ein zweites Mal entdeckt, hätte sie es vielleicht abtun können. Nun allerdings schrillten bei ihr sämtliche Alarmglocken. Außerdem packte sie die Neugierde. Kurzerhand entschied sie sich dafür, Sakura zu folgen. Immer mit einem großen Abstand zwischen ihnen, folgte Tenten ihrer Kollegin. Das ein oder andere Mal hatte Tenten befürchtet, Sakura aus den Augen zu verlieren. Aber immerhin war sie ein Ninja. So einfach geschah ihr das nicht. Allerdings war Sakura auch eine Kunoichi und dementsprechend schwer war es für ihre Verfolgerin. Dennoch schaffte sie es ihrer ehemals besten Freundin unbemerkt zu folgen. Anfangs hatte Tenten keine Ahnung gehabt, wo Sakuras Ziel wohl sein mochte. Allerdings war in ihr nach einigen Minuten der Verdacht aufgekommen, dass sie zum alten Trainingsgelände von Team 7 gingen. In der Tat wurde dieser Verdacht nach einigen Minuten bestätigt. Als das Trainingsgelände in Sicht kam, ging Sakura zielstrebig darauf zu. Vorsichtshalber blieb Tenten in dem dichten Wald, der das Gelände komplett umgab und folgte Sakura noch ein kleines Stück. Es dauerte nicht lange, da blieb die nichtsahnende Verfolgte stehen und begrüßte jemanden. Da Tenten durch die dichten Bäume sehen musste, konnte sie im ersten Moment nicht viel erkennen. Um ja keine unnötigen Geräusche zu verursachen, setzte sie vorsichtig und langsam einen Fuß vor den anderen, machte immer wieder lange Pausen, damit sie zur Not auch für ein Kaninchen gehalten werden konnte. Als sich Tenten dann die Gelegenheit bot und sie freie Sicht hatte, blickte sie wieder zu Sakura und… Als Tenten Sasuke erblickte, riss sie vor Schreck die Augen weit auf. Sie war sich nicht sicher, ob sie vor Schock auch gekeucht hatte. Vorsichtshalber hielt sie sich mit einer Hand den Mund zu. Hoffentlich waren Sasuke und Sakura nicht auf sie aufmerksam geworden. Vorsichtshalber ging sie ein paar Schritte zurück. Dennoch versuchte Tenten die Beiden weiter zu beobachten. Was machte Sasuke hier? Und vor allem, warum traf sich Sakura heimlich mit ihm? Verdammt, wusste überhaupt sonst noch jemand davon? Womöglich Neji? Die Fragen schwirrten nur so in Tentens Kopf. Genauso fragte sie sich selbst, was sie jetzt nur tun sollte. Es Neji erzählen? Oder doch lieber sofort zur Hokage gehen? Vielleicht sollte sich Tenten aber auch an Kakashi wenden, aber der war momentan auf Mission, wenn sie sich richtig erinnerte. Oder aber sollte Tenten gleich mit Sakura reden? Verdammt, sie hatte keine Ahnung. Was Tenten aber wusste, war, was sie dort sah. Sakura und Sasuke sahen sehr vertraut miteinander aus. Wenn sie es richtig einschätzte, versuchte Sasuke Sakura näher zu kommen, woraufhin Sakura immer wieder mal einen Schritt zurück machte. Als Sasuke jedoch, ohne von Sakura behindert, ihren Bauch anfassen durfte und ein seeliger Ausdruck auf seinem Gesicht entstand, überkam Tenten ein Gefühl der Ahnung, allerdings konnte sie es nicht ganz benennen, denn Sekunden danach begann ein Streit zwischen den Beiden. Der Gedanke verschwand wieder und zurück blieb nur Überraschung, Misstrauen und Fragen. Trotz des Streites nun, kamen ihr die Beiden überraschend vertraut vor. Tenten blieb nicht bis zum Ende. Der Streit war zwar inzwischen vorbei, doch Tenten hatte nicht ein Wort aufschnappen können. Inzwischen unterhielten sich Sakura und Sasuke wieder ruhiger miteinander. Da sie nicht Gefahr laufen wollte, doch noch entdeckt zu werden, trat sie den Rückzug an. Vorsichtig, um ja keine verdächtigen Geräusche von sich zu geben, schlich sich Tenten von dem Gelände und machte sich auf den Weg nach Hause. Vollkommen verwirrt und den Kopf voller Fragen, kam sie zu Hause an. Was sollte Tenten jetzt nur tun? Sie hatte keinerlei Ahnung. Am liebsten wollten sie mit jemandem darüber reden, aber sie wusste nicht mit wem. Es handelte sich immerhin um ein sehr heikles Thema. Wenn sie zu Tsunade ging und ihr alles erzählte, lieferte sie damit nicht nur Sasuke aus. Im schlimmsten Fall konnte Sakura wegen Verrat angeklagt werden. Da half ihr die Stellung als Tsunades Schülerin auch nicht weiter. Wenn Tenten allerdings mit Neji oder Kakashi redete, wälzte sie ihr Problem nur auf die beiden ab. Die Frage, war zu tun war, blieb. Sollte Tenten also zuallererst mit Sakura reden? Und dann? Was sollte Tenten dann tun? Würde Sakura überhaupt ehrlich zu ihr sein? Verzweifelt seufzte die junge Frau auf. Diese Nacht würde eindeutig sehr kurz für sie werden. Es würde auch eine entscheidende Nacht für Sakura und ihre Zukunft werden, wenngleich die betroffene Kunoichi nichts davon ahnte.  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)