Vampires vs. Humanity von Nisshoku (Captured by Vampires) ================================================================================ Kapitel 23: The Final: Part I ----------------------------- "Rei! Lass mich los! Verdammt Reita! Ich muss zu ihm!", fauchte ich den blonden Vampir an, der mich noch immer dazu zwang, seine Geschwindigkeit zu halten, mit der wir durch die Landschaft rasten. Er sagte nichts. Schwieg mich an während wir flüchteten. Auf der Flucht. Wie war es nur dazu gekommen? Eigentlich hätte es doch ein schöner Abend werden sollen. Dachte ich zumindest. Warum hatte ich den Braten nicht gerochen? War ich wirklich so verblendet, dass ich die List dahinter nicht bemerkt hatte? Anscheinend. Reita riss mich aus meinen Gedanken weshalb ich aufsah und bemerkte, dass wir stehen geblieben waren. Wo waren wir? Ich sah mich fragend um und entdeckte weit und breit nur Wald. Ein Baum nach dem Anderen stand um uns herum, ließ kein Licht hindurch, sodass uns die Dunkelheit verschlang. Ein kleines altes Häuschen lag auf einer Lichtung, die sich direkt vor uns erstreckte. Licht drang allerdings nicht heran, dazu war alles zu verwildert. Mutter Natur hatte um sich geschlagen und ihr Territorium zurück erobert. "Komm mit!", hörte ich seine leise Forderung. Fast hätte ich diese nicht mal als gesprochenes Wort wahr genommen, so leise hatte der Andere gesprochen. Er hatte doch gesprochen oder? Er hielt meine Hand, zog mich daran zu der alten Hütte, öffnete die morsche Tür und ließ mich zuerst hindurch schlüpfen. Ich war glücklich über meine gute Nachtsicht, ansonsten hätte ich mir vermutlich vor Angst in die Hose gemacht. Vorausgesetzt ich wäre zu dem Zeitpunkt noch ein Mensch gewesen. Ich ließ den Blick wandern. Überall Schmutz, Dreck, morsches Holz und ein modriger Geruch, der mich das Gesicht verziehen ließ. Reita verschloss die Tür und trat an mich heran, schob mich weiter in den Raum bevor er sich dann vor mich stellte. "Jin? Jin, ist alles okay mit dir?", hörte ich seine besorgten Worte und konnte nicht anders als ironisch zu lächeln. "Nichts ist okay!", fauchte ich erneut und löste mich von seinen Händen, die auf meinen Schultern gelegen hatten. "Warum hast du mich ihm nicht helfen lassen? Warum?!" Reita seufzte tief und fuhr sich mit der Hand über den Nacken. "Weil er wollte, dass du lebst. Du wärst nie gegangen." Ich unterbrach ihn mit meiner erhobenen Hand. "Natürlich wäre ich das nicht. Wärst du gegangen wenn Ruki an seiner Stelle gewesen wäre? Was zur Hölle hast du da überhaupt gemacht?" Ich spürte die Wut in mir hochkochen. Ich war so wütend und traurig zugleich. Mein Herz schmerzte. Die Bilder wollten einfach nicht verschwinden. Bilder von Byou, der eben noch zu meiner Rettung geeilt kam und was tat ich? Ich versteckte mich in einer heruntergekommenen Hütte wie ein feiges Huhn. "Er hat mich mitgenommen. Also er hat mich aufgefordert. Ich habe nicht groß Fragen gestellt. Er sagte nur, ich solle dafür sorgen, dass du gehst, wenn er es sagt." Ein schiefes Lächeln legte sich auf meine Lippen. Wie gekonnt Reita meine Frage umschifft hatte. Wir wussten beide, dass er nicht anders gehandelt hätte. "Und warum sind wir dann hier? Wir können nicht ewig hier bleiben.", erwiderte ich leicht genervt und lehnte mich an einen modrigen Türrahmen, der meinem Gewicht zumindest standzuhalten schien. "Ablenkung. Sie dürfen das Haus nicht finden. Wenn sie nicht eh schon wissen, wo es ist...verflucht. Ich kann es einfach nicht glauben..." Reita fuhr sich durch das blondierte Haar und ich stimmte nickend zu. Nein, glauben konnte ich es auch nicht. "Lass uns nach Hause gehen Rei. Er wird ihm alles erzählen. Glaub mir. Wir müssen die Anderen warnen. Phoenix wird kommen und dann sollten wir besser weg sein oder zumindest vorbereitet. Außerdem stinkt es hier." Ein Seufzen verließ meine Kehle während Reita mich ansah und dann einfach nickte. "Du hast Recht. Lass uns gehen." Drei Stunden zuvor Langsam zog ich die Tür hinter mir zu, als ich Kai und Hakuei verließ. Er hatte uns mächtig die Hölle heiß gemacht. Kai hatte ihm mittlerweile erzählen müssen, warum wir in meinem abgeschotteten Labor gewesen waren. Nun, seine Reaktion fiel erstaunlicherweise ruhig aus. Ich hatte eigentlich erwartet, dass er uns anbrüllte, zerfleischte oder sonst was tat aber das blieb aus. Er hatte lediglich sehr tief geseufzt, sich die Augen gerieben und uns beide ungläubig angeschaut - vor allem Kai. Diesem hatte er so ein Vorhaben ja immerhin verboten. Meinte er zumindest. Nicht, dass Kai sich von ihm irgendetwas sagen ließ. Dennoch schien er nicht böse zu sein, was mich doch arg beruhigte. Er hatte sich sogar nach unseren Fortschritten erkundigt. Vermutlich wählte er den diplomatischeren Weg, denn ändern konnte er die bereits vergangenen Trainingseinheiten nicht mehr. Es gab natürlich keinen Fortschritt. Ich war zwar besonders aber in meinen Augen eher besonders unfähig. Seit der gestrigen Nacht hatte sich natürlich nichts verändert. Ich hielt dem Verlangen, mit gut Glück, vielleicht zwischen fünf und zehn Sekunden stand. Dann knickte ich ein und mein Tier übernahm. So war der Stand der Dinge. Nicht gerade ein großer Erfolg. Deshalb war mir nun wirklich nach Ablenkung. Ob Byou Zeit hatte? Ich wusste nicht, ob Hakuei ihm irgendetwas aufgetragen hatte, genauso, wie ich nicht mal wusste, was mein Freund für den Obermacker erledigte. Worin bestand die Arbeit von Byou? Leute zerfleischen? Beobachten? Entführen? Wohl kaum. Es gab hier keine weiteren Menschen. Das hätte ich gerochen oder gespürt. Also was tat er eigentlich den ganzen Tag? Eine berechtigte Frage, die ich ihm bei Zeiten stellen würde aber jetzt betrat ich erst mal unser Zimmer aka sein Zimmer. Ich wohnte so halb bei ihm, einige meiner Sachen lagen auch hier herum und mein ursprüngliches Zimmer betrat ich kaum noch. Wenigstens war meine Garderobe erweitert worden und ich konnte mich auch wieder einen stolzen Handybesitzer nennen. Nicht, dass ich irgendjemanden hätte anrufen können, den ich hier nicht eh schon jederzeit treffen konnte aber einige Fotos hatte ich gemacht. Selfies waren ja so In. Nur hochladen dufte ich sie nicht. Wo auch? Ich hatte ja keinerlei Zugriff mehr auf soziale Netzwerke. Dennoch erfreute ich mich an den Bildern. Im Zimmer angekommen schaltete ich das Licht ein und fand einen verlassenen Raum vor. Byou war also nicht da. Wie unerwartet. Seufzend ließ ich die Tür zufallen und betrachtete das Chaos. Dieser Mann war so unglaublich unordentlich, dass mir schon ganz schwindelig wurde. Also hieß es nun aufräumen und ihm das später vorhalten. So wie immer aber man gewöhnt sich an alles. Während ich also Dreckwäsche von guter Wäsche trennte und in die Klappe warf, die an der Wand installiert worden war, fiel mir eine Karte auf, die aus dem Berg herausfiel. Blinzelnd betrachtete ich das quadratische Stück festen Papiers, quetschte die letzten Reste in die Klappe, damit sie unten in der Waschküche ankamen bevor ich diese schloss und mich bückte. Was das wohl war? Wieder stehend drehte ich die Karte um und entdeckte eine handschriftliche Nachricht. Sie richtete sich an mich und schien von Byou zu sein. Oh. Hoffentlich hatte ich nun nichts entdeckt, was ich noch nicht sehen sollte. Dennoch las ich einfach, was darauf stand. //Liebster Jin, triff mich um 23 Uhr an unserem besonderen Platz. Ich habe eine Überraschung für dich. Bis dann. Ich liebe dich. Byou// Irritiert las ich die Karte ein paar weitere Male und zog nachdenklich eine Schnute. Er wollte mich um 23 Uhr treffen? Ich zückte mein Handgelenk und checkte die Zeit. Es war bereits halb 11. Ohje. Hatte er etwa vergessen mir die Karte zukommen zu lassen? Warum lag sie sonst zwischen den ganzen Klamotten? Vielleicht hatte er sie aber auch extra dort platziert, weil er wusste, dass ich diesen Saustall aufräumen würde. Andererseits konnte er aber auch nicht wissen, ob ich nicht mit etwas anderem beschäftigt sein würde. Fragen über Fragen. Ich würde mich also an unserem Platz mit ihm treffen und mich überraschen lassen, was nun Fakt sein sollte. Pünktlich traf ich an unserem Treffpunkt ein. Es war ein schöner Ort, den Byou mir vor einer Weile gezeigt hatte und der zu so etwas, wie unserem besonderen Platz geworden war. Eigentlich waren es nur zwei riesige Trauerweiden, die an einem kleinen See standen. Es gab keine Bank oder ähnliches, dafür aber einen alten Baumstamm, der einem die Möglichkeit bot, sich zu setzen. Viele schöne Stunden hatten wir hier verbracht und ich wollte keine Sekunde davon missen. Deshalb führte mich mein Weg zielsicher durch die herabhängenden Weidenäste, die den Ort wie einen natürlichen Sichtschutz, abschirmten. Der Boden unter meinen Stiefeln knarzte leicht. Es hatte die letzte Zeit kaum geregnet weshalb alles doch arg trocken war. Unbeirrt lief ich weiter und entdeckte ihn. Er saß auf dem Baumstamm und schien auf mich zu warten. Allerdings trug er eine Kapuze, was mich doch etwas irritierte. Das war sonst nicht Byous Art aber das sollte mir erst mal egal sein. "Byou?", ging ich lächelnd auf ihn zu bis er sich regte, aufstand und wie in Zeitlupe zu mir umdrehte. Verwirrt betrachtete ich die Person, konnte sie immer noch nicht erkennen. Ich wusste nur, dass es definitiv nicht Byou war. Diese Person verhielt sich merkwürdig, hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und erst, als eine feingliedrige Hand diese entfernte, war meine Verwirrung komplett. Mit leicht geöffnetem Mund starrte ich ihn an während er mich nur mit blitzenden Augen anlächelte. "Manabu?" Aoi POV Bewaffnet und einsatzbereit wartete der Ex-Soldat hinter dem dicken Stamm der Trauerweide. Vorerst alleine. Es war erstaunlich, dass diese neuen synthetische Stoffe seinen Geruch und den Herzschlag komplett zu unterdrücken schienen oder war Jin einfach nur ein totaler Anfängerfehler unterlaufen? Seine Stimme hatte ihm eine Gänsehaut beschert. Es war schon wirklich lange her. Zu lange. Der Klang seiner Stimme wirkte so fremd und zugleich vertraut auf ihn. Unheimlich. Normalerweise wäre er schon längst aus seinem Versteck gekommen und hätte sich den Vampir geschnappt aber Manabu hatte ihn darum gebeten, erst rauszukommen, wenn er das Stichwort gab. So eine Drama-Queen. Um ihn würde er sich auch noch kümmern, aber solange der Vampir ihm half, eines der begehrtesten Zielobjekte der Phoenix Corp zu kriegen, spielte er diesem eben vor, dass er ihn gehen lassen würde. Wenn Manabu wirklich glaubte, dass er dieses Gelände lebend verließ, deutete das wirklich auf einen Mangel an Hirnfunktionen. Doch irgendwie glaubte Aoi nicht daran, dass der Vampir sich nicht darauf vorbereitet hatte. Wenigstens war sein Plan aufgegangen und Jin war hier. Er sprach ihn zwar zunächst mit falschem Namen an, aber das klärte sich bald auf. Jedoch lauschte er neugierig, warum der Vampir lieber so ein Theaterstück aufführte, als ihn einfach seine Arbeit machen zu lassen. "Jin, schön, dass du gekommen bist." "Was machst du hier? Wo ist Byou?" Byou. Bei dem Namen klingelte etwas, weshalb er den kleinen Minicomputer an seinem Arm aufklappte und den Namen eintippte. Die Datenbank spuckte schnell etwas aus und Aoi schossen die Augenbrauen in die Höhe. Die rechte Hand von Hakuei? Interessant. Es klang fast so, als ob Jin mehr von diesem Byou wollte, als er gedacht hatte. Stand der Doktor nicht eigentlich auf Frauen? Nun, das sollte ihn nicht stören weshalb er den Computer wieder zuklappte und weiter lauschte. Er musste ja immerhin auf seinen Einsatz warten. Bei dem Gedanken verdrehte er nur genervt die Augen und seufzte tonlos. So ein Blödsinn. "Byou? Er ist nicht hier. Ich hab dich nur in seinem Namen hergelockt. War mir schon klar, dass du seinem Ruf folgen würdest.", spie ihm der Ältere entgegen und Aoi legte den Kopf schief. Herrje. War da etwa Jemand eifersüchtig? Dieser Byou musste ja ein ganz toller Hecht sein, wenn alle auf ihn abfuhren. "Ich verstehe das nicht? Ich...ich gehe." "Nein das wirst du nicht!" Er konnte den Untergrund knacken hören und kurz hatte etwas geraschelt. Vermutlich hatte der Vampir ihn aufgehalten zu gehen. Sehen konnte er es ja nicht. "Was soll das? Lass mich gefälligst in Ruhe. Was willst du denn von mir?!" Jin klang dezent empört und durchaus wütend, dennoch war da sein Stichwort gefallen. Jetzt kam ja sein ganz großer Auftritt. Wie peinlich. Also drückte er sich von der Weide ab, machte ein paar Schritte zur Seite und entdeckte die beiden Vampire. Manabu sah grinsend zu ihm, während Jin ihm den Rücken zuwandte. "Er will gar nichts von dir Jin, aber ich...", beantwortete Aoi für den anderen Vampir die Frage. Seine Hand lag locker auf seiner Handfeuerwaffe, jederzeit bereit zu schießen, wenn er musste. Der Soldat beobachtete mit Freude, wie sich sein Zielobjekt vorsichtig umdrehte und ihn aus großen Rehaugen ansah, nur mit dem Unterschied, dass sie nun blau glühten. Das war, trotz der dichten Baumkrone, durch das Mondlicht gut zu sehen. Aoi konnte zusehen, wie aus einer Frage Gewissheit wurde und wie ihm alles aus dem Gesicht fiel. "Aoi?!" Meine Stimme zitterte. Was zur Hölle war hier nur los? Der Mann kam näher und zeigte sich nun deutlicher, was mich schwer schlucken ließ. Verdammt. Ich steckte in Schwierigkeiten und das war noch milde ausgedrückt. Eigentlich war ich schon tot. Die Frage, die sich mir nur stellte war, warum es Manabu noch nicht war oder was die beiden miteinander zu tun hatten. "Ganz richtig. Schön, dass du dich noch an mich erinnerst. Gut siehst du aus, obwohl du eigentlich irgendwo in einem Loch verrotten müsstest." Ich konnte seinen Hass förmlich schmecken und zuckte leicht zusammen. "Naja...", ich wurde von einer schnalzenden Zunge unterbrochen. "Sei still. Weißt du eigentlich was du mir angetan hast Jin? Unserer Familie angetan hast?", zischte er mir entgegen und ich biss mir auf die Unterlippe bevor sich Manabu einschaltete. "Halt! Moment mal! Wie jetzt? Was meinst du mit Familie?", hakte der Rothaarige nach und kam neben mir zum Stehen. Ich hörte Aoi nur lachen, was mich tief seufzen ließ. Es gab anscheinend doch Dinge, die Byou und der Rest nicht über mich herausgefunden hatten. Ich hatte definitiv Geheimnisse und Aoi war eines davon. "Aoi, nicht..." Manabu stieß mir seinen Ellbogen in die Rippen, was mich erschrocken keuchen ließ. "Sei still. Ich will das hören.", fauchte er leise und starrte wieder den Soldaten an. "Sag bloß, ihr wisst es nicht? Ich dachte deswegen hättest du mich kontaktiert oder zumindest, dass es ein weiterer Grund gewesen sei.", warf er fragend an Manabu zurück, der mich nun skeptisch betrachtete und seine Aufmerksamkeit dann wieder auf den Soldaten lenkte. Ich schloss die Augen und atmete tief durch. "Hast du es ihnen nie gesagt Jin?" Ich schüttelte leicht den Kopf bevor ich ihn schief lächelnd ansah. "Wozu? Ich wollte dich nicht in Gefahr bringen." Es war die Wahrheit und doch lachte er ironisch, hob beide Arme von seinem Körper und gestikulierte um sich herum. "Wie nobel von dir. Glaubst du denn, mein Job wäre sicher? Es war absolut unnötig. Ich kann mich gut verteidigen." Ja das konnte er, sehr gut sogar. Auch wenn Aoi nur ein Mensch war, hatte er Fähigkeiten entwickelt, die ihn dazu befähigten Vampire zu töten, ohne auch nur ins Schwitzen zu geraten. "Könntet ihr diese Unterhaltung vielleicht verschieben und mir endlich verraten, was zur Hölle hier los ist?!" Manabu wurde hysterisch und sah uns abwechselnd an. Sein Blick ruhte dann aber doch wieder auf Aoi, der die Arme sinken ließ und leicht lächelte. "Aber natürlich euer Hoheit. Du hast geglaubt, dass du dir den besten Mann für diese Mission an Land gezogen hast, was auch stimmt. Allerdings scheinst du nicht zu wissen, dass ich noch ein ganz anderes Motiv verfolge, das Jin betrifft." "Ja, mach es nicht so spannend. Wir sind hier nicht beim Film.", zickte Manabu und schien doch langsam ungeduldig zu werden. Nichts, das mich sonderlich wunderte und doch wurde ich nervös. Aoi verzog das Gesicht. Das hatte er schon immer getan, wenn ihm etwas missfiel oder er genervt war. Er sah den Vampir neben mir einfach nur kurz an bevor er mir in die Augen sah. Die Enttäuschung, die ich in seinen dunklen Iriden lesen konnte, jagte mir einen Schauer über den Rücken und doch stellte ich mich ihm. "Es widert mich an das sagen zu müssen, wenn ich sehe, was aus dir geworden ist Jin. Ein gottverdammter Vampir. Eines dieser Monstren, das nur lebt um zu töten. Ich töte sie, bevor sie Menschen töten. Unschuldige Menschen. Menschen wie Ayumi. Ich dachte du seist tot, ich habe um dich getrauert und am Ende habe ich auf der Suche nach dir oder irgendwelchen Anhaltspunkten meinen Job verloren. Doch wofür? Alles was ich sehe ist, dass mein Bruder zu einem dieser Bestien geworden ist, die wir beide so verabscheut haben. Nun gehörst du zu ihnen und es bricht mir das Herz aber ich werde dich töten." Ich bezweifelte nicht die Ernsthaftigkeit seiner Worte und hätte es gekonnt, mein Herz wäre stehen blieben. Ein tiefes Seufzen verließ meine Kehle als ich den Blick abwandte. "Was?! Wow Wow Wow. Ganz langsam. Das ist jetzt ein Scherz oder? Ihr...seid Brüder? Das...ist nicht wahr oder?" Manabu sah mich verwirrt an, doch ich schüttelte nur den Kopf. "Nein ist es nicht. Aoi ist mein großer Bruder.", bestätigte ich nochmals die Aussage dessen, worauf Manabu alles aus dem Gesicht fiel. Ich sah wie er sich mit der Hand übers Gesicht fuhr und ein paar Schritte auf und ab ging. "Mag sein, dass dich das nun schockiert aber ich würde gerne meine Arbeit tun." Ich hörte wie eine Waffe geladen wurde und mir schnürte sich die Kehle zu als ich aufsah. Aoi war näher gekommen, stand aber immer noch mit gut vier Meter Abstand von mir entfernt und richtete eine Waffe direkt auf meine Brust. "Aoi...lass es mich erklären...bitte.", flehte ich und spürte, wie sich Tränen in meinen Augen sammelten. "Halt die Klappe! Ich will es nicht hören! Wir haben uns damals geschworen die Vampire aufzuhalten, sie zu jagen solange bis wir sterben. Du im Labor, ich auf den Straßen. Du hast es am Grab unserer Eltern geschworen und sieh dich nun an. Mit diesen blauen Augen, die mich so weinerlich anstarren. Stirb gefälligst wie ein Mann!", brüllte er mir entgegen und jedes Wort traf mich wie ein Fausthieb. "Hey! Mal ganz ruhig hier.", mischte sich Manabu ein und plötzlich stand er mit erhobenen Händen vor mir, versperrte mir die Sicht. Irritiert starrte ich auf seinen Hinterkopf. Was sollte das denn nun? Er war es doch, der mich ganz offensichtlich in eine Falle gelockt hatte, um mich aus dem Weg räumen zu lassen und nun wollte er mich schützen? "Manabu?" Er drehte den Kopf leicht zu mir und sah mich an. Ich konnte seine Kiefer malmen sehen. Es gefiel ihm nicht, dass er nun vor mir stand und mich schützte. Ich konnte den Hass in seinen Augen lesen, wie er feurig züngelnd nach mir griff und doch wandte er sich wieder ab. "Was soll das? Geh aus dem Weg! Du hast mir Jin auf dem Silbertablett serviert, also gib ihn mir auch. Falls du glaubst, du könntest mich aufhalten, lass dir gesagt sein...du wirst sterben.", drohte mein Bruder und ich biss mir auf die Unterlippe. Auch wenn ich den Anderen nie hatte leiden können, für mich sterben sollte er nicht. "Nein, tut mir leid aber das kann ich nicht tun. Ich weiß, dass ich ihn dir versprochen habe aber unter dem Aspekt...kann ich das nicht zulassen. Ich kann nicht zulassen, dass du deinen eigenen Bruder tötest." Seine Worte verwirrten mich. Warum hatte er seine Meinung geändert? War diese Geschwistersache etwa der Auslöser? Ich wusste, dass Ruki Manabu fast umgebracht hatte. Er hatte damals nachgegeben und seinen Bruder wandeln lassen, als es die einzige Möglichkeit war, ihn zu retten. Lag es wirklich daran? Manabu hatte seinem Bruder irgendwann verziehen aber das hatte doch nichts mit mir zu tun. Aoi und ich verband eine ganz andere Geschichte. "Manabu...lass gut sein." "Sei still und verschwinde!", zischte er mir zu und sah mir wieder in die Augen. "Jetzt oder nie Jin." Mitleid durchzog seine hellen Augen, die nun nicht mehr ganz so hart wirkten. Der Moment währte nicht lange und bevor ich etwas erwidern konnte, war Manabu fort. Ich sah wie er verschwand und meinen Blick auf Aoi wieder frei gab, der mich verbittert ansah, noch immer die Waffe auf mich richtete bis ihn etwas von den Füßen riss. Der Ältere hatte sich auf ihn gestürzt, ihn sogar zu Boden geworfen. Etwas, das meinem Bruder, unter anderen Umständen, nie passiert wäre. Die Waffe fiel ihm aus der Hand und rutschte raschelnd über den Boden während Manabu auf seinem Kreuz saß und ihn in den Dreck drückte. "Lauf!", schrie er mir auffordernd zu und plötzlich ging ein Ruck durch meinen Körper. Nur kurz sah ich ihm in die Augen, nickte fast unmerklich und nur einen Wimpernschlag später war ich verschwunden. Doch ich kam nicht weit. Ich hatte mich nur wenige Meter von dem eigentlich so idyllischen Ort entfernt, da konnte ich das Rotorgeräusch eines Hubschraubers hören, gepaart von Stiefeln, die durch das Gras liefen und Waffen, die geladen wurden. Dann ging das Licht an. Gleißend hell. Es blendete mich zunächst, bis ich ein Brennen auf meiner Haut spürte, das sich schnell in Schmerz verwandelte. UV-Licht. Ich stöhnte vor Schmerz und versuchte mich abzuwenden, mich vor dem Licht zu schützen und weiter zu rennen aber es schien so, als kämen sie von überall. Es waren vielleicht 15 Mann aber das UV-Licht, und die daraus resultierenden Schmerzen, beeinträchtigten meine Wahrnehmung. Ich konnte kaum mehr klar denken, nahm auch die Stimme nicht wahr, die nach mir rief. Langsam sank ich auf die Knie und war bemüht mich so klein wie möglich zu machen, dieser Strahlung zu entgehen und somit den Schmerz abzustellen, der sich durch meinen Körper fraß. Solche Schmerzen hatte ich noch nie erlebt. So fühlte es sich also an, wenn man in die Sonne trat. Es vergingen gefühlte Wochen bis der Schmerz plötzlich nachließ. Die Hitze ätzte sich nicht mehr durch mein Fleisch wodurch der Heilungsprozess langsam einsetzte und auch mein Kopf wieder klarer wurde. Verwirrt nahm ich die Hände von meinem Gesicht und sah mich um. Wie in Zeitlupe tasteten meine Augen die Umgebung ab bis der Geruch von frischem Blut an meine Nase drang und in mir das Verlangen danach weckte. Doch ich würde keinen dieser Soldaten beißen, geschweige denn ihr Blut trinken. Die feine Silbernote lag schon fast schwer in der Luft und würde mich vergiften, sobald ich mich an dem Menschen nährte. Jedoch entdeckte ich dann endlich den Grund für meine Erlösung. Byou. Er war hier und metzelte sich durch die Soldaten. Der Anblick war wunderschön. Er glitt so anmutig wie eine Tänzerin zwischen den Menschen hindurch, drehte sich, sprang und wich Kugeln aus, die einfach viel zu langsam für sein Tempo waren. Ich war absolut fasziniert. Noch nie hatte ich ihn kämpfen sehen aber ich wusste, dass er sie besiegen konnte. Als sich dann eine Hand auf meine Schulter legte und mich auf die Füße zog, schnappte ich erschrocken nach Luft, bevor sich eine Klinge an meine Kehle drückte. "Aoi...", flüsterte ich und schloss die Augen. Ein blutiger Duft umgab ihn. Ein Gemisch aus seinem und Manabus. Ob der Andere wohl tot war? "Ja Bruderherz. Wie ich sehe ist Verstärkung eingetroffen.", schmunzelte er vorfreudig und sah einfach nur dabei zu, wie sich mein Freund durch die Soldaten arbeitete, bis einer nach dem Anderen tot am Boden lag. Als sich unsere Blicke dann endlich trafen erstarrte er in seiner Bewegung. "Byou! Komm ruhig näher.", forderte mein Bruder worauf Byou mir in die Augen sah und ich zustimmend blinzelte. Nur langsam bewegte er sich auf uns zu. Seine Kleidung war blutgetränkt und teilweise löchrig. Messer hatten ihn verletzt, auch wenn schon längst keine Wunden mehr zu sehen waren. "Das reicht." Byou blieb wenige Meter vor mir stehen und starrte mich besorgt an. "Lass ihn sofort gehen!", hörte ich ihn fordern und ein mattes Lächeln umspielte meine verkniffenen Lippen. Aoi lachte. Doch es war kein freundliches Lachen, nicht so wie früher. Nichts war mehr wie früher. "Tut mir leid. Das kann ich nicht. Hör zu, noch kannst du gehen. Obwohl das wirklich furchtbar ärgerlich wäre, die rechte Hand des Oberhauptes gehen zu lassen. Du weißt so viel." Byou verzog amüsiert das Gesicht. "Als ob ich ihn dir einfach überlassen würde Aoi." Er musste meinen offen stehenden Mund bemerkt haben, denn er sah mich entschuldigend an. "Oh du kennst mich? Interessant. Hat dir mein Bruder etwa von mir erzählt?", hakte er nach aber Byou schüttelte leicht den Kopf. "Nein. Brauchte er auch nicht. Ich wusste es von Anfang an. Wenn ich einen Job bekomme, dann führe ich ihn auch gewissenhaft aus. Sollte dir ja bekannt vorkommen. Dennoch...ich kann nicht zulassen, dass du ihn tötest. Lass ihn gehen und wir klären das auf die herkömmliche Weise. Ein guter alter Kampf. Na, wie sieht's aus? Steigst du ein oder ziehst du den Schwanz ein, weil du weißt, dass du verlieren wirst?", provozierte Byou meinen Bruder und ich wollte ihn anschreien, traute mich aber nicht. Er würde sterben oder am Ende starben sie beide. Egal, wie es laufen würde, mir war beides nicht recht. Auch wenn Aoi mich umbringen wollte, nahm ich es ihm nicht übel. Ich wusste ja, woher dieser Drang und der Hass kam. Der Hass, der auch mich kurz nach meiner Wandlung überkommen und komplett vereinnahmt hatte. "Als ob ich einen Kampf ausschlagen würde. Allerdings wärt ihr dann zu dritt und da ich selbst meinem kleinen Bruder nicht traue, wäre ich schön blöd, mich auf einen Kampf einzulassen. Ich bin doch etwas eingerostet." Byous Überraschung ließ meinen Bruder lachen und verwirrte mich. Wieso zu dritt? Ich sah nur uns beide, bemerkte aber das zerknirschte Gesicht meines Freundes. Er hatte also Jemanden mitgebracht. "Oh, hast du geglaubt, ich hätte deinen Kumpel nicht bemerkt? Man scheint mich wirklich zu unterschätzen. Wie dem auch sei. Noch ein paar letzte Worte? Ich will ja nicht so sein, wobei es mich echt wundert, dass du dich von einem Kerl vögeln lässt. Sogar mit dem zusammen bist, so wie ihr euch anseht. Es wäre ja tatsächlich süß, wenn es mich nicht so anwidern würde, dass ihr beide Vampire seid.", zischte der Schwarzhaarige mir zu und ließ mich tief seufzen. Die Klinge drückte sich fest gegen meinen Hals. Ein ersticktes Keuchen entwich meiner Kehle. Etwas rann an meinem Hals hinab, dem Geruch nach zu urteilen, mein eigenes Blut. Die Klinge hatte meine Haut verletzt und ich wusste, dass ich nicht mehr lange leben würde. "Byou...", flüsterte ich leise, spürte wie Tränen meine Wangen hinab liefen während sein Blick voller Schmerz auf mir lag. Er wusste, wenn er sich bewegen würde, war mein Schicksal besiegelt. Wenn er es nicht tat, sowieso. Die Situation war einfach nur zum Kotzen und ich selbst konnte gerade auch nichts ausrichten. "Okay. Das reicht.", hörte ich Aoi sagen und plötzlich stieg Panik in mir auf, als er die Klinge von meinem Hals zog und vor meinem Körper platzierte. Er würde damit mein Herz durchstoßen. Er würde mein Tod sein. Wie ironisch. Dann geschah alles wie in Zeitlupe. Mein Blick hing auf Byou während ich aus dem Augenwinkel zusehen konnte, wie das Messer auf meine Brust zuschoss und die Spitze eindrang. Sie glitt in mich, wie ein heißes Messer durch Butter. Doch bevor ich es wirklich realisierte, drehte sich meine Welt. Ich landete krachend auf dem Boden und die Welt spulte vor, hielt dabei ruckartig im Hier und Jetzt an bevor mir das Messer aus der Brust gezogen wurde. Keuchend hielt ich mir die Stelle und richtete meinen Blick auf. "Verschwinde endlich. Gottverdammt. Wie oft muss ich dich noch retten, bis du dich endlich verpisst?", fauchte mir Manabu entgegen und ließ mich zusammenzucken. "Aoi...", flötete der Rothaarige und ließ das Messer in seiner Hand rotieren. Ich war gebannt von dem Anblick. Der Vampir war blutbefleckt und schien nicht mehr lange auf seinen Beinen stehen zu können. Dennoch hatte er mich gerettet. Mal wieder. Ich löste meinen Blick erst, als Byou an mich herantrat und auf mich einredete, mich dabei auf die Füße zog. "Jin!" Er befühlte meine Brust aber ich hielt seine Hand fest und kurz darauf spürte ich seine Lippen kurz auf meinen. "Lass uns verschwinden!", hauchte er mir fest zu, sah dann über meine Schulter hinweg zu Aoi und Manabu, die wir kurz darauf, alleine ließen. Wir sprinteten durch die Nacht, entfernten uns vom Geschehen, bis ich einen Schuss vernahm. Verwirrt ließ ich den Blick schweifen, bis wir beide hart auf den Boden krachten und gute zwei Meter darüber schlitterten. Zischend sah ich zu Byou, der sich keuchend die Hände auf den Oberschenkel presste. Sofort krabbelte ich zu ihm und zog die Hände von der blutenden Wunde. "Scheiße...", fluchte ich, als sich der feine Geruch von Silber breit machte. Sie hatten ihn tatsächlich angeschossen und das Silber fraß sich nun in sein Fleisch, vergiftete ihn langsam aber stetig. Die Schmerzen mussten unvorstellbar sein und doch lächelte er mich leicht an. "Lauf...bitte Jin. Du musst weg. Warn die Anderen.", krächzte er mir entgegen während er bemüht war, seine Schmerzen nicht zu deutlich zu offenbaren, aber ich wusste, wie mies es ihm ging. "Rei...", hörte ich ihn sagen und plötzlich stand der Vampir auch schon neben uns. "Scheiße...wir müssen dich hier wegbringen." Er kniete neben uns und wollte sich meinen Freund schon über die Schulter werfen, da hielt dieser ihn auf. "Ihr seid zu langsam mit mir. Nimm Jin mit und lauft. Geht zu Haku und sagt ihm alles. Bitte Rei..." Was ich wollte, schien nicht von Belang zu sein. Darüber hinaus war ich unfähig zu sprechen. Alles drehte sich in meinem Kopf und ergab einfach keinen Sinn. Als dann auch noch Lichter angingen und man Stimmen hören konnte, die sich schnell näherten, griff Byou nach meiner Schulter und zog mich zu sich. Sein Kuss war intensiv und doch konnte ich den Abschied schmecken. Ein Abschied für immer. Das würde ich nicht zulassen, so viel stand fest. Dennoch ließ er mich los, sah mir fest in die Augen und lächelte sanft. "Geh. Geh und falls sie mich mitnehmen, hol mich nicht. Versuch es nicht. Versprich mir das Jin!" Ich erwiderte seinen Blick, presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. Er rüttelte mich leicht. "Versprich mir, dass du mich nicht retten kommst!" Seine Stimme wurde lauter und ließ mich leicht zucken bevor ich dann doch nachgab. Es schien ihn zu erleichtern weshalb er nun Reita ansah, der sofort nach meinem Arm griff und mich auf die Beine zog. Ich wehrte mich, versuchte mich aus seinem Griff zu lösen aber es gelang mir nicht. Mein Blick galt Byou als sein bester Freund mich wegzerrte und ich mich seinem Tempo anpassen musste. Das letzte, was ich in der Dunkelheit sah war, ein Haufen Soldaten, ein Hubschrauber und mein Partner der abgeführt wurde. Ich würde ihn retten und mein gelogenes Versprechen brechen. Und wenn es das Letzte war, das ich tun würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)