Diesem Einen will ich #Follow von Virdra-sama (Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?) ================================================================================ Kapitel 65: 65. Die kuriose Zeltplatz-Auktion --------------------------------------------- Wenn ich dachte, dass wir während dem letzten, gemeinsamen Abendessen ungestört beieinander sitzen könnten, dann hatte ich definitiv mal wieder falsch gedacht. Gerade als wir uns mit Brot, Brötchen und allerlei Aufschnitt eingedeckt hatten, packten einige der aufdringlichen Damen vom Nachmittag die Gelegenheit beim Schopf. Oder vielmehr die werten Herren Zwerge an ihren Bärten und versuchten sie nacheinander dazu zu bewegen, wenigstens mit einer von ihnen später zum Tanzen zu gehen. Überraschenderweise war sogar ich das ein oder andere Mal genötigt, einige der Weiber von Thorin weg zu scheuchen, die ihn bereits an der Essensausgabe mit recht billigen Flirtsprüchen dazu bringen wollten, mich in den Wind zu schießen und stattdessen lieber mit ihren sehr tief angelegten Ausschnitten vorlieb zu nehmen. "Boah, die nerven", knurrte ich barsch, nachdem ich mich endlich auf die Bierzeltgarnitur pflanzen konnte. Der Zwergenkönig zuckte nur mit den Schultern und schmunzelte ein wenig erheitert hinter seiner Scheibe Wurstbrot hervor. "Du bist unnötig besorgt, Cuna. Ich würde niemals den Heucheleien und dem Geliebäugel dieser Dirnen verfallen", meinte er trocken, als sich die Nächste bereits versuchte an ihn heran zu pirschen und ich sie mit einem überdeutlichen Knurren auf Abstand hielt. Für gewöhnlich war ich nie dermaßen besitzergreifend. Aber da an diesem Abend sowieso sämtliche Frauen durchdrehten, war mir Vorsicht doch lieber als Nachsicht. "Ich weiß, dass ich nichts zu befürchten habe, aber beim Essen hätte ich doch lieber meine Ruhe", meinte ich und strich mir etwas Butter auf mein Brötchen. Auf der rechten Seite, neben mir hörte ich kurz Nori gefrustet schnauben, sodass ich mich mit fragendem Blick zu ihm umdrehte. "Was ist los? Haben sie dich auch schon belästigt?", fragte ich ihn, wobei er mich nur mit schälem Blick ansah und den Mund etwas verzog. "Einige. Aber um ehrlich zu sein, ich bin keiner von diesen wirklich zuneigt. Ich mag Frauen, die fast doppelt so groß sind wie ich selbst einfach nicht", murrte er und ich nickte ihm ruhig zu. "Verständlich. Das muss für euch irgendwie erniedrigend sein", erwiderte ich sachlich. "Das nicht. Aber weißt du eigentlich wie anstrengt es ist, ständig mit dem Gesicht am Bauch der Frau zu hängen, während du mit ihr tanzt?", fragte er mich mit argwöhnischem Ton. Nun musste ich doch ein wenig kichern, woraufhin ich mir einige fragende Blicke von ihm einfing. "Was ist denn so lustig daran?", hakte er kurz nach und hob dabei eine Augenbraue. Ich grinste nur bevor ich ihm antwortete:"Eigentlich weiß ich wie sich das anfühlt." "Du weißt das? Woher?", kam es von der anderen Tischseite wo sich Dori mit in das Gespräch einklinkte. Mein Grinsen wurde noch ein klein wenig breiter, wobei ich doch kurz einen verstohlenen Blick zum Zwergenkönig warf, der ganz in seit Brot vertieft war. "Nun, sagen wir es so. Mein Verflossener war an die zwei Meter groß. Für den Kuss bei meiner Hochzeit musste ich mich auf einen Stuhl stellen, damit ich bei ihm auf Augenhöhe war. Das sah für alle Beteiligten unglaublich lächerlich aus. Vom Tanzen ganz zu schweigen. Ich hatte noch nie so ein steifes Genick vom vielen Hochschauen. Und das Handfasting war die Hölle", erklärte ich und erntete damit noch mehr fragende Blicke. Thorin grummelte unterdessen missbilligend neben mir herum. Es war abzusehen gewesen, dass ihm die Geschichte meiner ersten Hochzeit alles andere als gefiel. Zur Beschwichtigung legte ich ihm deswegen unter dem Tisch eine Hand auf seinen kräftigen Oberschenkel und streichelte diesen etwas. Ich hoffte dass es ihn ein wenig milde stimmen würde, wenn er fühlte, dass ich ihn während meiner Erzählung natürlich nicht vergas. Er gab daraufhin ein kurzes zufriedenen Schnauben von sich und aß kommentarlos weiter. Während dessen waren die beiden Brüder sehr interessiert daran zu erfahren, was sich hinter der Bezeichnung Handfasting verbarg. "Also. Das Handfasting ist eine wirklich sehr sehr sehr alte Hochzeitstradition. Sie ist schon so alt, dass sich niemand mehr wirklich daran erinnert, wann sie erfunden wurde. Aber sicher ist, dass es sie schon mindestens zweitausend Jahre gibt. Dabei geht es darum, dass die Familien und Freunde des Brautpaares ein meist selbst genähtes, sehr langes Samtsäckchen mit verschiedenen Kräutern füllen, die gute Wünsche auf dem gemeinsamen Lebensweg darstellen sollen. Dann wird das Paar von einem Druiden in den sogenannten heiligen Hain gebracht, wo sie sich den Segen abholen und ihre Hände in der Mitte mit dem Säckchen verknotet werden. Dieses dürfen sie erst dann wieder entfernen, wenn die Feierlichkeiten abgeschlossen sind und die Hochzeitsnacht beginnt", sagte ich woraufhin mich die beiden neugierig lächelnd ansahen. "Eine eigenwillige Tradition. Noch dazu sehr fraglich, wie die beiden während der Feierlichkeiten ihr Mahl zu sich nehmen sollen", kam es von Dwalin, der auf Thorins anderen Seite saß und sich sein Bier schmecken ließ. Ich zuckte nur mit den Schultern. "Ist doch ganz einfach. Sie füttern sich gegenseitig", meinte ich ruhig. Wieder fing der Zwergenkönig neben mir an zu grummeln und versah mich mit einem ganz kurzen missbilligenden Blick, als ich mich umdrehte, damit ich zu Dwalin schauen konnte. Da half es diesmal auch nicht, dass ich ihm das Bein streichelte. Ihm wurde diese kleine Geschichte wohl langsam zu viel. Allein die Vorstellung, dass ich einen solchen Moment vor ihm mit jemand Anderem geteilt hatte, schien sein Zwergenblut zum Kochen zu bringen. Gut, er wusste es ja eigentlich schon, seit wir uns kennen gelernt hatten. Trotzdem war nun, da wir uns als Paar offenbart hatten, seine Anhänglichkeit und somit auch seine Eifersucht noch ein wenig größer geworden. Und erst recht seit dem Mittagessen. Ich hatte ja schon irgendwie geahnt, dass es soweit kommen würde und seine Besorgnis, dass ein anderer Mann es wagen könnte mich anzufassen oder ihm weg zunehmen, rührte mich schon ein bisschen. Dennoch hoffte ich sehr, dass das Ganze nicht irgendwann zu einer überdrehten Paranoia mutierte, die im weiteren Verlauf meine Beziehung zu ihm belasten könnte. Aber da ich mich selbst gut genug kannte, wusste ich, dass ich ihn früher oder später darauf ansprechen würde, wenn ich das Gefühl bekam von ihm erdrückt zu werden. Doch vorerst war es wohl eher ratsamer, ihn nicht all zu sehr zu reizen. Schon gar nicht mit zu langen Geschichten aus meiner Vergangenheit, die mit Männern zu tun hatten. "Aber ich glaube wir sollten das Thema wechseln", seufzte ich dann einmal kurz, ehe ich meine Hand wieder zurück zog und weiter mein Brötchen bearbeitete. Als ich ihn dabei leicht anschielte, nickte er mir kaum merklich zu. Damit war er nun endlich beschwichtigt. Aber eine Frage brannte Nori dann doch noch unter den Fingernägeln. "Wie ist es eigentlich heute Abend bei euch Beiden? Werdet ihr miteinander zum Tanz gehen?", hakte er vorsichtig nach, was mir allerdings nur ein Schulterzucken entlockte. "Nur wenn er will", sagte ich trocken, woraufhin sich Thorin neben mir an seinem Bier verschluckte, das er gerade an die Lippen gesetzt hatte. Dwalin klopfte ihm auf einige Male den Rücken, als er anfing zu husten. Nachdem er sich wenige Minuten später beruhigt hatte, hob er die Augenbraue und sah mich an, als hätte ich gerade etwas sehr Beleidigendes gesagt. "Was soll das heißen? 'Nur wenn er will'?", fragte er leicht empört. Ich zuckte nur weiter mit den Schultern und biss ein Stück von meinem Brötchen ab. "Woher soll ich denn wissen, ob du mit mir tanzen willst?", entgegnete ich ruhig und seine wunderschönen blauen Augen verengten sich verständnislos. "Selbstverständlich werde ich mit dir tanzen. Was wäre ich für ein Mann wenn ich es nicht täte? Vorausgesetzt dass man an diesem Abend einmal Musik aufspielt, zu der man dies auch kann", meinte er und fing sofort wieder an vor sich hin zu grollen. Ganz zwergentypisch, wie es sich eben für sein Volk gehörte. Man konnte es ihm aber auch einfach nicht recht machen. Aber zumindest kam bald etwas, was ihn aus seinem Schmollenden Zustand wieder hervor lockte. "Also, wenn du euer mittelalterliches Gedudel von neulich meinst, muss ich dich leider enttäuschen. Bei uns gibts keine CDs mit Zwergenmusik. Stattdessen wird euch wohl jede menge Techno-, Metal-, Ballermann- und Schlagerhits um die Ohren fliegen", drang plötzlich eine vertraute Frauenstimme an mein Ohr. Ich sah mich kurz um und entdeckte dann Ani-chan, die mit einem Klemmbrett und Stift bewaffnet an unserem Ende des Tisches auftauchte. "Hey Ani. Was hast du denn da?", fragte ich neugierig und nicht nur ich musterte sie interessiert. Sie lächelte uns an und drehte des Brett um, auf dem eine Liste fest gemacht war. "Naja, also, Frodo hat mich gebeten die Liste für die Teilnehmer der Auktion rum zu zeigen und noch mal alle zu fragen, ob sie Lust haben was zu verkaufen. Bisher haben sich nämlich nur wenige gemeldet", erklärte sie und deutete unnötiger Weise auf die fünf einsamen Namen auf dem bedruckten Blatt Papier. "Was ist denn eine Auktion?", kam es von Bofur, der herangetreten war, um sich die Sache genauer anzusehen. "Ich glaube du kennt es mehr unter dem Begriff, Versteigerung. Wenn du irgendwelche Sachen hast, die du verkaufen möchtest, dann kannst du dich da anmelden und sagen wie viel sie dir Wert sind. Dann wird das irgendwann vorgelesen und nach und nach steigt dann der Preis, den die Leute für diesen Gegenstand zahlen wollen, indem sie darauf bieten", erklärte ich ihm sachlich. "Ja. Das ist besonders gut, wenn man gerade mal Geld brauch. Und wertvoll muss es nicht unbedingt sein. Rumpel hat vor ein paar Jahren ein paar Zettel mit einem selbstgeschriebenen Lied für fünfhundert verkaufen können", fügte Ani-chan hinzu. "Das hört sich nach einem sehr guten Geschäft an. Ich hätte bestimmt das Ein oder Andere, was ich dort veräußern könnte", meinte der Zwerg mit der Mütze, nahm Ani-chan des Klemmbrett aus der Hand und begann sich dann mit einzutragen. Danach reichte er es an sie zurück. Doch ehe sie es greifen konnte, hatte sich bereits der nächste, interessierte Herr das Ding geschnappt. Diesmal war es Fili. Dem folgte sein Bruder und Balin. Der Rest winkte dankend ab. Zum Schluss wand sich Ani-chan noch kurz an mich. "Wie siehts eigentlich bei dir aus, Jacky? Ich meine du hattest doch mal erwähnt, dass du umziehst und nicht genug Kohle hast, um ein Unternehmen zu beauftragen", sagte sie, woraufhin ich mit den Augen rollte und ein leises Seufzen von mir gab. "Das erwähne ich eigentlich recht häufig und ich hätte zu gerne was mitgemacht, das ich liebend gern verhökern wollte. Aber dafür hatte ich weder Zeit noch Nerven. Außerdem hab ichs schlichtweg vergessen", meinte ich und biss noch ein Stück von meinem Brötchen ab. "Ja, verständlich. Aber gut, wenn sonst niemand etwas hat, dann...", sagte sie und wollte sich schon entfernen, doch da riss ihr urplötzlich und unerwartet der Zwergenkönig das Brett samt Stift aus der Hand. Verwundert musterte ich ihn, wie er seinen Namen mit einer äußerst flinken und eleganten Handbewegung auf die Liste setzte. Seine Schrift war wirklich unbeschreiblich schön. Am liebsten hätte ich mir diese auf meinen Arm tattooviert oder auf meinen Rücken. Aber dafür hatte ich erst recht kein Geld. Das Geld für das eigentlich erste Tattoo, was ich mir vor Jahren hatten stechen lassen wollen, ging leider für die Kosten einer Autoreparatur drauf, da mir ein angetrunkener Rentner in meine geparkte Karre gedonnert war und dabei einen Herzinfarkt erlitt. Zu meinem Leidwesen hatte dieser noch nicht einmal eine Versicherung,weil er gar nicht hätte fahren dürfen. Weshalb ich einen gewissen Teil der Kosten selbst zu tragen hatte. Verbittert über diesen Gedankengang biss ich erneut in mein Brötchen und beobachtete Thorin, der nach seinem Namen noch die Sache eintrug, die er wohl versteigern lassen wollte. Es machte mich ja schon ein bisschen neugierig. Darum ich versuchte zu erhaschen, was er denn genau auf das Blatt geschrieben hatte. Doch als er merkte, dass ich meine Nase zu weit in seine Angelegenheiten streckte, drehte er das Brett so, dass ich es nicht sehen konnte. "Was willst du denn schönes los werden?", fragte ich ihn dann ganz offen und freundlich, doch er setzte mal wieder sein mir bereits gut vertrautes Pokerface auf, das wie immer nicht durchblicken ließ, was er gerade im Schilde führte. "Sei nicht immer so neugierig, Weib", raunte er mich an und reichte das Klemmbrett an Ani-chan zurück, die etwas belustigt kicherte, weil ich eine beleidigte Schnute zog. "Also gut. Wenn das alles ist und sonst keiner mehr möchte, dann lass ich euch mal wieder allein", sagte sie und verabschiedete sich damit. Als sie weg war, sah ich Thorin immer noch leicht schmollend an. Er schenkte mir dahingehend nur ein kurzes ernstes Zucken mit dem Mundwinkel. "Schau nicht so und iss auf", meinte er irgendwann, als ich nicht aufhörte ihn anzustarren. "Warum verheimlichst du mir denn, was du verkaufen willst?", fragte ich ihn im versucht ruhigem Ton. "Weil meine Geschäfte dich nichts angehen", erwiderte er schlicht. "Wieder so ein Zwergending, was?", hakte ich mürrisch nach und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf meinem Abendessen. "Sei gefälligst nicht immer so abfällig gegenüber den Gepflogenheiten meines Volkes, Frau. Aber wenn es deine Art ist mir zu sagen, dass es zu unseren Lebensarten gehört, dann sage ich dir. Ja, das ist wieder so ein Zwergending. Und wie ich dir bereits mehrfach erklärt habe, bewahren wir unsere Geheimnisse stets für uns. Betreffen sie nun die Familie, unser Volk oder eben unsere Geschäfte. Also hör auf alles zu hinterfragen, was ich tue", raunte er barsch und zog mit leicht beleidigter Miene die Augenbrauen zusammen. Ich schnaubte kurz und stopfte den Rest meines Brötchens in den Mund. Während ich so auf dem letzten Bissen herum kaute, fiel mir im Zusammenhang mit dem, was Thorin mir gerade gesagt hatte, ein alter Spruch meines Vaters ein. Er sagte immer: "Du darfst alles Essen und Trinken. Darfst aber noch lange nicht alles wissen." Wie gut er zu dem Zeitpunkt auf diesen Zwerg passte, war schon leicht erschreckend. Aber daran musste ich mich wohl oder übel auch noch gewöhnen. Vermutlich würde es dann jeden Tag so aussehen, wenn ich ihn fragte, wie sein Tag auf der Arbeit war, er darauf antwortete, dass ich ihn nicht fragen solle, sondern ihm das Essen vor zu setzen hatte. Bei der Vorstellung verdarb es mir dann doch ein bisschen den Appetit. So weit durfte ich es unter keinen Umständen kommen lassen. Nie im Leben würde ich mich dazu erniedrigen lassen und für ihn einen Haushaltssklaven abgeben. Das konnte der edle Herr mal ganz schnell wieder vergessen. Nicht mit mir, Monsieur! Gut zugegeben, ich steigerte mich vermutlich in irgendetwas rein und ich könnte auch eigentlich noch die eine Stunde warten bis die Auktion begann um zu sehen, was er denn los werden wollte. Dennoch war ich unterbewusst ziemlich beleidigt, dass er es mir nicht einfach sagen wollte. So saß ich noch eine ganze Weile vor mich hin schmollend zwischen den kleinen Männern und beobachtete diese, wie sie sich ihren Wegproviant für die Abreise zusammen stellten. Sie stapelten einzeln belegte Brote, hatten sich hier und da auch Obst organisieren können und wickelten alles in große Leinentücher ein. Nebenher plauderten sie heiter darüber, wie froh sie doch waren, endlich wieder nach Mittelerde zurück zu kehren. Ich konnte es ihnen durchaus nachempfinden wieder Heim zu wollen. Auf einer Seite war ich ja auch irgendwie froh am nächsten Tag wieder in meinem gemütlichen großen Bett schlafen zu können. Und das es auf meiner linken Seite leer sein würde, war für mich nun auch nichts Neues. Das Einzige, was in diesem Zusammenhang nur etwas schmerzte war, dass mir womöglich ihre kleinen Spinnereien fehlen würden, mit denen sie mich das ein oder andere Mal zum Lachen gebracht hatten. So seufzte ich irgendwann kurz und stand dann langsam auf. Von meiner unangemeldeten Bewegung etwas aufgeschreckt, drehte sich der Zwergenkönig zu mir um, als ich gerade über die Bank stiegt. "Wo willst du denn schon wieder hin?", fragte er immer noch leicht grantig, was mir ein erneutes Seufzen entlockte. "Ich geh ein bisschen ins Fisse Ma 'Tent' chen. Vielleicht kann ich da beim Aufräumen helfen für nachher", meinte ich kurz angebunden und setzte einfach meinen Weg fort, ohne mich noch einmal umzusehen. Im Barzelt angekommen sah ich bereits einige Leutchen fleißig beim Sortieren der Stühle für die Auktion und andere an den Pinnwänden, die jedes Jahr aufgestellt und an denen die Fotos, die in den zwei Wochen gemacht worden waren, dran geheftet wurden. Neugierig näherte ich mich denen, die schon fertig bestückt waren. Bereits aus der Entfernung sah ich, dass die Herren Zwerge auf fast jedem Bild zu sehen waren. Besonders viel Aufmerksamkeit bekamen allerdings jene Fotos, die gemacht worden waren, als die Herren ihre Oben-Ohne-Wachturmbau-Aktion durchgezogen hatten. Ich musste mir fest auf die Unterlippe beißen, um nicht plötzlich einfach drauf los zu sabbern, als ich ein Bild von Thorin darunter erspähte, wie er in seiner vollen Lebensgröße, das Haar nach hinten wehend einen ganzen Stapel Bretter unter den muskulösen Armen trug und dabei einen eher unbeteiligten Blick in Richtung seiner Männer warf. Man konnte sogar deutlich sehen wie seine Haut vor Arbeitsschweiß in der Sonne glänzte. Verflixt und zugenäht noch mal! Wieso musste dieser Zwerg nur so verdammt heiß aussehen, bei allem was er tat? Ich verfluchte diese elendigen, digitalen und hochauflösenden Spiegelreflexkameras, die auch wirklich jedes Detail auf HD Basis wieder gaben. Nun hatte ich schon wieder diese amourösen Gedanken im Kopf. Doch diesmal schaffte ich es zum Glück sie rechtzeitig wieder daraus zu verbannen, weil Frodo hinter mir auftauchte und mir kurz auf die Schulter klopfte. "Na. Dir gefällt der Anblick wohl sehr, Jacky", meinte er und grinste mich frech an. Ich schluckte kurz ein Keuchen runter und ersetzte es stattdessen durch ein Seufzen. "Also. Nun ja. Welcher Frau nicht? Aber sag mal. Könnte ich ein Paar von den Bildern haben?", fragte ich ruhig und sah wie der große, dunkelhaarige Junge noch breiter grinste. "Klar kannst du. Such dir schon mal welche raus, die dir gefallen und häng sie ab. Aber bitte nicht mehr als fünf. Die Anderen wollen auch noch was zu sehen bekommen. Wenn du sie hast, leg sie einfach neben dran auf den kleinen Tisch und schreib deinen Namen hinten drauf. Ich gebe sie dir dann nach der Auktion", meinte er und verschwand schon wieder, als ihn jemand zur Bühne rief, um bei der Technik zu helfen. Nachdem er irgendwo zwischen den Mischpulten verschwunden war, die man für die Musik und die Mikros benötigte, wand ich mich wieder den Fotos zu. Nur fünf Bilder. Da war die Auswahl sehr schwer. Es gab einige die ich liebend gern genommen hätte. Gut, in die engere Auswahl kam sowieso das Bild, was mir bereits vor einigen Minuten das Wasser im Mund zusammen hatte laufen lassen. Das Nächste war Jenes, auf dem mich Thorin, auf seinen Armen vom Schlachtfeld am Piratentag trug. Dann entdecke ich doch tatsächlich eines, auf dem ich als Gerwulf zu sehen war und gerade heiß und sehr innig vom Zwergenkönig geküsst wurde. Wer auch immer dieses geschossen hatte, hatte uns wirklich gut getroffen. Auf der anderen Seite war es allerdings auch wiederum sehr lustig anzusehen, weil im Hintergrund Dwalin stand, dem die Kinnlage noch nie so weit nach unten gefallen war. Das Vierte war jenes, wo ich mit meinem selbstgemachten T-shirt auf der Bühne am Karaokeabend gestanden und für Thorin ein Lied gesungen hatte. Das letzte Foto allerdings, war das wohl besonderste von allen. Es war auch das Neuste, da es erst beim Talentabend geschossen worden war. Dort stand ich zusammen mit allen Zwergen in einer Reihe und wir bekamen die Ergebnisse der Jury mitgeteilt. Es war das Einzige unter all den ganzen Aufnahmen, wo wirklich alle zu sehen waren. Es war das, was ich wohl am längsten musterte. Und je länger ich dies tat, umso mehr fingen meine Augen an zu brennen und feucht zu werden. Nun brach es wirklich sehr deutlich aus mir heraus. Ich hatte sie restlos alle tief ins Herz geschlossen. Und es tat weh daran zu denken, sie am nächsten Tag verschwinden sehen zu müssen. Genauso wie der kräftige Schulterklopfen, den ich mir einhandelte, als sich Bofur unbemerkt an mich heran geschlichen hatte, um nachzusehen, was ich tat. "Na, hier bist du also Cuna. Sag mal was machst du... ", begann er kurz erheitert zu sagen, doch dann musterte er mein Gesicht, als ich den Kopf zu ihm drehte und ihm entgleiste das Lächeln zu einem eher besorgtem Ausdruck, ehe er hastig erkundigte, "Bei Durins Bart. Hab ich dir etwa weh getan?" Ich schüttelte nur schniefen den Kopf und wischte mir mit einem Arm über das Gesicht. "Nein, Bofur. Alles in Ordnung. Ich hab nur gerade die Bilder der vergangenen Tage gesehen und... und da hat es mich einfach überkommen", erklärte ich und zeigte ihm die Fotos. Er nahm sie mir aus der Hand und ging sie mit fasziniertem Blick nacheinander durch. Als er sie durch hatte reichte er sie mir zurück mit den Worten: "Du musst mir unbedingt einmal eure Künstler und Maler vorstellen. Wer es schafft solche kleinen Gemälde auf so dünnes Papier zu bringen, der versteht sein Handwerk wirklich." "Das waren keine Maler oder Künstler. Die hat man mit einer Kamera geschossen und dann ausgedruckt", erklärte ich mit leicht verschnupfter Stimme. Der Zwerg mit der Mütze sah mich nur noch verwirrter an. "Also, wenn das Kamera Ding geschossen hat, dann können wir ja froh sein, dass es nur diese Gemälde hergestellt und uns nicht getroffen hat. Nicht auszudenken, wenn sie uns dabei tödlich verwundet hätte", meinte er erleichtert. Nun musste ich doch wieder anfangen zu lachen, woraufhin er noch viel verwirrter drein schaute als ohnehin schon. Aber seine Unwissenheit über die technischen Gerätschaften meiner Welt war einfach zu köstlich, als dass ich es hätte zurückhalten können. "Warum lachst du denn plötzlich so?", fragte er und wieder schüttelte ich nur den Kopf. "Ach. Ist schon gut. Das würdest du eh nicht verstehen", sagte ich und wischte mir noch einmal mit dem Arm über die Augen. Er schnaubte kurz belustigt und lächelte mich fröhlich an. "Zumindest siehst du jetzt wieder glücklich aus. Auch wenn ich nicht wirklich weiß warum. Komm. Setzten wir uns rüber zu den Anderen. Die Versteigerung wird gleich beginnen", sagte er und deutete hinter sich, wo sich die Stuhlreihen langsam gefüllt hatten, ohne dass ich es bemerkt hatte. Die Zwerge hatten sich irgendwo in eine der mittleren Reihen verzogen und warteten bereits ungeduldig darauf, dass es los ging. Ich wollte gerade schon mit Bofur los gehen, als mir meine Fotos wieder einfielen, die ich noch beschriften musste. So schickte ich ihn schon einmal vor und suchte mir aus einer Grabbelkiste in der Nähe einen schwarzen Permanentmarker, damit ich hinten drauf meinen Namen schreiben konnte. Erst dann gesellte ich mich zu den Herren und nahm meinen inzwischen vorgesehenen Platz an Thorins rechter Seite ein. Nachdem das Barzelt dann endlich gut gefüllt war, trat Moe zusammen mit Frodo auf die Bühne und verkündete, dass die Auktion nun beginnen durfte und erklärte zunächst die Regeln. "Also, für alle die neu hier sind. Es darf jeder auf jeden Gegenstand bieten. Voraussetzung ist dabei allerdings, dass der oder diejenige den gebotenen Betrag auch in bar mit sich führt. Es werden weder Schecks noch ausländisches Geld, EC oder Kreditkarten akzeptiert. Nur Euros bitte. Ihr dürft auch gerne Gemeinschaften bilden, wenn ihr etwas zusammen haben wollt. Aber sprecht euch bitte vorher genau mit den Leuten ab. Die Höhe der Gebote ist unbegrenzt, sofern das Bargeld dieser Art vorhanden ist. Ich denke mal das haben alle soweit verstanden. Dann beginnen wir mit dem ersten Gegenstand", sagte er und deutete auf Frodo, der in seinem pinken Anzug kurz neben die Bühne ging, um das erste Teil zu holen. Währenddessen spielte der Mann an den Mischpulten die uralte "Der Preis ist Heiß" Melodie ab. Das sorgte natürlich für einiges Gegröle im Saal unter der Generation, die in den frühen Neunzigern aufgewachsen war. Auch ich kannte diese Spielshow noch aus meiner Kindheit, bei der ich immer wieder Spaß hatte mit zu raten, wie viel denn die Gegenstände kosteten, die angeboten wurden. Und Moe und Frodo taten auch noch ihr Bestes, um die damaligen Moderatoren, Walter Freiwald und Harry Wijnvoord, so gut sie konnten zu imitieren. "So Frodo, was haben wir denn als erstes?", fragte Moe und schon holte dieser freudestrahlend rufen. "Eine uralte Blumenvase!", erwiderte er und stellte sie auf den Tisch, den man für sie vorne auf der Bühne positioniert hatte. Die Vase an und für sich war die Hässlichste, die ich je gesehen hatte. Sie war in einem ganz widerlichen grün-braun bepinselt und mit übergroßen, verschnörkelten Mustern versehen. Noch dazu wirkte sie wie eine verbeulte Blechdose. Ich wusste nicht ob sie selbst gemacht oder gekauft worden war, aber es würde bestimmt einige geben, die auf das Ding boten. Als Frodo sie uns allen gut sichtbar mit einigen überschwänglichen Handbewegungen präsentiert hatte, nahm er einen Zettel zur Hand und las vor. "Dieses wunderschöne Exemplar einer uralten Vase kann nicht nur verwendet werden, um das allgemeine Gartengemüse zu präsentieren, sondern auch um die unliebsame Schwiegermutter zu vergraulen. Bereitgestellt wurde diese von der guten Hard-Cora. Das Einstiegsgebot liegt bei fünf Euro. Und es kann los gehen. Ihr dürft bieten", sagte er und deutete ins gackernde Publikum. "Eins Fufzig", rief ich nach oben, woraufhin noch mehr Leute lachten. "Jacky! Wir bieten rauf nicht runter!", kam es von Moe, der ebenfalls kurz kicherte. "Cuna. Was tust du denn da?", fragte mich Kili, der auf der anderen Seite seines Onkels saß und mich angrinste. "Was wohl? Das nennt sich bieten", erwiderte ich schulterzuckend. "Also soll man einfach nur rein rufen, wenn man etwas von diesen Gegenständen haben möchte?", fragte Fili, der neben seinem Bruder in meinem Blickfeld erschien. "Ja. Vorausgesetzt natürlich, wie Moe schon sagte, dass ihr das passende Geld dabei habt", erklärte ich noch einmal, während um uns herum fleißig auf das makabere Kunstwerk geboten wurde. Die Beiden nickten langsam und wandten sich dann wieder der Versteigerung zu. Auch ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder darauf. Die Vase war relativ schnell vergriffen. Als nächstes wurden ein selbst genähter Teddybär, eine CD der Kelly Family, ein unbenutzter Pack Staubsaugerbeutel und ein Plakat des Karaoke Wettbewerbs versteigert. Dann waren die Gegenstände der Zwerge an der Reihe. Balins Gegenstand war zuerst an der Reihe. Er hatte eine sehr alte, handgeschnitzte Pfeife zur Verfügung gestellt. Diese kam besonders bei den Herren um die vierzig gut an, die fleißig den Preis von den angesetzten zwanzig Euro auf über dreihundert hoch puschten. Am Ende bekam er ganze dreihundert sechsundvierzig dafür und wurde, wie alle Anderen darauf hingewiesen, dass er sich das Geld nach der Auktion bei Moe und Frodo abholen konnte. Danach war Kili dran. Dieser hatte ein paar Handschuhe von sich bereit gelegt. Als sein Name verkündet wurde, brach ein gewaltiger Sturm von Gebots-Rufen los, der natürlich hauptsächlich von den Frauen kam. Sie rissen sich regelrecht um diese ledernen Dinger. Einige fingen sogar an Jene nach Geld anzubetteln, die nicht mit darauf boten, weil sie nicht genug dabei hatten. Am Ende bekam sie, wie sollte es auch anders sein, die glückliche Käuferin für rund sechshundert. Ich blies zum einen vor Begeisterung und zum anderen vor Respekt die Backen auf. Das war bisher der höchste Preis des Abends und Kili jubelte auf seinem Platz. Doch ahnte er da noch nicht, dass ihn sein Bruder wenig später übertreffen würde. Er hatte seine geschnitzte Figur angemeldet, die er hier angefangen und schließlich auch vollendet hatte. Das nächste Mädel bekam sie freudestrahlend für ganze sechshundert fünfzig überreicht. Aber das alles war nichts, verglichen mit dem, was Bofur von sich hatte erübrigen können. Als Frodo es vor dem Publikum ausbreitete, fingen alle an zu schreien vor Lachen. Er hatte tatsächlich seine wohl abgegriffenste und durchlöchertste Ganzkörperunterwäsche eingereicht und verlangte dafür auch noch mit zehn Euro vergleichsweise viel Geld. Ich hatte, während für dieses Teil wirklich geboten wurde, große Mühe nicht vor lauter Lachen ohnmächtig zu werden und vom Stuhl zu fallen. Zu meinem Glück, aber seinem Pech, hielt mich der Zwergenkönig so gut er konnte fest, als ich laut gackernd von seiner Schulter auf seinen Schoß rutschte und dort mit meinem Kopf liegen blieb. "Cuna. Bei Durins Bart. Jetzt reiß dich doch ein wenig zusammen", grummelte er wobei ich merkte, dass es ihm schwer fiel nicht auch noch zu lachen. Schließlich und endlich wurde der Zwerg mit der Mütze seine Unterbekleidung dann doch zumindest für siebzig Euro los und war damit auch vergleichsweise zufrieden. Ich schnappte unterdessen nach Luft und blieb erst einmal auf Thorins Oberschenkeln liegen, bis ich mich soweit beruhigt hatte, dass ich von selbst aufrecht sitzen konnte. Nachdem nicht nur ich, sondern auch der Rest des Saales sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, verkündete Moe den letzten Gegenstand. Nämlich den, den der Zwergenkönig selbst heraus geben wollte. Auf diesen war ich ja besonders gespannt gewesen. Nun würde ich erfahren, was er denn dem Zeltplatzpublikum anzubieten hatte. "So, bevor wir die Auktion mit dem letzten Gegenstand beenden, gibt es dazu noch eine Kleinigkeit anzumerken", sagte Moe und schob etwas den Tisch auf die Seite, ehe er fort fuhr, "Und zwar, ist es so, dass die folgende Sache für einen sehr guten Zweck versteigert werden soll. Das Geld soll nämlich nicht demjenigen zu gute kommen, der es angeboten hat, sondern einer besonderen Person, die ihm sehr am Herzen liegt. Allerdings muss ich dazu sagen, dass das Ding nicht so Handlich ist, wie die Anderen, die ihr gesehen habt. Trotzdem wäre es schön, wenn ihr ebenso ausreichend bieten würdet, wie ihr es vorher getan habt." Mit diesen Worten gab er Frodo ein Zeichen, der Thorins großes Geheimnis mit Hilfe einer weiteren Person auf die Bühne hievte. Ich brauchte gar nicht lange um zu erkennen, was da gerade herein geschleppt wurde, da klappte ich schon empört den Mund auf. Wie hatte er das nur tun können?! Was zur Hölle war in diesen Mann gefahren?! Das konnte er doch nicht machen! Wieso ausgerechnet das?! Wieso ausgerechnet meine Liege??!! - 65. Die kuriose Zeltplatz-Auktion / ENDE - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)