Peaks von Akinara (Wir Haben Es Immer Auf Die Spitze Getrieben) ================================================================================ Kapitel 42: Pal's Pain ---------------------- „Und wenn wir uns eines Tages selbst auseinander bringen?“ Diese Frage war mir just in den Kopf gekommen. Eigentlich lag sie außerhalb jeglicher Optionen, die ich für mein Leben in Betracht zog, niemals wollte ich Kid verlassen, aber wenn es das Schicksal eines Tages so wollte...wenn die Gefahr bestand, dass wir uns gegenseitig in lebensbedrohliche Situationen manövrierten, dann würde ich lieber gehen als sein Leben und seine Träume aufs Spiel zu setzen. Lieber alleine irgendwo mein Dasein fristen als dem größten Rookie unserer Zeit im Weg zu stehen. Natürlich verstand ich, dass diese meine Frage meinem Feuerschopf ganz und gar nicht behagte. „Wie meinst du das, ' wenn wir uns selbst auseinander bringen'?“ Seine goldenen Iriden blitzten scharf zu mir herunter und ich spürte seine Angst. Er befürchtete wahrscheinlich sogleich, dass ich bereits Pläne hatte, die Devil wieder zu verlassen. Ha! Niemals. Nicht mehr in diesem Leben würde ich freiwillig einen Fuß von diesem Schiff setzen, ausgenommen für temporäre Landgänge. Ich wünschte mir, irgendwann in weit entfernter Zukunft hier zu sterben. Bei Kid, bei Killer, im Beisein meiner 'Familie'. Nirgendwo anders und nie mehr allein. Beruhigend streichelte ich die Brust des Großen. „Hey, alles okay. Ich habe mit Sicherheit nicht die Ambition, euch geschweige denn dich zu verlassen. Aber wenn es einmal so kommen sollte, dass ich dich in Gefahr bringe...“ „Wie solltest du mich je in Gefahr bringen können?“, fragte der junge Mann unverständlich. Es war ihm offensichtlich ein totales Rätsel, welchen Einfluss eine Frau auf sein Leben nehmen konnte. Vielleicht sollte ich ihm das erklären. „Na, schau doch mal, Kid. Allein schon was in der Zeit passiert ist, in der wir getrennt waren...“ „Was ist denn passiert? Du warst weg und ich habe meinen Weg fortgesetzt.“ „Ja, aber wie? Das ist doch nicht der Sinn deiner Reise, verstimmt und mit Schmerz im Herzen das One Piece zu suchen. Ich will nicht, dass du, dass die Kid-Piraten von mir abhängig sind. Das macht euch angreifbar.“ „Quatsch“, wischte der Hüne alle meine Zweifel und Ängste vehement beiseite. „Wir sind unverwüstlich und wir geben dich nicht mehr her.“ Lächelnd neigte er seinen Kopf zu mir hinab und drückte seine Stirn an meine. Ich flüsterte: „Das weiß ich ja, aber wenn ich jemals bemerken sollte, dass meine Anwesenheit ein Risiko für euch bedeutet, dann muss ich gehen.“ „Das will ich nicht!“, meinte Kid mit einem tiefen, ernsten und sogar ein wenig bedrohlichen Unterton in der Stimme. Es brach mir das Herz, doch ich musste stark bleiben. „Ich will es auch nicht, aber wenn es so sein sollte, werde ich es tun. Mein größtes Ziel ist, dass du der König der Piraten wirst und dafür sollten wir beide alles andere in Kauf nehmen.“ Er erwiderte wie ein bockiges Kind, wollte, konnte sich nicht mit dem Gedanken arrangieren, mich zu verlieren. Es war ein wunderbares Kompliment, doch bitter im Nachgeschmack. So heroisch es jetzt klang, so sehr würde es in Wahrheit schmerzen. „Das kommt nicht in Frage. Du bleibst bei mir und sollte ich dafür auch zehn Jahre länger die Grandline befahren müssen, weil ich irgendwelche Ärzte oder sonstewas aufsuchen muss: Es ist mir egal. So will ich es und basta!“ Ärzte? Woran dachte er, fragte ich mich Stirn runzelnd und konzentrierte mich im nächsten Moment darauf, sein 'Basta!' in mein 'Basta!' zu verwandeln. „Nein. Schluss mit den Diskussionen. Ich werde gehen, wenn ich gehen muss. Hoffen wir, dass es nie dazu kommt. Und damit: 'Basta!'“ Meine Hand hielt still auf seiner Brust und ich sah ihn nachdrücklich an. Seine nächsten Worten taten unglaublich weh und ich selbst trug die Schuld daran. „Wow.“, meinte er trocken. „Du willst dir wohl wirklich jede Option offen halten, hm?“ Autsch. Wie bitte? Glaubte er, ich sagte das nur, um ihn auf eine eventuelle freiwillige Trennung vorzubereiten? Auf den Tag, an dem ich sagte: 'Ja, sorry, Kid, aber diese Beziehung gibt mir nichts mehr. Lass uns jemand anderen suchen'?! Wie absurd. Niemals, so versprach ich mir, würde ich diese Entscheidung freiwillig treffen. Niemals wollte ich ihn verlassen, diesen Mann, den ich liebte. Der jetzt gerade sehr gekränkt von meinen Worten war und sich just in diesem Moment auf die andere Seite drehen wollte. Er war ein Kind. Ein großes, emotional unerfahrenes und so wundervolles Kind. „Kid, nicht. Warte.“ Er zögerte und sah mich an. „Es geht überhaupt nicht um mich. Ich will nur, dass du es schaffst. Es gibt immer Kollateralschaden, wenn jemand Erfolg hat und ich würde es sogar hinnehmen, wenn ich es wär. Kid, ich würde für dich sterben und zwar gerne. Aber ich will nicht, dass es anders herum ist. Ich will nicht, dass du aufgehalten oder Gott bewahre, verletzt wirst durch mich oder irgendetwas, das mit mir zu tun hat. Versteh' das doch bitte.“ Jetzt musterte er mich in der Dunkelheit eingehend und erwiderte etwas, das sehr erwachsen war: „Und wenn ich genauso fühle wie du? Dann haben wir uns fest gefahren. Jeder will für den anderen alles geben, aber keiner jenem Schmerz bereiten. Das geht nicht, Solekk, und das wissen wir jetzt wohl beide. Der eine oder andere wird eines Tages vielleicht in diesem Szenario leben müssen. Allein.“ Ich schaute ihn aufmerksam an, das Einzige, was ich ausmachen konnte, waren seine schönen Augen und ich stimmte zu. „Das ist wahr, Kid. Und so wird es wahrscheinlich kommen.“ „Gott, ich hoffe nicht.“, seufzte der Riese und drehte sich wieder ganz zu mir. Drückte mich fest an sich und sah hinab. „Wieso sprichst du von so etwas, wo wir uns gerade erst wieder gefunden haben?“, fragte er sanft. Ich atmete tief ein und erklärte dann ehrlich: „Weil ich nicht will, dass wir je wieder so sehr leiden müssen wie in den vergangenen...“ „Siebenhunderteinundsiebzig Tagen.“, ergänzte Kid wissend und neigte das Gesicht zu mir hinab. Darin fand sich ein seltsam melancholischer Ausdruck, als er sagte. „Dem können wir vielleicht gar nicht entgehen. Weißt du, ich denke, eine solche Verbindung tut einem früher oder später weh.“ Erstaunt sah ich ihn an. Diese Klarheit und Weitsicht war mir ganz fremd am Großen. „Ich...ich glaube, da hast du recht.“ Und dann lächelte ich, denn ich konnte bei seinem Anblick einfach nicht widerstehen. „Aber bis dahin sollten wir das Leben genießen.“ Kid grinste. „Ja, das sollten wir.“ ~ Ich fand keinen Schlaf in dieser Nacht. Es war furchtbar. Merklich angetrunken wie ich war, mit schweren Lidern und müden Gliedern und dennoch gönnte mir mein Hirn keine Ruhe. Verflucht, das war schon fast Folter. Ständig wälzte ich mich von einer Seite auf die andere, schlug die Decke beiseite und wickelte mich wieder darin ein. Heiß, kalt, einfach nur ätzend und zu allem Übel scheinbar endlos. Die Dunkelheit, in die ich doch so lange mit Kid und Solekk hinein getrunken hatte, wollte sich nicht zurückziehen. Nach einem genervten Ausatmen beschloss ich, dass es Zeit war, aufzustehen und an Deck zu gehen. Ich hatte genug vom aussichtslosen Versuch, Schlaf zu finden, genug von meinen rasenden Gedanken und wollte entspannen. Doch heute Nacht wohl nicht an Bord dieses Schiffes: Kaum war ich in die kühle Luft hinaus getreten, hörte ich das erste Geräusch. Die Ohren gespitzt ob des flüchtigen Eindrucks trat ich an die Reling. Da wieder, ein atemloses 'Hng, Kid. Ja.', bevor sich die trügerische Stille erneut ausbreitete. Nicht dein Ernst, Gott, oder? Warum quälst du mich so? Musste ich jetzt, wo ich keinen Frieden im Schlaf fand, auch noch mitanhören, wie Kid es der Frau meiner Träume besorgte?! Warum? Warum? Obwohl oder vielleicht gerade weil ich mich sonst nicht so sehr auf meine Gefühle diesbezüglich einließ, konnte ich nun meinem angestauten Frust und dem verfluchten Zynismus nicht mehr entrinnen. Und ich hätte mir am liebsten in die Faust gebissen, um das wütende Brüllen, das mir im Hals brannte, loszuwerden. Aber da war leider meine Maske im Weg. Mit einem Mal erfasste mich Wut ob der Tatsache, dass mir die Frau, in die ich mich verliebt hatte, wie ein Stück Fleisch einem hungrigen Hund ständig vor die Nase gehalten wurde, ich jedoch niemals auch nur am Objekt der Begierde schnuppern durfte. Ich wollte meinen besten Freund Kid ja nicht provozieren, nicht unnötig aufregen, denn wir wussten alle, dass er auch so einen hohen Blutdruck hatte. Also lag es doch schlussendlich wieder nur an mir selbst. Ich hatte mich in die Falsche verguckt und war von Natur aus einfach zu loyal, um meinem Captain jene, auch hinter seinem Rücken, streitig zu machen. Und so blieb ich allein. Mit meinen blöden Gefühlen, meinen Gedanken und den gar nicht stillen Nächten. Missmutig hielt mich an der Reling fest. Wenigstens die ist ein Fixpunkt in meinem Leben, begann ich gerade zu denken, als mir auffiel, wie absurd und jammervoll das war, was mein Gehirn da ausspuckte. Herrgott, wer war ich denn, so zu klagen? So zu verzweifeln, obwohl sich doch für uns, für die Kid-Piraten alles zum Guten gewendet hatte? Ich sagte mir selbst vor, wer ich war. Ich war Killer, der Massakersoldat. Einer der elf Supernovae und ein unverwüstlicher Mann. Diese Wehleidigkeit passte nicht zu mir. Sie war nur ein Resultat des Trinkens. Alkohol machte mich viel zu sentimental. Deshalb vermied ich auch normalerweise jeden Fingerhut zu viel. Ich werde sentimental, ein ums andere Mal Nur wenn ich besoffen bin Die schönsten Augen der Stadt jagen mich heut' Nacht Nur wenn ich besoffen bin Nur wenn ich besoffen bin, kommst du mir in den Sinn Und jedes Mal fang ich von vorne an Noch 'n Bier und ich fang an, dich zu vermissen, ich Melancholiere und ich fühle mich beschissen Du bist das Salz in meinen Wunden, in so endlos vielen Stunden Schön, dich zu sehen Auf Wiedersehen Mein allergrößter Wunsch ist dein kissenweicher Mund Nur wenn ich besoffen bin Ich will kein neues Bild von dir, ich will dich hier bei mir Nur wenn ich besoffen bin Nur wenn ich besoffen bin kommst du mir in den Sinn Und jedes Mal fang ich von vorne an Noch 'n Bier und ich fang an dich zu vermissen, ich Melancholiere und ich fühle mich beschissen Du bist das Salz in meinen Wunden, in so endlos vielen Stunden Schön, dich zu sehen ~ Keuchend legte sich Kid neben mich und wir sahen uns atemlos an. Lächelten, als wir die verausgabte Röte im Gesicht des Anderen erblickten, die uns einmal mehr in dieser Nacht zierte. „Nummer drei.“, flüsterte ich grinsend. „Zählst du?“, fragte der Rothaarige überrascht. „Du nicht?“ Neugierig und etwas erstaunt drehte sich Angesprochener auf die Seite und stützte den Kopf auf den Metallarm, um mit der menschlichen Hand meine Haut zu streicheln. Er neckte mich. „Ich dachte, es gefällt dir. Wusste ja nicht, dass es so schlimm ist, dass du mitzählen musst.“ Er lachte verspielt und ich fiel, ihn knuffend, mit ein. „Boah, ihr Männer und euer Ego.“ „Was ist mit unserm Ego?“, hakte er noch weiter provozierend nach. Er war gerade wohl sehr wach und zum Katz und Maus – Spiel aufgelegt. Na Großer, da wissen wir aber, wer gewinnt, oder? Ich antwortete schmunzelnd über die offensichtlich sehr nötige Bestätigung der Talente meines Schönen. „Na, ihr müsst scheinbar immer ein Feedback bekommen, wenn ihr es einer Frau macht.“ Er verstand meine Kritik darin kein bisschen. Ein Mann eben. „Natürlich. Es ist doch gut zu wissen, ob man seine Sache richtig macht oder ob es irgendwo Verbesserungspotential gibt.“ Ich lächelte und legte meine Hand an seine Brust. „Okay, dann sei dir mal sicher, dass es mich so ziemlich jedes Mal vollends zufrieden stellt, wenn du...“ Ich unterbrach mich und lauschte in die Finsternis. Hatte ich nicht gerade ein Geräusch gehört? „So ziemlich jedes Mal? Was soll...“ „Shhh!“, fuhr ich ihn an und legte meinen Zeigefinger an seine Lippen. Er hielt tatsächlich die Klappe und sah mich fragend an. „Was denn?“, flüsterte er etwas ungehalten. Weil ich ihm den Mund verboten hatte oder weil er sich in seinem unterhaltsamen kleinen Provokation gestört sah? Egal, da war es wieder. Ich erkannte es jetzt. Eindeutig Schritte auf dem Deck. „Da draußen ist jemand.“, wisperte ich zurück und schaute Kid unsicher an. „Vermutlich bloß Killer.“, zerstreute dieser meine Sorgen und ließ sich aus der aufgestützten Position auf den Rücken fallen. „Killer? Was macht der ganz allein mitten in der Nacht da draußen?“ „Lass ihn. Das macht er öfter in letzter Zeit.“ Ich überlegte. Sollte ich hier bleiben bei Kid in der verlockenden Wärme des Bettes oder schauen, warum mein bester Freund mutterseelenallein in der Nachtschwärze an Deck herumgeisterte? Die Entscheidung war, auch durch den Engel auf meiner Schulter, der sich nur selten zu Wort meldete, schnell getroffen. „Würde es dich sehr stören, wenn...“ Kid seufzte. „Geh schon!“ „Danke.“ Ich gab dem mürrischen Riesen einen Kuss auf die Wange, schmiss mir flüchtig ein paar Klamotten über und lief auf die Tür zu. „Zieh dich ordentlich an.“ Die große Silhouette des Mannes im Bett hatte sich aufgesetzt und mir das Gesicht zugewandt. Obwohl ich in der Dunkelheit nichts erkennen konnte, war mir klar, dass er mahnend drein blickte. „Mach ich.“ „BH und so.“ Ich musste einfach lachen. Er war eifersüchtig wie ein kleiner Junge. „Ja, Kid. Keine Sorge.“ Mit diesen beruhigenden Worten kam ich, wie er wünschte, 'ordentlich' bekleidet noch einmal auf meinen Feuerfarbenen zu und drückte ihn mit einem Kuss auf die Stirn wieder hinunter aufs Laken. „Schlaf, mein Schöner. Wenn du aufwachst, bin ich wieder bei dir.“ Damit verließ ich sein Zimmer und trat hinaus in die kühle, aber angenehme Nachtluft, um mit meinem Nakama zu reden. „Hey Killer.“ Er lehnte an der Reling und hatte das Gesicht unter seiner Maske aufs Meer hinaus gewandt. „Was machst du hier draußen?“, fragte ich locker und gesellte mich zu ihm. Er drehte den Kopf und schien mich zu mustern. „Und du? Solltest du nicht da drinnen sein? Bei Kid?“ Seine Direktheit und der deutlich wahrnehmbare Verdruss, ein Hauch von Anschuldigung in seinen Worten, überraschten mich. Ich erwiderte mit kraus gezogener Stirn. „Er schläft jetzt, hoffe ich. Und was ist mit dir verkehrt?“ Ich war ebenfalls direkt. Er konnte ruhig wissen, dass mir seine Missstimmung sofort aufgefallen war. Es war unverkennbar, wie schlecht er drauf war. Hatte es etwa mit Kid und mir zu tun, dass er so angepisst reagierte? Er schwieg vorerst, was mich ein weiteres Mal, jetzt sanfter, nachhaken ließ. „Was liegt dir auf der Seele, Killer? Komm, du weißt, du kannst mit mir reden.“ Ich schaute mit weichem Blick herüber und versuchte anhand seiner Bewegungen seinen Gefühlszustand auszumachen, was eindeutig unheimlich schwierig war. Keinen Blick zu sehen, kein Zucken im Mundwinkel, erschwerte die Empathie doch beträchtlich. Wie sollte man mit jemanden mitfühlen, von dem man nur raten konnte, welches Gesicht er gerade machte? Die im Dunkeln nur weiß-grau gestreifte Maske wandte sich mir zu und schwieg einen Augenblick lang, bevor der Massakersoldat die Stimme erhob. „Nichts. Ist schon okay. Ich freu' mich nur, dass du wieder da bist.“ Na klar. Wer's glaubt...Verarschen lass ich mich aber nicht. Obwohl ich etwas direkter dachte, blieben meine Worte sanft. „Lüg' mich nicht an, Killer. Ich weiß, wann du flunkerst.“ Mist, schien es in diesem Moment durch seinen Kopf zu gehen. Er war ertappt worden, ganz sicher. Und so fühlte er sich jetzt auch: Wie ein Verbrecher, den man überrumpelt hatte. Das war nicht mein Ziel gewesen, ich wollte ihm kein schlechtes Gewissen bereiten. Aber zumindest gab er jetzt kleinlaut die Wahrheit zu. „Na gut. Ich bin ein bisschen geknickt.“, seufzte er leise. Um ihm eine weitere Frage zu ersparen, ich wusste ja gut, wie sehr der Blonde so etwas hasste, schlug ich selbst eine Antwortmöglichkeit auf jene unausgesprochene Erkundung vor. „Ist es wegen Kid und mir?“ Woher ich diese plötzliche Eingebung nahm, war mir selbst unklar, aber irgendetwas, vielleicht war es auch seine Abweisung eingangs gewesen, sagte mir, dass ihm meine Nähe zu Kid tierisch auf den Kranz ging. Sein Schweigen bestätigte diese Ahnung. Ihm passte also etwas an meiner Beziehung zu seinem Captain nicht. Aber was? Was kümmerte es meinen besten Freund, dass...ach herrje. Nein, nicht wirklich, oder? Ich musste ihn fragen, unangenehm hin oder her. „Sag mal, bist du eifersüchtig?“ Mit großen, überraschten Augen hörte ich seine leise Antwort. „Bisschen.“ „Was?“, rutschte es mir schockiert raus. Seine Antwort, das darin enthaltene Geständnis erschütterte meine Welt. „Willst du damit sagen, dass du mich...?“ Der Blonde fiel mir mit belegter Stimme ins Wort: „Vom ersten Tag an.“ Mein Herz zerbrach und ich lehnte mich mit Schmerz in der Brust an Killers Schulter. „Gott, das tut mir so Leid.“ Wie viel ich allein mit diesen Worten schon klar machte, war mir in jenem Moment überhaupt nicht bewusst. Später, als ich darüber nachdachte, hätte ich mich dafür schlagen können. Doch was waren die Alternativen? „Killer...ich...ich weiß nicht, was ich sagen soll. Aber ich weiß...wir wissen beide, was ich darauf nicht sagen kann.“ „Ja, das ist mir klar. Ich habe mich damit arrangiert.“ Ich schaute zu ihm hinüber. Er war so stark, so tapfer, DER Einzelkämpfer. Gezwungenermaßen? Doch ich war nicht die Frau für eine Änderung dieses Zustands. Ich war eine andere und so blieb meine Rolle nach wie vor die einer Freundin. Eine, die ihn auf seine merkwürdige Verhaltensweise hinwies. „Und deshalb geistert du hier die Nacht rum?“ Wieder schwieg er nur zur Antwort. „Hör mal. Du sollst wissen, dass ich trotzdem immer für dich da bin, ja?“ 'Trotzdem', wir beide wussten ganz genau, was hinter diesem Wort steckte. 'Trotzdem' war eine nett verpackte Zweitplatzierung. Und leider entsprach es der Wahrheit für Killer. Doch der Blonde schien damit Erfahrung zu haben. Sah zu mir hinüber, richtete sich dann auf und erwiderte mit einer Stimme, in der ein halbherziges Lächeln auszumachen war. „Ich weiß.“ Das reichte mir nicht. Bei Weitem nicht. Ich wollte, dass er ganz genau und haarklein wusste, was er mir bedeutete. Denn seine Rolle war nicht irgendeine. Neben Kid, ja, leider nur neben Kid, war er der wichtigste Mensch in meinem Leben. „So, Schluss jetzt, mein Lieber! Sperr' mal die Lauscher auf.“, begann ich also und spürte Wut in meine Rede mit einfließen. Er sollte doch nicht in seiner Einsamkeit eingehen, er brauchte jemanden, der ihm einen Tritt verpasste und ihn, wenn nötig auch mit scharfen Worten wieder in den zurück verwandelte, der er sonst war. Ich stellte mich ihm mit festem Blick gegenüber. „Hier wird kein Trübsal geblasen, klar?“, schnauzte ich ihn mit gedrückter Stimme zusammen. Die anderen mussten uns ja nicht unbedingt hören, aber meiner Deutlichkeit wollte ich dennoch keinen Abbruch tun. „Du, Killer, bist ein wundervoller Mensch und ein beeindruckender Kämpfer, wie ich an jenem Tag vor so langer Zeit feststellen durfte. Ich will nicht, dass du dich fertig machst, wegen mir oder Kid und mir oder sonst irgendeiner Sache. Du...“ Ich tippte ihm mit einem Finger nicht gerade sanft auf die Brust. „...bist mein bester Freund und mein engster Vertrauter. Du hast eine unverwechselbare Verbindung zu mir, also hör' mal auf dir Gedanken zu machen, ja? Sicher, es gibt da was, das wir zwei wohl niemals tun werden, aber das ist dann auch schon alles, was dich von Kid unterscheidet.“ Zu Killers Wohl übertrieb ich, wusste doch genau, dass es schon ein bisschen viel mehr war, was mich mit Kid verband, aber... „Mann, Killer! Kopf hoch, Augen geradeaus! Du bist der Vize der Kid-Piraten und von irgendeinem Mädel lässt du dich doch nicht unterkriegen!“ Der Angesprochene schaute herüber und legte den Kopf schief. Vermittelte so auch wortlos seine Verwirrung. Dann. „Aber du wärst in deiner Ansprache 'irgendein Mädel'...“ Ich erwiderte seinen Blick, wo ich ihn vermutete. „Ja, und? Was macht mich schon zu etwas Besonderem für dich? Ich sag dir was, Killer: Die eine, die für dich was Besonderes ist, die wird kommen. Und besonders macht sie die Tatsache, dass sie für dich fühlt, was du fühlst. Das ist es, was die 'Eine' ausmacht, okay? Ich bin es nicht und du bist jung. Hab Geduld. Ich weiß, es ist schwer, wenn du jetzt wieder jeden Tag sehen musst, dass Kid und ich diese einzigartige Bindung schon gefunden haben, aber glaub mir: Ich bin nicht die 'Eine' für dich. Wirklich nicht, Killer. Ich möchte, dass du Hoffnung hast und dass du dein Leben genießt. Du bist mein bester Freund und ich hab dich unglaublich gern.“ Sanft streichelte ich seine Schulter, um meinen Worten die Heftigkeit zu nehmen. Verstanden hatte er mich dennoch, das spürte ich deutlich. Er hatte seine Haltung gestrafft und seine Stimme klang anders, als er sagte: „Vielleicht, wahrscheinlich hast du Recht. Aber es ist schwer.“ „Ja, warten ist schwer.“, stimmte ich zu. Und fügte dann trocken an. „...Und warten ist scheiße.“ Wir beide lachten nüchtern und lehnten uns wieder an die Reling. Irgendwie war jetzt eine Barrikade zwischen uns aus dem Weg geräumt, eine Blockade gelöst. Plötzlich fühlten wir uns wieder locker und wohl im Beisein des Anderen, so wie es bei besten Freunden sein sollte und bei uns auch immer gewesen war. „Dein Bart gefällt mir übrigens.“, merkte ich grinsend an und sah aufs Meer hinaus. Killer klang erfreut. „Ja? Schön. Mein einziges Feedback, was ich bis jetzt darauf bekommen hab.“ Sein einziges Feedback? Au weia. Diese ansehnliche Gesichtsbehaarung machte den Eindruck, als ob sie schon Monate wuchs und keiner hatte dem schicken Blonden gegenüber ein Wort diesbezüglich verloren?! Das war nicht nett. So fragte ich überrascht. „Echt? Nicht mal Kid hat was dazu gesagt?“ Killer seufzte. Hätte ich durch seine Maske hindurch sehen können, hätte ich vermutlich ein Augenverdrehen erblickt. Er erklärte sich. „Kid war nicht auszuhalten, während du nicht da warst. Nur einmal hab ich ruhig und entspannt mit ihm sprechen können und das war an dem Tag, wo du das erste Mal aufgewacht bist und uns wieder gesehen hast.“ Killers Redeschwall überrumpelte mich und ich musste mir einen Augenblick Zeit nehmen, um die Gänze seiner Worte zu erfassen. Es war eigentlich schon viel zu spät für so etwas. Dennoch hakte ich neugierig nach: „Echt? Das ist schon ein bisschen bedauerlich.“ Und Killer fiel ebenso nickend wie auch ob meines kopfschüttelnden Lächelns belustigt mit ein. „Ja, das ist es wohl. Aber dafür waren wir an jenem Abend lockerer als je zuvor.“ Ich spitzte die Ohren. Lockerer? Das bedeutete bei Männern eigentlich immer das Eine. Ich musste dem Blonden wohl noch etwas auf den Zahn fühlen, was das betraf. Hatte Kid wirklich über so intime Dinge geplaudert? Kleiner, heißer, roter Mistkerl. Grrr... „Worüber habt ihr denn so geredet?“, erkundigte ich mich scheinbar unverfänglich und wandte dem Maskierten das Gesicht zu. Der zögerte einen Augenblick, wurde dann aber schnell von seiner offensichtlich vorherrschenden Entspannung überwältigt und gab bereitwillig preis: „Na, wir haben in der Nacht Wache gehalten über dich wie schon zuvor. Als du aufgewacht bist, war das große 'Hallo', daran kannst du dich vielleicht sogar unter dem ganzen Zeug, das dir gegeben wurde, erinnern. Später waren Kid und ich über deine offenbar fortschreitende Genesung so erleichtert, dass er vorschlug, ein bisschen was zu trinken.“ „Und? Warum war euer Gespräch jetzt so 'locker' außer aufgrund der Tatsache, dass ihr angetüdelt wart?“, fragte ich ungeduldig. „Immer mit der Ruhe, das kommt ja noch.“, beschwichtigte Killer und ließ sich in seiner Rede nicht beirren. „Kid hat mit mir in dieser Nacht über vieles gesprochen. Er hat mir erzählt, was er für dich fühlt....und wie du dich anfühlst...“ „Das hat er dir erzählt?!“, fuhr ich empört dazwischen. Wie konnte Kid? Wieso teilte er solche Eindrücke mit Killer, dem Mann, der mich liebte, wenn auch auf eine unkoordinierte und versteckte Art? Kid, du bist so ein Trampel. „Ja“, fuhr Killer fort. „Das und was in dieser einen Nacht damals passiert ist“ „Darüber habt ihr geredet?“, entgeistert fiel ich von einem Loch ins nächste. Die Klappe gehalten hatte mein Schöner ja nun wirklich nicht. Alkohol, du kleines Monster. „Und schließlich hab ich ihm sogar erzählt, was ich für dich fühle.“ Die Stimme des Blonden fiel ab, während sie zum Ende seines Satzes wanderte. Er schien beinahe etwas unsicher und so war es mein Bedürfnis, dem lieb gewonnen Blonden sein Geständnis zu erleichtern. „Also weiß Kid, wie du über mich denkst?!“ „Ja, er muss es schon länger wissen. Er hat kaum überrascht reagiert.“ Mein Roter, du bist sowasvon dran. Liebenswerter Bastard, dafür, dass Killer so lange leiden musste und dass du mich aus Egoismus darüber im Unklaren gelassen hast, wirst du büßen. Verlass dich drauf... 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