Peaks von Akinara (Wir Haben Es Immer Auf Die Spitze Getrieben) ================================================================================ Kapitel 36: Justifying - Was Geschehen Ist ------------------------------------------ „Komm, lass uns was trinken“, schlug der Rothaarige seinem Vize locker vor. Ruhe und Zufriedenheit hatten ihn ergriffen, nachdem er Solekk endlich wieder in den Armen hatte halten können. Und jetzt sehnte er sich nach dem Genuss eines guten Rums und des Gefühls der Erleichterung in seiner breiten Brust. Den Abend ausklingen lassen wollte er und dies am Besten mit dem Mann, der sein engster Vertrauter war. Mit dem er über alles reden konnte. Auch über sie. Der Maskierte brachte seinen Zweifel an der Idee sogar schweigend deutlich zum Ausdruck und Kid sah sich gezwungen, eben jenen auszuräumen. „Es schadet doch nicht. Die Kleine schläft, es geht ihr gut, da wird schon nichts passieren. Und ein anderes Risiko sehe ich nicht. Und wenn es jemand wagen sollte, uns anzugreifen: Den machen wir auch total tight noch fertig." Mit einem Grinsen und einem freundschaftlichen Schlag auf die Schulter überredete er seinen Nakama dann doch noch zu einem nächtlichen Umtrunk und beide kehrten wenige Minuten später mit Krügen und zwei Flaschen guten Rums bewaffnet an Deck zurück. Auf die Holzbänke und das künstliche Licht in der Kombüse hatten sie keine Lust. Der Mond und das Meer waren viel zu schön, um von ihnen unbeachtet gelassen zu werden. Diese Dinge waren es auch gewesen, die ihnen schon damals als Frischlinge auf See gefallen hatten. Jung waren sie gewesen, lag es nicht schon beinahe zehn Jahre zurück? Da hatten sie auch des Nachts an Deck ihres ersten, zugegebenermaßen erbärmlich kleinen Schiffes gehockt und die Dunkelheit auf sich wirken lassen. Getrunken hatten sie auch schon, obwohl sie noch keine vierzehn gewesen waren. Kein Mensch kümmerte sich um die Jugend auf den Wellen. Wahrscheinlich auch deshalb hatten sie beide eine Leber, die die jedes sechzigjährigen, dauertrinkenden Seebären in den Schatten stellen konnte. Doch was machte das schon? Wenn sie eines Tages etwas umbrachte, dann war es sicher kein Leberversagen. Niemals waren sie unglücklich gewesen, niemals entzweit. Natürlich hatte es hier und da mal den ein oder anderen Streit gegeben, oft auch war Eustass wütend auf den Blonden gewesen und dennoch: Sie hatten schlussendlich immer zusammen gehalten. Einen großen Verdienst daran trug die scheinbar maßlose Geduld des Massakersoldaten, der Kid stets in allem unterstützte, sogar in seiner Dickköpfigkeit. So gut wie nie war er eifersüchtig auf den Captain gewesen, er war nicht der Mann für das Spotlight. Konnte die Aufmerksamkeit nicht halb so gut vertragen wie sein charakterstarker Kumpel. Nein, er war das stabile Fundament, das die Gründung der Kid-Piraten und ihren Erfolg erst möglich gemacht hatte. Das klang nach sehr viel, nach einer unheimlich bedeutsamen Rolle und die war es auch. Killer war sich ihrer erst langsam bewusst geworden, hatte sogar das ein oder andere Mal die rare Bestätigung durch seinen Freund und Vorgesetzten erhalten müssen, um zu begreifen, was er war. Wie wichtig er war. Auch heute spielte der Alkohol wieder eine entscheidende Rolle bei der Offenheit seines Captains. Er lockerte ihm die Zunge. „Weißt du, Killer, eigentlich gehört es sich nicht, was ich tue. Oder?“, fragte der Rotschopf in die Dunkelheit. Sein blonder Kumpane legte den Kopf schief und hakte erstaunt nach. Selbst er stellte in seiner sonst gewohnten Schweigsamkeit keine Ausnahme von der allgemeinen Wirkung von Ethanol im Blut dar und redete daher munter: „Was meinst du? Das Rumreisen und Töten oder das Saufen gerade jetzt?“ „Mit dem Saufen kann ich ganz gut leben“, grinste der junge Captain und prostete seinem Vize noch einmal zu, bevor er den Krug mit der bernsteinfarbenen Flüssigkeit zu einem großen Schluck ansetzte. „Nein, ich meine die Tatsache, dass ich mich von einer Frau so abhängig mache.“ Das überraschte den Angesprochenen nun, aber nicht zu knapp. Hatte Eustass Kid etwa Zweifel an etwas? Und dann noch an der Sache, die sein Herz für mehr als zwei Jahre so schwer gemacht hatte? An dieser einen Person? „Ich mein', ich bin der gefährlichste und berühmteste Rookie auf der Grandline und mein Glück steht und fällt allein mit dieser Einen? Ist das nicht lächerlich?“ Ein verhaltenes, fast bitteres Lachen kam über die dunklen Lippen und Kid starrte auf das Meer hinaus. Killer setzte seinen Rum ab und blickte herüber. Seine Stimme klang sehr ernst, als er antwortete. „Nein, Kid. Das ist es überhaupt nicht. Liebe ist etwas Wünschenswertes und wer etwas anderes behauptet, ist einfach nur arm dran. Sei froh, dass du dieses Glück gefunden hast.“ Und wieder ein Stich in seinem Herzen. Auch er hatte die Liebe gefunden. Aber sie nicht ihn. Er war verbannt in die Friendzone, was diese Frau betraf. Traurig, aber wahr. Dennoch, heute Abend konnte ihm nicht einmal ihre ewige Freundschaft und die Aussichtslosigkeit seiner Gefühle die Stimmung verderben. Schließlich hatte er trotzdem etwas: Diese innige Beziehung zu ihr, eine Familie, ein Zuhause, eine Aufgabe. Eine Bestimmung, ein Ziel. Sein Leben war nicht leer. Es war doch gut. „Vielleicht hast du Recht. Und ja, ich bin mir sicher, dass es Liebe ist. Weil ich so etwas noch nie zuvor gefühlt hab'“, sprach sein nun erstaunlich glücklicher Captain in die Nacht. „Du kennst das ja.“, fuhr er fort. „Ich denk' sowieso nie allzu viel über Gefühle nach, aber das hier...“, er nippte wieder an seinem Rum, „...das hat sich sogar mir erschlossen. Blind und dumm, wahnsinnig ignorant hätte ich sein müssen, um es nicht zu bemerken. Ich liebe sie.“ Der Blonde kippte seinem Nakama gleich eine große Menge brennender Flüssigkeit hinunter und musterte den Anderen von der Seite. Stellte fest, dass bei diesem zu Kid wirklich unpassenden Gesichtsausdruck kein Zweifel an seiner Aussage bestand. Er wirkte gottgleich zufrieden. Selig und eins mit sich und der Welt. Und obwohl ihn das schon überraschte, die nächsten Worte seines Freundes rissen ihn dann förmlich von den Füßen. „Und danke übrigens. Dafür, dass du zurücksteckst.“, flüsterte dieser rau in die Dunkelheit. Killer verschluckte sich an seinem Getränk und hustete heftig vor sich hin. Der Größere klopfte ihm freundschaftlich auf den Rücken. „Ich weiß es doch.“, erklärte er dabei lachend seine Aussage, die in seinen Augen ganz klar der Grund für die Überrumpeltheit seines Freundes gewesen war. Er fuhr fort. „Ich habe damals schon bemerkt, wie du ihr hinterher siehst. Wie du lachst, wenn sie lacht, wie du jedem ihrer Schritte folgst. Du hast sie nicht nur gerne, oder? Du liebst sie“, sprach der Rote Riese offen zu seinem Nakama. Er hatte ihm das Gesicht zugewandt und erstaunlicherweise war darin nicht die Spur von Argwohn, Wut oder Eifersucht zu sehen. Und Teufel, lieber Alkohol, der Blonde gab nicht minder ehrlich zurück: „Ja. Sehr lange schon.“ Jeden Moment erwartete er einen Stimmungswechsel seines Captain, in dessen Folge er ihm seine Position einmal mehr deutlich machte. Er hätte es sogar verstanden. Doch nichts kam. Stattdessen ruhige Worte. „Ich weiß. Ich kann aber nicht mit Sicherheit sagen, ob sie sich dessen bewusst ist, Killer.“ „Für sie ist es nur eine Freundschaft“, postulierte jener durch die Offenheit seines Freundes ermutigt, dennoch geknickt. „Und das wird sich niemals ändern, denke ich. Aber du sollst wissen, dass es für mich okay ist. Ich komme mittlerweile damit zurecht. Wir haben diesen Konflikt vor langer Zeit geklärt.“, endete er und in seiner Stimme fand der Blonde Hinweise darauf, dass er von eben jener Nacht sprach, die Killer mehr oder minder freiwillig relativ deutlich miterlebt hatte. Die Nacht im Hafen von Rox Royal, die in vielerlei Hinsicht Veränderung und Neuheit gebracht hatte. Sein Schweigen wurde jäh gedeutet. „Du weißt wohl, wann, hm? Ja, es war jene Nacht gewesen, in der ich dich so angefahren hab.“ „Willst du darüber reden?“, fragte der Massakersoldat leise. Er wusste, er musste vorsichtig sein bei diesem Thema. Da war sein Boss empfindlich. Nie hatte er mit ihm darüber gesprochen, nie auch nur ein Wort darüber verloren. Jetzt aber bot sich vielleicht die Gelegenheit, die Wahrheit zu erfahren über das, was Killer sich nur bruchstückhaft hatte zusammen reimen können. „Die Frage ist eher, ob du es hören willst.“, gab Kid knapp zurück und seine trotz des lockernden Alkohols veränderte Stimmung blieb nicht unbemerkt. Ja, eine gewisse Anspannung hatte ihn bei dem Gedanken an jene Finsternis erfasst und dennoch: Seltsamerweise schien er nicht abgeneigt, die Erinnerung daran mit seinem besten Freund zu teilen. Der war sich im ersten Augenblick etwas unsicher, ob er wirklich alles über diese Nacht erfahren wollte, doch im nächsten Moment kam seine Zunge seinem Gehirn zuvor. „Erzähl' es mir.“, forderte diese leise das Geständnis des Großen ein. „Schön.“, setzte jener an und wandte sich seinem Nakama zu. Nahm einen Schluck vom Rum und goss seinen Krug auf, bevor er fort fuhr. „Erinnerst du dich an den Morgen davor? Als die Insel in Sicht kam?“ Keine Zeit für eine Antwort. Nur sitzen und lauschen. „Du hast mit ihr an der Reling gestanden, als ich raus kam. Hast mit ihr geredet, gelacht, sie angesehen...Ihre Brüste, die sie dir förmlich unter die Nase gehalten hat...Da war mir klar, dass du was willst. Und dass ich eifersüchtig war.“ Kid schaute seinen Vize an, aber dieser entdeckte keinen Vorwurf, keine Missgunst darin, höchstens Prüfung. Der Rote war aufmerksamer und klüger, als er den Anschein machte. Bemerkte und verstand viel mehr, als man ihm ob seiner grobschlächtigen Statur und seiner teilweise vulgären Worte zutrauen mochte. Alles Dinge, die Solekk mit Sicherheit längst fest gestellt hatte. Und vielleicht auch Gründe für ihre Gefühle für ihn. „Ich war ziemlich sauer, daran kannst du dich sicher erinnern...“ „Darauf kannst du wetten“, murmelte Killer spontan und bereute es sofort. Nervös nippte er an seinem Rum, doch Kid überging das Gesagte mit einem mahnenden Seitenblick und erzählte weiter seine Sicht der Dinge. Er war jetzt wirklich daran interessiert, ihm alles mitzuteilen. Das war ebenso faszinierend wie verwunderlich. Es entsprach einfach nicht der so lange erlebten Persönlichkeit seines Bosses. Mal ganz abgesehen von den letzten unerträglichen Monaten. Die Kleine war vermutlich tatsächlich so etwas wie seine 'bessere Hälfte', in deren Nähe der Hüne zahm wurde. „Jedenfalls“, leitete er seine Fortsetzung ein. „hab ich dann am Abend diese Sache mit den Huren gestartet. Nicht eine meiner besten Ideen, wie ich zugeben muss.“ Killer erinnerte sich gut an die leichten Mädchen, die die Finger kaum von seinem Cheffe hatten lassen können. Schlussendlich waren sie alle unbezahlt und unbefriedigt fort gegangen, denn er hatte kein Interesse an ihnen gezeigt. Pech für sie, wenigstens eine gute Entwicklung des Abends für alle Anderen. „Sie war ziemlich geknickt, als sie die Nutten gesehen hat.“, sprach der Blonde seine Gedanken aus. Längst hatte er die Angst und Scham verloren, so vor Kid zu reden. Sie waren ja beide zu besoffen, um tückisch mit dem anderen zu sein. „Ja, ich weiß. Ich hab es ja auch bereut, spätestens als sie nach 'ner halben Stunde immer noch nicht wieder zurück war.“ „Nach der halben Stunde warst du doch gar nicht mehr zurechnungsfähig.“ „Jetzt werd' mal nicht frech hier!“ Keine Bedrohung, nur eine freundschaftliche, lachende und vermutlich auch trunkene Mahnung. „Aber stimmt wohl. Ich hab mich ziemlich voll laufen lassen an dem Abend. Ich war halt wütend.“ „Ich weiß. Ich hab dich ja schließlich zurück geschleppt. Erinnerst du dich eigentlich daran, was du gesagt hast, als wir zurück sind?“ „Nein. Ich weiß nur noch, dass sich die scheiß Straße unter mir gedreht hat wie'n Karussell.“ Der Rote nahm noch einen Schluck vom Rum. „Du hast mich gefragt, wo sie ist. Ob sie zurück kommt.“ Kid lauschte. Diese Gedanken kamen ihm seltsam bekannt vor. Nicht, dass er sie vor ihrem Verlust jemals bewusst gehabt hätte, aber jetzt, wo sein blonder Nakama davon anfing... „Tja, vielleicht spricht die schwere Zunge doch die Wahrheit.“, kommentierte er lediglich seine trunkene Ehrlichkeit. „Tut sie wohl, ja. Du hast sie vermisst. Du warst hacke stramm in der Nacht und du hast nicht nur den Alkohol bereut.“ „Ich weiß. Lässt du mich jetzt weiter erzählen oder willst du's nicht mehr wissen?“, fragte Kid langsam und gerade etwas strapaziert in seiner Geduld. „Entschuldige. Natürlich will ich es hören.“, lenkte sein Freund ein und schwieg von da an brav. „An dem Abend konnte ich ja nichts mehr tun. Hast du ja treffend bemerkt. Aber am nächsten Morgen, obwohl es wahrscheinlich schon Mittag war, da hat sich mir alles offenbart. Ich bin ja als Erstes von der faulen Bande aufgewacht und hab' mich natürlich zunächst kräftig geärgert, dass nichts gemacht war. Aber wie auch immer, an Deck hab' ich dann sie vorgefunden. Mit neuen Klamotten und so. Irgendwie war mir auch klar, dass sie nicht auf dem Schiff geschlafen hatte und dann hat sie es mir gestanden.“ „Was gestanden?“, Killer gab jetzt nicht mehr viel auf Rücksicht auf die Gefühle seines Captains. Wenn er das einmal durchgestanden hatte, dann konnte er das auch ein weiteres Mal. Und schließlich hatte er ja angeboten, es ihm zu erzählen. Der Blonde wollte es nun genau wissen. Geahnt hatte er es ja schon damals, aber sicher hatte er mit seinen Vermutungen nicht sein können. Was also war geschehen in jener Nacht? Was war tatsächlich passiert in der Finsternis, von der er nur Bruchstücke mitbekommen hatte? Sie hatte ihn betrogen, davon war er schon im 'Trigger' ausgegangen. Kids nächste Worte raubten ihm trotzdem den Atem. „Sie hat Law gefickt.“ Es fiel ihm mit dem Alkohol nicht mehr so schwer, diese Widerlichkeit zu formulieren. Dennoch jagte ihm allein der Gedanke einen Schauer über den Rücken. Diesen Mann hatte er bitten, regelrecht anflehen müssen, ihm zu helfen. Diesen Mann, der seinen verfluchten Schwanz schon in sein Mädchen gesteckt hatte. Abstoßend. Widerwärtig. Nicht zu ändern. „Sie hat was?“, untermalten Killers Worte seine Erschrockenheit. „Sie hat Trafalgar Law gevögelt. Dann hat sie ihn abgezogen und sich von dem Geld 'ne Shoppingtour finanziert.“ Trotz seiner Überrumpeltheit konnte der Blonde nicht anders als loszuprusten. „Hahaha. Na zumindest weiß sie, was sie will.“ Auch Kid hielt in seiner Trunkenheit nicht an sich. „Ja, sie ist ein Luder. Aber ich fand's gut, dass sie ihn wenigstens bestohlen hat. Zumindest gab's den Ritt nicht gratis.“ „Wie viel war es?“, fragte der Blonde amüsiert. „Keine Ahnung, ich war nicht interessiert daran, zu erfahren, wie oft er drauf war.“ Killer verdrehte ungesehen die Augen. „Ich mein' doch nicht, wie oft er sie hatte. Ich rede von den Berries.“ Die bernsteinfarbenen Iriden seines Gegenüber erhellten sich. „Ach so. Na, das war mal gar nicht so wenig.“, klang er fast schon ein bisschen stolz, immerhin sprach er von der kriminellen Energie seiner Kleinen. „Selbst nach ihrem Einkauf sind noch zwanzigtausend Berry über gewesen.“ „Zwanzigtausend?“ „Ja, ungelogen.“ „Alter, was hatte der Kerl mit der Knete vor?“ Langsam wurde der Pegel merklich höher und mit ihm sank die Wortgewandtheit. Die Bildung im Allgemeinen. Ach, lieber Schnaps. „Ist mir auch egal. Aber was sie sich davon gekauft hat. Hmm...“ Und Kid verfiel in Schwärmerei, schweigend, aber für den Massakersoldaten doch nur schwer erträglich. Er wollte es gar nicht wissen, brauchte diese Überinformation nun wirklich nicht und sagte so leise: „Ist okay, Captain. Das muss ich nicht hören.“ „Ja, entschuldige. Du hast Recht.“, erwiderte jener vernünftig und dachte angestrengt über den eigentlichen Punkt der Geschichte nach, an dem sie stehen geblieben waren. „Also“, fand er dann wieder einen Anfang. „Ich habe halt relativ schnell spitz gekriegt, dass sie sich wieder 'verkauft' hat...“ „Kid, du musst es ihr verzeihen“, fiel Killer ihm unüberlegt und impulsiv ins Wort. „Muss ich?“ „Kid, verurteil' sie nicht deswegen. Es ist die einzige Möglichkeit, die sie kennt.“ Der Rothaarige brummte. Wusste zu gut, was sein Mädchen vor dem hier gewesen war. Er brauchte nicht daran erinnert werden. „Und außerdem ging es ihr nicht darum, ihren Körper anzubieten. Sie wollte sich an dir zu rächen.“, jetzt fuhren seine goldenen Augen aufmerksam zu dem Blonden. „Also meinst du auch, dass es 'nur' Rache war?“, fragte der junge Rookie seinen Vize. „Natürlich. Was denn sonst?“, gab jener sicher zurück. „Ich hab' gesehen, wie verletzt sie war. Sie wollte dir die Sache mit den Huren einfach nur heimzahlen.“ „Sie hat also kein Interesse an Trafalgar Law?“ „Ich bitte dich!“ Und beide lachten. Amüsierten sich über den Chirurgen des Todes, der soweit von all dem weg war, so fern all ihrer Geschichten. So abseits von Liebe, Sex und Spaß, dass es ihnen fast leid tat. Sie belächelten den Schoßhund der Marine. Und kehrten dann bald zu den ernsteren Themen zurück. „Am Abend bin ich dann wieder in die Stadt gegangen“, erzählte Kid weiter. „Ich wollte ihn finden, den Bastard, der es gewagt hat, mein Eigentum anzurühren. Hab' Bar für Bar abgesucht und war so dicht, als ich in dieser Spelunke gelandet bin, in der ich ihn tatsächlich traf. Er war nicht diskret. Hat gesagt, er wolle seine Kohle zurück. Die hatte sie mir vorher als 'Schmerzensgeld' angeboten.“, abfällig spuckte der Riese aus und schnaubte. „Verzeih' es ihr, Kid. Sie hatte ein schlechtes Gewissen....“ „Na, möcht' ja wohl auch sein“ „...Und wusste nicht, wohin mit sich und dem Geld. Sie wollte doch nur bei dir sein.“ „Hm...“, war das Einzige, was der Hüne als Antwort hervor brachte. Killers Inschutznahme der Kleinen konfrontierte ihn mit Argumenten, denen er sich nie zuvor gewidmet hatte. Sie hatte sich geschämt für die Ereignisse, es bereut und sich selbst die Schuld gegeben. Das hatte er bemerkt, während er... Das sollte er Killer noch erzählen. Um sein Gewissen zu erleichtern, um das Leid endlich teilen zu können. „Das habe ich da aber leider noch nicht begriffen“, gab er leise zu. Ihm war klar, so klar, dass er einen Fehler gemacht hatte. War es schon damals, aber rückgängig machen: Unmöglich. Und hatte nicht ebenjene Nacht auch Dinge, Worte hervor gebracht, die ihn in den Himmel erhoben hatten?! Ja, nach dieser Tortur hatte sie ihm all ihre Gefühle gestanden. Normal oder nicht, er würde es niemals eintauschen wollen. Es war Erlösung gewesen, dies aus ihrem Mund zu hören. Heiß, kalt, alles auf einmal. Alle Ketten gelöst, alles frei und ehrlich. Offenheit nach dieser Nacht. Diese Nacht, die er Killer noch schildern wollte. „Du erinnerst dich, wie ich damals auf das Schiff zurück gekehrt bin?!“ „Ja. Und erlaube mir, es zu sagen: Du warst dämonisch.“ „Ich weiß“, seufzte der Rote Riese. „Und ich hab' es sie viel zu sehr spüren lassen.“ Killer jaulte innerlich auf bei dem Gedanken, was er gleich zu hören bestimmt war. Was die Frau, die er liebte, hatte ertragen müssen. Nur: In Ungewissheit bleiben, das wollte er auch irgendwie nicht. Er musste es wissen. endlich erfahren, ein für alle mal. Und dann Ruhe. Schweigen über diesen Tag, diese Nacht, diese Hölle, die sich hinter der Tür abgespielt hatte. Er zweifelte an nichts und er würde bestätigt werden. „Sprich mit mir darüber“, forderte er leise und nahm einen Schluck Rum zu sich. Sein Nakama warf ihm einen zweifelnden Blick zu, bevor er es ihm gleich tat, trank und schließlich redete. „Es gibt nicht viel zu sagen darüber, was ich mit ihr gemacht hab“ „Sie hat geblutet“, fiel ihm sein mittlerweile ziemlich betrunkener Vize ins Wort. „Weiß ich. Überall hat sie geblutet. An der Lippe, an den Armen, sogar unten.“ „Was zum Teufel hast du angestellt?“ Spürbar mehr und mehr überkam den Blonden der nachvollziehbare Mut eines couragierten Mannes, der sich über die wütende Misshandlung einer Frau ärgerte. Mehr und mehr nahm Kids schlechtes Gewissen oberhand und er sah sich gezwungen, alles zu gestehen. „Ich war sauer, okay?!“, stellte er fest, in die Enge getrieben von dem Anderen, was ihm gar nicht behagte. „Was hast du gemacht?“, fragte Killer abermals unnachgiebig. Er fühlte, dass es weniger um ihn ging in seinem unkontrollierten und ungeplanten Drängen als um sie. Er wollte, dass Kid darüber sprach. Es sich eingestand und endlich begriff, was er ihr angetan hatte. Es wäre doch eine Hürde weniger in der Beziehung zwischen ihm und der Kleinen. „Ich hab' sie genommen.“, brummte der Captain nüchtern in den Raum. Dann, ohne ein weiteres Wort von außen, begann er zu reden. Es sprudelte geradezu aus ihm heraus und er ließ es kommentarlos zu. „Ich wollte, dass sie weiß, wem sie gehört. Ich hab' sie gevögelt, bis sie geweint und geblutet hat. Es hat mir gut getan, ich hab' es gebraucht. Ich hab' sie verletzt und das weiß ich. Zu diesem Zeitpunkt war es mir aber egal, ich wollte sogar, dass sie mich spürt. Doch jetzt....Ich bin nicht stolz darauf und ich merke selbst, wie furchtbar meine Worte klingen, aber so ist es nun mal gewesen. Ich hab' sie vergewaltigt und es tut mir unendlich leid. Ich weiß selbst, dass sie nicht wirklich wollte, aber sie hat es mit sich machen lassen. Hat still gehalten und blieb stumm. Ich weiß, dass das keine Entschuldigung ist, eigentlich macht es alles nur schlimmer. Es ist doch klar, dass sie es nur ertragen hat, aber was soll ich denn tun? Es ist nun mal so geschehen und meine Reue ist alles, was ich geben kann.“ „Du hast sie geschnitten, oder? Mit dem Dolch...“ Die Worte des Nakamas raubte ihm noch mehr Halt, nahmen ihm mehr Boden unter Füßen, doch wessen Schuld war das? Nicht die des Blonden und so gab er trunken zu. „Hab' ich, ja. Bevor ich sie genommen hab', hab' ich ihr meinen Namen in den Arm geritzt. Ich weiß. Ich habe viele Fehler gemacht. Ich habe die Frau, die ich über alles liebe, gequält, gedemütigt und verletzt. Glaub' nicht, dass ich das vergessen hätte. Ich kann es nicht, es geistert mir jede Nacht durch den Kopf, dieser Vorwurf. Und es tut mir so wahnsinnig leid, aber das ändert nichts. Und das weiß ich. Willst du Details hören oder hast du genug erfahren?“ „Schon okay, ich hab' wahrlich genug gehört über die Dinge, die hinter verschlossener Türe vor sich gehen.“ Der Rote griff seine Worte auf. „Du bist kein Kind mehr, du weißt, was ich normalerweise mit ihr tue.“ „Ja, das weiß ich. Und jedes Mal, wenn ich es höre, frage ich mich, warum sie das zulässt.“ So, jetzt war es gesagt. Es war eine Zumutung, eine Respektlosigkeit gegenüber seinem Captain, deren Quittierung er beinahe bibbernd und zitternd erwartete. Doch sein mittlerweile gut betrunkener Taichou erwiderte nur friedlich: „Warum sie mit mir schläft, obwohl es ihr weh tut?“ Er sprach heute Nacht wirklich erstaunlich offen über sein Sexleben mit der Kleinen. Ihm war klar, dass Solekk das ein oder andere Mal Schmerz verspürte, wenn er sie nahm. Killer nickte. „Weil sie mich liebt.“, antwortete er ruhig. Das war offenbar etwas, das Killer nicht verstand. Kid auch nicht so richtig. „Sie liebt mich und sie mag den Schmerz, den ich ihr gebe. Frag' mich nicht, ich glaube, wir Männer können das nicht nachvollziehen. Doch ich möchte es nicht eintauschen, dieses Gefühl. Nicht, dass es mir darum ginge, ihr Schmerz zu bereiten, aber es ist schön, in ihr zu sein. Ach, eigentlich ist es nicht nur schön, es ist herrlich. Killer, es ist besser als bei jedem leichtem Mädchen, das man zuvor besucht hat.“ Sein Captain wusste gut, womit sich seine Crew die Zeit vertrieb, wenn sie an Land waren. Und er hatte da mehr Erfahrung als der Massakersoldat. Viel mehr. Weil dieser, wie erwähnt, kein Mensch für das Spotlight war. Er befriedigte seine Bedürfnisse im Stillen, an irgendwelchem Frauen, die kaum der Rede wert waren. Sein Captain fuhr fort. „Es ist um ein Vielfaches schöner als irgendeine andere zu nehmen. Sie ist wunderbar, sie fühlt sich fantastisch an und ich weiß, dass es ihr wirklich gefällt, wenn ich sie liebe. Woran ich das festmache, ist mir nicht ganz klar, aber sie stöhnt einmal so und einmal so. Da ist ein Unterschied, nur in Nuancen. Doch ich verstehe ihn, kann ihn hören und mich darauf einstellen. Gott, können wir bitte aufhören, darüber zu reden?! Ich krieg' sonst 'ne Latte allein von dem Gedanken.“ Viel Ehrlichkeit seines Captains. Zu viel. „Kid, bitte.“, mahnte der Blonde schwach. Es fiel ihm schwer bei all dem gehörten Gerede standhaft und bei Sinnen zu bleiben. Nicht daran zu denken, wie Solekk sich anfühlte. Wie schön sie sein konnte und wie weich und hungrig. Fuck, keine Idee weiter, sonst bekam er das gleiche Problem wie sein Cheffe. Der sprach soeben erneut. „Entschuldige. Aber wie du weißt, ist es schon eine Zeit her. Ich hab' mich langsam nicht mehr im Griff“ Killer verstand gut, wovon sein Freund sprach. Dieser Druck, dieser Drang, es zu tun, egal mit wem, er wuchs mit jedem Tag. Er schämte sich ein wenig dafür und unterschied sich darin offenbar von seinem Nakama, der die Dinge gern beim Namen nannte und nicht davor zurück schreckte, seine Bedürftigkeit vor einem Mitleidenden auszusprechen. Sie beide waren geknechtet von der Libido, geplagt von ihrem männlichen Zwang, regelmäßig Dampf abzulassen. Es war ein kleiner Fluch, den das Mannsein mit sich brachte. Man musste sich damit arrangieren. Frauen lebten ja schließlich auch mit dieser Bluterei, oder? „Okay, ich glaube, es ist Zeit, ins Bett zu gehen“, brummte der Rothaarige und erhob sich, den letzten Schluck Rum auf den Lippen. „Ja, du hast wohl Recht.“, gab der Blonde zurück und musste sich dabei Mühe geben, gerade zu schauen, selbst wenn es unter seiner Maske niemand mitbekam. Es war wohl doch ein Fingerhut mehr gewesen als gut für ihn war. „Ich geh' nochmal nach ihr schau'n, in Ordnung?“, erkundigte sich der rothaarige Hüne. Als interessierte es ihn sonst, wenn er eigenständig handelte. Natürlich durfte er in Killers Augen tun und lassen, was er wollte. Deshalb war er ja der Boss. Doch in jenem trunkenen Moment fragte er instinktiv nach der Meinung des Massakersoldaten, der nach Sekunden der Überlegung zustimmte. „Mach das, ich gehe ins Bett.“ Schwerfällig erhob sich der Klingenkämpfer von seinem Platz und nahm die leeren Flaschen mit sich. Alle beide hatten sie gekippt heute Nacht. Wo Killer erst doch nicht gewollt hatte. Wo er doch mehr gehört hatte als erwartet. Seltsames. Erlösendes. Sein Cheffe, er wusste um seine Leidenschaft für dessen Frau. Und er war nicht sauer. Er war immer noch sein Freund. Das war wohl als größter Erfolg des Abends zu verzeichnen. Und jetzt wollte er nur noch in die Koje. Die Prozente lagen gerne ruhig. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)