Diesem Einen will ich #Follow von Virdra-sama (Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?) ================================================================================ Kapitel 87: 87. Kili's Geschichte --------------------------------- Unschlüssig und von einem Bein aufs andere tretend, stand der junge, dunkelhaarige Zwerg vor Bofur, Ori, seinem Bruder und mir. Er wirkte unentschlossen. Haderte weiterhin mit sich selbst, ob er wirklich erzählen sollte, was genau im Reich der Götter vorgefallen war. Offenbar betraf es dabei nicht nur seinen Onkel, sondern wohl auch ihn selbst. Zumindest hatte ich das so im Gefühl. Denn er seufzte immer wieder, als er versuchte einen Anfang zu finden und schüttelte dann betreten den Kopf. Doch ich musste unbedingt erfahren, was geschehen war, nachdem sie meine Freunde und mich vor über einem Monat an einem verregneten Morgen nahe der Zeltstadt zurück gelassen hatten. "Kili. Wenn es dir hilft. Vielleicht fängst du ganz von Vorne an", meinte ich schließlich, nachdem er nun zum x-ten Mal den Mund öffnete und nur ein Seufzen von sich gab. "Von. Von Vorne? Also. Also gut", meinte er dann und atmete noch mal tief ein, ehe er fort fuhr, "Also ich wurde seinerzeit in den Ered Luin geboren. Mein Vater war Vili, meine Mutter Dis, Thorins Schwester." Ich hob leicht verwirrt die Augenbrauen, als er plötzlich so früh am Anfang startete und musste ihn dementsprechend ruhig, wenn auch leicht belustigt unterbrechen. "Ähm.. Kili. Kili, warte mal. Nicht so früh am Anfang. Erzähl uns einfach was passiert ist, nachdem ihr zurück im Reich der Götter wart. Also ab dem Zeitpunkt, als ihr meine Welt wieder verlassen habt", meinte ich und hob beschwichtigend eine Hand. Daraufhin stoppte er mitten im Satz und schluckte leicht verlegen. Dann kratzte er sich kurz am Hinterkopf und gab wieder einen seiner Seufzer von sich. "Nun. Nun denn. Als wir zurück kamen. Ja. Also, das war so. Wir erreichten die Insel der Götter kurz nach dem Morgengrauen. Wir standen mitten am Strand des ewigen Meeres. Danach sind wir umgehend zu unseren Unterkünften aufgebrochen. Direkt nach unserer Ankunft, kam uns bereits Gandalf entgegen. Du musst wissen, wir waren schon weit länger fort gewesen, als nur die zwei Wochen, die wir hier verbrachten. Der Zauberer war sichtlich aufgebracht und bestürmte uns sofort mit Fragen, wo wir abgeblieben seien. Natürlich haben wir kein Wort über das verloren, was wir getan hatten. Aber er schien bereits zu wissen, dass etwas Bedeutsames vorgefallen sein musste. Er hat uns zwar zunächst in Ruhe gelassen, nachdem er von uns nichts erfahren hat, aber er muss uns und vor allem unseren Onkel die ganze Zeit über im Auge behalten haben. Jedenfalls, hat sich Thorin direkt in seine Geschäfte gestürzt, als wir die Sachen wieder verstaut und eingeräumt hatten. Wir haben ihn, außer bei den Mahlzeiten kaum zu Gesicht bekommen. Aber das war nichts Ungewöhnliches. So war er schon immer. Er tat, was er tun musste und wir taten was wir tun mussten. Doch nach fünf Tagen ließ er uns alle plötzlich zusammen kommen. Ich denke, du weißt warum", erzählte er und machte da eine kleine Pause in der ich ihm verstehend zu nickte. "Ja. Gandalf hat mir davon erzählt. Er hat ihn erwischt, wie er unser gemeinsames Foto betrachtet hat und wollte mit mir sprechen. Deshalb war er zusammen mit Bofur bei mir", meinte ich und Kili nickte. "Was wollte Gandalf eigentlich von dir? Uns hat man nichts von dem Gespräch erzählt", warf Ori unwillkürlich ein und musterte mich aufmerksam. Ich zuckte nur gelassen mit den Schultern. "Nun ja. Er wollte mich kennen lernen und feststellen, ob ich auch Vertrauenswürdig bin. Außerdem schien er auch eine versteckte Warnung, was Thorins Temperament anging, an mich weiter gegeben zu haben. Tja. Hätte ich mal auf ihn gehört. Aber gut. Reden wir nicht von mir. Wie ging es denn weiter, nachdem Bofur wieder zurück war?", fragte ich nach meiner kurzen Erklärung und sah den jungen Zwerg vor mir erneut aufmerksam an. Doch dazu meldete sich der Zwerg mit der Mütze zu Wort, der neben mir saß und diese wieder auf seinen Kopf verpflanzte. "Das kann ich dir erzählen. Nun ich kam zurück zu Thorin und habe ihm deine Nachricht überbracht. Er war darüber wirklich sehr erfreut und hat mich gefragt, was du in dieser Zeit getan und erledigt hast. Nachdem ich diesen Markt erwähnte und das es dort mit diesem einen Händler zu einem Zwischenfall gekommen war, wurde er ein bisschen ausfallend. Aber sei unbesorgt. Er hat dabei mehr über Gandalf geschimpft, als über dich. Meinte nur, dass er nichts Anderes von dir erwartet hätte und du so unvernünftig wie eh und je wärst", erklärte Bofur sachlich, was mich doch ein wenig zum Schmunzeln brachte. Ja, damit hatte der Zwergenkönig wohl nicht ganz unrecht. Er hatte ja genug Gelegenheiten, das mit eigenen Augen sehen und am eigenen Leib zu spüren zu bekommen. So gesehen, kannte er mich inzwischen ziemlich gut, um zu wissen, dass ich Zeitweilig eben keine Möglichkeit aus ließ, mich in Schwierigkeiten zu bringen. Dass er nach Bofurs Bericht entsprechend reagiert hatte, konnte ich mir sogar Bildlich vorstellen. Er hatte bestimmt tief geseufzt, sich mit einer Hand über sein Gesicht gestrichen und den Kopf geschüttelt. Und wie er über Gandalf geschimpft hatte, wollte ich mir schon gar nicht ausmalen. Doch das interessierte mich zu diesem Zeitpunkt reichlich wenig. Denn da schien er ja noch für seine Verhältnisse halbwegs Normal gewesen zu sein. Deshalb wandte ich mich von dem Zwerg mit der Mütze wieder ab und musterte Kili erneut, der für einen kurzen Augenblick wohl dankbar gewesen war, nicht weiter erzählen zu müssen. Aber als er meinen Blick auffing, wurde er zusehends wieder angespannter. "Wie gings denn danach weiter? Ich meine, dass er über Gandalf und mich geschimpft hat, wird ihn ja wohl nicht so verändert haben", meinte ich ruhig. "Nein. Das nicht. Aber du musst wissen. Als Bofur und Gandalf zurück kamen, verbreitete sich das Gerücht, dass der König der Zwerge sich eine gewöhnliche Menschenfrau zur Braut erwählt hatte, wie ein Leuchtfeuer. Und auch, dass sie kein Wesen von Arda war. Du kannst dir nicht vorstellen, wie die Elben plötzlich hinter vorgehaltenen Händen über uns geredet haben. Und über dich", kam es dann aber von Ori, der sich eine Spur von Ärger in der Stimme nicht verkneifen konnte. Ich zuckte dahingehend nur lässig mit den Schultern. "Na und? Sollen diese wandelnden Glühwürmchen auf zwei Beinen doch über mich sagen was sie wollen. Sie haben mich nie so kennen gelernt wie ihr und werden das zukünftig hoffentlich auch nicht", meinte ich und sah den dunkelblonden Zwerg kurz beschwichtigend an. Dieser schnaubte einen Moment lang und ließ die Sache auf sich beruhen. Auch wenn er wohl meine Sicht der Dinge nicht so ganz nachvollziehen konnte. Für ihn war es wohl eine Ungeheuerlichkeit, wenn andere schlecht über mich redeten. Ich hingegen war es von Natur aus nicht anders gewohnt. Aber ich hatte in meiner Welt gelernt damit umzugehen. Daher konnte ich mit Fug und Recht behaupten, was so einige hochnäsige Spitzohren über mich herum tuschelten, tangierte mich nur periphere. Oder auf gut Deutsch, es ging mir am Allerwertesten vorbei. Doch ging meine kleine Bemerkung nicht ganz an Kili vorbei, der mich ein wenig missmutig ansah. Dementsprechend grantig fuhr er dann mit seiner Erzählung fort, ohne dass ich ihn weiter dazu ermutigen musste. "Du verkennst die Elben, Cuna. Sie sind keineswegs so wie du denkst. Sie sind anders. Genauso wie du und ich anders sind. Sie leben zwar lieber nur für sich, aber sie können einem auch gute Freunde sein. Und ich habe im Reich der Götter viele Freunde unter ihnen gefunden. Welche, die nicht nur schlecht über dich gesprochen haben. Und jenen, die es getan haben, konnte ich von Gegenteil überzeugen. Ein paar von ihnen waren sogar sehr interessiert daran, wie deine Welt so ist und wie man hier lebt. Ich konnte ihnen zwar nicht viel darüber sagen, dafür aber zumindest einmal die Kleidung zeigen, die man hier trägt. Du wirst nicht glauben, wie angetan sie von diesen eigentümlichen Stoffen waren. Gut, sie haben nicht wirklich verstanden, warum man so etwas tragen sollte. Aber es hat ihnen gefallen", meinte er und ich konnte sogar auf die Entfernung hinweg erkennen, wie seine rehbraunen Augen kurz begannen vor Stolz zu leuchten. "Du hängst wohl viel mit den Elben ab, oder?", hakte ich ein wenig salopp nach, woraufhin er mich irritiert musterte. "Nein. Nun. Wir hängen nirgendwo herum. Wir klettern zwar gelegentlich auf die Bäume und betreiben unsere Wettkämpfe, wer es schafft sich am längsten von den Ästen hängen zu lassen. Aber eigentlich unterhalten wir uns sehr viel", meinte er und zuckte kurz lässig mit den Schultern. "Worüber redet man denn mit Elben so?", fragte ich, da er mich nun doch ziemlich neugierig gemacht hatte. Schließlich bekam man nicht jeden Tag von irgendwem aus Mittelerde Besuch, der mit den Wesen, die unter dem Sternenlicht geboren worden waren, zu tun hatte. Dabei behielt ich aber immer noch die Sache mit dem Zwergenkönig im Hinterkopf. Denn irgendwie hatte ich das ungute Gefühl, dass es vielleicht zusammen hängen konnte. Wobei ich mir allerdings im Nachhinein lieber auf die Zunge gebissen hätte. Denn ich konnte nicht ahnen, was ich mit dieser Frage alles los trat. Weil nicht Kili es war, der mir antwortete, sondern sein Bruder, der das Tuch an meinem Kopf kurz wendete, um es danach weiter auf die Wunde zu pressen. "Glaube mir, so viel Interessantes haben die Elben dort nicht zu erzählen. Und Kili hat auch nicht ohne Hintergedanken mit ihnen angebandelt", sagte dieser leicht stichelnd, woraufhin sein jüngerer Bruder ein verärgertes Knurren von sich gab. "Na und? Was ist daran so falsch, Fili? Ich suche SIE eben immer noch. Und ich weiß, dass sie noch lebt. Ganz gleich was du oder Onkel sagen", fauchte er ihn an, wobei er seinen Bruder scharf ins Auge fasste. Ich musste einen Moment lang schlucken, als ich zwischen den Beiden hin und her sah. Es ging offensichtlich um etwas sehr Privates. Und offensichtlich um eine gewisse Elbin mit kupferrotem Haar und grüner Kleidung. Ich wusste zwar nicht, was mit Tauriel nach der Schlacht der fünf Heere geschehen war, außer dass sie von ihrem König verbannt wurde. Aber wie es aussah, hatte die Elbin ihren Weg nach Valinor nie gefunden. Und das ließ für mich nur den unangenehmen Schluss zu, dass sie wohl irgendwann in der Zeit zwischen der Schlacht und dem letzten Ringkrieg gestorben sein musste oder eben das letzte Schiff verpasst hatte. Aber aufgrund der widerkehrenden, aufgeheizten Stimmung in meinem Umfeld, beschloss ich mich einzuschalten, um nicht noch einen weiteren Familienzwist im Hause Eichenschild zu verursachen. Einer war schon schlimm genug und diesen hatte ich ja auszubaden. Was mir auch das kurze Schwindelgefühl bestätigte, dass sich bei mir anbahnte. Doch ich versuchte es so gut ich konnte zu ignorieren und hob langsam die Hände. "Jungs, Jungs. Ganz ruhig. Ist gut. Ich habs verstanden. Kili findet Elben super toll und der Rest eben nicht so. Kommen wir doch lieber zu dem Punkt zurück, an dem sich Thorin verändert hat, ja?", warf ich mit versöhnlichem Ton ein, als der dunkelhaarige Bursche kurz etwas ungehalten mit seinen Stiefeln auf den Pflastersteinen herum scharrte. "Nun. Das hatte wahrscheinlich auch mit einem Elben zu tun", meinte Bofur ruhig und legte mir kurz eine Hand auf den Oberschenkel. Ein wenig verwirrt drehte ich langsam meinen Kopf in seine Richtung und runzelte die Stirn. "Du meinst sicher einen ganz bestimmten Elben, oder?", hakte ich nach und hätte mir diese Frage auch sparen können. Denn nun antworteten sie alle im Chor mit nur einem einzigen Namen: "Thranduil." Ich seufzte kurz und nickte matt. Natürlich. Wer sonst, wenn nicht der König des Düsterwalds. Die beiden Monarchen waren sich ja seit dem Smaugvorfall schon nicht ganz grün gewesen. Was aber wohl im Götterreich vorgefallen war, dass bei Thorin so einen Wandel verursacht haben konnte, war dann doch sehr spannend. Es musste aber schon etwas ziemlich Krasses vorgefallen sein, dass sich der kleine dunkelhaarige Mann von dem schlaksigen Blondschopf mit dem Gemüse auf dem Haupthaar derartig hatte provozieren lassen. So sah ich mich kurz in unserer kleinen Runde um, bis ich wieder bei Kili angelangt war, der wohl in Gedanken etwas in der Tasche seiner Leinenhose umklammert hielt. Dieser seufzte einmal mehr und schüttelte dann den Kopf, nachdem er meinen Blick auffing. Sagte aber zunächst nichts weiter, bis ich etwas genauer nachfragte: "Er hat sich also mit Thorin gestritten, nehme ich an?" Nun schnaubte Kili zum ersten Mal verächtlich und warf mir einen vielsagenden Blick zu, ehe er antwortete: "Gestritten ist da nicht das richtige Wort. Er hat Thorin die ganze Zeit über Vorhaltungen gemacht, wie Stolz Durins Volk doch eigentlich immer gewesen sei und dass es für ihn, als der König der Zwerge, doch eine wahre Zumutung wäre sich einer Menschenfrau anzunehmen, die er sowieso viel zu früh zu Grabe tragen müsse. Außerdem meinte er, dass er es niemals schaffen würde ein so unbeständiges Wesen an seiner Seite zu halten, da du, Cuna, ihn sicherlich früher oder später für einen angemesseneren Gefährten, von wahrer ‘Größe’, sitzen lassen würdest. Und das Wort 'Größe' hatte er noch einmal besonders betont. Daraufhin ist unser Onkel richtig ausfallend geworden. Hat ihn angeschrien, dass er, Thranduil, nicht wüsste was er da sage, und dass er selbst zumindest besser wisse, wie man eine Frau vor dem sicheren Tod bewahren und beschützen konnte, in Gegensatz zu einem hochnäsigen Elbenkönig." Wieder pausierte Kili und verzog leicht angewidert den Mund. Wobei ich nicht wusste, ob es nun wegen seinem Onkel oder der Bemerkung des Elbenkönigs, mich betreffend, war. Doch so genau wollte ich in diese Zwerg-Elben-Diskussion nicht hinein gezogen werden. Diese ging ja bereits seit Jahrtausenden in der Zeitrechnung Mittelerdes von statten und würde wohl genauso wenig zu einen Nenner kommen, wie alle Religionen meiner Welt unter einen Hut zu kriegen. Da hatte Jeder eben seine Meinung und diese waren sehr tief und festgefahren. Von daher galt ab diesem Punkt für mich, nicht weiter darin herum zu bohren, sondern einfach zum nächsten Punkt zu kommen. Denn Offenbar wussten sie alle von dem heftigen Streit. Mir war es allerdings wichtiger zu erfahren, was eben nicht alle wussten. Und dazu kam Kili auch prompt, nachdem sich seine Hand in der Hosentasche immer wieder lockerte und zusammen zog. "Jedenfalls. Nachdem sich die Beiden lauthals von einander verabschiedet hatten, hat sich Thorin noch mehr in seine Geschäfte gestürzt als zuvor. Wir bekamen ihn kaum mehr zu Gesicht. Er ließ fast jede Mahlzeit ausfallen. Hat nur noch wenig geschlafen und wurde von Mal zu Mal gereizter. Selbst wenn man ihm nur einen guten Morgen wünschte. Er. Er hatte wieder diesen eigenwilligen Ausdruck in den Augen. Wie damals, nachdem wir ihn im Erebor gefunden hatten. Als er. Von der Drachenkrankeit besessen war. Zumindest kam es mir so vor", meinte er und begann bedrückt zu schlucken. "Glaub mir. Nicht nur du hast das bemerkt. Er ist irgendwann auf uns zu gekommen und hat uns angebrüllt, wie respektlos es ihm gegenüber wäre, wenn wir Cuna weiterhin nur bei ihrem Namen nennen und nicht eben mit 'Königin' von ihr sprachen", meinte Bofur und gab ein bedrücktes Seufzen von sich. Ori schwieg nur und schüttelte den Kopf. Als ich ihre Reaktion sah, überkam mich eine leichte Unruhe. Dass der dumme Kommentar eines Elbenkönigs ausreichen konnte, um Thorins ganze Persönlichkeit einfach so um hundertachtzig Grad zu drehen, überstieg ein wenig meine Vorstellungskraft. Und doch war es schon irgendwie denkbar. Jedenfalls nachdem was mir aus dem Gespräch mit Gandalf wieder in den Sinn kam. Nämlich, dass Zwerge eigentlich nie über ihre Frauen sprachen. Und schon gar nicht in aller Öffentlichkeit. Von daher war dies wohl ein direkter Angriff auf Thorins ach so heiß geliebtes Ego gewesen. "Also. Ist Thranduil dran schuld, dass er so ausgerastete ist?", hakte ich kurz nach und sah mich wieder in der Runde um. Kili gab ein sehr hohles Lachen von sich, was mich dann doch wieder verwirrte. "Ist er nicht?", fragte ich dann, als er immer noch lachte. "Sagen wir es mal so. Thranduil war der Auslöser seines wiedergekehrten Wahnsinns. Aber hinter seinem Verhalten dir gegenüber, steckt ein anderer", grollte der dunkelhaarige Junge und seine sonst so jugendhafte, freche Miene verfinsterte sich schlagartig. Auch die Hand in seiner Hosentasche verkrampfte sich leicht. "Wer?", fragte ich und nun war die Stelle der Geschichte endlich erreicht, an der mir lediglich Kili noch weiter helfen konnte. "Gloin", sagte er schlicht und nicht nur mir, sondern auch den Anderen klappten die Kiefer einige Etagen nach unten. "Gloin?", kam es von Fili, Ori und Bofur gleichzeitig entsetzt. Kili nickte nur und ließ die Schultern hängen. "Bist. Bist du dir ganz sicher, Kili?", fragte sein Bruder und runzelte leicht zweifelnd die Stirn. "Ich weiß doch, was ich gehört habe", entgegnete dieser barsch und fing an vor uns auf und ab zu gehen. Er war sichtlich nervös. Fahrig und so angespannt wie nie zuvor. Offenbar konnte oder wollte er selbst nicht ganz seinen eigenen Ohren und Worten Glauben schenken. Denn er fuhr reichlich verunsichert und nachdenklich mit seiner Erzählung fort. "Ich. Ich saß eines Tages am Strand. Hinter einem der großen Felsen. Mein. Mein Lieblingsplatz wenn ich Ruhe gebraucht habe. Mit Blick nach Osten. Für den Fall, dass.... Nun ja, ist auch egal. Wichtig ist, dass sich zu dem Zeitpunkt plötzlich Gloin und Thorin auf der anderen Seite des Felsen befanden und sich recht laut miteinander unterhielten", erzählte er und starrte dabei zu Boden. "Worüber haben sie denn gesprochen?", fragte ich ruhig. "Na. Über dich, Cuna. Vermutlich wäre es mir gar nicht aufgefallen, wenn unser Onkel nicht plötzlich laut geworden wäre. Denn er sagte so etwas wie, wie kannst du es nur wagen mir zu sagen, dass dieses blondgelockte Kahlgesicht, mit dem was er sagt, recht hat. Daraufhin meine Gloin nur, dass Thorin doch noch einmal genau nachdenken solle. Schließlich wärst du, Cuna, immer noch ein Mensch. Noch dazu ein Mensch aus einer anderen Welt. Wir wüssten alle gar nichts von dir und ob man dir wirklich trauen könnte. Doch wenn du den Menschen Ardas in gewisser Weise ähnlich wärest, dann könnte sich Thorin durchaus Sorgen darum machen, ob es überhaupt möglich sei, dich als Königin zu halten", meinte Kili und gestikulierte mit einer Hand in der Luft herum. Dabei versuchte er sogar die Stimmen soweit zu verstellen, dass man die seines Onkel und von Gloin in etwa wieder erkannte. Ich schnaubte einmal kurz und verzog beleidigt den Mund. "Und das hat Thorin geglaubt?", fragte ich ohne den Anflug von Ärger in meiner Stimme zu verbergen. Doch der dunkelhaarige Junge schüttelte zur Antwort den Kopf. "Nein. Das nicht. Thorin ist daraufhin wieder laut geworden und meinte, Gloin wüsste nicht was er da sage. Du wärst vertrauenswürdig und könntest ihn niemals so hintergehen. Er habe vollstes Vertrauen in dich. Doch daraufhin gab Gloin ihm zu bedenken, dass das am Anfang einer guten Ehe immer so sei. Junge Liebe sei noch blind und schütze nicht vor dem aufkommenden Alltag. Er habe dies bei einigen Menschen schon mal beobachtet. Es würde zeitweilen unter deinesgleichen dazu kommen, dass man dem Partner einfach überdrüssig wird, weil gerade die Frau häufig nicht die gerechte Erfüllung darin finde", erklärte er sachlich. Ich konnte nur einen Moment lang die Backen aufblasen und diese Sache ab nicken. Gut, damit hatte Gloin nicht ganz unrecht. Das kam bei Menschen tatsächlich sehr häufig vor. Ob nun in Arda oder eben in meiner Welt. Offenbar waren wir Menschen uns überall ähnlich. Wobei die Langeweile in einer Beziehung häufig nicht nur daran lag, dass man das Gesicht des Anderen nicht mehr ertragen könnte, sondern einfach die Umstände vielleicht nicht mehr passten, oder eben auf zwischenkörperlicher Ebene nichts mehr lief. Sprich, Flaute im Bett. Aber ich kannte ja in diesen modernen Zeiten so meine kleinen Abhilfen für solche Phasen. Ich war ja auch immer wieder offen für Neues, was man in eine bestehende Verbindung bringen konnte. Also unter derartiger Langeweile hatte ich mit meinem ersten Mann nie gelitten. Wenn er nicht wollte, verschaffte ich mir grundlegend selbst Abhilfe. Doch schien es bei den Zwergen am Strand um etwas weit Anderes gegangen zu sein. So fragte ich erneut nach, als Kili in nachdenkliches Schweigen verfiel: "Was hat Thorin dann getan? Hat er dem Widersprochen?" "Nun. Zuerst hat er nichts gesagt. Er hat sehr lange überlegt. Dann fragte er Gloin plötzlich, ob dieser nicht vielleicht einen guten Rat für ihn hätte, wie er dich dazu bekäme, nicht in diese Langeweile zu verfallen und überhaupt einen Gedanken an etwas anderes zu verschwenden", erklärte er und machte erneut eine Pause. Sein Gesicht verfinsterte sich noch weiter und er blieb abrupft stehen. Ich schluckte einen Moment und hatte bereits Angst davor zu fragen, was der rothaarige Zwerg meinem Zukünftigen wohl an Ratschlägen erteil hatte. Denn nicht nur allein dadurch drehte sich mein Magen schon auf links. Das anhaltende Schwindelgefühl in meinem Kopf tat das Ihrige dazu. So langsam fragte ich mich nämlich auch, ob es wirklich klug gewesen war auf diesen Spielplatz zu gehen, da niemand von den anderen Männern wusste wo wir waren. Und so langsam machte sich der Blutverlust durch meine Kopfwunde bemerkbar. Diese pochte und zwickte recht schmerzhaft, obwohl Fili sich alle Mühe gab nicht zu fest dagegen zu drücken. Trotzdem musste ich noch eine Weile dagegen ankämpfen. Ich wollte unbedingt erfahren, was weiter geschehen war. Zumindest nahm mir Ori die entscheidende Frage ab, der Kili neugierig musterte. "Was hat Gloin ihm denn geraten?", hakte er vorsichtig nach, da es ihm wohl auf der einen Seite auch unangenehm war, die Wahrheit zu erfahren. Der dunkelhaarige Bursche schüttelte wie so oft an diesem Morgen mit seiner langen Mähne, wobei ihm einige Strähnen seines Haares ins Gesicht fielen, sodass es fast gänzlich verdeckt war. Dann atmete er bedächtig, aber leicht zittrig durch und erzählte weiter. Allerdings kam er nicht umhin, dabei etwas vor sich herum zu drucksen. "Gloin. Nun. Also. Er. Er sagte, es wäre ratsam. Wenn Thorin dich, Cuna, wirklich halten wolle. Müsste er dir zum einen Wohlwollend, aber auf der anderen Seite auch mit harter Hand begegnen. Sprich Onkel sollte dir Geschenke machen, wenn du etwas richtig gemacht hast. Also etwas was ihm gefallen würde. Wenn du aber etwas tun würdest, was ihm missfiel, solle er dir das wieder weg nehmen. Als kleine Strafe, weil du dich als seine Frau gegen ihn gestellt und seine Meinungen und Entscheidungen untergraben hast. Außerdem meinte er, dass es gut wäre, wenn Thorin seinen Geschäften nach ginge, dass jemand im Hause war, der auf dich und deine Handlungen ein Auge hätte. Sodass du dich nicht doch heimlich an jemand anderen bindest", meinte er und konnte dieses Mal seine Abscheu über diesen Ratschlag nicht verbergen. Denn er spuckte einfach wütend und frustriert auf den Boden neben dem Sandkasten. Nun konnte ich nur noch ein leidiges Stöhnen von mir geben, den Kopf ganz tief senken und mein geschundenes Gesicht in die Hände legen. Was allerdings Fili und Bofur leicht erschreckte, die mich umgehend fast hielten, damit ich nicht nach Vorne über kippte. Sie dachten wohl, ich würde gerade in Ohnmacht fallen. Gut, danach war mir definitiv zu mute. Aber ich konnte es mir nicht leisten. Dafür war die Sache zu verstörend. Ich wusste in dem Moment, als mir Kili diese Einzelheiten erklärte, was genau der rothaarige Zwerg damit bezwecken wollte und schließlich auch angerichtet hatte. Dementsprechend fluchte ich vor mich hin und kommentierte das Ganze ziemlich gereizt. "Oh mein Gott. Verdammt. Zuckerbrot und Peitsche", raunte ich und fuhr mit beiden Händen über das Gesicht. "Was? Was ist, Cuna? Ist dir noch wohl? Willst du dich hinlegen?", fragte Fili prompt und Bofur versuchte mich mit einem festen Griff an der linken Schulter wieder auf zu richten. Ich seufzte aber nur einmal kurz und schüttelte bedächtig den Kopf. "Nein. Es. Es geht schon, Fili. Aber jetzt verstehe ich endlich, was mit ihm los ist, seit er wiedergekommen ist. Das ist ja wirklich. Also. Mir fehlen die Worte", raunte ich und hob den Blick. "Wie meinst du das? Ich verstehe es noch nicht ganz. Was ist Zuckerbrot und Peitsche? Sind das Schimpfwörter?", fragte Bofur und tätschelte mir vorsichtig und ruhig die Schulter. Vorsichtig wendete ich mich zu dem Zwerg mit der Mütze, der mich besorgt und verwirrt musterte. Offenbar hatten sie keinen Namen für diese Art von Behandlung einer Frau. Und wie es aussah, war es vielleicht sogar Gang und Gebe in Mittelerde dieses unmenschliche Prinzip anzuwenden. Daher war ich auch unschlüssig ob es sich lohnte den Jungs zu erklären, was es mit meiner Andeutung auf sich hatte. Doch es musste wohl sein. Als ich mich unter ihnen umsah, beobachteten mich alle erwartungsvoll und eindringlich. So seufzte ich tief und schaffte es mich noch einmal von selbst gerade hin zu setzen und die Schultern zu straffen. "Also, Jungs. Das ist ganz leicht zu verstehen. In meiner Welt gibt es verschiedene Arten, um sich eine Frau oder eben andere Menschen gefügig zu machen. Und diese haben unterschiedliche Namen. Da gibt es den 'Schoßhund', den 'Kommandanten' und eben 'Zuckerbrot und Peitsche'. Der 'Schoßhund' ist für Frauen geeignet, die sich sehr leicht von ihrem Mann aus reiner Liebe und Fürsorge herum scheuchen lassen. Sprich, die Frauen lesen ihnen alle Wünsche von den Augen ab, ohne groß und breit darüber nachzudenken, was sie gerade tun. Zu Anfang bekommen sie kleinere 'Leckerlies' dafür. Also Belohnungen. Das kann sich später aber ändern, sobald die Frau gefügig genug ist. Der 'Kommandant' ist ein Prinzip das mit Angst arbeitet. Sprich, ich sage du Hüpft und als Antwort darf nicht 'Nein' kommen, sondern 'Wie hoch?'. Wenn man das nicht tut, dann können sogar gewalttätige Strafen für die Frau folgen. Was Gloin aber Thorin da vorgeschlagen hat. Bedient sich beider Versionen. Es ist die wohl Schlimmste. Denn zunächst lockt man die Frau mit süßen Worten, Geschenken und anderen Sachen, die ihr gefallen. Nur um sie milde zu stimmen, sodass sie von selbst das tut, was der Mann will. Widerspricht sie aber danach ständig und verhält sich nicht so wie ER es will, dann bekommt sie diese Dinge entweder abgenommen oder gestrichen. Im schlimmsten Fall setzt es da auch Prügel", erklärte ich ihnen lang und breit. Was folgte war ein reihum einheitliches, entsetztes Keuchen. Sie hatten meine Erklärung verstanden. Und sie gefiel ihnen nicht. Mir dementsprechend natürlich auch nicht. Dass sich der Zwergenkönig auf so ein niederes, fast schon primitives Niveau begab, überforderte alle in unserem kleinen Kreis. Insbesondere seine beiden Neffen, die das Ganze immer noch nicht begreifen konnten. "Deshalb hat er das getan. Deswegen hat er Cuna die Spange aus den Haaren gerissen und sie dabei so schwer verletzte. Mahal! Ich glaube es nicht", murmelte der blonde Zwerg zu meiner Rechten und ich sah ihn ihm Augenwinkel mit dem Kopf schütteln. "Warum hast du uns das nicht schon viel früher erzählt?", kam es mit empörtem Unterton von Bofur. "Weil ich mir nichts dabei gedacht habe. Ich konnte auch nicht. Denn kurz drauf hat er Fili und mich zu sich bestellt und uns aufgetragen, dass wir uns in Zeiten seiner Abwesenheit um sie kümmern sollten. Aber mir war nicht wohl dabei. Ich habe Onkel in einer Ruhigen Minute noch einmal darauf angesprochen, ob es wirklich richtig wäre, dass mein Bruder und ich zurück nach Terra Gaia gehen. Aber er sagte nur, dass es. Dass es einfach wichtig wäre. Wir könnten dort ein neues Leben beginnen und unsere Altlasten los werden. Wir würden es besser haben. Und ich. Ich bräuchte nicht ständig einem Hirngespinst hinterher jagen. Hätte ich gewusst, dass so etwas geschehen würde, dann... Dann hätte ich niemals zugestimmt hier hin zurück zu kehren", knurrte Kili und ballte erneut die Hand in seiner Tasche zur Faust. Was er aber trotz seines zunehmenden Ärgers nicht verbergen konnte, war der leicht bittere und auch belegte Ton, der in seiner Stimme mit schwang. Dieser fuhr mir augenblicklich tief ins Herz, als ich ihn vernahm. Darin lag viel Schmerz. Und ich glaubte zu wissen warum. "Du. Du wolltest nicht wieder hier hin zurück?", hakte ich vorsichtig nach. "Nein. Nein, wollte ich nicht", kam umgehend die knappe und barsche Antwort des Angesprochenen. "Aber, Kili. Du hast dich doch genauso darüber gefreut wie ich, Cuna wiedersehen zu dürfen. Wieso sagst du das plötzlich?", fragte sein Bruder und warf ihm einen betrübten, unverständlichen Blick zu. Kili zuckte nur unschlüssig mit den Schultern und wandte sich nun gänzlich von uns ab. Mit gesenkten Haupt starrte er in den Sandkasten vor sich und seufzte tief. "Ja. Ich. Ich habe mich darauf gefreut, Cuna wieder zu sehen. Aber. Aber ich wollte doch nicht bis in alle Ewigkeit hier bleiben. Ich wollte wieder zurück. Ich warte doch auf SIE. Was... Was wenn SIE plötzlich im Götterreich auftaucht und ich bin nicht da? Wenn SIE in diesem Moment mit einem Schiff aus Mittelerde kommt und nach mir sucht? Aber Onkel. Er hat ja leicht reden, mit seinen ach so tollen Ratschlägen, Weisheiten und Anweisungen. Ich solle aufhören in der Vergangenheit zu leben und mich stattdessen auf die Zukunft vorbereiten. Was habe ich denn hier für eine Zukunft? Da ist nichts. Ich habe nichts, worauf ich mich vorbereiten könnte. Er hat Cuna, Fili hat seine Jana. Und was habe ich?! Nur einen alten Runenstein und die leise Hoffnung SIE doch irgendwann wieder zu sehen! Aber alle sagen, dass es Zeitverschwendung ist darauf zu warten! Dass ich meine Träume endlich und ein für alle Mal begraben soll! Aber das will ich nicht! Hört ihr?! Ich will nicht aufgeben! Sie lebt! Sie lebt! Das weiß ich!", brüllte Kili mit einem lauthals und verzweifelt, sodass wir alle zusammen zuckten. Bei seinem plötzlichen Gefühlsausbruch wurde mir mit einem mal ganz Angst und Bang ums Herz. Ich hatte ja keine Ahnung gehabt, was ihn die ganze Zeit über innerlich so fertig machte. Er hatte es ja auch sehr gut vor allen verborgen gehalten. Eben wie es ein Zwerg so tat. Was die persönlichen Umstände anging, hielten sie sich ja immer nur an sich selbst und zeigten dies nicht gerne vor Fremden oder ihrer eigenen Sippschaft. Doch nun brach genau das, was er über die Zeit hinweg in sich hinein gefressen hatte so deutlich zu Tage, dass selbst mir seine Worte unheimlich weh taten. Und es schmerze noch weit schlimmer, als ich den dunkelhaarigen Jungen mit den rehbrauen Augen kurz nach seinem kleinen Gefühlsausbruch schluchzen hörte, ehe er sich mit dem Ärmel seines Leinenhemds über das Gesicht wischte. Er war fix und fertig mit seinen Nerven. Ich spürte, dass er gerade nicht weiter wusste. Dass er sich nicht eingestehen konnte, dass seine Suche nach der von ihm geliebten Person nie ein Ende finden würde. Er wollte es nicht wahr haben, dass sie nicht zu ihm kommen oder auf ihn warten würde. Der verzweifelte Herzenswunsch eines so jungen Zwerges. Das war es also, was Fili mir bereits auf der Zeltstadt hatte verdeutlichen wollen. Kili würde Tauriel für alle Ewigkeit lieben. Ganz gleich wie sehr sich sein Leben auch veränderte. Sein Herz gehörte ihr. Und die Ungewissheit über den Verbleib der Elbin mit dem kupferfarbenen Haar, trieb ihn wohl mehr und mehr in eine enge Sackgasse der Einsamkeit. Ich kannte dieses Gefühl nur zu gut. Wären sie mir nicht begegnet, hätte ich Thorin nicht in mein Leben gelassen, so würde ich vermutlich genauso da stehen, wie er in diesem Augenblick. Und leider musste ich dem Zwergenkönig, mit dem, was er seinem jüngsten Neffen gesagt hatte, recht geben. Auch wenn es Kili vermutlich nicht gefallen würde, wenn ich ihn darauf ansprach. Mein Ärger über Gloin und seine dummen Ratschläge konnte in diesem Moment warten. Zunächst war da dieser traurige und unglücklich verliebte Junge. Ein Junge der gerade jede Menge Trost und Zuspruch brauchte. Und den er eigentlich von seiner Mutter hätte bekommen müssen. Doch auch diese hatte er ja vor vielen Jahren eingebüßt. Folglich sah ich mich nun in der Pflicht. Nicht nur als seine von ihm und seinem Bruder angenommene Schwester, sondern auch als gute Freundin. So räusperte ich mich irgendwann bedächtig, nachdem einige Minuten des betrübten Schweigens vorüber gezogen waren und richtete dann ruhig mein Wort an ihn. "Kili?", hakte ich leise, aber gut hörbar nach. Dieser zuckte kurz zusammen und drehte dann ruckartig den Kopf über die Schulter. Er schien völlig vergessen zu haben, dass er nicht allein auf dem Spielplatz war. Als er meinen Blick bemerkte brummte er kurz, zum Zeichen dass er mir zuhören wollte. Ich atmete einmal ganz tief durch und setzte erneut an. "Kili. Komm doch mal bitte zu mir, ja?", forderte ich ganz behutsam und winkte ihm zusätzlich noch mit einer Hand heran. Nur sehr zögerlich und missmutig folgte er meiner freundlichen Aufforderung. Ich konnte ihm ansehen, dass er wohl lieber woanders wäre und nicht gerade in der Nähe von anderen. Aber ihm war wohl auch bewusst, dass er nicht immer wegrennen konnte. Daher stand er nach wenigen Schritten genau vor mir und musterte mich aus leicht geröteten Augen fragend. Ich nickte zufrieden zu ihm auf und deutete ihm danach an sich doch vor mich hin zu setzen, damit wir zumindest halbwegs auf Augenhöhe waren. Auch dieser Bitte kam er wortlos nach und legte dabei seine Arme verschränkt auf meine Knie. Danach stützte er sein Kinn darauf und beobachtete mich eingehend. Nun konnte ich ganz langsam meine Hände nach ihm ausstrecken und diese auf seine kräftigen Arme legen, ehe ich ihm ernst aber tröstend ins Gesicht sah. "Hör mal, Kili. Ich. Ich weiß, du... Du glaubst mir bestimmt nicht. Aber... Aber ich kann sehr gut nachvollziehen, wie es dir im Augenblick geht. Und bitte schrei mich nicht an, wenn ich dir das jetzt sage. Nur ich finde. Thorin hat mit dem was er zu dir gesagt hat recht. Es. Es bringt niemandem etwas weiter in der Vergangenheit zu leben. Das. Das macht einen auf die Dauer nur kaputt. Und du... Du bist für einen Zwerg noch sehr jung. Dir stehen noch viele Möglichkeiten offen. Man. Man sollte sich nicht an eine Hoffnung klammern, von der man eigentlich weiß, dass sie aussichtslos ist", sagte ich, doch schon verzog Kili den Mund zu einer trotzigen Schnute. "Und welche Möglichkeiten? Ich habe keine. Du konntest dich immerhin von deinem geliebten Wesen verabschieden. Was habe ich?", raunte er und ließ daraufhin den Kopf zwischen seine Arme sinken. Ich seufzte kurz und schloss einen Moment lang die Augen. Auch um dem stärker werdenden Schwindelgefühl entgegen zu wirken. Die ganze Sache war unheimlich anstrengend und ermüdend für mich. Vor allem in meinem gegenwärtigen Zustand. Eigentlich hätte ich gar nicht die Kraft dazu aufbringen können, um ihm zu diesem Zeitpunkt zu helfen. Und doch tat ich es einfach. Aus dem Grund, weil er es brauchte. Weil es für ihn wichtig war. Ich musste ihm helfen mit seiner versteckten Trauer klar zu kommen. Genauso wie es einst sein Onkel bei mir in einer schicksalshaften Nacht getan hatte. So öffnete ich die Augen und fuhr in sanftem Ton fort, während ich behutsam eine Hand auf seinen Hinterkopf legte, um ihm beruhigend zu streicheln. "Du hast noch so viel, Kili. Du hast deinen Bruder, du hast deine Freunde hier in der Gemeinschaft, du hast deinen Onkel, auch wenn es im Moment ein bisschen schwierig mit ihm ist. Und du hast mich. Sicher. Ich verstehe. Es ist nur ein schwacher Trost. Und. Und keiner von uns könnte jemals die Liebe deines Lebens ersetzen. Nur. Ich finde es wird Zeit, dass du anfängst los zu lassen. Du darfst dein Herz nicht so vor der Außenwelt verschließen. Damit wirfst du dein Leben nur weg. Du musst aufstehen und nach Vorne sehen. Die Vergangenheit lässt sich nicht ändern. Das. Das kann keiner von uns. Und ich weiß es wird noch eine ganze Weile weh tun. Besonders wenn man umringt ist von vielen glücklichen Paaren. Aber es wird mit der Zeit vergehen. Du hast dein Schicksal in der Hand. Niemand sonst. Du kannst aus deinem Leben noch etwas machen. Ich denke, dafür seid ihr überhaupt wieder zurück gekommen. Ihr habt noch mal die Chance bekommen etwas zu ändern. Und ich rate dir einfach. Aus tiefstem Herzen. Nutze sie. Lass sie nicht verstreichen. Denn, wenn du das tust, dann macht es auch keinen Sinn", meinte ich und spürte wie sich bei meinen eigenen Worten ein dicker Kloß in meinem Hals breit machte. Nun kamen nämlich auch mir wieder die schmerzhaften Erinnerungen an meinen Verflossenen wieder. Der Tag an dem er starb. Die sehr stressige Zeit vor, während und nach der Beerdigung. All die Bilder, die ich genauso tief in mir drin begraben hatte. Die schönen, wie auch schweren Momente einer lang vorbeigegangenen, gemeinsamen Zeit mit einem Mann, der mir einst alles bedeutet hatte. Doch in diesem Zusammenhang, kam mir plötzlich ein Lied in den Sinn. So banal es in dieser Situation auch war. Aber während mir diese Bilder durch den Kopf gingen, spielte im Hintergrund des Ganzen eine Melodie. Es war ein Lied, dass ich seinerzeit so oft gehört hatte, dass es mir bald zu den Ohren heraus gekommen war. 'Geboren um zu leben' von der Band Unheilig. Es hatte mir eine ganze Zeit lang über meine lange Trauerphase hinweg geholfen. Auch wenn ich jedes Mal hatte weinen müssen, wenn es irgendwo im Radio oder sonst wo gespielt wurde. Es passte einfach. Es hatte mir viel Trost gegeben. Hatte mich weiter machen lassen, sodass ich es bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Zwergenkönig und seine Männer in mein Leben getreten waren, geschafft hatte meinen eigenen Weg allein zu finden. Und ohne dass ich es zunächst merkte, stahlen sich plötzlich die Worte des Songtextest in mein Bewusstsein und meine Lippen bewegten sich ganz automatisch, als ich leise, aber deutlich begann, genau dieses Lied vor mich hin zu singen. Während ich dem jungen Zwerg immer noch ruhig den Hinterkopf streichelte. "Es fällt mir schwer, ohne dich zu leben. Jeden Tag zu Jeder Zeit, einfach alles zu geben. Ich denk so oft, zurück an das was war. An jedem so geliebten, vergangenen Tag. Ich stell mir vor, dass du zu mir stehst. Und jeden meiner Wege, an meiner Seite gehst. Ich denke an so vieles seitdem du nicht mehr bist. Denn du hast mir gezeigt, wie wertvoll das Leben ist. Wir warn geboren um zu leben. Mit dem Wundern jener Zeit. Sich niemals zu vergessen, bis in alle Ewigkeit. Wir warn geboren um zu leben, für den einen Augenblick. Bei dem jeder von uns spürte, wie wertvoll Leben ist. Es tut noch weh, wieder neuen Platz zu schaffen. Mit gutem Gefühl, etwas Neues zu zulassen. In diesem Augenblick bist du mir wieder nah. Wie an jedem so geliebten, vergangenen Tag. Es ist mein Wunsch, wieder Träume zu erlauben. Ohne Reue nach vorn, in eine Zukunft zu schaun. Ich sehe einen Sinn, seit dem du nicht mehr bist, denn du hast mir gezeigt, wie wertvoll mein Leben ist...", sang ich vor mich hin und begann dann mit der Wiederholung der Refrains. Doch nicht nur ich fing mit einem Mal an zu singen. Nein. Auch die Zwerge um mich herum setzten mit in diese Zeilen ein. Zunächst Fili, der genauso leise sang wie ich. Dann gesellte sich Bofur dazu. Danach Ori und schließlich auch Kili, der den Kopf aus der Versenkung holte und mit leicht belegter Stimme mit sang. Doch bald drauf, erhob sich unser leicht trauriger Gesang über den Spielplatz hinweg, sodass es mich wunderte, dass die Vögel in den Bäumen nicht verschreckt davon flogen. Aber es war auch gut, dass wir so laut sangen. Denn so konnte uns nämlich Jemand finden, der im nächsten Moment eilig um die Ecke gestürmt kam und auf uns zu rannte. Und es war verdammt gut, dass dieser Jemand auftauchte. Denn noch während ich weiter sang, übermannten mich das Schwindelgefühl und die Übelkeit endgültig, sodass ich haltlos genau auf Bofurs Schoß zusammen sackte. - 87. Kili's Geschichte / ENDE - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)