Diesem Einen will ich #Follow von Virdra-sama (Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?) ================================================================================ Kapitel 46: 46. Der Morgen danach --------------------------------- Das Erste, was ich an diesem Morgen hörte, waren das Rascheln von Blättern im Wind, der Gesang von Vögeln in den Bäumen und das ruhige Plätschern des vom Regen angeschwollenen Flusses. Mein Körper fühlte sich steif an wie ein Brett und sämtliche Muskeln schmerzten mir bis zum Bersten. Außerdem war mein Orientierungssinn ziemlich gestört. Ich hatte das Gefühl letzte Nacht einen mehr als kuriosen langen Traum erlebt zu haben. Ich entsann mich, dass Thorin und ich vor einem Gewitter geflüchtet waren und dass wir beide Schutz in einem Unterstand für Boote gefunden hatten. Dann waren wir irgendwie Unbekleidet gewesen und hatten uns nebeneinander in eines der Boote gelegt, wo wir uns einige Zeit unterhalten und ausgesprochen hatten. Am Ende hatten wir uns leidenschaftlich geküsst, bis er sich erschrocken von mir gelöst hatte. Schließlich waren wir beieinander eingeschlafen. Ich überlegte, wie schön der Traum doch gewesen und wie sehr ich es bedauerte, dass die Nacht nun vorüber gegangen war. Sicher wäre nun wieder alles beim Alten und ich läge auf meiner Liege im Zwergenzelt, wo sich nichts verändert hätte. Nur war es irgendwie komisch, dass ich solchen Muskelkater oder vielmehr eine derartige Körperverspannung hatte. Ich stöhnte ein wenig benommen und wollte mich herum drehen. Doch da fühlte ich einen kräftigen, warmen und harten Widerstand in meinem Rücken. Nachdem es nichts half mich nach hinten zu rollen, versuchte ich es auf den Bauch. Aber auch davon hielt mich etwas ab. Es fühlte sich an, als hätte mich Jemand mit aller Gewalt ans Bett gefesselt und das auch noch recht ordentlich. Es gab keinerlei Bewegungsfreiheit für mich. Schlaftrunken, wie ich war, versuchte ich zumindest meinen Arm unter der Decke hervor zu schieben. Aber selbst diese war wie festgenagelt. Ich maulte und grummelte, während ich mich verzweifelt gegen diesen unangenehmen Widerstand zur Wehr setzte. Schließlich gelang es mir doch irgendwie meinen Arm auf dem ich gelegen hatte unter der Decke hervor zu ziehen, sodass ich wenigstens ertasten konnte, was mich davon abhielt mich frei zu bewegen. Wobei man es weniger ertasten, als wie ein um sich Schlagen nennen konnte. Außerdem begann mich ein merkwürdiger, warmer Luftzug im Nacken unheimlich aufzuregen. Denn dieser blies mir immer wieder einzelne lose Haare am Ohr vorbei, welche unangenehm kitzelten und ich nicht dazu kam mich dort zu kratzen. Ich hob frustriert meinen noch halb eingeklemmten Arm und versuchte all diesen merkwürdigen Vorkommnissen auf den Grund zu gehen. Ich brauchte auch gar nicht lange suchen. Als meine Hand schräg über mich schlug, traf ich sofort auf etwas relativ Weiches, Haariges und irgendwie Fleischiges. Und dieses Etwas lag fest um mich geschlungen, wie eine riesige Würgeschlange. Ich tastete etwas weiter zu meiner Vorderseite und stellte irgendwann fest, dass diese eigentümliche, haarige Schlange in einer ziemlich großen warmen und rauen Hand endete, die sich zur Faust geballt nahe meiner Brust aufhielt. Erschrocken riss ich die Augen auf und zuckte heftig zusammen. Mein Kopf fuhr so weit er konnte herum, was mir einen gewaltigen kleinen Schlag im Nacken verpasste, wo es unangenehm knackte. Ich atmete hastig und versuchte im Augenwinkel zu erkennen, wer mich da wie im Schraubstock umklammerte. Ein tiefes, grollendes Brummen drang dabei an mein Ohr, als ich mich so ruckartig bewegt hatte. Der Griff des starken und, wie ich nun auch feststellte, schweren Armes wurde etwas fester und schnürte mir beinahe die Luft ab. Ich keuchte und versuchte meine Beine zu bewegen und frei zu strampeln, doch auch die waren in der Gefangenschaft zweier anderer Beine, die sich Partout nicht von der Stelle bewegen wollten. Verdammt! Ich saß in der Falle und drohte entweder zu ersticken oder zuvor zerquetscht zu werden. Eines von Beiden würde sicher eintreten, wenn ich dort nicht frei kam. Wo um alles in der Welt war ich denn da nur hin geraten? Gut, das musste ich vermutlich erst einmal feststellen, bevor ich mir Gedanken machte wie ich von demjenigen hinter mir los kam. Zum Glück hatte ich zumindest einen Arm frei mit dem ich mir kurz die verschlafenen Augen reiben konnte. Als ich damit fertig war betrachtete ich meine Umgebung. Es war heller Tag, soviel wusste ich schon einmal. Vor mir befand sich eine niedrige Mauer aus braun lackierten Holzbrettern. Dahinter waren viele Ständer mit großen und kleinen Booten angebracht, die in vielen quietsch bunten Farben leuchteten. Ich blinzelte ein wenig, als mir langsam klar wurde, wo genau ich mich befand. Es war kein Traum gewesen. Die letzte Nacht war ich wirklich in diesen Gewittersturm geraten und hatte mich in einem Unterstand für Kanus versteckt. Und der Klammeraffe, der hinter mir kurz und kräftig aufschnarchte, war niemand anderes, als ein friedlich schlafender Thorin Eichenschild. Bei dieser Feststellung machte mein Herz einen kurzen Hüpfer. Er war noch da. Und wir hatten uns tatsächlich unterhalten und mit leidenschaftlichen Küssen in unserem provisorischen Bett gewunden. Ich keuchte euphorisch und auch etwas verkrampft. Es war ja wirklich sehr schön, dass ich ausnahmsweise einmal nicht nur von diesen atemberaubenden Dingen geträumt hatte. Aber unter Atemberaubend verstand ich natürlich nicht, dass er mir dabei derartig die Luft abschnürte. Ich musste versuchen ihn irgendwie zu wecken. Egal wie. "Thorin. Thorin wach auf", nuschelte ich über die Schulter. Keine Reaktion. "Thorin, wach verdammt nochmal auf! Du erdrückst mich!", ächzte ich laut. Wieder nichts. Der Zwergenkönig schlief tief und fest, wie ein Stein. Hätte er mir nicht permanent in den Nacken gehaucht, hätte ich ihn auch dafür gehalten. Ich seufzte etwas und fing an mit meinem Arm hinter mich zu schlagen. Wobei ich nicht weit genug kam, um ihn tatsächlich zu treffen. Stattdessen landete dabei mein Zeigefinger in meinem Auge. Ich knurrte wütend und versuchte dann seinen Arm von mir zu lösen. Doch da wäre ich genauso gut mit einer Brechstange dran gegangen und selbst die hätte sich wohl unter diesem eisernen Griff gebogen. Ein wenig erschöpft musste ich nach ein paar Minuten eine Pause einlegen. So ging das auf keinen Fall. Ich hatte eigentlich immer gedacht, der kleine Mann wäre einer von der Sorte mit einem leichten Schlaf, aber er war vermutlich noch immer von den letzten Tagen so müde. Doch bei Kräften schien er zumindest wieder zu sein, wenn er mich schon während er schief fast durchbrechen konnte. Aber das war plötzlich nicht mein einziges Problem. In der Ferne vernahm ich leise Rufe, die stetig näher kamen. Sie waren mir über die Vogelgesänge und das Wassergeplätscher völlig entgangen. Bald erkannte ich sogar einzelne Stimmen. Es waren die anderen Zwerge, die offensichtlich auf der verzweifelten Suche nach ihrem König und mir waren. Sie waren dem Flussufer schon verdammt nah und klangen alle ziemlich verzweifelt. Ich konnte es ihnen nun wirklich nicht verübeln. Immerhin waren Thorin und ich die ganze Nacht weg geblieben, ohne ein Lebenszeichen von uns zu geben. Sie würden sicherlich erleichtert sein, wenn sie sehen würden, dass es uns gut ging. Doch als ich den Mund öffnete, um den Rufen zu antworten, fiel mir siedend heiß eine ganz bestimmte Tatsache ein. Wir waren Nackt. Noch dazu lagen wir eindeutig Zweideutig beieinander. Noch dazu in einer sehr innigen Position. Nein. Das sollte wirklich niemand von ihnen sehen. So klappte ich den Mund wieder zu und versuchte mich mehr denn je gegen den kleinen bärtigen Mann zu stemmen, der immer noch nicht wach werden wollte. Ohne nachzudenken drückte ich reichlich unbedacht sogar mit aller Kraft, die ich aufbieten konnte, meinen Hintern gegen seine Hüfte, was ich kurz drauf schwer bereute. Ich keuchte erschrocken, riss meine Augen weit auf und presste meine Lippen fest zusammen. "HEILIGES VATERLAND!", schrie mir meine innere Stimme in den Kopf. Mir wurde gleichzeitig heiß und kalt. Ich hatte ja erwartet, dass dieser Mann unterhalb seines Äquators gut bestückt sein musste. Aber dass er wirklich einen solchen "Schmiedehammer" mit sich herum trug, war für mich schon beinahe ein Schock. Ich fühlte, wie mir die Hitze in den Kopf stieg und sendete Stoßgebete zum Himmel, dass er ja nicht aufwachen möge, wo ich mich gerade an dieser sehr, sehr ungünstigen Stelle befand. Ich konnte noch dankbar sein, dass über Nacht die Leinenplane, die ich um mich herum gewickelt hatte, nicht hoch gerutscht war. Das wäre sicherlich noch unangenehmer geworden. Es wäre ja auch ohnehin schon schwer genug ihm gerade DAS irgendwie zu erklären. Langsam und sehr bedächtig entfernte ich mich wieder. Stetig darauf bedacht, dass er ja nicht DAVON wach wurde. Unterdessen stellte ich fest, dass die anderen Zwergen wohl unsere Insel entdeckt hatte. Denn ich hörte Schritte näher kommen. Ich bekam Panik. In wenigen Augenblicken würde uns jemand bestimmt so sehen und ich war unfähig mich frei zu kämpfen. Schon hörte ich Bofurs Stimme nahe der breiten Öffnung des Verschlages rufen: "Thorin! Cuna! Seid ihr hier irgendwo?!" Verdammt noch eins! Wie war er denn nur so schnell über den angeschwollenen Fluss auf die Insel gekommen? Nun wurde es richtig brenzlig. Ich kniff die Augen zu und versuchte so auszusehen, als würde ich noch schlafen, aber das half mit Sicherheit nicht über diese unanständig aussehende Tatsache hinweg. Nachdem sich hastige, schwere Schritte auf uns zu bewegten fürchtete ich schon das Schlimmste. Da endlich rührte sich hinter mir etwas, beziehungsweise Jemand. Der Arm, der mich umklammerte löste sich und ich war frei mich wieder zu bewegen. Allerdings nur für einige Sekunden, da Thorin mir Geistesgegenwärtig die Meisten der Leinenplanen, die uns warm gehalten hatten, über den Kopf und die sonstigen freien Stellen warf. "Gib keinen Ton von dir und beweg dich nicht", brummte er mir dumpf von hinten zu. Ich keuchte einen Augenblick erleichtert, von dem Gefühl seiner Umklammerung erlöst zu sein. Dann tat ich sofort, was er sagte und gab weder einen Murks noch sonst irgendeine Bewegung von mir. Auch wenn es mir sehr schwer fiel. Ich versuchte auch so wenig wie möglich zu atmen, damit sich mein Deckenstapel nicht irgendwie selbstständig machte. Er fühlte sich nämlich ein wenig instabil auf mir an. Aber vermutlich war es nur die Aufregung, die mich das glauben machte. Stumm lauschte ich dann, was um mich herum vor ging. "THORIN! Mahal sei dank, du lebst!", rief Bofur aus und seine Schritte hielten irgendwo vor dem Boot an. Thorin antwortete nicht. Ich merkte nur, wie er sich erhob und aus dem Boot heraus stieg. "Wir haben uns solche Sorgen gemacht. Hast du Cuna gefunden?", fragte der Zwerg hastig. "Ja, ich habe sie gefunden", sagte der Zwergenkönig knapp. "Das ist wundervoll. Wo ist sie denn? Ist sie hier?", hakte er nach. "Nein, das siehst du doch. Ich weiß aber wo sie ist. Geh zu den Anderen und sag ihnen, wir kommen gleich zu euch", erwiderte er mit ruhiger, fester aber doch befehlender Stimme. "Sofort", gab Bofur zurück und ich hörte, wie er sich laufend von uns entfernte und nebenher den Anderen zu rief: "ICH HAB SIE GEFUNDEN! SIE SIND HIER!" Ich atmete erleichtert und tief durch. Das war wirklich knapp gewesen. Nur irgendwie sonderbar war das Verhalten des Zwergenkönigs schon. Er hatte tatsächlich einen seiner Männer belogen, was meinen Aufenthaltsort anging. Nicht das mich diese kleine Notlüge irgendwie gestört hätte. Aber das kannte ich so nicht von ihm. Ich grübelte kurz darüber nach und ob es nun sicher war, wieder unter dem Haufen hervor zu kommen. Ein Tritt von Thorins Stiefel gegen das Boot ließ mich aufschrecken und ich fuhr unter den Planen hoch. Etwas verwirrt sah ich mich nach ihm um. Er hatte bereits seine Hose und sein Leinenhemd über gestreift und sah mich ernst und ungeduldig an. "Steh auf. Zieh dich an. Beeilung bevor sie doch alle her kommen", befahl er mir mit Blick nach draußen vor den Schuppen. Vorsichtig kämpfte ich mich aus dem Gewühl bevor ich mich ebenfalls erhob und nach meinen Sachen suchte. Diese hatte ich alle nebeneinander auf ein anderes Boot geklatscht. Leider nicht besonders ordentlich, weshalb sie immer noch leicht feucht waren. Doch eine andere Wahl hatte ich nicht. Und Thorin hatte recht, damit dass ich mich beeilen musste, wenn ich nicht wollte, dass mich der Rest der Mannschaft unfreiwillig erblickte. So schnappte ich mir meine Kleider, verzog mich hinter den freistehenden Bootsständer und zog mich dort um. Die Kleidung klebte unangenehm an meinem Körper, aber ich hatte ja sonst nur die Alternative mit der Plane. "Cuna", gab er ungeduldig von sich. "Ich komm ja schon", sagte ich und trat wieder hervor. Er musterte mich eindringlich und ihm klappte dann verblüfft der Mund auf. Ich sah an mir runter um nach den Grund für seine entgleisten Gesichtszüge zu Forschen. Natürlich trug ich wieder das T-Shirt mit seinem Bild und dem netten Spruch vorne drauf. Die Textilfarbe war trotz des Starkregens nicht verlaufen und somit war alles noch gut erkennbar und heil. "Was in Durins Namen hat DAS bitte zu bedeuten?", fragte er mit halb entsetzter und halb verärgerter Stimme. "Was? Das T-Shirt? Das hatte ich gestern doch schon an. Sag jetzt nicht du hast es nicht gesehn", erwiderte ich amüsiert. "Das ziehst du sofort wieder aus!", rief er ungehalten. "Warum denn? Was hast du auf einmal?", fragte ich irritiert. "Was ich... Cuna, du kannst doch so etwas nicht vor dir her tragen", sagte er und kam sehr forsch auf mich zu gestapft. Er griff sofort nach dem Saum des Shirts und versuchte es mir über den Kopf zu ziehen. "Hey! Hör auf! Du machst es kaputt!", brüllte ich ihn an, während ich versuchte seine Hände fest zu halten. "Dann zieh es selbst aus, sonst werde ich es dir runter reißen", knurrte er und ließ die Hände sinken. "Was zur Hölle hast du bitte gegen das Ding? Ist es dir peinlich, weil es deine Männer sehen könnten? Dafür ist es zu spät. Die haben es nämlich bereits gestern schon bemerkt", raunte ich und zog mir dann beleidigt das Shirt vor seinen Augen herunter. Meine Bluse hatte ich vorsorglich ja darunter angezogen. "Das hat mit meinen Männern nichts zu tun. Ich gestatte es nicht, dass du auf diese Art vor aller Welt kund tust, wem dein Herz gehört. Du kannst es von mir aus in deinem Haus tragen so viel du willst. Aber solange du draußen herum läufst, wirst du so etwas nicht mehr am Leib tragen. Und jetzt kommt", grummelte er und ging mir voran. Ich rollte mein T-shirt zusammen, klemmte es mir seufzend unter den Arm und eilte ihm nach. Für gewöhnlich hätte ich das nicht mit mir machen lassen. Da ich aber nicht wieder einen Streit mit ihm wegen so einer Kleinigkeit vom Zaun brechen wollte, kam ich seiner barschen Bitte nach. Bei Tag sah die Insel wesentlich größer aus, als bei Nacht und nachdem ich Thorin um die Ecke herum folgte, musste ich mit einiger Entrüstung feststellen, auf welchem Weg Bofur zu uns gelang war. Gar nicht weit von dem Versteck lag hinter einem Trampelpfad eine höher gelegene Brücke, die man auch gut bei Hochwasser überqueren konnte. Ich stieß ein entnervtes Stöhnen aus und strich mir die zerzausten Haare aus dem Gesicht. Hätten wir diese schon eher gesehen, hätten wir wohl die Nacht nicht so unbequem in diesem Verschlag verbringen müssen. Andererseits, vielleicht hätte der Zwergenkönig dann nicht mit mir diese lange Unterhaltung geführt und es wäre nie zu diesem wunderschönen Augenblick gekommen, der mir einen Schmetterlingsschwarm durch den Bauch flattern ließ. Die Erinnerung legte mir ein sanftes, zufriedenes Lächeln aufs Gesicht, während ich den Kopf hob und an Thorin vorbei auf das andere Ufer schaute. Dort wartete bereits der Suchtrupp der kleinen Männer, bestehend aus Bofur, Kili, Fili, Nori und Ori, die uns zu riefen und ihre Arme winkend in die Luft hoben. Der Rest war wohl im Lager geblieben, um dort auf unsere Rückkehr zu warten. Es war ein gutes Gefühl sie alle dort stehen zu sehen. Zielstrebig gingen wir über die Brücke auf sie zu. Die Begrüßung war recht überschwänglich. Zumindest was Kili und Fili anging, die nach Bofur die Ersten waren, die auf ihren Onkel zu rannten. Der blonde Zwerg hielt etwas in der Hand und schwenkte es hin und her. "Onkel, Cuna. Wir sind so froh euch lebend zu sehen", sagte Kili und sah von ihm zu mir und wieder zurück. "Wir fürchteten das Schlimmste, als wir deine Lampe zerbrochen am Ufer fanden", meinte Fili und hob diese dann um sie seinem Onkel zu reichen. Thorin nahm sie nüchtern nickend entgegen und legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Es wäre auch so gekommen, hätten wir nicht Schutz gefunden. Nun lasst uns nicht hier herum stehen. Brechen wir auf", sagte er knapp aber bestimmt. Die beiden Jungs nickten grinsend. Auf dem Rückweg wurde ich von den beiden flankiert, während der Zwergenkönig unbeirrt voran ging. "Sag mal, Cuna", murmelte mir Kili zu und legte mir einen Arm auf die Schulter. "Mal", erwiderte ich und kicherte leicht. Verwirrt hob der junge Zwerg kurz eine Augenbraue. Dann schüttelte er den Kopf und sprach weiter. "Es geht mich ja nichts an, aber... Also ihr beide wart die ganze Nacht fort. Was ist denn geschehen, dass ihr nicht einfach wieder zurück gekommen seid?" "Das ist ein bisschen kompliziert, Kili. Das Gewitter ist über uns herein gebrochen, während wir uns gestritten haben. Dann waren wir auf der Insel eingeschlossen und haben im Dunkeln keinen Rückweg gefunden. Also sind wir da geblieben", erklärte ich ruhig mit Blick auf Thorins Rücken, dessen Kopf sich leicht nach hinten gewandt hatte. Ich wusste, dass er hellhörig geworden war, als Kili mir diese Frage zu murmelte. Der Mann musste wirklich Ohren wie ein Wolf haben. Daher bemühte ich mich, möglichst nichts Falsches von mir zu geben. "Bofur sagte, er hätte dich gar nicht bei Onkel gesehen. Wo warst du denn, wenn ihr gemeinsam unterwegs wart?", fragte Fili neugierig von der anderen Seite. Ich sah ihn kurz an und öffnete gerade den Mund, um ihm zu antworten, als mir Thorin in die Parade fuhr. "Fili. Lauf vor und gib dem Rest Bescheid, dass wir auf dem Weg sind", rief er über die Schulter. Der blonde Zwerg legte den Kopf etwas schief. "Ja, sofort", sagte er gehorsam. "Wir sehen uns dann im Lager", gab er flüsternd an mich weiter und beschleunigte seine Schritte. Ich fragte mich insgeheim, wieso Thorin ihn nach dieser Frage einfach weg geschickt hatte. Ob er wohl fürchtete, ich würde von unserer kleinen Knutscherei erzählen? Oder überhaupt davon, dass wir die Nacht gemeinsam verbracht hatten? Gut, ich wollte auch nicht unbedingt damit hausieren gehen, weshalb ich seine Sorge nachvollziehen konnte. Dennoch überkam mich ein reichlich beklommenes Gefühl, als Thorin, nachdem Fili an ihm vorbei gerannt war, mir einen kurzen, warnenden Blick über die Schulter zu warf. Kili, der immer noch einen Arm um mich gelegt hatte, flüsterte mir noch ein paar Fragen zu: "Bist du immer noch im Streit mit ihm oder habt ihr euch inzwischen ausgesöhnt?" "Also, wir haben. Sehr lange geredet. Ich denke der Streit ist soweit beigelegt", sagte ich fast tonlos, da ich wusste, dass der dunkelhaarige Mann vorne bestimmt weiter den Worten der kleinen Gruppe lauschte. "Wieso denkst du das? Ist denn noch irgendwas vorgefallen zwischen euch?", hakte er ein wenig besorgt nach. "Nein Kili. Da ist nichts mehr zwischen uns vorgefallen. Wir haben uns irgendwann schlafen gelegt und dann habt ihr uns ja auch schon gefunden", erwiderte ich beschwichtigend, doch er ließ nicht locker. "Also, irgendwas ist komisch an dir", stellte der junge Zwerg neugierig grinsend fest. "Was soll das heißen?", entgegnete ich und sah ihn unschuldig an. "Kili. Hör auf Cuna mit Fragen zu bedrängen", blaffte der Zwergenkönig plötzlich über die Schulter. Ertappt ließen uns seine strengen Worte zusammen fahren. Wir schauten zu ihm. Er hatte erneut den Kopf nach hinten gedreht und fixierte nicht nur mich sondern auch seinen Neffen scharf mit seinen eiskalten blauen Augen. Mir entfuhr beinahe ein kurzes, verängstigtes Keuchen. Ich kannte es ja, dass er andere mit diesem gefährlichen Blick bedachte, aber nun warf er ihn seinem eigenen Fleisch und Blut zu. Nicht einmal Kili schien ihn wieder zu erkennen, denn er war so verblüfft, dass er sogar den Arm von mir löste und ein paar Zentimeter von meiner Seite wich. Erst nachdem dass passiert war, richtete Thorin seine Aufmerksamkeit wieder auf den Weg. Was war nur über Nacht in diesen Mann gefahren? So eine Reaktion war von ihm ja völlig befremdlich. Und das spürten wohl auch alle umstehenden. Ich beobachtete, wie der Rest immer wieder flüchtige fragende Blicke zwischen Kili, Thorin und mir hin und her warfen. Ein angespanntes Schweigen lag über unsere Gruppe, als wir endlich den Zeltplatz betraten. Sofort hörte ich aufgeregtes Gekreische. Als ich den Kopf hob, den ich zwischendurch nachdenklich auf meine eigenen Füße gesenkt hatte, sah ich wie Chu, Rainbow, Ani-chan und Richi auf mich zu gerannt kamen. "JACKY!", riefen sie im Chor, rannten ohne nachzudenken zwischen die Zwerge und schlossen mich mitten in eine feste Gruppenumarmung, die mir beinahe genauso sehr die Luft nahm, wie Thorin kurz vor seinem Erwachen. Sie bestürmten mich umgehend mit Fragen, wo ich gewesen sei, was alles passiert war und ob ich unverletzt wäre. "Hey, hey, hey. Leute. Langsam. Es ist alles in Ordnung. Mir gehts gut. Ich bin nur etwas gerädert mehr nicht. Außerdem hab ich hunger", erklärte ich, nachdem ich es geschafft hatte mich aus dem Knäuel aus Armen und Menschen heraus zu winden. "Du musst uns wirklich erzählen was passiert ist. Wir haben uns höllische Sorgen um dich gemacht. Auch weil du dein Handy einfach hier vergessen hast", sagte Chu und sah mich vorwurfsvoll an. "Ich hatte wirklich nicht vorgehabt, die ganze Nacht weg zu bleiben. Aber ich... wurde ein wenig aufgehalten", sagte ich hastig nachdem ich bei einem kurzen Seitenblick feststellte, dass Thorins Miene sich verfinsterte, als er mich in der Mitte meiner Freunde beobachtete. "Na am besten kommst du mal mit. Wir haben dir was vom Frühstück aufgehoben. Du musst am verhungern sein", meinte Richi freundlich lächelnd. Ich nickte ihm ruhig zu. "Geht schon mal voraus, ich komm gleich nach", sagte ich zu ihnen. Sie nickten ebenfalls bestätigend und gingen schon einmal vor zum Fisse Ma "Tent" Chen. Ich blieb zurück und musterte die Zwerge. Nori und Ori machten sich schon mal auf dem Weg zurück zu ihrem Zelt. Thorin warf mir immer noch einen finsteren Blick zu, der sich aber wieder leicht erhellte, als meine Freunde davon gegangen waren. Bofur klatschte mir kurz auf die Schulter. "Schön, dass wir dich wieder heil her gebracht haben, oder?", fragte er fröhlich. "Ja, danke euch. Aber wenn ihr mich jetzt entschuldigen wollt. Ich würde mir gerne eine Kleinigkeit zwischen die Zähne schieben. Mir sind schon die Beine ganz schwach", sagte ich und grinste den Zwerg mit der Mütze an. "Na dann geh mal schön was Essen. War bestimmt auch eine lange harte Nacht für dich", meinte er freundlich und folgte dann den anderen Beiden. Kili lächelte einfach nur und verschwand dann auch kommentarlos. Nun stand nur noch Thorin vor mir und dieser verschränkte die Arme vor der Brust. Ich musterte ihn leicht verunsichert und zögerte etwas, mich von der Stelle zu bewegen. Er aber zuckte lediglich mit dem Kopf in Richtung des Barzeltes. "Geh schon was essen, damit du wieder zu Kräften kommst", sagte er kurz und bündig. Ich nickte langsam und machte ein paar Schritte an ihm vorbei. Doch bevor ich ganz an ihm vorüber gegangen war, fasste er mich noch einmal am Arm. Verwirrt und erschrocken erstarrte ich in meiner Bewegung. Er wirbelte mich noch einmal herum und legte denn seinen Kopf nah an mein linkes Ohr. Mit dem Rechten hatte er ja so eine eigenwillige Erfahrung gemacht. Leise flüsterte er mir mit seiner tiefen Stimme zu: "Du verlierst kein Wort über letzte Nacht. Das bleibt unter uns. Wenn sie nicht locker lassen, denk dir was aus." Ich schielte ihn kurz von der Seite an und versuchte den wohligen Schauer zu ignorieren, der mir über den Rücken fuhr, wie ein Schwall warmes Wasser. "Ich werde schweigen, wie ein Grab", erwiderte ich dann nach einigem Schweigen. Ich hörte ihn zufrieden brummen. "Gutes Mädchen. Nun geh", hauchte er mir zu und versah meine Wange mit einem so flüchtigen Kuss, das ich dachte es wäre nur der warme Sommerwind gewesen. Doch ich fühlte, wie diese Stelle leicht begann zu kribbeln und auf meinen Lippen bildete sich ein verlegenes Lächeln. Er löste sich von mir und wand sich zum Gehen. Sachte legte ich meine Finger an den Punkt, wo ich das Kribbeln fühlte und meiner Kehle entsprang ein sehnsüchtiger Seufzer. Dieser Mann hatte wirklich schnell begriffen, wie man eine Frau um den Verstand brachte. Oder zumindest kurz außer Gefecht setzte. Doch da fiel mir plötzlich ein, dass er ja auch noch nichts gegessen hatte. "Äh, soll ich dir was mitbringen?", rief ich ihm noch nach, als ich mich wieder gefangen hatte. "Tu das", rief er kurz zurück und ging zügig weiter. Wieder seufzte ich und schritt dann mit weichen Knie zum Fisse Ma "Tent" Chen. An diesem Tag war es Still. Das "ROZ" war geschlossen, da nach jedem Karaoke Abend die sogenannten Tage der Stille eingehalten wurden. Das hieß, dass in der Zeit bis zum Talentwettbewerb keine Musik gespielt wurde, um alle daran zu erinnern, dass man sich auch ohne das Gedudel den Tag vertreiben konnte. So verhielt es sich jedes Jahr und war eine festgelegte Tradition. Aber an diesem Tag waren sowieso alle unglaublich müde und erschöpft von der vergangenen Nacht. Viele hatten bei dem Gewitter nicht schlafen können. So lag der ein oder andere in der Sonne, die die Überreste des Regens aus den Pfützen leckte. Auch im Barzelt war nichts los. In den Sofaecken hatten sich auch die einen oder anderen verschlafenen Gestalten versammelt. Ich allerdings hielt Ausschau nach meinen Freunden, die hinten an der Bühne einen Tisch besetzt hielten, auf dem schon mein Frühstück stand, dass sie für mich hatten zurück legen lassen. Es war ein Teller mit sage und schreibe Zehn belegten Brötchenhälften. Alle mit unterschiedlichem Aufschnitt von Wurst und Käse. Sie selbst spielten gerade ein kleines Pen-and-Paper Rollenspiel, das sich Ani-chan vor einiger Zeit mal ausgedacht hatte. Mit breitem Lächeln, nahm ich zwischen ihnen platz und fiel sofort mit knurrendem Magen über die belegten Brötchen her. Ich konnte mich wirklich nicht erinnern, dass mir einmal ein Frühstück so gut geschmeckt hatte. Ich war völlig in Hochstimmung, was auch meinen Freunden nicht verborgen blieb. "So Jacky. Jetzt erzähl mal ganz genau. Was hat der kostümierte Heini mit dir angestellt?", fragte Rainbow frei heraus, wodurch ich mich fast an einem Bissen verschluckte. "Wieso angestellt? Er hat nichts mit mir angestellt", erwiderte ich schmatzend. "Ach komm schon, Jacky. Wir kennen uns seit Jahren. Du warst die ganze Nacht allein mit diesem Kerl draußen unterwegs. Und jetzt strahlst du die ganze Zeit, als hättest du neben einem Atomkraftwerk geschlafen", sagte Richi und grinste vielsagend. Ich hob eine Augenbraue und versuchte ein dummes Gesicht aufzusetzen, was mir mehr schlecht als recht gelang. "Nein wirklich. Es ist nichts passiert. Ja, er hat mich gefunden und wir haben uns gestritten. Dann ist das Gewitter über uns herein gebrochen, wir mussten Schutz suchen und haben uns dann, als wir einen Unterschlupf hatten ausgesprochen", erklärte ich ihnen genauso knapp wie Kili zuvor. "Ach, ausgesprochen nennt man das heutzutage. Jetzt ernsthaft Jacky. Du und Der. Ihr Zwei habt doch miteinander", sagte Chu ein wenig belustigt, aber auch vorwurfsvoll. "Wir haben nicht miteinander", kam es prompt aus meinem Mund. Damit hatte ich auch recht. Es wäre ja nur FAST dazu gekommen. Aber bereits das löste bei mir wieder eine heftige Unruhe aus und meine Schmetterlinge kribbelten mich wieder heftig. Erneut stieg mir die Hitze in den Kopf und das Echo seiner flüchtigen Lippenberührung von zuvor hallte auf meiner Wange wider. Chu schüttelte nur sacht den Kopf, als sie mich ansah und grinste. "Du hast den Fisch an der Angel, oder?", fragte sie mich. Ich schluckte kurz und drehte mein drittes, angebissenes Brötchen in den Händen. "Ich weiß wirklich nicht, was ihr meint", nuschelte ich leise und begnügte mich damit, verlegen an dem Brötchen weiter herum zu knabbern. "Na, dann Glückwunsch", sagte Ani-Chan lächelnd und drückte kurz mit einer Hand meinen Unterarm. "Wieso Glückwunsch? Zu was denn?", fragte ich. "Ach. Okay. Verstehe. Ihr wollt es noch nicht offiziell machen. Also gut. Wir wissen von nichts, bis ihr bereit dazu seid", meinte Richi und zwinkerte mir freundlich zu. Ich seufzte kurz und schüttelte den Kopf. Ich schaffte es einfach nicht ihnen etwas vor zu machen. Dafür war ich in solchen Moment einfach viel zu schwach und durchschaubar. Vorsichtig warf ich meine Blicke in alle Richtungen um festzustellen, dass außer ihnen sonst niemand zuhörte. "Bitte, sprecht ihn nicht drauf an. Sonst denkt er ich hätte euch etwas gesagt", flüsterte ich dann über den Tisch. "Mach dir keine Sorgen. Bei uns ist das Geheimnis bombensicher. Ich will nur hoffen, dass du genau weißt, auf was du dich bei diesem Kerl da einlässt. Solche Männer können schneller wieder weg sein, als du geradeaus gucken kannst", sagte Rainbow und verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich danke euch. Und macht euch keinen Kopf. Ich weiß schon was ich tue", erklärte ich ihnen, wobei ich mir den letzten Bissen meines Essens in den Mund stopfte. Danach erhob ich mich und griff nach dem Teller mit dem restlichen Frühstück. "Wo willst du denn jetzt damit hin?", fragte Ani-Chan verwirrt. "Zu Thorin. Er hat auch Hunger und er hat gesagt, ich soll ihm was mitbringen", antwortete ich mit einem lächeln. "Na dann lass ihn mal nicht warten", sagte Richi und winkte mir kurz zu. Ich nickte und verschwand dann wieder aus dem Zelt ins Freie. Gut gelaunt und summend schritt ich leichtfüßig über den Platz. Nichts und Niemand konnte mir in diesem Augenblick die Laune verderben. Ich hoffe sehr, das mir diese Stimmung noch eine ganze Weile erhalten bleiben würde. Doch ich musste mir eingestehen, dass ich Rainbow gegenüber nicht ganz aufrichtig gewesen war. Eigentlich wusste ich gar nicht worauf ich mich bei Thorin eingelassen hatte. Und genau diese Konsequenz daraus, bekam ich schon bald zu spüren. - 46. Der Morgen danach / ENDE - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)