Entscheidung fürs Leben von Yuri91 (Liebe ist keine Kopfsache...) ================================================================================ Kapitel 18: Treffen bei Nacht ----------------------------- Die Sterne funkelten am nächtlichen Himmel. Nur wenige, einsame Wolken zogen über den dunklen Himmeln und verdeckten ab und an den fast vollen Vollmond. In wenigen Tagen würde die Scheibe vollkommen erkennbar sein. Jetzt jedoch sah es so aus, als hätte ein Riese ein kleines Stück abgebrochen. Dank des fast vollendeten Vollmonds, hatte Sasuke eine gute Sicht. Sein Sharingan half ihm zusätzlich. Sakura hatte darum gebeten, dass sie sich auf dem alten Trainingsgelände von Team 7 trafen. Anstatt jedoch mitten auf dem Gelände zu warten, hatte sich Sasuke im angrenzenden Wald versteckt. Sasuke konnte ja nie wissen. Vielleicht lief er in eine Falle, Sakura hatte ihn verraten oder jemand folgte ihr ungesehen. Er wollte lieber kein Risiko eingehen, wenngleich er nicht davon ausging, dass Sakura ihn tatsächlich betrug. Aber Neji war ein unkalkulierbarer Risikofaktor. Neji war nicht dumm. Es konnte sein, dass er Sakura folgte. Und der junge Hyuuga würde sicherlich nicht schweigend wieder davongehen, wenn er die Wahrheit herausgefunden hatte. Nein, dann würde jeder im Dorf wissen, was vor sich ging. Von seinem Versteck aus, hatte Sasuke eine einwandfreie Sicht auf das Trainingsgelände. Der dicke, lange Holzpfahl, der in der Mitte stand, weckte Erinnerungen. Hier hatte damals Team 7 das erste Mal unter Kakashi trainierte. Sie waren offiziell von Kakashi als Genin anerkannt worden. Die erste Lehrstunde, in der Naruto den Großteil der Zeit angebunden am Pfosten verbracht hatte und Sakura geschrien oder ohnmächtig gewesen war, hatte von Teamwork gehandelt. Etwas, was sie alle mit der Zeit gelernt hatten. Diese Zeit gehörte zu der unbeschwerten Phase seines Lebens. In dieser Zeit hatte Sasuke, zusammen mit Sakura, Naruto und auch Kakashi, viele schöne Momente erlebt und Erinnerungen geschaffen, an die sich Sasuke in der Regel verbot zu denken. Es waren Erinnerungen an eine friedliche Zeit, in der Sasuke tatsächlich für eine Weile seine Rache vergessen hatte. In dieser Zeit hatte Sasuke einfach nur mit seinen Freunden gemeinsam Zeit verbringen oder Missionen erledigen wollen. Nicht, das er das jemals gesagt hatte. Und gerade deswegen verbot sich Sasuke in der Regel solche Gedanken. Sie hinderten ihn. Lenkten ihn von seinem eigentlich Ziel ab. Itachis Tod. Sasuke hatte schon lange alle Skrupel über Bord geworfen. Oder so gut wie alle. Orochimaru beklagte sich immer, dass Sasuke zu viel Nachsicht mit seinen Gegnern walten ließ. Sasuke tötete seine Gegner nicht. Er machte sie kampfunfähig, ja. Er sorgte dafür, dass sie keine Gefahr mehr darstellten. Ja, aber er tötete nicht. Ein paar Mal hatte Sasuke es vorgehabt. Doch kurz bevor seine Klinge dann tödlich in den Gegner gefahren war, hatte er Sakuras Worte gehört. Wie sie ihn angefleht hatte, nicht zu gehen. In Konoha zu bleiben. Oder er solle sie wenigstens mitnehmen. Und vor allem sah er jedes Mal vor seinem inneren Auge, wie Sakura vor ihm stand, die Tränen rannen ihr über das Gesicht. Bevor er sie bewusstlos geschlagen hatte, hatte sie sich noch bei ihm bedankt. Und dann traf in der Regel die stumpfe Seite seines Schwertes den Gegner oder der Schwertknauf. Anstatt zu töten, machte Sasuke seine Gegner nur kampfunfähig. Wegen Sakura. Selbst als sie sich im Wald getroffen hatte – Sasuke war mehr als überrascht gewesen, wobei er es sich nicht anmerken ließ – hatte es einen kurzen Moment gegeben, in dem die alten Erinnerungen wieder aufgekommen waren. Ja, Sasuke war dem Gedanken gegenüber nicht abgeneigt, in Zukunft wieder in Konoha zu leben. Er hatte nichts gegen Konoha. In der Tat war dieses Dorf ein guter Ort zu leben. Aber solange Itachi auch nur einen Atemzug tat, wurde Sasuke von Rache angetrieben. Im Wald hatte Sasuke für einen Moment alles ausgeblendet gehabt. Es hatte nur Sakura und ihn gegeben. Ja, er war wohl etwas übereilt und vorschnell gewesen. Und ja, letztendlich hatte er sich ziemlich mies Sakura gegenüber verhalten. Sakura nach all den Jahren plötzlich wiederzusehen, vor allem alleine, hatte mit voller Wucht das Verlangen nach ihr freigesetzt. Seine Gefühle hatten ihn übermannt. Sasuke hatte die Fassung und Beherrschung verloren gehabt. Aber nachdem er wieder zu Sinnen gekommen war, nachdem das Verlangen, Sakura endlich zu haben, der Realität gewichen war, hatte Itachis Tod wieder den ersten Platz in Sasukes Leben eingenommen gehabt. Er hatte sich schnell wieder von Sakura entfernen müssen, bevor sie ihn zum Bleiben hätte überreden können. Bevor sie ihn zum Schwanken gebracht hätte und Sasuke womöglich den Tod seines Bruders nicht länger verfolgt hätte. Als eine einzelne, zierliche Person nun das Trainingsgelände betrat und sich suchend umschaute, wusste Sasuke, dass Sakura jetzt auch wieder versuchen würde, ihn zum Bleiben zu bewegen. Doch dieses Mal würde Sasuke nicht ins Schwanken geraten. Er würde nicht zögern. Er hatte sich bereits entschlossen. Sakura sollte mit ihm kommen, nicht andersherum. Falls sie es nicht freiwillig tat, würde er dafür sorgen, dass sie mitkam. Langsam trat Sasuke zwischen den Bäumen hervor, nachdem er sich sicher war, dass Sakura alleine gekommen war. Das Mondlicht schien auf ihn, während er langsamen Schrittes auf sie zuging.   Obwohl es bereits Mitte Juni war, war es heute Nacht ein wenig frisch. Vor allem, da es die letzten Tage immerzu geregnet hatte. Sakura hätte eine Jacke mitnehmen sollen. Doch in all der Eile und Heimlichtuerei, mit der sie aufgebrochen war, hatte sie an etwas so Banales nicht gedacht. Bereits auf dem Weg zum Trainingsgelände, hatte sich Sakura immer wieder besorgt umgesehen. Andauernd hatte sie das Gefühl, jemand würde sie beobachten. Ihre Paranoia war sicherlich dadurch geschuldet, dass sich Sakura wie ein Verräter vorkam. Auf ihrem Weg zum Treffen mit Sasuke, hatten immer wieder Zweifel Sakura überkommen. Sie wusste, es war dumm und töricht, was sie tat. Vor allem drehten sich ihre Gedanken um Sasuke und Neji. Zum Einen fragte sie sich, was Sasuke vorhatte. Warum ging er diese Gefahr ein, entdeckt zu werden, nur um sie zu sehen? War es überhaupt klug von ihr, ihn alleine zu treffen, abseits von anderen Leuten, die ihr helfen könnten? Und zum Anderen gab es da noch Neji. Was sollte sie ihm später nur sagen? Die Wahrheit? Das konnte sie nicht machen. Es wäre nicht nur gefährlich, es würde Neji sicherlich auch verletzen. Immerhin waren sie Freunde. Oder? Und er war wegen ihrer Aktion von heute sowieso schon schlecht gelaunt gewesen. Das und noch vieles mehr schoss Sakura durch den Kopf, während sie sich nun auf dem Trainingsgelände umsah. Wo war Sasuke nur? Er sollte doch längst hier sein. Immerhin war er vor ihr losgegangen. Hatte Sasuke doch genug und hatte sie einfach sitzen lassen? Oder war er auf dem Weg hierher entdeckt worden und hatte fliehen müssen? Während sich Sakura unsicher und nervös umsah, schlang sie die Arme um ihren Oberkörper. Mit den Händen rieb sie über die kühlen Arme. Es half nicht fiel, aber es war besser als nichts in der frischen Nacht. Es vergingen einige Minuten. Sakura wartete zumindest noch nicht lange, aber dennoch wuchsen ihre Zweifel und die Paranoia immer weiter. Es ging so weit, dass Sakura schon wieder umkehren wollte. Sie wollte einfach einen Schlussstrich unter die ganze Angelegenheit ziehen, Sasuke vergessen und sich eine Zukunft mit dem Ungeboren und Neji aufbauen. Immerhin hatte sie keine andere Alternative. Allerdings wurde nichts daraus. Sakura konnte keinen Schlussstrich ziehen. Sakura kam nicht einmal so weit, auch nur einen Schritt zur Umkehr zu machen, als sie ein leises Rascheln aus dem angrenzenden Wald vernahm. Sofort richtete Sakura ihren Blick in die entsprechende Richtung. Ihr Herz schlug schneller, als sich aus der Dunkelheit eine fast ebenso dunkle, schwer erkennbare Silhouette bildete. Nur wenige, hektische Atemzüge später, stand Sasuke nur einen Schritt von Sakura entfernt. „Dir ist hoffentlich niemand gefolgt“, ertönte da auch schon Sasukes tiefe Stimme. Ein Schauer rann Sakura über den Rücken. Ob des kühlen Windes oder der verführerischen Stimme wegen, vermochte sie nicht zu sagen. Bevor Sakura antworten konnte, schluckte sie kurz und richtete den Blick auf den staubigen, braunen Boden. „Nein. Ich…. Sasuke, was hast du überhaupt bei den Hyuugas gemacht?“ Bei ihrer Frage, hob Sakura den Kopf wieder und begegnete Sasukes Blick, der eindringlich auf ihr ruhte. Der fast volle Mond spendete ein wenig Licht, doch Sasukes Gesicht verschwand im nächtlichen Schatten. „Ich habe dir gesagt, ich komme wieder.“ Oh ja, daran konnte sich Sakura erinnern. Es war ja erst einen Tag her. Und auch den Kuss hatte sie nicht vergessen. Aus einem Impuls heraus, ging Sakura einen Schritt zurück, ging auf Abstand zu Sasuke. Bevor Sasuke den Abstand zwischen ihnen überwinden konnte, stellte Sakura ein paar Forderungen. „Sasuke, lass mich jetzt erst eines klar stellen. Wir können reden, aber mehr nicht. Und falls du vorhast, mich wieder zu sehen, dann tauch nicht einfach so am Fenster auf! Neji hätte dich sehen können! Oder sonst jemand vom Hyuuga-Clan!“ Für einen kurzen Moment schwieg Sasuke. Sakura befürchtete schon, sie wäre zu weit gegangen. Die Sekunden verstrichen, während sie auf eine Reaktion seitens Sasuke wartete. Da sein Gesicht noch immer nicht vom Mondlicht bestrahlt wurde, konnte Sakura nicht erkennen, ob sich Sasukes Stimmung verändert hatte. Dann jedoch begann Sasuke zu reden. „Ich werde nicht erwischt, Sakura. Man kann mich nur sehen, wenn ich es zulasse.“ Was wollte Sasuke ihr damit sagen? Mit der Art und Weise, wie der Uchiha gesprochen hatte, schwang eine Andeutung mit, als wisse er mehr, als er im Moment zugeben wollte. Ehe Sakura darauf etwas entgegnen konnte, fuhr Sasuke fort. Während er sprach, überwand er den kurzen Abstand zwischen ihnen. Mit seinem Gesicht kam er ihrem nahe. Im ersten Moment glaubte Sakura, Sasuke würde sie erneut küssen. Ihr Körper spannte sich an. Ob sie von ihm wegwollte oder näher zu ihm, Sakura wusste es selbst nicht. Sasukes Mund kam ihrem Ohr nahe. Sein heißer Atem strich über die zarte Haut an ihrem Gesicht und der Ohrmuschel. Ein angenehmer Schauer überkam Sakura. Hatte sie eben noch gefroren, konnte sie davon jetzt nichts mehr empfinden. Und dann erklärte er, mit ernster Stimme, die keinen Widerspruch zuließ und eine verheißungsvolle Andeutung auf die Zukunft bot: „Wir reden. Jetzt. Aber in Zukunft wird sich das ändern. Das verspreche ich dir.“ So schnell wie Sasuke zu ihr gekommen war, ging er wieder auf Abstand. Die Wärme seines Körpers verschwand und Sakura fing an zu frösteln. Wie gerne hätte sie sich jetzt in Sasukes Arme geschmiegt. Aber gleichzeitig zweifelte sie daran, ob er eine solche Intimität überhaupt zulassen würde. Natürlich war Sakura klar, worüber Sasuke geredet hatte. Er hatte von Sex geredet. Von nichts anderem. Eine Umarmung war da sicherlich nicht drin. Die einzige sexuelle Erfahrung, die Sakura je mit Sasuke geteilt hatte, führte ihr das vor Augen vor. Sie sollte nicht zu viel von Sasuke erwarten. Und doch zitterte Sakuras Körper. Nicht nur vor Kälte, sondern auch vor Verlangen. Ihr Körper hatte ganz gewiss nicht vergessen, wie gut es sich angefühlt hatte, Sasuke über sich und in sich zu spüren. Wenngleich ihr Kopf ihr sagte, dass es eine dumme Idee gewesen war. Ihr Herz dagegen zog sich schmerzhaft zusammen. Kurz atmete Sakura tief durch. Sie war froh über den Abstand. Auch das Sasuke die Arme vor der Brust verschränkt hatte, gab ihr das Gefühl, dass er sich zumindest heute auf ihre Forderung einließ und sie nur reden würden. Aber worüber sollten sie reden? Wie sollte Sakura es anstellen, dass Sasuke wieder nach Konoha zurückkehren würde? Sie hatte sich zwar dazu entschieden gehabt, Sasuke zur Rückkehr zu bewegen, aber wie… Tja, darauf hatte sie noch keine Antwort gefunden. Etwas verunsichert, blickte Sakura zu Sasuke. Vielleicht würde er ja anfangen zu sprechen und ihr so noch ein wenig Zeit geben, sich eine Strategie zurecht zu legen. Und in der Tat, Sasuke tat ihr diesen Gefallen, wenngleich er nichts von ihren Gedankengängen ahnen konnte.   Das konnte nicht wahr sein! Nicht schon wieder! Das war jetzt schon das zweite Mal heute! Dieses Mal würde Neji Sakura nicht wieder nachlaufen und sie suchen. Ganz gewiss nicht. In der Hand hielt Neji die Notiz, die Sakura offensichtlich überhastet niedergeschrieben und für ihn liegen gelassen hatte. Glaubte sie, eine kurze Nachricht wie diese würde ihn beruhigen? Bin kurz noch mal draußen. Mach dir keine Sorgen. Sakura. Ja, eine solche Notiz vertrieb natürlich sämtliche seine Sorgen, dachte sich Neji sarkastisch. Vor allem, wenn man bedacht, dass es gleich 23 Uhr nachts war! Er wusste selbst nicht, warum er so wütend war. Vielleicht, weil er sich verarscht fühlte.  Irgendetwas ging hier vor sich. Etwas verdammt wichtiges. Und Neji hatte keinerlei Ahnung, was es sein könnte. Da Neji keinerlei Gefallen an der Idee fand, sich jetzt auszumalen, in was für ein Schlamassel sich Sakura hineinmanövriert hatte und er sich auch keine Sorgen mache wollte, beschloss Neji, sich abzulenken. Irgendwie. Schlaf würde er eh nicht finden. Dafür war er zu wütend und vor allem sorgte er sich, obwohl er es überhaupt nicht vorgehabt hatte. Und er fühlte sich hintergangen. Sowohl als Freund als auch Verlobter. Obwohl, hatte Neji nicht schon längst festgestellt, dass seine Gefühle für Sakura tiefer gingen, als sie für ihn empfand? Diesbezüglich konnte Neji ihr keinen Vorwurf machen. Aber das Sakura sich ihm nicht anvertraute und sie versuchte, ihre Probleme alleine zu regeln…. Das schmerzte doch. Auch als Freund. Und das sich Sakura irgendwelche Probleme eingebrockt hatte, dessen war er sich inzwischen sicher. Heute Morgen hatte er noch geglaubt, jemand hätte Sakura schlecht behandelt. Zwischenzeitlich hatte er sich sogar um das Baby gesorgt gehabt. Jetzt jedoch hatte er an all diesen Theorien Zweifel bekommen. Wütend zu werden, war besser, als sich Sorgen zu machen und es würde auch den Schmerz verdrängen, entschied Neji, während er in seinem Zimmer auf und ab lief. Er konnte sich weder dazu aufraffen, ein Buch zu lesen oder Fernseh zu schauen. Es würde eh nichts helfen. Das Auf-und Ablaufen half natürlich genauso wenig, aber so verlor Neji wenigstens etwas an Energie. Wer weiß? Vielleicht war Neji, wenn Sakura irgendwann entschied zurückzukommen, so erschöpft, dass er sie nicht mehr anbrüllen würde. Falls Sakura überhaupt zurückkommen würde. Eine eisige Faust umklammerte sein Herz, drückte zu, während sich ein heißer Knoten in seinem Magen zusammenzog. Eine ungute Ahnung kam in Neji auf. Er wusste nicht, was es zu bedeuten hatte. Er hatte keinen Schimmer. Nicht die leiseste. Oder zumindest wollte er es sich nicht vorstellen. Aber er wusste, was immer gerade geschah, es würde alles zwischen ihm und Sakura verändern. Für immer. So, Sakura wollte also Abstand waren. Das hatte Sasuke nicht erwartet gehabt. Eventuell würde es ein wenig schwieriger werden, Sakura dazu zu überreden, mit ihm zu kommen, als er gedacht hatte. Wenn er allerdings vorerst auf ihre Bitte einging, würde er später eventuell leichteres Spiel haben, entschied Sasuke. Sakura wollte reden. Fein. Dann würde er ihr mit Worten klar machen, dass sie zu ihm gehörte und zu niemand anderem. Erst recht nicht einem Hyuuga! „Wie geht es Naruto und Sensei Kakashi?“ Ein vorerst harmloses Thema würde sein Verhalten nicht so offensichtlich zur Schau stellen. Sasuke würde sich langsam daran tasten. Immerhin war es ein heikles, schwieriges Thema, um das es hier ging. Sasuke musste vorsichtig vorgehen. Sakura war nicht dumm. Wenn er zu offensichtlich Neji schlecht machte und sich selbst dagegen in einem guten Licht darstellte, würde Sakura seine Taktik nach Sekunden durchschaut haben. Bei Sasukes abrupten Themenwechsel, konnte der Uchiha regelrecht mitansehen, wie verwirrt Sakura darüber war. Im ersten Moment runzelte sie die Stirn. Ihre Augenbrauen zogen sich leicht zusammen. Dann blinzelte sie, das Stirnrunzeln verschwand und die grünen Augen suchten die seine. Und dann begann Sakura zögerlich zu erzählen. Anfangs nur stockend, mit wenigen Informationen. Fast die ganze Zeit ruhten ihre grünen Augen auf ihm, musterten ihn. Es schien, als wolle Sakura immer wieder überprüfen, ob es Sasuke auch nicht langweilte, was er von ihr zu hören bekam. Da Sasuke keinerlei Ablehnung oder Desinteresse zeigte, schien er Sakura zu ermuntern, mehr zu erzählen. Mit der Zeit musste Sasuke deutlich weniger Fragen stellen. Sakuras Geschichten wurden länger, ausgeschmückter und bald gestikulierte Sakura mit Händen und Armen, um ihre Worte zu unterstreichen. Ja, Sakura wirkte recht lebensfroh. Nur  mit halbem Ohr hörte Sasuke zu. Er war wirklich interessiert an den Neuigkeiten über seinen alten Freund und seinen Sensei. Ebenso war es eine angenehme Abwechslung zu hören, was seine alten Schulkameraden machten. Für einen kurzen Moment konnte Sasuke sogar sein hartes Training unter Orochimaru und seiner Rache an Itachi vergessen. Dies gelang ihm vor allem nur dank Sakura. Ihre unschuldige, lebensfrohe Art war faszinierend. Sie war so ganz anders als er selbst. In seinem Hinterkopf war jedoch immer die kleine Stimme vorhanden, die ihm seine Ziele vor Augen führte. Sakura überreden, mit ihm zu kommen, seinen Clan aufbauen und vor allem und das Wichtigste, Itachi töten. Daher entschied Sasuke nach einigen Minuten, das Thema zu wechseln. Sakura fühlte sich nun wohl bei ihm und ihre Sorgen schienen für den Moment vergessen. Das konnte er nun zu seinem Vorteil nutzen. „Freust du dich auf unser Baby?“ fragte Sasuke nun, nachdem Sakura eine Geschichte über Naruto beendet hatte. Der erneute, abrupte Themenwechsel warf Sakura ein wenig aus der Bahn. Wie zuvor auch schon, blickte sie kurz irritiert drein. Dann jedoch wandte sie den Blick von Sasuke ab und richtete ihn auf ihre Fußspitzen. Im ersten Moment glaubte Sasuke schon, Sakura würde seine Frage mit „Nein“ beantworten. Das Blut in seinen Adern wurde zu Eis. Wenn sie es nicht haben wollen würde, fein. Er würde sich auch alleine darum kümmern können. Es sollte nur noch ein einziger Uchiha sterben und das war ganz sicherlich nicht das kleine, unschuldige Geschöpft, das gerade in Sakuras Leib heranwuchs. Dann jedoch bemerkte Sasuke, dass Sakura überhaupt nicht ihre Füße fixierte. Ihr Blick ruhte auf ihrem leicht  gerundeten Unterleib. Mit der rechten Hand fuhr sie kleine, beruhigende Kreise darüber. Als sie wieder ihren Kopf anhob, umschmeichelte ein kleines, seliges Lächeln ihre Lippen. Das Eis in Sasukes Adern schmolz. Wie hatte er auch nur einen Moment an Sakura zweifeln können? Auf sie hatte er sich immer verlassen können.  Ebenso auf Naruto. Es war so ganz anders, als mit Orochimaru und seinen Leuten, wo Vertrauen ein Fremdwort war. „Es läuft zwar momentan so einiges schief in meinem Leben und es hat sich alles auf den Kopf gestellt, aber trotzdem oder gerade deswegen, freue ich mich auf das Baby.“ Für einen Augenblick lang sagte niemand etwas. Das Schweigen breitete sich zwischen Sakura und Sasuke aus. Während Sasuke selbst über die Bedeutung ihrer Worte nachdachte und er dadurch nur noch weiter ermuntert wurde, dass seine Entscheidung die richtige für ihn und Sakura war, zog sich die Stille weiter dahin und breitete sich aus. Sasuke entging, wie Sakura aufhörte ihren Bauch zu streicheln und wie das Lächeln von ihren Lippen verschwand. Ihm entging auch, wie Sakura ihr Gewicht von einem Fuß zum anderen verlagert. Erst als ihre Worte die Stille und seine Gedanken durchbrach, widmete Sasuke seine Aufmerksamkeit wieder Sakura. „Du solltest zurückkommen. Ich denke nicht, dass dein Weg, den du jetzt eingeschlagen hast, der Richtige ist.“ Sasuke hatte das Gefühl, als hätte Sakura ihn geohrfeigt, anstatt nur mit ihm zu reden. Hatte er eben noch geglaubt, alles würde nach Plan laufen, hatten diese wenigen Worte Sasuke die Wahrheit gezeigt. Zumindest die Wahrheit, in der Sakura momentan lebte. Sie würde nicht mit ihm kommen. Nicht jetzt. Er würde mehr machen müssen, als nur Worte zu benutzen. Dann würde er Sakura schon zeigen, dass die Art und Weise, wie sie jetzt lebte, was sie als die richtige, eine Wahrheit anerkannte, falsch war. Sie lebte eine Lüge, voller Hoffnungen und Träume. Doch Sasuke kannte die Realität. Die richtige Wahrheit. Das Leben bestand nicht aus schönen, glücklichen Momenten. Nein, es bestand aus Leid, Schmerz und Hass. Die meisten Menschen lebten in dieser Lüge, allerdings nicht Sasuke. Schon lange nicht mehr. Selbst die Tatsache, dass er mit Sakura ein Kind erwartete… Es machte ihn glücklich, ja. Es machte ihn froh. Ja. Aber deswegen verschwand sein Verlangen nach Rache ganz gewiss nicht. Sasuke tat einen Schritt auf Sakura zu. Sein Gesicht war zu einer starren, emotionslosen Maske geworden. Sein Blick ruhte kühl auf ihr. Er wollte Sakura klar machen, dass ihr Leben in dieser friedvollen Welt nur eine Lüge war. Bevor er jedoch dazu kam, spürte er den leichten Druck Sakuras Hände auf seiner Brust. Ihre rechte Hand krallte sich in sein Oberteil, während sie den Kopf leicht gesenkt hatte. Ihre Haare fielen ihr vor das Gesicht, sodass er nicht erahnen konnte, was gerade in Sakura vorging. Für einen Moment standen sie einfach nur so da. Ein leichter Wind wehte, ein paar Tiere im Unterholz raschelten in der Nacht, doch ansonsten herrschte einfach nur Stille. Sasukes Herz schlug schneller. Das Verlangen, das er schon in so mancher Nacht für Sakura gehegt hatte, wallte in ihm auf. Er wollte sie spüren, sie kosten, sie nehmen. Hier und jetzt. Und dann, plötzlich, hob Sakura ihren Kopf. Ihre grünen Augen sahen ihn einfach nur an. Ihre linke Hand führte sie zu seinem Gesicht. Ruhig und warm lag sie auf seiner Wange. Er mochte das Gefühl. „Sasuke, ich bitte dich. Geh nicht wieder weg. Bleib hier.“ „Bei dir und dem Kind?“ Am Rande bemerkte Sasuke, wie seine Stimme belegt und heiser klang. Er hörte sich die Worte sagen, wie in einem Film, wo er der Zuschauer war und nicht die Hauptfigur. Ebenso hörte er sich die nächsten Worte fragen, wie von weit weg. „Und Neji? Und deine bevorstehende Hochzeit? Wirst du alles abblasen, wenn ich zurückkomme?“ Er hatte nicht vor zurück zu kehren. Nicht, solange sein Bruder auch nur einen Atemzug tat. Warum fragte er so etwas also dann? Er hegte ganz gewiss nicht den Wunsch, eine eigene Familie zu haben, mit der er glücklich und zufrieden in Konoha leben würde. Sakura neben ihm und eine Handvoll Kinder wuselten zwischen ihnen. Dieses Leben wäre eine Lüge. Nichts weiter. Sasuke kannte die Wahrheit. Zumindest sagte er sich das fast täglich. Jedes Mal, wenn der Wunsch nach einer friedvollen Zeit und der Wunsch, Sakura zu sehen, zu stark wurden. Als Sakuras Hand von Sasukes Wange verschwand, richtete Sasuke seine Aufmerksamkeit wieder auf das Hier und Jetzt. Noch immer konnte er die Wärme auf seiner Haut fühlen. Die Sanftheit ihrer Berührung. „Das wäre deine Bedingung, damit du zurückkommst?“ Warum sagte Sakura nicht einfach, sie würde Neji links liegen lassen und die Hochzeit absagen? Warum hörte er sie nicht diese Worte sagen? Warum? Erneut wurde sein Blut durch Eis ersetzt. Sakura würde Neji nicht einfach verlassen. Nein, er würde um Sakura kämpfen müssen, wurde Sasuke mit einem Schlag klar. Bis eben war er noch so siegessicher gewesen. Er hatte nie daran geglaubt, dass Sakura je einen anderen außer ihn lieben würde. Aber etwas hatte sich geändert. Sasuke würde nicht so weit gehen und sagen, Sakura wäre in Neji verliebt. Nein, das nicht. Aber der Hyuuga hatte Sakura bereits in seinen Bann geschlagen. Sasuke würde das beenden. Er würde dafür sorgen, dass Sakuras Herz nur für ihn schlug. Bevor Sasuke es registrierte, hatten sich seine Hände um Sakuras Oberarme gelegt. Sein Griff war fester, als beabsichtig. Nur an Sakuras überraschtem Aufkeuchen bemerkte er es überhaupt. Doch Sasuke konnte jetzt nichts daran ändern. Die Eifersucht hatte nun die Kontrolle über sein Handeln übernommen. „Sakura, ich habe es dir schon einmal gesagt. Du und das Kind, ihr gehört zu mir. Ich werde nicht zulassen, dass da irgendwer zwischen uns steht.“ Sasuke hatte geglaubt, seine Worte hätten Sakura eingeschüchtert. Die Schultern hatte sie schützend hochgezogen. Ihr Blick hatte flehend auf ihm geruht. Doch bei seinen Worten, wich der unsichere Ausdruck und machte Wut platz. Und nicht nur Wut. „Der Einzige, der schon immer zwischen uns gestanden hat, warst du, Sasuke Uchiha. Du, mit deiner dummen, idiotischen Rache! Du hast uns verlassen. Das Dorf, unser Team und mich. Dann tauchst du plötzlich auf, fällst regelrecht über mich her, nur um mich benutzt liegen zu lassen. Du bist nur wieder hier, weil du von dem Baby erfahren hast. Ohne das Kind, wärst du dann auch hier?“ Es war keine rhetorische Frage. Nein, Sakura wartete auf eine Antwort. Doch die konnte Sasuke ihr nicht geben. Er war von der Wahrheit und der Überzeugung, die in Sakuras Worten mitschwang, überrumpelt. Hatte sie recht? War er derjenige gewesen, der dafür gesorgt hatte, dass sich Neji nun zwischen sie drängen konnte? War es seine Schuld? Ein leiser, schmerzvoller Seufzer, riss Sasuke aus seinen rasenden Gedanken. Sakura lächelte nicht. Sie war auch nicht wütend. Nicht länger. Nein, eher traurig und verletzt. Mit vorsichtigen, behutsamen Bewegungen löste sie sich aus Sasukes Griff. „Sasuke, auch wenn du willst, dass ich mit dir komme, würden ich und das Kind niemals an erster Stelle stehen. Solange du das nicht änderst, solange du nicht begreifst, was wirklich gut für dich ist, fürchte ich, wirst du die Menschen, die du liebst, um dich herum verletzten.“ Auf Sakuras Worte hin folgte Stille. Eine erdrückende Stille, die Sasuke die Luft zum Atmen nahm. „Du verlässt mich?“ hörte sich Sasuke flüstern. Die Sekunden, bis Sakura endlich reagierte, waren die längsten in seinem Leben. Als sie dann mit dem Kopf schüttelte, durchflutete Sasuke eine Erleichterung, von der er nicht gewusst hatte, dass er so empfinden konnte. „Nein, Sasuke. Ich werde dir niemals das Kind vorenthalten. Ich werde auch nicht sagen, dass es keine Chance für uns gibt. Doch versprechen kann ich dir nichts. Und vor allem spiele ich nicht die zweite Geige. Komm nach Konoha zurück und wir werden sehen.“ Natürlich taten Sakuras Worte gut. Irgendwie. Sie stellte ihm eine friedvolle, glückliche Zukunft in Aussicht. Aber in einer Welt, in der Sasuke nicht lebte. In einer Welt voller Hoffnung, Glück und Freude. Eine Welt voller Liebe. Eine Welt, die er als Lüge erkannt hatte. „Sakura, ich…“, begann Sasuke, wusste dann jedoch nicht weiter. Ein kleines Lächeln stahl sich auf Sakuras Lippen. „Du musst dich nicht jetzt entscheiden, Sasuke. Aber ich warte nicht mein Leben lang auf dich.“ „Ist es wegen Neji?“ Sakura blieb Sasuke eine Antwort schuldig. Ein Fakt, der Sasuke verletzte. Es tat weh, doch er ignorierte den Schmerz. Er tat so etwas schon sein ganzes Leben lang. Trotzdem wollte Sasuke die Wahrheit wissen. „Hast du dich in Neji verliebt?“ fragte Sasuke nach, dieses Mal drängender. Sakura schüttelte nur den Kopf. „Ich weiß es nicht Sasuke. Momentan läuft alles drüber und drunter. Glaub mir, ich könnte gerne darauf verzichten.“ Wie schon einige Male zuvor heute Abend, entstand ein Schweigen zwischen Sakura und Sasuke. Dieses Mal fühlte es sich eher unangenehm an. Ganz und gar nicht komfortabel und erstrebenswert. „Wenn du mit mir reden willst, können wir das gerne tun. Wir können uns treffen. Ich wünsche mir wirklich sehr, dass du zurückkommst. Aber es ist deine Entscheidung. Egal was ist, ich werde immer für dich da sein.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Sakura von Sasuke und ließ ihn alleine, verwirrt und durcheinander auf dem alten Trainingsgelände von Team 7 zurück.  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)