Er sucht ihn von MaryReilly (oder die Sache mit der Kontaktanzeige (Mystrade)) ================================================================================ Kapitel 1: Die Kontaktanzeige ----------------------------- Kapitel 1 - Die Kontaktanzeige Es war an einem lauen Sommerabend, als Greg Lestrade in einem Pub saß und ein Bier auf den wohlverdienten Feierabend trank. Der Tag war anstrengend gewesen, aber erfolgreich. Immerhin! Sherlock hatte ihn ganz schön genervt, aber sie hatten einen Serienmörder geschnappt, hinter dem sie schon länger her gewesen waren. Während er sein Bier trank, blätterte er durch die Zeitung, die auf dem Tisch gelegen hatte und überflog die großen Schlagzeilen. Politik interessierte ihn nicht sonderlich, Mord und Totschlag hatte er in den letzten Tagen zu ausgiebig genossen und die Witze kannte er bereits alle. Er wollte die Zeitung schon zuschlagen, als er bei den Kontaktanzeigen hängen blieb. Er seufzte leise. Von Frauen hatte er die Nase voll. Mittlerweile war er seit einem Jahr geschieden, hatte erfolglos 2 kurze Beziehungen hinter sich gebracht und war zu dem Entschluss gekommen, dass er wohl als einsamer Single sterben würde. Das hatte er auch vor einigen Wochen, als sich seine letzten Freundin von ihm getrennt hatte, aufgrund der mangelnden Zeit die er für sie hatte, laut an einem Tatort verkündet. Sie hatte per SMS Schluss gemacht. Ging es eigentlich noch unwürdiger? Er hatte die Nachricht bekommen, als er mit Sherlock und John gerade eine Leiche inspiziert hatte. Der Detektiv hatte es natürlich binnen Sekunden deduziert, dazu hatte Greg nicht mal die Nachricht vorlesen müssen. Danach hatte er dann kundgetan, dass er wohl für keine Frau gut genug wäre. Woraufhin Sherlock ihm trocken vorgeschlagen hatte, doch einfach das Ufer zu wechseln. Er und John hatten sich dann kurz, verliebt?, angegrinst, aber anschließend nichts mehr dazu gesagt. Was wieder nur das Gerücht bestätigte, dass zwischen den beiden mehr lief, als sie zugaben. Der Inspector hatte den Vorschlag nicht wirklich ernst genommen. Er war jahrelang verheiratet und vor allem treu gewesen. Trotzdem hatte er auch schon Erfahrungen mit anderen Männern gesammelt. So war es nicht. Er hatte in seiner Jugend schon einiges ausprobiert und war kein unbeschriebenes Blatt, was das anging. Sollte er es mal wieder wagen? Mit Frauen schien er wirklich kein Glück zu haben. Seine Frau hatte ihm Hörner aufgesetzt und seine Gutmütigkeit viel zu lange ausgenutzt. Seine nächste Freundin hatte ihn wegen einem anderen sitzen lassen, der jünger und nach ihren Angaben besser im Bett war und seine zweite hatte wegen Zeitmangel den Schlussstrich gezogen. Per SMS! Das fuchste ihn immer noch! Er trank sein Bier aus und bestellte sich noch eins, während er begann sich durch die Kontaktanzeigen zu lesen. Nur so zum Spaß … verstand sich. Schon nach den ersten Anzeigen schüttelte Greg den Kopf. Die meisten Kerle suchten einfach nur was fürs Bett. Nein, dafür lagen seine Erfahrungen viel zu weit zurück … er bräuchte, wenn überhaupt, einen Partner, der sich auskannte und mit dem man mehr machen konnte, als nur vögeln. Schließlich war er ein erwachsener Mann und keine 20 mehr. Er seufzte. Die junge Bedienung brachte ihm sein bestelltes Bier und er wollte die Zeitung gerade zuklappen, als er eine Anzeige las, die seine Aufmerksamkeit beanspruchte. „Gesucht wird ein netter und intelligenter Mann, 40-50 Jahre, der mit beiden Beinen im Leben steht, für eine feste, aber diskrete, Partnerschaft. Gepflegtes Äußeres unabdingbar! Aufgrund beruflicher Verpflichtungen, nur wenig Freizeit – Toleranz wäre in dieser Hinsicht sehr erwünscht. Chiffre – 3451“ Greg las die Anzeige noch einmal und schüttelte lachend den Kopf. Wer schrieb denn solche Anzeigen? Keine Angabe über Aussehen, Alter des Inserenten oder überhaupt etwas zu dessen Person, ah doch … er war beruflich viel beschäftigt. Greg trank einen Schluck von seinem Bier und klappte die Zeitung zu. Seufzend ließ er seinen Blick schweifen. Vielleicht sollte er es doch auf die altmodische Tour versuchen? Einfach jemanden anquatschen, etwas flirten, zu einem Bier einladen? Greg wusste, er sah ganz anständig aus, sicher wäre es kein Problem … doch wie würde sich das dann entwickeln? Schließlich wusste er auch, dass viele Männer oft auf das eine aus waren. Sah man ja auch an den Anzeigen. Nicht alle, selbstredend, aber viele eben. Sein Blick glitt wieder zu der Zeitung und er schlug sie nochmals auf. Er las den Text erneut und biss sich auf die Unterlippe. Sollte er es wagen? Was hatte er schon zu verlieren? Zumindest klang die Anzeige weniger nach Sex, als die anderen. Klar, er wollte natürlich auch in einer Beziehung Sex haben, aber erst einmal kennenlernen. Vielleicht war er doch zu altmodisch! Er seufzte und griff nach seinem Handy. Man konnte dem Verlag der Zeitung eine SMS oder Mail schicken, mit der Chiffre und um nähere Angaben bitten. Greg überlegte noch einen kurzen Moment und schickte dann eine SMS mit der Chiffre 3451 an den Verlag. Mal sehen was passierte. Zumindest konnte er sich so noch nicht blamieren. Er leerte sein Bier und bezahlte die zwei Gläser die er getrunken hatte. Von der Anzeige schoss er mit seinem Handy ein Foto, da die Zeitung ja dem Pub gehörte, aber die musste er einfach mitnehmen und stand dann auf. Als er vor die Tür trat wehte ihm ein warmer Sommerwind entgegen und Greg entschied sich seine Jacke nicht anzuziehen. Irgendwo könnte er noch einen Happen essen, bevor er sich auf den Weg in seine kleine Wohnung machte, die er seit der Scheidung sein Zuhause nannte. Er hatte ihr das Haus überlassen. Warum sich um etwas streiten, das er eh nicht wollte. Zu viele Erinnerung an die ganzen Erniedrigungen, die er alle die Jahre mitgemacht hatte. Nein, so war es besser. Er war erst ein paar Meter gelaufen, als sein Handy piepte. Er zog es aus seiner Hosentasche und warf einen Blick aufs Display. Man hatte ihm bereits geantwortet. „Ging ja schnell ...“, seufzte er und las die kryptische Mailadresse, die man ihm angab. Er schüttelte den Kopf und war sich nicht sicher, ob er diesen Inserenten wirklich anschreiben sollte. Er schien viel Wert darauf zu legen erst einmal unerkannt zu bleiben. Fürs erste steckte er sein Handy wieder ein und rief sich ein Taxi. In der Nähe seiner Wohnung gab es einen kleinen Thai-Imbiss, da würde er sich etwas holen und das dann zu Hause essen. Heute lief auch noch Fußball, wenn er das richtig im Kopf hatte. Manchester spielte gegen irgendeine ausländische Mannschaft. Als er in seiner 2-Zimmerwohnung ankam, schaltete er auch direkt den Fernseher ein und ließ sich von der Vorberichterstattung berieseln, während er sich von seinen Schuhen befreite. Aus dem Kühlschrank holte er sich noch ein Bier und setzte sich dann auf den kleinen Zweisitzer, der vor dem Fernseher in dem Wohn- und Esszimmer stand. Er hatte zwar eine kleine Küchenzeile neben dem Esstisch, doch Greg nutzte die so gut wie nie. Er arbeitete viel und wenn er Urlaub hatte zog er es vor irgendwo hin zu verreisen. Im großen und ganzen diente diese Wohnung einfach nur als Schlafgelegenheit und mehr nicht. Während er aß verfolgte er das Spiel, das aber nicht wirklich spannend war. Ständige Fehlpässe und verfehlte Torchancen von Manchester machten ihn eher sauer und er fragte sich, warum er mit dem Spiel seine Zeit vergeudete. Er war kurz davor schon auszuschalten und sich ins Bett zu legen, als er wieder an die Mailadresse dachte. Es war nach 20 Uhr, vielleicht las dieser ominöse Mann ja seine Mail gleich und er konnte mehr über ihn in Erfahrung bringen. Zugegeben, das alles machte ihn sehr neugierig. Wenn jemand eine Beziehung suchte, warum gab er dann so wenig von sich Preis? Er verstand das nicht. Wer meldete sich denn auf eine solche Anzeige? Niemand kaufte gerne die Katze im Sack. Okay, Angaben über Aussehen mussten selbstverständlich nicht stimmen, wenn sie dort angegeben wurden … Er seufzte schwer und griff nach seinem Laptop. Er würde es versuchen … mehr als in die Hose gehen konnte es ja nicht! Außerdem, was sollte ihm schon passieren? Als der kleine Computer hochgefahren war, startet er sein Mailprogramm und gab die Adresse ein. Dann überlegte wie er anfangen sollte. Als Betreff wählte er „Kontaktanzeige“ war das zu plump? Nein, so wüsste derjenige auch gleich was Sache war. „Hi, mein Name ist Greg und ich habe die Anzeige von Ihnen gelesen. Bin 48 und würde mich als bodenständig bezeichnen. Suche auch eine erwachsene Beziehung und keine schnelle Nummer, hätte also Interesse Sie mal kennenzulernen. Gruß Greg.“ Reichte das? Sollte er noch mehr von sich preisgeben? Aber er wusste ja noch nichts von dem anderen Kerl … irgendwie war ihm schon ein wenig mulmig bei dem Gedanken, doch was sollte schon groß passieren? Mehr als nicht antworten oder absagen konnte der andere ja nicht. Er drückte auf senden und lehnte sich zurück. Er war gespannt, wie das weiterging und ob der andere sich melden würde. Gott, dass er überhaupt daran dachte es wieder mit einem Kerl zu versuchen! Es war so lange her und er hatte das Thema eigentlich für sich abgeschlossen, aber als Sherlock ihm das das so an den Kopf geworfen hatte … und zu sehen, wie gut er und John sich verstanden und ergänzten … das hatte ihn schon etwas wehmütig werden lassen. War ja auch nicht so, dass er gänzlich unerfahren auf dem Gebiet war. Es war während seiner Ausbildung und Studienzeit gewesen, damals hatte er keinen Unterschied gemacht, ob ein Mann oder Frau auf ihn gestanden hatte. Er hatte seine Erfahrungen mit beiden Geschlechtern gesammelt, warum auch nicht? War nichts dabei. Bis er dann seine Frau kennengelernt hatte, in die er sich verliebte. Hals über Kopf. Nur sie hatte es mit der Liebe und Treue wohl nie so ernst gemeint. Dennoch hatte er immer gekämpft und versucht zu retten, was zu retten war, doch letztendlich hatte er es aufgegeben, als er sie ganz klassisch mit dem Paketzusteller im Bett erwischt hatte. In ihrem Bett! In dem Bett, dem auch er geschlafen hatte. Gott, das war einfach nur ekelhaft! Danach war alles recht schnell gegangen. Er hatte einen Anwalt eingeschaltet, war ausgezogen und hatte die Scheidung eingereicht. Nach einem Jahr waren sie dann geschiedene Leute gewesen. Seine Gedanken an die vergangenen 2 Jahre wurden unterbrochen, als ein „Bling“ eine neue Mail ankündigte. Greg schob die Augenbrauen hoch und konnte nicht verhindern, dass sich ein schmunzeln über seine Lippen stahl. „Hallo Greg, vielen Dank für Ihre E-Mail und Ihr Interesse. Es freut mich, dass Sie sogar den nötigen Anstand wahren und mich nicht so unmöglich anmachen, wie einige anderen Interessenten. Außerdem haben Sie nicht mal gefragt, wie ich aussehe … Respekt. Die meisten fallen mit der Tür ins Haus, da ich das nicht in der Anzeige erwähne. Also, Sie haben mein Interesse auch geweckt.“ Das war es, kein weiteres Wort zu seiner Person und Greg fragte sich, ob das hier wirklich zielführend war oder nicht. Andererseits, jetzt war auch seine Neugierde geweckt, die quasi ja schon so was wie Berufskrankheit war. Er setzte sich wieder etwas aufrecht und schrieb zurück. „Hey, danke für die schnelle Antwort. Habe gar nicht damit gerechnet. Ehrlich gesagt, ich bin eigentlich gar nicht der Typ, der auf solche Anzeige eingeht … aber Ihre war anders. Na ja, außerdem … wollen Sie scheinbar auch nicht wissen, wie ich aussehe. Greg.“ Er schickte die Nachricht zurück und stand auf. Er ging noch einmal zum Kühlschrank um sich ein weiteres Bier zu gönnen, das letzte für diesen Abend, und setzte sich wieder aufs Sofa. Er hatte das leise „Bling“ schon von weitem gehört. „Lieber Greg, Aussehen ist nicht alles im Leben. So lange sie gepflegt sind und sich halbwegs ordentlich kleiden, reicht das völlig. Wobei, an Kleidung kann man immer noch arbeiten. Wie dem auch sei, bevor ich mich mit jemandem treffe, weiß ich gerne mit wem ich es zu tun habe. Erzählen Sie mir etwas über sich?“ Greg biss sich auf die Unterlippe. Etwas preisgeben, ohne zu wissen wer einem gegenüber saß, war schon ein komisches Gefühl. Andererseits, er schien ja ganz nett zu sein. „Ach was soll's … wenn nicht, war's halt ein Griff ins Klo!“ „Hallo Unbekannter, ja Aussehen und Schönheit liegen im Auge des Betrachters, nicht wahr? Also sauber bin ich, war erst heute Morgen duschen ;) und Kleidung … nun, ich denke sie ist meinem Job angemessen. Bin Detective Inspector … habe ein geregeltes Einkommen und bin Single, also … reicht das für den Anfang? Oder wollen Sie noch mehr wissen? :) Vielleicht verraten Sie mir mal Ihren Namen?“ Er schickte die Mail ab und trank während er wartete einen Schluck Bier. Die Antwort kam allerdings schneller als er damit gerechnet hatte. „Detective Inspector Lestrade! Stille Wasser sind wohl tief. Das hätte ich jetzt nicht erwartet. Interessant!“ Greg riss die Augen auf und schluckte. Gut, dass das Bier bereits auf dem Weg in seinen Magen war, sonst hätte er es womöglich über den Laptop gespuckt. Er starrte auf die Zeilen. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Mit wem hatte er sich da unterhalten?! Offensichtlich kannte der andere ihn, sonst hätte er wohl kaum gewusst, wer er war. Schließlich hatte er nicht allzu viele Angaben gemacht. Lestrade rieb sich die Augen. Was jetzt?! Er hätte die Hände davon lassen sollen! Verdammter Sherlock, der ihn auf diese Idee gebracht hatte und verdammte Neugier, die über ihn gesiegt hatte! Vor wem hatte er sich jetzt so blamiert? Vor einem Kollegen, einem Vorgesetzten womöglich?! Ein weiteres „Bling“ ertönte und Gregs Herz schlug noch schneller, sofern das möglich war. „Vielleicht steht einem kurzfristigen Treffen nichts im Wege? Ich könnte Sie abholen lassen. MH“ MH? Wer sollte das sein?! „Oh mein Gott!“, entfuhr es Lestrade dann, als ihm ein ganzer Kronleuchter aufging. Diese Heimlichtuerei … natürlich! Wieder ein „Bling“. „Ja, Sie liegen völlig richtig. Also? Treffen?“ Lestrade atmete tief durch und überlegte, ob es gut wäre sich darauf einzulassen. Vielleicht lieber nicht? Andererseits, sein Gegenüber wusste ja jetzt wer er war, ob der es einfach auf sich beruhen lassen würde? Er glaubte nicht daran. Schließlich kannte er Sherlock und er wusste, dass dessen Bruder nicht besser war. Nein, vermutlich war er in manchen Dingen sogar noch schlimmer! Gerade als er etwas zurückschreiben wollte, klingelte sein Handy. Er warf einen Blick darauf. Eine ihm unbekannte Nummer. Lestrade schluckte. Er hinterfragte gar nicht erst, woher Mycroft seine Nummer wohl hatte. Es wäre eher ein Wunder gewesen, wenn er sie nicht gehabt hätte. Ein wenig unsicher, ob er rangehen sollte, griff er nach dem klingelnden Mobiltelefon. „Hallo?“, ging er dann etwas nervös ran. „Ich muss Sie wohl sehr schockiert haben, dass Sie mir nicht mehr antworten“, stellte Mycroft direkt und ohne Umschweife fest. „Ist es so unrealistisch, dass auch ich gewisse Bedürfnisse habe, die nicht meine Arbeit betreffen? Oder wollen Sie sich jetzt nur nicht mehr treffen, weil Sie wissen, wer ich bin?“ „Na ja … ja Sie haben mich schockiert … ehrlich gesagt“, gab Greg zu und schluckte. „Ich mein, es ist bei Sherlock schon schwer vorstellbar, aber bei Ihnen … ich bin grad etwas platt … und nein, ich hab nie gesagt, ich will mich nicht treffen …“ „Also würden Sie mich treffen wollen?“, hakte Mycroft nach. „Unbedingt! Ähm … ja … also, gerne“, erwiderte Greg und wurde leicht rot. Jetzt da er wusste um wen es sich handelte, wollte er sich in jedem Fall treffen. „Schön, ich lasse Sie abholen. In einer halben Stunde vor Ihrem Appartement.“ „Die Adresse … ach vergessen Sie es, die haben Sie schon ...“, stellte Lestrade überflüssigerweise fest. „Selbstverständlich“, kam es süffisant von Mycroft. „Bis gleich also?“ „Ja, bis gleich ...“ Greg legte auf und fragte sich, was in drei Teufelsnamen er gerade dabei war zu tun?! Er stand auf und räumte noch die Sachen vom Essen weg. Jetzt war er doch nervös, aber auch gespannt was da auf ihn zukommen mochte. Mycroft legte sein Smartphone auf den Tisch neben seinen Laptop, nachdem er Anthea gebeten hatte den Inspector abzuholen. Greg Lestrade also? Dass ausgerechnet er sich auf diese Anzeige melden würde, das hätte er niemals gedacht. Zugegeben, es war schon etwas gewagt einen solchen Text zu inserieren und er hatte auch einige E-Mails bekommen, die er sofort wieder gelöscht hatte. Doch bei Greg … das würde noch interessant werden. Er hatte den Älteren noch nie unattraktiv gefunden, aber dass dieser auch in eigenen Gewässern forschte, war ihm neu. Ein anderer Grund für die Anzeige war gewesen, dass Sherlock ihm auf den Kopf zugesagt hatte, dass er ganz allein war und keine Freunde hatte. Er hatte zwar erwidert, dass er die sehr wohl besaß, doch dem war natürlich nicht so. Aber wo sollte ein Mann wie er auf Partnersuche gehen? Der Diogenes Club war dafür äußerst ungeeignet. Zudem war er ständig mit Arbeit ausgelastet und unzählige Termine musste er auch wahrnehmen. Darum hatte er sich für diesen Weg entschieden. Denn hatte Mycroft erst einmal die E-Mailadresse der Männer, die ihn anschrieben, konnte er ihnen ohne weiteres auf den Zahn fühlen. Natürlich hinter deren Rücken! So hätte er herausfinden können, wer sich wirklich hinter der Mailadresse befand und ob es ein geeigneter Partner war. Allerdings, dass er gerade auf Lestrade stoßen würde, das hatte selbst er nicht erwartet. Nachdem der andere ihm bereits seinen Namen genannt hatte, war er hellhörig geworden. Nachdem er auch seinen Beruf genannt hatte, war es glasklar gewesen und jetzt war er auf dem Weg hierher. Mycroft war gewillt sich etwas zu öffnen, aber nur für einen Menschen der dies ebenso tat und dem er vertrauen konnte. Dass es sich um Lestrade handelte, war schon mal ein Pluspunkt, wie er fand. Erstens wusste er, dass der Detective sehr wohl bodenständig war, dass er gepflegt war und durchaus attraktiv. Er wusste auch, dass man sich auf ihn verlassen konnte und dass er selbst viel arbeitete, was sicher von Vorteil war, wegen der Toleranz für seine eigenen Verpflichtungen. Außerdem war Lestrade nicht dumm, auch wenn Sherlock das gerne in den Raum stellte. Als dann der Wagen vor seinem kleinen Haus hielt, das er sein Eigen nannte, klappte er den Laptop zu und stand auf. Er hätte die Haustüre ja schon öffnen können, bevor Greg klingelte, aber wie das denn aus? Als ob er es kaum erwarten konnte! Zugegeben, das konnte er auch nicht, aber Mycroft hatte sich gut genug im Griff, um diesem Drang zu widerstehen. Es klingelte. Er ließ sich noch ein paar Sekunden Zeit, bevor er dann zur Tür ging. „Detective Inspector … kommen Sie doch rein“, bat er leise und öffnete die Tür ganz. Er machte ihm Platz und wartete bis Greg eingetragen war. „Sagen Sie doch lieber Greg“, bat dieser direkt. „Immerhin hab ich auf Ihre Kontaktanzeige reagiert.“ Lestrade rollte lachend, aber etwas unsicher mit den Augen. „Kein Grund sich unwohl zu fühlen, ich freue mich, dass Sie es sind. Ehrlich“, erwiderte Mycroft und lächelte sogar. „Ehrlich? Sie können sich freuen?“, wollte Greg wissen und lachte, was ihm einen leicht missbilligenden Blick des anderen einfing. „Tschuldigung! Es ist nur, na ja … wenn man Ihrem Bruder Glauben schenkt, dann ...“ „Sherlock übertreibt wie immer! Ja, das Verhältnis zu ihm ist nicht das Beste und er lässt keine Gelegenheit verstreichen mich übertrieben gefühllos und distanziert darzustellen.“ „Oh nicht nur Sherlock tut das, John auch“, gab Lestrade gleich zurück. „Ist das so? Nun, warum machen Sie sich dann nicht selbst ein Bild von mir?“, schlug Mycroft vor und deutete mit seiner Hand in die Richtung des Zimmers in dem er eben an seinem Laptop gesessen hatte. Er und Lestrade hatten sich nur ein paar Mal gesehen bisher und nie wirklich viel miteinander zu tun gehabt. Man kannte sich, keine Frage. Allerdings nur oberflächlich. „Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?“, hakte Mycroft gastfreundlich nach. „Gerne, ja. Irgendwas Starkes, für meine Nerven.“ Lestrade lachte wieder unsicher. „Sie sind nervös, warum?“ Mycroft reichte ihm ein Glas mit Whisky, das Greg gerne annahm. „Na ja, es ist lange her, dass ich mich mit einem Mann getroffen hab und dann sind ausgerechnet Sie es, der meine Aufmerksamkeit erregt hat … ist irgendwie schon komisch.“ „Wenn es Sie beruhigt, ich hätte auch nicht mit Ihnen gerechnet. Ich wusste ja nicht mal, dass Sie auch dem eigenen Geschlecht nicht abgeneigt sind“, erklärte Mycroft und deutete auf zwei Sessel die vor dem Kamin standen. In diesem brannte kein Feuer, es war Sommer und zu warm. „Ehrlich … es war Sherlock, der mich dazu bewogen hat.“ „Mein Bruder?“ Ungläubig blickte Mycroft zu Greg. „Ja, er meinte, ich sollte doch das Ufer wechseln … wissen Sie … plötzlich dachte ich wieder an meine Studienzeit und Ausbildung, in der ich nichts ausgelassen habe und dann dass ich eh kein Händchen für Frauen hab, da hab ich gedacht, ich les mich einfach mal spaßeshalber durch die Kontaktanzeigen. Ihre war schon komisch … hat mich aber neugierig gemacht.“ „Komisch?“ „Ja, so schreibt doch niemand eine Anzeige, aber jetzt da ich weiß, dass Sie es sind … ergibt es einen Sinn. Sie wollen es diskret halten, also soll erst mal niemand was davon erfahren“, stellte Greg fest. „Stimmt, daran wäre mir gelegen. Vorerst zumindest.“ „Hmh … hab ich keine Einwände.“ „So? Sie wären also bereit, sich auf mich einzulassen?“, wollte Mycroft wissen. „Also, da ich bei Ihnen weiß, dass Sie nicht nur auf 'ne schnelle Nummer aus sind, warum nicht? Ich meine, ich finde sie alles andere als unattraktiv und es könnte durchaus interessant werden.“ „Ist es das nicht schon längst?“, hakte Mycroft mit einem erfreuten Grinsen nach. Lestrade fand ihn also auch ganz ansehnlich? Das war gut! Sehr gut. Zwar waren Charakter und der Mensch an sich wichtig, aber für eine wirklich gut funktionierende Beziehung musste man sich auch anziehend finden. Wie sollte man sonst ein ausgefülltes Sexualleben haben? Mycroft räusperte sich und schob den Gedanken beiseite. Soweit waren sie noch nicht. „Aber eine Bedingung hab ich noch“, bat Greg dann ernst. „Und die wäre?“ „Wir treffen uns mindestens einmal die Woche und hören auf uns zu siezen“, bat Lestrade. „Nein“, bestimmte Mycroft entschieden. „Nein?“, etwas verwirrt blickte Greg zurück. „Abgesehen davon, dass es zwei Bedingungen sind, lieber Greg, treffen wir uns mindestens an zwei Abenden die Woche und ich werde Sie erst duzen, wenn ich Sie anständig umworben habe“, erklärte Mycroft mit einer Ernsthaftigkeit, dass Lestrade sprachlos war. „Ich bin doch keine Frau!“, entfuhr es dem Beamten dann nach einigen Sekunden. „Mich muss man nicht umwerben.“ „Auch Männer dürfen umworben werden, durchaus. Abgesehen davon denke ich, dass es Ihnen nach Ihrer Ehe mit dieser infernalen Person auch mal gut tun wird, etwas hofiert zu werden“, erklärte Mycroft mit einem leicht schelmischen Schmunzeln. Offenbar hatte er schon einen Plan, den er in die Tat umsetzen wollte. „Na ja, ich gebe zu … meine Ehe war schon lange im Eimer und ein bisschen Zuwendung würde mir sicher nicht schaden“, gestand er leise und seufzte dann. „Also schön, dann tun Sie was Sie nicht lassen können, ich bin gespannt.“ „Das dürfen Sie sein.“ Mycroft trank einen Schluck von seinem Whisky und beobachtete den Älteren einige Sekunden. Oh ja, das hier würde interessant werden! Und wie! tbc Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)