Nightcrawl von abgemeldet (Das ganz und gar nicht mystische Internat) ================================================================================ Kapitel 1: Es ist ein bisschen wie Monopoly ------------------------------------------- Autor: KaoTec Genre: Shonen Ai, Kraftausdrücke, Romance, evtl. später auch Lemon Disclaimer: Alle Charaktere sowie ihre Hintergrundgeschichten gehören mir und somit auch die Rechte. Sollte jemand die Charaktere für Doujis, Fanarts oder was auch immer verwenden wollen fragt mich vorher. Ich reagiere leider alles andere als Entspannt wenn man mein Eigentum entwendet und/oder es als seines ausgibt :) __________________________________________________________________________ Das Internat Nightcrawl. Entgegen allen Erwartungen ist dieses Internat nicht der Treffpunkt von glitzernden, chronisch depressiven Vampiren oder muskelbepackten Werwölfen sondern eher eine Ansammlung menschlicher Hinterlassenschaften und Unfälle. In Nightcrawl wird alles abgeladen für das man keine Verwendung hat. Das es sich hierbei um Menschen mit Gefühlen handelt ist nicht so wichtig und eher eine Art Nebensache. Wäre das hier ein gemischtes Internat würde es vermutlich nur so vor heimlichen Schwangerschaften und Geburten wimmeln. Die Leute hier sind frustriert und suchen Ventile um ihren Frust abzubauen. Und jeder hat so seinen eigenen Weg. Da gibt es die Typen die alles und jeden hassen, diejenigen die gar nichts hassen und eher einem Friedenschor gleichen, die die ihren Frust in Sport abbauen und die arroganten Typen die sich für den Mittelpunkt der Erde halten wenn es ihre Eltern schon nicht tun. Ich habe da so meinen eigenen Weg gefunden. Ich sehe das Ganze hier eher als eine Art Bewährungsprobe. Es ist wie bei Monopoly. Du sitzt im Gefängnis und musst eben eine Runde aussetzen bis du wieder die Chance hast weiter zu machen. Vielleicht kompensiere ich den Druck deshalb anders, indem ich mit dem ein oder anderen Typen mal im Bett lande, das aber nur symbolisch gesehen denn in meinem Bett landet keiner. Ich bin da ziemlich offen und der Ort dafür ist mir egal, solang es nicht mein Bett ist. Mein Name ist Touji Nikura, ich bin 19 Jahre alt und lebe seit fast fünf Jahren in Nightcrawl. Ich hab wirklich schon alle möglichen Jungs hier rein und raus gehen sehen, manche auch mit den Füßen voran, aber man gewöhnt sich an alles. Wenn man hier kein dickes Fell hat geht man schneller drauf als einem lieb ist, und das ganze nennt man dann Eliteinternat und zieht den Erzeugern keine Ahnung wie viel aus der Tasche. Ich denke sowieso das es den Eltern egal ist wie viel sie hierfür hinblättern müssen, Hauptsache wir sind aus dem Weg und sie können ihr Leben einfach so weiter leben. Zumindest ist es bei meinen Eltern so. Meine Mutter kenne ich überhaupt nicht denn die hat sich direkt nach der Geburt aus dem Staub gemacht um mich nicht ertragen zu müssen. Mein Vater, der große Boss einer Softwarefirma, war sowieso nie da. Zu meinem 14. Geburtstag bekam ich das erste Geschenk von ihm, meine Verschiffung von Tokyo nach Cincinnati und den spannenden Aufenthalt im vier Sterne Hotel Nightcrawl. Und alles nur wegen Peggy, seiner damals 18-jährigen Freundin. Wenn ich schon daran denke das die Tante nur vier Jahre älter ist als ich wird mir schlecht, vor allem weil ich die Meinung vertrete das ich besser zu ficken bin als sie, auch wenn das im Bezug auf den eigenen Vater vermutlich ziemlich abartig klingt. Ich habe ihn seit meiner Einlieferung hier her auch weder gesehen noch gesprochen und es ist auch nicht so als ob er mir ab und dann mal eine Karte schicken würde. Den letzten 'Kontakt' hatten wir, als ich ihm in einer Beileidskarte inklusive schwarzem Umschlag mitgeteilt habe das ihn zwei Säcke Zement und ein Trip ans Meer weniger gekostet hätten um mich los zu werden. So gesehen weiß ich also nicht ob er tatsächlich noch so attraktiv aussieht wie ich ihn in Erinnerung habe oder ob er inzwischen dick wie eine Tonne ist und die arme, zierliche Peggy ihn durch die Villa rollen muss wenn er zum Pool will. In einem Internat für Jungs schwul zu sein ist übrigens gar nicht so einfach. Zumindest nicht wenn man wert darauf legt das es niemand mitbekommt aber trotzdem seinen Spaß haben will. Ich für meinen Teil habe meine eigene Methode dazu entwickelt. Niemand, wirklich niemand gibt in so einem Ambiente gerne zu das er auf Kerle und deren Vorzüge steht, was die ganze Sache für mich im Prinzip nur einfacher gestaltet. War ich also mit jemanden Zugange, vollkommen egal ob einmal oder mehrmals, steckt derjenige genauso in der Klemme wie ich, vermutlich sogar mehr. Es ist nämlich nicht so als würde ich mich schämen schwul zu sein, es ist eher so das ich es damit meinen Intimpartnern leichter mache so das sie nicht seltsam angestarrt oder verdächtigt werden schwul zu sein nur weil sie mit mir reden, auch wenn wir am Ende doch eine Nummer schieben. Im Gegenzug dazu brauche ich mir keine Sorgen zu machen das mein kleines Geheimnis auffliegen und ich dadurch Stress haben könnte, denn wer würde schon rum erzählen ich sei schwul wenn er nicht vernünftig Begründen könnte woher er das weiß? Und so war mein Leben perfekt, oder zumindest so perfekt wie es gerade halt sein konnte abgesehen von meinem unterirdischen Notendurchschnitt der nur durch die Fächer Computerwesen und Sport über Wasser gehalten wird. Zumindest war alles perfekt bis ich ihm über den Weg lief, oder eher bis er mir einfach vor die Nase gesetzt wurde. Es war ein Mittwoch und wie jeden Mittwoch bestand die erste Stunde daraus zu überprüfen wer abwesend war und ob wir den Stoff der letzten Woche in unseren Köpfen behalten hatten. Ich war dabei ein schmutziges, zerknülltes Zettelchen zu beantworten, das mir Eric an den Kopf geworfen hatte und in dem er nach fragte ob ich heute noch Zeit für ihn hätte, denn er sei scharf. Wenn ich ehrlich bin habe ich überhaupt nicht darauf geachtet was unser Lehrer der vorne am Pult stand erzählte, weil ich viel zu sehr mit dem Zettel beschäftigt war. Erst als mein Name fiel horchte ich auf, aber da war es schon zu spät und der Teufel in Menschengestalt hockte sich neben mich und musterte mich mit einem Blick der sagte: Ich bin was besseres als du, also warum sitzt du hier? Eine Weile starrte ich ihn an, ehe ich seinen Blick bemerkte und meinen Arm über den Zettel legte, aber ich bildete mir ein ein spöttisches Aufblitzen in seinen Augen zu bemerken, was für mich nur eine Sache bestätigte: Ich hasste ihn! Seit diesem wundervollen kennenlernen sind inzwischen fast sechs Monate vergangen und unser Verhältnis, falls man das so nennen kann, ist nicht unbedingt besser geworden. Ich hasse ihn nach wie vor und einfach alles an ihm. Wie er geht, spricht, sitzt, steht, isst, atmet, einfach alles. Im Gegenzug denke ich das er dasselbe für mich empfindet. Es ist dieses typische und klischeehafte erste Zusammentreffen das man auch in so vielen Filmen sieht und man weiß sofort: Ich hasse dich, und werde es auch den Rest meines Lebens tun! Dabei ist es nicht einmal so als hätten wir je miteinander geredet, das haben wir nämlich nicht. Abgesehen von seinem nicht gerade originellen Spruch ob die Metalldetektoren bei meinen ganzen Piercings nicht anschlagen würden und meiner Erwiderung das der Spruch schon lang um die Ecke sei. Das ist jetzt zwei Monate her. Warum ich das so genau weiß, weiß ich selbst nicht einmal. Im Gegensatz zu vor einem halben Jahr hat das Übel mittlerweile nicht nur ein Gesicht sondern auch einen Namen. Kai Jamsy, 18 Jahre alt, gebürtig in Amerika, 1,82m groß, schwarze Haare, graue Augen und einer der Typen die ihren Frust beim Sport los werden. Ich hasse ihn immer noch, aber das ist nicht so schlimm denn immerhin wird er vom Rest der hier anwesenden Jungs geliebt und verehrt. Ich nehme das einfach an, weil ich bis jetzt noch niemanden getroffen habe der meine Gefühle für ihn teilt. Außer mein Zimmergenosse Mac, der übrigens nicht wie der Computer heißt weil er eine super Leuchte ist, sondern weil sein Vorname unaussprechlich ist und Mc Kinsey zu lang. Mac versteht mich, zumindest behauptet er das während er mir keine Minute später erzählt das ich mich da zu sehr rein steigere. Das sagt er aber auch nur, weil er als einziger weiß das ich auf Kerle stehe. Das Mr. Obercool eventuell den Zettel gelesen hat und es auch weiß, was ich nicht weiß macht mich fertig, Laut Mac gibt es keinen Beweis dafür das der Vollpfosten es wissen könnte, aber ich trau der ganzen Sache einfach nicht weshalb ich mich in letzter Zeit etwas von meinem Vergnügen zurück gezogen habe und auch dementsprechend gelaunt bin. "Touji, hörst du mir überhaupt zu?" Als ich Marvin ansehe, der mit mir in die Musik AG geht, und seinen strafenden Blick zur Kenntnis nehme, oder was er zumindest für strafend hält, grinse ich nur schief. "Ne, aber erzähls mir einfach nochmal." Marvin rollt mit den Augen und murrt vor sich hin während er sich durch die roten Locken auf seinem Kopf fährt. Marvin kommt aus Irland und ist der Sohn irgendeines Abgeordneten. Wieso und warum ihn seine Eltern hier her verschifft haben darüber will er nicht reden und ich akzeptiere das so. Trotzdem erinnert mich Marvin mit seinen roten Locken und der ständig roten Knubbelnase immer irgendwie an ein Schaf, weshalb ich ihn manchmal einfach 'Schäfchen' nenne was ihn angeblich ziemlich aufregt. Ich nehme das allerdings nicht ernst weil er immer lächelt wenn ich ihn so nenne. Ich bin nicht der Typ dafür Andere glücklich zu machen, weil ich einfach zu direkt bin. Aber das heißt nicht das es mich nicht freut wenn ich es doch mal hinkriege. "Ich sagte ob du dich lieber zu den Anderen darüber setzen willst, so wie du Kai anstarrst." Hustend weil ich mich an meiner Cola verschluckt habe versuche ich wieder zu Luft zu kommen ehe ich Marvin einen meiner Mörderblicke schenke und ein abfälliges Geräusch von mir gebe. "Nein, will ich nicht. Und ich starre ihn nicht an." "Glaub mir, das tust du. Aber es ist noch schlimmer als angenommen wenn du es nicht mal bemerkst." "Alter mal ehrlich, was sollte ich von dem wollen? Seinen Kopf auf einem Spieß mal ausgenommen. Du spinnst doch.", murre ich vor mich hin und drehe das Glas mit der Cola in meinen Händen hin und her. "Keine Ahnung, vielleicht das Referat das ihr morgen abgeben müsst." Mein Gesichtsausdruck muss Bände sprechen da Marvin das Gesicht verzieht und jetzt aussieht wie ein verzweifeltes Schaf. "Du hast es nicht? Mensch Touji, wenn du noch einmal nichts abgibst wirst du in der Hölle schmoren. Du wirst den Nachhilfekurs am Nachmittag auch noch belegen müssen in dem auch Kai ist. Das wars mit der Musik AG. Und außerdem..." "Ich habs verstanden!" Vielleicht war das ein bisschen lauter als beabsichtigt, aber ich bin gerade enorm verzweifelt. Denn wie ich ein Referat von mindestens dreißig Seiten über den zweiten Weltkrieg in nur einer Nacht zusammen schustern soll ist mir vermutlich noch ein größeres Rätsel als Marvin. Und ich hasse Rätsel! "Außerdem...." fährt Marvin ungerührt fort, "...steht er hinter dir." "Wer?" frage ich während ich mich gleichzeitig umdrehe und froh bin weder Trinken noch Essen im Mund zu haben, da das bestimmt auf Kais neuem und babyblauen Adidasshirt gelandet wäre. Warum Mr. Charming auf einmal hinter mir steht will ich lieber gar nicht wissen, und auch wenn ich mich wirklich ernsthaft erschrocken habe bin ich doch intelligent genug mir nichts anmerken zu lassen sondern mich stattdessen wieder umzudrehen und mein Glas auf Ex zu leeren ehe ich aufstehe und meine Tasche schnappe. "Bist du dir sicher das du das schaffst?" hakt Marvin nach und ich nicke geistesgegenwärtig einfach nur, auch wenn ich nicht die geringste Ahnung habe wie ich das bewerkstelligen soll. Es ist nicht so als wäre ich dumm, meine Intelligenz beschränkt sich einfach nur auf Computer, Musik und Sport, was ja nichts verwerfliches ist. Nur eben sehr nachteilig. "Da flirtet er erst mit mir und jetzt werde ich eiskalt abserviert!", ruft Kai zu seinem Tisch hinüber während ich an ihm vorbei gehe um zu meinem Zimmer zu kommen. "Mit dir flirten? Nie im Leben!", kontere ich trotzdem über die Schulter während ich ihm den Mittelfinger zeige und im Flur verschwinde. Und ich bin mir sicher er weiß es! Er weiß das ich auf Kerle und diverse andere Dinge stehe! Oder aber er hat nicht die geringste Ahnung und das gerade war einfach nur Zufall weil ihm nichts besseres eingefallen ist um mir auf den Sack zu gehen. Auf dem Weg zu meinem Zimmer hatte ich eigentlich beschlossen Mac davon zu erzählen, auch wenn dieser mir wieder nur sagen würde ich würde mich da zu sehr rein steigern. Aber mit irgendwem musste ich wohl oder übel darüber reden, wenn ich keine Lust hatte in nächster Zeit ein Tagebuch anzufangen und meine Memoiren nieder zu schreiben auf das jeder Pfosten sie lesen konnte der sie in die Finger bekam. Dummerweise war Mac nicht da und auf meinem Bett fand ich auch lediglich einen Zettel mit den Worten 'Könnte spät werden. Warte nicht auf mich. Mac'. Also nicht nur das sich das für mich liest wie ein Zettel den eine liebende Ehefrau hinterlassen hat, frage ich mich seitdem was mit 'Warte nicht auf mich.' gemeint ist, denn ich habe noch nie auf Mac gewartet, selbst dann nicht wenn er mich darum gebeten hat. Während ich also wenigstens versuchen sollte so etwas wie ein Referat zustande zu bekommen, denke ich darüber nach was Mac mit dem komischen Zettel gemeint hat und ob der Teufel nun weiß das ich schwul bin oder eben nicht. Vielleicht weiß er es wirklich nicht und Mac hat ein einziges Mal in seinem Leben recht und ich steigere mich zu sehr in die ganze Sache rein. Könnte ja sein. Ich bin nicht gerade eine ruhige Person, die meiste Zeit bin ich aufbrausend und laut und Geduld hab ich ebenfalls nur begrenzt. Also vielleicht seh ich einfach nur schon Gespenster. Praktisch wäre es natürlich wenn ich richtige Gespenster sehen könnte und mir Hitler persönlich vom Krieg erzählen würde, dann müsste ich mich nicht durch ganz Google inklusive Geschichtsbuch arbeiten. Andererseits will ich den Typen gar nicht in meinem Zimmer haben, also ist es wohl ganz gut das ich keine Geister sehen kann. Wenn ich so auf die Uhr schaue bin ich mir sicher das ich ein Jahr länger diesem Luxus frönen darf den mir Nightcrawl zur Verfügung stellt, denn ich werde definitiv durch fallen. Es ist kurz nach elf und ich habe außer der Überschrift nicht einen einzigen Satz zustande gebracht. Erstens weil ich in Referaten wirklich dumm wie ein Meter Feldweg bin und Zweitens, weil ich gar nicht weiß womit ich anfangen soll. Das ist wie wenn man von mir verlangt mein Zimmer aufzuräumen. Ich laufe planlos durch die Gegend weil ich mich nie entscheiden kann wo ich anfangen muss und das Ganze endet dann in einem mittelschweren Chaos. Als es an der Tür klopft ignoriere ich es zuerst. Mac ist nicht da und ich habe keine Lust gestört zu werden, auch wenn ich nichts wirklich sinnvolles produziere. Aber nachdem das Geklopfe, wer auch immer diese Geduld hat, auch nach fünf Minuten nicht aufhört stehe ich doch auf und stampfe geräuschvoll zur Tür die ich mit einem "Was ist denn?" aufreiße, ehe ich beschließe die Klappe zu halten und mein Gegenüber eine Weile schweigend anstarre, ehe ich lächle und ihm die Tür vor der Nase wieder schließe. Auf dem Weg zum Schreibtisch schüttle ich kurz lachend den Kopf, weil mir dieses Referat anscheinend wirklich den letzten Nerv raubt wenn ich mir jetzt schon einbilde das Mr. Obercool Kai vor der Tür steht. 2 Minuten. 5 Minuten. 10 Minuten. 13 Minuten. Ich werd mit diesem Referat niemals fertig, wenn ich immer noch keinen einzigen Satz Zustande gebracht habe. Also werde ich diesen verdammten Zusatzkurs belegen müssen, auch wenn ich nicht die geringste Lust darauf habe. "Ach, leckt mich!", rufe ich aus während ich mich in meinem Schreibtischstuhl nach hinten fallen lasse und an die Decke starre. "Nein, Danke." ertönt es hinter mir ehe sich ein Gesicht über meins schiebt und mein Kopf vor Schreck nach vorne schießt was mit einem dumpfen Geräusch belohnt wird während ich vor Schmerz das Gesicht verziehe. Kapitel 2: Besteck mag mich nicht --------------------------------- "Aua...verdammte Scheiße!", fluche ich während ich mir die schmerzende Stirn halte und mir ausmale wie ich am nächsten Morgen als das letzte Einhorn durch die Schule laufen werde. Vielleicht sollte ich dabei auch die Lieder aus dem Film zum Besten geben um das Ganze authentischer zu gestalten. "Gleichfalls." kommt es zurück und ich drehe mich halb um, um den Übeltäter strafend anzusehen. Dieser steht da, auf Macs Pokemonteppich, und betastet seinen rechten Wangenknochen. Mich tröstet die Vorstellung unheimlich das er vermutlich ein blaues Auge haben wird wenn ich als das letzte Einhorn in die Wochengeschichte der Schule eingehe. Denn die Geschichte der Schule ändert sich wöchentlich, weswegen es unheimlich schwer ist in deren dauerhafte Geschichte einzugehen. Außerdem lenkt mich dieser lächerliche Gedanke von dem Offensichtlichen ab. Nämlich der Tatsache warum zur Hölle Mr. Obercool in meinem Zimmer steht. Aber anstatt sich zu erklären schaut er sich im Zimmer um und hebt eine Augenbraue als sein Blick an meinem Bett kleben bleibt. Ich gebe ja zu das ich nicht gerade der ordentlichste Mensch auf diesem Planeten bin, aber es ist trotzdem nervig wenn jemand so offensichtlich auf das Chaos von Klamotten, Makeup, Büchern und sonstigem Kram starrt der sich halt so auf einem Bett anhäuft. "Was willst du? Und vor allem, wie zum Teufel bist du hier rein gekommen?" Beides Fragen die ich durchaus für angebracht halte im Anbetracht der Tatsache das ich nicht mal bemerkt habe wie er hier rein gekommen ist. So viel Glück das es nur eine Halluzination ist scheine ich nicht zu haben, denn für gewöhnlich durchwühlen Halluzinationen nicht dein Bücherregal. "Mh, nichts bestimmtes. Ich wollte nur mal sehen wie du mit dem Referat voran kommst." Offensichtlich überhaupt nicht, und ich bin mir ziemlich sicher das er dass ganz genau weiß. Ich befürchte nämlich das dieser Vollidiot schon länger hier rum steht als mir lieb ist, und das gefällt mir nicht. Und weil ich mir da ziemlich sicher bin schweige ich einfach, kremple die Ärmel meines Pullovers nach oben und stehe auf. "Ich könnte dir natürlich helfen, aber so uneigennützig bin ich nicht." Auf diese Aussage verdrehe ich lediglich die Augen und reiße ihm den vierten Band von Sugar*Soldier aus der Hand den ich wieder zurück ins Regal schiebe und ihm auf die Finger klopfe als er nach dem nächsten Manga greift. "Ich bezweifle das ich deine Hilfe brauche.", kommentiere ich die vorige Aussage und packe ihn an den Schulter um ihn ein paar Schritte vom Regal weg zu bugsieren. Wenn Mac und ich etwas gemeinsam haben, dann ist es das wir es nicht leiden können wenn man ungefragt in unser 'Otaku Revier' eindringt und ungefragt unsere Sachen antatscht. Im Gegensatz zu Mac bin ich zwar kein Hardcoreotaku, aber zumindest nah genug dran um zu wissen was in seinem Kopf vorgeht wenn wir uns auf einen Anime geeinigt haben. "Tatsächlich?" Allein schon diese Frage mit diesem arroganten Grinsen und es ist alles aus. Ich weiß das ich dazu neige schnell in die Luft zu gehen und die Kontrolle zu verlieren. Aber für gewöhnlich muss ich dafür über einen längeren Zeitraum provoziert worden sein, oder aber es muss etwas schwerwiegendes sein wie zum Beispiel meine kleine Schwester an zu fassen. Bevor ich es überhaupt selbst bemerke schmerzen meine Handknöchel und Kai liegt am Boden wo er, Gott bewahre, auf Macs Pokemonteppich blutet während er sich die Nase hält. "Zur Hölle, schieb dir deine Arroganz sonst wo hin!" knurre ich und verenge meine Augen zu Schlitzen. Ich kann nicht einmal sagen warum er mich so wütend macht, aber es nervt mich. Seine ganze Art geht mir dermaßen gegen den Strich das ich die Wände hoch laufen könnte, und ja, ich denke ihm macht das Spaß. Seltsamerweise kommt kein Konter, aber vielleicht tut seine Nase auch zu weh um zu reden. Mir soll es recht sein, denn ich bin wirklich froh wenn er einfach mal die Fresse hält. Anstatt also irgendwas zu sagen oder auf mich los zu gehen, denn immerhin ist er einen Kopf größer als ich, steht er lediglich auf und wirft mir etwas entgegen das ich auffange, und das sich als Macs Zimmerschlüssel heraus stellt. Somit ist also das Rätsel gelöst wie er hier rein gekommen ist. Ich bekomme noch einen giftigen, und doch irgendwie arroganten, Blick geschenkt ehe er mir den Gefallen tut und einfach verschwindet. Und nun stehe ich vor dem Problem das Macs Teppich voll Blut ist und ich keine Ahnung habe wie ich ihm das erklären soll, abgesehen von der Tatsache das ich keinen blassen Schimmer habe wie man Blutflecken aus Teppichen entfernt. Außerdem frage ich mich immer noch, was Mr. Obercool eigentlich wirklich wollte, denn ich bin überzeugt davon das er nicht meinen Fortschritt im Referat prüfen wollte. "Lass den Kopf doch nicht so hängen. Immerhin ist es nur für ein Jahr." Ich weiß ja das Marvin mich aufmuntern möchte, aber ich möchte ihm gerade das Tablett mit meinem Essen drauf in die Visage donnern. Marvin hat einfach nicht die geringste Vorstellung wie man sich fühlt wenn man einen Zusatzkurs belegen muss, weil man es mal wieder nicht geschafft hat ein Referat abzugeben. Und als ob mir das nicht schon für heute reichen würde, war das erste was ich sah als ich die Mensa betrat Kai der mit seinen Kumpels herum scherzte und ein schickes Pflaster auf der Nase trug. Zumindest letzteres animierte mich dazu zu grinsen als ich an ihm vorbei lief und das Pflaster mit "Schick, schick!" zu kommentieren. Ich konnte es einfach nicht lassen, Erstens weil es Kai war und Zweitens, weil das Pflaster gelb war und mit Katzen bedruckt war. Aus eigener Erfahrung weiß ich das die Krankenstation hier nur solche lächerlichen Pflaster besitzt, aber ich konnte meine Klappe trotzdem nicht halten, weil er es einfach verdient hat. Der Blick den ich von ihm bekam hatte es wirklich in sich, vorausgesetzt ich wäre leicht einzuschüchtern. Kai hat graue Augen. Kein normales grau sondern ein helles grau mit einem dunkelgrauen Rand. Und wenn Kai wütend wird, werden seine Augen heller und dieses hellgrau erinnert mich immer an einen Schneesturm. "Touji!" Mein Blick wandert zu Marvin der genervt aufstöhnt, weil er weiß das er alles nochmal wiederholen darf da ich ihm mal wieder nicht zugehört habe. "Ich hab dich gefragt ob du verknallt bist." Blinzelnd sehe ich Marvin an, ehe ich das Gesicht verziehe und ihm gegen die Stirn schnippe. "Du spinnst doch! In wen denn?!" "Keine Ahnung, aber du schleichst dich doch oft genug raus, vielleicht hast du da ja eine kennengelernt." Ich weiß beim besten Willen nicht was Marvin sich vorstellt, aber ich schleiche mich nachts garantiert nicht raus um irgendwelche Weiber auf zu reißen, sondern um meinen Spaß zu haben. Und zwar mit Jungs. Andererseits weiß er das nicht und ich werde einen Teufel tun und ihm das mitten in der Mensa auf die Nase binden. Mal abgesehen davon das es mir schleierhaft ist wie man hier an irgendwen ran kommen soll der nicht zum Internat gehört. Zwar gehört Nightcrawl rein technisch gesehen zu Cincinnati, aber praktisch gesehen muss man erst einmal zwanzig Meilen zu Fuß überwinden um in diese Stadt erst einmal zu gelangen. Einen Bus gibt es nicht. Die einzigen Busse die hier her fahren sind die mit den neuen 'Insassen' und die, die die Volljährigen wieder in die freie Welt bringen. Auch wenn sich Nightcrawl als Eliteinternat schimpft und es für die meisten vermutlich auch ist, man muss sich nur Marvin anschauen, ist es für mich nichts anderes als ein Käfig in dem ich noch zwei Jahre versauern muss. Und das zusammen mit Leuten die ich auf den Tod nicht leiden kann. Mac und Marvin sind da zwar Ausnahmen, genauso wie Eric und ein paar andere Kerle mit denen ich ins Bett gesprungen bin, aber am Ende ist es so das ich mit 95% der Leute hier entweder nichts anfangen kann oder sie mir auf den Geist gehen. "Marvin, ich treibe mich auf dem Campus herum um zu rauchen und zu trinken. Ich habe niemanden kennengelernt." Eigentlich sollte ich in diese Aufzählung noch 'und ich tu nicht jugendfreie Dinge' hinzufügen, aber das wäre ein Eigentor. "Oh...achso. Ich weiß ja das du rauchst. Manchmal rauchst du auf dem Jungenklo nach dem Sportunterricht eine. Und als ich letztens bei dir war, war dein ganzes Zimmer zu genebelt." "Nein, das waren Macs Räucherstäbchen.", widerspreche ich sofort, denn immerhin ist es wahr. Seit Mac in irgendeinem Anime gehört hat dass das entspannend wirken soll, räuchert er in regelmäßigen Abständen unser Zimmer ein und erzählt mir im zwei Minutentakt das ich mich entspannen soll. Was mich im übrigen ganz und gar nicht entspannt! "Auf jeden Fall sahst du ziemlich verträumt aus.", kommt es dann und ich rolle mit den Augen bevor ich schief grinse. "Das waren dann vermutlich meine Mordfantasien." Marvin nickt wieder und runzelt dann die Stirn. "Warum kannst du ihn nochmal nicht leiden?" Irgendwie finde ich es erschreckend das er genau weiß an wen ich gedacht habe, denn immerhin ist Kai nicht der Einzige der Gegenstand meiner Mordfantasien wird. Es gibt da schon noch den ein oder anderen. Aber vermutlich liegt es daran das Kai alle anderen übertrifft und es nicht gerade ein Geheimnis ist das wir uns nicht leiden können. Woran auch immer es liegt, es nervt mich. "Er atmet.", ist meine schlichte Antwort und mein Gegenüber nickt und hält ansonsten die Klappe, was vermutlich auch besser so ist, denn ich will Marvin wirklich nicht anschreien. Aber dieses Thema, oder eher Kai im Allgemeinen, bringen mich einfach auf die Palme. Allein schon das ich angeblich 'verträumt' aussehe wenn ich die Augenfarbe dieses Idioten definiere macht mich rasend. So ein Schwachsinn! "Das hört sich grausam an." Ja, vermutlich tut es das, aber bei manchen Menschen reicht das nun mal vollkommen aus damit ich sie nicht ausstehen kann. Gerade als ich Marvin erklären will das ich im Gegensatz zu ihm völlig andere Prinzipien habe als mir den Weltfrieden zu wünschen, trifft mich etwas am Kopf und landet auf meinem Teller neben der Bratwurst und direkt im Ketchup, der spritzt und natürlich landen die Spritzer in meinem Gesicht. Marvin reißt seine braunen Augen noch weiter auf als sonst und hebt abwehrend die Hände während er irgendetwas vor sich hin stottert das mich vermutlich beruhigen soll. Sein Blick huscht von mir zu etwas hinter mir und meine Augenbraue fängt wie von selbst an zu zucken als ich auch schon Marcels widerliche Stimme höre die mir ein "Oh. Das tut mir leid." entgegen säuselt. Bei Marcel ist es wie mit Kai. Ich habe ihn gesehen und ich habe ihn gehasst. Dieselbe Arroganz, dieselbe Fehleinschätzung was ihren Wert angeht und auch dasselbe Gehabe. Es gibt nur einen grundlegenden Unterschied zwischen Marcel und Kai. Nehmen wir an wir säßen in einer Falle und ich müsste entscheiden wer überleben darf, ich würde mich ohne mit der Wimper zu zucken für Kai entscheiden. Denn der grundlegende Unterschied zwischen den Beiden ist, das Kai nicht versucht hat mich umzubringen indem er mir ein Messer zwischen die Schulterblätter jagt. Das Kai mit Marcel rumhängt hat bestimmt auch was mit meinem Hass auf ihn zu tun. Oder aber eben auch nicht. "Ich bin mir ganz sicher das es dir leid tut.", säusle ich zurück und beobachte Marcels Schatten am Boden der sich durch die ganzen Neonröhren an der Decke fast schon schwarz von dem weißen Linoleumboden abhebt. Der Schatten hebt die Hand und im Augenwinkel sehe ich Marvin wild mit den Händen fuchteln und den Mund aufreißen, vermutlich um zu schreien aber mehr als ein Quieken bekommt er nicht heraus. In dem Moment in dem Marvin quiekt halte ich still und unterdrücke den Impuls nach vorne auszuweichen, was sich als gute Entscheidung herausstellt in Anbetracht der Tatsache das ich eine Gabel am Hals hab. Zwar habe ich nicht die geringste Ahnung was Marcel heute für ein Problem hat, denn das wechselt anscheinend täglich, aber ich beschließe das jetzt der richtige Moment ist in dem ich die Klappe halten sollte. Zumindest wenn ich den Abend noch überleben und Marvin kein schwerwiegendes Trauma verpassen möchte. "Ich mag es nicht wenn man meine Leute anrührt." kommt es hinter mir und ich runzle automatisch die Stirn. Ich weiß das ich soeben beschlossen habe die Fresse zu halten, aber es ist so wie es immer ist wenn ich so etwas beschließe. Genau in diesem Moment höre ich mich meistens auch schon reden. "DEINE Leute? Ich dachte eher du wärst Kais Schoßhund und nicht umgekehrt." "Was hast du gesagt?" Unweigerlich läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken, weil Marcels Tonlage schon fast ein Zischen ist und sich genauso anhört wie bei diesem kleinen Vorfall vor gut einem Jahr. Und trotzdem muss ich grinsen und sehe ihn aus dem Augenwinkel an, so gut das eben geht. "Ich bezweifle das Kai der Typ ist der ausgerechnet nach der Nase von so einem unterbelichteten Volltrottel wie dir tanzt." Marvin quietscht schon wieder während mir die Gabel mehr in den Hals gebohrt wird. Es tut noch nicht so sehr weh das ich mir ernsthafte Sorgen machen würde aber es ist wirklich unangenehm, vor allem beim atmen. Ich kann mir gut vorstellen wie Marcels Gesicht gerade aussieht. Vermutlich wenig erfreut sondern eher in die Richtung mordlustig. Und ich weiß auch das ich dass noch bereuen werde. Wenn er die Gabel nämlich weiter gegen meinen Hals drückt wars das mit mir. Lustigerweise quietscht Marvin gar nicht obwohl genau DAS der richtige Moment für so eine Reaktion wäre.Was genau los ist weiß ich gar nichts da der Hauptteil meiner Aufmerksamkeit bis gerade eben auf der Gabel an meinem Hals lag und der Tatsache das ich einfach nicht meine Klappe halten kann. Das erste was ich sehe ist eine braun gebrannte Hand gefolgt von einem Arm der in einem lächerlichen rosa farbenen Strickpullover steckt und ich frage mich kurzzeitig welcher normale Mann bitte einen rosa farbenen Strickpullover anzieht ohne dazu gezwungen zu werden. Das nächste was ich mitbekomme ist wie Marcel einen Schmerzenslaut von sich gibt und das Klirren der Gabel die auf den Boden fällt, gefolgt von einem bedrohlichen "Was glaubst du was du da tust?" "Sitzen.", antworte ich automatisch ehe mein Blick dem Arm zur Schulter folgt, über den Hals hinweg und am Gesicht der Person hängen bleibt die einen rosa farbenen Strickpullover trägt, was mir immer noch nicht in den Kopf gehen will. Zu meiner Entgeisterung gehört das Gesicht zu Kai und ich muss ihn wohl reichlich verstört ansehen, da sein Blick kurz fragend wird und er dann leicht die Stirn runzelt. "Rosa steht dir echt nicht.", kommentiere ich einfach und sehe über meine Schulter zu Marcel der sich die Nase hält, was in meinem Kopf die Vorstellung von Kai und Marcel im Partnerlook hervor ruft. Zumindest was die Pflaster auf ihren Nasen angeht. Durch eine Berührung an meinem Hals wende ich den Kopf wieder und verenge meine Augen zu Schlitzen. Im Allgemeinen hab ich wirklich kein Problem angefasst zu werden, immerhin ist mein Sexleben nicht gerade krüpplig, aber bei Mr. Obercool ist das was vollkommen anderes weshalb ich ihm ein "Finger weg!" entgegen zische. Anstatt seine Finger weg zu nehmen murrt er lediglich ein "Halt still!" zurück und ich Vollpfosten tu das auch noch. Vermutlich liegt das daran, dass ich nicht gerade das Gefühl habe das er mich umbringen will. Warum ich so ein Gefühl habe weiß ich nicht einmal, aber bis jetzt konnte ich mich immer darauf verlassen. Mac meint mein Instinkt sei einfach viel besser ausgeprägt als bei Anderen. Kann ich nicht beurteilen und will es auch nicht. "Es sind nur Druckstellen.", stellt er nach einer gefühlten Minute fest und nimmt endlich seine arroganten Griffel weg was mich dazu veranlasst den Kragen meines Pullovers nach oben zu stellen, während Marvin erleichtert ausatmet. Und während das Schäfchen sich überschwänglich bei Mr. Obercool bedankt sitze ich dekorativ auf dem steinharten Holzstuhl, weil sich mir eine Frage auf tut. Nämlich die was er überhaupt hier macht. Also Kai, nicht Marvin. Soviel ich aus dem Augenwinkel mitbekommen habe ist Kai nämlich irgendwann gegangen nachdem er mit dem Essen fertig war. Aber vielleicht hat er ja nur sein Handy vergessen oder wollte Marcel schon länger eins auf die Schnauze hauen und konnte nicht schlafen bevor das nicht erledigt war. Alles schön und gut. Wieso hat er mir nochmal geholfen? Er hasst mich, was auf Gegenseitigkeit beruht. Na ja, vielleicht hasst er mich doch nicht immerhin kann ich nicht in seinen Kopf gucken, aber das wir uns nicht sonderlich gut leiden können weiß jeder und sieht ein Blinder. Mein Blick wandert zu ihm während er versucht, und das mehr schlecht als recht, Marvin zu beruhigen der sich immer noch bedankt. Wer Marvin nicht kennt, weiß nicht worauf er sich einlässt wenn dieser einmal anfängt sich zu bedanken, denn das kann locker an die zwei Stunden dauern. Ich weiß das aus eigener Erfahrung. Kai ist nicht mein Typ. Aber wie er da so steht, komplett überfordert, in einem lächerlichen rosa farbenen Strickpullover der seine Bräune betont und mit dem noch lächerlicheren gelben Pflaster auf der Nase auf das Katzen gedruckt sind bringt er mich ungewollt dazu die Mundwinkel zu heben. Als könnte er es spüren das ich ihn ansehe wendet Kai mir sein Gesicht zu und ich tue so als hätte es dieses Mundwinkel heben, das auch als Lächeln durchgehen könnte, nie gegeben. Wenn ich ihn mir genauer betrachte ist er immer noch ein arroganter Arsch, auch wenn er im Moment eher verzweifelt aussieht was ich Marvin zuschreibe. Das irische Schaf kann nämlich ganz schön anstrengend sein, weshalb ich ihm immer schon das Wort abschneide bevor er auch nur anfängt sich für irgendetwas zu bedanken. "Marvin! Halt die Klappe!", kommentiere ich deswegen in dessen Richtung und Marvin klappt tatsächlich die Futterluke zu und hält die Klappe. Von mir aus kann Kai das sehen wie er will, aber in erster Linie sind wir damit quitt. Er hat mich davor bewahrt mit einer Salatgabel getötet zu werden und ich habe ihn davor bewahrt tot gequatscht zu werden. Letzteres wäre übrigens qualvoller. Während Marvin schweigt und Kai erleichtert aussieht aber eben noch in der Gegend herum steht, stehe ich auf und schnappe mir mein Tablett. "Wir sehen uns morgen!", verabschiede ich mich von Marvin und begebe mich zur Geschirrabgabe in die ich mein Tablett abstelle, bevor ich mich auf den Weg zu meinem Zimmer mache. An der Tür drehe ich mich nochmal um und schenke Marcel, der inzwischen zu seinem und Kais Rudel zurück gekehrt ist, ein strahlendes Lächeln. Mein Blick bleibt an Kai hängen und ich verziehe das Gesicht ehe ich leicht die Hand zum Abschied hebe und mich aus der Mensa verdrücke. Kapitel 3: Dieser Sonntag ist anders ------------------------------------ "Irgendwie ist in den letzten Wochen dein Ego noch einmal angestiegen." "Aha.", kommentiere ich zurück während ich mir meine Brille auf der Nase zurecht rücke und mit der Maus hin und her fahre nur um dann auf meine Tastatur ein zu hämmern. So sehr ich die Mangas die Mac zeichnet auch mag, die Rechtschreibkorrektur der Sprechblasen ist der reinste Albtraum. Den Mac hat ein grundlegendes Problem: Er kann sich zwischen Vergangenheit und Gegenwart nicht entscheiden, weshalb die Texte manchmal absolut keinen Sinn ergeben. "Hast du eine neue Errungenschaft?" Meine Augenbraue wandert nach oben und ich lasse den Manga, Manga sein und drehe mich zu meinem Mitbewohner um. Mac sitzt im Schneidersitz auf seinem Bett und kritzelt in seinem Notizbuch herum in das er immer den Plot für das nächste Kapitel einträgt oder Änderungen daran vornimmt. Außerdem schreibt er in dieses Buch auch die gesamten Charaktersheets und trägt das Teil ständig mit sich herum. "Sehe ich aus als hätte ich Zeit dafür?" frage ich zurück und er zuckt mit den Schultern während sich an seinen Mundwinkeln schon dieses verräterische Zucken zeigt das mich jedes Mal vorwarnt wenn er anfängt dreckig zu Grinsen und mit ebenso dreckigen Anmerkungen um sich zu werfen. Mich soll es wirklich nicht stören, denn ich bin alles aber definitiv nicht prüde. Nur manchmal nervt es mich ein bisschen, nämlich dann wenn er mir nicht glaubt sondern mir stattdessen irgendwelche Affären mit Kerlen unterstellt die ich nicht mal für Geld ran lassen würde. "Reicht dir Eric allein denn?" Meine Augenbraue wandert wieder in die Höhe und ich frage mich ernsthaft was jetzt Eric damit zu tun hat. Okay, wir schlafen zusammen, wobei ich es nicht mal schlafen sondern rammeln nennen würde, aber das war es auch schon. "Ich mein ja nur, du hattest immer mehrere Kerle nebeneinander und auf einmal ist nur noch dieser Sunnyboy übrig. Bist du überhaupt ausgelastet?" Ich glaub mein Schwein pfeift! "Ja, ich bin ausgelastet, danke. Ich hab momentan auch keinen Nerv für mehrere Kerle." "Also wird das mit euch was Festes?" "Gott bewahre, nein!" Mein Kopf landet in einer leichten Schieflage und ich kneife die Augen zusammen um Mac einer genauen Prüfung zu unterziehen. "Wieso? Interesse?", ärgere ich ihn dann und muss lachen als sein Kopf nach oben schnellt und er mich erschrocken ansieht. Natürlich war das nur ein Witz, denn ich könnte mir niemals vorstellen etwas mit Mac zu haben. Vor allem da wir uns ein Zimmer teilen und ich nicht sonderlich auf traute Zweisamkeit stehe. "Auf jeden Fall ist dein Ego noch größer geworden.", kommt er auf das ursprüngliche Thema zurück und ich runzle die Stirn. "Könnte daran liegen das ich mich fühle wie Einstein seit ich in diesen Zusatzkurs gehe." "Ist der so einfach? Ich dachte der wäre genauso schwer wenn nicht schwerer als der normale." Meine Mundwinkel heben sich unweigerlich bis ich ihn breit angrinse und mit den Schultern zuckte bevor ich mich wieder zum Bildschirm umdrehe um den grammatikalischen Mist zu retten den er da fabriziert hat. "Das hat eher was damit zu tun das ich im Gegensatz zu diesen Vollpfosten tatsächlich wie ne Leuchte rüber komme. Mal ehrlich, ich dachte ja wirklich schon das ich total verblödet bin, aber das was da so rum sitzt übertrifft mich bei weitem." Eine Weile herrscht Stille, aber ich kann spüren das Mac meinen Rücken anstarrt. "Ist Kai wirklich auch so dumm?" Verwundert drehe ich mich um und runzle dann überlegend die Stirn. Wenn ich es genau betrachte habe ich den im Zusatzkurs noch nie gesehen, obwohl ich aus zuverlässiger Quelle sicher weiß das er eigentlich dort sein müsste. Natürlich nicht um sein Schulleben zu retten sondern lediglich um sein Wissen aufzufrischen, dieser scheiß Angeber! "Wenn ich so genau darüber nachdenke hab ich den seit dem Gabeltag überhaupt nicht mehr gesehen.", nuschle ich mir eher selbst zu als Mac und fahre mir kurz durch die dunkelroten Haare. "Alter, das ist fast vier Wochen her! Glaubst du er ist von der Schule geflogen?" "Weswegen denn? Nicht mal Marcel ist von der Schule geflogen, was mich zu der Annahme bringt das man überhaupt nicht fliegen kann." Während Mac unverständliche Dinge vor sich hin murmelt stehe ich auf und strecke mich, bevor ich verkünde das ich schnell runter gehen würde um mir Kaffee zu holen. Denn bei aller Liebe, mein Schädel ist jetzt schon kurz vorm platzen und ich korrigiere erst seit zwei Stunden. Natürlich hört mir Mac nicht zu, wie immer wenn er Selbstgespräche mit sich und den Charakteren in seinem Kopf führt. Bei Mac ist das nämlich so: Hat er erst einmal die Charaktere entworfen, spielt er jedes Kapitel im Kopf durch, sogar mit verschiedenen Stimmen. Das erweckt bei Unwissenden, wie mir, am Anfang den Eindruck als hätte er nicht alle Latten am Zaun aber im Endeffekt ist er normaler als man denkt. Vorausgesetzt man rechnet seinen Fetisch für Animes, Mangas, Games und Nipponfiguren weg, aber ich bin da genauso schlimm. Mit Figuren vielleicht nicht unbedingt dafür aber mit Plüschies. Ich weiß gar nicht wie viele davon sich auf meinem Bett tummeln, aber es kommen immer wieder Neue dazu. Es ist Sonntag und für mich somit der schönste Tag in Nightcrawl. Nicht weil die anderen etwa nach Hause fahren könnten, sondern lediglich wegen der Tatsache das Freitagabend und Samstagabend immer auf irgendeinem Zimmer heimliche Saufgelage abgehalten werden. Die meisten sind betrunken und bzw. oder verkatert und verlassen ihre Zimmer nicht, weshalb ich mich ohne Stress durch das ganze Internat bewegen kann. Der Vorteil an einem Sonntag liegt auch darin dass ich mich in der Cafeteria, ja wir haben eine Mensa und eine Cafeteria, nicht in eine ewig lange Schlange einreihen muss um an meinen Kaffee zu kommen. Ich verlasse relativ selten mein Zimmer ohne meine Augen schwarz zu umranden, aber es kommt hin und wieder vor. Meistens eben an einem Sonntag. Auf dem Weg zur Cafeteria begegne ich lediglich der Wäschefrau. Eine alte Dame so um die 60 die sich um die Bettwäsche und Laken der gesamten Schüler kümmert. Ich frage mich immer noch wie sie damit klar kommt. Ich meine wir sind Jungs, da findet man bestimmt den ein oder anderen Fleck irgendwo. Außerdem bin ich mir sicher das es eine richtig harte Drecksarbeit ist sich um das alles allein zu kümmern, aber sie ist immer freundlich und grüßt. Sie ist auch eine der wenigen die ich grüße, denn für gewöhnlich scheiß ich da so ziemlich drauf. An meinem Ziel angekommen stehen an der Ausgabe lediglich drei Leute. Der IT-Lehrer, irgendein Typ den ich nicht kenne und auch nicht kennen lernen will und am Ende Kai. Letzterer sieht ungefähr so toll aus als hätte er eine wilde Knutscherei mit einem Bus hinter sich und wirkt gerade alles andere als arrogant, sondern eher wie ein Schluck Wasser in einer Achterkurve. Er bemerkt mich als ich auf die Schlange zu gehe um mich einzureihen und runzelt die Stirn. Bei ihm angekommen stelle ich mich hinter ihn und wühle in meinem Geldbeutel nach dem passenden Kleingeld, ehe ich genervt den Blick hebe da ich spüren kann wie er mich anstarrt. "Was?" "Ehm...nichts.", mit diesen Worten dreht er sich wieder nach vorne. Kai bestellt sich einen Latte Macciatto mit Karamellsirup und ich hebe unweigerlich eine Augenbraue. Es tut mir wirklich Leid, oder eben auch nicht, aber ich hätte so ziemlich jede Bestellung erwartet aber nicht gerade die schwulste von allen. Fehlte nur noch das er sich Schokostreußeln drauf bestellte. "Mit Schokostreußeln bitte." Mein Gesicht muss wirklich klasse aussehen so wie Mike hinter der Theke mich angrinst sich aber weiterhin um Kais Bestellung kümmert und extra viele Schokostreußeln auf den Milchschaum kippt. "Oh Mist." Mein Blick wandert von Mike der die Augenbraue hebt zu Kai und zu dessen Händen die seine Hosentaschen absuchen, was mich mit den Augen rollen lässt. "Wie immer." kommentiere ich dann als Mike mich fragend ansieht und beobachte Kai eine Weile ehe ich mein Kleingeld zurück in den Geldbeutel werfe und ihm einen Schein über die Theke schiebe. "Mit seinem.", damit deute ich auf den Schwarzhaarigen der mich etwas überfordert ansieht, ungefähr genauso wie Mike, aber einfach die Klappe hält. Nach drei Minuten Wartezeit habe ich einen heißen Latte Macciatto mit einem Schuss Himbeere, Karamellsirup und Schokostreußeln in der Hand und mache mich auf den Weg zu meinem Zimmer. "Hey, warte!" Natürlich habe ich Kai gehört, aber ich hege nicht die geringsten Ambitionen dazu stehen zu bleiben. Denn allein schon bei dem Gedanken mit ihm sprechen zu müssen dreht sich mir der Magen um. Mal abgesehen davon das ich mich um das Grammatikchaos von Mac kümmern muss, obwohl dem vermutlich noch nicht mal aufgefallen ist das ich nicht mehr da bin. "Touji!" Ich bleibe stehen und drehe mich zu meinem größten Übel, nach Marcel, um. "Ich bin nicht Touji, das muss eine Verwechslung sein.", gebe ich ernst von mir. Kai bleibt vor mir stehen und blinzelt kurz, ehe er schief lächelt und ein "Oh, Entschuldigung." von sich gibt, was mich dazu veranlasst das mir die Futterluke aufklappt. "Alter, bist du blöd? Natürlich bin ichs." Eigentlich wäre das die perfekte Gelegenheit gewesen um ihn los zu werden, oder aber um ihm weiß zu machen ich hätte einen Zwillingsbruder. "Du siehst irgendwie anders aus, hätte ja sein können.", kommts in einem leicht bockigen Tonfall zurück während er die Stirn runzelt und mich betrachtet, was mich gelinde gesagt etwas nervös und leicht wütend macht. Ich trage Gammelklamotten, meine Haare stehen in alle Richtungen ab, ich bin ungeschminkt und trage eine Brille auf der Nase spazieren. Ich wäre nie auf die Idee gekommen das ich anders aussehen könnte. Hört man meinen Sarkasmus? "Ich bin ungeschminkt Einstein. Also, was willst du?" Denn irgendetwas muss er ja gewollt haben wenn er mir hinterher rennt und meinen Namen ruft. Zumindest ist das in der Regel ein Indiz dafür das Andere etwas von einem wollen. "Ehm...danke für den hier.", damit hält er seinen Becher in die Höhe und ich nicke nur. Irgendwie sagt mir mein Gefühl das war noch nicht alles. "Und....", ich hasse es wenn ich recht habe. "Kannst du mir die Abschriften für den Geschichtszusatzkurs der letzten drei Wochen ausleihen?" Ich schweige eine Weile, weil ich in meinen Gedanken suche wo zur Hölle ich diesen Ordner in meinem Chaos abgelegt habe. "Also nur wenn...ehm...es keine Umstände macht." Für meinen Geschmack benimmt sich Kai heute etwas seltsam. Etwas zu seltsam mit zu vielen 'Ehms', aber vielleicht hat Mr. Obercool auch einfach nur seine Tage und kann damit nicht sonderlich gut umgehen. "Natürlich macht's Umstände! Ich hab keine Ahnung wo ich das Teil hingeworfen habe. Wenn du aber ungefähr eine halbe Stunde Lebenszeit verlieren willst such ich es." Das ist so vermutlich das Netteste was ich jemals zu ihm gesagt habe und netter wirds nicht. Dazu fehlen mir einfach die Gene. Den Einzigen den ich hier mit so einer Art Samthandschuhen anfasse ist Marvin, aber der ist klein und naiv und eben ein Schaf. Ich drehe mich um und setze mich wieder in Bewegung um zu meinem Zimmer zu kommen bevor mir bei meinem Glück auch noch Marcel über den Weg läuft, und höre kurz darauf Schritte hinter mir. Im Prinzip würde es mich schon interessieren wo der Typ die letzten drei Wochen war, aber auch nur dann wenn ich ihn wenigstens ein bisschen leiden könnte. Na gut, ich hab ihm seinen Kaffee bezahlt, aber auch nur weil ich weiß wie es ist wenn man dringend Koffein braucht und an keines heran kommt. Nämlich frustrierend. Ich werde immer wütend wenn ich meine Zigaretten oder meinen Kaffee nicht bekomme und das nicht zu knapp. Einer der Gründe warum Mac dafür sorgt das genügend Dosenkaffee in unserem Wandschrank steht. Auf dem Weg zum Zimmer schweigen wir Beide. Er aus einem mir nicht bekannten Grund und ich weil ich mit meinem Kaffee beschäftigt bin und mir gerade, verdammt nochmal, die Zunge verbrannt habe. "Bin wieder da.", informiere ich meinen Mitbewohner der nur nickt und mit verschiedenen Stimmen weiter spricht bis er Kai bemerkt. "Oh. Hallo." Allein schon diese Tonlage lässt mich nichts Gutes ahnen, aber ich stelle meinen Kaffee trotzdem neben meinem Computer ab und beginne systematisch die Oberfläche meines Schreibtisches nach dem Ordner ab zu suchen. "Stör ich? Soll ich gehen?", kommt es von Mac und als ich ihn über meine Schulter ansehe beiße ich kurz die Zähne zusammen ehe ich ein "Du kannst Kai unterhalten während ich suche.", von mir gebe. Ich kenne diese Tonlage bei Mac. Und eigentlich ist er nicht wirklich interessiert daran zu wissen ob er stört. 'Stör ich?' ist seine Definition der Frage 'Wollt ihr es hier und jetzt treiben?'. Das 'Soll ich gehen?' heißt meistens das er dann solange Kaffee trinken geht und ich ihn anrufen soll. Was im übrigen noch nie der Fall war, da mir keine Kerle in mein Bett kommen. Ich schlafe da drin und ich werde den Teufel tun und irgendwen in mein Bett lassen der mir nichts bedeutet. Es reicht vollkommen wenn Marvin sich drauf setzen darf ohne das ich einen Anfall kriege. Vermutlich ist das etwas übertrieben, aber mein Bett ist so gesehen das intimste von mir in diesem Zimmer. Die Festplatte meines Computers ausgenommen. Mein Bett ist wie eine sichere Höhle in die ich mich im Notfall zurück ziehen kann und die will ich nicht besudeln. Eine Weile herrscht absolute Stille im Zimmer die nur durch mein Gewühle auf dem Schreibtisch unterbrochen wird, ehe Mac sich räuspert. "Also...Kai, was hast du die letzten Wochen denn so gemacht?" Normalerweise würde ich sagen das die Frage so einfallslos ist wie noch was, aber ehrlich gesagt wüsste ich an Macs Stelle auch nicht wie ich Kai unterhalten sollte. "Ich war zu Hause auf der Beerdigung meiner Großmutter." Autsch. Beerdigungen sind nie schön hab ich mir sagen lassen. Außerdem war die Beerdigung meiner Oma auch nicht gerade wundervoll. Sie endete in einem riesigen Chaos, nachdem ich bei der Grabesrede meinem Onkel die Nase gebrochen habe. Vermutlich einer der Gründe warum ich nun hier bin. "Mein Beileid.", kommt es von Mac und ich schweige weiter vor mich hin und suche während Kai ein "Danke.", von sich gibt. Und dann kehrt wieder Stille ein und ich frage mich ernsthaft ob sich dieser Ordner überhaupt in diesem Raum aufhält. Vielleicht habe ich ihn auch bei Eric im Zimmer liegen gelassen als wir am Donnerstag nach dem Unterricht unseren Spaß hatten. "Und....ihr trinkt denselben Kaffee? Also du und Touji?" "Fast denselben.", kommentiere ich zeitgleich mit Kai und ziehe, bevor Mac etwas sagen kann, den Ordner unter einem Stapel Songtexten hervor. "Für mich ist es ein Ding der Unmöglichkeit Toujis Kaffee zu bestellen. Ich vergesse ungefähr die Hälfte und er faltet mich dann zusammen.", kommt es neckend von meinem Mitbewohner und ich rolle mit den Augen bevor ich Kai den Ordner in die Hand drücke und mich auf meinen Schreibtischstuhl fallen lasse. "Also ist er ein Sklaventreiber?" "Grauenhaft. Vor allem wenn er schlechte Laune hat, dann will nicht mal ich ihn mehr ansprechen." "Tatsächlich? Und? Ist er oft mies gelaunt?" "Ungefähr sieben Tage die Woche.", grinst Mac zurück. Ich möchte zwei Dinge erwähnen. Erstens geigt es mich gerade unglaublich an das die Beiden sich anscheinend verstehen. Und Zweitens ist das gar nicht wahr. So oft in ich nicht mies drauf. Es ist eher abhängig davon ob ich Marcel oder Kai über den Weg gelaufen bin. Na gut, bei Mr. Obercool geht es noch, aber wenn ich Marcel über den Weg laufe ist die Laune für den Rest des Tages dahin. Offensichtlich bin ich der Einzige der sich unwohl und genervt fühlt. Denn Kai hat es sich inzwischen auf Macs Bett bequem gemacht, auf meinem ist auch kein Platz und ich würd ihm was pfeifen, und die Beiden quatschen über Frauen. In der letzten halben Stunde habe ich heraus gefunden das Kai an Monique vergeben ist, das besonders glücklich und schon seit drei Jahren. Meinen Berechnungen zufolge hat der Junge also mit 15 sein Todesurteil unterschrieben als er der festen Überzeugung war sich fest binden zu müssen. Außerdem haben Beide denselben Frauentyp: Blond, nicht zu dick und nicht zu dünn, witzig soll sie sein, möglichst gebildet und sie sollte was von Sport verstehen. Warum das Mac wichtig ist der überhaupt gar keinen Sport macht, muss ich nicht verstehen. Das Alles habe ich übrigens heraus gefunden während ich nur mit halben Ohr zugehört habe, da ich etwas produktiveres zu leisten hatte. Nämlich die fertig korrigierten Seiten zu rastern. So talentiert Mac auch ist, mit Gimp kommt er nicht klar und da ist es natürlich umso praktischer einen Computerverrückten als Zimmergenossen zu haben. Sprich: Mich! "Du bist so still.", spricht mich mein Mitbewohner an und ich murre. "Ich raster auch die Seiten. Und spätestens wenn ihr anfangt über euer Sexleben zu philosophieren bewerf ich euch mit Reißzwecken.", nuschle ich in meine soeben geöffnete Dose Rockstar. "Ach komm, ist doch nichts dabei.", lacht Mac. Der lacht aber auch nur weil er weiß das ich nichts, absolut nichts, von dem Sexleben zweier Heteros wissen will. "Ehm...nein....tun wir nicht." Wäre ich ein Tier mit längeren Ohren würden die jetzt zucken, aber so drehe ich mich nur zur Hälfte um und mustere Kai während Mac mich angrinst. "Verstehe, ihr hattet noch nicht.", kommentiere ich und beobachte, teils fasziniert, wie Kais Gesicht einen Ticken dunkler wird. Dabei dachte ich immer braun gebrannte Leute könnten nicht rot werden, aber offensichtlich schon. Mac starrt zuerst mich an und dann seinen neuen Freund bevor er ein "ECHT JETZT?" verlauten lässt. "Oder aber unser Mr. Obercool ist eigentlich ziemlich verklemmt.", baue ich meine Theorie noch weiter aus und kann nicht anders als zu grinsen, als der Kopf noch ein bisschen Dunkler wird was mich zu einem "Volltreffer!", verleitet. Danach drehe ich mich wieder zum Computer um, um die letzte Seite für heute zu rastern. Vermutlich habe ich sonst rechteckige Augen und morgen eine Sehnenscheidenentzündung im rechten Arm. Im Hintergrund höre ich Kai stottern das er darüber nicht so gerne redet, weil es ja doch ziemlich intim und persönlich sei. Irgendwie verstört es mich gerade das Mr. Obercool in Sachen Sex total verklemmt ist, das passt nämlich nicht im geringsten zu seinem Auftreten. Nachdem ich die letzte Seite für heute beendet habe stehe ich auf und strecke mich, ehe ich mich zu meinem Bett bewege um dieses langsam aber sicher mal frei zu bekommen um darin schlafen zu können. Denn so mies es auch ist, ich bin faul. Ich bin so unglaublich faul, dass ich die letzten Wochen auf dem Boden neben meinem Bett geschlafen habe anstatt darin. Da sich aber langsam Rücken- und Schulterschmerzen einstellen wird es wohl an der Zeit dem Spuk ein Ende zu bereiten und zur Abwechslung auf einer weichen Matratze zu schlafen. Mac hat mir zwar angeboten bei ihm zu schlafen aber das ist für mich ein Ding der Unmöglichkeit. Mac sabbert im Schlaf und ich kann mir nicht vorstellen das es berauschend ist morgens mit an gesabberten Haaren aufzuwachen. Während ich also meinen Schmuck in den dafür vorgesehenen Karton werfe und meine Klamotten zusammen lege und diese in den Schrank räume, unterhalten sich die Beiden über Basketball. Das Mac sich mit Basketball auskennt hat er nur dem Anime 'Kuroko no Basket' zu verdanken, denn ansonsten hätte er nicht die geringste Ahnung wovon Kai eigentlich gerade redet. Ich übrigens auch nicht. Ich habe das Chaos auf meinem Bett beseitigt und sogar neue Bettwäsche aufgezogen. Und eigentlich wollte ich mich danach entspannen, aber dieser Sonntag ist einfach nicht so wie alle anderen. Das bestätigt mir schon allein die Tatsache das ich mir gerade mal die Haare kämmen durfte, nur um jetzt mit Mac und Kai an einem Tisch in der Mensa zu sitzen und zu Abend zu essen. Wobei ich eher esse, da die Beiden ununterbrochen quatschen und somit gar nicht zum kauen kommen. Wenn ich sie so betrachte wirken sie als würden sie sich schon ewig kennen und das nervt mich aus irgendeinem Grund. Deswegen bin ich umso erleichterter als Marvin zu unserem Tisch schleicht und mich scheu anlächelt, was mich dazu veranlasst die Augen zu verdrehen und neben mich auf den Stuhl zu klopfen. Zögernd lässt er sich neben mich fallen und sieht mich dann fragend an, was ich mit einem Schulterzucken kommentiere. Ich habe nicht die geringste Ahnung warum die Beiden sich so gut verstehen. Marvin fragt mich was ich heute so gemacht habe und ich erzähle ihm die Kurzversion meines Sonntags mit einem Elan den ich normalerweise nur für Matheklausuren aufbringe. Nämlich so gut wie gar keinem. Im Gegenzug erzählt mir Marvin von seinem Tag. Sonntage von Marvin erinnern mich immer an die Sonntage von Rentnern die ihre restliche Lebenszeit in irgendwelchen Seniorenheimen verbringen. Marvin war heute in der Bibliothek und hat sich zwei Bücher ausgeliehen die er die Woche lesen möchte. Und am Nachmittag war er beim Spielenachmittag den der Umweltclub zweimal im Monat veranstaltet. Im Endeffekt war es das auch schon mit Marvins Aktivitäten, bis auf das er jetzt beim Essen sitzt und die Hausaufgaben für die gesamte Woche schon vorgearbeitet hat. Ich schwöre hiermit feierlich das ich mich erschießen werde, wenn ich auch einmal einen Sonntag so verbringe. Mir fällt nach Marvins Erzählung die Stille am Tisch auf und mein Blick wandert zu Mac und Kai während ich fragend eine Augenbraue hebe. "Marvin.", kommentiere ich und deute dabei auf ihn. Mac und Kai muss ich nicht vorstellen. Mac ist Marvin sehr gut bekannt und Kai erklärt sich von selbst, weil den einfach jeder kennt. Kai ist beliebt und hat es innerhalb von zwei Wochen geschafft Leute um sich zu scharen. Zwar die üblichen und klischeehaften Vollidioten, aber immerhin. Ich habe es in fünf Jahren dazu gebracht Mac und Marvin um mich zu scharen. Den einen weil er mit mir in einem Zimmer wohnt und den Anderen weil ich ihm geholfen hab seine Bücher vom Flurboden aufzusammeln. Ich hab auch noch Eric und das seit fast zwei Jahren, aber nur weil ich mit ihm vögle. Die anderen Kerle mit denen ich im Bett war sind nicht der Rede wert. Mit Eric kann ich auch quatschen wenn ich will. Das will ich zwar selten, aber es ist gut zu wissen das ich es könnte wenn ich will. Nachdem Kai und Mac sich ebenfalls vorgestellt haben fangen sie wieder an zu quatschen und ich schiebe mein inzwischen leeres Tablett von mir ehe ich Marvin ansehe der in seinem Essen herum stochert. Das macht er allerdings öfter weshalb ich mir nichts dabei denke und aufstehe. "Bin kurz eine Rauchen.", teile ich mit und ernte mir von dem Rotschopf ein Nicken. Die anderen Beiden sind zu sehr in ihr Gespräch vertieft, weshalb ich mich auf den Weg zur Fensterfront mache in der es eine Türe gibt durch die man in den Raucherbereich der Schule kommt. Der Raucherbereich ist streng vom Rest des Geländes getrennt, aber ich halte mich trotzdem selten hier auf. In erster Linie deshalb weil ich auf meinem Zimmer und auch sonst überall rauche. Außer dem Gemecker der Lehrer hatte ich noch nie Ärger, weshalb ich wirklich nur nach dem Essen in den Raucherbereich gehe, denn ich persönlich mag es auch nicht wenn man mir während dem Essen ins Gesicht raucht. Draußen angekommen schiebe ich mir eine Zigarette zwischen die Lippen und zünde sie an ehe ich das Gesicht verziehe. Es ist Juni und eigentlich sollte es wenigstens ein bisschen warm sein, aber nein, es regnet die ganze Zeit und die Temperatur steigt nicht über 12 Grad. Ich bin ein Wärmefanatiker und ich hasse Kälte. Ich finde alles unter 20 Grad kalt und trage bis zu dieser Temperatur Pullover. So gesehen sind die momentanen Wetterverhältnisse für mich der reinste Horror. Ich atme den Rauch wieder aus und verlasse die Fensterfront um mich an die Steinmauer zu lehnen und in den trüben Himmel zu starren. Eigentlich rauche ich immer mehrere Zigaretten hintereinander, aber bei diesem Wetter vergeht mir das richtig weshalb es bei dieser einen bleiben wird. Ich werde einfach auf dem Zimmer weiter rauchen und mir mit Mac, falls er sich von Kai lösen kann, noch einen Anime ansehen. "Du wirkst deprimiert." Ich zucke zusammen und blicke nach links, wo Eric sich grinsend mit der Schulter gegen die Wand lehnt. "Genervt triffts eher.", antworte ich ihm und ziehe wieder an der Zigarette, deren Rauch ich nach einer Weile wieder ausstoße. "Von Kai?" Ich weiß das er geraten hat, aber es ist trotzdem irgendwie unheimlich das er es schafft auf Anhieb richtig zu liegen. Zwar hab ich hier und da angemerkt das Kai mir verdammt gegen den Strich geht, vor allem weil Eric auch ständig von ihm redet da sie nun mal Beide im Basketballclub sind, aber das er sich das tatsächlich gemerkt hat lässt mich lächeln. Eric nimmt mein Handgelenk und hebt es zu seinem Mund um kackedreist an meiner Zigarette zu ziehen. "Solltest du nicht ein bisschen aufpassen was du tust?", merke ich an, da Eric genauso wie ich daran interessiert ist das nicht raus kommt das wir Beide es miteinander treiben. "Wieso? Es ist tot hier draußen wie jeden Sonntag und da drin sitzen nur Nichtraucher. Oder hast du Angst das dein Schäfchen oder Kai uns sehen?" Provokant wie eh und je. Dummerweise ist das eine Eigenschaft an Eric die mich wirklich anmacht. "Eher das Schäfchen." "Dabei dachte ich Kai wäre dein Typ.", kommt es wieder provozierend und ich schnippe ihm mit einem freien Finger gegen die Nase. "So ein verdammter Schwachsinn.", gebe ich grinsend von mir und lasse zu das Eric meine erst halb gerauchte Zigarette weg wirft. Ich bleibe bewegungslos stehen während Eric sich zu mir nach unten beugt, seine Lippen auf meine legt und mir eine Hand in den Nacken schiebt. Kapitel 4: Echt mieses Timing ----------------------------- Ich bin wirklich nicht der Typ der sich was scheißt wenn es darum geht Aktivitäten jeglicher Art in der Öffentlichkeit zu vollbringen, aber im Moment halten mich zwei Dinge zurück. Erstens mein Verstand der mir glaubhaft versichert das Marvin um die Ecke biegen und sein unschuldiges Weltbild verlieren könnte wenn er mich und Eric rammelnd im Raucherhof vorfindet. Zweitens das es meiner Ansicht nach arschkalt ist in Anbetracht der Tatsache das es schon dunkel ist und die Temperaturen nun mal unter 20 Grad liegen. Dummerweise gehört Eric zu den Leuten die es hervorragend verstehen mir meine Bedenken auszureden, oder das was er 'ausreden' nennt. Ich keuche in den Kuss als er eine Hand unter meine Jacke und mein Shirt schiebt und beiße ihm kurz in die Lippe, allerdings nicht so fest das es ihm ernsthaft weh tun würde. Trotzdem tritt der gewünschte Effekt ein und er löst sich von mir nur um mich mit einem fragenden Gesichtsausdruck nieder zu starren. Noch bevor ich etwas sagen kann scheint bei dem Blondschopf der Groschen zu fallen und er rollt grinsend mit den Augen, bevor er seine Finger von meinem Bauch nimmt und sich stattdessen meine Hand schnappt nur um mich um die Ecke zu ziehen und hinter die Papiercontainer. Ja schon klar, nicht gerade super romantisch, aber das Wort 'Romantik' existiert in meinem Vokabular auch nicht und es ist nicht so als hätten Eric und ich etwas anderes als ab und zu mal Sex. Wenn wir uns auf dem Schulflur begegnen gehen wir uns aus dem Weg. Wir reden in der Öffentlichkeit so gut wie nicht miteinander und tun auch sonst nichts was verraten könnte das wir an dem anderen Stellen kennen, die bis auf die Mutter vermutlich sonst keiner kennt. Es macht mir auch nichts aus das es so ist wie es ist, sondern ich bin eher glücklich darüber. Ich bin jeder Verpflichtung entbunden und Eric kommt auch nicht auf die Idee das es mit uns etwas festes und dauerhaftes werden könnte. In erster Linie ist es so wie es ist weil ich eben ich bin und Eric sich nicht outen will, schon allein wegen seiner Freundin zu Hause. Das er ausgerechnet mit Marcel ein Zimmer bewohnt tut sein übriges dazu. Ein kurzes Keuchen kommt über Erics Lippen als ich ein Bein zwischen seine schiebe und leichten Druck ausübe. 'Belohnt' werde ich indem er mir in den Hals beißt und ich beiße mir automatisch auf die Lippe um ihm nicht die Genugtuung zu gönnen das er damit genau das Richtige tut. Erics Hände wandern wieder unter meine Jacke sowie mein Shirt während meine Hände den Weg zu seiner Hose finden. Das praktischste an Erics Kleidungsstil ist, das er meistens Trainingshosen trägt. Ich bin mir nicht mal sicher ob er überhaupt andere Hosen besitzt und eigentlich kann es mir ja auch egal sein. Allerdings stört es mich doch etwas das ich mich dasselbe bei Kai ebenfalls frage. Denn den hab ich auch noch nie in was anderem als einer Trainingshose gesehen. Zu meinem Glück holt mich Eric wieder in die Realität zurück indem er seine Hände auf meinen Hintern gleiten lässt und sich an mich presst, denn ich habe nicht die geringste Lust ausgerechnet JETZT an Vollpfosten Kai zu denken. Wirklich nicht. „Woran denkst du?“, wird mir ins Ohr gehaucht und ich verziehe das Gesicht, einfach weil Eric es nicht sehen kann und somit auch nicht Verdacht schöpft das ich an unerfreuliche Dinge denke. „Das ist so ziemlich der schlechteste Spruch den du jemals los gelassen hast.“, necke ich ihn deswegen und er lacht leise was mir einen Schauer über den Rücken jagt, weil er es eben direkt an meinem Ohr tut. „Echt?“ „Nein, das 'Wie war ich?' nach dem letzten Mal toppt alles.“, grinse ich und quieke während ich Eric gegen den Oberarm schlage, weil er angefangen hat mich zu kitzeln. Ja, ich bin kitzlig und ich hasse es. „Ganz schön frech.“, kommentiert Eric während er mich hoch hebt und ich automatisch meine Beine um seine Hüften schlinge um nicht runter zu rutschen wie ein Koala an einem zu glatten Baumstamm. „Kann sein?“, grinse ich und verschränke meine Arme in seinem Nacken, nur um meine Lippen dann wieder auf seine zu legen und ihm kurz in die Unterlippe zu beißen, was er mit einem kleinen Grinsen gegen meine Lippen kommentiert bevor seine Zunge auch schon gegen meine Lippen stupst und ich den Mund öffne. Eric schiebt eine Hand wieder unter meine Jacke und mir läuft ein Schauer über den Rücken. „Ich bin mir sicher das sie hier raus gegangen sind.“ Kais Stimme lässt uns auseinander fahren und stocksteif stehen bzw. hängen bleiben. Das darf doch jetzt nicht wahr sein. „Ich seh sie nicht.“, kommt es von Marvin und ich frage mich automatisch seit wann Marvin mir zum rauchen folgt und was zur Hölle Mac eigentlich macht. Der hat Eric doch bestimmt auch raus gehen sehen und hat eins und eins zusammen gezählt. „Ich bin mir sicher die sind wieder rein.“, höre ich in dem Moment auch schon meinen Mitbewohner. „Ich hatte die Tür die ganze Zeit im Blick.“ kontert Kai und ich verziehe das Gesicht da der Gute anscheinend eine Art Kontrollzwang hat. Ich meine wer beobachtet schon eine Tür wenn der Andere nur eine Rauchen geht. „Vielleicht sind sie ja bei den Containern.“ Ich mag Marvin wirklich sehr aber im Moment wünsche ich mir das er einfach nur tot umfällt. Das Eric sich alles andere als wohl fühlt merke ich daran das er abgehakt atmet und seinen Griff um mich verstärkt. Ich strample etwas und Eric lässt mich runter und somit auch los, bevor ich meine Jacke wieder zurecht zupfe und ihn anstoße bevor ich in „Bin weg.“ flüstere und nur schief grinse als er fragend die Augenbraue hebt. Ich bin übrigens wirklich froh, dass die Mauer die den Raucherhof umgibt mir gerade mal bis zur Hüfte geht, so bleiben mir nämlich anstrengende Klettertouren erspart wenn ich mich mal schnell vom Acker machen muss, so wie jetzt. Kaum das ich die Mauer hinter mir gelassen habe, ducke ich mich und schleiche um die Ecke in der entgegen gesetzten Richtung wo ich mich erst wieder aufrichte als ich beim Westeingang angekommen bin, der direkt zur Mensa, zur Cafeteria und zu den Gemeinschaftsräumen der AGs führt. Während ich mir eine Zigarette anzünde murre ich und lehne mich an die Wand neben der Tür und verfluche gerade Marvins Spürsinn, Kais Kontrollzwang und Macs armselige Versuche sie aufzuhalten. Mein Abend hätte so toll sein können, aber wie heißt es so schön: 'Immer wenn der Mensch seine Zukunft plant, fällt das Schicksal im Hintergrund lachend vom Stuhl'. Ich fasse es sowieso nicht das Sprüche die auf Facebook gepostet werden tatsächlich wahr sind. Gerade als ich beschließe meine Zigarette doch nicht auf zu rauchen und stattdessen wieder in die Mensa zu gehen öffnet sich die Tür und ich sehe mich mit meinem schlimmsten Albtraum konfrontiert. Und ich rede hier nicht von Kai. „Touji.“, kommt es etwas verwundert und mein Gesichtsausdruck verfinstert sich und meine Augen verengen sich zu Schlitzen während ich Marcel anstarre der dumm und wenig dekorativ im Türrahmen stehen geblieben ist, nur um mich anzustarren. Ich muss heute wirklich umwerfend aussehen so ungeschminkt und ungestylt wie ich bin, das mich jeder Vollidiot anstarren muss. „Hab ich was in der Visage?“, knurre ich nach einer Weile in der sich mein Gegenüber weder bewegt noch irgendwas gesagt hat. Man möge mir meine Ungeduld verzeihen, aber für gewöhnlich kommt von Marcel eine Reaktion. Irgendeine, und wenns ein Messer zwischen den Schulterblättern ist. Wobei das auch nicht ganz richtig ist, denn es ist nicht so als hätte er mir das tatsächlich in den Rücken gerammt. Es ist eher so, dass er mich gestoßen hat und ich zur Hälfte in die Spülmaschine gefallen bin, wo das Ding eben mit der Klinge nach oben drin steckte. Man könnte es als Unfall deklarieren, wenn diese zur Fleisch gewordene Ausgeburt der Hölle nicht dämlich gegrinst hätte und dann abgehauen wäre. Das ich lebe und atme hab ich Marvin zu verdanken, der wie jeden Abend zum hundertsten Mal in die Küche musste um ein Glas Saft zu trinken. „N' Nasenpiercing.“, kommt's zurück und ich rolle unweigerlich mit den Augen aufgrund dieser lahmen Antwort. So leid es mir tut und so sehr ich ihn hasse, seine Antworten waren schon mal besser und ich frage mich unweigerlich ob Kais Schlag etwas zu fest war und auch noch die restlichen von Marcels Gehirnzellen getötet hat. Eine Weile herrscht Schweigen, eine Weile in der ich meine Zigarette rauche und sie danach weg schnippe nur um meine Hände in die Taschen meiner Sweatjacke zu schieben und den Braunhaarigen abwarten anzusehen. „Seltsam.“, gebe ich nach weiteren zwei Minuten von mir und hebe dann spöttisch eine Augenbraue. „Ich seh dein Rudel gar nicht.“ Ich sehe wie sich Marcels Blick verdunkelt und fühle mich automatisch besser, einfach weil es unheimlich ist wenn er so rumsteht, nichts tut und dabei auch noch aussieht als könnte er keiner Fliege was zu Leide tun. „Bin allein unterwegs.“, kommt es schon etwas frostiger und meine Mundwinkel zucken kurz bevor ich ein glucksen nicht zurück halten kann. „Haben sie dich verstoßen oder machst du einen auf einsamer Wolf?“ Ja ich weiß, dass es vermutlich nicht klug ist ihn zu provozieren, aber es ist nicht so als könnte ich etwas dafür. Es ist einfach nur so das Marcel und ich seit 3 Jahren eine intensive Feindschaft pflegen und die kann ich masochistisch veranlagtes Arschloch nun mal nicht aufgeben. Zumal es wirklich unheimlich ist wenn er einfach nichts tut, das ist mir einfach zu sehr wie früher und das mag ich nicht. „Du...“, fängt er an und ich rechne schon mit einer Triade an Beleidigungen oder einen Schlag in die Fresse, aber Beides bleibt aus da ein „Touji?“, ihn unterbricht. Aufgrund der Stimme identifiziere ich den Störenfried als Mac, der auch kurz darauf über Marcels Schulter lugt, natürlich von Kai und Marvin flankiert was mich nur deswegen nicht kotzen lässt weil es ziemlich unästhetisch aussehen würde. Ich würde natürlich niemals wegen Marvin kotzen sondern nur wegen dieser Hackfresse, die eigentlich keine Hackfresse ist, die sich meinen besten Freund gerade angelt, was mir im übrigen nicht halb so egal ist wie es vielleicht äußerlich den Anschein hat. Ich gucke zurück und hebe eine Augenbraue als auch schon die Frage „Wo warst du? Wir haben dich gesucht?“, kommt auch wenn es eher zwei Fragen sind. Und natürlich kommt diese Frage von Kai, von wem auch sonst? Marvin ist nicht gerade neugierig und Mac weiß sowieso wo ich war und was ich vor hatte, da sie bestimmt Eric getroffen haben. „Wir haben Eric getroffen der behauptet hat du wärst gegangen um irgendwas auf dem Campus zu tun.“, setzt Mr. Charming auch schon hinten dran und ich gebe einen murrenden Laut von mir während ich gleichzeitig mit den Schultern zucke. „Vermutlich hat Touji auch irgendwas auf dem Campus gemacht.“, grinst Mac und ich kann nicht anders als breit zurück zu grinsen und mit einem „Jap!“, zu antworten. Ich gebe zu das ich Marcel irgendwie vergessen und verdrängt habe und mich erst sein abfälliges Schnauben wieder an ihn erinnert. Und natürlich das geknurrte „Schwuchtel!“, ehe er sich an mir vorbei schiebt und mit der Schulter anrempelt was mich zu einem fröhlichen „Ich dich auch Häschen!“, verleitet. Und ich weiß das er mir jetzt gern eins auf die Schnauze hauen würde, es aber nicht tut weil es drei Zeugen geben würde. Wäre ich total bescheuert würde ich ihm jetzt eine Kusshand nach schmeißen um das 'Schwuchtel' noch einmal zu unterstreichen, aber ich lasse es bleiben in Anbetracht der Tatsache das ich ihm bestimmt irgendwann alleine über den Weg laufe und ihn vermutlich sowieso schon überstrapaziert hab. „Was hast du mitten in der Nacht auf dem Campus gemacht?“, fragt Kai neugierig nach während Marvin einfach schweigt und wir zu den Wohnheimen gehen. Ich bin immer noch begeistert das Kai und ich nicht im selben Wohnheim untergebracht sind. Kai, Marcel und zu meinem Leidwesen auch Eric wohnen im Wohnheim Dragon, das Aufgrund seines in die Decke gehauenen Drachens in die Steinmauer so heißt. Mac, ich und Marvin wohnen im Wohnheim Raven, das morgens, mittags und sowieso den ganzen Tag voller Raben ist. Das Dach, die Giebel, die Balkone und auch die Rasenfläche ist voll mit ihnen was unserem Wohnheim eben diesen Namen eingebracht hat. „Dies und das. Was man nachts halt so auf einem Campus tut.“, antworte ich zurück und Mac tarnt sein Lachen als Husten was mich dazu bringt ihn böse von der Seite anzusehen. Natürlich ist meinem besten Freund und Mitbewohner klar, dass ich durch die Dunkelheit gekrochen/gelaufen bin um abzuhauen um niemanden auf dumme Gedanken zu bringen was mich und Eric betrifft, der es nicht schon längst weiß. Und wenn Mac mehr Überzeugungsarbeit geleistet hätte, hätte ich das auch nicht tun müssen, denn Abhauen ist ganz schön anstrengend. Vor allem dann wenn man nicht gesehen werden darf. Eine Weile herrscht wieder Stille in der wir an der Weggabelung ankommen wo Kai abbiegen muss, weswegen ich stehen bleibe als alle anderen es tun und mir eine Zigarette anzünde. Fast verschlucke ich mich am Rauch als Kai Mac zum Abschied umarmt und kurz blitzt der Gedanke in meinem Kopf auf das es eine hervorragende Idee wäre ihm die Zigarette ins Auge zu rammen, was ich nicht tue. Ich bin nicht besitzergreifend oder so, immerhin ist Mac kein Gegenstand und gehört mir nicht, aber was meins ist, ist nun mal meins. Und Mac ist mein bester Freund und sollte das bitte auch bleiben, weswegen ich einfach nur unauffällig durch atmete und die Klappe hielt. Zur Abwechslung funktionierte das Klappe halten tatsächlich einmal. Marvin wurde zur Salzsäure und stotterte vor sich hin als er ebenfalls umarmt wurde und ich wendete mich einfach in Richtung Wohnheim um dann endlich mal los zu gehen und diese Umarmungsrunde zu beenden, weil mir sonst schlecht wird. Als ich eilige Schritte hinter mir höre rolle ich mit den Augen, weil ich finde das Marvin wirklich keine Angst haben muss das ich im Dunkeln verschwinde, denn immerhin ist noch Mac bei ihm und er muss nicht allein durch die Dunkelheit zum Wohnheim gehen. Wie angewurzelt bleibe ich stehen und reiße die Augen auf bevor ich fast meine Zigarette fallen lasse, als sich zwei Arme um mich legen die weder zu Mac noch zu Marvin gehören. Und ja das kann ich unterscheiden, immerhin umarmen die Beiden mich öfter mal aus welchem Grund auch immer. „Bis morgen.“, wird mir ins Ohr geflüstert bevor ich los gelassen werde und einfach weiter stocksteif da stehe während ich höre wie sich Mr. Obercool von den Anderen verabschiedet und seines Weges geht. „Hey, alles okay?“, werde ich von Mac angesprochen und wende ihm mein Gesicht zu auf dem sich vermutlich gerade alles ganz genau ablesen lässt. Entsetzen, Verwirrung, Unwohlsein und Unsicherheit und vermutlich auch der Gedanke das ich ihn vor den nächsten Bus schubsen will, wenn es hier draußen Busse gäbe. „Bestens. Mir geht’s wunderbar.“, presse ich heraus und Mac lächelt schief bevor er mir auf die Schulter klopft und ein „Komm, das war doch nett von ihm.“ „In meiner Definition von 'nett' kommt es nicht vor einfach so irgendwelche Leute zu umarmen die ich hasse.“, kontere ich und ziehe an meiner Zigarette bevor ich auf das Wohnheim zu halte und höre wie Marvin uns hinterher stolpert. „Also...ich glaube nicht das er dich hasst.“, stottert der Rotschopf und ich bleibe so unvermittelt stehen das er direkt in mich hinein läuft und ich mich zu ihm umdrehe. „Bitte?“, hake ich dann nach und hebe eine Augenbraue während ich wieder an meiner Zigarette sehe. „Ähm...“, kommt von Marvin. „Er hat eigentlich ziemlich interessiert gewirkt als er uns ausgequetscht hat.“, kommt es von Mac der sich räuspert und anscheinend nicht froh darüber ist jetzt meine Aufmerksamkeit zu haben. „Was wollte er denn wissen was er mich nicht selbst fragen kann?“ Es tut mir wirklich leid aber das interessiert MICH nun wiederum brennend. Es ist immerhin nicht so als hätte ich schon mal jemandem den Kopf abgebissen der ich irgendwas gefragt hat. Entweder ich antworte auf die Frage oder eben nicht. Zwar ist meistens letzteres der Fall, aber das heißt nicht das ich nie antworte. Okay, bei Mr. Obercool wäre das vermutlich eingetreten, aber ich kann nichts dafür das er eben meinen typischen Kriterien von verabscheuungswürdig entspricht. Es ist auch nicht so als hätte er viel dafür getan das zu beheben. „Na was man halt so fragt. Woher du kommst, wie lange du schon hier bist, ob ich und Marvin deine einzigen Freunde sind, ob du eine Freundin hast, was du so in deiner Freizeit tust...das Übliche eben.“ Ich hebe diesmal die andere Augenbraue und sehe Mac abwartend an, wobei ich schon fast riechen kann wie er anfängt zu schwitzen. Außerdem sehe ich wie sich langsam sein Gesicht verzieht, denn das mit dem Pokerface muss er nochmal üben oder sollte er einfach Kai überlassen. „Okay, okay, er hat mich auch gefragt ob die Gerüchte stimmen.“, gibt mein Mitbewohner zu und ich nicke einfach nur während ich wieder an meiner Zigarette ziehe und sie dann im hohen Bogen weg schnipse. „In allererster Linie hat er sich für die Gerüchte über dich und Marcel interessiert.“, ergänzt Marvin und ich runzle die Stirn ehe ich ein „Es gibt Gerüchte?“ heraus lasse. „Das er dich abgestochen hat. Das er versucht hat dich zu ertränken. Das ihr ein Paar wart. Das er wegen Mord schon mal im Knast saß. Das er dich umgebracht hat und du nur deswegen lebst weil dich kurz darauf ein Blitz getroffen hat....das sind so die Gängigsten.“, grinst mich Mac an und ich zeige ihm den Mittelfinger, ehe ich ein „Danke für die Information.“ murre. Von den ganzen Gerüchten hätte er mir ruhig schon mal früher erzählen können, vor allem da ich weiß das er es bestimmt schon länger wusste. Aber vermutlich wollte er mich nicht aufregen. Oder er wollte nicht das ich anfange mich mit Marcel zu verbünden, was in Mord und Totschlag geendet wäre, nur um den Gerüchten ein Ende zu setzen. Ich beschließe zu diesen Gerüchten zu schweigen und setze mich stattdessen wieder in Bewegung um zum Wohnheim und in mein Bett zu kommen. Zwar werde ich sowieso die nächste Zeit nicht schlafen, aber es geht um das Prinzip das ich meine Ruhe habe und so weit wieder normal werde um Marcel nicht die Tür einzurennen und ihn zu fragen ob er von diesen bescheuerten Gerüchten gewusst hat. Wobei sich die Frage schon von selbst beantwortet. Natürlich weiß er davon, immerhin ist er in der Basketball AG und die ist schlimmer als die schulische Morgenzeitung. Die Leute von der Schülerzeitung wissen nämlich alles. Sogar Dinge die die betreffenden Personen noch nicht mal selbst wissen. Und ja, es gibt jeden Morgen eine neue Ausgabe, die immerhin stolze 30 Seiten umfasst. Für jeden der nicht in Nightcrawl wohnt mag es vielleicht unmöglich erscheinen so viele Neuigkeiten jeden Tag in einem Internat zu sammeln, aber so abwegig ist das gar nicht. Wir sind hier in Nightcrawl und Nightcrawl ist mehr als ein Internat. Es ist so was wie eine eigene kleine Stadt. Hier gibt es eine Post, einen Supermarkt, einen Friseur, eine Bank, einen Bäcker, eine Kirche, zwei Kneipen, ein Restaurant, Bekleidungsgeschäfte und so ziemlich alles was man in einer normalen Kleinstadt sonst auch hat. Das Gelände ist groß genug um eine eigene Postleitzahl zu haben, denn um von einem zum anderen Ende zu kommen läuft man zu Fuß schon an die 2 Stunden. Das ganze wird dann umgeben von einer 5 Meter hohen Mauer auf der Spitzen und Stacheldraht angebracht sind und fertig ist Nightcrawl. Nicht zu vergessen das die Gebäude der Schule eigentlich ursprünglich eine Burg waren und auch immer noch so aussehen. Mein und Macs Zimmer liegt übrigens in einem der alten Schießtürme aus denen früher Kanonen geragt sind und wir sind sozusagen im 4. Stock, was mir einen super Ausblick über einen weiten Teil des Geländes unseres Käfigs verschafft. Manchmal ist dieser Ausblick auch besser als Kino, warum behalte ich allerdings lieber für mich. In unserem Wohnheim angekommen verabschiedet sich Marvin und geht den Flur weiter entlang, da sein Zimmer im Erdgeschoss und am anderen Ende des Gebäudes liegt, während Mac und ich zum Turm gehen und anfangen die 134 Stufen nach oben zu steigen. Diese Stufen sind auch einer der Gründe warum ich trotz das ich rauche eine ziemlich gute Kondition habe. Das und die Verfolgungsjagden mit unserem Sportlehrer. „Mal ehrlich, ich glaub der hasst dich nicht.“, keucht es neben mir während wir uns die Treppen nach oben schleppen und ich Macs Hand halte um ihn schon eher hinter mir her zu ziehen als das er selber geht. „Vermutlich stellst du gleich die Behauptung auf das er was von mir will.“ „Ne, ich glaub der ist nur schüchtern und kann mit deiner extrovertierten Art nicht umgehen.“ Ich sehe meinen liebsten Mitbewohner über meine Schulter an und beschließe die Klappe zu halten, da mir sein Gesichtsausdruck schon sagt, dass er tatsächlich meint was er sagt. Wenn Kai schüchtern ist bin ich Maria Magdalena. Zwar weiß ich nicht mehr so genau wer das eigentlich war, aber sie war wichtig und weiblich. Zwei Dinge die ich nicht bin, aber sein werde wenn diese Behauptung stimmen sollte, was nicht der Fall ist. In unserem Zimmer angekommen lasse ich Macs Hand wieder los und kicke mir die Schuhe von den Füßen ehe ich mich auf mein Bett fallen lasse und alle Viere von mir strecke, ehe ich mich wieder aufrichte als mein Handy piept. Ich öffne Whatsapp und meine Mundwinkel zucken als ich die Nachricht von Eric lese. Hab ihnen gesagt ich hab dich nur über die Mauer springen und auf den Campus laufen sehen. Übrigens: Ich liebe deinen Arsch :p Diese Nachrichten sind so typisch für Eric das es schon lächerlich ist, aber ich kann nicht anders als zu grinsen, was mir ein „Wer hat geschrieben?“, von Mac einbringt der sich gerade aus seinen Klamotten schält um in seine Schlafklamotten zu kriechen. „Eric.“, antworte ich deshalb und bekomme eine „Uhuuuu~!“, was mich mit den Augen rollen aber weiterhin grinsen lässt. „Du grinst wie ein verliebter Trottel.“, kommentiert er und ich bewerfe ihn mit Yumeji, meinem Stoffhasen mit der pinken Schleife um den Hals, den er lachend auffängt und einfach kackedreist in sein Bett setzt anstatt ihn zurück zu werfen. „Rück Yumeji wieder raus.“ „Nö.“, kommt es zurück und ich verenge meine Augen zu Schlitzen während ich eine Schnute ziehe als Mac sich in sein Bett packt und meinen Hasen umarmt. Was meine Plüschies betrifft bin ich übrigens ziemlich eigen. Ich verleihe sie nie und das sie jemand ungestraft anfassen darf ist erst drei Mal vorgekommen. Bei Marvin, bei Mac andauernd und zu meinem Leidwesen auch bei Marcel. Da Mac nicht die geringsten Anstalten macht mir meinen Hasen wieder zu geben stehe ich auf und gehe zu seinem Bett nach dem Motto, kommt der Berg nicht zum Propheten kommt der Prophet zum Berg. „Gib her!“, fordere ich und ernte ein gegrinstes „Nö.“, während er sich einfach auf meinen Hasen rollt. Und da ich bei meinen Plüschies eben sehr eigen bin und sie besser behandle als so manches menschliche Lebewesen, schmeiße ich mich mit einem „Du erdrückst ihn!“, auf Mac und versuche an meinen Hasen zu kommen, was schwerer ist als gedacht da sich mein liebster Mitbewohner wahnsinnig schwer machen kann. Aus einem Versuch Yumeji zu retten wird ein Gerangel das irgendwann nicht mehr um den Hasen geht da dieser auf dem Boden landet. Ich glaube man kann es als Machtkampf bezeichnen mit dem wir heraus finden wer den Anspruch auf den Hasen oder sonstige Dinge hat. Und im Endeffekt ist es so das ich doch etwas stärker bin als ich aussehe. Ich bin in Tokyo aufgewachsen, in einem Haus voller Angestellter und Bodyguards die mir das ein oder andere beigebracht haben, von dem mein Erzeuger nichts wissen soll, nichts weiß und das ihn vermutlich sowieso nicht interessiert. Auf jeden Fall hab ich so meine Techniken und Tricks mit Leuten fertig zu werden die schwerer und/oder größer sind als ich. Also sitze ich auf Macs Hüften und halte seine Hände fest damit er nicht auf die Idee kommt mich zu kitzeln und somit den Sieg für sich zu beanspruchen. „Okay, okay, hast gewonnen.“, kommt es lachend von unter mir und ich lasse seine Hände los nachdem er mir versichert hat mich nicht sofort mit einer Kitzelattacke nieder zu strecken. Ich stütze mich mit den Unterarmen auf Macs angewinkelten Knien ab während ich versuche wieder zu Atem zu kommen, denn ob man es glaubt oder nicht es ist anstrengend mit Mac zu rangeln. „Was machen wir jetzt noch?“, kommt die Frage von ihm und ich zucke mit den Schultern so gut das eben gerade geht. Die Frage war allerdings gut, so wie jeden Tag weshalb ich kurz überlege wozu ich noch in der Lage bin ohne sofort tot umzufallen oder eben einzuschlafen. „Was hältst du davon wenn wir 'Bleach' weiter schauen?“, schlage ich deshalb vor und ernte ein kräftiges Nicken was mich grinsen lässt da es somit einfach beschlossene Sache ist. Ich will gerade fragen ob ich noch schnell zum Supermarkt gehen und was zu Knabbern besorgen soll als die Zimmertüre aufgeht und Mr. Obercool im Türrahmen steht und dort auch wie eine Salzsäule stehen bleibt. Mein erster Gedankengang ist das sein Gesichtsausdruck wirklich dämlich ist, gefolgt von das Mac aufhören könnte so dämlich zu grinsen wie ich das aus dem Augenwinkel sehe. „Äh...“, kommt's von dem Störenfried und mir kommt zum ersten mal der Gedanke dass das hier vielleicht etwas anders aussieht als es eigentlich ist. Es ist wie bei Monopoly. Katastrophen haben ein echt mieses Timing. Kapitel 5: Es ist kompliziert und es gehört mir ----------------------------------------------- Mac grinst Kai an. Ich starre Kai an. Und Kai starrt mich an. Und so vergehen ein paar Minuten in denen keiner etwas sagt oder sich bewegt sondern einfach nur gestarrt wird. Ich bin mir nicht sicher was ich davon halten soll, aber tief in meinem Inneren laufe ich gerade panisch im Kreis und kreische während ich mir die Haare raufe. Äußerlich bleibe ich natürlich ruhig sitzen und starre weiter. Selbst wenn Kai an seinem ersten Schultag den verdammten von Eric gesehen und auch gelesen hat bestand immer noch die Möglichkeit dass er das Ganze als Witz abgetan hat. Aber spätestens jetzt war mein kleines dunkles Geheimnis ein ziemlich hell erleuchtetes Geheimnis auch wenn jetzt der richtige Zeitpunkt wäre an dem Kai das als Witz abtun sollte. Tut er aber nicht sondern bleibt immer noch so stehen bevor er ein „Ehm...stör ich?“, verlauten lässt. „Nein.“, antworte ich während Mac zeitgleich ein „Ja.“ von sich gibt, aber immer noch dämlich grinst, was mich dazu verleitet mich endlich zu bewegen und ihm mein Knie in die Seite zu rammen und ihn erbärmlich zu husten. „Nein, du störst nicht mehr als sonst auch. Woher hast du den Zimmerschlüssel?“ Letzteres ist meiner Ansicht nach mal wieder eine ziemlich angebrachte Frage und Kai deutet einfach auf Mac womit dieser meine ganze Aufmerksamkeit besitzt während ich von ihm runter gehe und mir meinen Plüschhasen schnappe. „Ich hab ihm angeboten das er heute hier pennen kann während sein neuer Mitbewohner einzieht.“, kommt es von meinem Mitbewohner den ich gerade gern vor die Tür setzen würde, zusammen mit Mr. Obercool. „Und wann hattest du vor mich davon in Kenntnis zu setzen?“, murre ich während ich meinen Hasen auf dem Bett absetze und mir eine Zigarette anzünde. Früher hab ich mal weniger geraucht, aber seit Mac sich gegen mich zu verschwören scheint und unser Prince Charming hier her gekommen ist, habe ich manchmal das Bedürfnis 5 Zigaretten auf einmal zu rauchen. „Ich hab mir gedacht er könnte bei dir schlafen.“ Mein Kopf schießt zu Mac herum der inzwischen aufgestanden ist und Kai ins Zimmer zieht um die Tür hinter ihm zu schließen, und ich fixiere ihn aus zusammen gekniffenen Augen. „Im Nachhinein halte ich das natürlich für eine blöde Idee und habe folgende Ideen: Kai schläft bei mir oder Kai schläft bei mir und ich bei dir.“ Nehmen wir an ich würde diesen Typen nicht abgrundtief hassen, dann würde ich beides für blöde Ideen halten. Erstens kommt mir keiner in mein Bett und zweitens sabbert Mac immer noch im Schlaf. Würde ich Kai also mögen und nicht hassen, würde ich ihn davor bewahren an gesabbert zu werden. Ich mag ihn aber nicht weshalb ich „Möglichkeit eins klingt super.“ verlauten lasse. Während Mac sein Bett für zwei Leute tauglich macht steht Kai dumm aber dekorativ im Zimmer herum und ich beobachte ihn aus dem Augenwinkel während ich das Fenster öffne um mich gegen das Fensterbrett zu lehnen und den Rauch nach draußen zu blasen. Nach guten 3 Minuten in denen Mac weiter in seinem Bett herum fuhr werkt um diverse Dinge wie Stifte, Zettel, Notizbuch und anderen Kram heraus zu fischen damit Kai nicht darauf liegen muss, stoße ich die Luft aus und packe mir wieder meinen Plüschhasen Yumeji den ich nach Kai werfe und der diesen ganz wie erwartet auffängt, bevor er mich verstört ansieht. Ich hab von jemandem aus der Basketball AG auch nichts anderes erwartet als das er heran fliegende Dinge auffängt. „Setz dich, das kann noch dauern.“, kommentiere ich und deute auf Mac der irgendwas murmelt was vermutlich eine Verwünschung an mich ist. Auf den fragenden Blick den Kai mir zuwirft nicke ich in Richtung meines Bettes und er setzt sich vorsichtig darauf während sein Blick auf Yumeji ruht und er ihn dreht und wendet. Aufgrund der Stille die auf Macs Bett entstanden ist wende ich ihm den Blick zu und Kai tut dasselbe bevor seine Augenbraue in die Höhe wandert und er mir einen fragenden Blick zuwirft als Mac ihn mit offenem Mund mustert. „Oh...mein Gott!“, stößt mein bester Freund aus und ich schenke Kai einen Seitenblick während ich mit den Augen rolle. „Du gehst tatsächlich auf ihn zu!“, stößt er aus und ich stoße eine Rauchwolke aus ehe ich ein „Nö.“, von mir gebe und die Zigarette im Aschenbecher auf dem Fensterbrett ausdrücke. „Es nervt mich nur wie er wenig dekorativ im Raum steht.“, kommentiere ich etwas gelangweilt und lasse mich auf meinen Schreibtischstuhl fallen, da ich davon ausgehe das unser Animeabend damit gelaufen ist. Eine Weile herrscht Stille bevor Mac mit seiner Suchaktion weiter macht und sich räuspert. „Wie ist dein Mitbewohner denn so? Hast du ihn schon gesehen?“ Wieder Stille bevor Kai einen brummenden und vermutlich zustimmenden Laut von sich gibt. „Ich glaub nicht das ich mit dem klar komm.“ Es tut mir wirklich leid, aber meine Mundwinkel zucken und ich bin tatsächlich interessiert daran was er noch so von sich gibt. Bis gerade eben war ich nämlich noch der Meinung das Kai mit so gut wie jedem klar kommt, immerhin versucht er sogar mit mir irgendwie...klar zu kommen. Wobei es nicht gerade hilfreich ist das er mich umarmt und ich seine Arroganz nicht ausstehen kann, aber es geht gerade ja auch um das Grundprinzip. „Wieso?“, hakt Mac nach und ich bin froh das ich keine offensichtlich interessieren Fragen stellen muss, da mir das zwar durchaus liegt ich es aber nicht tun will in Anbetracht dessen das es sich um Mr. Obercool handelt, der während seiner Abwesenheit anscheinend eine Verwandlung durch gemacht hat und versucht nicht mehr so arschig zu sein. „Er heißt Taylor Harrison, ist 20 und er ist ein Punk!“ Letztes Wort kommt mir etwas zu betont aus seinem Mund ich und hebe meine Augenbraue minimal während ich mir im selben Moment eine neue Zigarette in den Mund schiebe und diese anzünde. Ich nehm's zurück, Kai hat sich in seiner Abwesenheit kein bisschen geändert. Ich weiß nicht was genau er will das er mir heute den ganzen Tag am Arsch zu hängen scheint, aber ich krieg es noch raus und dann kann er sich warm anziehen. „Ein Punk?“, kommt es amüsiert von Mac und Kai brummt wieder während er meinen Hasen knautscht. „Er hat nen türkisen Hahnenkamm. Und er guckt echt mies. Bestimmt ist der irgendwie vorbestraft.“ Meine Augenbraue zuckt kurz und Mac scheint meinen Stimmungsumschwung zu bemerken ohne mich ansehen zu müssen, da ein amüsiertes „Ein Punk und vermutlich vorbestraft, genau dein Fall oder Touji?“, von ihm kommt was mich grinsen und ein „So was von!“, von mir geben lässt. Ob es erstes oder letzteres ist was mir einen irritierten Blick von Kai einbringt ist mir unklar und auch ziemlich egal. „Sein Fall? Wieso?“ Kai scheint es für klüger zu halten Mac zu fragen was mir auch ganz recht kommt, da ich ihm ansonsten einen schmerzhaften Vortrag über Schubladendenken an den Latz geknallt hätte. Zumindest weiß ich jetzt wieder warum ich ihn nicht leiden kann. Mac dreht dich grinsend zu Kai um und zuckt mit den Schultern bevor er leise lacht. „Touji hat es nun mal mit Leuten die bei anderen nicht so gut ankommen. Holst du jetzt was zu knabbern?“, wendet er sich mit dem letzten Satz an mich und ich hebe fragend eine Augenbraue. „Kai kann doch mit 'Bleach' anschauen.“, beantwortet er meine unausgesprochene Frage und ich zucke mit den Schultern bevor ich mich erhebe und die Zigarette wieder im Aschenbecher ausdrücke. „Irgendwas bestimmtes?“, frage ich in die Runde und es kommt allgemeines Kopfschütteln während ich mir meinen Geldbeutel und den Zimmerschlüssel schnappe. „Ich komm mit!“, kommt es von Mr. Obercool als ich schon die Klinke in der Hand habe und ich drehe mich um, um ihn anzusehen. „Mach das. Pass auf das er Marcel nicht über den Weg läuft.“, kommt es von Mac der zur Hälfe unter seiner Matratze verschwunden ist um weiter Dinge zu suchen und ich seufze genervt, sage aber nichts bevor ich mich wieder in Bewegung setze und auf den Flur hinaus trete. Ich höre wie die Tür zu schlägt und Kais Schritte hinter mir bevor ich die Treppen nach unten trample und im Erdgeschoss angekommen nach draußen trete und ungewollt tief durch atme. Ich gebe es ungern zu aber es ist mir unangenehm mit Kai allein unterwegs zu sein. Genau definieren woher dieses Gefühl kommt kann ich zwar nicht, aber es reicht mir auch schon vollkommen das es da ist. Irgendwie ist es ungewohnt und veranlasst mich dazu die Schultern hoch zu ziehen was ich aber auch auf die Temperatur schieben kann. Es herrscht Schweigen zwischen uns bis wir die Hälfte des Weges hinter uns haben und ich die Schulgebäude schon gar nicht mehr sehen kann, ehe Kai seine Stimme erhebt. „Was ist da zwischen dir und Marcel?“ „Was soll da sein?“, frage ich zurück und zünde mir die nächste Zigarette an. Ich weiß das ich nicht so viel rauchen sollte, aber in der Gegenwart von Mr. Obercool lässt sich das leider aus irgendeinem Grund nicht abstellen, weswegen ich den Rauch tief inhaliere und durch die Nase wieder ausatme. „Es muss ja irgendeinen Grund geben das er...“ Das er? „Na ja...das er versucht hat dich zu...vergewaltigen.“ Ich bleibe unvermittelt stehen und Kai läuft fast in mich hinein, was nur dadurch verhindert wird das er mich automatisch an den Schultern packt um besser abbremsen zu können. Und während er das tut fange ich an los zu lachen, aber so richtig. „Bitte was? Das wär mir neu.“, japse ich bevor ich weiter lache und meine Hände auf den Knien abstütze um besser an Luft zu kommen. Es dauert eine ganze Weile bis ich mich so weit ein gekriegt habe das ich nicht mehr sofort los lache und ich atme ein paar Mal tief durch bevor ich mir meine Zigarette wieder zwischen die Lippen klemme und weiter gehe. Kai folgt mir und es ist kurz wieder Ruhe. „Aber er hat versucht dich umzubringen oder?“ „Was interessiert dich das überhaupt?“, frage ich zurück, weil mir die Fragerei auf die Nerven geht und ich mich frage was er damit bezweckt. Immerhin hat er Mac und Marvin schon darüber aus gequetscht oder nicht? Oder will er von mir nochmal eine Bestätigung hören? „Ich hab Gerüchte gehört in der Basketball AG. Na ja, und sonst auch. Und Marcel wird aggressiv wenn dein Name fällt.“ Aha, Marcel wird also aggressiv wenn mein Name fällt und deswegen hat es sich Kai zur Aufgabe gemacht mich und meine Freunde mit dem Thema zu belästigen. Welch wunderbare Fügung des Schicksals. „Okay Sherlock Holmes, Marcel hat nicht versucht mich umzubringen okay? Ist einfach blöd gelaufen, aber wenn ich raus kriege welcher Schwanzlutscher das Gerücht in die Welt gesetzt hat dann knallt's.“ Allein schon das ich das Wort 'Schwanzlutscher' verwende ist eigentlich ein Witz und das ich Marcel in Schutz nehme ein noch viel größerer. Aber es geht mir hier ums Prinzip. Wenn man es genau nimmt hat Marcel ja nicht versucht mich umzubringen. Er hat nur dumm gegrinst und ist gegangen, was als unterlassene Hilfeleistung durch geht aber nicht als versuchter Mordanschlag, wenn man es streng betrachtet. Und da ich so etwas immer sehr genau abwäge bin ich der Meinung das er nicht versucht hat mich umzubringen, es hat sich lediglich so ergeben und kam ihm vermutlich ziemlich gelegen. Was eventuell noch Totschlag sein könnte, aber immer noch kein Mordversuch. „Du nimmst ihn in Schutz?“, hakt Kai, etwas ungläubig, nach und ich zucke mit den Schultern bevor ich ein „Es ist nicht wahr.“, zurück gebe. Bis wir beim Supermarkt angekommen sind reden wir nicht und ich bin ehrlich gesagt auch froh darum, da ich mich sonst vermutlich gleich auf die Suche nach diesem Idioten machen würde der so einen Scheiß in die Welt gesetzt hat um ihm den Gar auszumachen, wenn Kai noch einmal mit diesem Thema gekommen wäre. Ich angle mir im vorbei gehen zwei Rockstar aus dem Kühlregal und klemme sie mir unter den Arm bevor ich um die Ecke biege um zum Knabberkram zu gelangen und abrupt bremse, aber trotzdem mit Marcel zusammen stoße der eine Tüte Chips fallen lässt bevor sich sein Gesicht verdunkelt. „Nicht gut das du allein bist.“, kommt es von ihm und ich zucke mit den Schultern. „Bin ich nicht. Dein reizender Teamkollege ist bei mir.“, gebe ich gelangweilt zurück als in dem Moment auch schon Kai um die Ecke biegt und hinter mir stehen bleibt. Im gleichen Moment biegt Eric um die andere Ecke und hebt eine Augenbraue während er mich fragend ansieht und ich einfach nur gelangweilt zurück gucke was ihn schief grinsen lässt. Mein Blick wandert zu Marcel der über meine Schulter hinweg Kai finster anstarrt und als ich ebenfalls zu diesem nach hinten sehe, sehe ich wie dieser genauso finster zurück starrt. Aus irgendeinem Grund fühle ich mich gerade wie in einem echt miesen Drama und weiß nicht einmal wieso. Vielleicht liegt es daran das mir die Stille nicht gefällt, aber die wird in dem Moment auch schon von Kai unterbrochen der „Was macht ihr hier?“, verlauten lässt. Vermutlich bin ich nicht der Einzige der gerade denkt das es eigentlich offensichtlich ist was man in einem Supermarkt tut, so wie ich Marcels Gesichtsausdruck deute. „Einkaufen.“, kommt es in dem Moment auch schon von ihm und ich rolle mit den Augen während ich mich an ihm vorbei schiebe, das Gesicht verziehe und eine wegwerfende Handbewegung mache was Eric grinsen lässt. „Ich geh schon vor.“, kommentiere ich in Kais Richtung und Eric folgt mir einfach nachdem er Marcel mitgeteilt hat das er schnell neue Chips besorgen geht, da die anderen jetzt bestimmt nur noch Brösel sind. Im Allgemeinen nicht besonders auffällig. Eric und ich reden in der Öffentlichkeit nicht miteinander. Nur manchmal wie jetzt und wie rein zufällig weil wir gerade in dieselbe Richtung müssen und dasselbe wollen. „Also ist Kai doch dein Typ?“, kommt es leise aber grinsend während er die verschiedenen Chipssorten im Regal studiert und ich schnaube. „Du spinnst doch. Mac hat ihn bei uns einquartiert weil er jetzt einen Mitbewohner kriegt der Punk ist und vor dem er sich offensichtlich in die Hosen macht.“, murre ich vor mich hin und ziehe zwei Chipstüten aus dem Regal wovon ich eine Eric zuwerfe und mir dann noch zwei Tüten Erdnussflips heraus ziehe, gefolgt von einer Tüte Popcorn. „Er hat ihn bei euch einquartiert?“, gluckst es neben mir und ich murre nur bestätigend. „Und wo soll er schlafen?“, kommt es dann schon interessierter und etwas ernster und ich sehe Eric mit zusammen gezogenen Brauen an, weil ich das gerade seltsam finde. „Bei Mac natürlich. Du glaubst doch nicht das ich den in mein Bett lasse. So sozial bin ich nicht.“ „Du lässt ja nicht mal mich in dein Bett.“ „Ich lasse NIEMANDEN in mein Bett.“, stelle ich klar und Eric gibt ein gegrinstes „Stimmt.“, von sich. Trotzdem kommt er mir gerade komisch vor. Oder aber ich leide unter Paranoia so wie mir heute irgendwie alle komisch vorkommen. „Hast du die Chips?“, kommt es synchron von Kai und Marcel die gerade um die Ecke biegen und Eric hebt die Tüte hoch während ich ein „Seid ihr Zwillinge oder was?“, von mir gebe. Es tut mir wirklich leid sollte ich jemandem zu nahe getreten sein, so dumm wie die gucken, aber bei diesem synchronen Handeln finde ich die Frage als angebracht. „Du wohnst jetzt bei Touji?“, fängt Eric auch gleich an Kai zu necken und ich rolle mit den Augen, einfach weil mir klar war dass das jetzt kommt. Dafür kenn ich den Sunnyboy einfach zu gut, fast schon besser als mir lieb ist. „Wa...nein, ich bleib nur heute da.“ „Ja, ja.“ „Was...hey, was unterstellst du mir?“ Während Eric also Kai ärgert und dieser auch noch darauf einsteigt, was übrigens ein Fehler ist, setze ich mich in Bewegung und gehe zur Kasse wo ich mich hinter zwei Kerlen einreihe die darüber diskutieren ob sie nun auf der Nordseite oder der Westseite des Campus ihr Saufgelage abhalten sollen. „Wieso wohnt er bei dir?“, kommt es hinter mir und ich drehe mich halb um um Marcel anzusehen der mit finsterem Gesichtsausdruck sein Zeug aufs Band knallt und sich eine Schachtel Zigaretten dazu wirft ehe er mir meine Marke zuwirft und ich sie zu meinem Zeug dazu lege. „Er wohnt nicht bei mir, er übernachtet.“ „Und wieso?“ „Weil er Angst vor seinem neuen Mitbewohner hat?“ „Verarsch mich nicht!“ „Tu ich nicht.“ „Ernsthaft jetzt?“ „Jap.“ Ich schweige wieder und zahle mein Zeug bei dem extrem gelangweilten Kassierer und klemme mir alles irgendwie unter den Arm bevor ich den Supermarkt verlasse und auf Kai warte, während ich murre weil ich mir keine Zigarette anzünden kann. Als die Tür hinter mir aufgeht drehe ich mich um weil ich hoffe das es Kai ist und ich ihm einen Teil von dem Zeug in die Hand drücken kann. Stattdessen zucke ich zurück als mir eine Zigarette zwischen die Lippen geschoben wird und Marcel mir ein Feuerzeug hinhält. Während ich mir also die Zigarette anzünden lasse frage ich mich unweigerlich was heute mit ihm los ist. Ich finde er verhält sich seltsam, einfach zu normal auch wenn sein Gesichtsausdruck immer noch etwas finster ist. Anstatt irgendwas zu sagen stopft er seine Hände in die Hosentasche und geht in Richtung See der sich ebenfalls auf dem Gelände in der Nähe des Waldes befindet und ich sehe ihm mit gerunzelter Stirn hinterher. Als kurz darauf Eric und Kai aus dem Supermarkt kommen, wobei Eric meinen ungewollten Mitbewohner immer noch ärgert, deute ich mit dem Kopf in Richtung See und unser Sunnyboy nickt, ehe er sich von Kai verabschiedet und zum Sprint ansetzt. Ich dagegen gucke Kai finster an der entweder meinen Gedanken erraten hat oder es aus reiner Höflichkeit tut, aber zumindest nimmt er mir einen Großteil von dem ganzen Kram ab so das ich jetzt eine Hand frei zum rauchen habe. Der Weg zurück zum Wohnheim verläuft schweigend was ich ehrlich gesagt zu schätzen weiß. Zwar ist die Nähe zu Kai immer noch ungewohnt aber wenigstens nicht mehr so unangenehm wie am Anfang, was ich als positiv betrachte. Ich mag es nämlich nicht in unangenehmen Situationen fest zu stecken. Das mag vielleicht etwas komisch klingen, weil ich unangenehme Situationen förmlich provoziere und das in erster Linie mit Marcel, aber mögen tu ich sie trotzdem nicht. Wobei das bei Marcel wieder was anderes ist, einfach weil ich mich wohler fühle wenn wir uns beleidigen und die Köpfe einschlagen als wenn er einfach nichts tut. Und das klingt bestimmt total komisch, weswegen ich es auch niemandem sage, aber es ist einfach so. Zwar weiß ich das er mir kräftemäßig überlegen ist und mir wirklich ohne Mühe ziemliche Schmerzen zufügen kann, aber wenn er einfach nichts tut ist es unheimlich. Ich habe auch nicht die geringste Lust etwas dagegen zu unternehmen, weil ich es einfach mag wie es ist und ich ungern in alte Verhaltensmuster zurück rutsche, auch wenn ich es manchmal ohne zu wollen trotzdem tue. „Ich dachte ihr hasst euch.“, kommt es neben mir als wir die Treppen zu unserem Zimmer nach oben steigen und ich gebe einen murrenden Laut von mir bevor ein „Tun wir auch.“, folgt. „Sah aber anders aus.“, hält Mr. Obercool dagegen und ich rolle mit den Augen ehe ich ihm einen Seitenblick zuwerfe. „Sag mir wenn ich mich irre, aber bist du eifersüchtig?“, gebe ich sarkastisch von mir und meine es nicht mal ernst. Ich weiß das es absoluter Schwachsinn ist, aber jeder normal denkende Mensch würde das annehmen und außerdem bin ich der Meinung das Kai einen Dämpfer vertragen kann. „Was...wie kommst du bitte darauf?“, kommt es auch schon zurück und ich habe meine liebe Mühe mir ein Grinsen zu verkneifen. „Och, nur so. Du hörst dich einfach nur an wie eine eifersüchtige Freundin. Dabei kann es dir scheißegal sein ob Marcel und ich uns die Köpfe einschlagen oder nicht.“ „Ich bin nicht eifersüchtig!“, kommt es gereizt zurück und ich hake den Punkt ab heraus zu finden wie man Kai wütend machen kann. „Und ob mich das was angeht. Er ist in meiner AG und er hat letztens versucht dich mit einer Salatgabel zu töten.“ Ich kann ein Glucksen nicht unterdrücken und hebe eine Augenbraue während ich ihn ansehe und mitleidig mit dem Kopf schüttle. „Hätte er nicht.“ „Und woher willst du das wissen?“, kommt es jetzt richtig mies gelaunt zurück und ich schnaube während ich mich frage ob ich genauso zickig bin wie er, oder zumindest so rüber komme. „Weil ich es weiß.“ Und das wird meine einzige Antwort darauf bleiben halte ich in Gedanken fest während ich die Zimmertüre aufsperre und unser Zimmer betrete bevor ich den Kram den ich trage auf Macs Bett werfe der mich mit hoch gezogenen Brauen ansieht. „Gab's Stress? Du siehst so gereizt aus.“ „Wir haben Marcel und Eric getroffen. Ach ja, und dein neuer Freund hält sich offensichtlich für meine Mutter.“, gebe ich in einer sehr gekürzten Version von mir während Kai ein säuerliches „Das hat gar nichts damit zu tun.“, von sich gibt ehe er ein „Er wollte dich umbringen.“, hinten dran hängte. Ich bin nicht zickig aber ich bin teilweise leicht reizbar. Man braucht einfach nur das richtige Thema dafür und Marcel gehört nun mal dazu. „Du bist neu hier und hast von nichts eine Ahnung, also halt endlich deine verdammte Schnauze und hör auf Dinge zu behaupten die nicht im geringsten wahr sind.“, knurre ich während ich mich zu unserem 'Gast' umdrehe und die rechte Hand zur Faust balle. Es ist selten das Mac sich schnell bewegt, aber in diesem Moment ist er schnell auf den Beinen und zwischen uns wobei er mit dem Rücken zu Kai steht und ich somit genau weiß wen er vor wem beschützen will. Nämlich Kai vor mir. Was ihm auch nicht zu verübeln ist in Anbetracht dessen, das er mich schon 3 Jahre lang kennt und weiß wie ich auf dieses Thema reagiere. „Verdrängst du gern Tatsachen? Die Situation in der Mensa war wohl eindeutig!“, schießt Kai zurück und ich beiße die Zähne zusammen. „Lass es, Kai!“, mischt sich Mac ein und sieht ihn über die Schulter an ehe er schief grinst. „Es ist Touji's Sache und er wird nicht zulassen das du dich einmischst. Akzeptier einfach das die Sache mit ihm und Marcel kompliziert ist und lass es sein.“ Das ist vermutlich das weiseste was ich jemals von Mac gehört habe weshalb ich mich wieder entspanne und meine Hand entkrampfe. Ja, vielleicht ist es seltsam, aber es hat sich niemand in diese Sache einzumischen. Ich brauche keine Hilfe von irgendwelchen Leuten die meinen die ganze Situation zu verstehen, was sie nicht im geringsten tun. Die Sache ist kompliziert und sie ist meine Angelegenheit in die sich niemand einzumischen hat. „Alles gut jetzt?“, hakt Mac nach und es kommt ein zeitgleiches „Ja.“, von mir und Kai, bevor Kai ein „Tut mir leid.“, hinten dran hängt und ich mit einem „Ist okay.“, antworte. Während Mac sich mit einem „Gut. Seit artig.“, auf sein Bett wirft und mit der Wireless-Maus auf seinem Computer herum klickt um die nächste Folge von 'Bleach' buffern zu lassen. „Friede?“, kommt es neben mir und ich sehe auf die Hand die mir hingehalten wird ehe ich diese zögerlich nehme und ein „Jap.“, von mir gebe. Es kann immerhin nicht schaden vorläufig das Kriegsbeil zu begraben. Zumindest so lange wie Kai sich in diesem Zimmer aufhält und ich nicht gewillt bin zu irgendwem anders zu ziehen. Wobei mir sowieso nur Marvin einfallen würde da ich schlecht bei Eric einziehen kann, da der sich immerhin ein Zimmer mit Marcel teilt. Während Kai sich auf Macs Bett hockt suche ich meinen Aschenbecher und meine Zigaretten zusammen und lasse mich dann ebenfalls auf das Bett fallen, wo ich natürlich neben Kai lande, da Mac es vorzieht die andere Seite zu belegen und Kai nun mal in der Mitte hockt. Mir soll das recht sein da es mir im allgemeinen relativ egal ist neben wem ich sitze. Irgendwie könnte ich auch gerade kotzen so umgänglich wie ich mit Kai gerade umgehe, außer das ich ihm vor nicht mal fünf Minuten die Fresse polieren wollte. Aber ich glaube solche Phasen hat jeder Mal, oder eben auch nicht. Während also die Bleach folge über den PC Bildschirm flimmert schiebe ich mir einen Chip nach dem anderen in den Mund und tue mein Bestes um Kai nicht aus dem Augenwinkel zu beobachten. So sehr mir der Typ auch gegen den Strich geht und vor allem das er sich in meine Angelegenheiten einmischt, so sehr finde ich es auch irgendwie putzig das er versucht mich zu beschützen. Natürlich kann ich mir das auch einfach einbilden und es ist reine Berechnung seinerseits, was ich eher annehme. Zwar kommt mir noch keine Idee wofür, aber irgendeinen Grund muss sein Verhalten ja haben. Vielleicht hat es aber auch etwas mit der Beerdigung seiner Oma zu tun und er hat jetzt einen anderen Blickwinkel auf das Leben, oder so etwas ähnliches. Angeblich soll das ja öfter vorkommen hab ich irgendwo gelesen. Ich beiße mir fast auf den Finger als ich mir einen Chip in den Mund geschoben habe und bleibe einfach stocksteif sitzen, ehe mein Blick leicht nach rechts wandert und ich die Augenbraue hebe während ich ein „Ja?“, von mir gebe, einfach um zu verstehen was Kai jetzt von mir will. Denn er muss ja irgendetwas wollen wenn er sich mit der Schulter einfach an meine lehnt und sich tiefer in die Kissen sinken lässt. „Nichts.“, kommt es zurück und mein Blick wandert zu Mac der offensichtlich krampfhaft versucht ein Lachen zu unterdrücken. 'Nichts' definiert also bei Kai das er sich einfach mal so dreist an mich lehnt und mich nicht mal fragt ob ich das leiden kann oder nicht. Hervorragend! Genau so was brauchte ich heute unbedingt noch, sonst wäre mein Tag auch zu ereignislos gewesen. „Kuschel mit Mac, ich mag das nicht.“, murre ich während ich ihm die Popcorntüte aus der Hand nehme und sie aufreiße. Lustigerweise versuche ich dabei meine rechte Schulter so wenig wie möglich zu bewegen obwohl Kai da drauf liegt und es eigentlich die perfekte Gelegenheit wäre ihn da runter zu bekommen. „Der sitzt aber.“, kommt es zurück und ich gebe ein lustloses „Na und?“, von mir. Soll er sich halt auf Macs Schoß legen, ist mir doch egal, aber nicht zu mir rutschen. „Na du liegst.“ Man kann Dinge ja so einfach beheben in denen man sich einfach aufsetzt und den ungewollten Kuscheltypen somit von seiner Schulter wirft. Ich zünde mir eine Zigarette an und bin froh das ich Kai los bin und er nun hoffentlich endlich zu meinem Mitbewohner rüber rutscht, aber Satz mit X das war wohl nix. Anstatt also endlich zu Mac abzuziehen, der ihn leiden kann im Gegensatz zu mir, starre ich stattdessen auf meinen Oberschenkel als dieser miese Parasit seinen Kopf tatsächlich darauf parkt und meine Augenbraue zu zucken anfängt. „Hey!“, gebe ich von mir und er sieht mich tatsächlich an, mit einem Blick der eigentlich für Hundebabys reserviert ist was mich mit den Zähnen knirschen lässt. „Runter!“ „Will nicht.“, kommt es zurück. „Lass ihn halt.“, kommentiert mein Mitbewohner und ich fühle mich gerade etwas verraten und etwas verarscht. „Leckt mich doch.“, murre ich während ich an meiner Zigarette ziehe und mich wieder in die Kissen fallen lasse und Kai 'halt einfach lasse'. Ich weiß das ich das spätestens morgen bereuen werde. Und zwar so was von! Kapitel 6: Willkommen in Nightcrawl! ------------------------------------ Ich kann mich noch erinnern das wir an die 8 Folgen von 'Bleach' gesehen haben, aber ab da fehlt mir alles, weil ich vermutlich eingeschlafen bin. Umso unguter ist mein Gefühl als ich morgens die Augen aufschlage und wie erwartet natürlich in Macs Bett liege da dieser niemals den Fehler machen und mich aufwecken würde. Ich bin ein Morgenmuffel und es ist vollkommen egal zu welcher Uhrzeit ich schlafe, sobald man mich aufweckt bin ich einfach schon aus Prinzip schlecht gelaunt. Was mein ungutes Gefühl hervor gerufen hat ist diese abartige Wärme an meiner Seite und mit einem vorsichtigen Blick dorthin wird mir klar das meine schlimmste Befürchtung nicht nur wahr geworden ist sondern auch noch übertroffen wurde. Ich hatte ja schon damit gerechnet das Kai auch dort eingeschlafen ist wo er eben gelegen hatte, nämlich neben mir. Übertroffen wird das Ganze einfach nur durch die Tatsache das sein Arm um meinen Bauch liegt und sein Kopf halb auf meiner Schulter und halb auf meiner Brust parkt und ich zu allem Überfluss auch noch einen Arm um ihn gelegt habe. Letzteres lässt mich das Gesicht verziehen und beten das er nicht gerade jetzt aufwacht. Das Öffnen der Badezimmertüre lässt mich in eben jene Richtung sehen und als erstes Macs breites Grinsen registrieren ehe die Frage „Brauchst du Hilfe?“, in einem neckischen Tonfall kommt, die ich aber mit „Ja.“, beantworte. Und mit Macs Hilfe ist es auch einfacher aus dieser Umklammerung heraus zu kommen ohne Gefahr zu laufen diesen Vollidioten aufzuwecken. Zwar verstärkt er den Griff kurzzeitig, aber nachdem Mac ihm ein Kissen in den Arm gedrückt hat schläft Kai friedlich weiter wie ein Kätzchen was ich nur erleichtert ausatmen lässt. „Ich hab zur Erinnerung Fotos gemacht. Willst du welche?“, fragt mein bester Freund, der diesen Titel hiermit die längste Zeit hatte, mich fröhlich und ich versuche ihn mit Blicken zu töten auch wenn ich aus Erfahrung weiß, dass das nicht klappen wird. „Fotos. Zur Erinnerung. Woran?“, murre ich nachdem ich mir eine Zigarette angesteckt habe und in meinem Kleiderschrank nach Klamotten suche auf die ich heute Lust habe. „Na das ihr euch nicht immer bekriegt. Wenn ich dir diese Fotos in 50 Jahren zeige wirst du dich darüber freuen.“ „In 50 Jahren bin ich vermutlich an Lungenkrebs verreckt und selbst wenn nicht, werde ich mich garantiert nicht darüber freuen.“, kommentiere ich trocken und gähne bevor ich die Klamotten meiner Wahl auf das Bett werfe und mich ans Fensterbrett lehne um bei offenem Fenster weiter zu rauchen. „Soll ich ihn aufwecken?“, fragt mich Mac nach einer Weile und ich murre abwehrend während ich meine Zigarette ausdrücke und ein „Warte gefälligst bis ich im Bad bin.“, von mir gebe. Ich kann nämlich gut und gerne darauf verzichten das er Kai sofort mit den Fotos konfrontiert und ich mich dabei noch im Raum befinde. Das ist so ziemlich das letzte das ich morgens nach dem Aufstehen brauche, weshalb ich mich auch sofort mit meinen Klamotten ins Bad verdrücke. Dort angekommen schließe ich die Tür hinter mir und wedle mit der Hand vor meinem Gesicht herum um Macs Parfum zu verdrängen was natürlich nichts bringt. So gern ich meinen etwas gestörten Mitbewohner auch mag, seine Parfumwahl müssen wir dringend noch einmal überdenken wenn ich nicht in den nächsten Jahren sterben will. Dieses Patchouli mit Vanille macht mich wahnsinnig, auch wenn es an ihm gar nicht so schlecht riecht. Aber vielleicht kann ich ihm angewöhnen sich auf dem Schulflur damit ein zu sprühen, anstatt in unserem Badezimmer. Denn zu meinem Leidwesen hat dieses kein Fenster und der Geruch bleibt somit hier hängen bevor er seinen Weg in unser Zimmer und erst da durch das Fenster nach draußen findet. Während ich darüber nachdenke ziehe ich mich aus und werfe die Kleidung in den dafür vorgesehenen Korb, ehe ich das Wasser der Dusche andrehe und probeweise meine Hand darunter halte. Mac ist ein Kaltduscher und es ist nicht ratsam unter die Dusche zu steigen ohne vorher die Temperatur geprüft zu haben, wenn man keinen Herzinfarkt und/oder das Haus zusammen schreien will. Nachdem das Wasser die gewünschte Temperatur hat steige ich darunter und ziehe den Vorhang zu, ehe ich eine Augenbraue hebe als ein „Das ist ja wohl ein Witz!“ von unserem Zimmer ertönt und ich die Stimme als die von Kai identifiziere. Vermutlich hat Mac ihm gerade ganz glücklich die gemachten Fotos gezeigt und ihn somit in den Abgrund der Verzweiflung gestoßen. Irgendwie habe ich gerade Mitleid mit Kai während ich mich einseife und mir die Haare wasche, aber trotzdem muss ich grinsen, weil ich mich einfach gerade darüber freue das ich nicht der einzige Leidtragende bin. Zur Abwechslung ist es mal ganz nett das ich nicht der einzige bin den Mac mit seinen Taten in die Verzweiflung treibt. Ich rasiere mir die Achseln und meine Beine während ich das Opening 'Change' von 'Bleach' vor mich hin summe und höre mit halben Ohr das Mac und Kai über irgendetwas diskutieren, was mich vermutlich nicht interessiert. Gerade als ich mir die Intimzone rasiere wird die Badezimmertüre aufgerissen und ein „Hilf mir!“ ertönt von jemanden den ich hier nicht drin haben will, und natürlich rutsche ich vor Schreck ab und schneide mich genau dahin wo ich es nicht gebrauchen kann, aber wenigstens noch knapp an meinem besten Stück vorbei. „Verdammte Scheiße!“, fluche ich und höre wie Kai die Badtür wieder schließt und ein „Was ist?“, von sich gibt. „Zur Hölle gib mir ein Pflaster ich hab mich geschnitten.“, knurre ich bevor ich ein „Was machst du hier?“ hinterher schiebe. „Mac konfrontiert mich mit Fotos.“, murrt Kai zurück und wühlt im Badezimmerschrank nach einem Pflaster ehe Stille einkehrt. „Ehm...wo hast du dich geschnitten?“, kommt die Frage und ich rolle mit den Augen ehe ich meinen Kopf aus dem Duschvorhang stecke und ihn finster anstarre. „Da wo es höllisch weh tut. Also gib mir verdammt nochmal ein Pflaster!“ Ich kann förmlich mit verfolgen wie Kais Gehirn arbeitet während er mit dem Pflaster in der Hand da steht und mich anstarrt, bevor ihm die Farbe aus dem Gesicht weicht und er einen Schritt auf die Dusche zu macht. „Oh Scheiße! Lass mich sehen!“ „Vergiss es!“, fauche ich und reiße ihm das Pflaster aus der Hand ehe ich den Duschvorhang wieder richtig zu ziehe und mir den Schnitt ansehe. Er ist zwar etwas länger aber scheint nicht sonderlich tief zu sein. Ich beiße die Zähne aufeinander als keine 5 Sekunden später der Duschvorhang mit einem Ruck auf die Seite gerissen wird und ich Kai resignierend ansehe der mir wiederum ungeniert auf den Schritt starrt oder zumindest so tut. „Interessant?“, frage ich nach als nach 2 Minuten immer noch keine Reaktion kommt und sein Blick huscht zu meinem Gesicht während er den Mund aufmacht und gleich wieder schließt wobei ihm die Röte ins Gesicht schießt. „Wie du siehst verblute ich nicht.“, stelle ich dann fest und spüle mir das Blut ab bevor ich das Wasser abdrehe und mir ein Handtuch greife um zuallererst die Stelle abzutrocknen und dann das Pflaster drauf zu kleben, bevor ich aus der Dusche steige und mir das Handtuch um die Hüften binde. Während ich mir mit einem zweiten Handtuch die Haare trocken rubble sehe ich durch den Spiegel Kai an der mit der Seite zu mir steht und an die Decke starrt was mich mit den Augen rollen lässt. „Was hältst du davon wenn du einfach wieder raus gehst, damit ich mich anziehen kann.“, kommentiere ich bevor ich mir meine Zahnpasta und Zahnbürste schnappe um mir die Zähne zu putzen. „Er hat Fotos gemacht.“ „Isch weisch.“, nuschle ich mit der Zahnbürste im Mund und lehne mich mit dem Hintern ans Waschbecken als Kai sich im selben Moment umdreht und ein panisches „Du weißt davon?“, von sich gibt was mich mit den Schultern zucken lässt bevor ich ein „E hasch mi geschascht.“, vor mich hin blubbere, was mein Gegenüber aber anscheinend versteht da er nickt. Eine Weile herrscht Schweigen in der ich meine Zähne fertig putze und die Zahnpasta ausspucke um meinen Mund danach auszuspülen und Kai durch den Spiegel anzusehen als er „Tut's sehr...weh?“, verlauten lässt. Ich gebe eine „Nö.“, von mir während ich das Handtuch fallen lasse und nach meinen Shorts angle, was ihn offensichtlich dazu veranlasst mir den Rücken zu zu drehen und ein „Ich geh mal.“, zu murmeln ehe er das Bad verlässt. Zwar bin ich nicht der Typ der sich schämt vor irgendwem nackt herum zu springen, aber es gibt Leute bei denen mag ich es einfach aus Prinzip nicht was mich aber nicht davon abhält es zu tun wenn sie ungefragt ins Bad kommen. Und zu den Leuten gehört nun mal Kai, weshalb ich echt froh bin das er seinen Arsch endlich nach draußen bewegt hat. Nachdem ich in eine schwarze Röhrenjeans, Socken und ein langärmliges rotes Shirt mit der Aufschrift 'Break the Rules' in Schwarz verziert mit Nieten geschlüpft bin wird die Tür wieder aufgerissen und natürlich steht Kai drin, bepackt mit Klamotten und einem Handtuch was mich ehrlich gesagt nicht so wirklich interessiert, erst als er sich räuspert hebe ich eine Augenbraue. „Kannst du...also...raus?“ „Du hast mir gerade ungeniert auf den Schritt gestarrt. Dreimal darfst du raten.“, murre ich und angle mir meine Schminktasche in der ich nach dem passenden Zeug wühle und mir meinen Puderpinsel schnappe um das Puder in meinem Gesicht zu verteilen. Während der ganzen Prozedur des Schminkens bin ich mir wohl bewusst das Kai mich dabei beobachtet und ich mich nicht entscheiden kann ob mir das Ganze egal ist oder auf die Nerven geht. Als ich auch meine Haare gerichtet habe schmeiße ich das Zeug zurück in den Schrank und drehe mich um um das Badezimmer zu verlassen und die Tür hinter mir zu schließen, damit Kai seinen Seelenfrieden beim Duschen hat und ich keine schweren Traumata bei ihm hervor rufe die ich zum Schluss noch verantworten und ausbaden darf. Als ich das Zimmer betrete und anfange meine Schultasche zu packen sitzt Mac grinsend auf meinem Schreibtisch und wackelt mit den Augenbrauen was mich zu einem „Egal was du sagen willst, tu es einfach nicht.“ verleitet. „Du hast dich geschnitten?“, gluckst er und ich rolle mit den Augen ehe ich zustimmend murre. Macs Grinsen wurde noch größer und ich ahne böses bevor auch schon ein „Kai sagt es sei nicht tief. Wie genau hat er denn hin geschaut?“, kommt und ich mit den Augen rolle bevor meine Mundwinkel zucken. „Sehr genau. Damit kannst du ihn ja jetzt aufziehen, denn ich muss los.“, grinse ich meinen besten Freund an und ziehe meine Springerstiefel an während ich durch den Raum hüpfe mir meine Jacke schnappe und mir dann die Tasche angle. „Bis dann!“, rufe ich noch und hebe die Hand bevor ich das Zimmer verlasse. Es liegt noch nicht mal an Kai das ich das Zimmer so früh verlasse sondern es ist reine Gewohnheit, da ich immerhin noch Marvin abholen muss, da die Wahrscheinlichkeit das dieser ungemobbt und nicht verprügelt in seiner Klasse ankommt gleich bei null liegt. Vor Marvins Zimmertüre angekommen hämmere ich einmal kurz dagegen und keine 3 Sekunden später wird schon die Tür aufgerissen und Marvin lächelt mich schüchtern wie eh und je an. „Ich muss nur schnell meine Sachen holen.“, gibt er von sich und ich winke nur schief grinsend ab während ich ein „Lass dir Zeit.“, von mir gebe. Bis Schulbeginn ist immerhin noch eine Stunde Zeit aber Marvin hat trotzdem panische Angst zu spät zu kommen, wobei wir eigentlich nur 500 Meter überwinden müssen um zum Schulgebäude zu gelangen. Da Marvin immer zu früh dran ist, und ich mit ihm, landen wir wie jeden Tag in der Cafeteria wo ich mir erst einmal meinen täglichen Latte Macciatto mit Himbeersirup und Schokostreuseln gönne. Ohne meinen morgendlichen Kaffee bin ich einfach mies gelaunt und in den meisten Fällen auch nicht aufnahmefähig, aber vermutlich bin ich nicht der einzige Schüler auf Nightcrawl dem es so geht, denn morgens ist die Cafeteria immer so voll das es den Eindruck erweckt das Ding wäre nur 5 Quadratmeter groß und nicht in etwa so groß wie unsere Turnhalle. Wir stellen uns in der Schlange am Tresen an und ich wühle in meiner Handtasche nach meinem Geldbeutel. Ja, ich besitze eine Frauenhandtasche in ziemlich groß und ziemlich schwarz, in die tatsächlich mein ganzes Zeug das ich so über den Tag brauche hinein passt. Wir rutschen schweigend in der Schlange nach vorne, wobei ich mich immer noch frage warum Marvin sich jeden Tag diesen Stress zumutet und sich mit mir in der Cafeteria anstellt, vor allem weil Marvin keinen Kaffee trinkt sondern ungefähr einen Liter grünen Tee in seinem Zimmer. Selbstverständlich schleppt er während des Tages auch eine riesige Thermoskanne mit Tee mit sich herum was ich niemals verstehen werde, aber auch nicht muss. Marvin tickt einfach anders als ich. Marvin mag gediegene Farben wie braun, beige, grau, moosgrün und kackbraun und trägt im Sommer aus Prinzip der Spießigkeit karierte Hemden. Er benutzt silikonfreies Shampoo und benutzt gegen Wehwehchen jeglicher Art Teebaumöl oder Kamillensalbe. Ich habe Marvin außerdem noch nie etwas anderes trinken sehen als Tee und Wasser, was mich zu der Annahme bringt das Irland entweder wirklich am Arsch der Welt liegt, seine Eltern ihn ziemlich kurz gehalten haben oder das er einfach versessen auf Öko und seelisches Gleichgewicht ist. Marvin besucht jeden Montag Abend den Yogakurs in der kleinen Sporthalle auf der Ostseite. Sein Zimmer ist vollgestopft mit Feng Shui und auch so ausgerichtet ist. Er verbringt Sonntagnachmittage damit die Hausaufgaben für die komplette Woche vorzuarbeiten, Gedichtsbände und historische Romane zu lesen und geht eben zweimal im Monat zum Spielenachmittag des Umweltclubs. Um alles kurz zusammen zu fassen ist Marvin ein 17-jähriger Rentner. Als wir endlich an der Reihe sind ordere ich meine Bestellung und schiebe das Kleingeld über den Tresen bevor ich mir meinen XXL Becher schnappe und den Weg aus der Cafeteria ansteuere. „Was hast du jetzt?“ „Kopfschmerzen. Und zu allem Überfluss auch noch Geschichte in der Ersten.“, gebe ich seufzend von mir und denke an eine Stunde langweilige Weltgeschichte zusammen mit Kai als Sitznachbarn. Wobei es tatsächlich mehr an der langweiligen Weltgeschichte liegt als an Kai selbst. Denn da Kai in absolut ALLEN Fächern neben mir sitzt, habe ich mich notgedrungen an ihn gewöhnt. Das er die Nacht auch noch in unserem Zimmer verbracht hat setzt dem ganzen die Krone auf, auch wenn es streng genommen gar nicht so schlimm war. „Bist du...gestresst?“, kommt die Frage neben wir als wir aus der Tür auf den Campus hinaus treten und ich schiebe mir meine Sonnenbrille auf die Nase, da der Feuerball am Himmel erbarmungslos nach unten knallt und das um 7.30 Uhr morgens. Im Kurzdurchlauf erzähle ich Marvin von meiner Nacht, die für mich alles aber nicht erholsam war. Abgesehen von dem Schlafmangel der mir nicht wirklich viel ausmacht, leide ich unter Rückenverspannungen der übelsten Sorte was ich darauf schiebe das Kai mich als Kopfkissen benutzt hat. Eine Weile herrscht Stille während wir vor dem Gebäude mit den Klassenräumen stehen und ich eine Zigarette rauche, während sich die anderen Schüler an uns vorbei schieben und uns logischerweise ignorieren. Das liegt in erster Linie einfach daran das ich ich bin und Marvin auch nicht gerade super beliebt ist. Man könnte uns auch als Außenseiter bezeichnen, aber ich mag den Ausdruck nicht. Ich mag es lieber uns als 'nicht gängig' zu bezeichnen. „Kai hat...bei dir geschlafen?“ Mein Blick huscht zu Marvin und ich hebe eine Augenbraue, ehe ich dreckig grinse. „Ich weiß nicht was in deinem Kopf vorgeht, aber er hat bei UNS geschlafen. Nicht bei MIR.“ „Ich...ich denk gar nichts. Wirklich!“ Ich kann mir nur schwer ein Lachen verkneifen und wuschle Marvin durch die roten und wirren Locken, während ich ein „Nur Spaß!“, von mir gebe. So leid es mir tut, aber ich werde mir niemals vorstellen können das Marvin zweideutig denkt. Vermutlich denkt er in dieser Hinsicht nicht mal eindeutig. Marvin ist einfach ein Schaf, dazu noch naiv und unschuldig und meiner Ansicht nach wird er vermutlich auf ewig Jungfrau bleiben und eine Karriere als Priester einschlagen. Und diese Gedanken sind noch nicht einmal böse gemeint. Marvin hat jetzt schon den Vorzug das er Geheimnisse stets für sich behalten kann und seltsamerweise immer einen weisen Ratschlag hat der irgendwie an Buddha erinnert. Als Priester hätte Marvin vermutlich seine Berufung gefunden und wäre glücklich damit. Zumal ich dann jemandem mein gesamtes Leben anvertrauen könnte mit all dem Scheiß den ich gemacht habe und mir sicher sein könnte, dass dieser Jemand einfach die Schnauze darüber hält und anfängt für meine Seele zu beten. Marvin guckt mich an und blinzelt, während er wie immer an dem Gurt seines Rucksacks herum zupft. „Versteht ihr euch jetzt besser?“ Kurz verstehe ich gar nicht wen genau Marvin meint, bis mir einleuchtet das er von Kai redet und mein Gesichtsausdruck sich verdunkelt. „Nein, tun wir nicht. Ich kann ihn noch immer nicht wirklich leiden.“, wehre ich ab und ziehe wieder an meiner Zigarette. Im Prinzip hat sich ja auch nichts geändert. Nur weil ich ihn nicht mit Dingen beworfen habe, er mir ungeniert auf den Schritt gestarrt hat und bei uns geschlafen hat, liebe ich ihn jetzt garantiert nicht abgöttisch. Um genau zu sein gar nicht. Na gut, er ist vielleicht ganz okay, aber wenn ich etwas auf den Tod nicht ausstehen kann ist es wenn man sich in mein Leben und meine Probleme einmischt. Es heißt ja 'meine Probleme', weil es nun mal meine sind und nicht die von jemand anderem. Und Marcel ist nun mal mein Problem und wird es auch immer bleiben. Vermutlich hört sich das absolut verrückt an, aber das ist wenigstens etwas auf das ich mich verlassen kann. Marcel wird immer irgendwo hier auf dem Campus sein und wir werden uns angiften, beschimpfen oder prügeln. Es ist nämlich nicht so als wäre mein Leben noch nie aus den Gleisen gekippt, und ich war wirklich froh das mit Marcel alles so war wie immer. Eigentlich ist es wirklich ätzend das ich mich in solchen Momenten tatsächlich auf dieses Ekel verlassen muss, aber vielleicht ist es auch einfach nur Gewohnheit. „Touji?“ Ich schrecke auf und sehe Marvin fragend an, der mich wiederum besorgt ansieht was mich dazu veranlasst schief zu lächeln und den Kopf zu schütteln. Ich werfe meine inzwischen verglühte Zigarette auf den Boden und trete sie aus, bevor ich mich wieder meinem Kaffee widme und mich mental dagegen weigere das Schulgebäude zu betreten. „Wir müssen langsam rein.“ Allein schon bei dem Gedanken daran die nestelnde Stimme von Mr. Jason zu hören, stellen sich mir die Nackenhaare auf und ich schaudere. Zu meinem Leidwesen ist der gute Mann nicht nur unser Geschichtslehrer mit einer unglaublichen Obsession zum zweiten Weltkrieg, nein, er ist zu allem Überfluss auch noch mein Klassenlehrer. Trotzdem setze ich mich in Bewegung und erklimme die Stufen zum Schulgebäude wo ich mich im Flur von Marvin trenne. Marvin hat jetzt Biologie und muss deshalb in den Keller während ich mich in den zweiten Stock schleppe, um unserem nestelnden Weltkriegsfanatiker zu zu hören, oder zumindest so zu tun. Ich weiß das ich damit meine Noten nicht gerade fördere, aber bitte, wer hört sich schon freiwillig alle Details über den zweiten Weltkrieg noch einmal an, wenn er es die zwei Jahre davor schon getan hat. Mittlerweile bin ich der Überzeugung, das wir nie etwas anderes in Geschichte lernen werden. Ich biege um die Ecke und beschäftige mich nebenbei mit meinem Handy da Mac mir natürlich haargenau erzählen muss was Kai noch so gemacht und gesagt hat, und genau da passiert es. Es ist doch immer so, sobald du deine Aufmerksamkeit nicht auf den Weg vor dir hältst läufst du gegen etwas oder gegen jemanden, so wie es auch mir passiert. Ich knalle gegen irgendwas, mein Kaffeebecher macht einen Abgang und ich lande zusammen mit dem anderen armen Volltrottel auf dem Boden. „Verfluchte Scheiße! Kannst du nicht aufpassen wo du hinrennst du Grufti?“ Meine Augenbraue wandert in die Höhe und ich betrachte mir den Menschen vor mir etwas genauerer nachdem ich meine Tasche aufgehoben und mich auf die Beine gekämpft habe. Neben meiner Augenbraue wandern nun auch noch meine Mundwinkel nach oben. Durchtrainierter Oberkörper, größer als ich, Tanktop, Piercings, türkiser Irokesenschnitt...i love it. „Sorry Taylor, war keine Absicht.“, winke ich dann ab und sammle meinen inzwischen leeren Pappbecher noch vom Boden auf, während er mich anstarrt wie einen Außerirdischen. Ich schenke ihm ein strahlendes Lächeln und wünsche ihm ein „Viel Spaß mit Kai.“, bevor ich meinen Weg weiter zum Geschichtskurs drehe und mich dort, immer noch grinsend, auf meinen Stuhl fallen lasse. Eric schickt mir einen fragenden Blick und mein Grinsen verschwindet auch nicht als Kai sich neben mich fallen lässt, der mich auch ansieht als wäre er der festen Überzeugung ich hätte zu viel von dem falschen Zeug geraucht. „Alles okay mit dir?“, flüstert mir Kai irgendwann zu während Mr. Jason sehr ausführlich und blutig Details von sich gibt die so manchen in diesem Raum den Magen umdrehen wenn man sich die blassen Gesichter anschaut. „Alles bestens.“, gebe ich immer noch amüsiert von mir und kritzle weiter Hasenköpfe im Cutiestyle in mein Geschichtsheft. Ich weiß nicht, aber ich finde es auf irgendeine Weise wirklich beruhigend das Taylor sich mit Kai ein Zimmer teilt. Denn erstens kommt der arrogante Fatzke dann vielleicht endlich mal klar wenn er das ein oder andere Mal eins auf die Schnauze bekommen hat, oder aber ich weiß irgendwann Dinge die ich jetzt nicht weiß. Fest steht jedoch das ich fest vor habe mich mit Taylor irgendwie anzufreunden. Zumal ich bezweifle das er gern mit Typen zu tun hat die alles in irgendeine Schublade stecken. Nach der Stunde packe ich mein Zeug um rechtzeitig zum Kunstkurs zu kommen, der im Nebengebäude statt findet. Und ja, ich halte das für eine Foltermethode der Lehrer. Niemand schafft es in 5 Minuten vom zweiten Stock dieses Gebäudes in den vierten Stock des Nebengebäudes. Ich bin schneller aus dem Klassenzimmer draußen als die Anderen aufgestanden sind, aber ich bin auch der Einzige der in Kunst muss und seinen Arsch nicht in diesem Gebäude lassen kann. Ich schnaufe als hätte ich einen Marathon über 20 Kilometer absolviert als ich im vierten Stock des Nebengebäudes ankomme und hebe eine Augenbraue als ich Kai's neuen Mitbewohner ziemlich dumm, orientierungslos und wenig dekorativ im Flur stehen sehe der angestrengt auf einen Zettel starrt und offenbar nicht weiß wo er hin muss. Gerade als ich mich entschieden habe das mir sein Schicksal eigentlich sonst wo vorbei gehen kann, auch dann wenn ich mich mit ihm anfreunden will bzw. muss, dreht er sich um und sieht mich natürlich, was mich das Gesicht verziehen lässt. So zu tun als hätte ich ihn nicht offensichtlich überlegend angestarrt wäre absolut sinnlos, da ich genau weiß das er es bemerkt hat. Somit kann ich also schlecht pfeifend an ihm vorbei gehen. In Bewegung setze ich mich trotzdem um nicht länger dumm im Flur herum zu stehen und rechne fast damit das er mich anspricht. „Hey du! Weißt du wo der Kunstkurs ist?“ Ich bleibe abrupt stehen und sehe zu ihm nach oben, da ich ihn immer noch nicht ganz passiert habe und nicke dann einfach anstatt etwas zu sagen. Um genau zu sein wüsste ich auch gar nicht was ich sagen sollte und das kommt schon selten genug vor. Während wir also nun zu zweit den Flur entlang laufen streckt er mir die Hand hin mit der Aussage „Ich bin Taylor...aber das weißt du anscheinend schon.“. Ich nehme seine Hand trotzdem und gebe netterweise auch meinen Namen preis, bevor wir wieder Beide schweigen und um ehrlich zu sein macht mich das wahnsinnig. Es ist nicht so als würde mich Schweigen im allgemeinen stören, immerhin schweige ich oft selbst genug, aber für gewöhnlich laufe ich dann nicht neben irgendwelchen Kerlen hin die ich 'ganz okay' finde und ansonsten überhaupt nicht kenne. 60% der hier anwesenden Schüler beschimpft und beleidigt mich schon aus Prinzip, 38% ignorieren mich vermutlich ebenfalls aus Prinzip und die anderen 2% sind meine Fickbekanntschaften, mit mir befreundet oder mit mir verfeindet. Ich schiebe es jetzt netterweise einfach darauf das ich nicht gerade zu den coolen Leuten gehöre, keinen Sinn darin sehe irgendeinem Ball in welcher Form auch immer hinterher zu laufen, HipHop nicht ausstehen kann, bessere Gesprächsthemen wie die Brustvergrößerung von Pamela Andersen und die Schwanzverkleinerung von irgendwem habe oder das ich einfach schon aus Prinzip nicht hier her passe. Um genau zu sein ist Nightcrawl für mich so etwas ähnliches wie ein unerforschtes Land in dem es nur so vor Primaten und anderen seltsamen Zivilisationen wimmelt. „Woher wusstest du überhaupt wer ich bin?“, kommt nach ein paar Minuten die Frage und ich murre ein wenig erfreutes „Kai!“, vor mich hin. Okay, gut, Kai hatte gemeint er hätte einen türkisen 'Hahnenkamm', was Taylor ja auch hat. Aber meiner Ansicht nach sieht er weder vorbestraft aus noch als wäre er ein entlaufener, geisteskranker Serienkiller. Also verstehe ich nicht was der Aufriss um Taylor soll. Vielleicht bin ich aber auch schon so verkorkst das ich normale Leute nicht mehr verstehe, wobei ich zugeben muss das ich das sowieso noch nie so wirklich konnte. „Oh...ist das mein Mitbewohner? Den hab ich nur kurz rein und wieder raus rennen sehen.“ Meine Mundwinkel zucken und ich weiß das ich mir damit vermutlich Ärger einhandeln werde, aber ich kann es mir einfach nicht verkneifen. „Kai hat offensichtlich Angst vor dir, denn anders kann ich mir nicht erklären warum er es sich in unserem Zimmer breit gemacht hat.“ „Bitte? Ich hab ihm doch überhaupt nichts getan!“, kommt es leicht empört und irgendwie auch überfordert von dem Punk und ich grinse noch mehr während ich mit den Schultern zucke. „Ich nehme an er leidet unter einer ausgeprägten Form der 'Anders-sein-Phobie', so wie ungefähr 90% der anderen hier anwesenden Schüler auch.“ Neben mir kehrt Stille ein und Taylor folgt mir schweigend in den Kunstraum wo schon einige der Schöpfung sitzen und gelangweilt auf ihren Handys herum tippen oder eben aber den Klatsch vom Wochenende verbreiten. Eigentlich mag ich Klatsch und Tratsch ja nicht so gerne, aber hier in Nightcrawl ist es so etwas wie eine bessere Investition alles zu wissen. So erfahre ich, während ich mich auf meinen Platz setze, das Eric gestern anscheinend unglaublich schlechte Laune hatte und keiner so genau weiß warum. Man geht einfach davon aus das es mit seiner Freundin zusammen hängt. Außerdem wird gerätselt warum Kai gestern Abend nicht beim Treffen des Basketballclubs war, wobei 'Treffen' eigentlich nur ein Pseudonym für Saufgelage ist. Außerdem hält man ihn nebenher noch für einen Helden weil er es geschafft hat mit mir an einem Tisch zu sitzen ohne sich zu übergeben. Applaus! Zudem war Marcel gestern äußerst amüsiert und wurde von Eric geflissentlich ignoriert, was sich ebenfalls keiner erklären kann, aber Marcel ist immerhin der Captain des Basketballteams und hat deswegen eine Art Immunität was Gerüchte und Unterstellungen angeht, weshalb es einfach dabei bleibt das er 'abartig' gut gelaunt war und das sogar noch als ihm Jem aus Versehen ein Bier über den Kopf gekippt hatte. Und natürlich brodelt die Gerüchteküche wegen Taylor, denn der ist neu, hat eine nicht gängige Frisur und hat die Einladung in den Basketballclub dankend abgelehnt mit den Worten er sehe keinen Sinn darin einem Ball hinterher zu rennen, was mich wiederum grinsen lässt. Das besagter Neuer sich inzwischen im Raum befindet ist dabei übrigens egal. „Ist das hier immer so?“, wird mir von der Seite zu geflüstert und ich registriere erst jetzt das unser Neuer sich neben mich gesetzt hat, vermutlich in der Hoffnung diesen Irren zu entkommen. „Willkommen auf Nightcrawl!“, grinse ich ihn nur an und mache eine allumfassende Geste. Kapitel 7: Superheld -------------------- Der Kunstkurs steht unter der Leitung von Mr. Altleben, bei dem ich mich immer noch frage ob das wirklich sein Nachname ist oder ob er Aufgrund seines Alters von stolzen 72 Jahren oder der tattrigen Erscheinung so genannt wird. Mr. Altleben ist einer der wenigen Lehrer denen ich mit Respekt begegne und das nicht, weil er eigentlich eine Respektsperson darstellen soll, sondern einfach weil er gut in Kunst ist und ich mich mit ihm tatsächlich unterhalten kann, und das länger als 5 Minuten ohne vor Langeweile oder Genervtheit zu sterben. Der Kunstunterricht von Mr. Altleben besteht zum Leidwesen der meisten Schüler nicht daraus irgendwelche Fakten über tote und bekannte, manchmal auch unbekannte, Maler zu lernen, sondern sich tatsächlich künstlerisch zu betätigen. Einer der Punkte die ich an diesem Lehrer schätze, denn ich kann mir etwas besseres vorstellen als in einem Kunstkurs schon wieder irgendwelche zum sterben langweilige Fakten auswendig lernen zu müssen. Kunst ist eines der Fächer in denen ich gut bin, einfach weil ich es kann. Zumindest sind meine Zeichnungen besser als Strichmännchen, was bei Mr. Altleben schon eine Art Jubelsturm auslöst im Anbetracht der Tatsache, dass die meisten in diesem Raum nicht mal einen Kreis hin bekommen. Unsere Aufgabe in den letzten und nächsten Wochen bestand darin, ein Gemälde des Malers Monet zu kopieren. Ich hab schon wieder vergessen wie es heißt, aber es gibt soviel ich weiß auch nur eins mit Seerosen. Das Gemälde mag ich ziemlich gerne, auch wenn ich nicht gerade ein Fan von Landschaftsbildern bin. Wenn ich ein künstlerisches Talent sehe dann nehme ich es wahr und respektiere es, auch wenn mein Stil ein absolut anderer ist. Mich macht man am glücklichsten wenn man mir mit Farbe gefüllte Luftballons an eine Leinwand hängt und ich sie zerschießen darf. Zwar hat noch niemand so richtig kapiert was ich damit ausdrücken will und ich hege auch nicht die Hoffnung dass das vor meinem Tod noch passieren wird, aber es ist Kunst. Auf eine seltsame Art und Weise. Ich meine, manche Leute machen Skulpturen aus Spagetti und das nennt man dann auch Kunst. Zu meinem Leidwesen geht der Kunstkurs einfach viel zu schnell vorbei. Ich bin sowieso der Meinung man sollte Mathematik, Geschichte und Physik durch Kunst ersetzen. Das würde manchen Leuten, wie mir zum Beispiel, das Schulleben enorm erleichtern. Dummerweise ist der Direktor dieses wundervollen Internats anderer Meinung. Nämlich der, dass wir alle geregelten und erfolgreichen Jobs nachgehen sollten und im besten Fall in die Fußstapfen unserer Eltern treten, worauf ich gut verzichten kann. Und ich kenne ein paar Leute die das ebenfalls könnten. Ich sehe keinen Sinn darin die Computerfirma meines Vaters weiter zu führen, zumal ich mir sicher bin das er hier und da noch die ein oder anderen unehelichen Kinder hat die sich ruhig damit abstrampeln könnten. Ich für meinen Teil sehe meine Berufung in etwas anderem. In was genau hab ich noch nicht heraus gefunden, aber ich habe immerhin noch zwei Jahre Zeit um das zu tun, weshalb ich im Moment wirklich alles habe, aber keine Panikattacken. Lustlos stopfe ich mein Zeug in meine Tasche und wappne mich schon mal für den anstrengenden Teil des Tages. Dem Sportunterricht. Ich bin auch der Meinung das Sportunterricht absolut überbewertet wird. Ich meine, würde ich Sport machen wollen, dann würde ich irgendeiner AG in dieser Richtung beitreten und mich nicht seit meiner Ankunft hier erfolgreich davor drücken. Zwar bin ich in Sport wirklich alles andere als schlecht, aber ich mag es trotzdem nicht. Körperliche Betätigung war noch nie mein Ding und wird es vermutlich auch niemals sein. Okay, Typen die Sport machen haben was, aber das heißt nicht das ich das auch haben muss oder will. Klar, ich steh drauf wenn Eric verschwitzt über das Basketballfeld hechelt, aber ich selbst will das nicht tun. „Was hast du jetzt?“, werde ich von hinten angesprochen kaum das ich das Klassenzimmer verlassen habe, und blicke über meine Schulter Taylor an, während ich „Sport.“, antworte und dabei angewidert das Gesicht verziehe. „Super! Ich auch, also lauf ich dir jetzt nach.“, kommt es gut gelaunt und ich kann nicht anders als schief grinsen. „Will ich wissen wie oft du dich heute schon verlaufen hast?“ „Ahm....nein, lieber nicht.“, lacht er etwas peinlich berührt und ich belasse es dabei. Es war klar das er sich verlaufen würde. Habe ich bei meiner Ankunft hier auch getan, Mac ebenfalls und Marvin sowieso. Wie das bei Kai aussieht will ich nicht wissen und von Marcel weiß ich, dass er aus irgendeinem Grund vorher schon einen Lageplan des Schulgeländes hatte, woher auch immer. Aber der gute Marcel ist im Allgemeinen ziemlich gut organisiert. Er organisiert so gut wie alles, außer die Ordnung in seinem Zimmer, denn dort sieht es aus als hätte der russische Scharfschützenverein seine Schießübungen abgehalten. Ich bin zwar auch nicht der Ordentlichste Mensch auf dieser Welt, aber wie Marcel überhaupt noch etwas findet übersteigt meinen Horizont. Was mich an Nightcrawl am meisten nervt ist die Tatsache, dass die Klassen nicht nach Alter unterteilt sind so wie es eigentlich sein sollte, sondern nach dem Können der jeweiligen Schüler. Das heißt also überall kreuchen Grundschüler und Oberschüler zusammen durch irgendwelche Kurse, weil sie entweder zurückgeblieben oder hochbegabt sind. Beim Sport ist das übrigens etwas, dass ich auf den Tod nicht ausstehen kann. Ich hasse Sport, das dürfte inzwischen so gut wie jedem klar sein. Dummerweise bin ich in Sport tatsächlich gut und hatte am Anfang auch kein Problem damit. Das dumme daran ist einfach nur, das Marcel, Eric und Kai ebenfalls gut sind und sich somit ausgerechnet in meinem Sportkurs befinden. Das ist wie mit Geschichte. Ich bin so gut das ich mich zusammen mit Kai und Eric in einen Kurs quetschen muss, aber Marcel ist in der Hinsicht dumm wie ein Meter Feldweg und sitzt deswegen in einem Kurs der hauptsächlich aus 14 – 16-jährigen besteht. Marvin ist zu meinem Leidwesen in diesem Fach so gut, das er der jüngste in seinem Kurs ist, eingepfercht von Leuten über zwanzig. Da Taylor meinen Sportkurs besucht, muss er in dem Fach ebenfalls gut sein, denn sonst wäre er wohl kaum hier. Zumal ihn die Basketballmannschaft ja angeworben hat, was für mich nur einen weiteren Beweis seiner Fähigkeiten darstellt. Falls man es noch nicht begriffen hat: Ich hasse Sport! In erster Linie übrigens weil Marcel mit mir dieselbe Luft atmen muss. Aber mich tröstet die Tatsache das er den Sportkurs deswegen ebenfalls hast, so ziemlich über das ganze Leid hinweg. Zum Sportunterricht erscheine ich schon aus Prinzip zu spät um mich nicht mit den Anderen umziehen zu müssen. Und um vorzubeugen das Eric sich eventuell verrät, da ich weiß wie er auf meine Piercings unterhalb meines Kopfes reagiert. Und nun stehe ich also hier in der Sporthalle und möchte mich gern übergeben. Ich bin mir nicht sicher ob man mir das wirklich so genau ansieht oder warum Taylor mich sonst so mitleidig mustert. Zu meinem Leidwesen geht es heute um Teamarbeit. Und als ob es nicht schon reichen würde das der Coach uns in Teams aufgeteilt hat, müssen es auch noch Zweierteams sein. Und als ob DAS nicht schon reichen würde, muss mein Partner ausgerechnet Marcel sein. Wenigstens scheint dieser genauso darüber erfreut zu sein wie ich, was mich tatsächlich leicht tröstet. Taylor wurde zu meiner großen Belustigung mit Kai zusammen geworfen, was diesem alles andere als angenehm zu sein scheint. Vielleicht liegt es an meinem boshaften Charakter das ich ihn am liebsten angrinsen und die Zunge raus strecken würde, was ich natürlich nicht tue. „Sag bloß du freust dich mit mir zusammen arbeiten zu müssen?!“ Ich blicke Marcel aus dem Augenwinkel an und schnaube abfällig während ich die Arme verschränke. „Vorher hol ich mir lieber eine Geschlechtskrankheit.“ „Hast du die nicht schon?“ Meine Augenbraue zuckt und ich wende mein Gesicht meinem liebreizenden Partner zu, ehe ich meine Mundwinkel hebe und ein „Willst du's testen?“, von mir gebe. Natürlich weiß ich dass das weder klug noch die richtige Strategie ist, aber ich kann mich bei Marcel einfach nicht zurück halten und auf meinen Verstand hören, der versucht mir klar und deutlich zu verstehen zu geben, dass ich lieber die Fresse halten und Marcel ignorieren soll. Es gab mal eine Zeit da habe ich tatsächlich versucht mit meinem Verstand zu handeln und nicht mit meinem Gefühl, aber irgendwann hab ich es einfach aufgegeben. „Schwuchtel!“ „Marcel! Das hab ich gehört! 20 Runden um den Platz nach dem Unterricht!“, brüllt Coach Vincent durch die Halle und ich hebe spöttisch eine Augenbraue, während ich mir ein Grinsen in Marcel's Richtung verkneife, der alles andere als erfreut aussieht. Aber hey, er ist im Basketballteam, er müsste Laufen ja gewohnt sein. Es geht um Dehnübungen. Dehnübungen sind so ziemlich das Schlimmste das ich mir in Zusammenarbeit mit Marcel vorstellen kann. Ich verziehe das Gesicht und stoße zischend die Luft aus, als Marcel sich etwas zu stark auf meinen Rücken lehnt und meine Sehnen überstrapaziert. Und ich weiß das er das mit Absicht macht, vermutlich aus Rache für die 20 Runden die er später laufen muss. „Au, verdammt!“, fluche ich und spüre gleichzeitig wie das Gewicht nach lässt und ein abwesendes „Sorry“, ertönt was mich die Stirn runzeln lässt. Ich drehe meinen Kopf leicht um Marcel über meine Schulter ansehen zu können und stelle fest, das er gar nicht auf mich konzentriert ist sondern auf irgendjemanden am Ende der Halle. Als ich seinem Blick folge, stelle ich fest das es sich dabei um Eric handelt, der hin und wieder zu uns hinüber sieht und ich runzle die Stirn erneut. „Was glotzt der eigentlich so?“, knurrt Marcel und über meinem Kopf bildet sich ein riesiges Fragezeichen. „Stress?“, gebe ich amüsiert von mir und ernte ein Schnauben, bevor ich wieder zu fluchen anfange als Marcel meine Sehnen schon wieder überstrapaziert indem er sich fast mit seinem gesamten Gewicht auf meinen Schultern ab stützt und mich so nach vorne biegt, was meine Oberschenkel nicht lustig finden. Ich übrigens auch nicht. „Das geht dich nichts an.“, wird mir ins Ohr gezischt und ich erliege fast der Versuchung mit dem Ellenbogen nach hinten aus zu schlagen und die Welt vor zukünftigen Marcel Juniors zu bewahren. Nachdem wir uns auch noch Bälle zuwerfen mussten, um angeblich unsere Reaktionsgeschwindigkeit zu verbessern, mache ich innerlich drei Kreuzzeichen als dieser verdammte Sportkurs endlich zu Ende ist. Coach Vincent ist ja ganz nett, aber ich verstehe immer noch nicht warum es für ihn nicht offensichtlich ist das Marcel und ich alles sind, aber definitiv weit entfernt davon so etwas wie Freunde oder gute Bekannte zu sein. Laut Marvin ist das für ihn sehr wohl offensichtlich und Marvin vertritt die Meinung, dass ich deswegen immer mit Marcel in einem Team lande, weil der Coach die Hoffnung hegt das zwischen uns alles gut werden könnte. Automatisch habe ich mich bei dieser Erläuterung gefragt ob er auch glaubt das Kinder vom Storch gebracht werden und unbefleckte Empfängnis tatsächlich existiert. Boshaft ich weiß. Nachdem ich mich umgezogen habe verabschiede ich mich von Taylor nachdem ich ihm erklärt habe wie er zu seinem Biologiekurs kommt, denn ich habe zu meiner großen Freude erst einmal zwei Freistunden und überlege mir ernsthaft ob ich diese nicht dafür nutzen sollte entweder etwas für die Musik AG zu tun oder aber um noch ein bisschen zu schlafen. Ich entscheide mich für die Musik AG und trete aus der Turnhalle um zum Westeingang des Hauptgebäudes zu kommen wo ich natürlich am Sportplatz vorbei muss, wenn ich nicht Lust habe das gesamte Gebäude einmal zu umrunden. Und ich habe keine Lust! Mit Musik in den Ohren laufe ich den Weg entlang, bis ich stehen bleibe und auf den Sportplatz runter sehe, auf dem sich auch die Laufbahnen befinden und ich Marcel sehe, der stur und mit finsterem Gesichtsausdruck seine Runden läuft. Eine Weile bleibe ich stehen, bis ich in die Hocke gehe um es mir bequemer zu machen und ihm ein bisschen zu zusehen. Auf mich macht Marcel nicht den Eindruck als würde er Strafrunden ablaufen, sondern als würde er vor etwas weg laufen wenn ich sein Tempo berücksichtige. Ich habe ihn schon öfter laufen sehen, denn immerhin bin ich auch schon lang genug in diesem wundervollen Käfig ansässig, aber diese Art zu Laufen ist mir an ihm neu. Ich weiß das er eigentlich ein ruhiger Läufer ist, der nicht so schnell außer Atem kommt und das sich sein Schwitzpensum auch auf ziemlich geringer Stufe befindet egal wie viel oder schnell er sich bewegt, aber im Moment scheint auch das anders zu sein, was mich abschätzend das Gesicht verziehen lässt. Ich blinzle als Marcel abrupt stehen bleibt und zu mir nach oben sieht, als hätte er bemerkt das er nicht allein ist. Anstatt mir also eine Beschimpfung entgegen zu schmeißen, womit ich ehrlich gesagt gerechnet habe, sieht er mich einfach nur eine Weile an bevor er den Blick wieder abwendet und sich mit dem Unterarm über die Stirn wischt. Gott, ich hasse es wenn er das macht. Also nicht sich den Schweiß abwischen, sondern einfach nichts tun. Ich hab es gestern schon erwähnt, aber ich erwähne es noch einmal: Ich hasse es wenn er nichts tut und mich sozusagen einfach stillschweigend akzeptiert anstatt wie sonst irgendwas zu sagen oder zu machen. Vielleicht bin ich wirklich nicht mehr ganz dicht, aber es macht mir Angst wenn er so ist wie gerade und mich einfach sein lässt, weswegen ich ihn meistens provoziere um die gewünschte Reaktion zu bekommen. Aber anstatt ihn nun zu provozieren wie immer stehe ich lediglich auf und greife in meine Umhängetasche, bevor ich ihm die Flasche Wasser nach unten werfe die ich mit mir herum trage, und er sie aus Reflex mit einer Hand auffängt und wieder zu mir nach oben sieht. Bevor er noch etwas sagen kann, drehe ich mich auf dem Absatz um und setze meinen Weg zum Raum der Musik AG fort, während ich mich innerlich winde und mich verfluche. Am Ende ist es so, das ich Mittags in der Mensa sitze, flankiert von Marvin und Mac, Kai gegenüber und mich in Schuldgefühlen und Selbstvorwürfen suhle, warum ich so blöd war und auch noch im Ansatz nett zu Marcel gewesen bin. Gestern war ich noch der festen Überzeugung das ich alles tun würde um unsere Feindschaft aufrecht zu erhalten, und heute spendiere ich ihm Wasser weil er schwitzt wie eine Sau. Irgendwas passt da überhaupt nicht zusammen. Außerdem frage ich mich wie ich das wieder gerade bügeln soll damit alles wieder so ist wie sonst auch. Mein Glück ist nämlich nicht unbedingt sehr spendabel und deswegen habe ich die widerliche Befürchtung, dass Marcel denken könnte ich wäre nett zu ihm gewesen weil ich ihn mag. Das tu ich nicht. Ich hasse ihn! Oder zumindest tue ich alles dafür das er mich hasst, was im Prinzip ja dasselbe ist. „Ist mit ihm alles in Ordnung?“, höre ich Kai fragen während ich meinen Kopf in meinen Armen auf dem Tisch verborgen habe und mit mehr oder weniger Erfolg versuche alles und jeden auszublenden. „Sieht nicht so aus.“, kommentiert Marvin und ich kann die Besorgnis in seiner Stimme hören. „Das kommt wohl auf die Betrachtungsweise an was du als 'in Ordnung' definierst.“, erwidert Mac und ich gebe ihm im Stillen einfach recht. Wirklich 'in Ordnung' bin ich nie, deswegen ist das tatsächlich eine Sache der Betrachtungsweise, aber das werde ich Mr. Obercool garantiert nicht auf die Nase binden. Und für Mac hoffe ich das er das auch so handhabt. Ich spüre wie mich etwas in meinen Unterarm piekt und hebe den Kopf um zu sehen was es ist, nur um festzustellen, das Kai mich mit seiner Gabel über den Tisch hinweg gepiekt hat und mich zu allem Überfluss auch noch besorgt ansieht. Zumindest nehme ich an, dass das ein besorgter Ausdruck in seinem Gesicht ist. Ich bin mir da gerade nicht so ganz sicher, weswegen ich einfach die Klappe halte und stattdessen nur murre. „Was ist los?“ Diese Frage allein lässt mich schon fast an seiner geistigen Gesundheit zweifeln, aber Aufgrund der Tatsache das er letzte Nacht bei uns gepennt hat und einigermaßen umgänglich war, mache ich mir da weniger Sorgen, weshalb ich mit einem „Nichts.“, antworte. Mac räuspert sich, weil er diese Antwort einfach schon kennt und Kai hebt eine Augenbraue bevor er die Stirn runzelt. Ich habe die Vermutung das er mir nicht glaubt, hege aber die Hoffnung das er es einfach darauf beruhen lässt und nicht anfängt mir auf die Nerven zu gehen. „Du kannst mir ja viel erzählen, aber das nicht.“ Meine Hoffnung wurde soeben zerschmettert und in mir fängt es an zu brodeln. Wenn ich etwas nicht leiden kann, außer der inzwischen offensichtlichen Dingen, dann ist es wenn man mich unbedingt zum reden bewegen will, wenn ich definitiv NICHT reden will. Warum manche Menschen ihren Lebenssinn darin sehen andere zum reden zu bringen, die überhaupt nicht reden wollen. Ich meine ich renne ja auch nicht durch die Gegend und mische mich in die Privatangelegenheiten von irgendwelchen Leuten ein die ich nicht mal kenne. Na ja, um genau zu sein mische ich mich in überhaupt keine Angelegenheiten ein, außer ich werde darum gebeten. Wenn Eric also Stress mit seiner dummen Schnepfe hat interessiert mich das ungefähr so viel als wenn ich China ein Sack Reis umkippt. Okay, das mit Eric ist vermutlich ein echt beschissener Vergleich. Nehmen wir also an Mac hat mal wieder Stress mit seiner Oma mütterlicherseits, dann interessiert mich das ungefähr genauso wenig wie oben genanntes und ich mische mich auch nicht ein sondern lasse ihm sein Leid. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt an dem er mich um Hilfe bittet. Erst dann sehe ich mich gezwungen mich dafür zu interessieren und diverse Lösungswege zu entwerfen. Versteht man was ich meine? Natürlich kann man jetzt auch behaupten ich wäre an meiner Umwelt und meinen Mitmenschen desinteressiert, was in gewisser Weise sogar zutrifft, aber ich sehe nun einmal keinen Sinn darin Leuten meine Hilfe aufzuzwingen die sie überhaupt nicht wollen und nicht danach verlangt haben. Bis das der Fall ist kann ich mich auch getrost mit meinen eigenen Problemen auseinandersetzen. Also verstehe ich beim besten Willen nicht, was Kai jetzt eigentlich von mir erwartet. Soll ich ihm mein Herz ausschütten? Mich heulend an seine Brust werfen? Ihm beteuern das er der tollste und beste Freund ist den ich jemals hatte, die Tatsache ausgeschlossen das wir nicht befreundet sind? „Red mit mir!“ „Es ist nichts.“ „Du siehst nicht so aus als ob nichts wäre.“ Ich beiße die Zähne zusammen um Kai nicht anzuschreien oder ihm im besten Fall irgendetwas ins Gesicht zu werfen. Das wäre nicht fair, immerhin macht er sich nur Sorgen. Zumindest nehme ich das einfach mal an, auch wenn ich es mir wirklich nicht so richtig vorstellen kann das ausgerechnet Mr. Obercool sich Sorgen um mich macht. Zwar würde ich jetzt gern behaupten unser Verhältnis ist nicht das Beste, aber das wäre irgendwie auch nicht richtig, denn immerhin hat er mich als Kopfkissen benutzt und lebt noch. Außerdem frage ich mich gerade ernsthaft woher zur Hölle er wissen will wie ich aussehe, wenn 'nichts ist'. Gerade als ich mir überlege was ich sagen soll damit er endlich die Klappe hält und mich in Ruhe lässt, wird mir eine leere Petflasche vor die Nase geknallt und ich zucke unweigerlich zusammen. Über die Schulter hinweg sehe ich zu dem Störenfried der, ohne es zu ahnen, soeben meine Rettung ist. Meine Augenbraue zuckt kurz als ich direkt in Marcels Gesicht blicke der eine Hand in der Hosentasche hat, seine andere Hand langsam von der leeren Wasserflasche zurück zieht und auf mich runter sieht. Ich weiß nicht ob er Gedanken lesen kann, mein Gesichtsausdruck offensichtlich ist oder er es einfach so tut, aber er macht den Mund auf. „Nach der ersten Nacht schon Beziehungsstreit. Tz Tz.“ Ohne es zu wollen entspanne ich mich sofort und stoße die Luft aus während ich mit den Augen rolle und die Arme verschränke. „Wenigstens krieg ich von ihm keine aufs Maul im Gegensatz zu diversen Leuten hier.“, kontere ich und Marcel's Auge zuckt kurz während er seine freie Hand zu einer Faust ballt. „Hast du irgendein Problem?“ „Ja, steht vor mir und trägt hässliches orange.“ „Du reißt deine Fresse mal wieder zu sehr auf, Schwuchtel!“ Ich merke sehr wohl das Marcel wütend wird, so wie alle anderen am Tisch vermutlich auch. Das nehme ich deswegen an weil Mac sich verspannt, Marvin anfängt zu stottern und sich klein zu machen und Kai seine Augen verengt und die Hände zu Fäusten ballt als ich kurz zu ihm rüber sehe, bevor mein Blick sich wieder auf Marcel heftet und ich mich seitlich auf den Stuhl setze um die Beine zu überschlagen. „Oh! Hab ich deine zarte Seele verletzt? Entschuldige, das war keine Absicht, Waschlappen.“ „Was hältst du davon wenn du gehst?“, kommt es von Kai bevor Marcel und ich noch etwas sagen können und ich sehe Kai aus dem Augenwinkel an während Marcel seinen Blick auf ihn heftet. „Halt dich da raus.“, kommt es sowohl von mir als auch von Marcel gleichzeitig, was Mac mit einem Räuspern kommentiert das sein Auflachen kaschieren soll, weshalb er sich einen ziemlich finsteren Blick von meinem Gegenüber einhandelt, ehe dieser seine Aufmerksamkeit wieder mir widmet. Wie fühle ich mich doch geehrt! „Du bist doch schuld das mit ihm was nicht stimmt. Was hast du gemacht?“ Mir war irgendwie klar das Kai nicht seine Fresse halten würde, weshalb ich mit den Augen rolle. „Ich sagte du sollst die Klappe halten.“ „Werd ich nicht. Touji ist mein Freund.“ „Seit wann das denn?“, kommt es spöttisch von Marcel und ich murre nur ein „Ist mir auch neu.“, vor mich hin. „Du machst ihm Angst!“, echauffiert sich mein neuer 'Freund' und ich hebe interessiert eine Augenbraue während ich ihn ansehe. „Du hast keine Ahnung von ihm.“ „Du aber schon?“ Kai steht auf und stützt sich auf dem Tisch ab um sich zu uns rüber zu lehnen. Unter normalen Umständen hätte ich gesagt es sieht lächerlich aus, wie er halb über dem Tisch hängt und Marcel halb über mir als er sich an meiner Stuhllehne abstützt und sich ebenfalls nach vorne lehnt. Im Moment finde ich es aber alles andere als prickelnd dazwischen zu sitzen. „Mehr als du auf jeden Fall.“, knurrt Marcel und ich schiele zu ihm nach oben, bevor mein Blick wieder zu Kai wandert, der ein „Du hast doch eine Vollmeise!“, von sich gibt. Mein Instinkt sagt mir das ich ziemlich in der Scheiße sitze wenn das hier eskaliert und die Beiden aufeinander los gehen. Ich sollte zudem Hellseher werden und damit meine Kohle verdienen anstatt den Konzern meines Alten zu übernehmen. Denn kaum das ich mir sicher war in der Scheiße zu sitzen sollten sie aufeinander los gehen, wackelt der Tisch. Aus Reflex reiße ich einen Arm hoch und schlage ihn gegen Marcels Brust während ich gleichzeitig auf die Beine springe. Man kann es jetzt so auffassen das ich Marcel ein Stück weg geschubst habe. Zumindest sieht es vermutlich für Außenstehende so aus oder eben auch nicht. Ich bin kein Außenstehender und kann das deswegen nicht beurteilen. Fest steht jedoch das ich gleich mit weg taumle und gegen Marcel pralle, der mich eher aus Reflex als aus freiem Willen an den Oberarmen fest hält. Grund für meinen nicht gerade eleganten Abgang vom Tisch zu Marcel ist mein Fehler auf die Beine gesprungen zu sein und somit Kai's Faust direkt in die Fresse bekommen zu haben. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass er einen ganz schönen Schlag hat und mein Gesicht ziemlich weh tut. Und wenn auch nur ein einziger Kratzer zurück bleibt werde ich ihn dumm und dämlich verklagen. Ich merke wie mir etwas über die Oberlippe tropft und zu Boden fällt. Das es rot ist finde ich alles andere als lustig, denn das heißt nichts anderes als das ich irgendwo blute. Aus Reflex taste ich meine Nase ab und betrachte die rote Flüssigkeit an meinen Fingerspitzen während ich murre. „Lass ihn los!“ „Kai beruhig dich!“, höre ich Mac der ebenfalls auf die Beine kommt und sich an Kai's Arm hängt, als dieser über den Tisch gekrabbelt ist und auf uns zu kommt. Mein Blick wandert zu meinen Oberarmen an denen mich Marcel immer noch fest hält und ich vermute das er gerade irgendwie unter Schock steht oder irgendwas dergleichen, was sich bestätigt als ich in sein Gesicht sehe und er mich einfach nur fassungslos ansieht. Oder eben das Blut das durch meine Finger hindurch sickert. „Nimm deine Finger von ihm!“ Marcels Finger zucken, bevor sie sich fester um meine Oberarme liegen und ich einen protestierenden Laut von mir gebe, als er mich zur Seite und leicht hinter mich schiebt. „Alter, hast du ein Rad ab?!“, brüllt er zu Kai zurück und knackt mit den Fingerknöcheln. Ich bleibe einfach da stehen wo er mich hin geschoben hat und bin gerade etwas überfordert mit der ganzen Situation. Also ich bin es gewohnt das Marcel irgendwas tut. Dabei bin ich immer das Ziel, was für mich auch vollkommen okay ist. Aber mich überfordert gerade enorm das er mir keins auf die Fresse schlägt sondern stattdessen Kai im Visier hat, der mir lustigerweise eins auf die Schnauze gehauen hat, auch wenn ich mir ziemlich sicher bin dass das keine Absicht war. Ich habs nicht so mit Superhelden, aber ich glaube es wird Zeit das ich einen brauche, weshalb ich Taylor für die perfekte Besetzung dafür halte, als dieser auf einmal da steht und sich zwischen die Beiden schiebt und sie an ihren Shirtkragen festhält, bevor er Kai auf einen der Stühle setzt, oder eher wirft, und Marcel auf dem Boden landet. Die Beiden sind viel zu überrascht um irgendwas zu tun oder auch nur zu sagen und sehen den Punk mit großen Augen an, wohl unfähig zu verstehen das irgendwer ausgerechnet sie so behandelt. „Ich wollte dich eigentlich fragen ob du mir den Weg zur Musik AG zeigst, aber ich glaube der Weg zur Krankenstation tut's auch.“, wendet sich Taylor mir grinsen zu und ich gebe ein Geräusch von mir das mit ganz viel Fantasie ein Lachen darstellen könnte. Kapitel 8: Heißgeliebt ---------------------- Würde meine Nase und auch der Rest von meinem Gesicht nicht gerade unglaublich weh tun, würde ich anfangen zu lachen. Schon allein aus dem Grund das Marcel und Kai immer noch da sitzen und Taylor anstarren, als wäre er die neuste Offenbarung der Bibel. Marvin und Mac machen ebenfalls einen ziemlich dämlichen Eindruck, oder nur ich empfinde es so, wie sie da stehen und Taylor und mich abwechselnd anstarren. Andererseits habe ich ihnen auch noch nichts von meiner Begegnung mit dem Punk erzählt, weil ich zu sehr damit beschäftigt war mich in Selbstvorwürfen und Selbstmitleid zu wälzen. Trotzdem ist die Reaktion etwas überzogen, weshalb ich einfach nichts dazu sage und stattdessen weiter meine Hand auf die Nase presse. „Will ich wissen wie du das geschafft hast?“, kommt die belustigte Frage von Taylor der mich am Arm nimmt und zum Ausgang der Mensa zieht. Zwar kennt er den Weg zur Krankenstation nicht, aber das man dafür die Mensa verlassen muss ist ihm klar, was meinen Verdacht bestätigt das er kein absolut hoffnungsloser Fall ist im Gegensatz zu den meisten Leuten hier. „Ich kann mich wage daran erinnern eine falsche Bewegung gemacht zu haben.“, kommentiere ich und verziehe leicht das Gesicht als ich feststelle das ich mich anhöre wie Benjamin Blümchen im Schwulenformat. Es ist verdammt nochmal Montag, und ich sehe mich wieder einmal darin bestätigt das Montage komplett für den Arsch sind. Aber außer Friseure scheint das noch niemand wirklich mitbekommen zu haben. Na gut, mir dürfte man Montag Morgens auch keine Schere in die Hand drücken, ich bin schon mit einem Ball komplett überfordert und es kostet mich einiges an Mühe diesen nicht irgendjemanden ins Gesicht zu werfen. Eine Weile herrscht Schweigen zwischen uns während ich damit beschäftigt bin meine Nase zu zuhalten und den Flur nicht voll zu bluten und wir den Weg zur Krankenstation entlang gehen. „Ich dachte eigentlich dieser Kai wäre ein umgänglicher Typ.“, kommt es nach einer Weile von Taylor und ich gebe einen Laut von mir den man als Zustimmung oder Verneinung deuten kann, je nachdem was einem im Moment lieber ist. „Ich finde das echt armselig seine Freunde zu schlagen.“ „Wir sind keine Freunde.“, tröte ich und biege um die Ecke in den nächsten Flur ein. Ich kann spüren wie Taylor mich ansieht und anscheinend seine Worte abwägt, was meine Mundwinkel zucken lässt. Leute die vorher abwägen was sie sagen finde ich aus irgendeinem Grund interessant. Vielleicht liegt es daran, dass ich einfach alles raus posaune was ich gerade denke und mir erst im nach hinein über die Konsequenzen eventuell Sorgen mache. Ich weiß nicht mal ob ich schon immer so war, oder ob das mit der Zeit so gekommen ist. Jetzt kann man natürlich mit dem Kopf schütteln und sich fragen warum ich nicht weiß ob ich nicht schon immer so war wie ich jetzt bin, aber ich kann mich daran wirklich nicht erinnern. Meine Vergangenheit ist bis auf das Offensichtliche eher verschwommen und um ehrlich zu sein will ich auch gar nicht wissen wie ich früher war, weil ich die Meinung vertrete das man die Zeit sowieso nicht zurückdrehen kann und es egal ist was früher mal war. Okay, zumindest bin ich meistens dieser Meinung, es gibt auch Dinge die kann und will ich nicht vergessen. Ich verzeihe viel und ich verzeihe schnell, einfach weil ich nicht der nachtragende Typ bin, aber ich vergesse es nicht. „Also bist du stattdessen...mit dem Orange-Typ befreundet.“ „Mh...nein.“, antworte ich immer noch in dieser peinlichen Tonlage und halte vor der Krankenzimmertür an, an die Taylor für mich anklopft bevor er diese öffnet. Blutige Handabdrücke auf einer Tür der Krankenstation machen sich vermutlich nicht so gut, auch wenn ich persönlich es als passend und amüsant abstempeln würde. Aber es gibt Leute, so wie Marvin, die sich noch nicht einmal Scary Movie ansehen können ohne einen Herzinfarkt zu erleiden oder zumindest Schnappatmungen zu bekommen. Ich bin um ehrlich zu sein froh das Taylor nicht weiter bohren kann, auch wenn ich ihn nicht so einschätze das er es tun würde, da er der Schulärztin kurz seine Beobachtung erzählt und dabei mit dem Daumen über seine Schulter auf mich deutet. Ich mag Mrs. Jefferson im allgemeinen wirklich gern, aber ich finde sie einfach zu fürsorglich. Übermutter wäre auch eine treffende Beschreibung für sie. Mrs. Jefferson ist schätzungsweise Anfang 40, hat dunkelblondes Haar das sie immer zu einem unordentlichen Knoten trägt und eine schmalrändige Brille in rot auf der Nase. Was ich mit über-fürsorglich meine, wird vermutlich jedem klar als sie schon förmlich auf mich zustürzt und mich zu der nächsten Liege zieht, bevor sie meine Hand von meinem Gesicht nimmt und beginnt mein Gesicht zu untersuchen, wobei sie die ganze Zeit beunruhigend vor sich hin murmelt. Wäre ich zum ersten Mal bei ihr in Behandlung würde mir das ernsthaft Sorgen machen, aber nach dem ersten Mal habe ich schon heraus gefunden das Mrs. Jefferson gerne übertreibt, weshalb meine blutende Nase einer gebrochenen Nase gleicht, auch wenn der Schmerz durchaus genau daran liegen könnte. Nach weiteren 10 Minuten bekomme ich die Entwarnung das meine Nase nicht gebrochen ist, ich mich aber im Krankenzimmer hinlegen und ausruhen soll, denn immerhin habe ich einiges an Blut verloren, auch wenn ich persönlich der festen Überzeugung bin das ich einen halben Liter nicht überschritten habe. Nicht einmal im Ansatz. Ich erkläre Taylor noch kurz und in einer immer noch leicht peinlichen Tonlage den Weg zur Musik AG und bitte ihn gleich Marvin mitzuteilen das ich lebe, atme und wir uns beim Abendessen sehen, bevor er verschwindet und mir gute Besserung wünscht. Man merkt das meine Nacht nicht gerade das Gelbe vom Ei war, um genau zu sein war sie beengend und nicht gerade besonders lang. Das Montag Morgen auch gleich noch Schule ist, tut sein übriges dazu, dass ich tatsächlich in einem der Krankenstationsbetten einschlafe und erst wieder aufwache, als ich auf dem Flur lautes Gefluche höre zusammen mit autoritären Befehlen, als auch schon die Tür zum Zimmer geöffnet und der Krach lauter wird.. Die Befehle kommen anscheinend von Mrs. Jefferson die irgendjemanden in eines der Betten bugsieren will, da es diesem jemand offensichtlich nicht gerade berauschend geht. Zumindest gehe ich einfach davon aus, weil laut Mrs. Jefferson geht es niemandem berauschend der hier aufkreuzt, was meistens tatsächlich auch der Fall ist. „Ich brauch bloß ein Pflaster und keinen stationären Aufenthalt.“, höre ich eine mir etwas zu bekannte Stimme und stöhne innerlich während ich meine Augen zusammen kneife und versuche mich tot zu stellen. „Irrtum Mr. Kaskrova! Sie bleiben hier und ruhen sich aus! Ende der Diskussion!“ Ich höre wie Mrs. Jefferson die Türe hinter sich zu knallt und komme zu dem Schluss das sie die 'Diskussion' gewonnen hat, da Marcel einen missbilligenden Laut von sich gibt und sich bewegt. „Ich weiß das du nicht schläfst.“ Meine Augen öffnen sich von allein und ich gebe ein unerfreutes Murren von mir, ehe ich mich aufsetze und zu Marcel umdrehe der es sich auf einem Bett zwei Betten weiter bequem gemacht hat. Mit einem kurzen Blick erkenne ich eine kleine Platzwunde unter seinem rechten Auge und das seine Unterlippe aufgesprungen ist. Und bis auf das und die aufgeschürften Fingerknöchel scheint er unbeschädigt zu sein. Automatisch frage ich mich ob er mit Kai aneinander geraten ist oder einfach mit irgendwem anders, wie sonst auch. Der größte Nachteil von Marcel ist der, dass er schnell wütend wird und man nicht wirklich viel tun muss um ihn zu provozieren, weshalb er öfter mal mit irgendwelchen Typen aneinander gerät. Die Tatsache das er der Captain des Basketballteams ist tut sein übriges dazu, denn meistens sind die Leidtragenden Spieler von anderen Schulen und Internaten die es gewagt haben ihn oder sein Team zu beleidigen. Wann genau das so extrem geworden ist entzieht sich meiner Kenntnis, aber fest steht das es nicht immer so schlimm war wie es jetzt ist. Früher war Marcel eigentlich relativ umgänglich. Und das ausgerechnet ich das sage soll etwas heißen. „Guck nicht so, deinem heißgeliebten Kai geht’s prächtig.“, kommentiert er in meine Richtung und mein Blick verfinstert sich automatisch. „Na okay, vielleicht nicht unbedingt 'prächtig', aber er lebt und atmet noch und kann eigenständig gehen, was ja auch nicht schlecht ist.“, schiebt er hinterher und meine Augenbraue zuckt bevor ich schnaube. „Er ist nicht 'mein' und auch nicht 'heißgeliebter'.“, knurre ich und sehe im Augenwinkel wie Marcel mir sein Gesicht zuwendet und interessiert eine Augenbraue hebt. „Tatsache? Ich dachte ihr vögelt zusammen.“ „Tun wir nicht.“, knurre ich wieder und möchte ihm gerade gerne was an seinen verdammten Schädel werfen. Dummerweise ist die Auswahl an Wurfgeschossen in diesem Raum ziemlich gering. Ich bin mir ziemlich sicher das es schon einigen aufgefallen ist, aber ich bestätige es trotzdem noch einmal. Außer Mac und den Typen mit denen ich mal was hatte oder habe, weiß nur noch eine einzige Person das ich schwul bin und mit Frauen ungefähr so viel anfangen kann wie mit einem Staubwedel. Und diese Person liegt gerade zwei Betten weiter. Und um ehrlich zu sein wundert es mich immer noch, dass Marcel dieses Geheimnis nicht schon längst ausgeplaudert hat, immerhin wäre es perfekt um mich fertig zu machen. Aber aus einem mir unbekannten Grund schweigt er darüber. Mit Marcel hatte ich übrigens nichts, das möchte ich an dieser Stelle festhalten! So besoffen könnte nicht einmal ich sein um das zu vergessen. „Dafür das ihr nicht vögelt labbert er ganz schön viel von dir.“, durchbricht mein personifizierter Albtraum die Stille und ich sehe ihn aus Reflex an, ohne es wirklich zu wollen während ich ein „Was?“, ausstoße. „Ja man, der labbert ja von nichts anderem mehr.“ „Ich will's gar nicht wissen.“, wehre ich ab und lasse mich wieder ins Kissen fallen. Beim besten Willen, ich will nicht hören was Kai so alles erzählt wenn er beim Training ist. Wirklich nicht. Vermutlich lauter gequirlte Scheiße. „Das mit deiner Nase tut mir übrigens leid.“ Ich drehe meinen Kopf wieder um ihn ansehen zu können und hebe eine Augenbraue, was ihn gehässig grinsen lässt. „Das ich sie nicht eingeschlagen habe mein ich.“ „Ich dich auch.“, murre ich und bekomme als Antwort nur ein belustigtes Schnauben gefolgt von einem „Ich weiß.“. Wir schweigen wieder, aber ehrlich gesagt wüsste ich auch nicht worüber ich ausgerechnet mit Marcel reden sollte. Wir können uns nun mal nicht leiden, und das wir überhaupt kommunizieren können ohne uns die Fresse ein zu schlagen halte ich für ein Weltwunder, vor allem deswegen weil es jetzt schon das zweite Mal ist. „Ich mag ihn nicht.“ Es ist nichts absonderliches daran diese Worte aus Marcel's Mund zu hören, einfach weil diese Feststellung öfter von ihm kommt soviel ich weiß. Aber das er diese Aussage anscheinend auf Kai bezieht und es mir gegenüber erwähnt, veranlasst mich doch dazu mich auf die Seite zu rollen um ihn ansehen zu können. Ich schweige, weil ich keine Ahnung hab was ich darauf antworten soll. Ich finde Kai jetzt auch nicht sonderlich prickelnd und würde mich hüten uns als Freunde zu bezeichnen, aber aus irgendeinem Grund gehe ich mit ihm normaler um als mir lieb ist. Natürlich versuche ich das zu unterbinden, denn ich weiß was dabei heraus kommt wenn ich mich mit einem Supertypen anfreunde. Supertypen die von der halben Schule Aufgrund ihrer sportlichen Leistung an geschmachtet werden, es noch fertig bringen ihren Notendurchschnitt nicht in den Keller fallen zu lassen und die zu allem Überfluss auch noch absolut umwerfend aussehen und sich dessen, zum Leidwesen anderer Schüler, auch noch bewusst sind. „Also eigentlich hab ich nichts gegen ihn. Aber irgendwas kotzt mich an ihm im Moment enorm an.“ Meine Augenbraue wandert wieder in die Höhe und ich verkneife mir einen stichelnden Kommentar. Erstens weil ich hier mit Marcel festsitze und zweitens, weil das gerade echt nicht fair wäre. Man kann mir ja vorhalten was man will, aber im Prinzip bin ich schon eher der faire Typ. Und er schüttet mir hier gerade sein Herz aus. Okay, das tut er nicht wirklich, aber das er mir sagt was ihn ankotzt hat denselben Stellenwert, denn wir reden hier immerhin von Marcel dem Captain des Basketballteams und unter uns gesagt, einem der gefürchtetsten Schüler in Nightcrawl. „'Irgendwas' oder 'irgendwer'?“ Meine Frage lässt sich einfach damit begründen, dass ich annehme das es ihn ziemlich ankotzt das Kai mit mir kommuniziert und dieselbe Luft atmet wenn er mit uns an einem Tisch sitzt. Das er ihm eins auf die Fresse geschlagen hat als er mich mit einer Salatgabel bedroht hat, tut vermutlich sein übriges dazu. „Beides.“, kommt die Antwort auf die ich nur Nicke, bevor ich mich wieder auf den Rücken rolle und kurz die Zähne zusammen beiße. „Du passt nicht zu ihm.“ Meine Augenbraue schießt wieder nach oben und ich mache schon den Mund auf, als Marcel ein „Auch nicht in freundschaftlicher Hinsicht.“, hinterher schiebt. „Der Typ wirkt auf mich nicht besonders schwul. Nur manchmal.“ Ich weiß, dass es eine Beleidigung an mich darstellen soll, aber ich kann nicht anders als los zu lachen, weil es so lächerlich ist. Kai wirkt also nicht schwul, nur manchmal. Irgendwie wüsste ich gerade gerne, wie 'manchmal' aussieht, aber ich werde nicht fragen. „Lachst du mich grad aus, Schwuchtel?“ „So was von!“, gebe ich immer noch lachend von mir und rechne ehrlich gesagt schon damit das irgendeine Reaktion kommt. Diese lässt auch nicht lange auf sich warten und mich trifft ein Kissen im Gesicht was ich mit einem Aufschrei kommentiere. Erstens weil ich überrascht bin das man mir ein Kissen ins Gesicht donnert und Zweitens, weil meine Nase immer noch weh tut. „Ups.“, kommt es schadenfroh und ich setze mich auf um das Kissen zurück zu werfen, das Marcel zu meinem Leidwesen geschickt auffängt. Verdammte Basketball-Futzis. Zum Abendessen werden Marcel und ich von Mrs. Jefferson wieder in die Freiheit entlassen und ich mache innerlich drei Kreuzzeichen, auch wenn ich äußerlich wohl etwas mies gelaunt erscheine. Das liegt zum größten Teil daran, das ich es tatsächlich geschafft habe noch einmal einzuschlafen und es nun mal über alles hasse wenn man mich weckt. Mrs. Jefferson hat es getan und bekam außer murrenden Geräuschen wenn sie mich etwas fragte, nicht viel zu hören. Man kann es auf meinen komaartigen Zustand schieben, das ich neben Marcel her zur Mensa laufe ohne Zuckungen oder einen Anfall zu kriegen, aber es ist Fakt das ich schweigend neben ihm herlaufe, während er am Handy hängt und Jem, einem der Trottel aus dem Basketballclub, versichert das er schon auf dem Weg wäre und man kein Suchkommando nach ihm aussenden müsste. Manchmal, aber nur manchmal, frage ich mich ob wirklich nur Idioten oder geistig Kranke es in die Basketball AG schaffen oder ob das auch für Normalsterbliche und normal denkende Menschen möglich ist. Wenn ich mir die Auswahl an Basketballspielern ansehe, bezweifle ich das stark. Kai hat einen ausgeprägten Kontrollzwang und Beschützerinstinkt gegenüber Leuten die kleiner sind als er. Marcel hat ein schwerwiegendes Aggressionsproblem und von der Kommunikation will ich gar nicht erst reden. Eric wird innerhalb der nächsten Jahre unter schweren Depressionen bezüglich seiner verborgenen Sexualität leiden. Jem hat als Kind einen Atomkern verschluckt und strahlt so sehr, dass man die Befürchtung hat es könnte einem ein drittes Auge wachsen wenn man ihn zu lange ansieht. Thomas ist zu Emotionen anscheinend überhaupt nicht fähig und steht meistens nur dumm und dekorativ wie ein Baum in der Gegend herum, vorzugsweise hinter Marcel. Ich vermute um ihm Schatten zu spenden. Zu den restlichen Mitgliedern kann ich nicht viel sagen, da ich mich mit diesen noch nicht eingehend genug beschäftigt habe. Aber allein schon diese Auswahl gibt einem zu denken. Wir betreten zusammen die Mensa und Marcel gibt ein abfälliges Schnauben von sich, was mich dazu veranlasst tatsächlich meine Umgebung wahr zu nehmen, auch wenn ich lieber noch in diesem komaartigen Zustand verblieben wäre. So kurz nach dem Aufstehen ist es für mich definitiv nicht möglich schnell zu denken, aber sogar ich kapiere das uns die halbe Mensa anstarrt. Ich könnte es jetzt darauf schieben das ich so umwerfend aussehe und Marcel dieses verbotene Arrogante ausstrahlt, das ihn ebenfalls irgendwie gutaussehend macht, aber ich bin mir ziemlich sicher das es lediglich die Tatsache ist das wir zusammen hier aufkreuzen und Beide noch atmen und mehr oder minder unversehrt sind. Wäre ich ein normaler Schüler würde mich das vermutlich auch verstören, aber ich gehöre leider zu der Sorte die sich schnell mit irgendwelchen Dingen abfinden und anfreunden. „Gibt's was zu glotzen?“, knurrt Marcel unfreundlich aber in einer gewissen Lautstärke die die meisten dazu veranlasst sich ganz schnell wieder ihrem Essen zu widmen. Mein Augenmerk gilt eher dem Tisch an dem Mac und Marvin sitzen, zusammen mit Taylor und Kai. Wie Taylor an unseren Tisch gekommen ist muss ich nicht fragen. Bestimmt hat er Marvin das ausgerichtet was er ihm ausrichten sollte und ist nach der Musik AG Mac in die Arme gelaufen, der Marvin an meiner Stelle abholen wollte, da ich ja nicht da war. Wenn man Mac in die Arme läuft kommt eins zum anderen und man findet sich an unserem Tisch wieder. Man muss sich ja nur mal Kai ansehen. Bei genauerer Betrachtung stelle ich fest das dieser im übrigen ziemlich scheiße aussieht. Sein Gesicht hat eine seltsame Konsistenz die mich schwer an einen Muffin erinnert, einen Blaubeermuffin um genau zu sein wenn man die blauen Flecken noch dazu rechnet. Er macht im Allgemeinen keinen besonders gesunden und fröhlichen Eindruck, was wohl auch daran liegt das ich zusammen mit Marcel hier aufkreuze. Wobei man mir daraus auch keinen Strick drehen kann, immerhin hatten wir nun mal denselben Weg hier her und ich hab es mir ja auch nicht ausgesucht. Mit einem Seitenblick streife ich Marcel der irgendjemanden in Grund und Boden starrt. Aber da er das ständig tut denke ich mir nichts dabei. Ich habe lediglich ein ungutes Gefühl dabei, dass es ausgerechnet Kai sein muss. Es ist nicht so als würde ich Kai in Schutz nehmen wollen, aber der Junge sieht sowieso schon nicht so rosig aus, weshalb ich auf eine zweite Runde zwischen den Beiden wirklich gut verzichten kann. Ich weiß auch das es dämlich ist, aber ich denke wie gesagt selten nach bevor ich etwas tue sondern tue es lieber gleich anstatt mich mit einem Wenn und Aber aufzuhalten. Also stoße ich, ohne nachzudenken, Marcel meinen Ellenbogen in die Rippen was diesen zum zusammenzucken bringt, bevor er mich mit diesem Blick ansieht den ich um ehrlich zu sein schon länger nicht mehr bei ihm gesehen habe, aber sofort wieder erkenne. Er fragt sich gerade ob ich noch alle Tassen im Schrank habe. Wenn er diesen Blick drauf hat, weiß ich das er mir nichts tun wird, einfach weil er innerlich total tiefenentspannt ist, auch wenn es nicht wirklich so aussieht. Seine Reaktion dauert mir ein paar Sekunden zu lange, aber schlussendlich schubst er mich und ich stolpere ein paar Schritte vorwärts in Richtung meines Tisches, während er sich in Bewegung setzt um zu dem Verein der Geisteskranken zu kommen, deren Captain er ist. „Was war das denn?“, kommt es auch prompt von Mac, kaum das ich an unserem Tisch angekommen bin und mich auf einen Stuhl fallen lasse und nun eingepfercht zwischen Taylor und Kai da sitze. „Was?“ „Seit wann bist du mit dem Lackaffen so vertraut?“ Meine Augenbraue hebt sich während ich mich im Stuhl zurück lehne und Mac ansehe als hätte er den Verstand verloren. „Alter, geh mal zum Augenarzt.“, murre ich stattdessen und schiebe die Unterlippe vor. Na gut, es kann sein das es den Eindruck gemacht hat als wären wir vertraut, aber ich kenne Marcel auch schon länger als alle anderen hier am Tisch. „Dann frage ich mich warum du ihn beschützt hast!“ Mein Blick wandert nach links zu Kai, der mich ansieht und offensichtlich ziemlich sauer ist, weshalb auch immer. Außerdem frage ich mich gerade wovon zur Hölle er eigentlich redet. „Ich wollte dir wirklich keine rein hauen, aber du musstest ihn unbedingt beschützen! Ihr hasst euch! Also wieso?!“ Ich könnte jetzt einen stundenlangen Monolog darüber führen das ich Marcel auf keinen Fall beschützen würde, einfach weil ich ihn hasse und das auf Gegenseitigkeit beruht. Ich könnte Kai haarklein erklären das mit seiner Wahrnehmung definitiv etwas nicht stimmt, aber ich entscheide mich dagegen und antworte stattdessen aus Reflex „Reflex.“. Ich weiß das diese Antwort alles andere als befriedigend ist, aber es war nun mal ein Reflex Marcel zu schlagen und aufzuspringen. Das ich dabei einen Schlag in die Fresse kassiert habe war ein blöder Nebeneffekt. Da mein Arsch immer noch keine Kristallkugel ist und ich ohne dieses Medium nicht in die Zukunft sehen kann, kann man mir daraus wohl kaum einen Strick drehen. „Aus Reflex beschützt du einen Typen der versucht dich umzubringen? Nett!“ Meine Augen verengen sich zu Schlitzen und ich bekomme am Rande meiner Wahrnehmung mit wie Marvin sich wieder klein macht und Mac sich verspannt. Mein Blick huscht zu meinem Unterarm auf den sich eine Hand gelegt hat und ich folge dieser nur um irgendwann in Taylors Gesicht zu sehen, der lediglich mit dem Kopf schüttelt. Ich weiß nicht ob es ein Reflex von ihm war oder ob sein Instinkt so gut ist, dass er tatsächlich erkannt hat das ich Kai gerade eins in die Fresse schlagen wollte, aber was auch immer es ist, Kai sollte ihm dankbar sein. „Wenn ich also wie ein Proll rum laufe und versuche dich umzubringen, beschützt du mich dann auch?“ Ich verstehe nicht wirklich was Kai's Problem ist, aber dieser spöttische, höhnische und herablassende Unterton macht mich rasend. „Pass auf was du sagst.“, knurre ich und bekomme als Antwort ein Schnauben, bevor ein „Wieso? Hab ich die Gefühle deines geliebten Marcel's verletzt?“ Was heute jeder hat um irgendjemanden als meinen 'geliebten' irgendwas zu bezeichnen weiß ich nicht und ehrlich gesagt ist es mir auch egal. Ich bin wütend und Kai macht nicht gerade das Beste draus. „Oder läuft was zwischen euch? So ne Art Sadomaso-Affäre?!“ Taylors Griff um meinen Unterarm verstärkt sich aber mir ist das gerade herzlichst egal. Schon allein weil ich nicht nur einen Arm habe sondern nun mal, wie jeder Andere auch, zwei von der Sorte. Ich bekomme selber nicht richtig mit wie ich mit Links aushole und Kai mit Schwung, Wut, angestauter Aggression und Verletztheit meinen Handrücken ins Gesicht donnere. Er rutscht samt Stuhl einen geschätzten Meter rückwärts und ich reiße meinen Arm aus Taylors Umklammerung, während ich im Hintergrund die Freundschaft zu dem Punk aufgebe und aufstehe. „Ich geb dir gleich Sadomaso-Affäre!“ Hinter mir höre ich Stuhlbeine über den Boden schrammen und blicke automatisch über meine Schulter. Mac ist aufgesprungen und umrundet den Tisch, wohl um mich aufzuhalten seinen neuen Kumpel endgültig das Gesicht zu ruinieren. Lustigerweise fällt mir auch auf das Marcel und der Rest des Basketballteams uns beobachtet. „Du arroganter, kleiner Scheißer hast von nichts hier eine Ahnung, also halt deine verdammte Fresse!“ „Dann erklärs mir!“, wettert Kai zurück und ich schnaube während ich Mac abschüttle der versucht mich festzuhalten. „Einen Dreck werd ich!“ Mac versucht zwar mich wieder zu fassen zu kriegen, aber ich bin schneller und trete einmal gegen Kai's Stuhl, allerdings ohne ihn zu treffen bevor ich schnellen Schrittes die Mensa wieder verlasse. Mir ist der Appetit vergangen und wenn ich Kai noch eine Minute länger ertragen müsste, würde ich die Beherrschung verlieren. Zwar bin ich eigentlich nicht der Typ der schnell ausrastet, denn da gibt es andere Experten an der Schule, aber was zu viel ist ist einfach zu viel. Wieso sich dieser Vollidiot in meine Angelegenheiten einmischen muss leuchtet mir sowieso nicht ein, aber wenn ich etwas hasse sind es Unterstellungen und diese widerliche Arroganz die er an den Tag legt. Klar, Marcel ist auch ziemlich arrogant, aber auf eine andere Art und Weise, und die stört mich nicht. Ich gehe stur und mit großen Schritten den Flur entlang um mich irgendwo zu verbarrikadieren damit ich die nächste Zeit niemanden sehen muss, als ich zusammen zucke als mich jemand am Handgelenk packt und um die nächste Ecke zieht. Bei meinem heutigen Tag rechne ich ja schon mit jedem, aber als ich Eric gegenüber stehe hebe ich eine Augenbraue. Das wir hier in einem der Hauptflure stehen macht mich unruhig, denn Eric will nicht das man uns miteinander sieht, wenn keine Anderen dabei sind. „Ist gerade ganz schlecht, ich hab keinen Bock.“, kommentiere ich mit Grabesstimme auf das, was auch immer er jetzt von mir will. Ich will einfach nur allein sein und meine Ruhe haben. Und so gern ich Eric mag, im Moment kann ich ihn ernsthaft nicht gebrauchen. Aber anscheinend ist er da anderer Meinung, da er mich nicht los lässt und mich stattdessen ernst ansieht. „Wir müssen reden.“ Kapitel 9: Ich hasse den Scheiß der aus 'reden' resultiert ---------------------------------------------------------- Ich stehe da und starre Eric an, der zurück starrt und dabei immer noch mein Handgelenk festhält. Wenn ich etwas abscheulich finde, also nicht hasse sondern nur abscheulich finde, ist es der Satz 'Wir müssen reden'. Der Satz steht auf ungefähr derselben Stufe wie 'Es liegt nicht an dir', 'Du bist zu gut für mich' und 'Räum dein Zimmer auf'. Ab Besten ist natürlich eine Kombination aus allem, mal abgesehen von dem Letzteren. Eric war noch nie der Meinung das wir 'reden' müssten im üblichen Sinne. 'Reden' heißt bei Eric meistens das wir uns nackt irgendwo herum wälzen aber definitiv nicht das wir ernsthafte Gespräche über weiß Gott was führen. Warum er ausgerechnet heute der Meinung sein muss mit mir Gespräche zu führen weiß ich nicht, aber ich weiß das der Zeitpunkt gerade wirklich ungünstig ist. Zumal Eric seit der Feststellung das wir reden müssten gar nichts mehr gesagt hat, was mich nur in der Annahme bestätigt das wir nicht gerade besonders kommunikativ sind. „Was zur Hölle läuft zwischen dir und diesen Kerlen?“ Ich weiß das ich gerade festgestellt habe das Eric und ich nicht kommunikativ sind, aber bekanntlich kann sich ja alles ganz schnell ändern, so wie auch dieser Punkt. Ich blinzle und starre ihn eine Weile an, bevor meine Augenbraue in die Höhe springt. „Welche Kerle?“ Man möge mir meine Dummheit verzeihen, aber ich habe im Moment wirklich nicht die geringste Ahnung wovon Eric gerade redet. Zumal ich bis gerade der Meinung war das man mir mit Mac oder Marvin nicht wirklich etwas andichten kann. „Kai, dieser Neue und Marcel!“ Meine andere Augenbraue gesellt sich zu der Ersten nach oben und ich gucke vermutlich gerade so dumm wie ich mich fühle, da ich immer noch nicht so wirklich blicke was Eric mir eigentlich erzählen will. „Was ist mit denen?“, frage ich deshalb vermutlich genauso dumm und zucke kurz zusammen als sein Griff um mein Handgelenk so fest wird, das es langsam weh tut. „Ja, vögelst du mit denen?“ Wenn Eric es gleich so direkt gefragt hätte, hätten wir uns die letzten 3 Minuten schenken können und wären schneller zur Sache gekommen. Ich versteh sowieso nicht warum man dauernd um den heißen Brei drum rum, drüber und drunter reden muss. Direkt ist doch viel besser. Vielleicht nicht unbedingt angebracht und intelligent, aber besser. „Spinnst du vollkommen?“, entkommt es mir etwas fassungslos und ich entwinde ihm mein Handgelenk nur um kurz darüber zu reiben und meine Hände dann in die Hosentaschen zu stecken. „Wie kommst du auf so eine gequirlte Scheiße?“, setze ich fauchend hinten dran und bekomme einen Blick der mich irritiert, einfach weil er etwas herablassend ist und ich so etwas an Eric nicht kenne. „Mit Kai hängst du anscheinend ständig rum und jetzt mit diesem Neuen. Und wo waren Marcel und du den ganzen Tag?“ Ich glaub mein Schwein pfeift Jingle Bells! Mit Kai hänge ich rum weil er mit Mac rumhängt und sowieso an mir zu kleben scheint, wovon ich alles aber nicht begeistert bin. Taylor ist da irgendwie rein gerutscht und ich bin für ihn so etwas wie eine Landkarte auf zwei Beinen. Und Marcel, Herrgott nochmal! Marcel und ich hatten schon immer viel miteinander zu tun und es wäre ja nicht das erste Mal das wir zusammen den ganzen Tag verschwunden wären. Meistens hockt einer von uns auf der Krankenstation und der Andere im Büro beim Direktor. Man kann sich vorstellen warum. „Sag mal bist du eifersüchtig oder was?“ „Und wenn schon! Das ist wohl mein gutes Recht!“ Wann er dieses Recht erworben haben soll ist mir im Übrigen unklar. „Dein Recht? Größenwahn oder was?“ Es kann sein das ich etwas überreagiere und mit einer gelassenen Reaktion sich das Ganze vermutlich nicht so hoch schaukeln würde, aber ich bin mit dem Thema nun mal leicht reizbar. Ich mag es nicht wenn man Ansprüche an mich oder irgendetwas was mit mir zu tun hat stellt. Man könnte es auch Panik nennen. Wer einmal auf die Fresse fliegt steht vermutlich wieder auf. Wer so oft auf die Fresse geflogen ist das er bei 10 das zählen aufgehört hat, hat irgendwann keine Lust mehr aufzustehen. Zur letzten Kategorie gehöre dann wohl ich. Es versetzt mich einfach in Panik wenn jemand irgendetwas ernstes von mir wollen könnte. Dabei muss man mir das nicht einmal sagen, es reicht vollkommen wenn ich vermute das es so ist. „Du bist mein Freund! Natürlich ist das mein Recht!“ „Woah, Moment mal!“, gebe ich abwehrend von mir und hebe auch in dieser Geste die Hände während ich einen Schritt zurück gehe. „Wir waren uns von Anfang an einig das es nur um Sex geht, nicht mehr und nicht weniger!“, stelle ich klar. Eine Weile herrscht Schweigen, ehe Eric mit der Faust gegen die Wand schlägt, was mich irritiert. Denn er ist wirklich nicht der Typ der wütend wird. Um genau zu sein habe ich in den Jahren in denen wir miteinander zu tun haben noch nie gesehen das Eric überhaupt auch nur im Ansatz wütend werden kann. „Das weiß ich! Aber das ist nicht mehr so!“ Für mich ist das gerade wie ein Schlag in die Magengrube, dass er das sagt. Wenn ich das richtig interpretiere dann ist es für ihn aus irgendeinem Grund und irgendwann mehr geworden, was ich nicht bemerkt habe. Normalerweise sollte ich mich jetzt darüber freuen, weil das einfach eine logische Gefühlsregung wäre, aber dem ist nicht so. Am Ende ist es so, dass die Sache zwischen mir und Eric damit beendet ist. Ich kann nicht mit jemandem schlafen der Gefühle für mich hat. Es liegt nicht mal daran das ich mich demjenigen dann verpflichtet fühle, sondern eher daran das ich damit nicht umgehen kann und es auch nicht will. Abgedreht, ich weiß. Mein Gott, ich könnte gerade heulen und zwar übelst. Leider, oder Gott sei Dank, bin ich nicht der Typ der vor anderen das heulen anfängt. Manchmal würde es vielleicht manche Dinge erleichtern, aber meistens würde mich das nur noch mehr in die Scheiße reiten. „Das geht nicht.“ „Wieso nicht? Wir könnten es versuchen!“ Ich schüttle den Kopf und weiche instinktiv noch einen Schritt zurück während ich meine Hände wieder in den Hosentaschen vergrabe und mich ganz weit weg wünsche, vorzugsweise auf einen anderen Planeten oder in ein anderes Sonnensystem. „Du musst doch auch irgendwas fühlen!“ Ich hasse es übrigens wenn man mich zu irgendwas zwingen oder überreden will. Wenn das Ganze dann auch noch Gefühle betrifft ist das noch viel schlimmer, weshalb ich wieder mit dem Kopf schüttle und Eric ansehe. „Es war nur eine Fickbeziehung und das wusstest du.“ Der Blick den ich von Eric bekomme lässt mich die Zähne zusammen beißen, weil er so verletzt ist. Es tut mir auch ehrlich leid ihm Schmerzen zuzufügen, aber ich habe beim besten Willen keine Gefühle für ihn die über eine gewisse Akzeptanz und eventuell leichte Freundschaft hinaus gehen. Das war noch nie so und ich bezweifle das sich das ändern würde wenn ich einwillige mich weiterhin mit ihm zu treffen. Eigentlich will ich Eric schonend erklären das ich zu so einer Art Beziehung niemals fähig sein werde und das möglichst schonend, aber wie alles andere heute, geht auch das in die Hose als Kai um die Ecke biegt. Was zur Hölle die Ausgeburt der Hölle jetzt hier will ist mir zwar etwas unklar, aber ich hoffe stark das er nichts von dem gehört hat was gesagt wurde. In erster Linie hoffe ich das noch nicht einmal für mich sondern für Eric. Ich mag den Jungen wirklich gern, aber mehr auch nicht. Kai sieht zwischen mir und Eric hin und her, ehe sein Blick auf mir kleben bleibt. „Touji, wir müssen reden!“ Ich schwöre das ich gerade das Bedürfnis habe zu schreien und danach lachend aus dem Fenster zu springen, wenn wir nicht gerade im Erdgeschoss wären. Warum heute jeder Vollidiot mit mir reden will und damit mein mühsam strukturiertes Leben aus den Fugen reißen will werde ich nie verstehen, aber einmal reicht mir vollkommen und ich habe die Schnauze gestrichen voll. „Ich will aber nicht mit dir reden!“, fauche ich in Kai's Richtung und knirsche mit den Zähnen. Das sollte ich mir auch abgewöhnen, aber ich bin gerade überfordert, gestresst und alles andere als super gut gelaunt. Ich will nicht reden. Mit gar keinem. Und schon gar nicht mit Kai diesem dahergelaufenen Pfosten der sich offensichtlich für eine Art männliche Mutter Theresa hält. Das ist auch der Grund warum ich mich in Bewegung setzte und mich an Kai vorbei schiebe, der mich am Ärmel meines Shirts festhält wodurch ich gezwungener Maßen stehen bleibe und ihn giftig anstarre. „Ich weiß der Moment ist gerade ungünstig, aber wir müssen reden!“ Der Typ hat keine Ahnung wie ungünstig genau dieser Moment überhaupt ist, und ich werde trotzdem nicht mit ihm reden. „Es ist wichtig.“, schiebt er hinterher und ich lache unweigerlich auf. Im Moment kann nichts wichtiger sein als hier zu verschwinden, zumindest für mich weshalb ich ihm meinen Arm entreiße und mich mit schnellen Schritten in Bewegung setze. „Jetzt lauf doch nicht weg!“ Das fehlt mir jetzt auch noch das er mich verfolgt, weswegen ich beschließe nicht mehr zu eilen sondern stattdessen zu laufen und um die nächste Ecke biege. Es ist ja nicht so als würde ich das Pech anziehen, aber heute hat sich alles und jeder gegen mich verschworen. Das mache ich allein schon an der Tatsache fest das ich Tom, Jem und Marcel in die Arme laufe, wobei ich mit Letzterem auch noch zusammen stoße. Jem kichert wie blöde und strahlt mal wieder wie ein Atomkraftwerk während Tom einfach stumm aber dekorativ und mit dem üblichen Pokerface in der Gegend herum steht. Marcel hebt eine Augenbraue und will anscheinend etwas sagen, zumindest schließe ich das daraus das er seinen Mund aufklappt. „Touji jetzt warte!“ Marcel klappt den Mund wieder zu während er mit den Augen rollt was mich irritiert und ich zucke zusammen als er mich an der Schulter packt und durch eine Lücke zwischen ihm und Jem schubst. Dazu macht er eine weg winkende Handbewegung. Ich weiß nicht womit ich verdient habe das keinen Stress macht weil ich in ihn rein gelaufen bin, aber ich renne trotzdem weiter. „Ah, ah, ah. Hiergeblieben!“, höre ich Marcel sagen und bevor ich um die nächste Ecke biege sehe ich wie die drei Kai den Weg versperren, was mich unweigerlich lächeln lässt. Offensichtlich hat Marcel Kai so gefressen, dass er sogar mir lieber hilft als den durch zu lassen, was in meiner momentanen Lage wirklich praktisch ist. Bei Gelegenheit sollte ich allerdings heraus finden was Kai verbrochen hat um Marcel's Zorn auf sich zu ziehen. Vermutlich irgendetwas banales oder aber er hat gegen grundlegende Regeln verstoßen. Ich verlasse das Gebäude durch den Seiteneingang der eigentlich für das Personal und die Lehrer gemacht ist, aber im Moment ist es mir ziemlich egal auf welchem Wege ich das Gebäude verlassen kann, ich würde Notfalls auch ein Fenster oder einen Schornstein nehmen. Draußen angekommen fange ich an zu rennen und steuere auf mein Wohnheim zu und ich glaube ich bin die Stufen noch nie so schnell nach oben gekommen. Vielleicht reagiere ich etwas melodramatisch, aber Geständnisse die mit Gefühlen zu tun haben regen mich auf und ich neige nicht dazu danach gefühlsmäßig stabil zu sein. Meistens bin ich danach so labil, dass Mac vermutet ich könnte mich unter gegebenen Umständen aus dem Fenster werfen und dabei das Opening der Glücksbärchis singen. Was ich im übrigen nie tun würde, aber das glaubt er mir dann sowieso nicht. In unserem Zimmer angekommen lasse ich mich auf mein Bett fallen und rolle mich dort zusammen, bevor ich mir meinen Hasen Yumeji schnappe und ihn an mich drücke. „So eine Scheiße.“, nuschle ich in den flauschigen Stoff und kneife die Augen zusammen. Ich habe ein schlechtes Gewissen weil ich Eric einfach so habe stehen lassen, aber hätte ich das tatsächlich vor Kai klären sollen? Ausgeschlossen! Wenn ich es vor Kai geklärt hätte, wüssten bald alle das Eric nicht zur Hälfte so hetero ist wie er tut und er wäre vermutlich das Gespött in ganz Nightcrawl. Wir schreiben das Jahr 2014 und doch haben die meisten hier Vorstellungen von 1840 oder so ähnlich. Schwule werden hier gemobbt auf die übelste Art und Weise und nicht alle die sich öffentlich dazu bekannt haben auf das gleiche Geschlecht zu stehen, sind hier lebend wieder heraus gekommen. Mobbing ist hier eine Art Hochleistungssport und wenn man zu sensibel ist, verkraftet man das vermutlich nicht. Ich selbst habe mir für den Notfall und durch einige Erfahrungen eine Art Schutzpanzer zugelegt, aber Eric ist nun mal sensibel. Mobbing auf so eine perfide Art und Weise wie es auf Nightcrawl angewendet wird würde ihn kaputt machen. Zumindest so viel weiß ich über ihn. Man glaubt es vielleicht nicht, aber ich bin tatsächlich fertig mit den Nerven. Das liegt allerdings weniger daran das ich mir Sorgen um Eric mache sondern eher daran das ich ihn dafür verfluche das er Gefühle für die ganze Scheiße entwickeln musste. Und ja, vielleicht bin ich oberflächlich, egoistisch und denke mit der unteren Körperhälfte aber Shit Happens, so bin ich nun mal. Und genau genommen weiß ich auch gar nicht was ich jetzt machen soll. Soll ich mich nochmal mit Eric unterhalten und ihm klar machen das er sich das alles nur einbildet? Soll ich ihn ignorieren? Soll ich mir möglichst schnell jemand Anderes suchen? Im Moment allerdings würde ich mich am liebsten in meinem Zimmer verbarrikadieren und niemanden sehen, zumal ich mit Kai wirklich nicht reden will. Schon gar nicht nach dem ganzen Mist von heute, seinen verdammten Unterstellungen und weil er im Moment für mich so eine Art rotes Tuch darstellt. Ich denke das ich kurz eingeschlafen sein muss, weil ich aufschrecke als sich etwas weiches über mich legt und kurz darauf auch schon senkrecht im Bett sitze. Das weiche Etwas entpuppt sich als Decke und vor meinem Bett steht Mac der schief grinst und eine Entschuldigung darüber murmelt das er mich aufgeweckt hat, was ich mit einem abwehrenden Murren kommentiere. Im ganzen Zimmer kann ich Gott sei Dank keine Spur von Kai entdecken was mich dazu verleitet mich zu entspannen. Da Mac und Kai neuerdings meistens zusammenkleben hatte ich kurzzeitig die Befürchtung das der Spacko sich hier ebenfalls aufhält, was anscheinend nicht der Fall ist. „Was ist los?“ Dieses Zögerliche mit dem Mac die Frage ausspricht lässt mich die Stirn runzeln und ihn fragend ansehen, nur um seine Körpersprache zu deuten. Mac steht da, die Hände in den Hosentaschen während er von einem Bein auf das andere tritt und mich mit diesem Ausdruck ansieht der nur auf eins schließen lässt: Mitleid. Mitleid mag ich fast noch weniger als wenn man mir auf die Nerven geht. Wenn ich so darüber nachdenke mag ich eigentlich ziemlich wenig. Aber im Endeffekt ist es einfach so, dass Mac der Einzige Mensch hier ist mit dem ich einfach mal so über Probleme reden könnte die mich belasten ohne die Hälfte zu verschweigen, weshalb ich beschließe ihm mein Problem zu schildern. Er setzt sich zu mir aufs Bett und schweigt während ich ihm bestimmt 20 Minuten mit meinem Scheiß in den Ohren liege, obwohl ich eigentlich gar nicht so ausführlich sein will. Aber man kennt das ja, man will sein Problem nur kurz beschreiben und am Ende sprudelt einfach alles so raus was damit zu tun hat und was sich in einem so anstaut. „Und was willst du jetzt tun?“ Meine Mundwinkel zucken wegen der Frage und wegen der Tatsache das Mac sich einfach alles angehört hat und jetzt meine Meinung zur Problemlösung hören will bevor er seine eigene kund tut. Ich laste ihm selten irgendwelche Probleme von mir auf, aber wenn ich es tue kommt als erstes dieser Satz. Das ist schon so Standard und sicher das ich einfach lächeln muss ohne es überhaupt zu wollen. Auf die Frage weiß ich trotzdem keine Antwort, weshalb ich einfach nur mit den Schultern zucke und nach meinen Zigaretten angle. Diese sind zwar etwas platt da sie in meiner Hosentasche waren und ich mich drauf gelegt habe, aber rauchen kann man die Dinger immer noch. Und mehr will ich ja auch nicht. „Vielleicht solltest du mit Eric nochmal in Ruhe reden.“ Ja, vielleicht sollte ich das. Aber nicht heute, nicht morgen und vermutlich auch nicht den Rest der Woche. „Und mit Kai solltest du auch reden.“ „Nein.“ „Warum nicht? Was könnte es schon schlimmes sein, das er mit dir reden will?“ Ich gucke Mac an als hätte er den Verstand verloren. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit gering das Kai nun auch mit irgendeiner Gefühlsscheiße ankommt, aber trotzdem bin ich gerade traumatisiert und kann nicht mit ihm reden, abgesehen davon das ich das auch überhaupt nicht will. „So ziemlich alles?“ Mein Mitbewohner lacht belustigt auf und ich murre nur. Mir ist schon klar das er niemals verstehen wird was ich für ein Problem mit Kai habe, auch wenn es noch so offensichtlich ist: Er mischt sich zu viel in Dinge ein die ihn nichts angehen. Ach ja, und er ist abartig nervig, aber das nur so nebenbei. „Vielleicht ist es auch besser wenn du einfach mal hier bleibst und dich nicht ins Schulleben stürzt.“ Meine Augenbraue wandert nach oben und ich stoße den Rauch meiner Zigarette ruckartig aus, was ein widerliches Brennen in der Kehle zur Folge hat weshalb ich das Gesicht verziehe. „Wer bist du und was hast du mit Mac gemacht?“, frage ich deshalb und rücke etwas von meinem Mitbewohner ab der mir nur den Mittelfinger zeigt, aber immer noch grinst. „Alter, mal ehrlich. Ein bisschen Erholung tut dir vielleicht mal ganz gut. Ich meine bis vor ein paar Wochen gab's nur Eric und hin und wieder Marcel. Und auf einmal bist du von Typen umzingelt die alle was von dir wollen oder dir auf den Keks gehen. Ich glaube du bist überfordert. Wenn du so weiter machst bekommst du noch so was wie Burn out, und wer soll dann meine Seiten rastern?“ So einen langen Monolog habe ich ehrlich gesagt nicht erwartet, aber mit einem hat Mac recht. Ich bin von Typen umzingelt die entweder irgendwas wollen oder die mir gewaltig auf den Sack gehen. Im Allgemeinen finde ich die Idee einfach im Zimmer zu bleiben und es nur noch zu verlassen wenn ich Hunger habe gar nicht so schlecht. Und wer weiß, vielleicht bietet sich Mac auch als eine Art Zimmerservice an. Trotzdem... „Na danke, du denkst mal wieder nur an die Arbeit die ich für dich erledigen soll.“ Natürlich meine ich das nicht ernst und das weiß Mac auch weshalb er mich nur breit angrinst und ein „Selbst ist der Mann!“, ausstößt, was ich mit einem „Dann fang mal damit an.“, kommentiere. Nach diesem aufschlussreichen Gespräch mit Mac habe ich mich ins Bad verzogen um zu duschen, einfach um mich zu entspannen. Im Gegensatz zu sonstigen Abenden besteht mein Plan heute darin mich nach dem Duschen in mein Bett zu legen und möglichst schnell einzuschlafen. Ich will nichts mehr unternehmen, ich will keine Animes gucken und ich will keine Seiten rastern. Einfach nur schlafen klingt für mich gerade wie das Paradies. Zumal ich Schlaf wirklich nötig habe. Gerade als ich die Dusche ausgedreht habe und aus dieser raus bin höre ich Mac draußen mit jemandem reden zu dem er „Er ist nicht da!“, sagt. Ich bleibe stocksteif stehen und angle mir mehr aus Gewohnheit als aus irgendetwas anderem ein Handtuch das ich mir um die Hüften binde. Zwar weiß ich nicht mit wem Mac redet, aber dieser Jemand muss offensichtlich zu mir wollen. Und wer immer es ist, ich bin froh das Mac mich gerade verleugnet, oder es zumindest versucht. Letzteres schließe ich aus dem Satz der Person „Und wer zur Hölle duscht dann gerade?“. Der Stimme nach zu urteilen müsste es sich bei der Person um Taylor handeln, der zwar nicht so schlimm ist wie Eric oder Kai im Moment, aber den ich trotzdem nicht sehen will. Eigentlich will ich überhaupt keinen sehen, weshalb ich mir schon überlegt habe die Nacht in der Dusche zu verbringen. Auch wenn ich den Punk nicht sehen will hindert mich das nicht daran zur Badezimmertür zu schleichen und mein Ohr dagegen zu legen um das Gespräch besser verstehen zu können. „Ich wollte eigentlich nur hören wie es ihm geht.“, höre ich Taylor sagen und hebe eine Augenbraue. Soviel Besorgnis nachdem wir uns gerade seit heute kennen hätte ich ihm nicht zugetraut, aber man kann sich bekanntlich ja auch irren. „Wieso? War was?“ Mac ist misstrauisch, aber das ist er immer bei Leuten die er nicht auf gegabelt hat sondern ich. Ich neige einfach dazu lauter Idioten auf zu gabeln. „Da hier alles andere Maßstäbe hat, bin ich mir da nicht so sicher.“, murrt der Punk und es herrscht eine Weile Schweigen. „Auf der Treppe vom Wohnheim bin ich so nem blonden Typen begegnet der mit irgendwem telefoniert und sich über Touji unterhalten hat. Ich konnte allerdings nicht hören worum es genau ging. Im Flur bin ich dem Typen mit dem Haarband begegnet der ein Kühlkissen im Gesicht hatte und echt angepisst aussah. Und als ich dann in mein Zimmer gegangen bin war Kai total wütend auf irgendwen oder irgendwas und keine Ahnung. Hier scheint es nie wirklich langweilig zu werden irgendwie.“ Im letzten Satz steckt Belustigung die mich fast ansteckt, zumindest so weit das ich kurz lächeln muss. Nein, langweilig wird einem in Nightcrawl nie. Ob das gut oder schlecht ist kommt wohl auf die Betrachtungsweise an. Trotzdem macht mir Taylors 'Bericht' Sorgen. Der blonde Typ war bestimmt Eric, denn welcher blonde Typ sollte sich sonst über mich mit irgendwem unterhalten. Wobei ich überhaupt nicht wissen will mit wem und worüber sich Eric unterhalten hat, wenn es um mich ging. Die Beschreibung von Marcel und Kai lässt mich einfach darauf schließen, dass sie sich wieder in die Haare bekommen haben. Das scheint auch irgendwie Standard bei den Beiden zu werden und ich frage mich was zur Hölle der Grund dafür ist. Immerhin sind sie in derselben AG und ich war eigentlich der Auffassung dass sie sich gut verstehen. Zumindest so gut das sie sich nicht die Fresse einschlagen, aber da lag ich wohl falsch. „Und du wolltest nach Touji sehen, weil?“ „Es ihm offensichtlich nicht gut geht.“, kommt die trockene Antwort zurück und ich hebe eine Augenbraue. Das es mir 'offensichtlich' nicht gut geht, ist mir neu. Ich dachte immer das würden nur Leute merken die mich tatsächlich kennen, aber wenn Taylor das schon merkt sollte ich mir jetzt ernsthafte Sorgen darüber machen. Oder morgen, wenn ich irgendwann aufwache. Denn das Letzte was ich heute tun werde ist mir den Wecker zu stellen. „Na ja, sag ihm gute Besserung.“, höre ich Taylor sagen und kurz darauf wie Mac die Tür schließt, was mich dazu verleitet mir ein anderes Handtuch zu schnappen und mich abzutrocknen, bevor ich mir mein Makeup aus dem Gesicht kratze. Ich find es ja nett das Taylor sich anscheinend Sorgen um meine seelische und geistige Verfassung macht, aber andererseits habe ich jetzt Informationen die ich nicht wollte mit denen ich aber klar kommen muss. Vielleicht hätte ich auch nicht lauschen sollen. Ich denke ich werde morgen über all das nachdenken, wenn ich irgendwann gegen Mittag aufwache und nicht weiß was ich mit mir anfangen soll. Nachdem ich meine Schlafklamotten angezogen habe schlurfe ich aus dem Bad und habe sofort Mac's ungeteilte Aufmerksamkeit, und das obwohl er anscheinend gerade an seinem Mangakonzept arbeitet. Irgendwie macht mir das Angst. „Brauchst du noch irgendwas?“, fragt mich mein Mitbewohner und ich schüttle nur mit dem Kopf während ich mich in mein Bett bewege und mir die Decke bis zum Kinn hoch ziehe. Danach schalte ich meinen Wecker aus und mein Handy auf lautlos, denn wenn ich schon einmal ausschlafen kann will ich dabei nicht von irgendwem wegen einer Nichtigkeit gestört werden. „Na dann, schlaf gut.“ Ich murre als Antwort und rolle mich dann auf die Seite mit dem Gesicht zur Wand, schließe die Augen und ignoriere gekonnt denjenigen der wohl unter unserem Zimmerfenster steht und meinen Namen nach oben brüllt. Ich bekomme mit wie Mac sich bewegt und das Fenster aufreißt, aber was er zurück brüllt entzieht sich meiner Kenntnis, da ich einfach einschlafe, auch wenn mich wirklich interessiert hätte welcher Vollidiot da unten steht. Kapitel 10: Gruppentherapien sind wie Glücksbärchis --------------------------------------------------- Als ich meine Augen aufschlage geschieht das nicht freiwillig sondern eher deshalb, weil mich ein penetrantes und widerliches Geräusch bis in meine Träume verfolgt. Zuerst bin ich etwas planlos, warum die Sonne auf mein Bett scheint, da sie das morgens für gewöhnlich nie tut sondern erst gegen Mittag, weshalb ich mich umdrehe und mir mein Handy kralle. Es ist fast 13 Uhr und ich sitze senkrecht im Bett und verfluche Mac das er mich nicht geweckt hat, bis mir einfällt das ich sowieso nicht am Schulleben teilnehmen wollte für die nächsten Tage. Als mir die Szenen und Probleme von gestern ins Gedächtnis kommen bin ich der Meinung ich sollte unser Zimmer nie wieder verlassen, außer um Eremit in den Bergen zu werden und Lamas zu züchten. Das penetrante Geräusch kommt allerdings nicht von meinem Handy, auch wenn ich sehe das ich mehr Anrufe bekommen habe als sonst im ganzen Jahr. Das Geräusch kommt von der Zimmertüre und ich runzle die Stirn. Morgens funktioniert mein Gehirn noch nicht so richtig. Zumindest nicht ohne Zigarette und ohne Koffein. Letzteres könnte, da ich das Zimmer nicht mehr verlassen will, theoretisch gesehen ein Problem werden. Praktischerweise habe ich prinzipiell Energydrinks und Instantkaffee sowie Wasserkocher im Haus, was mein Problem kurzzeitig aus der Welt schafft, auch wenn ich kein großer Fan von Instantkaffee bin. Während das Klopfen also penetrant weiter geht stehe ich auf und versuche mich möglichst geräuschlos durch das Zimmer zu bewegen um demjenigen der da draußen steht glaubhaft zu versichern das ich nicht da bin, oder zumindest noch schlafe wie ein Toter. Bei meinem Schreibtisch zünde ich mir eine Zigarette an und stelle die Boxen aus, bevor ich meinen Computer hochfahre und mich nach dem Wasserkocher umsehe, den ich bei Mac auf dem Schreibtisch finde, was auch immer er da zu suchen hat. Möglichst leise schleiche ich mich wieder zurück zum Bett, zucke jedoch zusammen und bleibe wie angewurzelt stehen als ich von draußen ein „Touji! Ich weiß das du da bist! Wir müssen reden!“, vernehme. Zu allem Überfluss gehört die Stimme Eric. Natürlich bin ich da, aber ich schlafe wie ein Toter und höre dich leider nicht. Ich bin sowieso der Meinung wir sollten unser Zimmer schalldicht isolieren lassen oder Ohrenstöpsel kostenlos von der Schule gesponsert bekommen. Letztere Variante wäre vermutlich am günstigsten, aber es wäre schon blöd wenn ich nicht hören könnte was Mac so sagt während er mit mir redet. Während ich darauf warte dass das Wasser anfängt zu blubbern und ich mir diesen ekelhaften Kaffee zu Gemüte führen kann nehme ich mein Handy in die Hand um nach zu sehen wer mich so dringend erreichen wollte und hebe eine Augenbraue. 17 Anrufe von Eric, was irgendwie klar war. 20 von einer Nummer die ich nicht kenne. 1 Anruf von Marvin, aber das war um kurz nach 6 Uhr morgens. 4 Anrufe von einer anderen Nummer die ich nicht kenne. Mal ehrlich, so gefragt war ich noch nie und das macht mir irgendwie leicht Sorgen. Wobei ich ernsthaft froh bin das alle nur versucht haben mich anzurufen und mir keine Whatsapp Nachrichten geschickt haben, denn die müsste ich dann zu allem Überfluss auch noch lesen und so viel Zeit hab ich nun mal nicht. Das penetrante Klopfen habe ich so weit ausgeblendet das es mich inzwischen nicht mal stört. Auch nicht die Tatsache das Eric im Minutentakt meinen Namen ruft während er immer noch gegen das Holz hämmert. Während ich mir Instantkaffee in die Tasse kippe und Wasser darauf gieße nur um danach dieses Gebräu umzurühren, schwöre ich das ich die Tür aufmachen und ihm irgendwas ins Gesicht werfen werde wenn er demnächst nicht damit aufhört. Es stört mich zwar nicht unbedingt wenn ich es ausblende, aber so ganz tief hinten im Unterbewusstsein ist es doch etwas lästig. Vor allem, da ich mich jetzt eigentlich an die Hausaufgaben machen wollte die sich über die Woche so angesammelt haben, und das sind bei Gott nicht wenige. Bei dem ersten Schluck des Gebräus verziehe ich unweigerlich das Gesicht und schüttle mich kurz, bevor ich mich an meinen Schreibtisch setze und als erstes Firefox starte. Ich weiß, ich habe gesagt ich will Hausaufgaben machen, aber das Internet ist erst mal wichtiger. Die Hausaufgaben rennen mir nicht weg, denn würden sie das hätte ich kein Problem damit ihnen hinterher zu winken. Als die Türe ein schepperndes Geräusch von sich gibt sehe ich auf und hebe interessiert eine Augenbraue, ehe die Tür dasselbe noch einmal tut. Ich brauche eine Weile bis ich darauf komme das Eric anscheinend die Tür rammt, was mir im übrigen nicht im geringsten gefällt. Wenn ich die Türe nicht aufmache, was schließt man daraus? Ich will keinen sehen und hören! Da macht es auch nicht viel Sinn zu versuchen gewaltsam in unser Zimmer einzudringen und nebenbei noch vermutlich die Tür aus den Angeln zu reißen. Als die Tür wieder scheppert schlucke ich den Schluck Kaffee runter den ich gerade im Mund hatte und stehe auf, bevor ich mich schnellen Schrittes zur Tür bewege. Ich will niemanden sehen, ich weiß! Aber noch weniger will ich das unsere Zimmertüre im Zimmer liegt anstatt das sie dort bleibt wo sie hingehört. Bevor Eric noch einmal gegen die Türe rennen kann, reiße ich diese auf und trete genau im richtigen Moment auf die Seite, als auch schon Eric an mir vorbei ins Zimmer fliegt. Zwar wollte ich das damit definitiv nicht erreichen, aber wenn er schon mal drin liegt, kann ich auch gleich sagen was ich zu sagen habe und er kann wieder gehen. „Warum machst du die Tür nicht auf?“, kommt es vom Boden während er sich aufrappelt und ich frage mich gerade ernsthaft ob er zu viele Bälle an den Kopf bekommen hat, sich dumm stellt oder es tatsächlich ist und ich es einfach noch nicht bemerkt habe. „Ich dachte das wäre offensichtlich.“, kommentiere ich deshalb trocken während ich die Arme vor der Brust verschränke und bei der offenen Türe stehen bleibe. Ich werde einen Teufel tun und das Ding zu machen, das sendet bei meinem Glück noch die falschen Signale. Stattdessen gucke ich zu wie Eric sich erhebt und sich imaginären Staub von der Trainingshose klopft, was mich aus irgendeinem mir unbekannten Grund stört. Ich meine, Mac und ich sind nicht gerade die Ordentlichsten, aber dreckig ist es hier drin garantiert nicht, vor allem weil Mac alle zwei Tage den Staubsauger schwingt. Ich fühle mich an Mac's Stelle beleidigt. „Wir müssen endlich reden!“ Es ist zwar erbärmlich, aber in mir wächst der Wunsch Eric k.o zu schlagen und mich irgendwo hin zu flüchten, vorzugsweise irgendwohin wo weit weg ist. Ich nenne das jetzt einfach Fluchtreflex. Was im Prinzip heißt: Ich bin ein Pony! „Worüber?“ Natürlich weiß ich worüber Eric reden will, aber manchmal ist es wirklich hilfreich sich einfach doof zu stellen, aber eben nur manchmal. Das mache ich daran fest das Eric mir ein „Du weißt genau worüber!“, entgegen wirft. Übrigens ist es manchmal auch wirklich ein Nachteil wenn man lang genug mit Personen zu tun hat und die einen nach einer gewissen Zeit relativ gut kennen, manche mehr und manche weniger. Ich schweige eine Weile und bereue es gerade das meine Zigaretten noch auf dem Schreibtisch liegen und ich nicht dran komme ohne die Türe zu verlassen. Eine Zigarette wäre jetzt genau das richtige, auch wenn ich mich inzwischen anscheinend zu einem Kettenraucher entwickelt habe. Touji digitiert zuuuu...Kettenraucher! Ja, ich weiß das mein Gedankengang gerade äußerst lächerlich ist, aber würde ich nicht lächerlich denken dann würde ich vermutlich durchdrehen, und das will weder ich noch Eric, da bin ich mir relativ sicher. „Ich hab dich nie geliebt, ich liebe dich nicht und ich werde es auch nicht.“ Ich weiß das mich jetzt so ziemlich jeder für ein Arschloch hält, aber es ist einfach so das ich keinen Sinn darin sehe um den heißen Brei herum zu reden, wenn ich mir über etwas sicher bin. Und ich bin mir zu 100% sicher das ich Eric niemals lieben könnte. Klar, ich mag ihn wirklich gerne und so nach den zwei Jahren, aber Liebe kommt für mich nicht in Frage und ist auch ein Ding der Unmöglichkeit. Einfach weil ich zu Liebe überhaupt nicht fähig bin. Und nein, das hat mir niemand eingeredet, auf diese Tatsache bin ich vor 3 Jahren selbst gekommen. Manchmal bilde ich mir ein jemanden zu lieben, einfach weil ich es für Liebe halte, aber das ist nicht so. Menschen die mir zu nahe kommen, gehen mir unheimlich schnell auf die Nerven und ich will sie los werden. Ich kann es nicht ausstehen wenn man mir zu nahe kommt, und hierbei rede ich von der emotionalen Ebene und nicht von der körperlichen. Für mich ist Sex einfach nur Sex, weil ich damit keine Gefühle verbinden kann. Wobei ich manchmal auch der Auffassung bin das ich mit überhaupt nichts Gefühle verbinden kann. Wie meine Freundschaft zu Mac und Marvin funktioniert ist mir selbst ein Rätsel. „Nur weil du dich ein paar Mal auf die Fresse gelegt hast? Wir könnten es immer noch versuchen!“ Ich stoße genervt die Luft aus und massiere mir mit der linken Hand die Schläfe während ich innerlich von 10 rückwärts zähle um Eric nicht einfach aus dem Zimmer zu treten. Sogar ich finde es im Moment eine tolle Idee das Ganze hier zu klären und endgültig aus der Welt zu schaffen. „Eric, ich bin nicht auf die Fresse geflogen weil mich Andere verarscht oder verletzt haben, sondern weil ich derjenige bin der mit dem ganzen Scheiß nichts anfangen kann. Ich kann mit diesem ganzen Gefühlsding nichts anfangen, okay?“ Eine Weile herrscht Schweigen zwischen uns in dem Eric offensichtlich versucht zu verarbeiten was ich soeben gesagt habe. Und eine Weile in der ich mich doch in Bewegung setze um an meine Zigaretten zu kommen. Ich schwöre das ich durchdrehe wenn ich nicht sofort Nikotin bekomme. Ich bin sogar so weit das ich diesen widerlichen Kaffee für eine Erlösung halte. „Ich will trotzdem mit dir zusammen sein!“, kommt es kaum das ich den ersten Zug von meiner Zigarette nehme und um ehrlich zu sein: Ich bin nicht im geringsten überrascht über diese Aussage. Einfach weil ich Eric einigermaßen gut kenne und es erwartet habe. Anstatt ihn anzusehen, starre ich stattdessen lieber auf meinen Bildschirm und ziehe nochmal an meiner Zigarette bevor ich ein „Ich aber nicht.“, von mir gebe. „Wer hat dich so verletzt das du dich die ganze Zeit abschottest?“ „Keiner.“ „Ich bin mir sicher das du mich lieben könntest!“ Tatsache? Nehmen wir also an ich wäre zu so etwas wie gefühlstechnischer Liebe fähig, könnte ich Eric tatsächlich lieben? Hätte ich genug Ambitionen dafür? Könnte ich sicher sagen das ich mit niemand Anderem mehr ins Bett gehe, einfach weil Treue zur Liebe dazu gehört? Wäre ich fähig dazu es mit nur einer Person auszuhalten und mit ihr durch dick und dünn zu gehen? Ständig für sie da zu sein? Und nehmen wir also an ich wäre zu all dem fähig. Könnte ich es dann ertragen das Eric alles geheim halten wollen würde? Da ich aber zu nichts davon fähig bin, sind die Gedanken eher überflüssig als wirklich nützlich, weshalb ich ein „Nein.“, von mir gebe. „Ich will es trotzdem versuchen!“ Eigentlich sollte mir seine Hartnäckigkeit schmeicheln, tut sie aber nicht. „Ich sagte 'nein'. Und jetzt geh bitte, ich will meine Ruhe.“ „Aber...“ „Geh!“, zische ich wenig freundlich und sehe ihn auch genauso an, ehe ich ein „Und mach die Tür zu!“, hinten dran hänge, ehe ich mich wieder meinem Bildschirm zuwende und eigentlich gar nichts wirklich sehe sondern eher hindurch starre. Aus dem Augenwinkel bemerke ich wie Eric noch eine Weile unschlüssig im Raum stehen bleibt, ehe er sich entscheidet das es besser ist zu gehen und die Tür hinter sich schließt. Kaum das er den Raum verlassen hat entspanne ich mich und lasse mich in meinem Schreibtischstuhl nach hinten sinken um weiter zu rauchen und an die Decke zu starren, die ungefähr genauso aufschlussreich ist wie dieses ganze Chaos in meinem Kopf. Ein Teil meines Gehirns versucht mir zu erzählen das ich es sehr wohl zu Stande bringen würde Eric ernsthaft zu lieben, aber mein Gefühl und auch der Rest von mir sagt mir, dass das absoluter Schwachsinn ist und ich die Finger davon lassen sollte. Andererseits sah er wirklich geknickt aus, und ich mag es nicht wenn Eric geknickt ist, so sehr mag ich ihn dann doch. Wenn ich Leute mag, und das kommt sowieso schon selten genug vor, dann macht es mich fertig wenn sie sich fertig fühlen. Aber ob es okay ist mit Eric zusammen zu sein, obwohl ich weiß das ich nichts für ihn fühle außer ihn zu mögen, ist jetzt die Frage. Zwar hat er gesagt er will es trotzdem versuchen, aber wenn ich ja sage weiß ich worauf es hinaus läuft und dass er dann noch mehr am Boden ist. Aber vielleicht ist es ja auch möglich das ich mich komplett irre und ihn doch irgendwie lieben könnte, auf eine von mir typische absurde Weise. Beim besten Willen, ich hab nicht die geringste Ahnung was ich machen soll. Das ist nicht nur deprimierend und frustrierend sondern zu allem Überfluss macht es mich tatsächlich fertig. Einer der Gründe warum ich beschließe die Hausaufgaben Hausaufgaben sein zu lassen, da sie mir ja nicht weglaufen. Es macht mich so fertig, dass ich teils apathisch und teils schlafend mit Yumeji in den Armen auf meinem Bett sitze als Mac zurück kommt...mit Taylor und Marvin im Schlepptau, die sich sofort nach meinem Befinden erkundigen aber wohl einsehen das mein Äußeres Bände spricht. Ich bin ungeschminkt, ungekämmt und hänge noch immer in meinen Schlafklamotten herum während die Zigarettenstummel im Aschenbecher einer Nachbildung des schiefen Turms von Pisa ähneln. Ja, doch, das sagt eigentlich alles über meinen Gemütszustand wenn man noch dazu rechnet das ich nur Laute von mir gebe anstatt tatsächlich zu reden. Ich freue mich ja das die Beiden sich nach meinem Befinden erkundigen und mich irgendwie, weiß Gott wie, aufheitern wollen. Aber im Moment würde ich sie am liebsten aus dem Zimmer treten um Mac ungestört mein Leid klagen zu können. „Touji, rede mit uns!“, kommt es von Marvin und ich gebe einen verneinenden Laut von mir, während ich einfach so auf dem Bett sitzen bleibe mit einem auf gerauchten Zigarettenstummel im Mundwinkel. Vermutlich sehe ich gerade aus wie die männliche Version unserer Putzfrau. Die war früher mal Puffmutti und hat sich ihre Rente dann mit putzen aufgestockt nachdem man ihr Bordell geschlossen hat. Zumindest habe ich die Geschichte so in Erinnerung. Ich würde ja gerne reden, aber mit Mac. Alleine. Ohne jemandes Weltbild zu zerstören. Okay, ohne einem Zweiten jemand das Weltbild zu zerstören, bei Eric hatte ich ja offensichtlich Erfolg damit. Zumindest nehme ich das an. „Touji, du kannst mit uns reden. Wir wissen alles.“ „Hm?“ Eine Weile herrscht Schweigen und Taylor sieht aus als würde er nach den richtigen Worten suchen, ehe er sich wohl für den einfachsten Weg entscheidet: Der unverblümten Wahrheit! „Wir wissen das du schwul bist und eine Affäre mit Eric hast, der dir nun am Montag seine Gefühle gestanden hast mit denen du ungefähr soviel anfangen kannst wie mit einem Kochbuch.“ Ich starre Taylor eine Weile an während mein Gehirn angestrengt versucht die soeben bekommenen Informationen zu verarbeiten, wobei es wohl einen Kurzen erleidet da mein Mund ohne mein Zutun aufklappt und der Stummel in den Aschenbecher fällt der vor mir steht. Das Ding ist zwar aus, aber ich will trotzdem keine Zigarettenstummel auf meiner Bettdecke. Mein erster Gedankengang ist, ob es tatsächlich so offensichtlich ist das ich mit Eric in die Kiste gestiegen bin oder ob man das anderweitig bemerkt. „Ich hab's ihnen gesagt.“, kommt die Antwort schon von Mac und mein Blick wandert zu ihm, ehe ich mich wieder fasse. „Bist du bescheuert?!“ „Irgendwann musstest du es ihnen ja wohl sagen!“ „Wieso sagst DU es ihnen dann?“, knurre ich ungehalten während Marvin sich einfach zu mir aufs Bett setzt und neben sich klopft damit Taylor sich ebenfalls hinsetzt und nicht dekorativ im Raum herum steht. „Weil du momentan offensichtlich nicht dazu in der Lage bist. Und mal ehrlich, die sind ja nicht blöd. Marvin hat es besser aufgenommen als ich erwartet habe.“, kommt es locker flockig von meinem Mitbewohner und ich frage mich ernsthaft wer das jetzt noch alles weiß. Und da kommt auch schon die böse Vorahnung die mich dazu veranlasst gepeinigt aufzustöhnen und mir an den Kopf zu greifen. Wenn Kai das auch weiß, weiß es bald...jeder. Also absolut jeder. Einfach weil es unsere Morgenzeitung gibt. Und ich werde die restlichen zwei Jahre in Schimpf und Schande leben, was ich im Prinzip eigentlich sowieso irgendwie tue, und auf Sexleben verzichten müssen. Letzteres passt mir überhaupt nicht in den Kram. „Ich dachte es mir ehrlich gesagt schon. Auch wenn ich von Mac's Geständnis schon etwas überrumpelt war.“, kommentiert Marvin und ich schenke ihm wieder meine Aufmerksamkeit. Er dachte es sich also schon? Na hervorragend! Wer denkt sich das denn noch so? „Und ich hab mir ernsthaft Sorgen um deine rosa Welt gemacht.“, murre ich vor mich hin während ich mir die nächste Zigarette zwischen die Lippen schiebe und sie anzünde. Eine Weile lang sage ich gar nichts. Eine Weile in der Mac mir erörtert das er es eben nur Marvin und Taylor erzählt hat und fertig war bevor Kai dazu gekommen ist. Sie alle drei haben dann eisern darüber geschwiegen und so getan als wäre alles in Ordnung, auch wenn es das ja nicht im geringsten ist, denn das sieht man ja an meinem äußerlichen Zustand und er wolle überhaupt nicht wissen wie mein innerlicher Zustand im Moment wäre. Ist es nicht toll solche Freunde zu haben? Mal abgesehen von der Tatsache das ich nicht begeistert darüber bin das Mac mir irgendwelche Beichten abnimmt, bin ich froh das ich mir jetzt selbst keine schonende Erklärung mehr aus den Fingern saugen muss und somit Mac auch einfach so mein Leid klagen kann wenn die Beiden daneben sitzen. Irgendwie praktisch und irgendwie tatsächlich erleichternd. Auch wenn ich es nicht gerne zugebe, aber es ist nicht schön den armen Marvin anzulügen. Der ist immerhin immer lieb zu mir, versucht auf meine Ernährung zu achten und erinnert mich auch ansonsten etwas an meine Oma. Das ist übrigens keine Beleidigung sondern ein Kompliment! Ich hab meine Oma vergöttert und angebetet und geliebt. Ich glaube langsam ehrlich gesagt das ich seit dem Tod meiner Oma nicht mehr dazu fähig bin irgendwas mit Liebe anzufangen, obwohl das nun auch schon fast 8 Jahre her ist. Da Taylor und Marvin nun über mich und mein Leben Bescheid wissen, oder zumindest das Grundlegendste davon, klage ich Mac mein Leid und berichte über den Besuch von Eric und meiner nicht ganz so prickelnden seelischen Verfassung seit ich mir ernsthaft Gedanken darüber gemacht habe ob es möglich wäre Eric zu lieben. Also nicht ihn im allgemeinen zu lieben, sondern ob ich dazu fähig wäre. Am Ende meiner Erzählung sitzen wir zu Viert schweigend in der Gegend herum. Ich eher weil ich nichts mehr zu berichten habe und die Anderen wohl weil sie versuchen auf eine Lösung zu kommen. „Lass die Finger davon!“, ergreift Mac als Erster das Wort und hat damit unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. „Ich kenn dich lange genug um dir zu sagen, dass es so enden wird wie jedes Mal.“ „Aber vielleicht ist es diesmal was ganz Anderes und Eric ist die Liebe seines Lebens?“, hält Marvin dagegen und ich frage mich unweigerlich ob er heimlich irgendwelche Soaps ansieht von denen ich nichts weiß, oder ob das tatsächlich seine Meinung ist. „Das funktioniert nie im Leben. Eric hat nichts, absolut gar nichts, was Touji dazu bewegen könnte ihn ernsthaft zu lieben.“ „Aber vielleicht ja doch.“ „Ausgeschlossen!“ Ich verfolge die Diskussion mit einem gewissen Grade an Spannung, einfach weil man Marvin so selten diskutieren sieht und Mac in Diskussionen im Allgemeinen sowieso keinen Sinn sieht. Wenn also zwei Leute diskutieren die eigentlich nicht im geringsten etwas damit anfangen könnten, hat das einen gewissen spannenden Effekt. Ich weiß nicht ob das jemand kennt, aber es ist so ähnlich wie sich die letzte Folge eines Animes zum ersten Mal anzuschauen. Blöder Vergleich, ich weiß! „Was auch immer du tust, ich bin dein Support!“, kommt es von Taylor was die anderen Beiden zum Schweigen bringt und ich sehe den Punk eine Weile stumm an, ehe ich schief grinse und den Daumen hebe. „Gut gesprochen!“, witzle ich dann. Ich weiß zwar nicht was ich getan habe das Taylor sich dazu berufen fühlt mein Support zu sein, oder warum er sich nicht bessere Leute sucht mit denen er befreundet sein kann, aber ich bin ihm trotzdem im Stillen dankbar dafür. Nach ungefähr einer Stunde und ein paar Kaffee später, die Marvin aus der Cafeteria geholt hat, sind wir einstimmig zu dem Schluss gekommen, dass ich erst einmal nichts unternehmen sollte. Ich sollte mich einfach ganz normal verhalten, mit ihm reden wenn er mich anspricht und natürlich das wichtigste: Ich sollte ihm in der nächsten Zeit nicht allein in die Arme laufen um unliebsame Szenarien zu vermeiden! Das Alles natürlich nur damit ich endlich einen freien Kopf bekomme und mich nicht zu irgendetwas hinreißen lasse, was ich eigentlich nicht will. Bis vorhin wusste ich überhaupt nicht das es wirklich erholsam und aufbauend sein kann irgendeinen seelischen Scheiß mit Freunden zu beraten. Bei genauerer Betrachtung habe ich das auch noch nie gemacht, was ich im übrigen jetzt bereue. Denn ob man es glaubt oder nicht das tut echt gut. Also, einfach mal den seelischen Scheißhaufen raus lassen und los quatschen ohne danach angesehen zu werden als hätte man nicht mehr alle Löffel in der Lade. Zwar halte ich es für unwahrscheinlich das ich das dauernd tun werde, aber sollten schwere psychische Probleme auftauchen, weiß ich jetzt zumindest an wen ich mich wenden kann. Vielleicht hätte ich auch einfach mal früher auf die Idee kommen sollen, aber ich bin nun mal ein bisschen verkorkst und daran das manche Leute mir tatsächlich helfen wollen denke ich nicht. Einfach weil es für mich irgendwie unlogisch ist. Ich bin es gewohnt von Anderen nach Hilfe gefragt zu werden, aber nicht selbst um welche zu bitten, was man im Nachhinein als Schwachpunkt betiteln könnte. Mir geht es so gut, dass ich es schaffe mit den Anderen herum zu albern und mich über diverse Dinge zu amüsieren die in meiner Abwesenheit wohl passiert sind. Wie zum Beispiel einen gemischten Salat auf Marcel's Kopf, da irgendwer dessen Name unbekannt ist wohl gestolpert war und der Salat irgendwie auf Marcel's Kopf landete. Allein schon diese Vorstellung trägt nicht dazu bei das ich mein Lachen einstellen kann und vermutlich werde ich das nächste Mal lauthals los lachen wenn ich Marcel über den Weg laufe, einfach weil ich genau weiß das mein Kopfkino genau dieses Bild abrufen wird. Als es an die Türe hämmert, sehen wir alle diese an und ich bete innerlich einen ganzen Monolog herunter das es jetzt nicht Eric ist. Ich habe mich und mein Gewissen immerhin so weit gefangen das es mir tatsächlich einigermaßen wieder gut geht, also brauche ich jetzt keine erneute Konfrontation. „Touji! Wir müssen uns ernsthaft unterhalten!“, kommt es von draußen und ich sehe Mac an der mit den Schultern zuckt um mir zu signalisieren das er ebenfalls keine Ahnung hat was Kai jetzt hier will und er ihn definitiv nicht eingeladen hat. Normale Menschen verschwinden wenn ihnen keiner aufmacht, aber auf Nightcrawl gibt es keine normalen Schüler, weshalb das Gerufe und das Gehämmer weiter geht und meiner Augenbraue langsam anfängt zu zucken. Mac erhebt sich um dem Störenfried irgendwas zu sagen und ich hebe eine Augenbraue als Taylor schneller ist und die Tür aufreißt. Der Anblick von Taylor in unserem Zimmer scheint Kai zu schockieren, das schließe ich zumindest daraus das er die Klappe hält und nicht ein Piep seine Lippen verlässt. „Er will nicht reden!“, kommt es ernst von Taylor der in einer Hand noch die Klinke hat und sich mit der Anderen am Türrahmen abstützt um Kai vorsorglich den Weg zu versperren. Wenn ich mir das genau betrachte weiß ich jetzt warum Kai, sagen wir, leichte Panik vor Taylor verspürte. Taylor ist großer als er, kräftiger und wenn ich ihn mir so von hinten angucke hat seine aufrechte Haltung unter gewissen Umständen schon etwas leicht bedrohliches, allerdings nicht so viel das ich mir tatsächlich Sorgen oder anderweitige Gedanken darüber machen würde. „Warum zur Hölle sind immer irgendwelche Kerle bei ihm?“, höre ich Kai murren und hebe eine Augenbraue. Lass mich überlegen: Wir sind ein Jungeninternat! Bis gerade dachte ich das wäre offensichtlich. Kapitel 11: Lang lebe der Kleinkrieg! ------------------------------------- „Euch ist klar, dass das Konsequenzen hat?“ Ich schweige stoisch während Marcel auf dem Stuhl neben mir mit den Augen rollt und einen Laut von sich gibt, der sich anhört wie eine Verwünschung. „Haben Sie etwas gesagt Mr. Kaskrova?“, hakt Mr. Peters nach und Marcel gibt einen verneinenden Laut von sich. Der Gute kommuniziert seit ungefähr einer Stunde nur noch in Lauten, was mich amüsieren würde wenn ich nicht selber in der Scheiße stecken würde. „Mr. Nikura, Ihnen ist klar das sie dasselbe Pensum zu leisten haben wie Mr. Kaskrova?“ Ich gebe einen bestätigenden Laut von mir und halte mir weiterhin mein Kühlkissen an die rechte Wange. „Hätten die Herren die Freundlichkeit mir zu verraten wann Sie ihren lächerlichen Kleinkrieg endlich beenden?“ Kurz herrscht Stille während Mr. Peters uns abwartend ansieht, und wir Beide ein synchrones „Nie!“, von uns geben. Zumindest sind wir uns in dieser Hinsicht einig. Nightcrawl wäre auch nur halb so spannend wenn es Marcel nicht gäbe. Obwohl ich sagen muss, dass ich in den letzten Wochen wirklich genug Action hatte. Um genau zu sein mehr als die letzten 5 Jahre, und das ist irgendwie traurig. „Sie wollen mir also sagen ich muss die nächsten 2 Jahre jede Woche mit Ihnen dieses Gespräch führen? Meine Herren, wie Sie sicherlich schon bemerkt haben ist Nightcrawl ein anständiges Internat geführt durch hervorragende Lehrer, den strukturierten Stundenplan und...“ „Natürlich durch Sie, unseren geschätzten Direktor!“, beendet Marcel den Satz Augen rollend und ich muss unweigerlich leicht prusten. Aber so oft wie wir diese Predigt schon gehört haben können wir sie nun einmal im Schlaf runter beten, auch wenn das erst recht traurig ist. Durch Marcel's Kommentar saßen wir noch länger im Büro als sonst. Längere Zeit in der Mr. Peters uns die Vorsätze der Schule erörtert hat, die wir uns jede Woche anhören dürfen. Eine längere Zeit in der ich kurz davor war einzuschlafen oder mir die Nägel zu machen, was uns allerdings nur noch mehr Zeit mit unserem liebreizenden Direktor eingebracht hätte, weshalb ich es gelassen habe. Der Grund warum wir mal wieder bei Mr. Peters waren ist einfach und eigentlich jedes Mal derselbe. Wir haben uns gestritten! Irgendwie ist es dann blöd gelaufen und Marcel hat mir die Faust ins Gesicht gedonnert, was ich nicht auf mir sitzen lassen konnte, weshalb ich den nächsten Stuhl in der Mensa genommen und ihm nach geworfen habe. Ich konnte ja nicht ahnen das er sich duckt und der Stuhl Mrs. Jackson, unsere Chemielehrerin, trifft. Wie gesagt: Blöd gelaufen. Da Mrs. Jackson wie immer einen riesigen Terz veranstaltet hat und nun wohl auch eine Weile ausfallen wird, wurden wir mal wieder ins Büro des Rektors zitiert, mit mehr oder minder großem Erfolg. Die Reden von Mr. Peters bleiben selten bei uns hängen, meistens verschwinden sie kaum das wir das Büro verlassen haben. Wir laufen schweigend nebeneinander her. Marcel die Hände in den Hosentaschen seiner Baggy und ich eine an meiner Tasche und mit der Anderen halte ich das Kühlkissen. Vermutlich hab ich morgen ein blaues Auge, aber wer auch immer den Concealer erfunden hat gehört heilig gesprochen. „Alles klar?“ Ich sehe meinen Erzfeind aus dem Augenwinkel an und gebe ein „Klar!“, von mir wobei ich mir einbilde das seine Mundwinkel kurz zucken. „Duck dich das nächste Mal bitte einfach nicht.“ „Sonst keine Wünsche mehr?“ „Verbrenn dieses hässliche Shirt!“ Von ihm kommt nur ein abschätzender Laut und damit ist die Diskussion um sein Shirt wohl beendet. Kurzzeitig frage ich mich ob es Marcel gut geht, jetzt da Mr. Peters ihn für zwei Wochen vom Training suspendiert hat. So als Captain muss das schon ein Schlag in die Eier sein nicht beim Training dabei sein zu dürfen. Wobei ich mir ehrlich gesagt sicher bin das Marcel ein Schlupfloch in der Aussage von Mr. Peters findet. Das tut er immer. Wüsste ich es nicht besser würde ich meinen Arsch darauf verwetten, das der Junge mal Anwalt wird. Das Wort im Mund verdrehen kann er einem nämlich auch ganz gut. Aber was will man auch von jemandem erwarten dessen Vater der Rechtsbeistand von Putin ist? Ich wäre enttäuscht wenn Marcel anders wäre. Kaum das wir das Gebäude verlassen haben zündet sich jeder von uns eine Zigarette an und geht seines Weges. Mein Weg führt mich direkt zur Musik AG wo Marvin und Taylor auf einem Tisch sitzen und mich anscheinend schon gespannt erwarten. In Marvin's Gesicht spiegelt sich Sorge, da er vermutlich befürchtet ich wäre vom Internat geflogen. Da ich mir aber ziemlich sicher bin das man hier gar nicht raus fliegen kann, mache ich mir da weniger Sorgen. Taylor hingegen grinst nur und hebt eine Augenbraue, ehe er ein „Nett.“, von sich gibt als er auf meine Wange deutet. „Ihr Beide prügelt euch wohl gerne was?“ Ich zucke nur mit den Schultern und werfe meine Tasche in eine Ecke, bevor ich mich ans Fensterbrett lehne. „Ich glaube das nennt man 'Hassliebe'.“, grinst er mich an und ich rolle mit den Augen während ich den Kopf schüttle. „Roll nicht mit den Augen junger Mann! Ihr könnt ja offensichtlich nicht miteinander, aber als du geschwänzt hast hatte der Orange-Typ echt miese Laune.“ Ich will gar nicht wissen warum Marcel miese Laune hatte. Eigentlich hat er ständig wegen irgendwas oder irgendwem miese Laune, so ist er eben. Und warum Taylor ihn noch immer 'Orange-Typ' nennt obwohl er seinen Namen kennt, ist mir ebenfalls ein Rätsel. Aber ich mische mich in solche Dinge nicht ein. Soll er ihn doch nennen wie er will. Seit dem Vorfall mit Eric und der darauf folgenden Gruppentherapie die von Kai gestört wurde sind sage und schreibe fast 5 Wochen vergangen. 5 Wochen in denen Eric mir vehement aus dem Weg geht, Kai mich Aufgrund irgendeines mir unbekannten Ursprungs ignoriert hat und jetzt doch wieder bei uns rum hängt und in denen Marcel und ich tatsächlich so etwas wie Waffenstillstand hatten. Mich hat es eh gewundert das wir das 5 Wochen durchgehalten haben. Ich bin stolz auf uns! Das mit Eric wurmt mich allerdings immer noch irgendwie. Ich meine ich mag ihn ja, und das er mich ignoriert macht die Sache nicht besser. Na ja, okay. Das er mich ignoriert würde die Sache besser machen, wenn er mich nicht dauernd so wehleidig anstarren würde. Wenn ich ihn allerdings anspreche habe ich bessere Chancen mit einem Stein ins Gespräch zu kommen, denn Eric bleibt stumm wie ein Fisch. Ich gebe auch zu, dass mich das rasend macht. Ich hasse es wenn man nicht mit mir redet, wenn man etwas zu sagen hat. Denn wenn man etwas zu sagen hat, dann sollte man das entweder tun oder auf ewig die Fresse halten und nicht mit mitleiderregenden Blicken um sich werfen. Das ist so Tussenhaft das mir dabei richtig schlecht wird, weshalb ich begonnen habe Eric ebenfalls zu ignorieren. Das Schöne an der Musik AG ist nicht nur das wir hier in Instrumenten und freier Kreativität ertrinken können, nein, das Schönste hier ist das fehlen eines Lehrers. Seit ich vor 5 Jahren dieser AG beigetreten bin habe ich noch nie einen Lehrer diesen Raum betreten sehen, was einer der Gründe dafür sein könnte das die Anzahl der Mitglieder ziemlich gering ist. Zählt man Taylor als unseren Neuen jetzt also dazu sind wir gerade einmal 7 Leute. Drei von ihnen sind nicht erwähnenswert, weil ich mit ihnen nichts zu tun habe. Wir sagen nicht einmal 'hallo' zueinander. Dann sind da eben noch ich, Marvin und Taylor. Die siebte Person ist Lucy Takkur, die Mitbewohnerin von Marvin. Jetzt fragt sich vermutlich jeder was ein Mädchen auf einem Jungeninternat macht. Sagen wir es so: Lucy war nicht immer ein Mädchen! Und da sie immer noch etwas zwischen ihren Beinen hat darf sie rein rechtlich gesehen dieses Internat besuchen, obwohl sie inzwischen auch Brüste hat. Also echte Brüste und nicht die zum umschnallen wie noch vor zwei Jahren. „Starrst du mir gerade auf die Brüste?“ „Warum sollte ich?“, kommentiere ich zurück und Lucy grinst breit während sie die Beine überschlägt und kurz etwas in ihr Notizbuch einträgt das ich vermutlich gar nicht wissen will. Lucy gehört zu den Schülern die immer über den neusten Klatsch informiert sind und diesen zusammenträgt, was ich auf ihre widerliche Tätigkeit bei unserer Schülerzeitung schiebe. Lucy ist nun mal für die Rubrik Klatsch & Tratsch zuständig und sie liebt es. Das hat nicht mal was mit ihren inzwischen weiblichen Hormonen zu tun, sondern das war schon immer so. Den Grund dafür will ich gar nicht so genau wissen. Das Taylor ziemlich locker drauf ist hat sich mir endgültig bestätigt nachdem Lucy ihm kurz, knapp und schonungslos mitgeteilt hat das sie noch zur Hälfte ein Kerl ist und wenn ihm das nicht passen würde solle er sich verpissen oder einbuddeln gehen. Die einzige Reaktion von Taylor bestand aus einem Schweigen das ungefähr 15 Sekunden anhielt ehe er losgelacht hat und lediglich ein 'okay' von sich gegeben hat. Ich erkläre Taylor hiermit zu meinem Lieblingsmitschüler direkt nach Mac, Marvin, Lucy und Marcel. Warum letzterer in der Kategorie ist, kann sich inzwischen wohl jeder denken. Lang lebe der Kleinkrieg gegen die Langeweile! „Du hast sicher nichts dagegen wenn ich deinen Namen erwähne, immerhin wird sowieso jeder wissen um wen es geht sobald der fliegende Stuhl erwähnt wird.“, kommentiert Lucy in meine Richtung und ich gebe einen zustimmenden Laut von mir. Warum sie mich überhaupt noch fragt ob sie meinen Namen erwähnen darf frage ich mich seit ungefähr einem Jahr. Immerhin weiß tatsächlich wirklich jeder um wen es geht wenn sie in ihrer Klatsch & Tratsch Rubrik über Schlägereien, fliegende Stühle oder brennende Unterhosen schreibt. Es können nur Marcel und ich sein. Legt sich Marcel nämlich mit irgendwem anders an, gehört das meistens nicht mehr in die harmlose Klatsch & Tratsch Rubrik sondern auf die 2. Seite die sich mit 'kriminellen' Anschlägen, Körperverletzung und sonstigem Kram beschäftigt der hier ab und zu mal auftaucht. Man kann also sagen das Marcel noch relativ lieb zu mir ist, was ich im übrigen auch zu schätzen weiß. „Im übrigen habe ich ein neues Gerücht gehört.“ Mein Blick wandert zu Lucy die in ihr Notizbuch guckt und dann verschwörerisch in die Runde blickt. Im Allgemeinen interessieren mich Gerüchte ja nicht sonderlich, aber manchmal geben sie über diverse Dinge Aufschluss die tatsächlich nützlich sind. Wie zum Beispiel die Fragen für den nächsten Biologietest. „Es heißt das die Basketball AG bald einen neuen Captain bekommt.“, flüstert sie und nickt bestätigend. Im Allgemeinen ist das nicht wirklich ein Gerücht das mich interessieren würde, im nicht Allgemeinen allerdings schon. „Man munkelt das Marcel vom Thron gestoßen wird da er 'unkooperativ' sei.“ Na gut, er ist nicht gerade der umgänglichste Mensch der Welt, aber unkooperativ ist er definitiv schon mal nicht. Ich weiß wovon ich rede, immerhin sind sogar er und ich gewissermaßen miteinander kooperativ. Zumindest fügen wir uns keinen großen Schaden zu. Natürlich kann man jetzt behaupten das das Messer in meinem Rücken schon ein erheblicher Schaden war, aber es ist ja nicht so als wäre das beabsichtigt gewesen. Man kann mich natürlich auch für blöd halten, aber ich liebe die Auseinandersetzungen mit Marcel fast noch mehr als meine Plüschtiere, weshalb ich beim besten Willen nicht verstehe wie man behaupten kann er sei unkooperativ. „Und wer soll der neue Captain sein?“, frage ich so gelangweilt wie möglich, da mir ein ziemlich grausiger Verdacht kommt. „Man munkelt es sei ein gewisser Kai Jamsy. Neu hier, ziemlich beliebt und wirklich gutaussehend, auch wenn ich ihn noch nicht zu Gesicht bekommen habe.“ „Das liegt daran das du nur vor deinem PC oder im AG Raum der Schülerzeitung rum hängst.“, nuschelt Marvin und fängt sich einen strafenden Blick von Lucy ein, der ihn leicht lächeln lässt. Ich sehe zu Taylor als ich aus dem Augenwinkel bemerke das mich dieser ansieht und er hebt eine Augenbraue, bevor er sich zu mir rüber lehnt. „Glaubst du das ist Zufall?“, flüstert er mir ins Ohr und ich murre ungehalten, ehe ich Lucy ein fröhliches Lächeln schenke. Ich mag sie wirklich, aber wenn sie etwas weiß, dann weiß es bald darauf die ganze Schule und darauf kann ich getrost verzichten, weshalb ich einfach so tue als würde ich diese Nachricht uninteressant finden und hätte nicht den Verdacht das an der Sache irgendetwas faul ist. Natürlich ist es nicht gerade ein Fall für James Bond oder Sherlock Holmes, aber es ist nun mal so das wir hier auf einem Internat sind. Hier passieren keine großen Tragödien, zumindest nicht immer. Hier hat so etwas wie das Auswechseln des Teamcaptains nun mal eine andere Bedeutung als auf irgendeinem Kuhdorf am Arsch der Welt. Zwar kann ich mit Basketball wirklich nicht viel Anfangen und schon gar nicht mit den Spielregeln, aber darum geht es ja auch nicht. Es geht darum das ich mich frage wie es sein kann das Kai, der nicht mal ein halbes Jahr hier ist, das Recht hat Marcel von seinem Posten zu verdrängen und selbst Captain zu werden. Marcel ist seit 4 Jahren der Captain dieser Idiotengang und das mit Stolz und Würde, oder zumindest das was er darunter versteht. Außerdem frage ich mich ob das Team von der ganzen Geschichte überhaupt schon weiß. Aber bis jetzt ist es ja nur ein Gerücht und ich habe die Hoffnung das dem auch so bleibt. Den Rest der Stunden in der Musik AG beschäftige ich mich intensiv damit meine Lyrics an das Geklimper und das musikalische Talent der Anderen anzupassen, was wirklich alles aber definitiv nicht leicht ist. Denn bis sich alle geeinigt haben in welche Musikrichtung der Song gehen soll, dauert das schon eine Weile. Im Durchschnitt an die 4-5 AG Tage. Zu meiner Freude geht es diesmal schneller, was wohl daran liegt das sie schon eine Art Vorlaufzeit hatten, in der ich nicht anwesend war. Am Ende wurde sich auf eine Mischung aus Punk und Pop geeinigt, was im Prinzip nicht zusammenpasst, aber genau das ist was wir wollen. Auch wenn ich mit den übrigen Drei nicht sonderlich viel zu tun habe teilen wir doch die Ansicht, das etwas her muss was es sonst nicht allzu oft gibt. Eben nichts was wirklich Klischee ist. Also ist eine Mischung aus Punk und Pop gar nicht mal so unüblich. Natürlich habe ich es nicht geschafft meine Lyrics in der Zeit anzupassen, aber es ist auch nicht so als würde ich unter Zeitdruck stehen. Da wir keinen Lehrer haben, haben wir logischerweise auch keinen Leistungsdruck der unsere seelischen Ergüsse zum versiegen bringen könnte. Soviel zu dem wundervoll strukturierten Stundenplan von Mr. Peters. Ich glaube ihm ist noch überhaupt nicht aufgefallen, dass wir keinen Lehrer haben. Oder aber er findet niemanden der mit einer Gruppe bestehend aus Irren zusammen in einem Raum sein möchte. „Du kommst dann gleich nach?“, fragt Marvin nun schon zum hundertsten Mal während ich mein Zeug in meine Tasche stopfe und diese dann schultere. „Ja, man! Ich bring nur die Tasche aufs Zimmer und hol mir neue Kippen. Das Essen rennt schon nicht weg.“, gebe ich gequält von mir, da Marvin es unbeabsichtigt sehr gut versteht mich unter Druck zu setzen und wenn es nur darum geht pünktlich zum Essen in der Mensa zu erscheinen. Dabei ist es nicht einmal so als würde es feste Essenszeiten geben. Natürlich gibt es feste Zeiten für warme Mahlzeiten, aber selbst wenn ich diese verpassen sollte, bleiben mir noch immer die Sandwiches, die Fertiggerichte und die kalte Pizza die die Mensa zu bieten hat. Zumal auf dem Nightcrawl-Gelände drei Supermärkte stehen die in 5-20 Minuten zu erreichen sind. Man muss sich nun also wirklich keine Sorgen machen, das ich verhungern könnte. Ich beeile mich um in mein Zimmer zu kommen, in erster Linie um Marvin zufrieden zu stellen, meine Tasche abzuladen und mir meine ungeöffnete Schachtel Zigaretten vom Schreibtisch zu schnappen. Auf dem Weg zur Mensa lasse ich mir allerdings mehr Zeit. Einfach weil mir eingefallen ist, das Kai bestimmt wieder an unserem Tisch herum gammelt. Vielleicht sollte ich zur Abwechslung auch mal den Mund aufmachen, nebenbei Mac's Glück zerstören, und fordern das der Penner sich verpissen soll. Im Allgemeinen hab ich nichts gegen ihn, zumindest nicht viel bis auf die Tatsache das er mir aus unerklärlichen Gründen die meiste Zeit auf die Nerven geht. Aber ich kann und will nicht jedes Mal beim Essen seine Visage sehen. Mittlerweile hat das auf mich einen Diäteffekt, da ich es nicht fertig bringe mehr als die Hälfte von meinem Teller aufzuessen ohne das Gefühl haben zu müssen ihm ins Gesicht zu kotzen. Also schleiche ich eher als das ich tatsächlich gehe in Richtung Mensa und denke darüber nach ob es wohl so etwas wie ein Hausmittel gibt um meine Abneigung gegen Kai irgendwie ruhig zu stellen. Wenigstens ein bisschen. Ich bleibe stehen und stecke mir eine Zigarette in den Mund um sie auf dem Rest des Weges zu rauchen. Gerade als ich mein Feuerzeug in der Hand habe um die Zigarette anzuzünden Allerdings komme ich nicht wirklich dazu, da die Flamme durch den Luftzug des Balls ausgeht, der mich am Kopf trifft und somit zum schwanken bringt. Ich kneife meine Augen zusammen und lange mir mit einer Hand an den Kopf bevor ich das Gesicht verziehe und das Feuerzeug sinken lasse. Wer auch immer diesen Ball geworfen hat wird es bitter bereuen. Das tut nämlich weh! Ich sehe mich um aber da die Beleuchtung in Nightcrawl definitiv eine Generalüberholung gebrauchen könnte, entdecke ich niemanden, weshalb ich mich Bücke und den Basketball aufhebe. Kaum das ich mich aufgerichtet habe, zucke ich zusammen und weiche ein paar Zentimeter zurück bis die Wärme hinter mir mich stoppen lässt, da sich Arme von hinten den Ball aus meinen Händen und die Zigarette aus meinem Mundwinkel nehmen. Alarmiert drehe ich mich um, entspanne mich jedoch unweigerlich sofort wieder als ich Marcel erkenne als er sich gerade meine Zigarette anzündet und den Rauch in die Luft bläst. „Arschloch!“, murre ich bezogen auf meine Zigarette, den Schreck und der Tatsache das er mir einen Ball an den Kopf geworfen hat. Im gleichen Moment frage ich mich allerdings warum er im Dunkeln Bälle wirft. „Ich hab dich nicht gesehen.“, murrt er zurück. „Wundert mich nicht, es ist Dunkel du Spast.“ Von Marcel kommt ein Schnauben und ich vergrabe meine Hände samt Feuerzeug in den Hosentaschen. Ich trete unruhig von einem Bein auf das Andere bevor ich mich entschließe einfach zu gehen um pünktlich zum Essen zu erscheinen. Kaum das ich zwei Schritte gegangen bin, halte ich wieder an und drehe mich doch zu Marcel um. „Weißt du eigentlich das Kai der neue Captain deines Teams werden soll?“ „Was?“, kommt es lauter und meiner Ansicht nach etwas fassungslos keine Sekunde später zurück und ich zucke mit den Schultern, was man Aufgrund der Lichtverhältnisse vermutlich schlecht erkennen kann. „Ich hab so Gerüchte gehört.“ Es vergehen ein paar Minuten in denen wir schweigen und Marcel meine Zigarette raucht. Ein paar Minuten in denen ich mich frage ob es richtig war ihm das zu erzählen. „Warum erzählst du mir das?“, kommt die Frage kurz darauf als hätte er meine Gedanken erraten und ich zucke wieder mit den Schultern. „Weiß nicht.“ Wieder herrscht Schweigen bevor er schnaubt was sich irgendwie belustigt anhört. „Du wolltest mich doch nur einfach nicht ins offene Messer laufen lassen.“ Ich verenge meine Augen zu Schlitzen und gebe einen abschätzenden Laut von mir dem ein „Tz.“ folgt. „Träum weiter!“ „Du änderst dich nie. So warst du schon immer.“ Meine Augenbraue wandert in die Höhe während ich einfach nichts dazu sage und stattdessen zusehe wie Marcel die Kippe auf den Boden wirft und austritt während er sich den Ball unter den Arm klemmt. „Bild dir nichts drauf ein.“, kommentiere ich und kann mir, obwohl ich sein Gesicht nicht sehe, bildhaft vorstellen wie er belustigt und gleichzeitig herablassend die Augenbraue hebt. „Tu ich aber.“, ist das letzte was er zu mir sagt bevor er sich in Bewegung setzt und auf die Wohnheime zusteuert. Ich bin gerade im Begriff zu gehen als er meinen Namen ruft und ich mich zu ihm umdrehe, wo er mir den Mittelfinger zeigt, grinst und ein „Danke!“, von sich gibt. Vielleicht versteht man jetzt warum ich ihn nicht ausstehen kann. Murrend und mich selbst leise verfluchend steuere ich auf die Mensa zu und lasse mich auf den Stuhl neben Mac fallen. „Wo zur Hölle bist du so lange gewesen?“, ist der Begrüßungskommentar von Kai und ich wünsche mir im selben Moment in dem er das sagt, einfach draußen bei Marcel geblieben zu sein. Marvin wirft mir einen Blick zu der mir sagt das er keine Ahnung hat was mit Kai los ist während Mac eine Augenbraue hebt. „Draußen, auch wenn es dich einen Scheißdreck angeht!“, knurre ich in die Richtung unseres Superjungen und verenge meine Augen zu Schlitzen. Ich weiß beim besten Willen nicht ob ich mir das einbilde, oder ob Kai wirklich das Bedürfnis hat mich zu kontrollieren und dafür eins auf die Fresse zu kassieren. Kann natürlich auch sein das ich mir das alles einbilde und mich der Ball zu heftig getroffen hat. Der Typ ist nur eins: Ein verdammter Albtraum! Kapitel 12: YOLO ---------------- „Zur Hölle! Das ist alles bloß deine Schuld!“, murrt Marcel während er auf allen Vieren irgendwo im Gebüsch herum kriecht. „Wieso meine? Du hättest dich einfach nicht ducken dürfen!“, murre ich zurück und hebe die nächste Dose auf die aus dem Gebüsch geflogen kommt. „Du glaubst nicht ernsthaft das ich stehen bleibe während du mit Stühlen wirfst, oder?“ „Ehrlich gesagt: Doch! Du bist doch sonst auch dumm wie Brot.“, werfe ich dem Busch entgegen, der raschelt, ehe Marcel's Kopf erscheint. „Sag das nochmal und...“ „Und was?“ gebe ich gelangweilt von mir und hebe die nächste Dose auf. Als Marcel nichts sagt sehe ich zu ihm und sehe etwas auf mich zu fliegen das mich an der Wange trifft. Kurz bleibe ich stehen, bevor ich fühle wie mir die Farbe aus dem Gesicht weicht und ich einfach nur los schreie. „Mach's weg! Oh mein Gott! Mach es weg!“ Ich weiß nicht ob ich wirklich so schwul rüber komme wie ich eigentlich bin, mal abgesehen von dem Klamottenwahn und dem Makeup. Wenn nicht, kommen wir also zu meinem schwulsten Charakterzug: Ich hasse Krabbeltiere! Total lächerlich, aber ich hatte einige traumatische Erlebnisse mit den Viechern und ich hasse sie. Um genau zu sein habe ich panische Angst davor. Wenn ich eine Mücke in 100 Metern Entfernung sehe fange ich an zu laufen und halte so schnell nicht mehr an. Ich fasse es übrigens nicht das Marcel mich gerade mit einem Kriechtier beworfen hat! Irgendwann nachdem ich mit dem Hintern auf dem Boden gelandet bin und um mich schlage, erbarmt sich Marcel meiner doch und kommt aus dem Gebüsch gekrochen, ehe er vor mir hocken bleibt und mir das Vieh aus dem Gesicht nimmt. Aus Reflex schlage ich ihm gegen den Oberarm, was er mir wahrscheinlich nur deswegen durchgehen lässt weil ich mich gerade benehme wie ein Weib und er keine Frauen schlägt. „Man.“, jammere ich und schüttle mich, was mir ein schadenfrohes Auflachen von ihm einbringt. „War doch nur ein Vieh.“ Ja, und jetzt definiere 'nur', du Volltrottel! Während ich versuche mich von dem Schock zu erholen den ein Vieh in meinem Gesicht ausgelöst hat, bleibt Marcel schweigend vor mir sitzen. Ich bin mir nicht sicher ob die Aktion dazu dient meinem Leid ein Ende zu setzen, aber ich bilde es mir gerne ein, als er einen Zipfel von seinem Shirt anhebt und mir damit die Wange 'abputzt'. „Siehst du, alles wieder sauber. Also nicht weinen Butzi, Butzi.“ Ich sehe ihn mit einer Mischung aus Resignation und dem Gedanken das er jetzt endgültig übergeschnappt ist an, kann aber an seinem Gesicht sehen das er es nicht im geringsten ernst meint. „Ich geb dir gleich 'Butzi, Butzi', du Spast!“, murre ich und schnippe ihm gegen die Stirn. Als darauf auch keine Reaktion folgt, außer das er sich über die Stirn reibt, runzle ich die Stirn, weil ich mir absolut sicher bin das irgendetwas nicht stimmt. Spätestens jetzt hätte Marcel irgendwas gemacht. Scheißegal was, aber irgendwas. „Du siehst zwar relativ gut gelaunt aus aber...was ist los?“ Marcel sieht mich an und hebt dann spöttisch eine Augenbraue, ehe seine Mundwinkel zucken. „Was soll sein? Ich sammle Müll auf, weil wir Mrs. Jackson aus geknockt haben. Eine wahre traumhafte Beschäftigung und das auch noch mit dir.“ Der Sarkasmus in seiner Stimme ist kaum zu überhören was mich murren lässt, ehe ich aufstehe und mir die blaue Mülltüte wieder schnappe. Vielleicht habe ich es mir auch nur eingebildet das mit ihm irgendwas nicht in Ordnung ist und er reagiert anders weil...er eben Müll aufsammeln muss. „Lass uns weiter machen, ich hab keinen Bock bis Mitternacht hier rum zu hängen.“, kommentiere ich während ich in die Hocke gehe und weiteren Müll in die Tüte stopfe. Ich bekomme zwar keine Antwort, aber ich höre wie er sich bewegt und anfängt wieder Müll aus dem Gebüsch zu ziehen, den er mir zu wirft damit ich ihn in die Tüte stopfen kann. „Irgendwie sieht er nicht gut aus.“, höre ich es leise von Marvin während ich durch den Strohhalm in meine Cola blubbere. „'Nicht gut', ist irgendwie der falsche Ausdruck.“, kommentiert Mac und ich blubbere weiter. „Ich finde er sieht normal aus.“ „Taylor, das sagst du nur weil du ihn nicht lang genug kennst. Ich meine: Er blubbert seit geschlagenen 20 Minuten in seine Cola!“, kommt es von Kai. „Ob wir ihn darauf ansprechen sollen?“ „Vielleicht hat er Probleme von denen wir nichts wissen.“ „Er hat bestimmt viele Probleme von denen du nichts weißt.“ „Hast du was gesagt?“ „Ich? Nö.“ „Glaubt ihr er ist ansprechbar?“ „Keine Ahnung.“ „Du wohnst mit ihm in einem Zimmer.“ „Deswegen muss ich noch lange nicht wissen ob er ansprechbar ist. Das hier ist eine vollkommen neue Erfahrung für mich!“ Ich frage mich ob es tatsächlich höflich ist über jemanden zu reden der am selben Tisch sitzt und in seine Cola blubbert während er dabei die gegenüberliegende Wand anstarrt. Vermutlich nicht, aber wahrscheinlich wirke ich auch gerade wie ein apathischer Irrer, den man nicht so ruckartig aus seiner Trance holen sollte wenn man ein Unglück vermeiden will. Trotzdem finde ich es irgendwie unhöflich und blubbere deshalb weiter. „Vielleicht sollten wir ihn auf die Krankenstation bringen.“, kommt der Vorschlag von Kai. „Hey Touji! Alles klar?“, werde ich gefragt bevor eine Hand auf meinen Rücken knallt und ich aufhöre zu blubbern, ehe ich Taylor ansehe, der mich schief angrinst. Am Tisch herrscht Stille und ich nehme meinen Strohhalm aus dem Mund, ehe ich ein „Ja, klar.“, von mir gebe. Vermutlich glaubt mir das hier keine Sau, aber die Hoffnung das sie mich trotzdem in Ruhe lassen hege ich immer noch. „Wie war Müll einsammeln mit Marcel?“, kommt es neckisch von Mac und ich rolle mit den Augen während Kai einen unerfreuten Laut von sich gibt, den ich gekonnt ignoriere. Die Meinung von ihm interessiert mich nicht. Ich nehm es ihm immer noch übel das er sich in meine Angelegenheiten einmischt, sich offenbar für meine Mutter hält und Marcel eins auf die Schnauze gehauen hat. Also das zweite Mal, nicht das erste Mal. Wobei ich ihm bei genauerer Betrachtung das erste Mal auch übel nehme. Schon allein deswegen weil er sich eingemischt hat. „Was hat er dir angetan?“ Meine Augenbraue zuckt und ich schenke Kai gnädigerweise einen Seitenblick bevor ich schnaube und ein gepresstes „Nichts!“, von mir gebe. Ich weiß das er mir nicht glauben wird, noch bevor er „Ich glaub dir kein Wort!“ sagt. Lieber Gott, als du die Gehirne verteilt hast, hast du Kai offensichtlich Dünnschiss anstatt eines Gehirns mitgegeben. Bitte trink nicht so viel Alkohol, das schadet offensichtlich sogar dir und deiner Schöpfung! „Kai...“, fängt Mac an und mein Blick wandert zu ihm wo ich mit gehobener Braue beobachte wie er sich mit den Unterarmen auf dem Tisch abstützt, die Hände faltet und sich leicht nach vorne legt. „...ich wollte dir schon lange mal etwas erklären.“ Kai's Aufmerksamkeit hängt nun auf Mac was ich im Inneren mit drei Kreuzzeichen abtue, auch wenn ich nicht im geringsten gläubig bin. „Nicht immer wenn mit Touji irgendwas nicht passt ist Marcel schuld.“ Schön das ihm das mal jemand sagt, denn alleine scheint Mr. Charming das anscheinend nicht zu verstehen, was ich aus dem „Aber...“ schließe das er von sich gibt, jedoch von Mac unterbrochen wird. „Manchmal liegt es daran das ich ihn zu viele Seiten rastern lasse. Manchmal findet er auch den Spitzer für seinen Kajal nicht. Eventuell hatte man in der Cafeteria seinen Kaffee nicht. Und manchmal, ja manchmal ist er einfach nur so schlecht drauf.“ Im Prinzip hört sich das an als wäre ich dauernd schlecht gelaunt, was im übrigen nicht der Fall ist. Meistens bin ich einfach nur genervt. Das ganze hat biblische Ausmaße angenommen als Kai beschlossen hat in meiner Gesellschaft zu verweilen. Also im Prinzip kann ich gar nichts dafür sollte ich dauernd schlecht gelaunt sein. Es ist alles Kai's Schuld! „Aber Marcel...“ „Sorgt für inneres Gleichgewicht und Harmonie.“, gibt Mac in einem Ton von sich der mich an den Anhänger einer Sekte denken lässt. Er hört sich einfach nicht wie Mac an sondern wie...irgendein fanatischer Trottel. „Denn stellen wir uns vor du wärst Gegenstand seiner Aggressionen. Ich denke nicht das du das lustig finden würdest.“, kommt es schärfer zurück und ich muss prusten bevor ich es als ein Husten tarne. Es tut mir wirklich leid, aber Mac redet selten in diesem scharfen Ton. Eigentlich nur mit seinem älteren Bruder am Telefon. Und Kai's dummes Gesicht macht es auch nicht wirklich unlustiger. Kai macht den Mund auf um irgendetwas zu sagen, vorzugsweise etwas das mir nicht gefällt, klappt ihn jedoch mit einem Blick auf Mac wieder zu. „Sollte Touji schwerwiegende Probleme haben werden wir das schon mitbekommen. Spätestens dann wenn er ungeschminkt in die Öffentlichkeit geht oder sich aus dem Fenster wirft. Was ich natürlich nicht hoffe.“ Bei letzterem nickt er bestätigend und meine Mundwinkel zucken, bevor ich die Tischplatte angrinse. Genau das ist einer der Gründe warum ich Mac als besten Freund habe. Also nicht weil ich die Tischplatte wie ein Geisteskranker angrinse, sondern weil Mac sich im Allgemeinen nicht in Dinge einmischt und mich einfach machen lässt. Außer das er ab und zu der Meinung ist ich bräuchte noch andere Freunde, was schon aus Prinzip in die Hose geht. „Okay, hab's verstanden.“ Ich hätte nie geglaubt das Kai mal etwas sagen könnte was ich als gut befinde, aber anscheinend ist er ja doch für Überraschungen gut, was ich als Anlass nehme nicht mehr in meine Cola zu blubbern. Wird auf Dauer auch langweilig und bringt im Endeffekt absolut nichts. Ich habe mich auch nach 3 Wochen noch nicht aus dem Fenster geworfen und laufe auch nicht ungeschminkt durch die Schule, was offensichtlich den meisten bestätigt das es mir gut geht. Zumindest hat Kai seit Mac's Predigt darüber die Klappe gehalten und tut ebenfalls so als wäre alles in Butter und das Leben ein Eierkuchen. Ist es natürlich nicht, das wissen wir Beide. Aber ich weiß es zu schätzen das er sich bei der letzten Schlägerei mit Marcel einfach zurück gehalten und damit begnügt hat, meinen Kaffeebecher zu nehmen und ihn aus der Schusslinie zu tragen als wir angefangen haben uns mit Dingen zu bewerfen. So gesehen stellt das einen Pluspunkt für ihn dar, der vor ungefähr einer halben Stunde zunichte gemacht wurde als ich die morgendliche Schülerzeitung aufgeschlagen habe. Eigentlich lese ich den Scheiß nicht, da ich meinen Klatsch und Tratsch aus erster Hand von den Schülern bekomme wenn ich mich denn mal bequeme ihnen zu zuhören. Der einzige Grund warum ich die Zeitung überhaupt in die Hand genommen habe war die Überschrift auf der Titelseite, die mir mit den Worten 'Basketballcaptain fordert Turnhalle zum Trainieren'. Im Prinzip eigentlich nichts weltbewegendes und eher nur für Leute interessant die Basketball mögen und/oder in diesem Team spielen. Für mich war es allein schon deshalb interessant, weil ich Marcel's Abneigung gegen Training in Hallen kannte, in denen man laut seiner Aussage absolut nichts für das körperliche Gleichgewicht tun konnte. Wie auch wenn der Boden absolut eben war? Einer der Gründe warum Marcel seine Jungs über das halbe Gelände jagte, und Training im Unterholz noch das normalste war. Ich hatte einen Schluck von meinem Kaffee genommen und als ich die Seite mit dem Artikel gefunden und überflogen hatte, hatte ich den Kaffee in hohem Bogen wieder ausgespuckt und direkt Mac ins Gesicht, der gerade da aus dem Bad kam. Während sich mein Mitbewohner darüber beschwerte sich jetzt noch einmal umziehen zu müssen bevor er nach Hause flog, las ich den Artikel ganze zwei Mal und das sogar mit Brille, nur um sicher zu gehen das ich nichts an den Augen hatte und ich tatsächlich las was ich da las. Das Ende vom Lied war, das ich Mac die Zeitung entgegen geworfen hatte nur um dann fluchtartig das Zimmer zu verlassen und wie ein gestörter über das Nightcrawl-Gelände zu rennen. Was ich mir davon erhofft habe, weiß ich selber nicht, weshalb ich jetzt seit geschlagenen 10 Minuten auf einem der Wege und weiß nicht wohin mit mir. Ursprünglich bin ich los gelaufen um Marcel zu suchen und bin zuerst zu seinem Zimmer, wo mir logischerweise keiner aufgemacht hat. Ehrlich gesagt hat mich das auch nicht gewundert, da heute der Abreisetag war. Zumindest für die Schüler die über die Ferien nach Hause fuhren, und das waren schätzungsweise 90%. Eigentlich ist es auch total bescheuert das ich versuche ihn zu finden und mir tatsächlich so etwas wie Sorgen um seinen psychischen und geistigen Zustand mache. Aber ich weiß wie sehr er sich rein gehängt hat um Captain zu werden, und wie empfindlich er auf Dinge reagiert die sein Team betreffen. Das er jetzt als Captain vom Thron gestoßen wurde lässt sich vermutlich mit einem Dolch im Herz vergleichen. Einfach weil Marcel nichts mehr liebt als Basketball. Irgendwann setze ich mich doch wieder in Bewegung und gehe weiter, bis ich fast am Busparkplatz angekommen bin, an dem sich schon die Autos von Eltern tummeln sowie Busse die zum Flughafen fahren für jeden der eben zum Flughafen muss. Und da sehe ich ihn auch schon! Marcel hockt auf einem Stück Rasen abseits der anderen Schüler neben seinem Koffer und zeichnet irgendetwas in sein Sketchbook. Kurz überlege ich ob es eine gute Idee ist zu ihm zu gehen, entscheide mich schlussendlich aber dafür. Einfach, weil nichts schlimmeres passieren kann als das wir uns gegenseitig in die Fresse schlagen. Noch bevor ich bei ihm angekommen bin sehe ich Kai neben einer Limousine stehen und sich mit einem Mann im schwarzen Anzug unterhalten, der aussieht wie er, nur eben etwas älter. Etwas viel älter. Wortlos lasse ich mich neben Marcel ins Gras fallen und schrecke ihn anscheinend auf, da er zusammen zuckt und sich die Stöpsel seines iPod aus den Ohren zieht während er mich mustert. „Hab's gelesen.“, kommentiere ich dann, während er sein Buch zuklappt und zusammen mit dem Stift in den Rucksack stopft. „Ich auch.“, kommt es zurück bevor ein freudloses Lachen über seine Lippen kommt und ich ihn deswegen ansehe. „Totaler Schwachsinn!“ „Du bist noch Captain?“, hakte ich nach und denke mir im selben Moment das ich mir die Suche dann hätte sparen können. Vor allem, weil wir nicht gerade die besten Freunde sind. Eine Weile herrscht Stille während Marcel die anderen Schüler beobachtet wie sie abgeholt werden oder eben in die Busse steigen und ich tue es ihm nach. „Ich bin nicht nur kein Captain mehr, sondern auch nicht mehr im Team.“, kommt es nach einer Weile und ich drehe meinen Kopf ruckartig um ihn anzusehen, während mir der Mund aufklappt. Ich glaub ich hab mich verhört! Er blickt aus dem Augenwinkel zu mir und zuckt mit den Schultern. „Ich bin unkooperativ und das Team hat entschieden. Da bleibt mir nicht mehr viel zu sagen.“ Ich schweige während es in meinem Hirn arbeitet und ich versuche zu verstehen, dass er nicht nur von Kai hintergangen wurde sondern gleich von seinem ganzen Team. Okay, vielleicht ist 'hintergangen' etwas übertrieben, aber ich würde mich nun mal hintergangen fühlen. Vorausgesetzt ich hätte so was wie ein Team. Würden Mac, Marvin und Taylor mich so verarschen würde ich fürchterliche Rache schwören und sie auch bekommen, scheißegal wie. „Eric auch, dieser miese, kleine Saftsack?“, murre ich dann und beschließe die Klappe zu halten als Marcel mich mit hochgezogener Augenbraue ansieht, weshalb ich einfach nur abwinke. „Ist egal. Ich find ein anderes Hobby.“ Ich blicke Marcel an, der wieder auf den Busparkplatz starrt und beschließe zu schweigen. Ich wüsste auch gar nicht was ich ihm sagen soll, weshalb gar nichts zu sagen wohl das Beste ist was ich im Moment machen kann. Es war eine scheiß Idee ihn zu suchen! Als Coach Vincent ruft das die Schüler die zum Flughafen müssen, nun endlich ihre Ärsche in den Bus bewegen sollen steht Marcel auf und schultert seinen Rucksack bevor er sich seinen Koffer schnappt. Ich bleibe währenddessen einfach sitzen und winke Mac der vorbei rennt und mir schöne Ferien wünscht. Kurz zucke ich zusammen als etwas auf meinem Kopf landet, das sich als Hand heraus stellt und mir durch die Haare wuschelt. Mit zusammen gekniffenen Augen sehe ich zu Marcel hoch, der lediglich eine Augenbraue hebt und sich dann in Bewegung setzt um Coach Vincent seinen Seelenfrieden zu geben und endlich in den Bus zu steigen. Ich stehe auf und klopfe mir den imaginären Dreck von der Hose als der Parkplatz leer und verlassen da liegt und auch Coach Vincent nirgendwo mehr zu sehen ist, bevor ich mich in Bewegung setze und den Weg zum Wohnheim einschlage. Sechs Wochen Ferien! Sechs Wochen alleine Ferien! „Sechs Wochen einfach nur tun was ich will!“, seufzte ich dann und fange an irgendeine Melodie zu summen, während ich schon fast zum Wohnheim hüpfe. Sechs Wochen kein Mac der das Bad blockiert. Sechs Wochen kein Kai der mir auf den Sack geht. Sechs Wochen kein Marvin der mir etwas über eine gesunde Lebensweise erzählen möchte. Sechs Wochen kein Marcel der sich mit mir prügeln will... Meine Ferien werden so langweilig! In meinem Zimmer angekommen werfe ich mich auf meinen Schreibtischstuhl und fahre den PC hoch, bevor ich etwas auf Facebook und diversen anderen Netzwerken herum surfe. Am Ende lande ich bei Amazon, wie so ziemlich jedes Mal. Und wie jedes Mal bin ich froh das ich zu der Sorte reicherer Jugendlicher gehöre und mir keine Sorgen um die Zahl machen muss die mein Warenkorb anzeigt. Als mein Handy brüllt 'Du kennst die Sau nicht', ein kleines Musikstück das ich irgendwann einmal mit Mac aufgenommen habe um unbekannte Anrufer zu entlarven um nicht im Halbschlaf ans Handy zu gehen, hebe ich eine Augenbraue, bevor ich nach meinem Handy angle. Whatsapp sagt mir das ich eine neue Nachricht habe. Ich kenne die Nummer nicht, öffne die Nachricht aber trotzdem. 'YOLO', steht da und meine Mundwinkel zucken, bevor ich anfange zu lachen und mich fast nicht mehr halten kann, als das Bild von Marcel erscheint, der im Bus sitzt, mit einer riesigen Sonnenbrille und das Piece-Zeichen macht während er die Zunge raus streckt. Natürlich schreibe ich ihm nicht zurück, sondern stöpsle mein Handy stattdessen am Computer an, nachdem ich einen Screenshot von der Nachricht gemacht habe. Diesen drucke ich brav und säuberlich aus, ehe ich wieder lache als ich das Bild ansehe und es dann zu den anderen Bildern in eine Schachtel packe, ehe ich mein Handy zur Hand nehme. 'So was von YOLO, du Swagger!' Anstatt mich also wie gewohnt um mich selbst in den Ferien zu kümmern, halte ich es gerade für eine äußerst hervorragende Idee es einfach nicht zu tun, und mich stattdessen um andere Leute zu kümmern. Um Leute die ganz viel Aufmerksamkeit und Liebe brauchen in etwa. Wie Kai zum Beispiel, der anscheinend ganz viel Liebe und Aufmerksamkeit der besonderen Sorte braucht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)