Diesem Einen will ich #Follow von Virdra-sama (Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?) ================================================================================ Kapitel 35: 35. Schlagabtausch ------------------------------ Welch ein verkorkster Tag. Schlimm genug, dass ich meinen ersten Vollrausch hinter mich gebracht hatte. Aber nun stand eine richtige Mammutaufgabe vor mir. Nämlich die Zwerge dazu zu bringen, nicht schwer bewaffnet auf einem Kleinstadtfriedhof herum laufen zu lassen. Sicher würde mein Ex-Schwiegervater ein ziemlich dummes Gesicht machen, wenn da vor ihm eine Gruppe kleiner, bewaffneter Männer mit Bärten stand, die allesamt so in seinem Kleinbus einsteigen wollen würden. Davon abgesehen, dass höchstens nur sechs Leute hinten rein passten. Alle bekämen wir sicherlich nicht mit. Aber ich schätzte, dass Thorin gewiss ein paar seiner Männer im Lager zur Bewachung zurück lassen würde. Immerhin waren sie alle nach dem kleinen Einbruch in ihr Camp viel wachsamer geworden. Jeder Fremde, der ihren Zelten zu nahe kam, wurde gleich darauf hingewiesen, mindestens drei Meter Abstand zu halten. Das taten sie mal mehr und mal weniger freundlich. Alles in allem betrachtet war ich so ziemlich der einzige Mensch, der sich ihnen dort nähern durfte. Aber auch nur, weil ich dort schlief. Nach der kurzen Ansage des Zwergenkönigs wollte ich aber zunächst nicht zurück zu meinem Schlafplatz. Da hatte ich mich in den letzten Tagen viel zu oft aufgehalten. Stattdessen schloss ich mich Chu, Richi, Ani-chan und Rainbow an und spielte ein paar Runden Dungeons and Dragons mit. Es war eine Erleichterung sich mal keine Gedanken um die kleinen Männer machen zu müssen. Die würden ja eh nur das tun, was ihnen gerade in den Sinn kam. So konnte ich wenigstens bis zum Mittagessen ein paar ruhige Stunden mit anderen Leuten verbringen. Als ich danach gerade mein Geschirr zum Abwaschen bringen wollte, fiel mein Blick auf ein sehr merkwürdiges Schauspiel. Die kleinen Männer waren alle nicht beim Essen gewesen und nun bemerkte ich auch den Grund warum. Die Zwerge standen sich paarweise auf dem Platz gegenüber. Jeder mit einer anderen Waffe ausgerüstet. Thorin stand abseits des Ganzen und gab immer wieder irgendwelche Befehle von sich, zu denen sich die Herren dann bewegten. Sie schlugen zu, blockten ab, machten nach links ein paar Schritte, dann wieder nach rechts und dies dann immer wieder im Wechsel. Um sie herum hatten sich eine menge Schaulustige versammelt, die ihr offensichtliches Kampftraining neugierig begutachteten. Manche filmten oder Fotografierten es sogar. Ich konnte nur mit dem Kopf schütteln. Was hatten die sich denn jetzt schon wieder in ihre Querköpfe gesetzt? Wollten die zum Friedhof marschieren und meine Ex-Schwiegermutter erschlagen? Nicht dass sie in meinem tiefsten Innern dafür mein Wohlwollen gehabt hätten. Aber das ging ja nun gar nicht. Sie konnten doch nicht im ernst glauben, dass es dort um Leben und Tod ging. Wobei um Tod ja schon. Schließlich war es ein Friedhof. Seufzend ging ich mit weiten Schritten zurück zu den Zelten und dabei vorbei an den trainierenden Männern. Langsam trat ich hinter den Zwergenkönig und klopfte ihm auf die Schulter. Dieser drehte sich zu mir um und musterte mich wie immer mit einem strengen Blick. "Was treibt ihr hier?", fragte ich ohne Umschweife. "Wir bereiten uns auf den heutigen Abend vor, wonach sieht es deiner Meinung nach aus?", erwiderte er ein bisschen barsch. "Ihr habt nicht wirklich vor auf einen Friedhof zu gehen und da einen Drachen zu erschlagen oder?", hakte ich nach und zog dabei spöttisch die Augenbrauen hoch. "Nein haben wir nicht. Einen Drachen kann man nur mit einem schwarzen Pfeil bezwingen, der von einer Zwergenwindlanze abgeschossen wird. Und ich wage zu bezweifeln, dass ihr Menschen hier so etwas auch nur im entferntesten besitzt. Es ist gewiss auch nicht in unserem Sinne dieses Untier zu reizen. Dennoch ist es gut auf alles gefasst zu sein. In Grabstätten treibt sich gerne noch mehr Gesindel herum. Aber das weißt du sicherlich genauso gut wie ich", meinte er trocken und gab danach wieder einige Befehle an seine Männer weiter. Ich strich mir mit einer Hand entnervt über das Gesicht. Das konnte doch einfach nicht wahr sein. Wollte er sich dort vielleicht auf die Jagd nach Ghulen oder dergleichen machen? Unweigerlich lief vor meinem inneren Auge ein kleiner Film ab, indem dreizehn Zwerge, wie ein paar Irre schreiend und mit ihren Waffen fuchtelnd, hinter einem alten Mütterchen her rannten und diese dann auch noch als Zombie oder was auch immer bezeichneten. Ich schüttelte kurz den Gedanken daran ab und klopfte Thorin erneut auf die Schulter, da er sich wieder von mir abgewandt hatte. "Was ist denn noch?", fragte er nun ziemlich ungehalten. "Wir können nicht alle mitnehmen. Dafür ist der Wagen von meinem Schwiegervater zu klein. Mit mir zusammen können höchstens noch fünf von euch dabei sein", sagte ich. Einen Augenblick lang hob er eine Augenbraue in die Stirn und nickte dann bedächtig. "Gut, dass du mir das jetzt sagst. Dann treffe ich nachher eine Auswahl. Aber wo du schon mal hier bist. Komm mal eben mit", meinte er knapp. Nebenher rief er seinen Männern noch zu, sie mögen kurz ohne ihn weiter machen. Neugierig aber ein wenig bang ums Herz folgte ich ihm ins Zelt hinein. Er ging zu seinem Rucksack und kramte dort etwas herum. Was hatte er denn nun schon wieder mit mir vor? Ich stellte mich hinter ihn und versuchte über seine Schulter zu schauen. Doch für einen so kleinen Kerl hatte er wirklich ein recht breites Kreuz, welches mich daran hinderte zu sehen, was er da tat. "Du kannst dich schon mal ausziehen, Cuna", sagte er mit beiläufigen Ton. "Bitte WAS?!", kreischte ich empört. "Du sollst dich ausziehen", erwiderte er ungeduldig. "Ich? Jetzt? Hier? An Ort und Stelle?", fragte ich und mir stieg die Hitze in den Kopf. "Nein. Geh hinter deinen Vorhang. Ich komme gleich zu dir", erklärte er und kramte weiter unbehelligt in seinem Rucksack herum. Wie vor eine Backsteinmauer gelaufen, bleib ich stock steif vor Entsetzen und Verwirrung hinter ihm stehen. Das konnte doch wohl nicht sein Ernst sein! Ich sollte mich ausziehen? Und noch dazu bei meiner Liege auf ihn warten? War er von allen guten Geistern verlassen? Hatte mein Anblick unter der Dusche ihm etwa doch mehr ausgemacht, als er zugeben wollte? Aber wieso erst so spät und vor allem wo gerade seine Männer draußen vor dem Zelt trainierten? Oder vielleicht gerade deshalb? Ja sicher, dann wären wir allein. Und die machten da draußen ja auch so viel Krach, dass uns sicher niemand bei einem kleinen Techtelmechtel gehört hätte. Aber nein! Wo dachte ich denn da bitteschön hin?! Um Himmel willen! So weit war ich doch noch lange nicht mit ihm. Das konnte ich nicht tun. Obwohl mir die Vorstellung schon irgendwie gefiel. Auch der Gedanke daran, dass wir dabei erwischt werden könnten war äußerst reizend. Doch das war unmöglich. Vor allem da mir einfiel, dass Moe immer noch meine Kondome seit dem Piratentag in Gewahrsam hatte. Immerhin wollte ich, wenn es zu so etwas kam, nicht hinterher einen neunmonatigen Gepäckmarsch durchmachen, um danach vermutlich auch noch allein ein kleines, bärtiges Kind groß zu ziehen. Ich schüttelte heftig den Kopf. Das ging nun gar nicht. Ausgeschlossen. Das hatte Thorin ja selbst noch gesagt. Wir konnten nicht zusammen sein. Und so schon gar nicht. Aber sein Verhalten war sowieso reichlich seltsam an diesem Tag. Unberechenbar und nicht zu verstehen. Das alles verwirrte mich zusehends und bereitete mir wieder Kopfschmerzen. "Du stehst ja immer noch da. Beweg dich endlich mal. Wir haben nicht viel Zeit", sagte er und schaute mich über die Schulter hinweg ein wenig grantig an. Ich schluckte etwas. Er schien es wirklich ernst zu meinen. Aber das würde ich nicht tun. Nein. Ganz bestimmt nicht. Deswegen blieb ich stur da stehen und schaute ihm weiterhin auf den Rücken. "Sag mal, rede ich in letzter Zeit undeutlich oder muss ich dir helfen dich deiner Kleidung zu entledigen?", fragte er und es klang inzwischen sehr säuerlich. "Nein. Du liebe Güte, Thorin. Was verlangst du da um alles in der Welt von mir?", fragte ich nervös und fuchtelte mit den Armen. "Das hast du doch klar und deutlich gehört. Ich frage mich, warum du auf einmal so schwer von Begriff bist. Aber gut. Dann machen wir das eben gleich hier", sagte er und stand mit dem Rücken zu mir auf. "Was?! Gleich hier? Wo alle es sehen können?", platzte es aus mir heraus. "Ich hab dir genug Zeit gegeben um dich vorzubereiten. Nun muss es eben so gehen", meinte er gelassen. Ein wenig verschreckt wich ich zurück. "Äh... Hör mal, Thorin. Meinst du nicht, dass das ein bisschen überstürzt ist. Ich meine. Du und ich... und hier... und so. Und da draußen deine Männer und all die Leute", stammelte ich. "Bist du in Sorge, dass du dich lächerlich machst, wenn man dir dabei zu sieht?", fragte er ruhig und wandte sich langsam zu mir um. Nun fiel mir auch der letzte Rest meiner Selbstbeherrschung aus dem Gesicht. Ich war nicht nur baff. Ich war haltlos entsetzt! Er wollte tatsächlich Zuschauer dabei haben?! Ging es jetzt richtig mit ihm durch?! Oh Hilfe! An was für einen Zwerg war ich denn da nur geraten?! Nun kam er langsam auf mich zu und sah mich ernst an. Ich schluckte und hob abwehrend die Hände. "Thorin. Bitte das geht nicht. Ich. Ich kann das nicht. Nicht jetzt. Das ist viel zu früh. Ich meine und du hast doch selbst gesagt, dass das nichts mit uns wird", stammelte ich verwirrt, verängstigt und ein wenig aufgebracht. Er hob nur mit fragendem Blick eine Augenbraue und... drückte mir dann eine komplette Kampfausrüstung in die Arme. Ich keuchte erschrocken aufgrund des Gewichtes und wäre fast umgefallen. Peinliches schweigen trat zwischen uns ein, während dem ich die Kleidung in meinen Armen begutachtete. "Das müsste dir eigentlich passen", sagte er dann und musterte mein Gesicht. Ich schluckte und zog verlegen den Kopf ein. "Ähm. Ja. Das... äh", murmelte ich und vermied es ihn weiter anzusehen. Ich hatte das Gefühl, dass mein Kopf eigentlich bis zum Mond hin zu sehen sein müsste, so rot wie dieser bestimmt leuchtete. "Was ist denn jetzt? Brauchst du nun doch Hilfe?", fragte er. Ich schüttelte den Kopf. "Nein... Nein... bin... gleich wieder da... ", nuschelte ich kleinlaut. "Na dann, mach dich auf, damit du mit den anderen üben kannst. Ich warte. Und trödel nicht weiter", sagte er und schob mich dann in Richtung meiner Liege. Als ich hinter dem Vorhang war, atmete ich einmal tief durch und legte die Sachen erst mal ab. Gott war mir das Peinlich! Wie hatte ich nur so denken können? Ich schien selbst nicht mehr ganz bei Verstand zu sein, wenn ich ihm so etwas tatsächlich schon zu traute. Allerdings hatte ich auch nicht erwartet, dass er mich mit in das Kampftraining seiner Truppe hatte eingliedern wollen. Eigentlich hätte ich mich deswegen sogar geehrt fühlen müssen, doch in Anbetracht meiner erhitzten Gedanken, war es alles andere als schön. Wäre irgendwo im Boden ein Loch erschienen, wäre ich vermutlich hinein gekrochen. Doch Schämen half mir nun nicht weiter. Immerhin wartete vor meinem Vorhang ein ungeduliger Zwergenkönig darauf, dass ich mich umzog. Schließlich hatte ich es geschafft mir die Zwergenrüstung über zu ziehen. Gerade rechtzeitig, als er den Kopf herein streckte, um nach zu sehen, wie weit ich war. Zugegeben, dafür dass sie recht schwer und dick war, war sie doch außerordentlich bequem. Nur die Stiefel waren mir definitiv zu groß. Meine Füße rutschten sehr darin herum. "Bist du soweit?", fragte er mal wieder ein wenig ungeduldig. "Hrm. Ja.. Ich denke schon. Aber die Stiefel muss ich wieder ausziehen", sagte ich und wollte mich schon daran machen sie wieder los zu werden. Doch schon war er herein gekommen, hatte sich vor mich hin gekniet und begann die Lederriemen fester zu ziehen. Es war schon eine komische Situation, wie er da so vor mir hockte und ich ihn unentwegt von Oben her ansehen musste. Er war deutlich ruhiger als noch vor ein paar Stunden. Offensichtlich schien für ihn die Sache, nach seiner mehr als eigenwilligen Entschuldigung, endgültig abgehakt zu sein. Einerseits erleichternd. Aber andererseits auch etwas bedrückend. "So, das müsste jetzt gehen. Komm", sagte er, klopfte mir auf die Schulter und ging schon hinaus. Langsam erhob ich mich. Es war zunächst nicht leicht mich von der Stelle zu bewegen. Vor allem, da es doch sehr warm war. Als ich ins Tageslicht trat konnte ich meine Rüstung erst einmal richtig begutachten. Sie bestand aus einem dunklen Leinenhemd, welches ich ganz unten trug, Darüber waren dann eine dicke Stoffweste und die dazugehörige Kettentunika. Dann kam noch ein schwarzer Waffenrock, den ich mit einem Gürtel befestigt hatte. Die Hose bestand aus einem reichlich dicken Leder und die Stiefel waren exakt eine Kopie von denen die Thorin selbst trug. Hinzu kamen noch ein paar fein verarbeitete Lederarmschienen. Ich kam mir ein wenig klobig in dieser Aufmachung vor. Nun konnte man mich wirklich für einen Zwerg halten, abgesehen vom fehlenden Bart. Als die Männer mich sahen, stoppten sie mit ihrer Übung und musterten mich alle samt neugierig. "Hossa. Cuna. Du siehst ja großartig aus", kam es grinsend von Kili. "Ach, hör auf mich auf den Arm zu nehmen. Ich fühl mich wie ein Kastenbrot", meinte ich und kratzte mich verlegen am Hinterkopf. "Haltet keine Maulaffenfeil und übt weiter", blaffte Thorin und drückte mir ohne Umschweife ein Schwert in die Hand. Ich schnaufte, als ich versuchte es zu heben. Es war zwar nicht ganz so schwer wie das von Fili, welches ich schon einmal in der Hand gehalten hatte, aber immer noch schwer genug. Und in dieser Kleidung erst recht. "Was soll ich damit?", fragte ich ihn irritiert. "Was wohl. Du sollst lernen wie man kämpft. Also komm hier her. Stell dich vor mich hin und versuch mich anzugreifen", meinte er trocken und zog selbst ein Schwert. Ich musterte ihn ungläubig. "Ist nicht dein Ernst", sagte ich ein wenig überrumpelt. "Ist mein Ernst. Also komm schon. Ich will sehen was du kannst", meinte er ruhig. Ich blieb auf meiner Stelle stehen und ließ das Schwert sinken. "Vergiss es. Ich kämpfe nicht. Schon gar nicht gegen dich. Ich bin doch nicht lebensmüde", gab ich entrüstet von mir. "Du willst nicht? Nun gut. Dann fange ich an", sagte er und noch bevor ich widersprechen konnte, machte er einen Schritt auf mich zu und schwang sein Schwert. Erschrocken riss ich meine Klinge schützend hoch. Es gab ein kurzes Geräusch von Metall auf Metall. Ich hielt das Schwertheft mit beiden Händen fest. Der Treffer war so stark, dass er es mir fast aus der Hand geschlagen hätte. "Thorin, was tust du?! Bist du irre?!", fragte ich laut brüllend, doch schon holte er zu einem neuen Schlag aus. "Wehr dich gefälligst!", knurrte er und wieder traf er auf mein Schwert, das ich zur Seite geschwungen hatte, um den nächsten Hieb zu blockieren. Obwohl er erst zweimal getroffen hatte, taten mir davon schon die Arme weh. Auch weil ich mich nicht gerade gut bewegen konnte. Warum zum Henker wollte er nur das ich kämpfte? Welchen Grund hatte es, dass er mich in diesen Übungskampf hinein zwang? Lange hatte ich nicht Zeit mir darüber Gedanken zu machen. Schon kam der nächste Hieb von der anderen Seite. Dann wieder von Oben. Nach gut ein paar Sekunden zeichnete sich in der Schlagabfolge ein Muster ab. Erst Oben, dann links, dann rechts. Und dies immer wieder nacheinander. Ich schnaufte nach dem zehnten Hieb schon wie eine alte Dampflok. Mir war warm und ich schwitzte, wie im Backofen in dieser ätzenden Zwergenrüstung. Doch der kleine bärtige Mann vor mir blieb unerbittlich bei seiner Schlagabfolge. Fast so, als hätte er vergessen, wen er gerade vor sich hatte. Meine Arme schrien vor Anspannung, doch ich konnte einfach nicht um eine Pause bitten. Dafür ging es nach einer Weile viel zu schnell. Ich machte zwar einige Anläufe ihn darum zu bitten endlich aufzuhören, doch die gingen in dem Scheppern der Klingen schlichtweg unter. Stattdessen fuhr er mich nur immer wieder barsch an:"Wehr dich endlich." Der Mann schien unermüdlich zu sein. Während ich aus dem letzten Loch pfiff, fing er erst richtig an. Schließlich kam doch ein Hieb durch, welcher mich mit der flachen Schwertseite unsanft an der Hüfte traf. Ich keuchte kurz und ließ mein Schwert dann fallen. Ein Glück, dass ich die Rüstung trug, denn diese federte den Schlag sehr gut ab, sodass mir nur die Luft weg blieb. Thorin zog sich einen Schritt zurück und ließ seine Klinge sinken. Ich ging etwas in die Knie und rang nach Luft. "Ich denke das reicht für heute", sagte er von oben herab. Seine Stimme klang dabei sehr enttäuscht. Mit diesen Worten hörten auch die Anderen auf, sich gegenseitig mit ihren Waffen zu prügeln. Die Menschen drum herum schienen auch ein wenig enttäuscht darüber zu sein, dass das Schauspiel vorbei war. Ich hingegen war dafür sehr dankbar. Langsam drückte ich mich wieder in eine aufrechte Haltung. Die Männer zogen an uns vorbei und ließen mich mit Thorin da stehen. Er bückte sich und hob das Schwert auf, was mir aus den Händen gefallen war. "Du warst gar nicht so schlecht. Aber das nächste Mal will ich, dass du gefälligst zurück schlägst", sagte er ruhig als er aufstand. "Warum das alles? Wieso wolltest du, dass ich mit euch trainiere?", fragte ich und sah ihn lange an. Er seufzte und trat wieder einen Schritt auf mich zu. "Ist dir das denn nicht klar? Wir werden in wenigen Tagen wieder zurück in unsere Heimat reisen. Und nach allem, was sich hier ereignet hat, will ich mit dem guten Gewissen gehen, dass ich hier niemanden schutzlos zurück gelassen habe", sagte er recht leise und sah mir dabei tief in die Augen. Ich schluckte und spürte, wie mir das Herz schwer wurde. Nun war es wohl klar. Er hatte sich anscheinend entschieden was er wollte. "Wir. Sehen uns also nie wieder. Hab ich recht?", fragte ich und rang dabei mit meinen Tränen. "Das ist nicht unsere Welt. Wir gehören nicht hier her. Für uns gibt es hier nichts. Es ist das Beste, Cuna", meinte er schlicht. Ich konnte nur mit dem Kopf schütteln. "Wie kannst du so was nur sagen? Ich meine, nachdem was wir beide... ich meine... ich... ", begann ich zu stammeln und kniff die Augen zu. Eine warme Hand legte sich an meine Wange. "Eben darum geht es. Es gibt kein "Wir" zwischen uns. Du hast hier dein Leben und ich meines in Mittelerde. Das Einzige, was ich tun kann, ist sicher zu stellen, dass du lernst dich selbst zu schützen. Damit dir nie wieder jemand ein Leid antun kann", sagte er und hob mein Kinn leicht an. "Und was tust du mir gerade an?", platzte es plötzlich aus mir heraus. Ich konnte meine Tränen nicht mehr nieder ringen. Dafür war es zu spät. Ich zitterte am ganzen Leib vor Ärger und Verzweiflung. Eigentlich war es abzusehen gewesen, dass es dazu hatte kommen müssen. Und trotzdem hatte ich mich der falschen Hoffnung hingegeben, dass es doch noch eine Chance zwischen uns gegeben hätte. Offensichtlich sah der Zwerg das anders. Oder er belog sich einfach selbst. Im Augenblick aber sah er mich eher erschrocken an. Er schwieg und musterte nur mein Gesicht, das er mit einer Hand streichelte. Ich sah tief in seine hellblauen Augen und versuchte irgendeine andere Regung zu sehen. Etwas das mir meine Hoffnung nicht ganz zu nichte machte. Aber ich konnte nichts in diesem unergründlichen, erhabenen Antlitz aus machen, dass er seine Entscheidung überdachte. Schließlich rang er sich doch noch einmal dazu durch etwas zu sagen. "Vergib mir, Cuna", murmelte er mit leicht verbittertem Blick. Er löste seine Hand von meiner Wange und neigte leicht den Kopf, wie ein geschlagener Hund. Er zog ab und ließ mich einfach dort stehen. Das war es also. Noch bevor es eigentlich begonnen hatte, war es schon vorbei. Wie hatte ich nur so dumm sein können? Nie würde ich einem Thorin Eichenschild gerecht werden. Das Einzige, was mir nun noch übrig blieb war wohl, die restlichen Tage, die wir noch zusammen hier auf der Zeltstadt hatten, zu genießen. So schwer es mir unter diesen Umständen auch fallen würde. Aber... noch war er nicht verschwunden. Ja, noch hatte ich Zeit das Blatt vielleicht zu wenden. Mit einem Mal schien mein eingeschlafener Kampfgeister wieder geweckt worden zu sein. Nein! Ich würde mich nicht einfach geschlagen geben. Nicht wenn es doch noch irgendwo eine Möglichkeit gab, das Herz des Zwergenkönigs für mich schlagen zu lassen. Denn davon war ich nach dem Vormittag fest überzeugt. Nun erst recht. Komme was da wolle. Ich würde von diesem Zeitpunkt an alles daran setzen, dass er sich mir offenbarte. Für ihn sollte es keine andere Frau geben. Nur ich und keine Andere! Ich wischte mir die Tränen aus den Augen und straffte entschlossen den geliehenen Waffenrock. Ich war bereit dazu, alles daran zu setzen, was nötig war. Doch ich würde Hilfe brauchen. Und ich wusste genau die beiden Richtigen, die mir helfen konnten. So marschierte ich ins Zelt, wo sich die Herren schon wieder ihrer Kampfrüstungen entledigt hatten. "Kili. Fili. Ich brauche euch zwei gleich mal", sagte ich ohne Umschweife, als ich an den Jungs vorbei ging. Diese sahen mich verwundert an. "Ähm... Gut Cuna. Und wofür?", fragte Fili. "Seht ihr dann, wenn ich mich umgezogen habe", meinte ich kurz angebunden und verschwand hinter dem Vorhang. Es war mühseliger als erwartet die Rüstung abzulegen. Auch weil mein Körper ein wenig erschöpft war. So dauerte es natürlich etwas länger bis ich wieder meine normale Kleidung angezogen hatte. Da ich auch wenig Lust hatte nun noch einmal Duschen zu gehen, begnügte ich mich einfach damit etwas Deo zu verwenden. Man musste es ja nun auch nicht mit dem Waschen übertreiben. Und die Zwerge störte das eh recht wenig. Als ich hinter dem Vorhang hervor kam, standen die Jungs schon fragend und neugierig vor mir. Ohne viele Worte zu verschwenden, griff ich jeden an einem Arm und zog sie hinter mir her. "Wo willst du mit meinen Neffen hin?", fragte Thorin mit überraschtem und gleichzeitig misstrauischen Ton. "Ich geh mich mit denen besaufen, sonst ertrag ich den Abend nachher nicht", erwiderte ich sarkastisch. Die Aussage hatte ihn wohl so schockiert, dass er gar nichts darauf erwiderte und uns drei ohne weiteres ziehen ließ. "Nein, ernsthaft Cuna. Wo willst du mit uns hin?", fragte Kili, als ich vor dem Zelt stehen blieb um mich nach einem guten Platz umzusehen. "An einen Ort wo wir ungestört reden können", murmelte ich beiden zu. Ich sah über die Schulter und sie nickten. "Gut geh voran. Wir folgen dir", meinte Fili. Ich entschloss mich mit ihnen nach Klein Mordor zurück zu ziehen. Das Wäldchen war um diese Zeit recht ruhig und wenn sich jemand näherte, würde man dies sicherlich daran hören, wenn die Äste am Boden knackten oder das Laub knisterte. So wand ich mich zu dem kleinen Pfad, der noch vor Tagen zu meiner Hängematte geführt hatte und schließlich schlug ich mich mit den beiden einfach irgendwo ins Dickicht, wo uns niemand so leicht sehen konnte. Etwas abseits von allen Zelten blieb ich stehen und drehte mich zu den Beiden um. "Also. Worum geht es?", fragte Kili prompt. Ich atmete erst einmal tief durch, bevor ich anfing zu erklären: "Nun Jungs. Es ist so. Euer Onkel hat mir eben gesagt, dass er bis zum Ende der Zeltstadt noch hier bleiben wird. Aber danach für immer verschwinden will, um nie wieder zurück zu kehren", sagte ich. Die Jungs tauschten irritierte Blicke. "Davon hat er bisher noch gar nichts erwähnt. Das hat er jetzt schon entschlossen?", fragte Kili ein wenig verstört. Ich nickte etwas geknickt. "Ich vermute es hat etwas mit dem zu tun, was ich gestern Abend getan habe. Deshalb hat er mich auch bei eurem Kampftraining mit machen lassen. Er wollte, dass ich lerne mich selbst vor Angreifern zu schützen", erklärte ich und ging dabei auf und ab. "Dagegen ist ja nun nichts einzuwenden. Nur, warum sollte er das wegen gestern Abend entschieden haben?", fragte Fili und legte dabei den Kopf schief. Ein wenig verlegen strich ich mir mit der Hand über den Nacken. "Wisst ihr, Jungs. Die Sache von gestern Abend ging heute Morgen noch weiter", versuchte ich weiter zu erläutern. "Sie ging weiter? Hast du ihn nun etwa versucht zu küssen, als du nüchtern warst?", fragte der dunkelhaarige Zwerg empört und neugierig zugleich. "Nein. Nein, ich nicht. Er ist von selbst auf die Idee gekommen das Gleiche bei mir zu tun, um mir eine Lektion zu erteilen, wie er sagte. Dann ist es mit mir durchgegangen und ich hab seine Geste erwidert. Und als ich das getan habe, da ist er sogar darauf eingegangen. Ich hab es ganz deutlich gespürt. Er wollte es. Er hat es genossen. Doch als ich noch mehr wollte, hat er sich von mir los gerissen und gesagt, wir könnten nicht zusammen sein. Er sagte wortwörtlich, dass ein Zwerg und ein verdammtes, gewöhnliches Menschenweib einfach nicht zusammen gehören. Deshalb war ich auch so sauer zurück gekommen. Ich weiß, dass er etwas fühlt, aber er will es mir und offenbar auch sich selbst gegenüber nicht zugeben." Als ich aufsah tauschten die Brüder wieder vielsagende Blicke miteinander. "Und was war mit dir los, als du vom Waschen zurück kamst? Da warst du wieder ganz anders. Du sahst verstört aus", warf Fili ein. "Ich hab dir doch gesagt, er hat mich oben von eurem Wachturm aus in den Freiluftduschen gesehen. Als er runter kam, um mich auf seine Art drauf hin zu weisen, dass er mich gesehen hat und ich umgezogen war, da hat er mich erneut geküsst. Angeblich um sich für das, was er gesagt hat, zu entschuldigen. Aber das glaube ich nicht. Da ist einfach mehr. Viel mehr. Und deshalb brauche ich eure Hilfe", sagte ich, während ich auf beide zu trat und jeweils eine Hand der Beiden ergriff. "Was möchtest du, dass wir für dich tun?", fragte Fili entschlossen. "Wir haben nicht viel Zeit, aber bitte helft mir dabei zu verstehen, was er wirklich für mich empfindet. Ich verliere noch den Verstand, wenn nicht endlich Klarheit zwischen mir und ihm herrscht", antwortete ich und drückte flehend die Hände der Beiden. "Das wird keine leichte Aufgabe, Cuna. Vor allem weil Thorin so ein hartneckiger Sturkopf ist. Aber wir tun alles, was in unserer Macht steht, um dich zu unterstützen. Immerhin geht es dabei auch um das Glück unseres Onkels", meinte Kili und sein Bruder nickte bekräftigend. Ich lächelte beide dankbar an. "Gut. Dann würde ich gerne auf eure Idee zurück greifen wollen. Wenn ich nachher zum Friedhof fahre, will ich danach zu mir nach hause, um ein paar Kleider zu holen. Dann werde ich die in den restlichen Tagen anziehen. Ihr könnt mir auch helfen, die Lebensmittel zu besorgen, die ich brauche, damit ich euch was kochen kann. Wenn ihm davon nicht die Augen über gehen werden, dann weiß ich zumindest, dass ich es versucht habe", sagte ich entschlossen. "Gut, dann machen wir das so. Wann willst du das Essen holen?", fragte Fili. "Am besten machen wir uns Morgen früh noch vor dem Frühstück auf den Weg. Die meisten Läden haben hier schon um sechs Uhr geöffnet. Da sind wir dann fast alleine und haben nicht zu viele Menschen um uns herum. Außerdem ist danach auch genug Zeit das Essen vorzubereiten",erklärte ich und die Beiden nickten mir zu. "Hey. Ich will auch mit helfen!", kam plötzlich eine Stimme aus dem Dickicht und wir fuhren alle drei herum. Durch das Geäst zwängte sich ein weiterer Zwerg, dessen Mütze an einem der Sträucher hängen blieb. Mir wäre fast das Herz stehen geblieben. "Bofur!", riefen wir drei empört aus. Er war uns nach gestiefelt und so hatten wir ihn natürlich nicht hören können, da wir selbst beim Laufen genug Krach gemacht hatten. "Was zum Teufel machst du hier?", fragte ich aufgebracht. "Ich wollte sehen, was ihr vor habt natürlich. Dachte eigentlich ihr wolltet was trinken gehen, weil ich so was ähnliches drüben gehört habe", meinte er beiläufig und versuchte seinen Hut aus dem Busch zu befreien. "Ist dir noch jemand gefolgt?", fragte Fili und sah sich wachsam um. "Nicht dass ich wüsste nein. Aber ich muss schon sagen, das ist wirklich ein gewagtes Unterfangen von dir, Cuna. Thorins Herz gewinnen zu wollen. Das wird eine schwere Aufgabe. Da braucht ihr sicherlich noch mehr Unterstützung. Aber wenn es drauf ankommt kannst du auf mich zählen", sagte er entschlossen und verneigte sich kurz. Ich seufzte und schüttelte den Kopf. Ausgerechnet Bofur, der so eine Plaudertasche war. Ich sah es schon vor mir, dass es keine fünf Minuten dauerte bis er die ganze Sache auffliegen ließ. Doch eine andere Wahl hatte ich nun nicht mehr. Er hatte schon zu viel gehört. "Gut. Also wenn du helfen willst, dann nehmen wir dich Morgen mit und du darfst dann die Einkäufe tragen. Aber ich warne dich. Kein Wort zu irgendwem. Die Sache muss dringend geheim bleiben. Wenn Thorin von irgendwem Wind bekommt, dass ich das für ihn tun will, wird er sicherlich noch viel früher abreisen wollen", erklärte ich und musterte alle drei ernst. "Klar doch. Klar. Mach dir keine Sorgen. Das bekommen wir hin. Ich flechte dir auch gerne noch mal ein paar schöne Zöpfe ins Haar. Die standen dir sehr gut", meinte Bofur zwinkernd. "Gut. Dann gebt mir eure Hand darauf", sagte ich und hielt meine rechte Faust in die Mitte von uns Vieren. Alle drei fassten zu und dann nickten wir uns entgegen. Damit war es beschlossen. Die Operation "Liebesglück" konnte starten. Und der Grundstein dafür konnte bereits an diesem Abend gelegt werden, wenn ich mir die passende Kleidung zuhause raus suchte. Bestimmt hatte ich noch das Ein oder Andere dabei, was ihm zusagen könnte. Immerhin hatte ich mir bei der Auswahl meine Mittelalterkleider stets mühe gegeben. Doch zunächst musste ich es noch schaffen, dass wir heil vom Friedhof wieder kamen und ich die Kleider heimlich an Thorins wachsamen Augen vorbei schmuggeln konnte, damit er sie nicht sofort sah, wenn ich kurz nach hause ging, um sie zu holen. Noch dazu wusste ich nicht, wen er denn für die Aufräumaktion aussuchen würde. Aber das war sicherlich kein großes Problem. Egal wer die Herren waren, die er mitnehmen wollte. Keiner von denen würde eine Ahnung haben, außer Kili, Fili, Bofur und mir. So machte sich unsere verschworene Gemeinschaft auf den Weg zurück zum Zeltplatz. Und egal wie es am Ende ausging. Das würde der Zwergenkönig nie wieder vergessen. Dafür würde ich schon sorgen. - 35. Schlagabtausch / ENDE - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)