Diesem Einen will ich #Follow von Virdra-sama (Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?) ================================================================================ Kapitel 32: 32. Hangover und andere Probleme -------------------------------------------- Der nächste Morgen begann für mich mit allerhand unerklärlicher Frage. Wo war ich? Wie bin ich dort hingekommen? Und welche Straßenbahn war mir dabei über den Kopf gefahren? Zunächst einmal musste ich mich allerdings um das "Wo" kümmern. Mein Verstand registrierte nur verzögert die Umgebung. Von irgendwo her drang Musik. Das war das Erste was ich wusste. Denn gerade diese ließ den kleinen Mann mit dem Hammer in meinem Schädel frohlocken und auf mein Hirn einschlagen, als gäbe es kein Halten mehr. Als nächstes schaltete sich mein Tastsinn wieder ein. Zunächst konnte ich schon mal feststellen, dass ich auf jeden Fall auf der Seite lag denn damit berührte ich hauptsächlich den Boden. Bis auf meinem Kopf, der irgendwie auf meinem ausgestreckten Arm ruhte, lag ich auf einer steinharten, kühlen und sich etwas klebrig anfühlenden Fläche. Über mir lag ein Tuch aus dünnem Stoff. Jemand musste mich zugedeckt haben. Ich versuchte vorsichtig die Finger vom Boden zu lösen. Doch stattdessen bewegte ich erst einmal einen meiner Füße. Also fiel eine fehlerfreie Koordination meiner Extremitäten schon mal aus. Damit sollte ich dann doch warten, bis sich die anderen Sinne aus ihrem Tiefschlaf meldeten. Es dauerte einen Moment da begann ich auch endlich wieder irgendwas zu schmecken und das war wirklich sehr unangenehm. Wer einmal im Vollrausch gewesen war, wird dieses widerliche Gefühl kennen, wenn man meint zum Abendbrot alte Sportsocken gegessen zu haben. Fast gleichzeitig mit meinem Geschmackssinn kam auch mein Geruchssinn wieder. Dieser bereitete mir nun wirklich Probleme, denn urplötzlich zog sich mein Magen schmerzhaft zusammen. Es stank. Und zwar extrem nach allem möglichen. Ich roch sowohl Seife, als auch Erde, Rauch und den schlimmsten Geruch, den man sich in einem solchen Zustand vorstellen konnte. Klo. Herr im Himmel, wo war ich denn da gelandet? Vielleicht auf dem Klo bei irgendeiner Rave Party? Der Musik nach war es sehr wahrscheinlich. Noch verstand ich nämlich nur bruchstückhaft, was die Sänger von sich gaben und in welchem Zusammenhang die Klänge standen. Doch da waren noch andere Töne zwischen drin zu hören. Leute die wohl miteinander Worte wechselten. Der Boden unter mir wackelte etwas, als ein paar schwere Schritte näher kamen. Ich registrierte, dass sich irgendwer zu meinen Füßen hingestellt haben musste und ein nervenaufreibendes Quietschen drang mir in den Gehörgang, als hätte jemand eine uralte Tür geöffnet. Offensichtlich die von der Kabine, wo ich auf dem Boden lag. Auch schien ich die ganze Zeit über nicht allein gewesen zu sein. Denn neben mir auf dem Boden hörte ich das Knarzen von Schuhen, die sich fast gleichzeitig mit dem Quietschen bewegten. Zwei Stimmen tauschten sich untereinander aus. Doch es war schwierig sie zuzuordnen. Ich wusste nur, dass die Eine irgendwie besorgt und die Andere ziemlich barsch klang. "Hat sich schon was getan?", fragte die besorgte Stimme, die für meine Verhältnisse viel zu laut war. Auch wenn sie meinem Denken nach wohl ruhig klingen wollte. Allerdings war die barsche Stimme wesentlich lauter, als die Besorgte. "Nein verdammt! Immer noch nicht! Könntet ihr mal aufhören mich alle paar Minuten zu fragen?! Ich sag euch schon, wenn sie wach ist", knurrte sie gereizt. Mein kleiner Hammerfreund im Hirn schien aufgrund dieser Aussage nun Amok zu laufen und aktivierte dabei mein Sprachzentrum. Zumindest spürte ich, wie sich ein gequältes Stöhnen in meiner Kehle ausbreitete. Inzwischen gelang es mir meine Hand von dem klebrigen Boden los zu reißen und mir unangenehm seitlich gegen die Stirn klatschen zu lassen. "Sieh mal! Sie wacht auf!", rief die besorgte Stimme mit einem mal fröhlich. Der Aufschrei war so Ohrenbetäubend, dass ich säuerlich zischte. Warum mussten die denn jetzt so anfangen zu schreien? Nahm denn keiner Rücksicht darauf, dass ich mich offensichtlich in einer sehr miesen Lage befand? Scheinbar nicht denn kurz drauf sprach wieder die barsche Stimme und das fast genauso laut und unfreundlich. "Na, Weibstück. Wieder unter den Lebenden?", meinte diese belustigt aufgrund meiner reichlich hilflosen Lage. Doch zumindest konnte ich jetzt diese Stimme als Person identifizieren. "Halts Maul, Dwalin...", gab ich krächzend und fast flüsternd von mir. Meine Stimme schien ich in der vergangenen Nacht wohl auf dem Weg hier her irgendwo verloren zu haben. Dwalin grunzte belustigt und wand sich dann wieder der besorgten Stimme zu:"Kili, sag den anderen Bescheid, dass sie wieder wach ist." Kili gab ein erleichtertes Schnauben von sich und stapfte dann sehr geräuschvoll von dannen. Ich versuchte unterdessen die Augen auf zu machen, um mir endlich diesen sonderbaren Ort anzusehen. Als ich ein Auge öffnete erklärte sich zumindest der Grund, warum es nach Klo roch. Denn ich starrte genau auf eine dieser Porzellanschüsseln. Auch erkannte ich den hellen PVC-Boden, auf dem ich immer noch fest klebte. Die Frage nach dem "Wo" war nun also geklärt. Jetzt kamen wir zur Nächsten. Und das war das "Wie". Da ich ja nun wusste, dass jemand mit mir im Raum war, konnte ich ja die Frage getrost an diesen weiterleiten. Doch dafür wollte ich mich erst mal aufsetzen. Keine leichte Aufgabe, wenn man zunächst die eigenen Bewegungsabläufe sortieren muss. Noch dazu versetzte mir die grelle Leuchtstoffröhre an der Decke einen gewaltigen Schlag ins Gesicht, als ich den Kopf drehte. Ich schloss meine Augen schnell wieder und drückte meine Hand auf die Lieder damit es wieder dunkel wurde. Dwalin schien sich unterdessen an meinem qualvollen Theater richtig zu erfreuen. Er machte auch nicht wirklich Anstalten mir zu helfen. Wozu denn auch? Der Herr hatte ja offensichtlich einen heiden Spaß daran, einer völlig verkaterten Frau dabei zu zu sehen, wie sie verzweifelt versuchte in eine aufrechte Position zu kommen. Fehlte eigentlich nur noch, dass er mit Drei D Brille, Popcorn und Cola auf einem Regiestuhl vor mir saß und heiter "Action" brüllte. Schließlich hatte ich es dann doch endlich mal geschafft mich aufrecht hin zu setzen. Wobei aufrecht relativ zu verstehen war. Ich hatte nämlich meinem Kopf zwischen meinen Knien geparkt und kuschelte diesen in die Leinendecke, die über mir gelegen hatte. "Ich hätte nicht erwartet, dass du es schaffst vor dem Mittag noch wach zu werden", kam es von dem Zwerg der auf mich hinab starrte. "Hörst du wohl auf so zu brüllen? Deine Stimme ist wie eine Kettensäge in meinen Ohren", fauchte ich ihn an. Nun fing der unbarmherzige Kerl auch noch an polternd zu lachen. Mir schien nichts erspart zu bleiben. Knurrend brachte ich mich dazu ihn anzusehen. Er stand an die Trennwand der Klokabiene gelehnt, mit verschränkten Armen vor der Brust. "Hör auf so dreckig zu lachen und sag mir lieber, wie ich hier her gekommen bin", maulte ich ihn an. Er räusperte sich kurz nachdem sein kleiner Lachanfall vorbei war und begann zu erklären:"Also du bist mehr oder weniger allein hier her gekommen, nachdem wir dich mehr schlecht als recht aus dem Schankzelt raus gebracht hatten. Du hast vielleicht eine Kraft entwickelt, dagegen war ein Troll wie ein Neugeborenes. Jedenfalls konnten wir dich mit acht Männern nicht festhalten, als du hier her getorkelt bist." "Das weiß ich nicht mehr", nuschelte ich und fuhr mir durch die Haare. Er schnaubte kurz bevor er mit seiner Erzählung fort fuhr: "Es war wirklich schon eine Meisterleistung, dass du dich in dem Zustand so gut orientieren konntest. Hätte nicht erwartet, dass ihr Menschen dazu in der Lage seid, sturzbetrunken Treppen zu steigen. Wobei mich nach deiner kleinen Gasangsvorstellung an vergangenen Abend gar nichts mehr gewundert hat." Als er letzteres erwähnte, musste ich anfangen beschämt zu stöhnen. Ich konnte mich plötzlich wieder daran erinnern, wie ich halb auf dem Tisch gelegen, auf dem Tresen gestanden und lauthals Partylieder von mir gegeben hatte. Dahin war nun also meine Stimme verschwunden. Zumindest hatte sich dies geklärt. Aber der Zwerg ließ sich nicht davon abhalten, noch mehr von dem Abend preis zu geben, der mir nur in Fetzen in Erinnerung geblieben war. "Im Übrigen war es sehr sehr mühsam dich von der Theke runter zu bekommen. Kannst von Glück reden, dass du erst gestürzt bist, nachdem wir dich auf dem Boden hatten. Was ich mich allerdings frage, was du dir dabei gedacht hast, als du über Thorin hergefallen bist, wie ein liebestoller Warg", meinte er und seine Stimme ging über in ein nachdenkliches Grübeln. Plötzlich fuhr alles in mir zusammen. Ich hob entsetzt den Kopf und starrte Dwalin an. "Sag das noch mal", japste ich. Er grinste mich böse an und ließ sich nun doch dazu herab, sich vor mich hin zu knien. Ich konnte es ihm an den Augen ansehen, dass er gerade eine diebische Freude dabei empfand, mich mit dieser mehr als haarsträubenden Nachricht zu schockieren. Mir stand der Mund sperrangelweit offen und ich versuchte verzweifelt mich daran zu erinnern, was genau er mit der letzten Aussage meinte. Kurz blitze vor meinem inneren Auge ein Bild auf. Ein Mann mit schwarzem langen Haar und Bart an dem ich mich festhielt, und dessen blaue Augen, die immer näher zu kommen schienen. Ein kribbelndes, brennendes Gefühl breitete sich wieder auf meinen Lippen aus, als ich mich entsann, wie ich diesem Kerl einen Kuss aufgezwungen hatte. Himmel! Der Mann konnte doch nicht wirklich der Zwergenkönig gewesen sein?! Nein das konnte nicht sein. Das durfte einfach nicht sein! Mir rutschte buchstäblich der Magen drei Etagen tiefer. Was in aller Welt hatte ich da nur getan?! Wie stand ich denn jetzt da?! Ich hob zitternd die Hände, packte Dwalin so fest ich konnte am Kragen seines Leinenhemdes und starrte ihm panisch ins Gesicht. "Das ist nicht wahr. Sag mir, dass das ein Scherz von dir ist. Sag mir bitte nicht, dass ich das getan habe", klagte ich doch seine Miene ließ keinen Zweifelt aus. Erst recht, als er mich frech angrinste. "Was hast du denn, Weibstück? Warum bist du denn so entsetzt darüber? Gestern Abend hat es dir doch noch sehr gefallen", meinte er und etwas Triumphierendes blitzte in seinen Augen auf. "Herr Gott, steh mir bei!", klagte ich, löste meinen Griff von seinem Hemd und wäre fast wieder nach hinten auf dem Rücken gefallen. Doch diesmal hielt er mich ausnahmsweise fest. Allerdings nicht ohne mich hämisch auszulachen. Ich legte mir beide Hände aufs Gesicht, welches sich vermutlich nicht entscheiden konnte, ob es nun blass oder rot sein wollte. Scheiße, scheiße, scheiße! Zur Hölle mit diesem verdammten Alkohol! Zur Hölle mit meinem Filmriss und verdammt noch mal, auch zur Hölle mit mir selbst! Nun erinnerte ich mich auch noch plötzlich daran, was ich zu ihm gesagt hatte. Gut, ich hatte nicht gesagt, dass ich in ihn verliebt war, aber es reichte doch schon, dass ich erwähnte, dass ich ihn sehr gern hatte. Und nach diesem Kuss musste er bestimmt sonst was von mir denken. Für mich war dies die schlimmste Krise seit Menschengedenken. Und Dwalin machte die ganze Situation noch viel schlimmer mit seinen Kommentaren. "Nun stell dich mal nicht so an. Fehler passieren jedem einmal im Rausch. Aber es war schon ein netter Anblick, wie du da an ihm gehangen hast. Und so verstört, wie er danach war, hab ich ihn in all den Jahren, die ich ihn nun kenne, nicht erlebt. Hatte erwartet, dass er dir für diese Frechheit eine runter hauen würde. Wofür er mein Wohlwollen gehabt hätte", meinte er trocken. "Bitte hör auf, Dwalin!", flehte ich und fühlte mich den Tränen nahe. Schlimm genug, dass es überhaupt soweit gekommen war. Musste mich dieser grobe Klotz auch noch damit foltern? Zum Glück erlösten mich bald heran eilende Schritte von dem Zwerg. Der Klowagen wackelte, als mehrere paar Stiefel die eiserne Treppe empor stiegen und über den PVC-Boden trampelten. "Cuna!", rief jemand aus und erinnerte damit den kleinen Mann mit dem Hammer daran, das er erneut zuschlagen durfte. Ich knirschte mit den Zähnen und sah auf zu Fili, der mit seinem Bruder in der Tür erschienen war. "In drei Teufelsnamen, hört auf so zu brüllen", maulte ich die Jungs an, die freundlich zu mir hinunter grinsten. Doch auch sie lachten nur, wie schon Dwalin zuvor über meinen Kater. "Wer sich so die Kante gibt, brauch sich nicht darüber wundern, wenn er die Konsequenzen zu tragen hat", sagte der blonde Zwerg und hockte sich vor mich. "Ich geh dann mal. Kümmert ihr euch weiter um das Weibstück", kam es mit einem Mal von Dwalin, der aufstand und sich an den Jungs vorbei drängte. Als er weg war, musterte ich die beiden gequält. "Wir haben uns wirklich Sorgen um dich gemacht. Du warst ja völlig außer dir", meinte Kili und sah mich ebenfalls gequält an. Fili zog unterdessen etwas von seinem Gürtel, dass er mitgebracht hatte. Es war einer der Wasserschläuche. "Hier. Nimm mal ein paar Schlücke. Oin hat dir einen Trank zubereitet, von dem du wieder klar im Kopf wirst", sagte er schlicht, entkorkte das Ding und hielt es mir an den Mund. Als mir der Geruch davon in die Nase stieg, hätte ich mich am liebsten sofort übergeben. Ich verzog das Gesicht und schob das Gesöff von mir weg. "Nicht.. in tausend Jahren, Fili", erwiderte ich doch er blieb hartnäckig. "Ich weiß, es riecht in deinem Zustand nicht gerade verlockend. Aber wenn du es mal drin hast, bleibt es auch da. Versprochen", meinte er und drückte mir die Öffnung an den Mund. Ohne dass ich weiter widersprechen konnte, kippte er mir das Zeug in den Hals. Tatsächlich schmeckte es doch besser, als es roch. Obwohl ich wirklich nicht wissen wollte, was Oin da genau hinein gemischt hatte. Doch ich musste neidlos anerkennen, dass die zwergische Heilkunst offenkundig eine der Besten war, die mir je begegnete. Der Trank brauchte keine fünf Minuten um mir sämtliche Übelkeit, Kopfschmerzen und Koordinationsschwierigkeiten zu vertreiben. Doch eine Sache konnte er nicht beheben und das war das unangenehme Schamgefühl, welches immer noch in meiner Brust brannte. "Und? Wirkt er?", fragte Kili und kam neugierig näher. Ich nickte nur und versuchte mich zunächst allein auf die Beine zu hieven. Es war noch ein wenig schwierig, da mein Körper sich noch etwas steif und verkrampft anfühlte. Doch die Jungs gingen mir gut zur Hand, sodass ich bald in der Senkrechten war. Ich stützte mich etwas an der weiß lackierten Holzwand ab und sah nun beide auf Augenhöhe an. "Ich hab großen Mist gebaut, oder?", fragte ich sie bedrückt, doch ich sah beide nur belustigt grinsen. "So würde ich das nicht bezeichnen. Sicher es war reichlich ungewöhnlich. Aber du hast mit dem Gesang ordentlich Eindruck geschunden. Wusste gar nicht, dass du so eine fantastische Stimme hast", sagte Kili. Ich blickte ihn ein wenig verständnislos an. "Wer redet denn vom Singen, ich hab die Sache mit Thorin gemeint", schnaubte ich. Die beiden Brüder sahen sich kurz stirnrunzend an. "Du erinnerst dich also daran", stellte Fili ruhig fest. "Jaaaaaaa... Nachdem Dwalin mir das eben vorhin erzählt hat. Ich war der festen Überzeugung gewesen, ich hätte irgendeinen fremden Kerl geknutscht. Aber doch nicht euren Onkel. Wie steh ich denn jetzt da? Ich kann ihm doch nie wieder unter die Augen treten", sagte ich und ließ den Kopf matt hängen. "Aber, aber. Nun beruhig dich mal. So schlimm war es nicht. Im Gegenteil. Ich hab ihn danach noch nie so ruhig erlebt. Gut, ein wenig verstört war er schon. Aber so wäre es jedem von uns gegangen. Du hast dich ja auch recht bald wieder von ihm los gerissen", erklärte Fili sanft und legte mir eine Hand auf die Schulter. Na super! Alle waren Live dabei gewesen, wie ich mich lächerlich gemacht hatte. Schlimmer konnte doch so ein Abend gar nicht mehr verlaufen. Zumindest nicht für mich. Wobei ich eigentlich dankbar sein sollte, dass es nicht tatsächlich ein wildfremder Mann gewesen war, dem ich mich da an den Hals geworfen hatte. Wer weiß wo und in welcher Situation ich dann erwacht wäre. Bestimmt nicht im Klowagen und unter Garantie auch nicht mit Klamotten am Leib. Aber wie sollte ich jetzt mit dieser beschämenden Tatsache umgehen? Wie sollte ich ihm erklären, dass das alles nur ein Unfall gewesen war? Würde er mir denn überhaupt noch irgendwas glauben, wo ich ihm auch noch zu gelallt hatte, dass ich ihn mochte? Erschöpft vom Nachdenken, ließ ich mich auf den Klositz sinken. Ich wollte am liebsten für den Rest meines Lebens in diesem Wagen bleiben. Hauptsache ich begegnete ihm nicht. Das würde ich unter keinen Umständen ertragen können. Und wenn ich dann noch die belustigten Blicke der anderen Sehen müsste. Nein, so eine Blamage! "Ach, Cuna. Kopf hoch. Niemand nimmt dir das, was du getan hast übel. Wir haben alle schon komische Sachen gemacht, wenn wir betrunken waren. Onkel wird auch noch drüber hinweg sehen. Vielleicht war es ja auch ein Schritt in dir richtige Richtung. Immerhin fühlst du ja viel für ihn. Jetzt mach dich nicht weiter verrückt. Steh auf und komm mit uns nach draußen", meinte Kili und hockte sich vor mich, um mir von unten tröstlich ins Gesicht zu lächeln. "Könnt ihr mich nicht einfach erschießen oder so was?", jammerte ich, doch schon zogen mich beide wieder in die Senkrechte. "Komm schon. Du wirst dich früher oder später sowieso allem stellen müssen. Außerdem musst du mal was essen und dir auch andere Kleidung anziehen", kam es von Fili und schon hatten mich beide untergehakt. Alles wehren und widersprechen half nichts. Sie schleiften mich gnadenlos mit. Hinaus in die warme Vormittagssonne. Vorbei an anderen Zeltplatzbewohnern, die mir ihr freundliches "Hallo" zu grölten und mich zu meiner Gesangseinlage beglückwünschten. Bis hin zu den Zwergenzelten. Dort herrschte auch ein munteres Treiben. Sie plauderte heiter, schnitzten mit ihren Messern an irgendwelchen Holzfiguren herum oder rauchten das ein oder andere Pfeifchen, während sie sich etwas erzählten. Ein typischer Morgen für Zwerge eben. Als wir drei näher kamen, verstummten sie jäh und hielten in ihrer Arbeit inne. Ich sah einige belustigt die Münder hinter den Bärten verziehen und mein Gewissen wurde mir noch schwerer. "Cuna", rief Bofur grinsend und hob die Hand. Ich nickte ihm nur knapp zu. "Fühlt Ihr Euch wieder besser Kindchen?", fragte Oin und trat mit prüfendem Blick näher an mich heran. "Ähm... Ja. Danke Oin. Der Trank hat wirklich gut geholfen", sagte ich beiläufig ohne ihn anzusehen. Mein Blick suchte die Zelte ab. Wenn er hier irgendwo war, musste ich ihn zuerst sehen, bevor er mich sah. Doch nichts. Da war kein Zwergenkönig in Sicht. Weder vor, noch in oder neben den Zelten. "Wenn du dein Herzblatt suchst. Der ist eben auf den Wachturm geklettert", kam es spöttisch von Dwalin, der mich beobachtet hatte. "Er ist NICHT mein Herzblatt!", fauchte ich ertappt und fühlte die Hitze in meine Wangen steigen. Allgemein brach Gekicher aus. "Leute. Ersthaft. Das war ein Unfall!", ergänzte ich aufgebracht. "Oh. Ach so. Unfall nennt man das, wenn man sich jemanden an den Hals wirft und ungefragt küsst", raunte Gloin, der genauso spöttisch klang wie Dwalin. Um dem Ganzen noch ein drauf zu setzen stellten sich Nori und Bofur theatralisch voreinander hin und brachte eine Darbietung, die beinahe an eine Romeo und Julia Parodie erinnerte. Dabei kniete sich Bofur vor Nori und weitete die Arme aus. "Oh Thorin. Meiner Herz begehrt dich so sehr. Aber ich weiß, du wirst nie der meine sein", rief er mit verstellter hohe Stimme, was für einen männlichen Zwerg wirklich eine Leistung war. Nori hob Bofur auf die Füße und fasste ihn fest an den Schultern. "Es stimmt Cuna, du kannst nie und nimmer die Meine werden, doch will ich dir in meiner Großherzigkeit und Güte gestatten, mir einen Kuss zu rauben", sagte er mit dem Versuch die Stimme des Zwergenkönigs zu immitieren. "Oh Thorin, damit machst du mich ja so glücklich!", kreischte Bofur und schon taten die beiden so, als würden sie sich heiß und innig küssen. Die Männer brachen in schallendes Gelächter aus. In mir begann es zu brodeln. Dass sie kicherten und lachten war für mich schon schlimm genug. Doch dass sie sich auch noch so darüber lustig machten und damit nicht nur mich verunglimpften, sondern auch noch ihren eigenen Anführer, war wirklich zu viel der Scherze. Ich machte auf dem Absatz kehrt ohne dabei auf Kili und Fili zu achten, die mir kurz etwas nach riefen. Was ich allerdings in meiner Rage vollkommen überhörte. Ich musste die Sache jetzt klären. Das Ganze konnte ich einfach nicht so stehen lassen. Zu allem entschlossen trat ich auf den hölzernen Wachturm zu und suchte nach der Leiter, die mich nach oben führen würde. Es war wohl der für mich schwerste Gang, den ich seit langem unternehmen musste. Doch ich war unheimlich aufgebracht und wenn ich das nicht umgehend aus der Welt schaffte, würde es vermutlich für den Rest der Zeit auf der Zeltstadt unerträglich werden. Als ich fast oben angekommen war, streckte sich mir schon eine Hand entgegen. Ich folgte der Hand, über den Arm, bis hin zum Gesicht des Mannes, dem dies alles gehörte. Sein Gesicht wirkte wie immer sehr ernst und undurchschaubar. Doch keinesfalls wütend oder entrüstet, dass ich einfach so ungefragt zu ihm nach oben gekommen war. Trotzdem rutschte mir schlagartig das Herz in die Hose, als ich ihn ansah. "Komm. Greif zu", sagte er ruhig und wartete dass ich nach seiner Hand griff. Nur zögerlich und widerwillig konnte ich eine Hand vom hölzernen Gerüst lösen. Nachdem ich zugepackt hatte, gab es nur einen kurzen Ruck und schon hatte er mich auf die Plattform gezogen. Ein wenig erschrocken stand ich nun Auge in Auge vor ihm. Er hielt meine Hand noch fest und unsere Blicke trafen sich einen kurzen Moment. Doch ich entschloss mich schnell wieder weg zu sehen. "Ich hab nicht erwartet, dich so schnell wieder auf den Beinen zu sehen", meinte er knapp und ließ dann los. Ich schluckte ein wenig, auch weil das Echo der Berührung in meiner Hand pulsierte. Ich schwieg erst mal, da ich nicht wirklich wusste, wie ich anfangen sollte. Verdammt, ich hätte nicht so Kopflos zu ihm stürmen sollen, ohne darüber auch nur einmal nachzudenken, was genau ich ihm nun sagen wollte. Nun stand ich da, wie ein Kind beim Dreck und wusste weder vor noch zurück. "Gefällt dir die Aussicht?", fragte er plötzlich. Ich hob aufgrund dieser banalen Frage erschrocken den Kopf. Ob mir die Aussicht gefiel? Ich hatte vielmehr mit der Frage gerechnet, was ich von ihm wollen würde. Oder zumindest, dass er gleich auf den Punkt kam, wenn er wusste, was mein Auftauchen bei ihm bedeutete. Aber doch nicht so etwas belangloses. Er hatte mir den Rücken zu gewandt und war an das Geländer getreten, wo er hinab auf den Platz schaute. Ich blieb auf meiner Stelle stehen und sah mich einfach schweigend um. So hoch war der Turm nicht. Vielleicht Fünf Meter. Aber das reichte ja immerhin auch schon, um alles auf dem Platz zu überblicken. Die Plattform oben hatte, neben einem Geländer, noch ein kleines Dach drauf gesetzt bekommen, um den dort Wachhabenden vor Regen und starker Sonne zu schützen. Als der Zwerg merkte, dass ich ihm auf die beiläufige Frage nicht sofort antwortete, gab er ein Seufzen von sich. "Bist du gekommen, um mit mir zu reden oder nur um stumm auf dem Fleck zu stehen und mich anzustarren?", fragte er ein wenig forsch. Ich zuckte unwillkürlich zusammen. Nun wurde er ja doch mal direkt. Aber anstatt etwas zu antworten klappte mir nur immer wieder verblüfft der Mund auf und zu. Ihm schien allerdings die Geduld sehr schnell auszugehen, darauf zu warten, dass ich meine Stimme wieder fand. Er schnaubte und ging vor mir auf und ab ohne mich anzusehen. "Gut. Wie du willst. Dann fange ich eben an. Du warst betrunken. Es tut dir unendlich leid, dass du mich so überfallen hast und willst mir versprechen, dass das nie wieder vorkommt, da es absolut bedeutungslos war", sagte er mit grob zusammenfassendem Ton. "J-ja... n-nein... ich... ", begann ich zu stammeln. Er drehte sich zu mir um und trat näher an mich heran. Sein Gesicht zeigte deutlich, wie angespannt er war und das schlug sich auch in seiner Stimmlage nieder."Ja. Nein. Wie ist es denn nun, Cuna? Weißt du eigentlich noch, was du gestern Abend von dir gegeben hast? Ist dir nicht klar, was du getan hast?", fragte er aufgebracht. So fahrig hatte ich ihn bis zu diesem Punkt auch nicht erlebt. Er war ja völlig durch den Wind. Ganz untypisch für diesen sonst so hartgesottenen kleinen Mann. "Thorin, bitte ich...", versuchte ich zu sagen doch schon unterbrach er mich wieder. "Ja. Du. Warum ausgerechnet du? Seit ich lebe ist mir keine Frau, weder zwergischer noch menschlicher Abstammung so nahe getreten wie du. Was willst du jetzt tun, Cuna? Hm? So tun als wäre nie etwas geschehen? Meinst du, wir könnten das jetzt hier mit ein paar warmen Worten aus der Welt schaffen, wie eine einfach Meinungsunstimmigkeit? Im Namen von Mahal! Das war keine Nichtigkeit. Das war ein Zugneigungsgeständnis!", blaffte er und sah mir scharf in die Augen. Ich musste zwangsläufig vor ihm zurück weichen, da er mir nun wieder sehr nahe gekommen war. Ich hob aus Reflex abwehrend und beschwichtigend die Hände. "Thorin. Langsam. Ich. Ich wollte mich nur...", stammelte ich, doch wieder machte er einen Schritt auf mich zu. "Entschuldigen? Dafür willst du dich entschuldigen? Das kannst du dir sonst wo hin stecken. Diesmal nicht. Meine Geduld und Gnade mit dir ist endgültig aufgebraucht!", rief er aus und schon hatte er mich in eine Ecke des Turmes gedrängt. Er krallte sich mit seinen kräftigen Händen links und Rechts in das hölzerne Geländer, sodass ich keinen Weg mehr hatte auf dem ich vor ihm flüchten konnte. Das Holz knarzte unter seinem bebenden Griff und seine Augen funkelten gefährlich, als sie meine trafen. Er war so nah an mich ran gekommen, dass ich seinen Atem auf meiner Haut fühlen konnte. Oh Himmel! Es war offensichtlich ein Riesen Fehler gewesen zu ihm hoch zu steigen. Ich warf bedrückt einen Blick über die Brüstung nach unten, wo sich das Zeltplatzleben tummelte. Niemand schien etwas von meiner misslichen Lage mit zu bekommen. Sicherlich würde er mich gleich greifen und hinunter werfen. Einen schlechteren Ausgang hätte ich mir wahrlich nicht selbst ausmalen können. Wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich einmal von einem Zwergenkönig in den Tod gestürzt werden würde, hätte ich vermutlich sofort die nächste Klapsmühle für denjenigen angerufen. Doch in Anbetracht der kleinen, haarigen und wütenden Tatsache da vor mir, hätte ich wohl jeden lügen gestraft. Schon fühlte ich, wie sich eine seiner Hände vom Geländer gelöst hatte und mich kräftig am Arm packte. Er zitterte regelrecht vor Aufregung. Ich fiebste kurz und sah ihn verängstigt an. "Bitte.. Bitte nicht. Was... Was hast du vor?", sagte ich und meine Stimme war nun deutlich um hundert Oktaven nach oben geschnellt. Ich hatte bereits den sicheren Freiflug vor Augen, als er mich mit der anderen Hand im Genick packte. "Ich werde dir eine Lektion erteilen, die du dein Leben lang nicht vergessen wirst!", fauchte er leise, da er mir nun schon so nah gekommen war, das brüllen definitiv nicht mehr nötig gewesen war. "Bitte.... Bitte nicht... Thori...", jammerte ich ein letztes Mal, doch schon war es geschehen. Das absolut unvorstellbarste und unvermeidlichste war eingetreten. Und es war, wie er versprochen hatte, die Lektion meines Lebens... -32. Hangover und andere Probleme / ENDE - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)