Diesem Einen will ich #Follow von Virdra-sama (Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?) ================================================================================ Kapitel 111: 111. Flower Power ------------------------------ Oh man, ich hab so keinen Bock mehr, dachte ich frustriert, während ich versuchte einen tiefen Seufzer zu unterdrücken. Schließlich wollte ich den Anderen nicht die Laune verderben. Wobei es mich und meine zunehmend schlechter werdende Laune dazu nicht wirklich brauchte. Nein, auch die Zwerge waren bemüht eher gute Miene zum weiteren Verlauf unseres Ausfluges zu machen. Obwohl es ihnen und mir sichtlich schwer fiel. Besonders, da wir bereits seit Stunden unterwegs waren und es langsam Abend wurde. Der Grund, weshalb die Männer und ich inzwischen ein ziemlich angespanntes Nervenkostüm hatten, lag einzig und allein an der spontanen Planänderung von Jana und Marina. Die beiden Damen hatten nämlich rein aus Rücksichtnahme gegenüber den Zwergen und zu allem Überfluss auch meiner werten Wenigkeit beschlossen, den Jahrmarktbesuch in einem Shopping Trip umzuwandeln. Das taten sie lediglich, so hatte es uns Marina kurz und bündig erklärt, damit sich niemand unnötig überlastet oder überfordert fühlen sollte. Statt also die reichlich vorhandenen Fahrgeschäfte und Spielebuden auszukosten, tingelten wir nun von einem Verkaufsstand zum Nächsten. Na tolle Wurst. Wo ich doch absolut überhaupt kein Fan von solchen Einkaufsbummeln war. Schon im Hinblick auf mein ohnehin knapp bemessenes Budget. Hemmungslos irgendwelche Sachen kaufen war definitiv nicht drin. Zumindest nicht so lange, wie ich noch keinen Job hatte. Und selbst dann würde es nach aktuellen Verhältnissen sehr eng werden. Besonders mit einem Rudel Zwerge im Haushalt. Wobei ich mich schon das ein oder andere Mal dazu hinreißen ließ etwas zu kaufen. Vor allem, die Schmiermesser, welche ja von Kili und Fili so schön demoliert worden waren. Mehr sollte es für mich aber auch nicht sein. Alles Weitere konnte ich immer noch auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Außerdem hegte ich nach geraumer Zeit so den Verdacht, dass Marinas Begründung nicht allein hinter dem restlichen Tagesplan steckte. Denn während wir so herum gingen und uns umschauten, bemerkte ich, wie gerade Jana ihren Fili jedes Mal, wenn wir irgendwo Halt gemacht hatten fragte, wie er dieses, jenes oder welches finden würde. Aha! Sie hatte ihren Plan, ihren Zwergsallerliebsten zu beschenken, noch nicht aus den Augen verloren. Trotz der Tatsache, dass sie sich beim letzten Versuch um ein Haar mit ihm verlobt hätte. Ich atmete tief durch und schüttelte innerlich den Kopf. Meine Güte, muss Liebe schön sein. Wenn ich groß bin kauf ich mir auch eine Tüte, dachte ich mit sichtlich gequältem Gesichtsausdruck, während sie ihm erneut irgendetwas unter die Nase hielt und dieser nun zum gefühlt hundertstens Mal "ja, sehr schön" sagte, aber dennoch dankend ablehnte, sie es ihm kaufen wollte. Beziehungsweise sie es selbst zurücklegte, da es ihr auf einmal doch nicht mehr so gefiel. Danach stürmte sie sofort zum nächsten Stand weiter. Dabei hielt sie Fili an der Hand, wie einen unwilligen Hund an einer Leine, der eigentlich gerade sein Bein am nächsten Baum gehoben hatte, um sich zu erleichtern. Genau diesen Gesichtsausdruck warf er uns auch jedes Mal wieder zu, wenn sie ihn erneut mit sich herum zog. Kili amüsierte sich indessen köstlich über die bedröppelte Miene seines älteren Bruders. Tja, auch unter Zwergen war die größte Freude immer noch die Schadenfreude. Er feixte übers ganze Gesicht und trabte federnden Schrittes neben mir her. Bofur und Marina liefen direkt hinter uns. Dabei unterhielten sie sich angeregt über die unterschiedlichsten Sachen. Hauptsächlich stellte Marina dem Mützenzwerg Fragen über dessen Leben in Mittelerde. Dabei erfuhr ich auch, wie der Zwerg mit dem sonnigen Lächeln einst Mitglied in Thorins Gemeinschaft geworden war. Offenbar hatte der damalige Noch-Nicht-Zwergenkönig an jede Tür eines zwergischen Haushaltes geklopft. Oder war durch die Tavernen der Dörfer gezogen, um Mitstreiter zu finden. Das musste wirklich viel Arbeit gewesen sein. Sowohl das Überzeugen der Leute, wie die Reise zu den jeweiligen Örtlichkeiten. Es gab ja keine Autos oder andere fernkommunikative Mittel, die binnen kürzester Zeit beim Empfänger hätten ankommen können. So hatte Thorin also für seine Sache den buchstäblichen Klinkenputzer spielen müssen, damit überhaupt jemand von seinem Plan erfahren konnte. Ich mochte mir gar nicht ausmalen, wie viel von seinem neuerwirtschafteten Vermögen er dafür hatte ausgeben müssen. Aber ich vermutete, dass dieser eher geringe finanzielle Aufwand, mit dem Reichtum des Erebor nicht verglichen werden konnte. Daher war ihm der Versuch der Rückeroberung, im Bezug auf das was er hatte und was er hatte haben können, wohl alles wert gewesen. Am Anfang war es ja nicht das Gold gewesen, welches ihn dorthin führte. Sondern der tiefe Wunsch seine Heimat zurück zu holen und wieder bewohnbar zu machen. Nun gut, mit ein bisschen Starthilfe von Gandalf, wenn man es genau nahm. Wäre der Zauberer ihm nicht eines Tages mit dieser lebensmüden, wahnwitzigen Idee entgegen gekommen, hätte er vermutlich bis an sein Lebensende nach seinem Vater gesucht und wäre darüber hinweg in den blauen Bergen alt geworden. Oder von einer Gruppe Orks am Wegrand massakriert worden. Aber das waren diese "Was wäre, wenn"-Geschichten, welche man sich im Leben nicht unbedingt stellen sollte. Denn wenn etwas mal passiert war, sollte man lediglich das "Wie" ergründen und nur dann "Wenn" benutzen, um zukünftigen Ereignissen gegebenenfalls vorzubeugen. Aber sowas stand natürlich auf einem ganz anderen Blatt. Dem Einzigen, dem ich vorzubeugen hatte war, dass die Zwerge nicht noch mehr Unsinn anstellten. Was jedoch leichter gesagt, als getan war. Ich hatte aber zumindest durch das Einweihen von Jana und Marina nun zwei Möglichkeiten mehr, die Zwerge einmal woanders unter zu bringen, wenn sie mir mal richtig auf den Keks gehen sollten. Und das würden sie früher oder später. Wobei, wohl eher früher als später. Dafür kannte ich sie ja schon gut genug. Auf lange Sicht und in Hinblick auf unseren beengten Wohnraum ohne Ausweichmöglichkeiten gesehen, würden sicherlich noch einige Komplikationen auftreten. Doch wo ich eben noch über die eine oder andere Komplikation nachdachte, tat sich auch schon die nächste Gelegenheit für Ärger auf. Riesen Ärger um genau zu sein. Und zwar in Gestalt eines Verkaufstandes, welcher verschiedene Arten von Modeschmuck und künstlichen Lederwaren anbot. Normalerweise nichts wirklich Außergewöhnliches. An diesen Ständen waren wir bereits haufenweise vorbei gekommen. Und jeder der Besitzer verkaufte zu denselben Bedingungen genau den gleichen "Ramsch". Ich hielt daher ausreichend Abstand zu den Verkaufstischen. Kili, Bofur und Marina taten es mir gleich. Nur Jana zerrte ihren armen, gestresst wirkenden Fili näher an die Artikel heran und vollführte mal wieder dasselbe Ritual, wie schon zuvor bei den anderen Ständen. Doch dieses Mal war etwas anders. Der Mützenzwerg hatte hinter mir seine Unterhaltung mit Marina plötzlich unterbrochen und brummte leicht nachdenklich, und offensichtlich auch verstimmt. "Was ist denn, Bofur? Hab ich was Falsches gesagt?", fragte die junge Mutter leicht besorgt. Doch Bofur brummte nur erneut. Diesmal allerdings eher verneinend. "Keine Sorge. Das ist es nicht. Aber...", begann er vor sich hin zu murmeln. Ich drehte mich darauf zu ihm um und legte fragend den Kopf schief. Dabei sah ich, dass er die Arme vor der Brust verschränkt hatte und sich mit den Fingern immer wieder über seinen Kinnbart strich. Gerade so, als versuche er sich an etwas zu erinnern. "Was ist denn los? Was hast du?", drängte ich nach einer Weile, da er immer noch in nachdenkliches Schweigen vertieft war. Er schüttelte kurz und kaum erkennbar seinen Kopf und verzog mit einem leicht gequälten Gesichtsausdruck den Mund, ehe er mich direkt ansah und sehr langsam sagte: "Ich... weiß nicht genau. Also... ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich mich recht erinnere. Aber es könnte schon sein. Soweit ich darüber nachdenke... ja... es wäre durchaus möglich das ich richtig liege, oder nicht?" Ich rollte aufgrund seiner nichtssagenden Worte nur genervt mit den Augen und grummelte: "Würden Sie das auch mal bitte in klare Worte fassen, die jeder Mensch versteht, Herr Bofur? Ich hab im Moment echt keine Lust das verrückte Zwergenlabyrinth mit deinen Gedankengängen zu spielen, um irgendwelche kryptischen Rätsel zu lösen." Daraufhin zuckte er kurz zusammen und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Oh, verzeih bitte, Cuna. Ich dachte nur gerade darüber nach, woher mir dieser Marktstand zu vertraut vorkommt", meinte er und deutete hinter mich. Ich warf nur einen flüchtigen Blick in die gezeigte Richtung, wo Jana Fili gerade eine sehr kitschige Herrenhalskette zeigte, zuckte dann mit den Schultern und erwiderte: "Vielleicht weil es von diesen Ständen hier dutzende gibt oder wir eventuell schon mal daran vorbei gelaufen sind, ohne ihn uns genauer anzusehen?" Doch Bofur schüttelte nur den Kopf und sagte: "Nein. Nein, wir waren hier noch nicht. Da bin ich mir vollkommen sicher. Ich meine, ich kenne ihn von... von früher... also... damals, als ich dich mit Gandalf auf diesem anderen Markt besucht habe." Ich schnaubte nur und zuckte erneut die Schultern. Ehe ich kurz die Backen aufblies und ratlos die Arme von mir streckte. "Gut möglich. Ich meine, auf dem Trödelmarkt gab es neben Privatleuten auch normale Händler. Vielleicht hast du den Stand da ja mal gesehen. Aber ich verstehe grade nicht, was dich daran so zu irritieren scheint. Es kommt öfter vor, dass gerade die Reisenden Händler im Umkreis bei mehreren Veranstaltungen auftauchen", erklärte ich und dachte damit sei die Sache geklärt. Aber der Mützenzwerg biss sich regelrecht an dem Thema fest. Und seltsamer weise sagte mir eine gewisse Regung in seiner Miene, dass ich mir den Stand vielleicht doch nochmal etwas genauer ansehen sollte. Also wandte ich mich von ihm ab und dem Stand gleichermaßen zu, um diesen genauer in Augenschein zu nehmen. Er war mit einer dunklen Plane bedeckt, die sowohl gegen Sonne aus auch Regen schützen sollte. Auf den Verkaufstischen, die von billigem, schwarzen Kunstsamt bedeckt waren, lagen auf der linken Seite die ebenfalls schwarzen Steckkästen für die Ringe. Sowohl für die Hand, als auch fürs Ohr. Je nach Bedarf eben. Auf der Rechten reihten sich etliche Geldbörsen und Portmonees, wie Dominosteine aufgereiht, hintereinander. Von einigen Warenaufhängern baumelten allerhand billige Ketten mit unterschiedlichen Anhängern, welche wie ein kleines Windspiel klimperten, sobald ein Lüftchen oder ein interessierte Kunde daran vorbei ging. Ganz hinten im Stand befand sich ein Vorhang, hinter dem man durch eine relativ weite Öffnung sowohl die Umrisse eines dunklen Lieferwagens, wie die gebückte Gestalt des Standbesitzers sehen konnte, der offensichtlich nach etwas suchte. Immer noch fand ich daran nichts Ungewöhnliches vor. Als ich jedoch ein paar Schritte näher trat und dabei fast schon unsere beiden Turteltäubchen erreichte, erhob sich der Verkäufer mit einem Mal, schloss den Vorhang, drehte sich um und trat mit einer weiteren Auslage an Fili und Jana heran mit den Worten: "Bitte sehr die Herrschaften. Das sind einige meiner besonderen Kostbarkeiten. Äußerst gute Ware. Feingearbeitete Ketten mit äußerst filigranen, aber dezenten Anhängern aus neunhundertfünfundzwanziger Sterlingsilber. Versehen mit echten Edelsteinen. Für Sie natürlich heute zum Sonderpreis, versteht sich." Vollkommen geschockt, sprang ich beinahe einen halben Meter zurück und schlug mir vor Entsetzen die Hand vor den Mund um den plötzlichen Aufschrei zu dämpfen, der in meiner Kehle empor gestiegen war. Nicht weil ich etwa dieses Angebot oder gar die vorgezeigte Ware unheimlich toll gefunden hätte. Diese war aus meiner Sicht sogar potten hässlich. Der Verkäufer war auch nicht der freundliche Zalando Bote aus der Fernsehwerbung. Nein. Ooooooh Nein. Dieser wäre mir verglichen mit dem Mann, den ich da gerade sah hundert, wenn nicht tausendmal lieber gewesen, als DER! Na heiliges Hackfleisch! Der hatte mir gerade noch gefehlt! Oder vielmehr hatte er mir nicht gefehlt. Ich war froh gewesen, als der Trödelmarkt vorbei gewesen war und ich drei Kreuze gemacht hatte, dass ich diesen schmierigen Schleimbolzen von Händler niemals wieder hätte sehen müssen. Aber wie besagten einige alte Sprichworte: "Die Welt ist ein Dorf. Und man sieht sich immer zweimal im Leben." Oh wie sehr wollte ich in diesem Augenblick die alten Weisheiten Lügen strafen. Zähneknirschend erinnerte ich mich daran, wie er mir einst die Kunden madig und nebenher sogar Teile meiner Waren kaputt gemacht hatte. Auf der anderen Seite kam mir allerdings auch das genugtuende Bild in den Sinn, wie er von Gandalf mit seinem Mittelerde-Zauberstab-Kung-Fu-Style ordentlich auf die Bretter geschickt worden war. Aber nun verstand ich auch endlich Bofurs Skepsis und den leichten Anflug von Abneigung in seinem Gesicht und den Worten von zuvor. Er konnte ihn mit garantierter Sicherheit auch nicht leiden. Wusste ich doch nicht, was in der Zeit vorgefallen war, wo ich mit dem mächtigen weißen Zauberer auf eine Tasse Tee ins Café gegangen war. So wie ich diesen Verkäufer kennen gelernt hatte, war er definitiv ebenso unfreundlich zu dem Mützenzwerg gewesen, wie zu mir. Auch wenn Bofur mir das weder an besagtem, noch irgendeinem anderen Tag erzählt hatte. Vielleicht hatte er es bis dato ja auch vergessen und vollkommen verdrängt. Genau wie ich auch. Nun gut. er war da und verkaufte weiter seinen billigen Schund. Sollte mir auf einer Seite recht sein. Verhindern oder verbieten konnte und durfte ich es ja nicht. Das war nicht meine Aufgabe und würde es auch nie sein. Auch wenn er gerade dabei war Jana und Fili tierisch übers Ohr zu hauen. Dann müsste ich so etwas mit jedem Händler machen, der sich so wie er hervortat. Und das war mir deutlich zu anstrengend. Auch wenn es massiv an meiner eigenen Verkäuferehre nagte, wollte ich mich da auf keinen Fall einmischen. Ich hatte keine Lust auf eine direkte Konfrontation mit dem Kerl. Besonders nicht in meinem gegenwertigen Zustand. Und anderweitig ebenso wenig. Ich atmete einmal mit geschlossenen Augen ganz tief durch und wollte mich schon auf dem Absatz kehrt machen, als Jana ohne es zu Wissen einen schweren Fehler beging. "Oh, Jacky? Stehst du schon lange da? Kannst du mir helfen? Ich brauche hier deinen Rat als Frau. Meinst du, eine dieser Ketten würde Fili gut stehen?", fragte sie mit leuchtenden Augen und hielt mir zwei der hässlichsten vor die Nase. Sie hatte gerade ausgesprochen, da fühlte ich schon einen stechenden und ungemein bohrenden Blick auf mir ruhen. Ich meinte unterbewusst eine Aura ungeahnter Dunkelheit aus dem Marktstand herauswabern und in schwarzen Wolken auf mich zu kriechen zu sehen. Doch ungeachtet dessen und vollkommen verstört von Janas Fragen verhaspelte ich mich und sagte gut hörbar für alle Umstehenden: "Is alles scheiße, was der Sack verkauft." Jana zog daraufhin leicht verwundert die Augenbrauen nach oben, während ich flüchtig Filis Blick auffangen konnte, welcher ziemlich erleichtert wirkte und mir sagte, dass er froh war es seiner Liebsten nicht selbst sagen zu müssen. Gut, dazu wäre er auch nicht gekommen. Denn schon erhob sich die Stimme des Standbesitzers in meiner Richtung, wobei er zeitgleich langsam und behäbig hinter seinen Verkaufstischen hervor trat. "Na sieh mal einer an. So sieht man sich wieder", trällerte er mir in einem düsteren aber gefährlichen Singsang entgegen. "Ja. Scheint so... und hoffentlich auch das letzte Mal. Guten Tag", entgegnete ich stark unterkühlt und trocken, während ich mich endgültig umdrehen und mich nicht weiter provozieren lassen wollte. Inzwischen standen aber auch schon Bofur, Kili und Marina direkt hinter mir. Ihre Gesichter sprachen deutlich ganze Brockhaus Bände. Der Mützenzwerg musste die anderen beiden wohl über die erste Begegnung mit dem Schleimbolzen aufgeklärt haben, während ich noch halb unter dem Schock der Überraschung gestanden hatte. Sie waren alle drei ziemlich angespannt und vermittelten mir das Gefühl, dass sie sich unbedingt mit dem Verkäufer messen wollten, wenn er es darauf anlegen würde. Das wollte ich natürlich unter allen Umständen vermeiden und ihnen gerade mit einer Handbewegung andeuten, sich nicht provozieren zu lassen, da erhob sich erneut die Stimme des Schleimbolzens hinter mir: "Ach... und der hässliche, kleine Gartengnom ist auch wieder dabei. Ist ja interessant. Sind ja sogar noch mehr geworden, wie es aussieht." In dem Moment zuckte kurz ein Muskel an Bofurs Schläfe und er presste die Lippen fest zusammen. Nur nicht drauf eingehen. Einfach ignorieren, dann verliert er irgendwann die Lust, schoss es mir in einem immer währenden Kanon durch den Kopf. Gleichzeitig blaffte ich deutlich härter als beabsichtigt über meine Schulter hinweg: "Jana. Fili. Kommt. Wir gehen weiter." "Was? Aber.. Aber... Wieso... was.. Was ist denn auf einmal... ich verstehe nicht...?", stammelte Jana leicht verwirrt und mit tiefer Sorge in der Stimme. Doch im Gegensatz zu ihr, hatte Fili bereits verstanden, dass etwas Ungutes in der Luft lag. Denn auch er änderte seine Tonlage und brummte vermittelnd aber eindringlich: "Gehn wir einfach. Hier gibt es nichts Brauchbares für uns." Damit schien dann auch für sie das letzte Wort gesprochen zu sein. Ich wusste zwar nicht was die beiden hinter mir noch machten, aber ich wollte mich auch nicht umdrehen. Ich würde warten bis die beiden aufgeschlossen hatte, dass wir zusammen weiter gehen konnten. Doch ehe wir auch nur einen Fuß vor den anderen setzen konnten, drang erneut die Stimme des Händlers an meine Ohren. Diesmal noch bedrohlicher als vorher und noch dazu viel näher. Ja, ich konnte buchstäblich seinen heißen Atmen in meinem Nacken fühlen und roch das billige Deodorant, welches definitiv versagt hatte und mir zusammen mit einem besonders widerlichen Eigengeruch des Mannes Übelkeit erregend in der Nase brannte. "Wo wollen wir denn so eilig hin? Hast du schon vergessen, was du getan hast? Soll ich deinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen? Na? Na?!", fauchte er mir mit aller Giftigkeit entgegen. Ich versuchte ruhig zu bleiben. Ballte lediglich die Hände in meinen Taschen weiter zu Fäusten. "Nur nicht provozieren lassen. Nicht drauf eingehen. Ich hab nichts Falsches getan", flüsterte ich inzwischen vor mich hin ohne es zu merken und vermutlich auch, um mir selbst Mut zu machen. Doch die Tatsache, dass ich es vergleichsweise laut gesagt und nicht nur gedacht hatte, ließ den Mann hinter mir schallend auflachen. "Nichts? Nichts getan, sagst du? Du bist dir keinerlei Schuld bewusst? Leidest wohl schon in so jungen Jahren schon an Alzheimer, was Honigpuppe? Aber ach... das seh ich ja jetzt erst... Hat dir doch mal jemand eins auf die vorlaute Fresse gegeben? Interessant. Äußerst interessant. Bei wem darf ich mich wohl dafür herzlichst bedanken? Bei dem altersschwachen Bruce-Lee-Opa? Deinem Gartengnomenfreund mit der hässlichen Schlabberkappe hier drüben? Oder vielleicht...", grollte er in bitter süßem Ton und war noch näher an mich heran getreten, sodass er die darauffolgende Worte nur noch in mein linkes Ohr flüstern musste, damit ich ihn schon klar und deutlich verstand. "... oder... vielleicht... deinem...." "HERBERT!" Donnerte es plötzlich so unvermittelt zu uns herüber, dass wir alle aufgrund unserer massiven Anspannung zusammen fuhren und uns ruckartig in Richtung des Rufers wandten. Zum Erstaunen aller Anwesenden und quasi unter gewaltigem "Hallo!", trat eine zierliche, hochgewachsene Frau mit vor Wut verzerrtem Gesicht an uns, beziehungsweise an den Schleimbolzen heran. Sie war mit einem Klemmbrett samt Stift bewaffnet und trug nebenbei über ihrer Kleidung eine orangefarbene Warnweste mit einem Namensschild an der Brust. Die Weste biss sich dabei extrem mit ihrem orangeroten, hüftlangem Zopf, der ihr locker über die hochgezogenen Schultern herunter baumelte. Dieser fing jedoch an bedrohlich hin und her zu wackeln, wie eines dieser Pendel-Fall-Beile aus diversen alten Cartoon-Filmen, als sie die Hände in die Hüften stemmte und sich ihre Stimme erneut erhob: "Was zum Donnerwetter treibst du schon wieder hier?!" Der Schleimbolzen war indessen ein gutes Stück von mir abgerückt und spielte mehr schlecht als recht die Unschuld vom Lande. "Nichts. Nichts. Nur ein einfaches Kundengespräch", stammelte er vor sich hin und wedelte abwehrend mit den Händen. "Kundengespräch? Aha... Was für eine Art von Kundengespräch soll das denn bitte eben gewesen sein? Normalerweise führt das jeder Händler an seinem Stand und nicht mitten auf dem Weg. Das sah mir eher so aus, als wolltest du die Frau hier belästigen, oder täusche ich mich da?", herrschte sie ihn mit strenger, ernster Miene an. Sie glaubte ihm kein Wort. So viel war mir sicher. Aber offenbar dem schmierigen Herbert noch nicht. Denn er versuchte weiterhin die wütende Marktaufsichts-Frau von sich zu überzeugen. "Aber.. Bitte, bitte. Meine liebste, zuckersüße Yvonne. Du kennst mich doch. Ich würde doch nie...", setzte er erneut an, doch da fuhr ihm die Frau, welche die Zwerge und ich eigentlich nur als Floristin kannten, dem Schleimbolzen direkt in die Parade und knurrte, "Deine Flirtversuche kannst du dir an die Backe nageln. Die ziehen bei mir nicht. Ich weiß sehr wohl, was du alles können wollen würdest, wenn man dir freie Hand lässt. Du wurdest nicht ohne Grund aus dem Vorstand rausgewählt. Du hast genug Dreck am Stecken, mein Lieber. Sei froh, dass dir die Stadt überhaupt noch einmal einen Stand hier genehmig hat, nachdem was alles vorgefallen ist. So. Und jetzt lass die Leute in Ruhe bummeln, oder ich sorge bei deinem nächsten Vergehen gegen die Platzordnung dafür, dass dir endgültig die Lizenz entzogen wird. Hab ich mich klar genug ausgedrückt?!" den letzten Satz sagte sie so laut, dass selbst meine Gruppe und ich ein Stück von ihr zurück wichen. Hinter mir hörte ich, wie Kili ganz kurz einige Worte in Khuzdul von sich gab. Sie klangen zwar für jene, die die Sprache nicht kannten eventuell beleidigend. Aber ich hörte bereits am Klang seiner Stimme, dass er dafür nur tiefe Bewunderung empfand. Ein Gefühl, welches ich mit ihm teilte. Das hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Da begegneten wir nicht nur einem alten, unliebsamen Bekannten von mir. Sondern auch einer Frau, die wir erst vor wenigen Tagen erst ganz friedlich, freundlich und ruhig vor ihrem Blumengeschäft kennengelernt hatten. Also wirklich. Sie war hatte sich mit einem Mal so gewandelt. Da konnte man mal sehen, wie sehr einen manchmal der erste Eindruck täuschen konnte. Besonders ihre Haltung und die Art und Weise, wie sie selbst einen Mann, wie den schleimigen Herbert, nur mit Worten so klein zusammen falten konnte, dass er selbst mit einem Zylinder aufrecht unter einem Türspalt hätte durchmarschieren können. Dabei war sie ja grade mal einen Kopf kleiner als er und wirkte bei weitem nicht so kräftig. Aber irgendwie schien er vor ihrer Autorität durchaus Angst zu haben. Denn er wich noch weiter zurück und begann dabei fast zu wimmern als er sagte: "Ja... Ja... Ja doch verdammt! Ich geh ja schon." Damit verzog er sich wieder hinter seine Verkaufstische und werkelte zum Schein an irgendetwas herum. Allerdings warf er dabei immer wieder flüchtige Blicke zur Floristin und uns herüber. Nach einer Weile ignorierte ich ihn vollkommen und atmete noch ein paar Mal tief durch. Yvonne behielt ihn allerdings noch eine Zeit lang im Auge, bis sie sich etwas entspannte und uns ansprach. "Sind Sie alle wohl auf?", fragte sie so unvermittelt freundlich und ruhig, als wäre nie wirklich etwas vorgefallen. Ich schaute mich zunächst einmal im Kreise meiner Gruppe um. Fili und Jana waren auch endlich zu uns gestoßen und blickten reichlich verwirrt drein. Kili, Bofur und Marina atmeten ebenso wie ich erleichtert auf, ehe sie Yvonne zu nickten und ihr leise einige dankende Worte zukommen ließen. Die Floristin nickte mit einem zufriedenen Lächeln und sagte: "Gut. Sie sollten jetzt wohl weiter gehen. Am besten, Sie meiden diesen Standbereich hier bis zum Ende des Festivals." "Gute, Idee. Vielen Dank nochmal für die Hilfe. Das war wirklich unangenehm", meinte ich mit einem verschmitzten Grinsen und rieb mir dabei leicht aufgekratzt mit der linken Hand über den rechten Arm. Sie winkte mit einem Glocken hellen Kichern ab und erwiderte: "Ach. Nichts zu danken. Das ist immerhin heute meine Aufgabe hier. Außerdem war es schön sie alle einmal widerzusehen. Ich hoffe, Sie haben trotz dieser Begegnung noch einen angenehmen Aufenthalt hier auf dem Platz. Aber wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden. Ich muss weiter." "Nur zu. Nur zu. Reisende soll man nicht aufhalten. Schönen Tag noch", sagte ich und ehe wir uns alle versahen, war sie mit einem "gleichfalls" auf den Lippen regelrecht an uns vorbei geschwebt und verschwand federnden Schrittes um die nächste Ecke und war trotz ihrer Warnweste nicht mehr zu sehen. Nun hatten wir alle aber nicht mehr wirklich die Zeit uns weiter an Ort und Stelle von dem Schrecken zu erholen. Da Yvonne außer Sicht verschwunden war, fürchtete ich, dass der schleimige Herbert jeden Augenblick wieder hinter mir auftauchen würde. Den Zwergen und den beiden Damen kam wohl ähnliches in den Sinn. Nur weg von da. Und zwar so schnell wie möglich. Zum Reden war unterwegs noch genug Zeit. Ich hätte aber nicht erwartet, dass ausgerechnet Kili den ersten Schritt wagen würde und die im Augenblick wohl beste Idee des gesamten Tages verkündete. "Also. Ich brauche jetzt ein Bier. Wer kommt mit?" - 111. Flower Power / Ende - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)