Diesem Einen will ich #Follow von Virdra-sama (Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?) ================================================================================ Kapitel 48: 48. Ein katastrophales Picknick ------------------------------------------- Ich war reichlich verblüfft, als ich den Eingang zum Zeltplatz erreichte. Thorin hatte wie versprochen auf mich gewartet. Doch er war gerade noch in ein Gespräch mit Moe vertieft, der auf einem großen Stück Papier mit dem Finger entlang fuhr und leise zu ihm sprach. Der Zwergenkönig lauschte mit ernster Miene den Worten des weit größeren, glatzköpfigen Mannes und nickte hin und wieder, wenn er etwas verstanden hatte. Als ich näher kam bemerkte ich, dass es sich bei dem Papier wohl um eine Karte dieser Gegend handelte. Ein wenig stutzig schüttelte ich den Kopf und machte weite Schritte an die beiden, ungleich großen Herren heran. Moe war der Erste, der mich bemerkte und angrinste. "Ah, da ist ja die junge Dame", rief er mir kurz gut gelaunt zu und wand sich dann wieder an Thorin, der mich mit einem kurzen nicken bedachte und dann wieder auf die Karte schaute. "Hast du jetzt alles verstanden oder muss ich es dir noch einmal kurz erklären?", fragte ihn Moe. "Nein, das werde ich schon finden. Danke Euch", erwiderte der kleine Mann knapp und machte die Andeutung einer Verbeugung. "Gut, gut. Dann wünsch ich euch beiden ganz viel vergnügen. Kommt aber vor dem Abendessen wieder, wenn es geht", sagte er und ging munter pfeifend an mir vorbei. Als ich ihn dabei anstarrte, zwinkerte er mir nur ganz kurz zu und war dann schon um die nächste Ecke gebogen. Leicht verwirrt schüttelte ich den Kopf und sah dann fragend zu Thorin. Dieser faltete gerade die Karte zusammen und steckte sie in die Tasche seiner Leinenhose. "Also, ich bin da. Was möchtest du denn hier von mir?", fragte ich ihn sofort um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. "Nicht hier. Folge mir", sagte er kurz angebunden und ruckte mit dem Kopf vom Parkplatz weg in Richtung der Zufahrtsstraße. Ich blinzelte kurz, da meine Verwirrung immer größer wurde, lief ihm dann aber nach, als er sich in Bewegung setzte. Doch an der Zufahrtsstraße hielt er nicht einfach an. Nein, er bog nach rechts ab und folgte dieser weiter. Ich lief ihm die ganze Zeit mit einem großen Fragezeichen über dem Kopf hinterher. Ich fragte mich wirklich, was er gerade vor hatte. Wenn er einfach nur mit mir hätte reden wollen, warum dann nicht vorhin im Zelt oder am Eingang? Uns hätte sicherlich niemand gestört. Aber er ging unbeirrt weiter vor mir her. "Thorin, ich dachte du wolltest mit mir reden", sagte ich nach ein paar Minuten Weg. "Übe dich in Geduld", brummte er nur. Ich gab indessen nur ein leicht beleidigtes Schnauben von mir. Da war er wieder, Meister Geheimniskrämer. Manchmal hasste ich ihn dafür, dass er sich nicht im Stande sah mir einfache Erklärungen für sein wunderliches Verhalten zu geben. Aber egal was er nun wieder ausheckte. Es würde mit Sicherheit irgendeinen Haken haben. Das Zeltplatz lag schon ein bisschen hinter uns und die Zufahrtsstraße bog in einen Feldweg ab. Es war genau der Feldweg, gegenüber des Trampelpfedes, von dem wir noch am Morgen gekommen waren. Ich wunderte mich kurz und fragte mich, ob Thoirn vielleicht etwas auf der kleinen Insel vergessen haben könnte und mich dafür bräuchte es zu suchen. Doch da lag ich mit meiner vermutung weit daneben. Er wand sich nämlich in Richtung des Feldweges um. Diesen nahm der Zwergenkönig ohne anzuhalten, allerdings warf er hin und wieder einen kurzen Blick über seine Schulter, ob ich ihm auch weiter schön hinterher lief. Ich wurde langsam ein bisschen knatschig und zog jedes mal einen Schmollmund wenn er mich ansah. Er quittierte dies aber nur mit einem kurzen Zucken seines Mundwinkels. Es schien ihm wohl auch noch Spaß zu machen, mich um die Mittagszeit querfeldein hinter sich her dackeln zu lassen. Vor allem in diesem Bauernmädchenkleid, das für solche Temperaturen definitiv doch ein wenig zu warm gewählt war. Mit einem genervten Seufzen wischte ich mir immer wieder den Schweiß von der Stirn. Ihn störte das hingegen reichlich wenig. Er setzte einen Stiefel vor den anderen und hielt nicht ein einziges Mal an. Egal wie sehr ich mich auch Wortlos beschwerte. Schließlich reichte es mir dann doch und ich bleib einfach neben einem Maisfeld stehen. Nach ein paar Schritten bemerkte er, dass ich ihm nicht mehr nach lief und er blickte mich ungeduldig über die Schulter hinweg an. "Warum bleibst du stehn? Los, komm weiter", sagte er in seinem üblichen Befehlston. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und verengte etwas beleidigt die Augen. "Ich bewege mich erst von der Stelle, wenn du mir sagst, wo du mit mir hin willst", gab ich in einem wirklich sehr schnippischen Ton von mir, den ich eigentlich nur sehr selten verwendete. Er seufzte kurz und drehte sich dann vollends zu mir um. Erst da erkannte ich, dass er die ganze Zeit etwas vor sich her getragen hatte. Es war ein recht großer Weidenkorb, der mit einem doch recht Klischeehaften rot-weiß kariertem Tuch abgedeckt war. Verwundert klappte mir der Mund auf und meine Augen weiteten sich. Das hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Und erst recht nicht, dass er von alleine auf diese Idee gekommen war. Mit Sicherheit hatte ihm irgendwer einen Tipp gegeben und ihm dabei geholfen. Sofern sich auch das in dem Körbchen befand, was ich unterbewusst vermutete. Doch die Aussicht auf ein mögliches kleines Picknick mit Thorin beschwichtigte meine leicht eingeschnappte Stimmung etwas. "Ich bringe dich zu einem Ort an dem wir ungestört miteinander reden können. Jetzt spute dich endlich. Ich habe keine Lust bei Einbruch der Dunkelheit zurück zu laufen", raunte er leicht ungehalten und ging einfach weiter. Ich schüttelte kurz den Kopf, ließ meine Arme sinken und eilte ihm dann nach. Irgendwann erreichte ich ihn und ging stumm neben ihm her. Er behielt seine Augen weiterhin auf dem Feldweg und sah nur gelegentlich einmal zu beiden Seiten, wenn es irgendwo im Feld oder in den wenigen Bäumen am Rand raschelte. Nach gut einer halben Stunde Fußweg betraten wir wieder etwas Asphalt. Vor uns gingen Zwei Wege ab. Einer nach Links und der andere nach rechts. Am Rechten stand ein Schild mit der Aufschrift "Minigolfplatz", am linken eines mit "Schlosspark Zu Fürst von Kramersberg". Thorin schlug kurzerhand den Weg zum Schlosspark ein. Ich folgte ihm weiterhin schweigend. Der Weg führte an einer kleinen Kombination aus hoher Hecke, Steinmauer und riesigen Fichten vorbei, die uns einen wohltuenden, kühlen Schatten spendeten. Etwa an der Mitte des Weges erhob sich vor uns ein sehr altes steinernes Portal. Aus der anderen Richtung kamen uns ebenfalls Sommertag Ausflügler entgegen. Zum Einen waren das Familien, zum Anderen aber auch Paare oder gemischte Gruppen, die sich wohl alle in dem Park eine kleine Auszeit gönnen wollten. Ich selbst kannte diesen noch nicht. Bisher hatte mich ja nicht mal mein verstorbener Mann zu einem Picknick ausgeführt. Was wohl unter anderem auch an seiner Heuallergie gelegen hatte. Innerlich machte ich daher schon Luftsprünge, dass ich mit Thorin so etwas erleben durfte. Mein Grinsen wurde immer breiter, während wir gemeinsam durch das Tor schritten. Die schmiedeeisernen Flügeltüren waren im schlichten schwarz gehalten und schön mit Blüten und Blättern aus Metall verziert. Vor uns erhob sich das alte Schlösschen, das mit Sicherheit schon einige Jahrhunderte auf dem Buckel hatte. Die hellbraunen Mauern waren sehr vom Wetter gezeichnet, aber die Fenster und die dazugehörigen Läden wurden immer noch gut in Schuss gehalten, was man an den strahlenden rot-weißen Farben sah. Bevor wir allerdings das Schloss betreten konnten, mussten wir noch über eine kleine Brücke hinüber, die über einem gut gefüllten Burggraben errichtet worden war, in dem sich einige Stockenten-Pärchen herum trieben. Auf einem Messingschild an einer der Brückensäulen standen in wunderschönen, schwarzen Lettern einzelne Sehenswürdigkeiten des altertümlichen Ambientes aufgelistet. Es gab ein Café, ein Museum und ein Restaurant, das nur Abends geöffnet hatte. Aber natürlich auch den Schlosspark, der unser eigentliches Ziel war. Langsam schritten wir über den mit Kopfsteinpflaster versehenen Hof, wo zur Rechten die bunten Sonnenschirme des Cafés leuchteten. Darunter war es zu dieser Mittagsstunde brechend voll und von dem was ich drinnen erhaschen konnte, war auch kein wirklich freies Plätzchen mehr zu finden. Die Leute die noch hinzu kamen, hatten wirklich Probleme sich hinsetzen zu können. Ich lächelte nur süffisant vor mich hin und richtete mein Augenmerk auf den Rest des alten Gebäudes. Es war einfach nur atemberaubend schön. Ich liebte diese schlichte Architektur schon immer und bis auf wenige Abschnitte des Gebäudes war es ja auch noch im Urzustand. Ich hatte mühe mich dazu zu bewegen weiter zu gehen. Denn das Prunkstück des ganzen lag ja nun beinahe vor uns. Thorin selbst interessierte die ganze Umgebung nicht. Er kannte so etwas ähnliches bestimmt schon hundertfach aus Mittelerde. Wobei ich mir gut vorstellen konnte, dass dies für ihn vielleicht nichts weiter als eine Bruchbude war, wenn man es mit dem Erebor verglich. Dennoch hatte er mir damit schon einmal eine ziemlich große Freude bereitet. Ich hätte ihn am liebsten direkt an Ort und stelle geküsst, wenn er zum Einem endlich mal stehengeblieben wäre und zum Anderen nicht so ein verdammt angespanntes Gesicht gemacht hätte. Er blickte sich immer wieder nervös unter den ganzen Besuchern um, als wir die Treppe erreichten, die zu der Großen Schlossparkwiese runter führte. Offenbar hatte er nicht erwartet, dass sich hier doch so viele Menschen aufhalten würden. Und hätte ich vorher von seinem Plan gewusst, dann hätte ich ihn mit Sicherheit auch davor gewarnt derartige Ausflugsziele zu wählen. Aber schließlich sollte es ja eine kleine Überraschung für mich werden, die ihm wirklich sehr gut gelungen war. Nun war es allerdings ein bisschen Kompliziert einen schönen Platz zu finden. Im Schatten der Bäume war definitiv nichts mehr frei. Also war die einzige Möglichkeit, uns, so lange wir es aushalten konnten, einen Ort an der Sonne zu suchen. Doch auch da war die Auswahl eher gering anzusiedeln. Entweder man saß neben einer Großfamilie mit einem ganzen bündel schreiender Kinder oder man hatte eine Gruppe grölender Jugendlicher um sich herum. So oder so würden wir uns irgendwie arrangieren müssen. Thorin schaute ein wenig ratlos umher und überflog mit wachsamen Augen die ganze Wiese, bis ihm endlich ein Fleckchen ins Auge zu stechen schien. Wortlos setzte er sich dann einfach in Bewegung, was mich kurz dazu veranlasste, verärgert zu schnauben, weil er einfach vorne weg rannte. Gut, eigentlich war rennen das falsche Wort dafür. Es war mehr ein Spießrutenlauf um einzelne, besetzte Fleckchen Gras und Wolldecken auf denen sich die Leute tummelten. Ständig mussten wir aufpassen, dass wir nicht aus versehen jemandem auf die Hände traten oder über Gegenstände stolperten, die einfach so herum lagen. Außerdem ging mir nach einer Zeit das Gegaffe der Leute auf den Keks, die mit dem Finger auf uns zeigten und hinter vorgehaltener Hand tuschelten. Gut, so wie wir aussahen, hätten wir auch ebenso zu einer Theatergruppe gepasst, die gerade ein mittelalterliches Schauspiel auf diesem Schloss vorbereitete. Ich war so dankbar, als Thorin endlich vor mir anhielt und den Korb abstellte. Er hatte eine vergleichsweise ruhige Stelle gefunden und drehte sich dann mit angespanntem Gesicht zu mir um. "Hilfst du mir?", fragte er trotz allem ruhig. Ich nickte kurz, ging an ihm vorbei und beugte mich über den Korb. Vorsichtig hob ich die Decke herunter und begutachtete schon einmal, was genau er da mitgenommen hatte. Nun ja, es war nicht gerade ein Festmahl. Es waren eher ein paar Reste vom Frühstück und vom Abendessen des Vortages, was zum Karaoke nicht mehr verspeist worden war. Alles war fein säuberlich in Papier eingewickelt oder in Plastikdosen verstaut. An Getränke hatte der Zwerg auch gedacht. Für mich war wohl die ganze Flasche Wasser, die in der Sonne weiß glitzerte. Für sich selbst hatte er natürlich, wie hätte es anders sein sollen, ein paar Flaschen Bier eingepackt. Ich verkniff mir ein Seufzen und den Kommentar, wie man sich nur am helllichten Nachmittag schon Alkohol in den Leib schütten konnte und begann die Decke auszubreiten. Als das erledigt war, verteilten wir die Dosen und die eingewickelten, belegten Brötchen. Zufrieden nickend nahmen wir dann nebeneinander Platz. Ich breitete den Saum meines Kleides aus und setzte mich im Schneidersitz auf die Erde. Thorin machte die Beine lang und stützte sich halb liegend auf einen Ellenbogen ab. Aus dieser Position blickte er kurz mit unergründlicher Miene zu mir auf. Ich griff mir ein eingepacktes Brötchen und erwiderte den Blick. "Gefällt es dir?", fragte er mich, als sich unsere Augen trafen. Ich konnte mir nun ein breites Lächeln nicht verkneifen und nickte eifrig. "Es ist herrlich. Wie bist du nur auf diese Idee gekommen?", fragte ich ihn etwas aufgeregt. "Bin ich gar nicht. Ich habe lediglich einmal herum gefragt, wohin man mit einer jungen Frau gehen könne, wenn man mit ihr ungestört reden möchte. Daraufhin hat mir eines der Küchenmädchen den Vorschlag unterbreitet hier her zu gehen und ausreichend Essen mitzunehmen, sollten wir dem Mittagessen fern bleiben", erwiderte er, griff nach einer Flasche Bier und knackte den Kronkorken tatsächlich mit bloßer Hand, ohne dabei die Flasche kaputt zu machen. Das fand bei mir schon einiges an Beachtung, da es sich dabei ja nicht um eine dieser Schraubverschluss-Kronkorken handelte. Kurz drauf setzte er die Flasche an den Mund und nahm einen tiefen Zug daraus. Ich musste ebenfalls ein bisschen schlucken. Das Bild was er dort ablieferte, wäre dem eines echten Top-Models gleichgekommen. Wenn er auch noch ohne Leinenhemd da gelegen hätte, wäre bestimmt nicht nur mir das Wasser im Mund zusammen gelaufen. Ich schüttelte den Kopf um wieder etwas klarer zu werden, da ich fast begonnen hatte mir lüstern über die Lippen zu lecken. Das wäre in Anbetracht dieser regen Öffentlichkeit um uns herum sicher sehr unangenehm geworden. Also wendete ich meinen Blick kurz von ihm ab und sah mich unter den Leuten um. Zur einen Seite befand sich ebenfalls ein Paar, das sich heiß und innig küsste. Ich verzog ein wenig den Mund. Es war wirklich eine falsche Entscheidung gewesen dort hin zu schauen, denn nun wollte ich genau das Selbe mit dem Zwergenkönig. Nur eben noch viel intensiver. Ich schloss hastig seufzend meine Augen und biss dann einfach blindlings und gedankenlos in mein Brötchen. Dummerweise hatte ich tatsächlich vergessen es ganz auszupacken, weshalb ich zur Hälfte das Papier im Mund hatte. Neben mir hörte ich, wie sich Thorin wohl kurz an seinem Bier verschluckte und dann hustend anfing zu lachen. Ein wenig erschrocken blickte ich zu ihm hinunter. Dieses warme, tiefe Lachen hatte ich schon beinahe eine halbe Ewigkeit nicht von ihm gehört. Zum einen fuhr es mir sofort ins Herz, wie ein Schwall warmes Wasser, zum anderen ärgerte es mich aber auch ein wenig. "Warum lachst du denn?", fragte ich peinlich berührt. "Hättest du dein eigenes Gesicht dabei beobachten können, wie du feststelltest, dass du nicht das Brot allein zu dir genommen hast, dann wüsstest du warum", erwiderte er in einem eher trockenen, aber dennoch sehr amüsierten Ton. Ich schnaubte kurz, entpackte das Brötchen ganz und biss dann erneut hinein. Thorin wischte sich unterdessen mit dem Ärmel einen Teil seines Bieres aus dem Bart und betrachtete mich dann beim Essen. Ich schmatzte ein wenig und schluckte dann den Bissen runter. "Also, du hast mich ja nicht ohne Grund einfach so hier her gebracht. Du wolltest mit mir reden", sagte ich dann recht langsam und bedächtig, während ich noch weiter aß. "Das ist wahr. Ich wollte mit dir sprechen", sagte er und verlagerte sich dann in eine Aufrechte Position. "Also? Schieß los", sagte ich ein wenig aus Gewohnheit heraus. Er musterte mich einen Moment verwirrt, aufgrund meiner für ihn wohl immer noch recht gewöhnungsbedürftigen Sprechweise. Und genauso antwortete er auch."Schießen? Warum sollte ich? Und womit? Nein, ich wollte mit dir sprechen, wie ich schon sagte. Und zwar darüber, wie unsere weiteren Wege aussehen werden", sagte er und seine Gesichtszüge wurden wieder wesentlich ernster. "Was meinst du denn mit unsere Wege?", fragte ich ein wenig irritiert. Er hockte sich auf die Knie und sah mich lange an. Dann atmete er kurz tief durch und antwortete: "Ich weiß, das was letzte Nacht gewesen ist, bedeutet sowohl dir als auch mir recht viel. Und deshalb möchte ich dich als meine zukünftige Gemahlin und Mutter meiner Erben über deine bevorstehenden Aufgaben in Kenntnis setzen." Empört klappte mir der Mund weit auf und vor Schreck landete mein Brötchen auf der rot-weiß karierten Decke. "Wa-wa-wa-wa-was?!", stotterte ich haltlos entsetzt und so laut, dass sich einige der Leute um uns herum umdrehten. "Du hast richtig gehört. Und ich erwarte natürlich, dass du diesen Anforderungen, so weit es dir möglich ist, gerecht wirst. Zunächst einmal wirst du akzeptieren, dass ich das Sagen in unserem Haus haben werde. Du wirst auch nicht für deinen Unterhalt sorgen, das fällt allein mir zu. Indessen wirst du dich um unsere Kinder sorgen und deinen hausfraulichen Pflichten nachkommen", ergänzte er ohne dabei auf mein aufgekratztes Verhalten einzugehen, das von Wort zu Wort immer schlimmer wurde. "Ja, mo-mo-mo-mo-moment mal!", rief ich aus und fuchtelte heftig mit den Armen. Er musterte mich fragend und legte dabei den Kopf leicht schief. "Was ist? Gibt es damit ein Problem?", fragte er ruhig. "Ein Problem?! Thorin um Himmels willen! Bis vor ein paar Stunden wolltest du noch reiß aus vor mir nehmen und jetzt redest du von heiraten, kinderkriegen und einer mehr als rückständigen Haushaltseinteilung. Überstürzt du die Sache nicht vielleicht ein wenig? Ich meine das ist doch wohl jetzt doch ein bisschen verfrüht", platzte es mit hoher Stimme aus mir heraus. Er schüttelte kurz mit einem belustigten zucken seines Mundwinkels den Kopf. "Wo denkst du hin? Natürlich nicht gleich heute. Zunächst einmal ist es angebracht, dass ich deine Familie treffe, sobald ich aus Mittelerde zurückgekehrt bin, um dann mit deinem Vater die Mitgift auszuhandeln", erklärte er mit geschäftsmäßiger Miene. "Die. Mitgift", schnaufte ich und meinen Lungen entwich so viel Luft, dass ich fast ohnmächtig wurde. In meinen Kopf drehte sich alles. Himmel, Gesäß und Nähgarn! Erst konnte man ihn Tagelang, wie einen scheuen Kater, nicht hinterm warmen Ofen hervor locken und dann knallte er mir gleich die ganze Palette an Forderungen um die Ohren. Gut, ich hatte ja mehr Offenheit von ihm gewollt. Aber das er dann gleich so mit der Tür ins Haus fiel, das hätte ich selbst ihm nicht zugetraut. Fili hatte mich ja schon vorgewarnt, dass er alles dafür tun würde, um mich für sich zu behalten. Dass er jedoch von jetzt auf gleich in die Vollen ging überforderte mich extrem. Ich starrte ihn nur noch entgeistert an und wusste, dass mir all meine Farbe aus dem Gesicht gewichen war, denn auf seiner Stirn trat eine leichte Sorgenfalte auf. "Cuna, ist dir nicht wohl?", fragte er und wollte schon eine Hand nach mir ausstrecken. Ich schnappte ein paar mal heftig nach Luft und tastete dann vorsichtig in den Korb, um die Wasserflasche raus zu ziehen. Ich musste unverzüglich einen Schluck trinken, bevor ich doch noch aus den Latschen kippte. Thorin bemerkte meine Handbewegung und griff selbst danach. Er öffnete diese recht zügig und drückte sie mir in die Hand. Mit zitternden Fingern am bedauerlicherweise warmen Glas stürzte ich mir Schluck um Schluck in den Hals. Die Sonne hatte den Inhalt nun auch so aufgeheizt, dass ich nicht wirklich meinen Durst löschen konnte, der allerdings nichts mit der Sommerhitze zu tun hatte. Viel mehr musste ich gerade sämtliche Informationen runter schlucken, die ich soeben erhalten hatte. Nachdem diese halb leer war, setzte ich sie endlich wieder ab. "Geht es wieder?", fragte der kleine, dunkelhaariger Mann mit weiterhin besorgtem Unterton. Er war nun ganz an mich heran gerückt und hielt einen Arm hinter meinen Rücken, für den Fall, dass ich vielleicht doch ohnmächtig darauf fallen würde. Langsam drehte ich den Kopf und warf ihm einen schälen Blick zu. Ich legte danach meine Hand an die Stirn und mir entrann das tiefste und wohl auch irgendwie schmerzhafteste Seufzen was ich je von mir gegeben hatte. Sofort griff sein kräftiger Arm hinter mir zu und mit der anderen Hand zog er mir die Wasserflasche aus der meinen. "In Durins namen. Cuna, was ist los? Sprich mit mir", sagte er und rüttelte mich etwas durch. Inzwischen waren die Leute um uns herum auf das Schauspiel aufmerksam geworden und amüsierten sich köstlich darüber, wie hundeelend es mir gerade ging. Sie glaubten wohl, dass wir zwischen ihnen säßen und eine Kostprobe unseres schauspielerischen Talentes zum Besten gaben. Dabei sah die Realität für uns ganz anders aus. Der kleine Mann war mit meinen Verhalten ein wenig überfordert und ich mit dem was er von mir zu verlangen versuchte. "Hör auf, mich zu schütteln. Mir ist ohnehin schon schlecht", presste ich dann endlich hervor, nachdem ich doch meine Sprache in der hintersten Ecke meines Hirns wieder gefunden hatte. "Wieso? Bist du krank? Ist das noch wegen der vergangenen Nacht?", fragte er, kam mit seinem Gesicht deutlich näher und sprach damit auch etwas leiser zu mir. "Nein. Nein es ist nicht die Nacht. Es ist. Das was du gerade gesagt hast", murmelte ich und schüttelte leicht benommen den Kopf. "Wie meinst du das? Dass du krank bist?", fragte er hastig, schob meine eigene Hand von der Stirn und legte seine darauf. Erneut musste ich sehr tief seufzen. "Ach nein. Es geht darum, was du gerade alles von mir verlangst", knurrte ich nun ziemlich gereizt und schob seine Hand von mir weg. Sofort zog er seinen Kopf von meinem Weg und starrte mich verwirrt an. "Was ich von dir verlange? Cuna, das sind die Pflichten eines jeden, guten Weibes. Den heimischen Herd zu hüten und sich um den Nachwuchs zu sorgen. Das sollte dir doch vertraut sein", sagte er und klang deutlich verständnislos. "Ach Thorin. So läuft das hier schon seit knapp einem halben Jahrhundert nicht mehr. Man verlangt keine Mitgift mehr von den Eltern der Braut, man kann entscheiden wann und wie der richtige Zeitpunkt dafür ist, um Kinder in die Welt zu setzen und erst recht müssen heute sowohl der Mann als auch die Frau arbeiten gehen, sonst können sie sich in den meisten Fällen gar nicht ernähren. Davon abgesehen, so weit sind wir beide noch gar nicht miteinander. Wir müssen uns doch erst einmal richtig kennenlernen. Vorher läuft da nix. Weder mit Hausmütterchen spielen, noch mit Kindern", erklärte ich ihm. Er schüttelte nur erneut verständnislos den Kopf und kniff ein wenig seine Lippen zusammen. "Ich habe es ja geahnt", raunte er mit einem mal. Sein Blick verfinsterte sich und er ließ mich ruckartig los. Nun war ich diejenige, die verwirrt drein schaute. Er würdigte mich unterdessen keines Blickes mehr und drückte mir meine Wasserflasche wieder in die Hand. Er selbst nahm sein Bier, stand auf und stapfte dann mit extrem wütender Miene davon. Die Menschen um uns herum begannen zu klatschen, als hätten sie nie so eine gute Live Show gesehen. Mir allerdings fuhr ein schwerer Stein in die Magengrube. Verdammt! Davor hatte mich Fili ja auch gewarnt. Thorin war nun stinksauer und offenbar tödlichst verletzt dadurch, dass ich ihn wohl unbewusst hatte abblitzen lassen. Aber was hätte ich denn sagen sollen? Vielleicht "Ja, ich will! Jetzt und für immer"? Oder "Ja lass uns gleich hier deine Zwergenbabys machen"? Er hatte mich ja regelrecht mit all seinen Forderungen überfahren. Dachte er denn ernsthaft ich würde so mir nichts dir nichts in das alles einwilligen, nur weil er es von mir verlangte? Wobei ich vor wenigen Stunden eigentlich noch mit dem Gedanken an unsere Hochzeit gespielt hatte. Plötzlich überkamen mich doch wieder Gewissensbisse. Ich hatte ihn so unbedacht vor den Kopf gestoßen, wo er doch angefangen hatte sich mir ein wenig zu öffnen und anzunähern. Verflixte Hacke, was war ich auch nur für eine dumme Kuh! Da hatte ich mir den Traum vieler Frauen geangelt und ließ ihn dann einfach aus reiner Dummheit wieder vom Haken. Ich wollte mir in diesem Moment mehrfach mit der Wasserflasche an den Kopf schlagen. Wegen dieser Überheblichkeit hatte ich ja auch schon das ein oder andere Mal Freunde einbüßen müssen. Und nun tat ich es wieder. Dann auch noch mit einem Mann, der zum ersten Mal in seinem Leben verliebt war. "Ach leck mich doch am Ärmel", fauchte ich mich selbst an und sprang dann so schnell ich konnte auf die Füße. Ich musste ihn zurück holen. Ihm in aller ruhe erklären, was ich eigentlich mit meinen Worten hatte sagen wollen. Auch wenn ich noch nicht wusste, wo ich anfangen sollte. Ich hatte ja gesehen wo in etwa er hin gegangen war, dennoch war es nicht sehr leicht ihn zu finden. Ich lief auf die kleine Gruppe von Bäumen zu zwischen denen er vorhin verschwunden war und rief dort erst mal nach ihm. Aber ich war mir nicht sicher, ob ich wirklich eine Antwort von ihm bekommen würde. Zwerge waren nun wirklich unausstehlich, wenn sie eingeschnappt waren. Und dieses Exemplar von einem König besonders. So ging ich immer weiter. Ich suchte den halben Park nach ihm ab, doch da konnte ich genauso gut eine Nadel im Heuhaufen suchen. Das Einzige was ich fand, war eine Fünfer-Gruppe grölender, angetrunkener Männer, die sich wohl gerade in einem mitgebrachten Radio ein Fußballspiel ihres Lieblingsvereins anhörten und dazu Fan-Gesänge von sich gaben. Ein wenig Ratlos und verzweifelt nach Hilfe suchend, wand ich mich verzweifelt, aber doch hoffnungsvoll an die Gruppe. "Äh, Entschuldigung?", sagte ich recht laut, als ich nahe genug heran getreten war. Sie stoppen umgehend ihren mehr als schiefen Gesang und schielten mich alle fünf mit sehr erheiterten Gemütern an. "Oi, da kommt ein Burgfräulein zu uns", lallte einer mit recht schiefer Nase und grinste mich mit seinen vergilbten Zähnen an. "Brunhilde! Du holde Maid!", rief ein anderer, den es kurz drauf von der Holzbank haute auf der alle saßen. Ich verzog ein wenig das Gesicht und ignorierte das ganze Theater und die Sprüche, die sie alle samt auf den Lippen trugen. Ich räusperte mich kurz und versuchte mir dann bei irgendeinem Gehör zu verschaffen. "Entschuldigen Sie, wenn ich Sie störe. Aber ich bin auf der Suche nach jemandem", sagte ich und bekam dann doch Aufmerksamkeit von einem Kerl mit kurzen blonden Haaren, wenn auch nicht gerade die, die ich mir erhofft hatte. "Was iss los schöne Maid. Komma bei mich bei und dann erzähl dem Onkel mal, was du für Sorgen hast!", lallte dieser, stand schwankend auf und packte mich trotz seines starken Alkoholismus blitzschnell und fest am Arm. Ich schrie, kurz auf, wollte mir aber nicht die Blöße geben, dass die Männer mir offenkundig Angst machten. Also versuchte ich mich aus dem schwitzigen Griff des Kerls zu befreien, was mir aufgrund seiner Transpiration auch gut gelang. "Jetzt, hörn Sie doch mal auf mit dem Unsinn. Ich suche wirklich jemanden. Einen Mann mit schwarzen, langen Haaren, vereinzelt grauen Strähnen und Vollbart. Etwa so groß wie ich. Haben sie vielleicht so jemanden hier gesehen?", fragte ich doch ein wenig hoffnungsvoll. Die Männer sahen sich einen Augenblick verwirrt an, ein anderer kratzte sich am schlecht gepflegten Dreitagesbart und schüttelte dann den Kopf. "Nee, so einen Knirps haben wir hier in der Gegend nicht gesehn. Aber, wie wäre es denn stattdessen mit uns beiden?", sagte dieser mit einem bösen Grinsen und stand dann langsam auf. Ich verzog angewidert das Gesicht. "Nein, danke. Ich verzichte. Schönen Tag noch", sagte ich hastig und drehte mich schon um zum Gehen. Doch da packte mich der Kerl schon am Arm und zog mich zurück. Ich keuchte erschrocken und starrte nach oben. Der Typ war fast zwei Köpfe größer als ich und roch wie eine ganze Pilsbrauerei. Ich schluckte heftig und versuchte mich auch von ihm weg zu reißen, nur hatte dieser nicht ganz so transpirante Finger wie sein Kumpel, der mit den anderen schon wieder begonnen hatte Fußballlieder zur grölen. Er beute sich langsam mit diesem schmierigen lächeln zu mir runter und murmelte: "Na komm schon Schätzchen. Nur ein Küsschen. Ich verspreche dir, dein kleiner Freund wirds auch nicht erfahren." "NEIN!", schrie ich ihn laut und deutlich an. Ich zog heftig an meinen Arm, den er im Schraubstockgriff hielt und den ich partout nicht frei bekam. Er begann dreckig zu lachen und schon hatte ich seinen anderen Arm um die Hüfte geschlungen. Nun presste mich dieser widerliche Trunkenbold fest an sich. Ich versuchte ihn mit meiner anderen Hand fest ins Gesicht zu schlagen, aber er lachte nur noch lauter, da meine verzweifelten Versuche völlig ins Leere liefen. Unterdessen kam er mir mit seinem ungepflegten, verschwitzten Gesicht wieder näher und hauchte mir seinen ekelhaft stinkenden Atem ins Gesicht. "Nur ein Küsschen. Dann...", nuschelte er, doch mehr bekam ich nicht mehr von ihm zu hören. Das Nächste was passierte war, dass den Mann, der mich so umklammert hielt eine schwere Faust mitten ins Gesicht traf. und ein gellendes Brüllen, wie ich es noch nie zuvor gehört hatte, drang in meine Ohren. "Fass mein Weib nicht an, du Hundesohn!", schrie die sehr tiefe und mir so vertraute Stimme des Zwergenkönigs. Der getroffene Mann jaulte auf und reflexartig ließen mich seine Grabschfinger los. Er fluchte und stöhne vor Schmerz, als er sein Gesicht betatschte. Ich keuchte und stolperte panisch nach hinten, wo ich direkt in den Armen meines kleinen, bärtigen Retters landete. Ich keuchte erleichtert auf und schlang sofort meine Arme um ihn. Mein Gesicht vergrub sich umgehend in Thorins dunklen Haaren, die ihm lose auf der Schulter lagen. Ich konnte spüren, wie er am ganzen Leib vor Anspannung zitterte, als er die seinen fest um mich schloss. "Bei Durins Bart. Geht es dir gut? Hat er dir ein Leid angetan?", flüsterte er mir mit gezwungen ruhiger Stimme ins Ohr, die sich wohl nur danach sehnte, dass ich das genaue Gegenteil von dem sagte, was er eigentlich hören wollte. Meinem Mund entkamen aber nur vereinzelte Wortfetzen. "Thorin... s tut mir leid.... hab.. nicht gewollt...", schluchzte ich und er drückte mich noch ein klein weniger inniger an sich. "Sch. Still. Es ist vorbei", murmelte er immer noch mit gezwungen ruhiger Stimme. "Sag mal du Penner, geht es dir noch gut? Du hättest mir beinahe den Kiefer gebrochen!", rief der geschlagene Mann aus und ich hörte, wie er übermütig einige große Schritte auf Thorin zu machte. Dieser löste ruckartig seine Umarmung, zog mich mit einem Arm hinter sich und baute sich zu seiner vollen Größe vor mir auf. Wie immer war es mir unbegreiflich, wie Groß so ein Zwerg werden konnte, wenn man ihn richtig in Rage versetzte. Und erst recht bei Thorin war dies ein deutlichen Zeichen für Gefahr. Das spürte wohl auch dieser ungepflegte Kerl und blieb plötzlich irritiert und wie angewurzelt stehen, als der Zwergenkönig ihn mit seinem Blick allein auf genug Distanz zu uns hielt. Insbesondere zu mir. Nun trat sein ganzes zwergisches Wesen zu Tage. Er machte nur die Andeutung eines Schrittes nach vorne und sofort wich der Andere gleich drei zurück. Er stolperte genau gegen seine Kumpels, die den kleinen, bärtigen Mann ebenfalls mit entgeisterten Mienen ansahen. Thorin hob unterdessen den Kopf noch ein Stück höher und versetzte den Herren wohl einen sehr tödlichen. Als er dann noch zu ihnen sprach, waren seine Worte so kalt und erbarmungslos, dass einem selbst in dieser heißen Sommersonne das Blut in den Andern gefrieren konnte: "Wenn ihr es noch einmal wagt meinem Weib zu nahe zu kommen, dann reiße ich euch sämtliche Zähne einzeln aus." Danach drehte er sich auf dem Absatz um, legte mir ohne viel Federlesen seinen Arm um die Schulter und murmelte mir ein wenig ruhiger zu: "Lass uns zum Lager zurück kehren." Ich nickte ihm noch leicht zitternd vor Aufregung zu. So verließen wir die Männer und sahen sie auch nie wieder. Doch würde ich mich mein Leben lang an dieses katastrophale Picknick erinnern. - 48. Ein katastrophales Picknick / ENDE - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)