Peaks von Akinara (Wir Haben Es Immer Auf Die Spitze Getrieben) ================================================================================ Kapitel 1: Arena - Im Sabao Dome -------------------------------- The road I walk is paved in gold To glorify my platinum soul I'll buy my way to talk to god So he can live with what I'm not The selfish blood runs through my veins I gave up everything for fame I am the lie that you adore I feed the rich and fuck the poor I got, you want It's just don't stop I got, you want It's just don't stop This is entertainment Lies are entertainment You are down on your knees Beggin' me for more „Shishi“ Das bekannte Säuseln jagte mir einen unangenehmen Schauer über den Rücken. „Komm, es ist Zeit. Mach dich fertig!“ „Nenn mich nicht so!“ Ich hasse das, hängte ich in Gedanken an. Das alles. Zähneknirschend setzte ich mich an den Tisch mit dem Spiegel. Routine kehrte ein und ich begann, mich anzumalen. Die Fassade aufzulegen für die tägliche Blenderei. Grundierung brauchte ich keine, ich war von Natur aus so blass, wie es den Herrschaften gefiel. Ich verzichtete auf Rouge und Lippenstift, nur die Augen, meine großen, grünen Augen betonte ich. Mit Kajal, Wimperntusche und etwas dunklem Lidschatten. Das lange, brünette Haar mit den vielen, verschiedenen Nuancen ließ ich offen, sodass es mir zum Teil ins Gesicht fiel. Umso weniger musste ich sehen. Und gesehen werden. Ja, leider interessierte sie nicht nur mein Körper. Leider sahen sie mir auch ins Gesicht. Und selbst ein Blinder hätte den betäubten Ausdruck darin erkannt. Doch was kümmerte es die Gaffer? Vermutlich sponnen sie sich Geschichten zusammen. In ihren Fantasien war meine stille Starre vielleicht so etwas wie verträumte Melancholie oder reizvolle Unantastbarkeit. Doch nichts dergleichen stimmte. Ich war es leid. Mein Leben, dieses Dasein. Ich war seit Jahren hier und es schien, als hätte es nie ein Leben davor gegeben. Meine Vergangenheit hatte ich vergessen. Ich wusste nicht, woher ich kam, wer meine Familie war, wer ich war. Es gab nur diese Welt, eine grausame, groteske Verzerrung, widerwärtig und korrupt. Jeden Tag musste ich tanzen, mich bewegen zu den sinnlichen Klängen orientalischer Musik. Jeden einzelnen Tag. Dann füllte sich der Dome und hunderte gieriger Augenpaare starrten mich und die anderen Mädchen an. Wir alle waren Sklavinnen, Tänzerinnen, die nicht auf den gewöhnlichen Human Auctions oder in den Human Shops zu finden waren, nein. Wir wurden, wenn überhaupt, viel teurer verkauft. In Shows, die Abend für Abend zahllose Neugierige in den Sabao Dome lockten, wurden wir dem Publikum präsentiert. Ab und an gab sich jemand aus der Oberschicht die Ehre und besuchte die Vorstellung. Dann wählte er sich eine der Schönheiten aus, bezahlte einen horrenden Preis für sie und verschwand mit seinem neuen Besitz. Disko war clever. Er wusste den maximalen Gewinn aus seinen Mädchen zu schlagen und ging stets nur auf die großzügigsten Angebote ein. Nur mich hatte er nie verkauft. Ich war zu wertvoll. Sein Juwel. Er sagte stets: „Shishi, sie kommen nur wegen dir. Du bist meine Göttin“ Ha, Göttin! Gefesselt und geknechtet war ich. Eine junge Frau als Spielzeug der Reichen. Gewalt war nicht Diskos primäres Werkzeug, uns zu dressieren, doch er wandte sie durchaus nicht selten an. Besonders bei mir, wenn ich mal wieder widerspenstig oder spitzzüngig war. Dabei schlug er niemals ins Gesicht, auf den Bauch oder den Rücken. Durch die Gewänder, die wir zum Tanzen trugen, wäre allzu viel davon sichtbar gewesen und das schadete dem Ruf. Niemand durfte die Vollkommenheit und Unantastbarkeit seiner Mädchen anzweifeln, darauf beruhte sein ganzes Geschäft. Daher schien es auch nahe liegend, dass er selbst das Gerücht in die Welt gesetzt hatte, dass all seine Engel noch Jungfrauen waren. Schwachsinn. Reiner Schwachsinn. Ich wusste, was wirklich abging. Selbst wenn ein Mädchen noch unberührt hierher gebracht wurde, sie blieb es nicht lange. Nicht, dass er sie Fremden anbot, nein. Nur er und seine lächerlich verkleideten Helfer durften Hand an uns legen. Und das taten sie gern und oft. Nachdem sich abgezeichnet hatte, dass ich mich zum Publikumsliebling eignete, hatte Disko dann beschlossen, allen anderen den Zugang zu mir zu versagen und nur noch sich selbst Besuche zu gestatten. Das machte es aber nicht besser. Ich legte das seidene, blattgrüne Gewand mit den goldenen Verzierungen an und stand auf. Ich wusste, dass ich bald raus musste. Dann würde ich wieder lautlos über die Bühne tanzen, eingehüllt von den hauchdünnen Schleiern, die sich nur über den Brüsten und vom Bauchnabel abwärts zu undurchsichtigem Stoff verdichteten. Umgeben von den schimmernden Tüchern und dem glitzernden Gold meines Schmuckes würde ich mich in der Musik wiegen und dem Meister volle Taschen verschaffen. ~ "Mist!", dachte ich. So ein verdammter Mist. Da mühte man sich den ganzen Weg hierher zu diesem verfluchten Archipel und jetzt... War der Alte mit seiner Werkstatt doch tatsächlich umgezogen. 'Die Marine!', ha! Dass ich nicht lachte. Seit wann kümmerte sich ein Mann wie Silvers Rayleigh um die Marine? Dass er nicht mehr hier war, würde uns Monate kosten. Mein Captain war ungehalten, aber aus irgendeinem Grund kam er recht schnell über diesen Rückschlag hinweg. Er schien etwas anderes vorzuhaben. Wir trafen reichlich spät im Sabao Dome ein. Die Vorstellung, in die uns der Captain Gott weiß warum schleppte, erreichte gerade ihren Höhepunkt. Die wunderschöne, junge Tänzerin, die auf den Plakaten überall vom Hafen bis hierher zu sehen war, trat in das gedämpfte Scheinwerferlicht. Sie war der Hammer. Alle Augen im Zuschauerraum klebten an ihren Hüften, an ihrem Haar, an ihren Händen, als sie sich zu bewegen begann. Geschmeidig wie eine Katze folgte sie der Musik und ihr Körper schien zu fließen. Ab und an war in dem Wirbel aus Seide und Tüll ein Schimmern ihrer hellen Haut zu sehen, verschwommene Konturen des erregenden Körpers zu erahnen. Geschickt, sehr geschickt das Ganze. Ich musste mir Mühe geben, den Blick von der Bühne abzuwenden und beugte mich zum Captain. Lässig an die Wand gelehnt verfolgte er das Spektakel und fragte grinsend: „Na, gefällt's dir?“ Ich verzichtete darauf, zu antworten und fragte stattdessen: „Das hier ist keine Auktion, oder?“ „Nicht offiziell. Aber du wirst schon sehen, hier kriegen wir genau das, was wir wollen.“ Ich war ein wenig verwirrt. Wir suchten doch nach 'frischem' Material, wie mein langjähriger Nakama so charmant formuliert hatte. Aber was gab es hier schon zu holen? Ich schaute ihn an. Er wusste trotz meiner gewohnten Wortlosigkeit genau, was mir durch den Kopf ging. Sein Lächeln wurde breiter und ohne den Blick von der Bühne zu lösen, antwortete er. „Ich will sie!“ Ich stutzte und schaute wieder nach vorn. Natürlich stellte ich seine Entscheidung nicht in Frage, wunderte mich aber doch, was mein Boss mit dem Mädel da vorhatte. Es war zu bezweifeln, dass er einfach Lust auf das schöne Fleisch hatte und sie sich deshalb unter den Nagel reißen wollte. Obwohl er in Sachen Optik recht anspruchsvoll war, schien er nicht der Typ, der für einen Ritt so viel Aufwand betrieb. Es musste einen anderen Grund geben. „Warum sie?“, flüsterte ich. Er ließ sich Zeit mit der Antwort, beobachtete noch immer mit scharfen Blick die junge Frau und raunte schließlich: „Schau mal genau hin. Siehst du den Ring um ihren Hals?“ Ich blinzelte und strengte mich an, im Halbdunkel und dem Rausch ihrer Bewegungen etwas zu erkennen. „Das ist Seestein. Er bändigt sie.“ Jetzt begriff ich. „Teufelskräfte?!“ Der Captain nickte. „Ich weiß noch nicht, welche es sind. Aber das werden wir bald herausfinden.“ Ich sah nachdenklich zur Bühne hin, bis sich mir die nächste Frage aufdrängte. „Wirst du sie kaufen?“ Zum ersten Mal löste der Boss die Augen von dem Mädchen und sah mich schief an. Es bedurfte keines weiteren Wortes. Er schaute wieder nach vorn und sagte mit selbstsicherem, vorfreudigen Lächeln. „Ich werde sie stehlen!“ Den Rest des Tanzes verfolgten wir wortlos, man konnte sich wirklich kaum sattsehen und als schließlich die Musik verklang, tobte das Publikum. Die Schöne verbeugte sich ohne eine Miene zu verziehen und wollte hinter dem Vorhang verschwinden, als ich den Captain murmeln hörte. „Na, sieh mal einer an. Sankt Charlos.“ Überrascht folgte ich seinem Blick und entdeckte tatsächlich den feisten Weltaristokraten in der Loge. Er hatte sich erhoben und augenblicklich eilte der Veranstalter, ein ziemlich schräger Vogel, herbei. Sie führten ein kurzes Gespräch und der ältere Mann mit dem Hut und dem Kleid verbeugte sich untertänigst vor dem fetten Kerl. Dann sprach er ins Mikrofon. „Sehr geehrte Zuschauer, soeben hat sich der hochwohlgeborene Sankt Charlos“ , er machte eine übertriebene Geste und verneigte sich abermals, „entschieden, meine liebe Shishi zu seiner Frau zu machen. Herzlichen Glückwunsch! “ ~ Die letzten Worte gingen in den begeisterten Rufen und Pfiffen des Auditoriums unter. Ich fluchte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)