Diesem Einen will ich #Follow von Virdra-sama (Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?) ================================================================================ Kapitel 90: 90. Baby-Blues -------------------------- "Ernsthaft, Bofur. Ich weiß wirklich nicht, ob ich lachen oder kotzen soll", murmelte ich sehr trocken und mit gedämpfter Stimme dem Mützenzwerg zu, nachdem er sich mit einem breiten, zufriedenen Grinsen in den braunen Sessel zurück gelehnt hatte. Mein Kommentar war so nüchtern aus meinem Mund geplatzt, dass Nori es schaffte sich wieder zu uns umzudrehen und zusätzlich anfing lauthals drauf los zu lachen, als er den Satz hörte. Die anderen vier warfen mir unterdessen leicht verwirrte, bis verständnislose Blicke zu. Natürlich hatte ich darauf geachtet, dass Marina mit ihrem Kleinen nicht im Raum war. Diese hatte sich kurz, nachdem sie Bofur ihren Sohn abgenommen und eine tiefe Nase von dessen Windelinhalt genehmigte, kurz von uns verabschiedet, damit sie ihn wickeln konnte. Ich wusste ja wie empfindlich gerade alleinerziehende Mütter werden konnten, wenn man sich als Kinderlose abfällig über deren Nachwuchs äußerste. Sei es nun direkt oder indirekt. Frauen merkten es verdammt schnell, wenn man seine Abneigung gegen irgendetwas in dieser Art äußerte. Für gewöhnlich machte es mir auch nichts aus, meine Meinung direkt zu vertreten. Doch in diesem Fall wollte ich es mir nicht unbedingt mit unserer freundlichen Gastgeberin verscherzen, da diese mich ja so gut mit Medikamenten, Wasser und einem Verband versorgt hatte. Bei den kleinen, bärtigen Männern war das etwas anderes. Da wollte ich mir nicht die Mühe machen meine Gefühlslage zu verbergen. Auch wenn sie mich noch so bestürzt musterten. Nur Noris kleiner Lachanfall bestätigte meine Mutmaßung, dass er in diesem Fall meine Meinung durchaus teilte. Die Anderen schüttelten nur die Köpfe. "Also, ich habe keine Ahnung, warum du so etwas sagst, Cuna. Er ist doch wirklich niedlich", meinte Bofur und hob dabei eine Augenbraue bis unter die Hutkrempe. "Mag ja sein, dass du das als süß empfindest. Du bist ja der Kindernarr vor dem Herrn. Mir ist das aber zu wider. Ich bin froh, wenn ich die kleinen Blagen nicht in meiner Nähe habe und das weißt du auch", entgegnete ich ruhig und nahm noch einen Schluck Wasser. "Das verwirrt mich ein wenig", murmelte Kili und lehnte sich auf dem Sofa zurück, um sich zu strecken. "Was denn?", fragte ich ruhig, bevor ich das Glas wieder auf den Tisch stellte, um den dunkelhaarigen Jungen rechts neben mir anzusehen. Er gab ein gedehntes Seufzen von und starrte zunächst nur in Richtung der weißen Zimmerdecke, wobei er sich verlegen auf der Unterlippe herum kaute. "Nun ja. Es ist sonderbar, dass du dir einen Partner erwählst und dann. Dann so abfällig über Kinder redest. Ich meine, weiß Onkel denn schon, dass du so denkst?", hakte er nach, ehe er mich kurz von der Seite her anschielte. Ich schnaubte nur betreten und schüttelte den Kopf. "Nein. Davon weiß Thorin noch nichts. Darüber haben wir noch nicht gesprochen. Zumindest nicht über meine Meinung dazu. Und ich bitte euch ihm vorläufig auch nichts zu sagen. Die Sache muss ich selbst mit ihm klären. Davon abgesehen ist dieses Thema sowieso erst einmal vom Tisch. Oder denkt ihr wirklich, dass ich mich jetzt noch dazu hinreißen lassen würde, ein Kind von ihm auszutragen? Nee. Da erhänge ich mich lieber an meiner eigenen Unterhose", sagte ich und lehnte mich ebenfalls zurück. "Ich kann dich durchaus verstehen. Kinder sind ein unnötiges Anhängsel. Sie bedeuten viel Arbeit und Verantwortung. Und dass du wegen diesem Zwischenfall jedweden Wunsch nach Kindern beiseite schiebst, ist mir noch viel klarer. Nur kann ich mir nicht vorstellen, dass du und Thorin nicht schon darüber gesprochen habt. Ich war bisher der Meinung, dass du bereits in freudiger Erwartung bist. Schließlich habt ihr beide ja. Also in der letzten Nacht im Zeltlager. Oder etwa doch nicht? Im Reich der Götter hat er fast nur davon gesprochen. Und wie sehr er sich freut bald seinen Erben in Händen zu halten", warf Nori mit einem kurzen Schulterzucken ein, nachdem er sich endlich von seinem Lachanfall erholt hatte. "Doch. Wir haben zusammen die Nacht verbracht und auch mal kurz das Thema angekratzt. Wobei nur er erwähnt hat, dass er einen Erben will. Aber es heißt ja nicht, dass ich deswegen sofort schwanger werden musste. Das habe ich zum Glück verhindern können", entgegnete ich und verschränkte lässig die Arme vor der Brust. "Verhindert? Wie in Durins Namen denn das?", fragte Fili, der mich neugierig, aber auch leicht bestürzt von meiner linken Seite her ansah. Ich atmete einmal ganz tief durch, ehe ich kurz seufzte und ihm eine für Zwerge halbwegs verständliche Antwort gab. "Das ist ganz einfach. In meiner Welt gibt es verschiedene Möglichkeiten die körperliche Liebe auszuführen, ohne dass dabei Kinder entstehen. Ich hab Thorin eine davon vorgeschlagen, mit der Begründung, dass ich mit Nachwuchs warten wollte, bis wir verheiratet sind. Und dieser hat er, wenn auch widerstrebend, zugestimmt. So hatten wir beide unseren Spaß und ich brauchte mir keine Gedanken darum zu machen, in neun Monaten noch einmal wegen Platzmangel umziehen zu müssen", meinte ich gelassen. "Also, Cuna. Ich habe ja immer viel von dir gehalten. Du bist so eine wundervolle und herzensgute Frau. Aber, dass du so hinterhältig sein kannst, hätte ich wahrlich nicht von dir gedacht", kam es plötzlich leicht aufgebracht von Ori, der sich in seinem Sitzsack etwas aufrichtete. Ich seufzte erneut und warf dem dunkelblonden Zwerg dann einen gleichmütigen Blick zu. "Was ist daran bitte hinterhältig, Ori? Zu warten bis man sein Leben mit dem Partner gefestigt hat, ist hier selbstverständlich. Du siehst doch, wie es bei dieser Frau hier gelaufen ist. Ihr Typ hat sie eiskalt sitzen gelassen. Außerdem will ich jetzt noch keine Kinder. Dafür ist es zu früh. Und ich weiß auch nicht ob ich zukünftig welche möchte. Schon gar nicht unter diesen Voraussetzungen", erklärte ich ihm gedehnt, woraufhin er nur verächtlich das Kinn vor streckte. "Du verweigerst ihm seinen größten Wunsch. Wozu suchst du dir denn einen Mann, wenn du nicht die Freuden einer glücklichen Familie genießen willst? Es ist doch für jeden das Schönste auf der Welt, ein kleines Ebenbild sein Eigen nennen zu können", entgegnete er und schüttelte verständnislos den Kopf. "Nicht für jeden, Ori. Bedenke was alles auf Cuna und Thorin zu kommen wird, wenn es vielleicht doch irgendwann soweit sein wird. Besonders für sie. Ich meine, ich will mich nicht gegen unseren König aussprechen, aber er hatte ja bereits vor ihre Freiheit allein dadurch einzuschränken, dass er sie an der kurzen Leine hält. Um nicht zu sagen, dass er sie vor aller Augen verbergen oder gar wegsperren will", warf Nori ein und neigte mit verständnisvollem Blick leicht den Kopf in meine Richtung. "Du weißt aber, dass es bei uns Zwergen eine althergebrachte Tradition ist, die Frau nach der Heirat nicht mehr aller Öffentlichkeit Preis zu geben, um sie zu schützen", entgegnete Kili, woraufhin Nori langsam nickte. "Das ist mir durchaus bewusst, Junge. Aber Cuna ist keine Zwergin. Sie ist ein Mensch und daher nicht an unsere Traditionen gebunden. Das sollte Thorin inzwischen eigentlich akzeptiert haben. Aber wie mir scheint, ist dem wohl nicht so. Er trägt ja auch weiterhin die Altlasten als unser König und Anführer mit sich herum, obwohl er das nicht mehr müsste. Ich kann mir gut vorstellen, dass Cuna sich deswegen gegen Nachwuchs wehrt, weil sie nicht allein mit dem Kind gelassen werden will. Das würde ich an ihrer Stelle auch nicht wollen. Einmal davon abgesehen, dass mir meine Freiheit bereits für die Suche nach einer geeigneten Gefährtin zu schade wäre", sagte er und lehnte sich dabei mit dem Rücken an die Wand. "Dafür sind ja Kili und ich hier. Damit Cuna nicht allein mit unserem Vetter ist. Was mich allerdings verwundert. Warum ist sie nicht bereits Mutter? Immerhin war sie ja mit einem anderen Mann verheiratet und hat davor viele Jahre mit diesem verbracht", warf Fili ein und musterte mich daraufhin eingehend. Ich schloss kurz die Augen und rutschte ein bisschen genervt auf der grauen Sitzfläche des Sofas herum. So langsam wurde diese, für meine Begriffe, unnötige Diskussion sehr privat. Und wenn ich ehrlich zu mir war, wollte ich in diesem Augenblick auch gar nicht darüber reden. Doch wusste ich, dass die Zwerge nicht eher nachgeben würden, bis ich ihre Wissbegier voll und ganz befriedigt hatte. Einer von wenigen Charakterzügen, den ich bei ihnen nicht so sehr mochte. Aber zu diesem Zeitpunkt des Gesprächs kam ich wohl oder übel nicht mehr um eine Erklärung herum. Daher raffte ich noch einmal all meine noch vorhandenen Nerven zusammen, gab ein leidiges Stöhnen von mir und richtete mich räuspernd auf. "Ganz einfach. Der Grund, warum ich noch kein sabberndes Monster mein Eigen nenne ist, weil mein Verblichener und ich uns einig waren, dass wir keine Kinder haben wollten", meinte ich und sah sie reihum ruhig an. "Aber. Habt ihr nicht irgendetwas vermisst? Nur zu zweit erscheint mir das Leben doch reichlich unbefriedigend zu sein. Das könnte ich mir gar nicht vorstellen. Man braucht doch noch etwas, was man gemeinsam lieb haben kann", sagte Bofur und schüttelte kurz verständnislos den Kopf. "Deswegen haben wir uns eine Zeit lang Haustiere gehalten. Die waren stressfreier und wir brauchten keine großen Anschaffungen zu tätigen. So gesehen waren sie immer unsere Kinder. Wir mussten sie genauso hart erziehen. Haben uns geärgert, wenn sie etwas getan hatten, was sie nicht sollten. Aber wir konnten auch viel lachen und haben uns um ihre Gesundheit gesorgt. Wenn sie zu alt und zu krank wurden, dann mussten wir sie natürlich einschläfern lassen. Das waren immer die schwersten und traurigsten Momente. Auch wenn es notwendig war. Doch diese Alternative war aus unserer Sicht viel einfacher. Sie haben nicht viel gebraucht, keine Widerworte gegeben und sobald sie uns zu sehr auf den Keks gegangen sind, haben wir sie in ihren Käfig gestopft und dann war ruhe. Naja, so halbwegs jedenfalls. Das kann man mit einem richtigen Kind nicht machen. Da hat man dann ganz schnell den Staat am Hals. Ansonsten waren wir glücklich damit unsere Zweisamkeit zu genießen. Ohne das uns etwas Eigenes im Weg war. Wir haben daher auch mit allen möglichen Mitteln verhindert, dass es dazu gekommen ist. Als er dreißig wurde, hat er dann sogar eine Vasektomie vorgenommen", erklärte ich, woraufhin die kleinen Männer kurz verwirrte Blicke tauschten. "Was? Ihr habt euch mit Vasen beworfen, um keine Kinder zu bekommen? Wie habt ihr das denn gemacht?", fragte der Zwerg mit der Mütze und kratzt sich dabei seitlich am Kopf. Nun musste ich doch wieder lachen. Natürlich hätte mir klar sein müssen, dass die Zwerge so etwas nicht kannten. Aber ihre verdutzten Gesichter waren in diesem Augenblick einfach nur Gold wert. Doch bevor ich erklären konnte, worum es bei dieser für sie fremdartigen Behandlung ging, war unsere Gastgeberin bereits wieder in der Tür erschienen und trug einen zufrieden brabbelnden Benni auf ihrem Arm. "Eine Vasektomie ist ein Eingriff, bei dem sich der Mann die Samenstränge vom Hoden abtrennen lässt. Die wohl wirksamste Methode um das Elternwerden zu verhindern", erklärte sie sehr ruhig und trat behutsam ins Wohnzimmer. Wir zuckten unwillkürlich zusammen, als sie so unverhofft auftauchte und sich langsam in den zweiten braunen Sessel sinken ließ. Mir gefror umgehend das Lachen auf dem Gesicht und ich schluckte einmal heftig. Herrje. Warum musste ich auch in der Wohnung einer wildfremden Person so unbedacht aus meinem Nähkästen plaudern, wo diese doch nur einen Raum weiter gewesen war. Ich hätte die Sache besser auf später verschieben sollen, dachte ich bitter und kaute mir verlegen auf der Unterlippe herum. Wer weiß, was sie sonst noch mitbekommen hatte? Hoffentlich nichts über die Sache mit der Welt der Götter. Himmel, das hätte gerade noch gefehlt. Das würde im Nachhinein für enorme Probleme sorgen. Damit wären dann nicht nur ich, sondern auch die Anderen in großen Schwierigkeiten. Oh Gott, oh Gott. Noch eine Mitwissende. Ausgerechnet an diesem ohnehin schon beschissenen Tag. Das wäre wirklich zu viel. Auch wenn Marina eine noch so nette Person war. Das ging nicht. Ausgeschlossen. Nur was sollte ich tun? Ich wusste ja nicht, wie viel sie gehört hatte und ob sie überhaupt verstand, worüber wir gesprochen hatten. Fakt war nur, dass mich diese Gedanken sehr nervös werden ließen, sodass ich es nicht vermeiden konnte unruhig auf meinem Platz herum zu rutschen. Die Zwerge schienen sich jedoch darum in diesem Moment gar nicht zu kümmern. Im Gegenteil. Sie warfen Marina wegen ihrer Erläuterung nur fragende Blicke zu, ehe sich Ori nach dem kleinen Schockmoment zu Wort meldete. "Die Männer trennen sich, was von wem ab?", fragte er und sah sie dabei mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Schnipp schnapp am Gemächt", ergänzte ich knapp und trocken mit eher beiläufigem Unterton, während ich zusätzlich eine kleine Scherenbewegung mit den Fingern machte. Nun sah ich die Zwerge der Reihe nach zusammen fahren, wobei der ein oder andere sogar schmerzhaft den Mund hinter dem Bart verzog. "Mahal. Das ist ja furchtbar. Und so etwas hat dein Mann getan, Cuna? Wieso in Durins Namen? Wie konntet ihr denn danach noch... Ich meine. Das ist ja... Dafür gibt es keine Worte in irgendeiner Sprache die ich kenne", keuchte Nori und schüttelte sich heftig. "Oh, Sex ist nach einer Vasektomie noch möglich. Es kann lediglich vorkommen, dass dem Mann die Lust darauf vergeht", meinte Marina und schmunzelte leicht erheitert, als die Männer die Gesichter von uns Frauen abwandten und die Hände vor die Augen schlugen. "Vielen Dank, Frau Marina. Mir vergeht gerade die Lust nach noch mehr Dingen", stöhnte Fili etwas leidig, dem sein Bruder mit einem recht hochstimmigen Brummen beipflichtete. Nun musste Marina ein wenig lachen, wobei sie ihren Sohn leicht in ihren Armen mit schaukelte. Ich verkniff es mir indessen drauf los zu prusten, auch wenn es mir angesichts der leidenden Zwerge sehr schwer fiel. Meine Welt war wirklich nichts für ihre zartbesaiteten Männeregos. Aber in dem Punkt waren wohl alle Männer gleich. Ob nun Zwerg oder Mensch war in dem Punkt ganz egal. Wenn es um ihr bestes Stück ging, kannte ihr Leid kein Ende. Als Frau konnte man sich das natürlich nur schwer vorstellen. Wir hatten dafür ja andere Probleme. Mal von den alltäglichen Was-ziehe-ich-heute-bloß-an und Passen-die Schuhe-zu-meinem-Kleid-Problemen abgesehen, die ich für meinen Teil eh nicht hatte. Für mich galt dahingehend eher, hauptsache frisch gewaschen. Nein. Meistens waren es welche, die sich alle vier Wochen wiederholten. Was gerade dann unangenehm werden konnte, wenn man es nicht rechtzeitig bemerkte. Sowas passierte dann auch immer zu den unmöglichsten Gelegenheiten. Häufig wenn man gerade im Schwimmbad war oder in einer weißen Hose zu einem Vorstellungsgespräch ging. Gut. Zum Glück hatte ich dies immer rechtzeitig bemerkt. Auch wenn ich nicht immer darauf vorbereitet war. Aber da wusste sich Frau ja auch irgendwie zu helfen. Vorausgesetzt, dass in diesem Moment eine Toilette mit genug Klopapier vorhanden war. Ein anderes Problem würde wiederum eintreten, wenn dieses Vier-Wochen-Problem plötzlich aufhörte. Dann war gerade bei Frauen oder viel mehr jungen Mädchen richtig Alarm angesagt. Vor allem, da in der heutigen Zeit sehr viele von diesen allein gelassen wurden. Sei es nun von den Eltern der werdenden Mutter oder eben dem Kindsvater, wie es bei Marina der Fall war. Nur waren eben nicht alle so stark und selbstbewusst allein ihren weiteren Lebensweg zu beschreiten. Denn die Angst vor den ganzen Konsequenzen saß ihnen stets im Nacken. Und in ihrer Hilflosigkeit sagten einige bis zum Schluss nicht, dass sie gewisse Sorgen hatten. Daher gab es auch immer wieder Berichte über Säuglinge, die irgendwo in Tüten verpackt in einem Mülleimer, Waldstück oder auf Kirchentreppen gefunden wurden. In solchen Situation fragte ich mich selbst als Kinderlose, wie man Frauen einfach so damit allein lassen konnte. Sicher. Es gab Institutionen, wie Krankenhäuser, Babyklappen und diverse andere Orte, wo man ein Kind nach der Geburt in gute Hände geben konnte. Doch vielen waren diese werdenden Müttern meist unbekannt oder eben nicht zur rechten Zeit am richtigen Ort. Aber die Angst, die die Frauen dabei durchleben mussten, war selbst mir unbekannt. Das war mit ein Grund, weshalb ich mich gegen das Kinderkriegen aussprach. Aber spurlos gingen derartige Geschichten an mir nicht vorbei. Vermutlich, weil ich selbst große Angst davor hatte, irgendwann mit so einem Problem alleine da zu stehen. In dem Fall konnten mir Frauen wie Marina, eigentlich nur als großes Vorbild dienen. Sie ging ihren Weg zusammen mit ihrem kleinen 'Wunder', wie es einige nannten. Auch wenn er noch so anspruchsvoll und stressig war. Und insgeheim, war ich sogar ein bisschen neidisch, dass ich mir selbst so etwas nicht zutrauen wollte. Besonders in diesem Augenblick zehrte es sehr an meinem Gefühlskonflikt, den ich mit Thorin hatte. Er stellte sich das alles so leicht vor. Klar, für ihn war es das so gesehen auch. Einmal rein. Einmal raus. Dann nur noch neun Monate warten. Und fertig. Wie es mir dabei ergehen würde, schien dem Zwergenkönig völlig egal zu sein. Er müsste ja nicht dieses zusätzliche Gewicht mit sich herumschleppen und würde auch nicht aufgehen wie ein Hefekloß. Wobei mir meine Figur eigentlich egal war. Ich war immer schon pummelig gewesen. Nur die Vorstellung, dass in mir etwas wachsen würde, das sich auch noch bewegte. Ja, eben etwas, das Leben bedeutete. Darüber schien er sich nicht wirklich im Klaren zu sein. Ebenso wie er sich an diesem Morgen keine Gedanken um meine Gefühle gemacht hatte, als er so ausgerastet war. Dementsprechend betreten seufzte ich auch, als mir diese Erinnerungen schmerzlich durch den Kopf schossen und nahm noch einmal mein Wasserglas um daran zu nippen. Auch um einen erneut aufkommenden Tränenfluss zu verhindern. Zum Glück wurde ich bald aus meinen trüben Gedanken heraus gerissen, als Marina sich wieder gefangen hatte und mir ein warmherziges Lächeln schenkte. "Also. Ich. Ich muss ja wirklich zugeben. Ihre Freunde sind einfach zu drollig", meinte sie noch immer glucksend und schob ihren Sohn ein wenig auf dem Arm zurecht. Ich nickte ihr höflich, aber gleichmütig zu. Denn ich behielt weiterhin, das anstehende Gespräch im Hinterkopf, dass zur Zeit eigentlich meine größte Sorge war. Doch schien diese Frau einen sechsten Sinn für Probleme zu haben, denn sie musterte mich einen Moment lang nach meinem Nicken bedächtig und legte dann mit fragender Miene den Kopf schief. "Fühlen Sie sich denn inzwischen besser?", hakte sie nach und schenkte mir erneut dieses unglaublich sonnige Lächeln. Ich brummte nur verlegen in mein Wasserglas hinein, bevor ich es absetzte und ihr antwortete. "Nun. Ja. Es geht. Denke ich", gab ich nuschelnd von mir. "Sie können sich gerne noch ein bisschen hier ausruhen, wenn Sie möchten. Und machen Sie sich keine Gedanken darum, dass Sie mir Umstände bereiten. Ich habe gerne Besuch. Besonders, wenn er so nett ist, wie der Herr Bofur", meinte sie und warf dem Zwerg mit der Mütze einen verstohlenen Blick zu, den dieser nach der Erwähnung seines Namens kurz auffing. Der Mützenzwerg war so überrascht davon, dass er sich ruckartig von seiner leidenden Position verabschiedete, aufrecht hinsetzte und die Schultern straffte. Dabei flog ihm ein verlegenes Grinsen über das Gesicht und ich meinte sogar hinter seinem Bart auf den Wangen zarte rosane Flecken erkennen zu können. "Na-Natürlich. Stets zu Diensten, Frau Marina", stammelte er leicht heiser und schlug sich dabei stolz mit einer Faust auf die breite Zwergenbrust. Das gewann mir nun ein kurzes verstohlenes Grinsen ab und ich schüttelte nur den Kopf. Es war einfach unglaublich. Das war nun Zwerg Nummer drei, der sich in eine Frau aus meiner Welt verguckt hatte. Gut, eigentlich Nummer vier, wenn man Ori mit rechnete. Nur hatte dieser weniger Glück bei der Frau gehabt, die sein Herz erwärmte. Nun ergab allerdings auch endlich der Satz am vergangenen Abend auf dem Balkon Sinn, als Bofur meinte, dass er zu gern in meiner Welt bleiben und sich da eine liebe Frau suchen würde. Natürlich war nicht nur mir aufgefallen, dass sich der Mützenzwerg unserer Gastgeberin gegenüber relativ auffällig verhielt. Die anderen Vier hatten nun ebenfalls ihre leidende Phase hinter sich gebracht und begann hinter vorgehaltener Hand zu kichern oder grinsten ebenso verstohlen hinter ihren Bärten wie ich. Oder sie machten es wie Nori und posaunten geradewegs das heraus, was ihnen bei seinem Anblick durch den Kopf ging. "Pass auf, dass es dir unter deinem Hut nicht zu warm wird, Bofur. Sonst fliegt er dir noch weg", warf er feixend durch den Raum. "Oh Mahal! Bitte nicht!", rief er hektisch aus, woraufhin sich der Mützenzwerg selbige fester auf seinen Schädel drücke. Dabei schob er sie zusätzlich unnötig tief über sein Gesicht, dass man bald nur noch Nase und Bart hervor lugen sehen konnte, was ihn noch alberner aussehen ließ. Das sorgte nicht nur bei seinen Freunden, sondern auch bei Marina und mir für erneutes Gelächter. Ich musste so heftig lachen, dass ich dabei nicht aufpasste und mit meinem Fuß gegen ein Bein des Glastisches stieß. Dummerweise hatte ich mein Wasser zu nah am Rand abgestellt, weshalb diesen umgehend den Halt verlor. Es gab ein kurzes Klirren und schon verteilten sich Scherben und Inhalt auf dem ganzen hellen Laminat. Etwas erschrocken davon, sprangen Kili, Fili und ich auf, doch da war es leider schon zu spät. "Oh weh. Das. Das tut mir leid", stammelte ich hektisch und wollte mich schon runter beugen, um das Malheur schnellst möglichst selbst einzusammeln. Auch Marina war indessen aufgesprungen, doch sah sie keineswegs verärgert oder böse deswegen aus. Nein. Sie gluckste noch immer. Vor allem da Bofur verwirrt und ziemlich blind den Kopf in alle Richtungen wandte, während er unentwegt fragte: "Was war das? Hab ich was kaputt gemacht?" "Nein, nein. Nur keine Sorge. Das passiert mir auch gelegentlich. Setzen Sie sich ruhig wieder hin", meinte sie und hob beschwichtigend eine Hand. "Ich. Ich kann Ihnen das ersetzten. Oh man, das tut mir echt leid. Soll ich vielleicht einen Staubsauger und was zum Aufwischen holen?", fragte ich immer noch hektisch und schaute mich etwas ratlos bei den Zwergen um. Doch als ich wieder zu ihr sah, schüttelte sie nur kichernd den Kopf und meinte: "Lassen Sie nur. Ich mach das schon. Sie können mir aber liebend gern Benni abnehmen, damit ich die Sachen besorgen kann." Marina hatte den Satz noch nicht einmal zu Ende gesprochen, da drückte sie mir auch schon über den Tisch hinweg das brabbelnde, sabbernde Kind in den Arm und verschwand zügig zurück ins Schlafzimmer. Völlig überrumpelt von ihrer spontanen Geste stand ich nun zwischen meinen beiden 'Brüdern' und bekam vorerst den Mund nicht wirklich zu. Auch diese waren so perplex, dass sie mich genauso verblüfft anstarrten, wie ich mich in diesem Augenblick fühlte. Na großartig. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Ausgerechnet mir musste sie ihren Sohn in die Arme drücken, wo ich mit Kindern so gar nicht im Reinen war. Zu allem Überfluss fing klein Benni auch noch an unruhig zu werden und gab die ersten Quängelgeräusche von sich, was mich zunehmend nervös werden ließ. Mit Sicherheit würde er jeden Augenblick anfangen los zu plärren. Oh weh. Warum immer ich? Ich musste schnell etwas unternehmen, sonst ginge mit Sicherheit das nächste Schreikonzert los. Nur was? Hilfesuchend blickte ich mich zunächst bei Kili und Fili um, die mich immer noch fassungslos anstarrten. "Hier, nimm du ihn, Fili", sagte ich und wollte den Kleinen schon weiter reichen. Doch dieser hob abwehrend die Hände. "Wah. Nein. Bist du verrückt? Ich will ihn nicht fallen lassen", sagte er und machte einen Schritt nach hinten. "Denkst du ich vielleicht?! Kili, was ist mit dir? Nimmst du ihn mir ab?", fragte ich und wandte mich zur anderen Seite. Doch auch dieser tat es seinem Bruder gleich und entgegnete: "In Durins Namen. Nein. Kommt ja nicht in Frage!" "Ja. Ich. Aber. Irgendwer...", stammelte ich panisch, wobei ich nun auch Nori und Ori kurz ins Auge fasste. Doch auch diese beiden schüttelten heftig die Bärte. "Nur nicht zu mir. Bleib mir damit vom Leib", raunte der Zwerg mit der Stachelfrisur und liebäugelte schon bei einem flüchtigen Schulterblick mit der Wohnungstür. "Ich. Ich. Ich hab keine Ahnung von Kindern", stotterte Ori betreten und machte sich auf seinem Sitzsack noch kleiner, als er ohnehin schon war. "Ab-aber... Bitte... ich... Hilfe", japste ich, doch da war es schon zu spät. Benni begann lauthals zu plärren und zu schreien, sodass es mir ordentlich in den Ohren schmerze. Doch konnte ich sie mir in dieser Situation unmöglich zu halten. Sofort fingen die Zwerge auch wieder an leidig zu stöhnen. "Mahal! Nicht schon wieder! Stell das Ding ab, Cuna!", fauchte Nori und warf mir einen beleidigten Blick zu. "Ja, wie denn! Verdammt!", brüllte ich ihn über das Geschrei hinweg an. Herrje. Wie sehr ich solche Momente doch hasste. Das war nicht meine Welt. Ich war nicht zur Mutter geeignet. Das war nun mehr als offensichtlich. Ich war hoffnungslos verloren, mit einem schreienden Kind auf dem Arm, welches ich nun selbst mehr aus Verzweiflung hin und her schaukelte und versuchte zu beruhigen. Allerdings bekam ich mehr und mehr den Eindruck, dass ich es nur schlimmer anstatt besser machte. Und Marina musste das gewiss schon im Schlafzimmer hören. Wo blieb sie nur so lange mit dem dämlichen Staubsauger?! Wer weiß, was sie wohl gerade dachte, wenn sie ihren Sohn so schreien hörte?! Hoffentlich glaubte sie nicht, dass ich den Jungen für irgendwelche schwarzmagischen Rituale oder so missbrauchte. Am liebsten hätte ich selbst drauf los geheult, da ich weder ein noch aus wusste. Doch schließlich nahte die Rettung in meiner Not. Bofur hatte sich inzwischen unter großer Mühe seine Mütze wieder aus dem Gesicht gezerrt und war von seinem Sessel aufgesprungen. Umgehend schob er Kili ein wenig beiseite und trat an mich heran, um mir behutsam einen Arm um die Schulter zu legen. "Cuna. Cuna. Ganz ruhig. Sieh mich an", sagte er mit ernstem Ton und ein wenig lauter, sodass ich ihn überhaupt hören konnte. Völlig aufgelöst und fast am Ende mit meinen armen Nerven hob ich den Blick und sah ihm in sein ernstes Gesicht. Er strahlte eine unglaubliche Ruhe und Gelassenheit aus, die mich angesichts meiner misslichen Lage kurz schlucken ließ. Dann versetzte er mir einen sanften Druck an der Schulter, womit er mich unweigerlich in Richtung seines Sitzplatzes komplementierte. Leicht zitternd und verunsichert gab ich seiner wortlosen Geste nach, bis ich fast davor stand. "Komm. Setz dich hier hin. Aber ganz langsam", meinte er und löste einen Moment den Arm um meine Schulter, damit ich Platz nehmen konnte. Doch konnte ich mich zunächst nicht wirklich dazu hinreißen lassen. Stattdessen sah ich ihn nur verwirrt an und stammelte: "Bofur. Bitte. Willst du ihn nicht. Vielleicht. Ich meine. Bei dir ist er ruhiger." Doch der Mützenzwerg schüttelte nur wie die anderen den Kopf. Allerdings aus anderen Gründen. "Nein. Das wirst du machen. Frau Marina hat ihn dir anvertraut. Du wirst ihn beruhigen. Jetzt setz dich hin", entgegnete er sachlich. Als ich jedoch immer noch keine Anstalten machte, mich hin zu setzten, drückte er mir sanft, aber energisch beide Hände auf die Schultern, womit er mich schlussendlich doch in den Sessel hinein zwang. Nun saß ich zwar, aber das machte meine Situation vorläufig immer noch nicht besser. "Was... Was soll ich denn jetzt machen?", quiekte ich ihm entgegen und hoffte indessen, dass er mir den Schreihals doch noch abnehmen würde. Allerdings machte er diese im nächsten Moment schon wieder zunichte, da er aus meinem Blickfeld verschwand, um sich hinter meine Sitzgelegenheit zu stellen. Er behielt weiterhin seine Hände auf meinen Schultern und fuhr im selben ruhigen Tonfall fort: "Ganz ruhig, Cuna. Ich bin bei dir. Lehn dich zurück und atme ein paar Mal ganz tief durch, ja?" "Jetzt sag mir nicht, dass ich wieder an was Schönes denken soll. Das hat vorhin auch nicht geholfen", entgegnete ich aufgebracht und wollte schon wieder aufspringen. Doch wie es bei jedem Zwerg so war, hielt er mich mit eisernem Griff davon ab, mich so zu bewegen, wie ich es in diesem Moment wollte. "Cuna. Du verkrampfst zu sehr. Der Junge spürt, dass du Angst hast. Deshalb schreit er auch so. Jetzt tu was ich dir gesagt habe. Vertrau mir", sagte er schon fast in einem ungewöhnlich barschem Befehlston, den ich in dieser Art noch nie von ihm gehört hatte. Vermutlich war es genau dieser Wortlaut, der mich mit einem Mal dazu bewog, seiner Anweisung stumm Folge zu leisten. Denn ich lehnte mich nun widerstandlos zurück und begann ganz langsam und leicht zitternd durch zu atmen. Der Mützenzwerg brummte hinter mir nach einer Weile zufrieden und gab mir in einem ruhigeren Ton weitere Anweisungen: "So ist gut. Wenn es dir hilf, dann schließ einen Moment die Augen. Du musst erst vollkommen ruhig werden. Lass die Arme lockerer. Drück den Kleinen nicht so fest an dich, sonst erstickt er noch. Er braucht ein wenig Platz." Wieder folgte ich gehorsam, auch wenn ich mir insgeheim unglaublich dämlich bei der ganzen Sache vor kam. Vor allem, als ich die Augen schloss, da ich mich nun ganz auf meinen Körper und den des Säuglings konzentrieren musste. Zumindest hatte ich durch den Mützenzwerg ein bisschen Halt und Unterstützung bei der Prozedur. Eines musste ich ihm dabei lassen. Er wusste genau, wie ich mich richtig zu verhalten hatte. Doch irgendwie hätte ich mir in diesem Augenblick gewünscht, dass nicht er, sondern Thorin an meiner Seite stand, um mich anzuleiten. Obwohl es im Moment sehr makaber war, mir dies zu wünschen, wo ich ihn auf der anderen Seite auch wieder nicht da haben wollte. Und doch. So sehr ich Bofur nun mein ganzes Vertrauen schenkte, es war einfach nicht das Selbe. Wehmut breitete sich in meiner Brust aus. Wehmut und Frust. Beides schien mich buchstäblich zu überwältigen, als ich spürte und auch hörte, wie Benni immer ruhiger wurde, nachdem sich meine Arme wie von selbst lockerten. Nun löste sich der Mützenzwerg von meinen Schultern und hockte sich spürbar neben den Sessel, wobei er mit einigen vorsichtigen Handgriffen meine Arme noch etwas mehr zurecht rückte. "Wunderbar. Das machst du wirklich gut. Jetzt kannst du ihn ganz behutsam schaukeln", meinte er und ich führte seine Anweisung erneut aus. Langsam, aber stetig verstummte das Gequängel und wich einem friedlichen, sinnfreiem Gebrabbel. Nun konnte ich aus dem ganzen Raum auch wieder die Stimme der anderen Zwerge hören, die ungläubig vor sich hin murmelten. "Bei Durins Bart", stieß Nori mit ehrfürchtigem Flüstern hervor. "Oh Cuna. Wenn du dich gerade sehen könntest", murmelte Fili, der zusätzlich noch ein belustigtes Schnauben von sich gab. "Ich. Ich will mich gerade gar nicht sehen. Ich will überhaupt nichts sehen", erwiderte ich mit leicht belegter und recht hoher Stimmlage. Ich fühlte mich unsagbar schlecht. Das war irgendwie nicht Meins. Mal so gar nicht. Denn es rüttelte an Dingen, die ich versuchte zu verdrängen. Gefühle, die ich nicht zulassen wollte. Und doch wurden sie von Sekunde zu Sekunde stärker. Doch konnte ich sie noch nicht ganz begreifen. Ich verstand nicht, wieso ich mit einem Mal ohne Bofurs Hilfe von selbst meine Position wechselte, damit der Kleine es noch bequemer hatte. Was war es nur? Dieses Empfinden, das plötzlich mein ganzes Wesen einnahm? Woher kam auf einmal diese Gelassenheit? Die Geborgenheit? Die Ruhe? Ja, sogar die Freude, die sich mit einem zögerlichen, aber immer deutlicher werdenden Lächeln auf meinem Gesicht abzeichnete? Noch immer hatte ich die Augen fest verschlossen und fühlte nur, das zerbrechlich wirkende, kleine Wesen, das sich brabbelnd in meiner Armbeuge wand. Ich konnte spüren, wie sich mein Herzschlag nach der ganzen Aufregung beruhigte und dennoch unglaublich schnell in meiner Brust pochte. Ich atmete immer noch sehr tief durch. Fühlte die Wärme des kleinen Wesens. Und dann waren sie plötzlich da. Bilder. Tausende von Bildern überfluteten meinen Geist. Eines schöner als das Andere. Zunächst konnte ich mich selbst sehen, wie ich im Badezimmer meines Apartments stand und ungläubig auf einen positiven Schwangerschaftstest starrte. Auf dem nächsten befand ich mich bereits in der Wohnung und hielt diesen Thorin unter die Nase, der mich daraufhin an den Hüften packte und lachend mehrere Male um sich herum im Kreis drehte. Dann waren da die ersten Besuche beim Frauenarzt, wo ich und der Zwergenkönig gemeinsam, die Ultraschallbilder unseres Nachwuchses in Augenschein nahmen. Davor schob sich das Nächste. Ich mit einem inzwischen prallen, runden Bauch, in dem es ganz behutsam zu klopfen schien, während mein Zukünftiger ungläubig die Hände darauf legte, bevor er mich anstrahlte und wir uns liebevoll küssten. Dann sah ich ein Krankenhauszimmer. Ein Bett in dem ich selbst lag. Wo ich nach Leibeskräften und unter Anleitung der Ärzte und Schwestern versuchte mein Kind zur Welt zu bringen. Und wieder war Thorin an meiner Seite. Er hielt meine Hand. Wich keinen Zentimeter von mir ab. Gab mir Anweisungen. Stand mir in jeder einzelnen Sekunde bei, die ich unter großen Schmerzen verbrachte. Danach wurde alles ein wenig verschwommen. Mein Geist schien sich über die weiteren Abfolgen etwas uneinig zu sein. Mal sah ich ein Mädchen mit rabenschwarzen Haar und Eisblauen Augen, dass lachend auf den Schultern seines Vaters saß. Dann einen Jungen, der dem Mädchen sehr ähnlich war. Dieser versuchte mit einem Holzschwert gegen einen Plüschdrachen zu kämpfen, welchen ich ihm zu Weihnachten schenkte. Danach sah ich sogar mehr als nur ein Kind. Zwillinge. Drillinge. Mein Verstand schien innerhalb von Nanosekunden regelrecht Amok zu laufen. Alles drehte sich in meinem Kopf, sodass mir fast schon wieder schlecht wurde. Die Flut an Bildern war einfach zu übermächtig. Zum Glück bemerkten die Zwerge dies rechtzeitig, weshalb Kili begann mich an meiner linken Schulter zu rütteln. "Cuna? Cuna, was hast du? Geht es dir nicht gut?", fragte er besorgt. "Ich. Ich fühl mich so komisch. Das. Das ist so... unglaublich... sch...schön...", gab ich nuschelnd von mir, wobei mir durch sein Rütteln der Kopf ein wenig auf die Brust sank. "Schön? Was in Durins Namen... Bofur, was hast du mit ihr angestellt?!", kam es leicht vorwurfsvoll von Fili. "Ich habe gar nichts getan", entgegnete er und legte mir vorsichtig eine Hand von den Oberschenkel. "Du hast die ganze Zeit auf sie eingeredet. Und nun lächelt sie unentwegt, als hätte sie den Verstand verloren", fuhr ihn Nori ungehalten aus dem Hintergrund an. "Ich schwöre es euch. Ich weiß nicht, was sie plötzlich hat", rief der Mützenzwerg nach hinten, wobei auch seine Stimme langsam nervöser wurde. "Kannst. Kannst du nicht irgendwie machen, dass sie wieder damit aufhört? Sie. Sie macht mir Angst", begann Ori zu jammern. "Wie? Ich weiß ja nicht mal was sie hat?", erwiderte Bofur ziemlich ratlos. "Mutterinstinkte", drang es mit einem Mal ganz unverhofft an meine Ohren. Die Stimme unserer Gastgeberin wehte urplötzlich so sanft und doch so direkt durch den Raum, dass ich erschrocken den Kopf hob und ruckartig die Augenlider öffnete. Schlagartig verschwanden die schönen warmen Bilder aus meinem Bewusstsein und wichen dabei der eiskalten Realität. Genau der grausamen Realität, wo ich kein glückliches Familiendasein führte und Thorin und ich miteinander keine Probleme hatten. Denn dort musste in wenigen Stunden eine schwere Entscheidung getroffen werden. Liebe oder Leid. - 90. Baby-Blues / ENDE - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)