Diesem Einen will ich #Follow von Virdra-sama (Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?) ================================================================================ Kapitel 55: 55. Auftakt ins nächste Chaos ----------------------------------------- Völlig verblüfft von Kilis mehr als wahnwitzigem Vorschlag stand ich mit dem Rücken zum Lagerfeuer und konnte die Zwerge nur sprachlos anstarren, die mich gerade inoffiziell und stumm zu ihrem persönlichen Schneewittchen erklärt hatten. Unter nüchternen Umständen hätte mich ihr Vorschlag sicherlich irgendwie gefreut. Doch da mir eigentlich klar war, dass sowohl sie, als auch ich, trotz der kalten Dusche nicht mehr ganz beisammen waren mit den Gedanken, war mir das Ganze alles andere als recht. Oder um es mit den Worten zu sagen, die mir tatsächlich an jenem Abend durch den Kopf gingen. Waren die Herren vollkommen übergeschnappt oder hatte ich einfach zu viel getrunken und es mir nur eingebildet, dass sie wirklich vor hatten ein Märchen vor der versammelten Zeltstadt aufzuführen? Vermutlich nicht. Ihre vielsagenden Blicke auf mich sprachen ganze Brockhaus-Bände. Sie waren offensichtlich fest entschlossen die Sache durchzuziehen, ob ich ihnen nun widersprach oder nicht. Bis ich allerdings meine Stimme wiedergefunden hatte, dauerte es schon ein bisschen. In dieser Zeit begannen die Herren schon untereinander kleinere Pläne auszuarbeiten. Wer denn welche Rolle übernehmen sollte und wie das Stück denn nun abzulaufen hatte. Als man sich gerade darum stritt, wem denn die Rolle der bösen Königin am besten auf den Leib geschneidert war, platzte es dann doch aus mir heraus. "Ihr tickt doch alle nicht mehr ganz sauber!", rief ich aus und schon hatte ich wieder sämtliche Aufmerksamkeit gewonnen. "Was soll nicht mehr sauber ticken?", fragte Nori etwas verwirrt. Ich seufze einmal ganz tief, ging danach forschen Schrittes vor ihnen auf und ab und raufte mir etwas die Haare in der Stirn. Die richtigen Worte für das zu finden, was mir gerade durch den Kopf ging war wirklich nicht einfach. Vor allem, da ich mich ja erst vor einigen Minuten wieder mit ihnen gut gestellt hatte. Doch die Sache war so haarsträubend, dass ich es ihnen irgendwie beibringen musste. "Jungs. Im ernst. Ihr und schauspielern? Habt ihr denn überhaupt eine Ahnung, was ihr da machen sollt? Wie lange das dauert sich Text zu erarbeiten? Dann die Aufteilung der einzelnen Szenen, die Requisiten, die Kostüme und das Bühnenbild? Allein so etwas vorzubereiten dauert Wochen. Und wenn ihr wirklich eine ganze Geschichte vorspielen wollt, dann braucht man dafür schon den halben Talentabend. Und wir haben aller höchsten, wenn wir heute Nacht nicht schlafen, sondern durcharbeiten, achtzehn Stunden für alles", erklärte ich ihnen mehr oder minder ruhig. "Nun beruhige dich mal, Cuna. Ich bin sicher unter deiner Anleitung werden wir das bestimmt schaffen", meinte Fili zuversichtlich. "Nicht einmal ich bin in der Lage innerhalb eines so begrenzten Zeitraumes diese Idee umzusetzen. Und erst recht nicht euch Schauspielunterricht zu geben. Schon gar nicht zu dieser Tageszeit", erwiderte ich und deutete auf den dunklen Sommernachthimmel. "Ach nur keine Müdigkeit vorschützen. Wenn wir so wenig Zeit haben, dann sollten wir uns sofort an die Arbeit machen", meinte Bofur und sprang schon mal auf die Füße. Ich rollte genervt mit den Augen und wand mich dem Einzigen zu, von dem ich zumindest hoffte, dass er noch am vernünftigsten war. "Thorin. Jetzt sprich doch mal ein Machtwort", bettelte ich mit zusammengelegten Händen und machte ein paar Schritte auf ihn zu. Er sah mich kurz an und strich sich nachdenklich durch den Bart, dann sah er zu seinen Männern und nickte kaum erkennbar. "Ich muss Cuna voll und ganz recht geben. Dies ist wirklich nicht der rechte Ort noch die rechte Zeit um so etwas Großes zu planen", meinte er schlicht. Ich atmete erleichtert auf und wischte mir die Stirn, als die Zwerge in ihrer Unterhaltung inne hielten und ihren König ein wenig enttäuscht ansahen. "Danke", sagte ich schlicht und wollte mich bereits wieder umdrehen, als Thorin jedoch noch etwas hinzu fügte. "Wir legen uns jetzt erst einmal schlafen und dann werden wir Morgen mit allen Vorbereitungen beginnen", erklärte er und seine Männer murmelten reihum zustimmend. "WAS?!", rief ich entsetzt und drehte mich noch einmal entgeistert zu ihm um. Er war mit den Anderen aufgestanden und kam nun auf mich zu. Während die schon an mir vorbei zu ihren Zelten gingen, blieb er vor mir stehen und legte mir mit ruhiger Miene die Hand auf die Schulter. Ich schüttelte ungläubig den Kopf. "Das ist doch nicht wirklich dein Ernst, oder?", hakte ich noch einmal kurz bei ihm nach. Er lächelte mich nur leicht erschöpft an und sagte: "Ich bin zuversichtlich. Außerdem wird es etwas sein, womit wir uns bei euch Menschen für eure Gastfreundschaft bedanken können." "Könnt ihr dafür nicht irgendwas anderes machen? Ein Bild malen? Oder Butterblümchen basteln? Aber gleich ein Theaterstück? Ich meine, das wird verdammt aufwendig. Und ich glaube nicht, dass die Leute hier sich den ganzen Abend nur dieses Schauspiel ansehen wollen", erwiderte ich und sah ihm dabei sehr ernst ins Gesicht. "Darüber können wir auch noch morgen ausgiebig sprechen. Komm schon. Lass uns gehen. Du brauchst ein wenig Schlaf", meinte er gelassen, ließ seine Hand von meiner Schulter zu meinem Arm hinunter wandern und zog mich dann mit sich. Ich folgte ihm und rollte dabei mit den Augen. Das konnte ja noch heiter werden. Die ganze Bande musste wohl binnen dieser kurzen Zeit den Verstand verloren haben. Einschließlich dem Zwergenkönig, in den ich eigentlich die Hoffnung gesteckt hatte, dass dieser sich zumindest dagegen aussprechen würde. Aber dass ihm die Idee seines Neffen auch noch zusagte, war für mich eindeutig zu viel. Damit war ich fast schon überfordert. Das Einzige woran ich noch glaubte war, dass die Zwerge wieder zu Vernunft gekommen sein würden wenn wir die Nacht darüber geschlafen hatten. So zog ich mich völlig matt und mit drehenden Gedanken hinter meinen Vorhang zurück, räumte meine Liege leer und ließ mich erschöpft auf den Bauch fallen, wo ich überraschender weise sofort einschlief. Am nächsten Morgen spürte ich, wie ich unsanft wach gerüttelt wurde. "Cuna. Los steh auf. Komm schon", forderte die Stimme von Kili über deutlich laut an meinem rechten Ohr, sodass mal wieder der kleine Mann mit dem Hammer in meinem Schädel aufgestanden war, um fröhlich auf mein armes Hirn einzuschlagen. Stöhnend und völlig verkatert zog ich das Kissen unter meinem zerknirschten Gesicht heraus und legte es mir auf den Hinterkopf. Doch dieses wurde mir umghehend wieder entrissen. Ich strampelte entrüstet mit den Beinen herum, während ich vor mich hin maulte: "Noch fünf Minuten, Mutti." Kili lachte auf und rüttelte noch energischer an mir herum. "Nun werd doch mal langsam munter. Die Sonne ist schon seit über einer Stunde aufgegangen. Wer sich betrinken kann, der kann auch am anderen Tag arbeiten", meinte er und hob meinen Kopf etwas an. Ich drehte ihm benommen mein Gesicht zu und schielte den jungen, grinsenden Zwerg genervt an. Mein Schädel fühlte sich an diesem Morgen nach der halb durchzechten Nacht an, als wäre er mit Watte gefüllt. "Wie kannst du nur zu dieser unmenschlichen Zeit so gut gelaunt sein? Das ist ja fast schon widerlich", brummte ich ihm entgegen. Wieder lachte er und klatschte mir mit der flachen Hand fest auf den Rücken, womit ich nun endgültig wach war. "Nun sei doch nicht so griesgrämig. Alle warten schon auf dich. Du musst uns doch immerhin helfen die Idee umzusetzen", sagte er und zog mich dann langsam in eine sitzende Position. Ich schüttelte kurz den Kopf und musterte Kili irritiert. "Wovon sprichst du da gerade?", fragte ich noch halb verpeilt. "Na, von der Geschichte mit den Sieben Zwergen, die du uns gestern Abend noch erzählt hast. Wir wollten die doch heute bei eurem Talentabend vorführen. Erinnerst du dich nicht mehr?", erwiderte er gut gelaunt. Ich schüttelte zunächst einmal meinen schweren Kopf und legte mir beide Hände an die pochenden Schläfen. Nur langsam kamen meine Hirnströme wieder in Schwung und versorgten meinen Verstand mit den Erinnerungen der vergangenen Nacht. Als ich alles wieder so halbwegs beisammen hatte, brach ich in ein leicht entrüstetes Stöhnen aus. "Sag mir bitte nicht, dass ihr immer noch vor habt diese Schwachsinnsidee durchzuziehen?", hakte ich bedröppelt nach. "Natürlich haben wir das immer noch vor. Aber dafür brauchen wir deine Hilfe. Du weißt alles über die Geschichte und ohne dich schaffen wir das bestimmt nicht", sagte er und hielt mir seine Hand als stummes Angebot vor die Nase, um mich auf die Beine zu ziehen. Ich sah ein wenig gequält zu ihm auf. "Gibt es nicht noch eine Möglichkeit, um euch davon abzuhalten das zu machen?", fragte ich ihn hoffnungsvoll. Doch noch bevor er antworten konnte, kam bereits der Nächste hinter meinen Vorhang getreten. Es war Nori, der ein wenig abgehetzt wirkte. "Hast du sie endlich wach, Kili? Draußen gibt es streit", sagte er hastig und schaute sich dann erst in meinem Schlafbereich um. Als er mich dort sitzen sah, fasste er mich sofort an den Schultern. "Du musst sofort mit raus kommen", meinte er hastig. Ich nickte einfach kurz, rollte seufzend mit den Augen und drückte mich schwerfällig auf die Beine. Tatsächlich hörte ich, wo Nori es erwähnte, dass einiger Tumult von draußen herein kam. Nur worum sich gerade gestritten wurde, war nicht ganz klar heraus zu hören, da sie lediglich ihre Muttersprache verwendeten, in der sie sich vielmehr anschrien, als ruhig unterhielten. Wobei es auch nicht lange bei schreien blieb, denn hin und wieder waren auch Geräusche zu hören, die wohl vom gegenseitigen Schubsten oder Gerangel her rührten. Ich ahnte schon, dass dies wieder ein sehr langer harter Tag werden würde, als ich mit den beiden anderen langsam aus dem Zelt trat. Draußen schien bereits die Morgensonne sehr grell auf den Platz. Es traf mich buchstäblich, wie ein Hammerschlag, sodass ich mich zunächst im Schatten hinter Kilis Rücken weg ducken musste und aufstöhnte, nachdem sie mir in die Augen stach. "Ach, kommt unsere Schlafmütze auch endlich einmal herbei", hörte ich Thorin sagen, der sich als einer der Wenigen aus dem Streit heraus hielt. "Worum gehts gerade eigentlich?", fragte ich mit gequälter Stimme und hob langsam wieder den Kopf. "Sie werden sich nicht einig, wer dich umbringen soll", meinte der Zwergenkönig trocken. Ich warf ihm einen kurzen verwirrten Seitenblick und ein leicht hohles Lachen zu, nachdem ich es endlich geschafft hatte die Augen auf zu bekommen. Inzwischen wälzten sich sogar einige der kleinen Männer auf dem harten Kiesboden herum und veranstalteten einen mehr als peinlich lauten Massenringkampf. Fast alle rollten querbeet über- und untereinander. Es war kaum auszumachen wo Bofur anfing und Gloin aufhörte. Die Einzigen, die sich bei dieser Schlägerei raus hielten, waren meine beiden Begleiter, Balin, Oin und natürlich Thorin. Ich schüttelte nur den Kopf und sah nun den Zwergenkönig vollends an. "Warum bringst du sie nicht zur Ruhe?", fragte ich langsam. Er schnaubte kurz und warf mir einen belustigten Blick zu. "Ich dachte mir, es wäre gerade dir nicht recht wenn ich mich dort mit meiner verwundeten Schulter einmische", sagte er und nickte auf seinen Arm in der Schlinge. "Ja. Auch wieder wahr", erwiderte ich ratlos und kratzte mir verlegen am Hinterkopf, da ich in meinem verkaterten Zustand wirklich vergessen hatte, das Thorin immer noch mit der Schusswunde herum lief. Dennoch half mir diese Erkenntnis nicht wirklich bei dem Problem weiter, welches sich gerade als ganzes Knäuel aus Bärten und Männern zu meinen Füßen herum wälzte. "Sollen wir warten, bis sie sich beruhigt haben oder gibt es irgendetwas womit man sie zur Ordnung rufen kann?", fragte ich nach einiger Zeit schulterzuckend, da mir partout in diesem Moment nichts einfiel, außer das mir das Geschrei und Gebrülle unglaublich in den Ohren weh tat und der winzige Mann in meinem Kopf mit seinem Hammer Amok lief. "Ich glaube wir warten lieber, bis sie sich von selbst beruhigen. Das hat so einfach keinen Zweck. Es sei denn, du willst selbst eins auf die Nase bekommen", meinte Kili seufzend. Wieder konnte ich nur hohl lachen. "Ihr habt wohl alle heute Morgen einen Clown gefrühstückt, was? Aber mal Spaß beiseite. Wenn die so weiter machen, stehen sie alle mit zu geschwollenen Augen auf der Bühne. Und wenn ihr nichts tut, dann mach ich das eben", sagte ich und wollte an den Pulk heran treten, doch schon hatte ich die kräftige Hand des Zwergenkönigs am Arm, die mich auf Abstand hielt. "Das ist zu riskant für dich. Sie könnten dich ungewollt verletzten", sagte er mit ernstem Ton, als ich fragend über meine Schulter hinweg blickte. "Dann mach nen besseren Vorschlag, bevor hier die Zeltplatzleitung aufschlägt und uns zur Rede stellt, was der Krach am frühen Morgen zu bedeuten hat", erwiderte ich seufzend. "Ich hätte ja gesagt, wir kühlen die Gemüter mit etwas Wasser ab. Aber so bekommen wir sie einfach nicht in die Nähe der Waschräume", kam es mit ernüchternder Stimme von Balin. "Und an den Schlauch kommen wir auch nicht. Der ist wieder eingeschlossen", grummelte ich nachdenklich und ließ meinen Blick über den restlichen Platz schweifen. Wie von einer unsichtbaren Kraft angezogen blieben meine Augen nach einigen Minuten an dem Kühlanhänger kleben, der neben dem Fisse Ma "Tent" chen friedlich vor sich hin brummte. Da ging mir buchstäblich ein ganzer Kronleuchter auf und ein breites, hinterhältiges Grinsen legte sich auf meine Lippen. "Was schaust du so selbstgefällig grinsend dort rüber?", fragte Thorin, dem mein Gesicht als erstes aufgefallen und meinem Blick kurzerhand gefolgt war. "Mir kommt da gerade eine Idee. Kommt mal alle mit", sagte ich, löste meinen Arm aus dem Griff des Zwergenkönigs und eilte zügig hinüber zu dem Anhänger. Der Rest folgte mir mit verwirrten Mienen. Als ich diesen erreichte, machte ich mich sofort an der Tür zu schaffen, die zu meinem Glück und großer Freude nicht mit einem Schloss versehen war. "Was hast du denn vor?", fragte Nori etwas ungeduldig. "Wartet bis ich die Tür hier auf habe, dann erklär ich es euch schon", meinte ich keuchend, da diese ein wenig klemmte. Mühsam und mit einigem, kräftigen Zerren brachte ich sie dann doch endlich auf und ein Schwall eiskalter Luft wehte uns aus dem inneren entgegen. Die Zwerge keuchten kurz verwundert, als sie den Luftzug auf ihren Gesichtern fühlten. Allerdings wagten sie es nicht mir ins innere des Anhängers zu folgen, nachdem ich zielstrebig hinein ging. Dieser war ihnen nun offensichtlich mehr als suspekt. Mich störte wenig was sie von dem merkwürdig kalten Raum hielten. Ich musste mir unterdessen einen Weg durch das halbdunkle Innere bahnen. Überall standen fein säuberlich sortiert und aufeinander gestapelt die unterschiedlichsten Getränkekisten herum, die mir ein ums andere mal ein kleines Hindernis dar boten. Manche waren noch Rand voll andere waren schon leer. Doch diese interessierten mich im Augenblick weniger. Mein Objekt der Begierde befand sich fast ganz hinten unter dem Kühlaggregat. Ich näherte mich langsam dem Gebläse, welches laut scheppernd an der Wand hing und mir meine Haare nach hinten wirbelte. Direkt darunter befand sich eine kleine Tiefkühltruhe. Auf deren Inhalt hatte ich es abgesehen. Vorsichtig schob ich den Deckel beiseite. Darin lagen portionsweise, in Plastikbeutel abgepackte Eiswürfel, die man hauptsächlich dafür verwendete um die Getränke unter der Theke kühl zu halten, wenn der Kühlschrank an der Bar schon voll war. Breit grinsend griff ich hinein und zog sechs der kleineren Beutel heraus, die ich zunächst auf den Boden stellte. "Cuna, was machst du so lange da hinten? Komm raus da. Es ist viel zu kalt hier drin", rief Thorin mir mit hallender Stimme durch den Lärm des Gebläses entgegen. "Ich bin schon fertig", erwiderte ich und schloss die Truhe. Ich packte mir die Beutel auf einen kleinen Stapel zusammen und versuchte sie so gut ich konnte durch den engen Pfad zurück zu den Zwergen zu bringen. "Was in Durins Namen schleppst du denn da an?", fragte Kili verwundert, als ich die Beutel draußen ablegte. "Das ist die Abkühlung für die Hitzköpfe", meinte ich grinsend. "Was ist denn da drin?", fragte Oin neugierig und nahm einen Beutel hoch. "Da sind Eiswürfel drin. Also, wenn das nicht kalt genug ist, dann weiß ichs auch nicht", erklärte ich und schloss nun auch die Anhängertür hinter mir. "Wie habt ihr Menschen es nur geschafft Eis in kleine Würfel zu pressen und gefroren zu halten? Es ist doch die vergangenen Tage viel zu heiß gewesen", meinte Balin mit erstaunter Miene. "Um dir das lang und breit zu erklären habe ich jetzt nicht die Zeit. Zunächst einmal müssen wir uns darum kümmern, dass wir die anderen Männer beruhigt bekommen. Nehmt euch mal jeder einen Beutel und dann zeig ich euch, was wir machen", antwortete ich kurz angebunden, schnappte mir einen und ging wieder einmal voraus. Wieder bei den Streithähnen angekommen, öffnete ich mein kleines, eisiges Überraschungspaket und deutete den anderen Fünf an es mir gleich zu tun. "Ich weiß wirklich nicht wozu das gut sein soll", murmelte mir Thorin zu, der immer noch Probleme hatte zu verstehen, was ich denn genau vor hatte. "Na, pass mal auf. Wir stellen uns jetzt alle um sie herum. Und zwar so dicht dran wie es geht. Auf mein Kommando hin entleeren wir dann alle Beutel gleichzeitig und sehen danach zu, dass wir schnellst möglichst wieder auf Abstand gehen", erklärte ich ruhig. "Ich wäre ja dafür, dass wir mit den durchsichtigen Säcken auf sie einschlagen, um sie zur Vernunft zu bringen", schlug Nori vor. "Willst du sie auseinander bringen oder noch mehr aufhetzten?", fragte ich ihn seufzend. "Tut einfach was sie sagt", warf Thorin dann ein, als Nori gerade den Mund öffnen wollte, um mir auf meine Frage hin zu antworten. Dieser schloss die Lippen wieder und nahm seine Position ein auf die ich ihn einwies. Kili stellte sich mit etwas Abstand rechts von ihm und Balin links daneben. Ich nahm den Platz neben Thorin und Oin ein. Die Beutel bereit haltend sah ich alle nacheinander an. Dann machte ich den ersten Schritt näher an den sich windenden Wust aus Armen, Beinen und Bärten heran. "Ich hoffe wirklich, dass du weißt was du da tust", kam es noch einmal mit skeptischem Unterton von Thorin, ehe er auch einen Schritt vor tat. Die Anderen folgen gleichsam. "Nur die Ruhe. Wir werfen gleich das Eis auf die und dann ziehen wir uns sofort zurück. Also. Auf Drei", sagte ich dann etwas lauter und sah nochmal alle flüchtig an. Sie nickten mir zu und blickten dann konzentriert auf ihre Freunde am Boden. Ich atmete tief ein und fixierte einfach mal einen Punkt in der Gruppe den ich treffen wollte, ohne jemand bestimmten ins Visiert zu nehmen. Danach zählte ich langsam runter. "Eins!" Die Beutel wurden höher gehoben. "Zwei!" Wir neigten sie ein wenig nach vorne. "Drei!" Schon prasselten die Eiswürfel unaufhaltsam auf die Gruppe ein. Binnen Sekunden gab es die ersten empörten Aufschreie, als sich der ein oder andere Brocken in der Kleidung der Herren verfing die oben auf lagen. Nachdem sich die Beutel zügig geleert hatten, machte ich einige Schritte rückwärts, um denen platz zu machen, die geschockt aufgesprungen waren und fast panisch verwirrt umher liefen, um ihre Leinenhemden und teilweise sogar Hose auszuschütteln, in die die Würfel hinein gerutscht waren. Bei dem eigenwilligen Tanz, den die Streithammel da aufführten, hielt ich es nicht mehr lange aus und brach in schallendes Gelächter aus. Meinen Mittätern erging es da nicht anders. Wir hatten wirklich diebische Freude daran, wie sich der Pulk so langsam auflöste. "Was in Durins Namen soll das?! Was ist das für eine Teufelei?!", brüllte Dwalin entrüstet und hampelte mit einer Hand im Nacken vor mir herum. "Na, kleine Erfrischung gefällig?", fragte ich gelassen und faltete meine leere Tüte zusammen. "Mahal! Das ist ja eiskalt!", rief Bofur und schüttelte die Hose aus. "So war es ja auch beabsichtigt", kam es ruhig von Thorin der mich verstohlen anlächelte. Er brauchte mir in diesem Moment gar nichts zu sagen. Mein Plan hatte ihm definitiv sehr gefallen. Das konnte ich gut an seinen Augen ablesen. "Unfassbar! So was hinterhältiges! Wo habt ihr diese Eisbrocken her?", rief Gloin empört aus und zog einige Würfel aus seinem Hemdausschnitt heraus. "Cuna hat sie uns gegeben", meinte Nori unbedacht und wischte sich die Lachtränen aus den Augen. Sofort hielten die "tanzenden" Zwerge in ihren Bewegungen inne und drehten ganz langsam ihre haarigen Köpfe in meine Richtung. Ich schluckte kurz, als mich acht finstere Blicke gleichzeitig trafen. "Das bereust du, Weibstück!", rief Dwalin aus und begann mit den Knöcheln zu knacken. Ich zuckte kurz zusammen und machte noch ein paar Schritte rückwärts. Ungewöhnlich zügig setzten sich die Acht mit aufgebrachten Gesichtern in Bewegung und kamen zielstrebig auf mich zu. So hatte ich mir das Ende des Kampfes nicht vorgestellt. Die kurze Distanz hatten beinahe alle schnell überwunden. Dwalin streckte bereits seinen schweren, muskelbepackten Arm nach mir aus, um mich am Kragen zu packen, als sich Thorin gerade noch rechtzeitig vor mich positionierte und mich mit seinem breiten Oberkörper abschirmte. "Das reicht jetzt!", brüllte er sie an und die Finger des glatzköpfigen Zwerges zuckten umgehend zurück. "Was soll das, Thorin? Willst du sie etwa dieses mal ungestraft davon kommen lassen?", fragte Gloin aufgebracht. Der Zwergenkönig schnaubte ihm kurz entgegen. Ich konnte zwar nicht sehen, welchen Blick er gerade dem rothaarigen Zwerg zuwarf, doch dessen Miene versteinerte sich und er senkte rasch die Augen. Ich sah wie Thorin kurz noch einmal in dessen Richtung nickte und schließlich langsam einen Fuß vor den anderen setzte, um zwischen seinen Männern hindurch zu gehen, welche ihm bereitwillig eine Gasse bildeten. Ich blieb auf meiner Position stehen und starrte nur auf seinen Rücken. "Ihr habt mit eurem Streit schon genug unserer wertvollen Zeit vergeudet, die wir hätten nutzen können, um alles vorzubereiten. Von jetzt an will ich kein Gezanke und keine Missgunst mehr zwischen euch sehen, bis die Sache hier beendet wurde. Ihr werdet ab jetzt alles tun, was euch Cuna aufträgt und das ohne Wenn und Aber. Sie allein bestimmt wer was zu tun hat. Und sollte irgendeiner von euch damit ein Problem haben, bekommt derjenige eines mit mir. Habt ihr das verstanden?", fuhr er sie in barschem Ton an, der auch mich einen Moment zusammen fahren ließ. Er machte auf dem Absatz kehrt, nachdem er etwa das Zentrum der Gruppe erreicht hatte und musterte alle mit seinen kalten, eisblauen Augen. Nun strahlte Thorin wirklich seine ganze Macht als König unter dem Berg aus. In seiner ganzen Pracht und seiner Erhabenheit stand er dort und nicht einmal seine verwundete Schulter ließ ihn dabei irgendwie verletzlich aussehen. Im Gegenteil, sie gab ihm das entscheidende Fünkchen Ausstrahlung in seiner gesamten Haltung. Gerade so, als sei er eben erst von einem Lazarett wiedergekehrt, um seine mutlosen Männer auf dem Schlachtfeld daran zu erinnern, dass sie noch eine Aufgabe zu erfüllen hatten. Mein Herz begann wieder schneller in meiner Brust zu schlagen, während ich ihn so musterte und seine ganze Präsenz spürte. Sie hinterließ deutlich ein heißes und kalten Kribbeln auf meiner Haut und meine Nackenhaare stellten sich auf. Als er mit ernster Miene wieder auf mich zu kam, nachdem seine Männer ihm murmelnd zustimmten oder schweigend nickten, wehten ihm im Gehen seine langen, schwarzen Haare nach hinten und die grauen Strähnen darin glänzten im Sonnenlicht, wie reines, flüssiges Silber, was ihm endgültig wahre Größe verlieh. Mich überkam das Gefühl gleich in Ohnmacht fallen zu müssen, so überwältigt war ich von seiner Erscheinung. Ich wäre am liebsten vor ihm auf die Knie gefallen und hätte mein Gesicht in den Staub gelegt, da ich mich seiner nun gar nicht mehr würdig fühlte. Das eben jener Mann, der gerade mehr König war als alles andere, mit mir am Vortag noch in einem Maisfeld Zärtlichkeiten ausgetauscht hatte, war kaum noch denkbar. Er wirkte plötzlich verstörend befremdlich auf mich. So als würde ich nun zum ersten mal sein wahres Ich kennen lernen. Es war zum Einen das Atemberaubenste, was er je von sich gezeigt hatte, zum Anderen wünschte ich aber, dass er bald wieder aus dieser Haltung zurückkehrte, da sie mich fast völlig um den Verstand brachte. Und das brachte ich unglücklicherweise gerade dann zum Ausdruck, als er nach dem kurzen hin und her Gelaufe wieder vor mir stand und mich mit einem milden Lächeln bedachte. Meinen Lippen entsprang buchstäblich eine Mischung aus erregtem keuchen und stöhnen, während seine wunderschönen Augen auf meine trafen und er sanft den Kopf neigte. Er blinzelte kurz drauf und musterte irritiert mein Gesicht."Was in Durins Namen war denn das?", fragte er mit belustigter Stimme. "Cuna!", reifen die Männer empört aus, sodass ich erschrocken zusammen fuhr und mir die Hand auf den Mund klatschte. Himmel! Die Anderen hatte ich für diesen Augenblick ganz aus meiner Umgebung verbannt. Gott verdammt, war das aber richtig peinlich! Zum Glück hatte ich nur aufgestöhnt und nicht irgendetwas Dummes gesagt. Trotzdem schoss mir unwillkürlich sämtliches Blut in den Kopf und färbte mein Gesicht so rot, wie eine Signalleuchte. Thorin schüttelte nur lächelnd den Kopf und klopfte mir kurz auf die Schulter. "Du kannst sie jetzt übernehmen. Aber reiß dich ein bisschen zusammen, sonst verlieren wir noch mehr Zeit", murmelte er mir im vorbeigehen sanft ins Ohr. Ich zuckte kurz mit dem Kopf, um ein Nicken anzudeuten. Danach stellte er sich hinter meinen Rücken, worüber ich ihm im Nachhinein sehr dankbar war, weil er mich womöglich noch mehr abgelenkt hätte. So versuchte ich mich mit einigen Räuspern und straffen meiner Kleidung etwas zu mehr Fassung zu zwingen und sah die Zwerge vor mir ruhig an. Wobei sich der ein oder andere ein verstohlenes, wissendes Grinsen nicht verkneifen konnte. "Also, gut. Schön. Ähm. Ihr wollt also diese Geschichte mit den Sieben Zwergen vorführen. Und ihr denkt vielleicht das das alles ein Zuckerschlecken wird. Aber ich sage euch, das ist verdammt harte Arbeit. Ich weiß zwar das ihr harte Arbeit gewohnt seid. Aber ich gehe einmal davon aus, das kein einziger von euch Bühnenerfahrung hat. Wenn ich euch nun Anleiten soll damit wir das heute Abend reibungslos hin bekommen, muss ich zunächst einmal sehen was ihr denn so drauf habt", meinte ich und ging vor ihnen auf und ab. "Wie meinst du das? Was müssen wir denn drauf haben?", fragte Fili und legte den blonden Haarschopf schief. "Ganz einfach. Ihr geht paarweise zusammen und denkt euch, sagen wir mal eine Liebesszene aus. Sie muss nichts mit der Geschichte zu tun haben, die wir aufführen wollen. Es dient rein dazu, dass ich sehe ob ihr Talent habt, so etwas natürlich darstellen zu können oder nicht. Dann kann ich euch eure Rollen zuweisen. Ist das klar verständlich?", hakte ich kurz nach und musterte alle der Reihe nach. Diese sahen mich mit gehobenen Augenbrauen an und warfen sich gegenseitig fragende Blicke zu. "Muss das wieder mit Küssen sein oder geht das dieses mal auch ohne?", fragte Ori vorsichtig nach. Ich kicherte und nickte leicht. "Keine Bange, das müsste ihr nicht, wenn ihr es nicht unbedingt wollt. Wisst ihr. Auf der Bühne müssen Liebesszene nicht unbedingt damit dargestellt werden, dass sich ein Paar heiß und innig Küsst. Das ist lediglich die Krönung des Ganzen. Wenn euch das allerdings unangenehm ist, könnt ihr auch ein Drama darstellen", meinte ich ruhig. "Was ist denn ein Drama?". fragte Bofur und kratzte sich am Kopf, dass seine Mütze wackelte. "Ach, da gibt es verschiedenen Auslegungen. Es kann ein Wiedersehen nach ewigen Zeiten sein, wobei einer der Beiden merkt, dass sich der Andere so sehr verändert hat, dass er ihn nicht wieder erkennt, was ihn völlig verzweifeln lässt. Dann kann es sein, dass jemand stirbt. Oder dass der Eine erfahren hat, dass seine Frau ihn mit seinem Bruder oder besten Freund betrogen hat und er diesen dann in einem Streitgespräch zur Rede stellen will", erläuterte ich ihnen langsam und so einfach wie nur möglich. "Das klingt doch wunderbar. Können wir dann anfangen?", fragte Dori entschlossen und die restlichen Herren nickten zustimmend. Ich atmete tief durch und nickte dann ebenfalls, wenn auch nicht ganz so selbstsicher wie die Männer. Für mich war das alles immer noch ein großes, rotes Tuch. Aber bitte, wenn sie es so haben wollten, sollten sie es auch bekommen. Und ich musste mich fortan eben mit meinem Schicksal, als Laien-Regiesseurin abfinden. Doch blieb ich die ganze Zeit über skeptisch, ob ich diesem Job wirklich gewachsen war. Nun musste ich mich aber vorläufig nur mit den leichteren Sachen beschäftigen. Nämlich sie Paarweise zusammen stellen und ihnen zunächst einmal Zeit geben sich auszusuchen, was sie denn genau vorführen wollten. Ich ließ sie vorerst einmal alleine machen und beobachtete das Ganze von außen. Einige stellten sich gar nicht mal so schlecht an. Bei den Meisten sah die Darbietung sogar recht gut aus. Wobei ich hin und wieder eingriff wenn die Sache zu eskalieren drohte. Oder ich gab ihnen Tipps, wenn sie sich ein wenig zu Steif verhielten, um sie aufzulockern. Nach gut einer Stunde legte sich plötzlich von hinten ein Arm um meine Hüfte und ich fühlte, wie sich ein Kopf auf meine Schulter legte."Hast du nicht jemanden bei der Einteilung vergessen?", murmelte er mir leise und etwas vorwurfsvoll ins Ohr. Ich zuckte kurz erschrocken zusammen und drehte den Meinen etwas zu der Seite, auf die Thorin nun sein Kinn abstützte. "Oh, tut mir leid. Aber um ehrlich zu sein. Glaube ich nicht, dass du bei dem Stück mitmachen solltest. Das könnte deiner verletzten Schulter nicht gut tun", antwortete ich ihm. Er schnaubte kurz und ich sah wie er in meinem Augenwinkel beleidigt den Mund verzog. Er schloss die Augen und löste kurz seinen Arm um meine Hüfte, dann fasste er mich plötzlich fest am Arm und drehte mich schwungvoll zu sich um. Als er die Augen öffnete, bekam ich einen tierischen Schreck. Er sah auf einmal so beängstigend wütend aus, dass es mir die Sprache verschlug. Erst recht als er anfing laut zu werden, wodurch die anderen Grüppchen mit ihren winzigen Proben aufhörten und zu uns hinüber sahen. "Denkst du vielleicht, ich würde das zulassen?", fuhr er mich an und umklammerte schmerzhaft meinen Unterarm. "Wa-wa-was?", stammelte ich und machte einen Schritt zurück, doch er setzte nach. "Hast du auch nur die leiseste Ahnung davon, wie ich mich fühle? Allein der Gedanke daran, dich in den Armen eines Anderen zu wissen, macht mich Krank!", rief er aus. "A-a-ber. T-T-Thorin. D-d-das ist d-d-doch nur ein Stück. D-d-das ist doch nicht echt", stotterte ich mit geweitete Augen. "Nicht echt? Das ich nicht lache! Ich weiß doch genau, was du vor hast! Viel zu lange schon habe ich mich von deinem liebreizenden Lächeln und deinen zuckersüßen Worten täuschen lassen. In Wahrheit begehrst du ihn schon seit Jahren und wirfst ihm hinter meinem Rücken lüsterne Blicke zu", raunte er und zog mich enger an sich heran. "Ich werfe wem was zu? Und dann schon seit Jahren? Thorin, bist du noch bei Verstand?", fragte ich mit hoher Stimme. "In all der Zeit war ich so blind gewesen. Habe es stillschweigend über mich ergehen und an mir vorbei ziehen lassen. Nun sind meine Augen weit geöffnet und sehen klarer als je zuvor. Aber er wird dich nicht bekommen. Nichts und niemand wird dich meinen Armen entreißen. Du bist mein, Weib!", knurrte er und kam meinem Gesicht immer näher. Ein verängstigtes Keuchen entsprang meinem Mund, auf den sich wenig später gewaltsam seine weichen Lippen pressten. Seine blauen Augen bohrten sich energisch in meine und brachen bei mir sämtliche Widerstände. Nach einigen Sekunden schloss er sie dann, um den Blickkontakt zu unterbrechen. Sein Gesicht, welches sich verhärtet hatte, entspannte sich wieder. Zaghaft und ruhig atmend löste er sich von meinem Mund und lockerte den Griff um meinen Unterarm. Er zog sich einen Schritt zurück, öffnete dann langsam die Augen und hinter seinem dunklen Bart bildete sich ein ruhiges, sanftes Lächeln. Erst nachdem ich diesen Schock halbwegs überwunden hatte, erkannte ich was er getan hatte. Er hatte mir die ganze Zeit diese aufgebrachte Szene nur vorgespielt. Und ich war wirklich darauf herein gefallen. Fassungslos und noch am ganzen Leib zitternd vor Aufregung, starrte ich ihm entgegen. Eigentlich war mir danach ihm einen schallende Ohrfeige dafür zu verpassen, dass mich dieser verdammte Mistkerl so dermaßen in Panik versetzt hatte. Aber stattdessen besann ich mich eines Besseren und ein zufriedenes Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus. Was allerdings die anderen Zwerge offenbar nicht wirklich nachvollziehen konnten, da ich im Augenwinkel wahr nahm, wie sich der ein oder andere am Kopf kratzte oder gleichfalls ratlos wie verstört den Mund offen stehen hatte. Sie waren so überrascht von Thorins Ausbruch gewesen, dass sie der Sinneswandel ihres Königs am Ende des Schauspiels noch mehr verwirrte. "Und? Was sagst du?", fragte er, nachdem er mir ausreichend Zeit gelassen hatte seinen Auftritt zu verdauen und warf neckisch den Kopf zu Seite. "Das. Das. Verdammt! Das war absolut perfekt. Das war ein absolut gelungener Ablauf einer dramatischen Liebesszene. Woher kannst du das so gut? Wer hat dir das beigebracht?", fragte ich ein wenig euphorisch. "Das hat mir niemand beigebracht. Ich hatte eine ganze Stunde Zeit dich in Ruhe zu beobachten, habe mir deine Ratschläge genau angehört und zu Herzen genommen", meinte er schlicht und grinste mich breit an. "Soll das heißen, das war gar nicht ernst gemeint von dir, Thorin?", fragte Balin mit leicht verdrießlicher Miene. Der Zwergenkönig schüttelte nur den Kopf und betrachtete mich weiterhin. "Ich wollte sehen, ob ich mit deinen Ratschlägen etwas anfangen kann. Offenbar war ich so überzeugend, dass selbst du darauf herein gefallen bist, Cuna", meinte er schlicht. "Überzeugend? Soll das ein Witz sein?! Du hast mich halb zu Tode erschreckt und mir fast den Arm gebrochen! Ich dachte du willst mich umbringen!", schrie ich ihn entrüstet an. Völlig perplex weitete er die Augen, hob beschwichtigend die Hand und wich einen Schritt zurück. "Das habe ich nie gewollt. Ich könnte dir nie ein Leid antun", erwiderte er leicht überrumpelt. "Das ich nicht lache! Hör mal gut zu, du abgebrochener Riese, wenn du mir noch einmal so unangekündigt eine Szene machst, dass mir beinah das Herz stehen bleibt, dann Föhn ich dir den Scheitel auf Links!", brüllte ich und stapfte wieder näher an ihn heran. "Du machst was?", fragte er und hob verständnislos eine Augenbraue in die Stirn. "Du hast mich schon verstanden. So, wo wir das geklärt hätten denke ich, dass ich zur Verteilung der jeweiligen Rollen kommen kann", meinte ich und wand mich der gesamten Gruppe zu, die durch mein forsches Auftreten genauso erschrocken waren, wie durch jenes von Thorin zuvor. Der kleine Ausraster hatte mir nun wirklich gut getan und war aus meiner Sicht auch mal nötig gewesen. Doch nun wo das endlich raus war konnte ich mich wieder meiner eigentlichen Aufgabe widmen. So räusperte ich mich und musterte alle knapp, bevor ich dann meine endgültige Entscheidung verkündete. "Also, kommen wir zunächst zu den Nebenrollen. Fili, du spielst den Prinzen. Ich denke das passt auch am besten zu dir", erklärte ich und erntete von ihm eine kurze Verbeugung. Ich nickte und fuhr dann fort. "Dwalin. Dich will ich als Jäger haben", sagte ich und er nickte schnaubend mit verschränkten Armen vor der Brust. "Die Zwerge werden gespielt von Balin, Gloin, Bofur, Bombur, Ori und Bifur", sagte ich und deutete der Reihe nach auf die betreffenden Personen. Diese nickten mir ruhig zu und mancher versah mich mit einem freundlichen Lächeln. Bofur hob sogar kurz seine Mütze. Ich atmete noch einmal tief durch und widmete mich nun dem Wichtigsten. "So, nun komme ich zu den Hauptrollen. Ihr wolltet ja alle, dass ich die Prinzessin spiele. Also bitte. Dann mache ich das. Als nächstes möchte ich meine böse Stiefmutter erwählen. Kili, das wirst du sein", meinte ich und deutete auf ihn. "Ich?!", rief er entsetzt aus und sein Bruder neben ihm begann schallend zu lachen. "Ja, du Kili. Du hast leider den kürzesten Bart von allen hier und ich kann nicht meine eigene Stiefmutter spielen. Geschweige denn, dass die schönste Frau des Landes mit einem Bart bis zu den Knien herum stolziert", erklärte ich ihm und er rollte seufzend mit den Augen. "Na gut, wie du möchtest", erwiderte er und reihum verbreitete sich Gekicher. "Warte mal, Cuna. Ich habe grade mal nachgezählt. Uns fehlt noch ein Zwerg. Wir sind nur Sechs", warf Bofur ein. "Ja, das ich richtig. Nun komme ich zur wohl wichtigsten Rolle überhaupt. Der Zwerg, der das Herz der Prinzessin erlangen wird und mit ihr durchbrennt", sagte ich und sah all jene an, die ich bisher noch nicht zugeteilt hatte. Noch einmal ganz tief luftholend, drehte ich mich dann langsam zur Seite und sah den Einzigen an, der mich am Meisten von sich überzeugt hatte. "Thorin. Ich will, das du derjenige bist", sagte ich ruhig. Er legte fragend den Kopf schief und starrte mich kurz verständnislos an. "Hast du nicht vorhin gesagt, du wolltest mich nicht dabei haben?", hakte er kurz nach. "Ich habe meine Meinung eben geändert. Du hast mich mehr als alle anderen davon überzeugt, dass du es kannst. Außerdem glaube ich nicht, dass es dich lange auf deinem Stuhl im Publikum halten würde, wenn du siehst, dass ich in den Armen eines Anderen liege", erklärte ich und machte ein paar zaghafte Schritte auf ihn zu. Er ließ den Kopf etwas sinken und nickte dann vorsichtig. "Wohl wahr", meinte er schlicht, ergriff meine Hand und drückte sanft meine Fingerrücken an seine Lippen. Ich strahlte ihn liebevoll an und drehte meinen Kopf zu den verbliebenen Dori, Nori und Oin um, die ein wenig enttäuscht die Mundwinkel nach unten zogen. "Jetzt schaut doch nicht so. Für euch habe ich die wirklich allerwichtigste Aufgabe. Ihr werdet dafür sorgen, dass wir ein Bühnenbild haben. Sprich, ihr seid dafür verantwortlich, dass wir Kulissen und Requisiten vorhanden haben. Und, sofern es euch in der kurzen Zeit möglich ist, auch ein paar Kostüme", meinte ich freundlich lächelnd. "Also, wenn das alles ist, dann wollen wir das natürlich verrichten", meinte Dori und die anderen Beiden murmelten zustimmend. "Gut Freunde. Dann würde ich sagen. Ab an die Arbeit. Wir haben nur noch wenig Zeit. Aber vorher geht es erst einmal Frühstücken", meinte ich mit Blick auf die näher kommenden Zeltplatzbewohner, die sich aus ihren Zelten heraus quälten. Frohen Mutes jubelten die Herren und gingen zunächst einmal zu ihren Zelten zurück. Ich seufzte kurz und sah ihnen nach. "Du machst dich wirklich gut als Anführerin", murmelte mir der Zwergenkönig leise zu. "Ja. Vorerst zumindest. Danke. Aber ich fürchte, das wird noch ein verdammt langer Tag werden", erwiderte ich seufzend. Und ich wusste genau, dass ich mit dieser offenkundigen Mutmaßung recht behalten würde. - 55. Auftakt ins nächste Chaos / ENDE - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)