Diesem Einen will ich #Follow von Virdra-sama (Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?) ================================================================================ Kapitel 40: 40. Highway to Zeltstadt ------------------------------------ Mit zerknirschten Gesichtern sahen mich die drei Zwerge an, nachdem ich mein Handy wieder verstaut hatte. Die Situation war alles andere als zuträglich. Hatten wir doch alle gehofft, dass unsere Flucht rechtzeitig beendet sein würde, bevor der Zwergenkönig Wind von der Aktion bekommen konnte. Doch hatten wir uns viel zu lange damit aufgehalten den Laden unsicher zu machen. Wobei es eigentlich mehr die Schuld der drei Herren war, die ja in ihrer Neugierde nicht zu bremsen gewesen waren. Nun mussten wir bei unserer Rückkehr einiges ausbaden. So viel war sicher. Aber zunächst machten wir uns daran, die Sachen, die wir bereits im Wagen hatten, zur Kasse zu fahren. Denn immerhin wollten alle, dass es doch zu dem kleinen Essen kam. Nach und nach legten wir die Waren auf das schwarze Laufband, welches zu der Kassiererin fuhr, die offensichtlich völlig verschlafen und tranig eine Sache nach der anderen über die Laserwaage zog. "Dieses Gerät ist wirklich unglaublich", murmelte Kili und musterte das Laufband interessiert. "Ja, ist es. Aber lasst euch jetzt nicht einfallen damit rum zu spielen", ermahnte ich die Drei, denen ich schon an den Nasen ansehen konnte, dass sie erneut irgendeine Dummheit mit den modernen, technischen Errungenschaften vor hatten. "Ist ja gut, Cuna. Bleib mal ganz ruhig. Bis Mittag sind es noch ein paar Stunden. Das sollte mühelos zu schaffen sein, wenn wir diese sonderbare Kutsche noch mal nehmen", kam es gelassen von Bofur, der grinsend auf der anderen Seite der Kasse alles wieder in den Wagen packte. "Deine Gelassenheit will ich mal haben, Bofur", raunte ich und sah zur Kassiererin, die immer noch wie im Halbschlaf die Waren an sich vorbei zog. Schließlich war sie dann doch fertig geworden und verkündigte den stolzen Preis von gut Fünfzig Euro. Ich musste schlucken. In den Jahren waren Lebensmittel unheimlich teuer geworden. Die Preise schienen von Tag zu Tag mehr zu explodieren. Doch zum Glück hatte mir Herr Hattemalhaar am Tag zuvor eine Kleinigkeit zugesteckt. So nahm ich den Schein, den er mir gegeben hatte aus dem Portmonee und reichte ihn über die Plexiglasscheibe. Nachdem die Frau diesen kurz in einem Gerät auf die Echtheit geprüft hatte und ihn in Zeitlupe in ihre Kassenschublade geschoben hatte, konnten wir dann auch endlich den Laden verlassen. Allerdings nicht ohne an der Bäckerei vorbei zu kommen, wo uns allen samt der Magen, aufgrund des köstlichen Duftes von warmen Brötchen und Kuchen, knurrte. Sicher, wir hätten auch die Äpfel essen können, die Kili notgedrungen mitnehmen musste, aber sowohl mir als auch den Jungs war derzeit gar nicht nach Obst zumute. Ich sah deswegen die Drei ruhig und vielsagend an. Sie nickten mir stumm und bestätigend zu. So wandten wir unsere Schritte doch noch einmal kurz dort hin, um uns zumindest eine Kleinigkeit für den Weg mitzunehmen. Ich konnte die Zwerge ja auch schlecht verhungern lassen, bis ich das gemeinsame Essen fertig hatte. So musterten wir neugierig die hell erleuchtete Glasfront der Theke, hinter der allerhand süße und deftige Leckereien uns entgegen lachten. Die Entscheidung fiel mir wesentlich leichter als den Herren, da diese die meisten Produkte gar nicht kannten. Ein junges, blondes Mädchen, offenbar eine Auszubildende, begrüßte uns mit eher schlecht gelaunter Miene, da sie wohl an diesem Morgen ganz alleine mit den vielen Kunden klar kommen musste, die bereits da gewesen waren. "Was darfst denn sein?", fragte sie monoton und musterte jeden von uns mit abschätzigem Blick. "Ich nehme eine von den belegten Fladenbrotecken mit Schinken und Käse, aber bitte ohne Tomaten", sagte ich freundlich und erntete gleich drauf von ihr ein Augenrollen. "Wir haben nur welche mit Tomaten", sagte sie knapp und bemühte sich gar nicht erst in die Theke zu greifen, um mir eines raus zu holen. "Sie können die Tomaten doch einfach runter nehmen", sagte ich noch ganz ruhig. So eine Arbeitsunwilligkeit kannte ich schon von vielen. Da brauchte man entweder gutes Zureden oder man musste ein wenig direkter werden. Doch diese Person schien sich an diesem Morgen wirklich darauf etwas einzubilden, dass sie allein die Abteilung leitete und niemanden hatte, der ihr auf die Finger haute. "Das können Sie auch selbst, wenn Sie es kaufen", meinte sie schnippisch. "Ach dann gib mir das Ding eben so, wenn du zu unfähig zum Arbeiten bist", meinte ich leicht gereizt. Ich wollte mich nicht länger mit ihr aufhalten als unbedingt nötig. "Werden Sie mal nicht unfreundlich", raunte sie über die Theke und griff nun mehr oder weniger in Zeitlupe nach einer Fladenbrotecke mit Thunfisch. "Hallo. Ich sagte Schinken und Käse", meinte ich und langsam wurde mein Ärger über das Mädel noch größer. "Wir haben keine Anderen da. Kann nichts dafür wenn Sie so Blind sind und das nicht sehen", erwiderte sie und legte das Brot zurück in die Theke. "Da liegt doch eins! Direkt vor deiner Nase, Mädchen", kam es nun von Kili, der genau das gesehen hatte, welches ich haben wollte. Sie sah erst ihn an und dann in die Theke. "Das ist das Letzte, was ich habe. Danach muss ich wieder neue machen", verkündete sie. "Das ist mir doch wumpe, was du machen musst. Jetzt pack es mir schon ein", knurrte ich ungeduldig. Seufzend streckte sie die Hand danach aus und verpackte es lustlos in einer Tüte. "War das dann alles von Ihnen?", fragte sie träge. "Nein, die Herren hier wollen auch noch etwas", sagte ich und deutete auf die drei Zwerge. Bofur hatte offensichtlich gefallen an den Donuts gefunden und deutete darauf. "Was sind denn das für Sachen?", fragte er freundlich. "Steht doch drauf oder können Sie nicht lesen", kam die Antwort von dem Mädchen. Ein wenig irritiert ließ der Zwerg die Mundwinkel sinken und hob fragend die Augenbrauen. "Ich erklärs dir später, wenn wir hier raus sind. Die junge Dame hat offenbar zu viel Spaß an ihrer Arbeit", gab ich dann sehr sarkastisch und barsch von mir. Daraufhin musterte er mich leicht verwirrt und bestellte einfach mal zwei davon, welche das Mädchen genauso langsam einpackte und lieblos auf die Theke feuerte, wie zuvor mein belegtes Brot. Fili und Kili fragten erst gar nicht danach, was sie denn gerade bestellen. Ich konnte ihren Gesichtern entnehmen, dass sie genauso entrüstet waren wie ich. Doch offenbar war der Hunger größer, als die Lust ein ungezogenes Gör zurecht zu weisen. So suchte sich der Ältere einen leckeren Schoko-Muffin aus und der Jüngere ein Schnitzelbrötchen. Ich machte mir unterdessen meine eigenen Gedanken zu dem Mädel. Es war mir jedes mal unbegreiflich, das solche Leute einen Job erhielten während andere, die sich förmlich um eine solche verantwortungsvolle Aufgabe reißen würden, um ihre Familie zu ernähren, auf der Strecke blieben. Und so etwas ärgerte mich erst recht, da ich einmal selbst derartige Tätigkeiten ausgeführt hatte. Aber sich darüber aufzuregen half mir in dieser Situation auch nicht. Es würde ja eh nichts bringen, also beließ ich es einfach bei meinen Gedanken. Nachdem wir bezahlt hatten, verließen wir mehr als verärgert und mit hoch roten Köpfen den Laden. "Also da solltest du nie wieder deine Waren erstehen. Wenn ihre Eltern wüssten wie sie deren Ladengeschäft führt, so würden sie ihre Tochter gewiss enterben", knurrte Kili angesäuert und biss in sein Schnitzelbrötchen. "Die Bäckerei gehört bestimmt nicht ihren Eltern. Das ist eine sogenannte Ladenkette. Da arbeiten mehr als zehntausend Menschen. In fast jedem Geschäft ist einer von denen. Und das war eben nur eine junge Angestellte, die sehr viel Freude an ihrer Arbeit hatte", brummte ich auf der Suche nach einem Mülleimer, in dem ich die Tomaten werfen konnte. "Warum wirfst du denn das gute Essen jetzt weg, was du gekauft hast?", fragte Fili und hielt den angebissenen Schoko-Muffin locker in der Hand. "Ich kann keine frischen Tomaten essen. Davon bekomm ich Magenschmerzen. Wenn sie gekocht sind ist kein Problem. Aber frisch unmöglich", erwiderte ich und begann nun auch mein Frühstück runter zu schlingen. "Das kling ja nicht gut. Da musst du beim Essen wirklich aufpassen, oder?", fragte Bofur, der sich die Donuts einzeln auf die Finger gesteckt hatte und sie So langsam abknabberte. "Ja. Manchmal. Deshalb verstehe ich auch solche Weiber nicht, die so unfähig sind und sich weigern Kundenwünschen nach zu kommen. Hätte ich mir das damals erlaubt, wäre ich ruck zuck meinen Job los geworden", sagte ich und nahm während dem Essen noch die Tüten aus dem Einkaufswagen. Immerhin mussten wir diesen ja zurück lassen, um in den Bus steigen zu können. An der Bushaltestelle saßen wir mit Sack und Pack im Unterstand und warteten auf die Linie, die uns zurück zur Zeltstadt bringen sollte. Dummerweise fuhr diese ab Neun Uhr nur noch alle halbe Stunde, weshalb wir länger warten mussten bis endlich einer kam. Ein paar mal musste ich die Zwerge davon abhalten in den Falschen einzusteigen. Sie verstanden einfach nicht, dass es Kutschen gab, die in verschiedene Richtungen fuhren und nicht dort hielten, wo man gerne hin wollte. Schließlich kam unserer doch heran gefahren und ich stieg als Erste ein. Um gut Zehn Uhr war dieser etwas voller als noch am frühen Morgen. Da Sommerferien waren, gab es viele, die um diese Zeit ins Schwimmbad fuhren oder einen Bummelausflug in die Stadt machten. Viele Plätze waren nicht mehr frei. Also würden wir wohl stehen müssen. Doch um so etwas in Erwägung zu ziehen, kamen wir gar nicht erst weit genug. Der Fahrer sah uns einen nach dem anderen an und runzelte die Stirn. "Nee, Freunde. Mit den Sachen kommt ihr nicht in meinen Bus", sagte er, als ich nach den Fahrkarten fragte. "Wieso denn nicht?", kam es von Fili. "Ihr verdreckt alles mit den Kartoffeln. Entweder packt ihr alles in eine Tüte oder ihr bleibt hier", sagte er schlicht. Ich rollte mit den Augen. "Und wenn wir stehen bleiben und uns nicht setzen? Sind ja nur zwei Haltestellen", erklärte ich ruhig, doch der Mann blieb eisern. "Mädel. Ich kenn dich nicht und auf das Wort von solchen Freaks wie euch gebe ich erst recht nichts. Also raus aus meinem Bus. Ich hab jetzt schon Verspätung", blaffte er. "Das ist nicht gerecht! Ihr müsst uns mitnehmen, wenn wir Euch bezahlen", protestiere Bofur und wedelte mit seinen Kiwis herum. "Ich sagte raus! Seid ihr taub?!", gab der Mann gereizt von sich und drängt uns damit umso deutlicher aus seinem Wagen. "Kommt, lasst uns gehen", meinte ich ernüchternd und setzte zum Rückzug an. Die Türen schlossen sich hinter uns, nachdem wir den Bus wieder verlassen hatten. Na großartig. Was war nur an diesem Morgen in die Menschen gefahren, dass sie uns so herabwürdigend behandelten. Das Selbe ging auch den drei Zwergen durch den Kopf, die wütend in ihrer Muttersprache Verwünschungen von sich gaben. "Unglaublich wie diese Menschen hier mit einem umspringen. Wir haben doch nichts Falsches getan. Wieso behandeln sie uns wie Dreck?", fluchte Kili und trat gegen die Mülltonne, die an einer Laterne festgeschraubt war. Aufgrund seiner eisenbeschlagenen Stiefel, gab diese ein kurzes "Deng" Geräusch von sich und schon hatte sie eine fette Delle im Metall. "Ist kein Grund hier wehrlose Mülltonnen anzugreifen, Kili", raunte ich ihn gefrustet an und versuchte nachzudenken, wie wir denn nun am schnellsten zurück kommen sollten. Viele Alternativen hatten wir nicht. Taxi rufen wäre eine gewesen. Doch glaubte ich nicht, dass die ortsansässigen Unternehmen noch einmal einen Fahrer an uns verleihen würde, nachdem der Erste von den beiden Jungs auf dem Rücksitz zusammen geschrien wurde und ich einem anderen mit meiner Nasenbluterei die halbe Karre versaut hatte. Und nun hatten wir noch Bofur mit dabei, der auch noch nie in einem Auto gesessen hatte. Nein danke, nicht noch mal innerhalb von zwei Tagen. "Was machen wir denn jetzt? Meinst du der Nächste nimmt uns mit?", fragte Kili an mich gewandt. "Nach dem Glück was wir Heute haben, wage ich das zu bezweifeln. So wies aussieht müssen wir die paar Kilometer laufen", sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen. "Also gut. Wenn wir keine andere Wahl haben. Dann laufen wir eben. So eine kleine Wanderschaft kann ja nicht ganz so schlimm sein, oder? Ich meine bevor wir unnötig Zeit verlieren", kam es mit munterer Stimme von Bofur, der sich bereits den Kartoffelsack über die Schulter geworfen hatte. "Nun ja. Eigentlich schon. Wir werden bestimmt einige Stunden unterwegs sein. Sind immerhin knapp fünfzehn Kilometer. Ich hoffe nur die Eier bleiben bis dahin noch frisch", erwiderte ich seufzend. "Dann beeilen wir uns eben", meinte Kili und setzte sich schon in Bewegung. "Hey, nicht so schnell. Ich gehe voraus. Nicht dass ihr euch hier verirrt", sagte ich , schnappte mir den Schinken,die Zwiebeln, die Eier und auch das was ich eigentlich nicht kaufen wollte, nämlich die Tampons, und folgte den drei kleinen Männern die Straße entlang, über die wir her gekommen waren. Ich nahm den kleinen Fußweg entlang der Landstraße. Wenn wir diesem folgten, würden wir mit Sicherheit zurück finden, dachte ich noch halbwegs motiviert bei mir. Doch diese Motivation sollte mir bald vergehen. An diesem Morgen wurde es draußen wieder unheimlich warm. Wir hatten kaum die Möglichkeit auf Schatten, als wir der baumlosen Landstraße folgten. Hin und wieder erwischten wir einen leichten Luftzug, wenn ein LKW an uns vorbei ins Industriegebiet brauste. Doch alles in allem war das Ganze eine einzige Tortour. Die ersten drei Kilometer waren ja noch soweit in Ordnung. Ab Kilometer Vier musste Bofur dann den Kartoffelsack kurz absetzen und sich mit der Mütze kühle Luft zu fächern. "Wie weit ist es noch?", fragte dieser schnaufend. "Von hier aus würde ich sagen noch gut zehn Kilometer", meinte ich und setzte erschöpft die Tüten ab. Man mag nicht glauben, wie schwer selbst solche einfachen Einkäufe werden konnten, wenn man es nicht gewöhnt war diese über längere Strecken zu Fuß nach Hause zu bringen. Oder in diesem Fall in ein Zeltlager. "Komm Bofur. Ich übernehme den Sack jetzt. Wenn ich nicht mehr kann, dann Kili und danach Cuna", sagte der blonde Zwerg und nahm Bofur den schweren Sack ab. Wir mussten weiter. So oder so. Was anderes blieb uns gar nicht übrig. So ging es weiter, wie im Gänsemarsch. Immer wieder wechselten wir den Sack untereinander, wenn einer nicht mehr konnte. Wobei ich nicht mal einen ganzen Kilometer schaffte, bevor ich ihn absetzen musste. Es war zum Heulen. Wir hatten erst knapp über die Hälfte geschafft und waren durch die sommerliche Hitze schon völlig erschöpft. Noch dazu plagte uns alle der Durst. Ich fluchte insgeheim, dass wir uns nichts zu trinken aus dem Laden mitgenommen hatten, aber dazu war es zu spät. Zwischendrin, hatten wir uns zwar an den Äpfel verlustiert, um zumindest etwas Flüssigkeit zu uns zu nehmen. Doch die hatten uns noch durstiger gemacht. "Das schaffen wir nie rechtzeitig. Thorin bringt uns um", sagte Bofur und musterte den Stand der Sonne mit vorgehaltener Hand. Er hatte recht. Meine Uhr zeigte schon Elf an. Und um Zwölf gab es meistens Essen. Wenn wir erst nach dem Essen einträfen, dann würde der Zwergenkönig sicherlich einen sehr unfreundlichen Suchtrupp zusammen stellen. Und wenn dieser uns fand, konnten wir eigentlich froh sein, wenn wir zuvor verdurstet waren. Doch dazu wollte ich es auch nicht kommen lassen. Ich spähte in die Ferne. Dort an der Straße musste irgendwo eine Tankstelle sein. Wenn wir es bis zu dieser schafften, konnten wir uns zumindest etwas zu trinken organisieren. "Kommt. Lasst uns weiter gehen. Wenn wir hier stehen bleiben, kommen wir auch nicht an", sagte ich und versuchte entschlossener zu klingen, als ich eigentlich war. Ich nahm den Sack auf den Rücken und ging wieder voraus. Der Asphalt flimmerte in der vormittäglichen Hitze und ließ sämtliche Dinge, die weiter weg waren, so erscheinen, als spiegelten sie sich in einem kleinen See auf der Straße. Wir schnauften alle vier und kämpften mit uns, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Doch schließlich kam die Tankstelle in greifbare Nähe. "Wir haben es bald geschafft Jungs. Haltet noch etwas aus. Da können wir rasten", sagte ich keuchend und mit rauer Stimme, während ich auf die Tankstelle deutete. "Gut... sehr gut", antwortete Kili matt und schleppte sich neben mir her. Vor der Tankstelle war nicht so viel los. Ein Motorrad Club, der wohl unterwegs zu ihrem Trip dort kurz rast machte und einige Autofahrer die hastig Tanken wollten. Erschöpft und halb verdurstet schleppten wir uns an all diesen Leuten vorbei in den gut klimatisierten Laden. Der kalte Luftzug ließ uns erleichtert aufatmen. Wir stellten unsere Einkäufe ab und stürzten hastig auf das Kühlregal zu, in dem uns schon allerhand Getränke anlachten. Ich griff mir eine große Wasserflasche und die drei Zwerge sich jeweils ein Bier. Nachdem wir gezahlt hatten kippen wir uns das Zeug fast sturzartig in die Kehlen. Ich gab für jeden der Herren noch eine kleine Kaltwasserdusche mit der Flasche aus, damit unsere erhitzten Köpfe auch etwas davon hatten. Das taten wir natürlich draußen, um nicht den Laden nass zu machen. Die Mitglieder des Motorrad Clubs, die bei ihren Maschinen standen und sich ihrer Mittagspause erfreuten sahen uns lachend dabei zu. "Mein lieber Schollie. Ihr Vier seht ja mal richtig fertig aus", grölte uns einer der Herren in Lederweste und Jeans zu. Ein rundlicher Mann um die Mitte Vierzig mit schwarzem Bart, Sonnenbrille und knall rotem Halstuch. Die langen, dunklen Haare hatte er unter einer schwarzen Lederkappe zurück gebunden. "Kann man so sagen", kam es von Bofur, der sich sein Bier schmecken ließ. "Habt wohl nen kleinen Gewaltmarsch hinter euch was?", fragte einer der etwas älteren. Ein richtiger Rocker Opa mit langem weißen Bart, kahlem Schädel und rundlicher Sonnenbrille. "Ja. Bedauerlicherweise", antwortete der Zwerg mit der Mütze. Er trat etwas näher an die Rocker heran, damit er nicht so schreien musste. Während sich dieser weiterhin mit den Männer unterhielt und erzählte was wir alles für Strapazen hinter uns gebracht hatten, inspizierte ich unterdessen meine Armbanduhr und keuchte erschrocken. "Verdammt! Es ist Viertel vor Zwölf! Wir sind geliefert", jammerte ich und ließ mich auf den leicht erhöhten Bordstein sinken. "Na großartig. Wenn dieser unverschämte Kutscher nicht gewesen wäre, dann wären wir mit Sicherheit jetzt schon zurück. Onkel zieht uns die Ohren lang", gab Kili niedergeschlagen von sich. "Wenns mal nur bei den Ohren bleibt Kili", meinte sein Bruder in nicht minder enttäuschtem Tonfall. Zu dritt ließen wir nebeneinander sitzend die Köpfe hängen und nuckelten betrübt an unseren Flaschen. So konnte es einfach nicht weiter gehen. Bestimmt waren meine zwölf Eier in dem Karton schon gebraten oder gekocht. Und wenn das nicht, dann höchst wahrscheinlich ungenießbar. Und der Schinken war es sicherlich auch. Warum musste nur immer alles so furchtbar schief gehen? Dabei hatte ich mir das so einfach vorgestellt. Wie konnte ein einfaches Hin und zurück einem nur so schwer fallen? Hatte ich dem Schicksal irgendetwas getan, womit ich das alles verdient hatte? Und Thorin würde nun erst recht nichts von meinem Essen haben wollen. Dafür wäre er vermutlich viel zu wütend. "Jungs.... Es tut mir leid", gab ich reumütig und klagend von mir. "Wieso das denn?", fragten die Brüder fast gleichzeitig. "Weil ich euch in diese dumme Sache mit rein gezogen habe und jetzt bekommen wir alle wegen meiner Schnapsidee ärger", erklärte ich und umklammerte meine Wasserflasche fester. Ich hätte am liebsten frustriert los geheult. Ich wollte doch nur etwas Gutes tun. Und dann geschah mir ein Unglück nach dem anderen. Ich verdammte es, dass ich mich doch zu dieser Idee hatte hinreißen lassen, nur um einen Mann für mich zu gewinnen, der nur noch weg von mir wollte. Ich spielte mit dem Gedanken alles hin zu werfen und die Sache ein für alle mal ruhen zu lassen. Auch wenn es unglaublich weh tat. Doch da schlossen sich von links und rechts jeweils zwei Arme um mich. "Nicht aufgeben, Cuna. Das war doch alles nicht deine Schuld", murmelte mir Kili zu. "Richtig. Wir stehen das alle schon durch. Er wird uns kurz ausschimpfen. Dann machen wir uns daran, dein Essen vorzubereiten und dann werden es alle gemeinsam genießen. Lass den Kopf nicht hängen", mahnte mich Fili an. Beide legten ihre Stirn an meinen Kopf und sahen mich ernst und durchdringend an. Unglaublich, dass sie mir nach all dem, was ich ihnen aufgebürdet hatte immer noch so die Treue hielten und zu mir standen. Ich hob meine Arme hinter die Rücken der Beiden und drückte sie einmal so fest ich konnte. "Ich hab euch einfach nicht verdient wisst ihr das?", sagte ich und schon rannen mir Tränen der Freude, aber auch der Frustration aus den Augen. "Auch wenn wir keine leiblichen Geschwister sind. Du wirst immer unsere kleine Schwester sein. Und auf die geben wir gut acht", sagte Kili aufmunternd. "Ach ihr seid einfach zu süß", schniefte ich. "Hey. Was macht ihr drei denn für trübselige Gesichter?", fragte Bofur, der plötzlich wieder vor uns stand und fragend musterte. "Cuna ist unglücklich, weil wir es nicht mehr rechtzeitig zurück schaffen", erklärte Fili. "Wer sagt das wir das nicht werden?", fragte der Zwerg mit der Mütze und grinste dabei breit. Ich sah verwirrt zu ihm auf und legte den Kopf schief. "Es ist zu spät Bofur. Die restlichen Kilometer schaffen wir in der Zeit einfach nicht. Nicht unter diesen Umständen", erklärte ich. "Oh, ich glaube doch, dass wir das schaffen", sagte er selbstbewusst. Ich musste ungewollt grinsen. Hatte ihm die Hitze unter der Mütze nun so sehr zugesetzt, dass er glaubte uns wären nun Flügel gewachsen oder war ihm das kalte Bier so zu Kopf gestiegen? "Ich glaube du verstehst nicht. Es ist unmöglich jetzt noch pünktlich da zu sein. Es sei denn dir sind zwischendurch Flügel gewachsen oder so", gab ich etwas spottend von mir. "Nein. Das nicht. Aber ich hab uns was organisiert", sagte er und deutete zu dem Platz, wo die Männer des Motorrad Clubs ihre Maschinen abfahr bereit zu machten. Dabei bemerkte ich, wie sie unsere Einkäufe in ihren Behältern verstauten. Mir klappte vor Staunen und Verblüffung der Mund auf. Dann sah ich wieder zu Bofur, der selbstzufrieden die Arme vor der Brust verschränkt hatte und immer noch zu mir runter grinste. Langsam kam ich mit den beiden Brüdern auf die Beine und fasste den Zwerg an den Schultern. "Bofur. Wie?", brachte ich nach ein paar Sekunden erst hervor, da ich es immer noch nicht glauben konnte, was da gerade passierte. "Naja. Es war ganz einfach. Ich hab etwas mit den Männern geplaudert. Denen gesagt was uns alles passiert ist und dass du das alles für einen Mann tust, den du liebst und jetzt wegen einem dummen Kutscher hier sitzt, und dem Mann nicht dein Essen machen kannst. Darauf hin haben die angeboten, dass sie uns mit ihren stählernen Pferden mitnehmen, weil sie eh in unsere Richtung wollen. Wenn du ihnen den Weg sagst, bringen sie uns auch direkt ins Lager", erklärte er schlicht. Mir fiel fast alles aus dem Gesicht. Ich konnte gar nicht schnell genug realisieren, was er da gerade sagte. Doch mir schwoll das Herz auf die hundertfache Größe an vor Freude und Dankbarkeit. Ich wusste es gar nicht anders auszudrücken, als ihm für diese Tat gefühlte hunderte male auf die Wangen zu küssen und fest zu drücken. "Na, na, na. Cuna! Schluss! Heb dir das für Thorin auf!", meinte er und lachte belustigt, aber nicht ohne leicht gerötete Wangen zu bekommen. "Du bist ein Schatz! Du hast uns gerettet!", rief ich aus und sprang vor Freude auf der Stelle. "Ach, nicht der Rede wert. Hauptsache wir sind schnell wieder zurück im Lager", sagte er und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Dafür bekommst du die größte Portion von den Bratkartoffeln und du darfst dir als Erster nehmen", sagte ich und kam gar nicht mehr aus der Euphorie heraus. "Hey! Kommt ihr Mädels dann mal? Sonst seid ihr doch noch zu spät in eurem Lager", rief der rundliche Kerl mit dem roten Halstuch und bestieg schon seine Maschine. Wir grinsten alle wie die Honigkuchenpferde und schritten so schnell wir konnten zu den Rockern hinüber. Jeder nahm hinter einem der breiten Männer auf dem Bock platz. "Gut festhalten, Schätzchen", sagte der Typ mit dem Halstuch, wo ich saß und schon gab er das Kommando, womit alle ihre Bikes starteten. Es war ein ohrenbetäubendes Geröhre und Gedonner, als die zwanzig Maschinen fast gleichzeitig ansprangen. Ich fühlte den Motor unter meinem Hintern vibrieren und hielt mich so gut ich konnte an dem Mann vor mir fest. Langsam setzten wir uns in Bewegung und rollten Richtung Straße. "Also sag mir schön wos lang geht, Süße. Und immer gut festhalten, damit wir keinen von euch verlieren", sagte er gut gelaunt, als er die Räder auf die Straße setzte und wir in einer Kolonne davon fuhren. Es war ein unglaublich befreiendes Gefühl. Der Fahrtwind in meinen zerzausten Haaren war trotz der Sommerhitze extrem kühl und wohltuend. Noch nie im Leben hatte ich so eine Freiheit um mich herum genossen. Es ging mir nun richtig gut. Alle meine Sorgen schienen mit dem Fahrtwind davon geblasen zu werden. Das Geräusch der Motoren beim Gasgeben war berauschend für alle Sinne. Ich konnte mich daher nach einiger Zeit nicht mehr zurück halten und jubelte fröhlich auf meinem Platz. Den drei Zwergen erging es wohl nicht anders. Ich sah mich zwischendurch nach den kleinen Männern um, die sich alle samt an ihrem Fahrer festhielten und aus dem Staunen nicht mehr heraus kamen. Nun ja bis auf Bofur der krampfhaft versuchte seine Mütze festzuhalten. "Das ist besser als Pony reiten!", hörte ich Kili freudig über den Lärm hinweg rufen. Ich schaute zwischendurch immer wieder auf die Uhr. Wir hatten noch fünf Minuten, aber mit den Maschinen waren wir unglaublich schnell. Wie ich nach einiger Unterhaltung mit meinem Fahrer feststellte, hieß er Micha und war wohl sogar der Chef des Clubs. Mehr konnte ich allerdings auf der Kürze des Weges und aufgrund des Lärms nicht heraus finden. Ich musste ja auch noch koordinieren, wohin wir denn fahren mussten, damit die Herren den Zeltplatz fanden. Die Uhr zeigte gerade Punkt Zwölf Uhr, als wir mit unserer Blechkolonne und laut röhrenden Motoren über den Parkplatz durch den Eingang der Zeltstadt fuhren. Es gab ein Wahnsinniges "Hallo", als wir dort hinein bretterten. Nun ja nicht eher bretterten. Es war mehr ein langsames Rollen, da einige Bewohner unterwegs zum Küchenzelt waren und niemand umgefahren werden sollte. Aus dem Lautsprecher des "ROZ" drang, fast als hätte man dies abgesprochen, von ACDC "Highway to Hell". Es herrschte eine atemberaubende Atmosphäre, als die Truppe anhielt und die Motoren erstarben. "So absteigen, Schätzchen", sagte Micha grinsend über die Schulter. Das ließ ich mir nicht zwei mal sagen und kam von dem Bock runter. Ich fühlte mich stolz wie Oscar, dass wir es doch noch geschafft hatten. "Wie kann ich euch Jungs dafür nur danken, Micha?", fragte ich freundlich. Er grinste nur weiter breit und winkte lässig mit seiner schweren Hand ab. "Nichts zu danken. Wir helfen gerne, wenn ein paar Leutchen in Not sind. Besonders Frauen auf einer Mission", sagte er und zwinkerte mir freundlich zu. "Trotzdem. Tausendmal Danke. Wenn ihr wollt, geht doch in unser Fisse Ma "Tent" chen und trinkt euch ein Bier", bot ich ihm an doch er schüttelte nur den Kopf. "Nee nee Schätzchen. Wir müssen gleich weiter, wenn ihr das Zeug abgeladen habt. Und du sieh zu, dass du deinen Mann an die Angel bekommst. Oh. Ich glaub da kommt er schon, oder?", sagte Micha und blickte grinsend an mir vorbei. Ich wollte mich gerade selbst umdrehen, als ich den festen Griff einer rauen, warmen Hand an meinem Arm fühlte und regelrecht herum geschleudert wurde. Mir wurde von dem Dreher ein wenig schummrig im Kopf, sodass es einen Moment lang dauerte bis ich erkannte, dass mich zwei wütende hellblaue Augen, wie ein ganzes Meer aus Speeren durchbohrten. Allein dieser Anblick reichte aus, um dem Lied, was nun im "ROZ" erstarb, wirklich glauben schenken zu können. Es war wortwörtlich gesehen, ein "Highway to Hell". Und vor mir stand der kleine, dunkelhaarige Mann, der es schaffen würde, diesen Moment in die Hölle zu verwandeln. - 40. Highway to Zeltstadt / ENDE - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)