Und die Reise geht weiter von kiala-chan ================================================================================ Kapitel 4: Das Kirschblütenfest ------------------------------- Shaolan blieb abrupt stehen, ohne dass er selbst es bemerkte. Hatte Tomoyo da gerade „Sakura Kinomoto“ gesagt? Sakura und Shaolan. Shaolans Gedanken überschlugen sich. Abgesehen von den Kopien, die durch Feiwan „angefertigt“ worden waren, waren sie auf ihrer Reise bisher nie einem anderen Shaolan und einer anderen Sakura begegnet. Obwohl das nicht ganz unwahrscheinlich war, denn sie hatten ja schon öfters gleiche Menschen in verschiedenen Welten getroffen. Aber eben noch nie sich selbst. Shaolan konnte es sich nicht erklären, aber irgendwie keimte in ihm neue Hoffnung auf. Vielleicht würde er seinem Ziel durch die Begegnung mit diesen beiden einen entscheidenden Schritt näher kommen. Seinem Ziel und seinem innigsten Wunsch, an dessen Erfüllung er schon beinahe aufgehört hatte zu glauben. Auch die anderen hielten an und tauschten verständige Blicke. „Ist irgendwas nicht in Ordung?“, fragte Tomoyo Shaolan, der ziemlich blass geworden war und riss ihn damit aus seinen Gedanken. „Was? Ach so … Nein, nein, alles in Ordnung. Entschuldige, ich habe nur ganz kurz über etwas nachgedacht.“ Also liefen sie weiter und Shaolan versuchte, nicht allzu viel von seiner Aufregung nach außen dringen zu lassen.     „So, hier drüben ist es“, verkündete Tomoyo. Auf aneinandergelegten Picknickdecken saß eine kleine Truppe unterschiedlicher Personen. Shaolan erkannte zwei der Gesichter aus anderen Welten. Yukito, den Priester aus Clow Country und Fujitaka, den König von Clow Country. Dann waren noch eine Frau mit Bobfrisur anwesend und drei unbekannte schwarzgekleidete Frauen mit Sonnenbrillen. Die Frau mit Bobfrisur stellte Tomoyo als ihre Mutter Sonomi vor. „Und wer sind diese Damen?“, fragte Kurogane. „Ach so, die. Das sind unsere Leibwächterinnen. Meine Mutter ist Besitzerin eines großen Konzerns und die brauchen wir eben zu unserer Sicherheit. Deswegen soll ich auch nie allein rumlaufen. Diese drei sind aber auch gleichzeitig Mamas beste und langjährige Freundinnen“, Tomoyo stellte sie noch mit Namen vor. Diese Welt ist dann wohl weniger friedlich, als sie den Anschein macht, dachte Kurogane dabei. Tomoyo stellte noch die Reisenden vor und alle nahmen Platz in der fröhlichen, kleinen Runde. Wie zuvor Tomoyo, fiel auch Fujitaka und Sonomi auf, das Shaolan eine außergewöhnliche Ähnlichkeit mit einem Jungen hatte, den sie sehr gut kannten. „Stimmt“, kommentierte Yukito, „ das ist ja witzig“, er lachte. Shaolan schluckte leicht nervös. Sie schienen nichts zu ahnen. Aber wieso sollten sie auch? Schließlich kamen nicht jeden Tag Doppelgänger aus Parallelwelten zu Besuch vorbei.     Shaolan saß Yukito gegenüber, der gerade eine angeregte Unterhaltung mit Tomoyos Mutter führte. Seine Gegenwart fühlte sich für Shaolan seltsam an. Er konnte bei ihm große magische Kraft spüren und die hatte ja auch der Priester von Clow Country. Doch da war auch etwas Befremdliches - er sah aus wie ein Mensch, aber war er ein menschliches Wesen? Shaolan beschloss, das mal anzusprechen. Aber wie fing er das am besten an? „Ähm, Yukito-san, was machst du so beruflich?“, das war vielleicht nicht der geschickteste Gesprächseinstieg. Aber den Reisenden interessierte es doch, ob er hier nicht vielleicht auch so etwas wie ein Priester war. „Ich bin Student an der Uni hier. Ich studiere Biologie mit Schwerpunkt Meeresbiologie.“[1] „Oh, interessant.“ Also kein Priester. Der Brünette beschloss, ihn auf seine Magie anzusprechen, doch Kobato meldete sich dazwischen: „Oh, die Uni?“, rief sie energisch, „Ein sehr guter Freund von mir studiert auch dort. Er wird Rechtsanwalt. Er heißt Fujimoto-san, du kennst ihn sicher“, Kobato vergaß in ihrer etwas naiven Art mal wieder, dass die Uni ja ziemlich groß war und sich dort nicht automatisch alle kannten. Yukito musste verneinen. „Und du Shaolan?“, fragte er dann interessiert. „Du sagst ihr seid auf Reisen. Wo kommen du und deine Freunde eigentlich her? Und was macht ihr so? Erzählt doch mal.“ Shaolan beschloss, zunächst einmal eine etwas ausweichende Antwort zu geben. „Wir kommen aus verschiedenen Ländern, reisen aber zusammen. Ich z.B. komme aus einem fernen Wüstenland namens Clow Country. Und die anderen auch von sehr weit weg. Die Länder kennst du bestimmt nicht.“ Yukito war beeindruckt. „Davon habe ich noch nie gehört. Und du sprichst sehr gut Japanisch. Wo liegt dieses Land?“ Shaolan zögerte. Dann sah er zu Kurogane und Fye. Konnte er hier die Wahrheit erzählen? Sie nickten bestätigend. Versuchen konnten sie es zumindest. Die Leute hier wirkten insgesamt vertrauenserweckend. Und mehr als die Geschichte nicht glauben konnten sie wohl nicht. Die Aufmerksamkeit aller Anwesenden war jetzt auf die Neuankömmlinge gerichtet. „Clow Country liegt in einer anderen Welt. Wir kommen alle aus verschiedenen Welten und reisen gemeinsam durch die Dimensionen.“ Shaolan gab diese Antwort ruhig und ohne eine Miene zu verziehen. Jetzt konnten sie ihm glauben oder es bleiben lassen. Die Reaktion der Zuhörer war nicht ungläubig oder schockiert. Sie wirkten nur etwas verwundert, fast schon fasziniert. War man sich hier also doch, wie auch etwa in Piffle World oder Infinity Country, der Existenz anderer Welten bewusst? Auf Shaolans Nachfrage erklärte Tomoyo, dass Magie oder auch das Reisen in andere Dimensionen von den meisten als Hokuspokus abgetan wurde. Deshalb mussten die wenigen Eingeweihten, auch zum Schutz der allgemeinen Ordnung, die Existenz von Magie geheim halten. „Du hast vorhin erzählt, du kennst magische Wesen“, wendete sich nun Fye an Tomoyo. Das Mädchen lächelte amüsiert. „Ja, ich kenne einige. Sie haben, als ich sie vor einigen Jahren kennengelernt habe, mein Leben ziemlich auf den Kopf gestellt. Aber am meisten sicher das von Sakura … Eins z.B. lebt mit Sakura zusammen und ein anderes sitzt Shaolan direkt gegenüber.“ Yukito. Hatte Shaolan es sich doch gedacht. Er war kein Mensch. „Warum reist ihr?“, fragte Yukito nun. „Wir sind auf der Suche nach etwas“, ihre Standartantwort. Alles zu erklären würde seine Zuhörer vermutlich überfordern. Zum Glück fragte niemand weiter nach. „Aber das hört sich doch sehr aufregend an“, bemerkte Tomoyo begeistert, „dann erlebt ihr doch sicher einiges.“ „Oh, ja“, warf nun Mokona mit vor Stolz geschwellter Brust ein, „und ob es das ist! Wir erleben ganz viele Abenteuer und trotzen Gefahren!“ „Wow!“ Mokona fing an zu erzählen und genoss es sichtlich, ihre Zuhörer zu fesseln. Schließlich berichteten sie von der Welt, die sie zuletzt bereist hatten. Sie erzählten, was sie dort gefunden hatten und dass dieser Gegenstand wohl einen bestimmten Zweck erfüllen oder eine Botschaft für jemanden übermitteln sollte. Vielleicht kamen sie diesbezüglich ja hier weiter. „Und woher wisst ihr, dass gerade das nun gerade eure Aufgabe ist? Ich meine, es könnte ja auch eine ganz normale Schriftrolle aus dieser Welt sein, die irgendjemandem dort gehört“, bemerkte Tomoyo. „Nun ja, es klingt für euch jetzt vielleicht ein wenig verkorkst … Ein sehr guter Freund von mir, der Hellseher ist, hat es vorausgesagt.“ „… Wie meinst du das?“ „Er meinte, dass wir einen Gegenstand finden würden. Wir sollten ihn mitnehmen. Es war eindeutig, dass er diese Schriftrolle gemeint hat, als wir sie gefunden haben.“ „Okay“, das klang ja wie ein Abenteuer aus einem Online-Game, freute sich Tomoyo. Shaolan beschloss nachzufragen, ob diese Leute hier Yuko ebenfalls kannten.  „Dann hat sich herausgestellt, dass diese Schriftrolle einer sehr guten Bekannten von uns gehört. Der Hexe der Dimensionen.“ Keine Regung bei den Zuhörern. Sie kannten sie wohl nicht. „Und die ist auch die Chefin und Vorgängerin dieses Freundes“, fuhr Shaolan fort. „Vorgängerin?“ „Äh, ja, der Freund hat ihr Geschäft übernommen. Also jedenfalls hat sich auch herausgestellt, dass sie es war, die das Ding in dieser Welt, in der wir es finden sollten, deponiert hatte.“ „Und jetzt wisst ihr nicht, was ihr damit tun sollt? Könnt ihr diese Hexe nicht irgendwie kontaktieren und sie fragen?“, fragte Tomoyo. Shaolan schüttelte den Kopf. „Leider nicht. Sie ist bereits verstorben.“ „Oh, entschuldige.“ „Schon gut. Konntest du nicht wissen … Wir hatten gehofft, jemand von euch könnte uns diesbezüglich vielleicht weiterhelfen.“ Ratlose Gesichter. Hier konnte ihnen wohl niemand weiterhelfen. Tomoyo wühlte in ihrer Handtasche, kramte ein Mobiltelefon hervor und wählte eine Nummer. „Hallo, Eriol-kun? Sag mal, hast du heute vielleicht Zeit?“, sprach sie ins Telefon, „Ja? Das ist klasse! Wir sind im Pinguin-Park. Kannst du heute noch vorbeikommen? ... Super, bis nachher dann!“, Tomoyo legte auf und steckte ihr Handy wieder ein. „Ich habe einen Freund angerufen, der sich mit solchen Dingen sehr gut auskennt. Vielleicht kann der euch ja weiterhelfen. Er kommt später noch vorbei.“ „Vielen Dank, Tomoyo-chan“, bedankte sich Fye. Wer weiß, vielleicht gab es hier ja wirklich jemanden, der ihnen Informationen zu ihrem Problem geben konnte.  - Und bis der vorbeikam, waren sie mit Essen gut versorgt und es gab natürlich auch eine „kleine Auswahl“ an alkoholischen Getränken. Als trinkfesteste Person bewies sich Kurogane, dicht gefolgt von Tomoyo. „Versuch nicht, mir Konkurrenz zu machen, Kleine!“, kam es vom Ninja fast schon herausfordernd. „Das wird sich noch zeigen“, sie funkelte zurück. Der Magier spürte das Knistern in der Luft zwischen den beiden und begann unruhig auf seinem Platz hin und her zu rutschen. „Hey, Kuro-wan, was ist mit mir?“, mischte er sich ein und hatte es auf einmal sehr eilig sich ordentlich nachzuschenken. „Ja, kämpfe um deine Liebe, Fye!“, Mokona hopste neben Fye. Kurogane konnte Mokona schnappen und sie ein paar Meter weit weg schleudern. Sie landete etwas unsanft. „Das gibt Rache, Kuro-wau-wau!“,  sie rieb sich den Hintern. „Nenn mich nicht Wau-Wau! Ich bin KEIN verdammtes Hündchen!“ Mokona beschloss vorerst nichts mehr zu erwidern und gab sich erstmal beleidigt. Dann wendete sie sich Ioryogi zu, der auch einiges in sich hineinkippen konnte. Kobato fragte sich bei ihrem Plüschhund immer, wo das ganze Zeug eigentlich Platz hatte. „Sag mal, Ioryogi, bist du eigentlich der einzige deiner Art? Ich habe jedenfalls noch nie einen sprechenden Plüschhund getroffen.“ „Natürlich bin ich der einzige. Ich kenn‘ jedenfalls keinen weiteren“, antwortete er knapp. Ioryogi schien vorerst genug getrunken und gegessen zu haben. Er streckte sich nun auf dem Gras aus und gähnte. „Soll ich dir was verraten?“, begann er wieder zu sprechen, „Ich bin eigentlich gar kein Plüschtier.“ Mokonas Kopf arbeitete sichtlich. „Kein Plüschtier? … Und was dann?“ Ioryogi sprang energisch auf die Füße. „Ich kann das Wort Plüschtier schon nicht mehr hören! Plüschtier hier, Plüschtier da! Ein stolzer Krieger war ich! Samurai und Führer einer ganzen Armee meines Landes. Zudem beherrsche ich die Kunst des Ninjutsu wie kaum ein zweiter!“ Der weiße Kloß war beeindruckt. „Wow … dein Land war nicht zufällig Japan?“ „Doch. Aber nicht dieses hier.“ Cool, vielleicht ja Kuroganes Land, dachte Mokona. Oder vielleicht auch nicht. Wie auch immer. „Aber warum bist du jetzt kein Krieger mehr?“ Ioryogi setzte sich wieder und verschränkte zähneknirschend die Arme. „Das ist allein die Schuld eines verkorksten Herrschers, der sich „Gott“ schimpft. Er hat mich in dieses erbärmliche Viech verwandelt und in diese Welt verbannt. Eine Strafe soll dass sein. Zudem muss ich dafür sorgen, dass Kobato eine Flasche mit verletzten Herzen füllt. Wenn ich das geschafft habe, ist meine Strafe abgesessen - Hmmmmm“, Ioryogi knurrte vor sich hin, „Wenn es dann wirklich vorbei wäre, wäre es ja gerade noch erträglich. Aber der verdammte Zeitrahmen ist viel zu eng gesetzt. Das wird unmöglich rechtzeitig zu schaffen sein …“ Mokona schien angesichts dieser Informationen bereits überfordert. „Es … gibt auch noch einen Zeitrahmen dafür?“ „Ja leider. Ich hab keine Ahnung, ob meine Strafe jemals aufgehoben wird und ich in meinen alten Körper zurückkann.“ „Herrje, das klingt ja furchtbar! Was … was hast du gemacht, dass du bestraft wurdest?“ Ein Schatten schien sich auf Ioryogis Gesicht zu legen, so sehr verfinsterte es sich. Das Zauberwesen spürte einen Schauer seinen Rücken herunterlaufen. „Ich hatte mich in einen Engel verliebt, doch ich stamme aus einer anderen Welt als dieser und laut Gottes Gesetzen war es mir verboten, mit ihr zusammen zu sein … Aber das ist doch völliger Humbug! Ich beschloss zu kämpfen und zog mit einer Armee gegen Gott in den Krieg … Wir haben verloren. So einfach ist das. Fertig aus.“ Mokona fehlten eine Zeitlang die Worte. „Aber das heißt ja, du wirst niemals mit der Person zusammen sein können, die du liebst? Sie liebte dich doch auch? Also wartet sie jetzt die ganze Zeit auf dich, trotzdem ohne Hoffnung, dich wiederzusehen?“ „Nun ja, ganz so ist das nicht. Das Ganze ist etwas komplizierter …“, Das Plüschtier stockte. Sollte er das jetzt einfach so einem dahergelaufenen Klops erzählen? Er entschied sich dafür. Er hatte ja einmal angefangen. Und im Grunde war sein Gegenüber ja auch nur ein weißer Kloß. Außerdem musste er ganz nebenbei zugeben, dass es ihm bis hierher sogar guttat, mit jemandem darüber zu sprechen. [2] „Der Engel hieß Kobato“, Ioryogi sah wie erwartet Mokonas fragenden Blick, „Und das ist kein Zufall in dem Sinne. Die beiden haben die gleiche Seele.“ „Ich weiß, was du meinst. Wir haben auf unserer Reise schon viele Personen mehrmals getroffen, die die gleiche Seele hatten.“ Gut, dachte der Plüschhund, dann klingt das Ganze wenigstens nicht ganz so unverständlich für den Kloß. „Wir fielen also in den Himmel ein, um den Engel zu holen. Gottes Armee war unerwartet stark. Enorm stark. Es kam zu erbitterten Kämpfen. Als ich mich schließlich fast bis zu Gott vorgekämpft hatte, standen sich unsere stärksten Kämpfer gegenüber. Es wurden gewaltige, zerstörerische Schockwellen freigesetzt. Unter den ‚Hogan‘, so nannte sich Gottes Armee, war auch Kobato. Sie war leider zur falschen Zeit am falschen Ort. Gott wollte mich angreifen, als ich gerade handlungsunfähig war und holte zum tödlichen Schlag aus. Sie wollte das verhindern und warf sich eben dazwischen. Dabei wurde sie schwer verletzt. Das war der Wendepunkt. Wir kapitulierten. Glücklicherweise konnte Gott Kobato mit seiner Heilmagie retten … Aber dieser Krieg ist nicht ohne größere Verluste geblieben. Es gab leider auch viele Opfer …“, Ioryogi hielt inne. Er schien eine Weile in eine sehr schmerzhafte Erinnerung versunken. „Und nicht nur das“, fuhr er schließlich fort, „die Wellen dieses Kampfes, sprich diese enormen freigesetzten Kräfte, waren derart stark, dass sie die Dimensionen erschütterten und Kobato, ein unschuldiges Waisenmädchen, das in dieser Welt lebte, wurde von ihnen erfasst und bekam eine unheilbare Krankheit. Sie hätte sterben müssen. Doch der Engel Kobato hatte das vorausgesehen und entschied sich, mit ihrer Seele den Körper des Mädchens zu übernehmen um sie zu heilen und ihr so zu ermöglichen, weiterzuleben. Aber es war nicht klar, ob ihr das gelingen würde. Hätte sie das nicht geschafft, wären beide draufgegangen. Also versuchte ich, ihr das auszureden, bat sie innigst, das sein zu lassen. Doch sie entschuldigte sich nur bei mir und sagte, das sei eben ihr Wunsch. Dann verschwand sie. Ich sank kraftlos auf den Boden des Schlachtfeldes. In diesem Moment war ich wohl nur noch ein Schatten meiner selbst. Schließlich flehte ich Gott auf Knien an, Kobato noch einmal zu helfen, sie nicht sterben zu lassen. Ich stand ziemlich neben mir und wusste, glaube ich, kaum noch wo oben und unten war. Und den Rest kennst du: Meine engsten Verbündeten und ich wurden in Tiere verwandelt und in diese Welt verbannt.“ Es war schmerzlich für Ioryogi gewesen, das zu erzählen. Es wühlte unangenehme, um nicht zu sagen traumatische Erinnerungen auf. Überhaupt war Mokona die erste Außenstehende, der er das Ganze erzählt hatte. Aber trotzdem musste zugeben, dass er sich nun tatsächlich ein wenig erleichtert fühlte. Mokona hätte nicht erwartet, dass Ioryogi eine derart erschütternde Vergangenheit hatte. Sie musste das ganze selbst erst einmal verdauen. Sie wünschte, sie hätte etwas für Ioryogi tun können. „Wurden deine Verbündeten eigentlich auch hierher verbannt?“, schickte sie sich schließlich an, zu fragen.  „Du willst es wirklich wissen, was?“, der Plüschhund schien nicht allzu gern darüber sprechen zu wollen, „Ja, sie sind hier. Sogar ganz in der Nähe von hier. Einer ist ein Papagei, einer ein Hase und einer ein Bär, der als Baumkuchenbäcker arbeitet“, dann murmelte er mehr zu sich selbst als zu Mokona: „worin er seine Berufung gefunden hat ...“ Doch Mokona hatte es gehört. „Berufung? Kann er denn so gut backen?“ „… Was? Und ob. Er behauptet von sich sogar, der Beste seines Faches zu sein. Ob das stimmt, ist zwar fraglich, aber ich habe jedenfalls noch keinen besseren Baumkuchen gegessen“, Ioryogi lief ein Speichelfaden aus dem Mund. Da durchzuckte Mokona ein Geistesblitz. Sie dachte daran, dass sie ja noch kein Geschenk für Sakuras Geburtstag hatten. Und so ein Baumkuchen vom besten Baumkuchenbäcker wäre doch sicher ein sehr schönes Mitbringsel. Mokona nahm sich vor, welchen zu besorgen und dafür würde sie dann sicher ein Riesenlob bekommen! Das Zauberwesen strahlte und glitzerte vor sich hin. Das ging nicht unbemerkt an Ioryogi vorüber. „Äh, was ist?“ Mokona packte mit beiden Ärmchen eine Pfote des Plüschhundes. „Ioryogi, kannst du mich bitte kurz zum Baumkuchenbäcker bringen? Du hast doch gesagt, er wäre hier ganz in der Nähe.“ Was war denn plötzlich in den weißen Plüschball gefahren? Hatte er jetzt auf einmal Appetit bekommen? Trotz des ganzen Essens hier? Wobei, im Grunde war es Ioryogi auch egal. „Hmpf, meinetwegen. Wir müssen aber ein Stück laufen.“ Ioryogi erhob sich. „Klasse, vielen Dank!“, freute sich Mokona. Ioryogi kam das eigentlich auch ganz recht. „Ein kleiner Spaziergang kann ja nicht schaden. Hier und allgemein als Plüschtier sitzt man sich eh viel zu oft den Hintern platt.“     Kobato bemerkte, dass sich die beiden Stofftiere von der Gruppe entfernten und rief ihnen noch hinterher: „Ioryogi-san? Wo wollt ihr denn hin?!“ „Nur kurz die Beine vertreten. Sind gleich zurück“, kam als Antwort von eben genanntem. „Ach so, ok. Bis später dann.“ Kobato war Ioryogis Alleingänge bereits gewohnt, daher zerbrach sie sich nicht weiter den Kopf. Doch Shaolan war etwas verwirrt, denn das war eher ungewöhnlich für Mokona. Aber sie wusste schon, was sie tat. Er konnte ihr vertrauen. Außerdem war Ioryogi ja bei ihr und der schien sich hier bestens auszukennen. Also brauchte sich Shaolan auch nicht zu sorgen.   Mokona folgte Ioryogi durch den Pinguinpark. Nach etwa einer halben Stunde blieb Ioryogi bei einer Rutsche in Form eines großen Pinguins stehen. „So, hier ist es.“ Mokona schaute sich um. Konnte aber nichts entdecken, das wie eine Bäckerei aussah. Doch bevor sie zu einer verwunderten Frage ansetzen konnte, erklärte Ioryogi:  „Hier befindet sich ein Durchgang zu einer Parallelwelt. Dort oben über der Rutsche.“ Mokona schaute leicht verwundert nach oben. Man konnte diese Öffnung, die die Welten verband, kaum sehen. Sie wäre unsichtbar für jemanden, der nicht wusste, dass sie da war. Doch Mokona sah genau hin - wie eine kleine Luftspiegelung. Um dort durchzugelangen, mussten sie die Pinguinrutsche zur Hälfte hinunterrutschen und dort, genau auf halber Strecke, nach oben springen. Dies war zwar etwas umständlich, weil sie aufpassen mussten nicht gesehen zu werden, klappte aber schließlich problemlos.     Sie betraten das kleine Häuschen, über dessen Eingang der Schriftzug „Bär, der Baumkuchenbäcker“ angebracht war. „Hey Bär“, grüßte der Plüschhund „Wen hast du da mitgebracht?“, brummte der Bär fragend. Mokona war erstaunt, vor ihr stand tatsächlich ein richtiger Bär, riesig und furchteinflößend. Wobei letzteres weniger zutraf, wenn man bedachte, dass er eine Schürze umhatte und sprach. „Mokona ist Mokona! Sehr erfreut!“, stellte Mokona sich überschwänglich vor, „ich wollte dich um etwas von deinem leckeren Baumkuchen bitten.“ Erfreut über die Kundschaft ließ er verlauten „Kommt sofort.“ Geschäftig wirbelte er herum, doch hielt dann plötzlich in seiner Bewegung inne. „Moment mal, kannst du denn auch bezahlen?“ „Der geht auf’s Haus, Bär“, sagte Ioryogi schmatzend. Er hatte sich angeschickt, den Baumkuchen, der gerade zum Abkühlen auf dem Fensterbrett stand, zu vernaschen. „HEY!“, brüllte der Bär wütend, „Wer hat dir erlaubt, meinen Baumkuchen anzurühren! Das machst du jedes Mal, wenn du herkommst! Du hast zu bezahlen und deine Schulden abzuarbeiten!“ „Erinnerst du dich noch an diesen hochwertigen Honig, den du neulich in dieser Doku gesehen hast? Ich besorge dir zehn Gläser davon. Und nun pack bitte den Baumkuchen für die kleine hier ein.“ „Das ist ja nett, danke“, warf Mokona ein, sich schonmal im Voraus bedankend, „ach so, und gleich als Geschenk wäre nicht schlecht.“ Doch der Bär ging auf Ioryogis Aussage ein. Seine Miene hellte sich etwas auf. „Wirklich, genau den? Na dann, gerne. Aber wehe, du lässt dich erwischen, wenn du vorhast ihn zu klauen! Du weißt, wenn Gott Wind davon bekommt, sind wir dran!“, betonte er eindringlich. Mokona spürte in diesem Augenblick bei Bär ernsthafte Besorgnis. Doch bei Ioryogi schien dies weniger der Fall zu sein.  „Ach, mach dir doch nich‘ so’n Kopf. Niemand würde ein Stofftier verdächtigen“, seine Zähne blitzten gefährlich.     Bär verzierte den Kuchen noch mit einer Widmung und packte ihn hübsch als Geschenk ein. Mokona verschlang das Geschenk. „Hey, das ist ja praktisch. Das würde ich auch gern können.“ Ioryogi war etwas neidisch auf Mokonas Fähigkeit, denn er musste seinen Baumkuchen selbst schleppen. Die beiden Plüschfiguren hatten sich auf den Rückweg gemacht und durchquerten wieder das Portal, das zurück in die andere Welt führte. Plötzlich blieb Ioryogi stehen und drehte sich um. „Ich weiß, dass du da bist, Ginsei“, rief er, in seinen Augen blitzte etwas hell auf, was Mokona beunruhigte. „Mit wem sprichst du?“ „Komm schon raus!“, Ioryogi ignorierte Mokonas Frage und sein Grinsen erinnerte den Kloß an Kuroganes freudiges Grinsen angesichts eines bevorstehenden Kampfes. Und schon wurde er angegriffen. Wie aus dem Nichts schoss ein Schatten auf sie zu, blitzschnell und ganz dicht an Mokona vorbei, so dass diese sich einmal um sich selbst drehte, taumelte und mit dem Gesicht im Gras landete. Als sie sich wieder aufgerappelt hatte, sah sie direkt neben sich einen großen Hasen mit Augenklappe, der sie in Angriffsposition feindselig anstarrte. Er stand auf zwei Beinen und an seinen Pfoten waren überlange, scharfe Krallen. „Wer ist das?“, fragte der Hase mit eiskalter Stimme. Mokonas Herz raste vor Schreck. War das etwa auch einer von Ioryogis Freunden? „Nur eine Bekannte. Sie ist auf der Durchreise. Lass sie in Ruhe.“ „So ...“ „Machen wir lieber einen kleinen Übungskampf“, lenkte der Plüschhund  vom Thema ab und stellte sein Baumkuchenpaket ab. „Was … Übungskampf?“, der weiße Kloß war verwirrt.     Mokonas Protest, sie sollten lieber zu den anderen zurück und warum sie jetzt unbedingt kämpfen müssten, nicht beachtend, entbrannte ein heißer Kampf zwischen Ginsei und Ioryogi. Mokona schlussfolgerte, dass dieser „Ginsei“, wenn sie den Namen richtig verstanden hatte, wohl ein Freund von Ioryogi war. Einer, der für Ioryogi wohl eine Art Trainingspartner war.  Mokona hätte nicht erwartet, dass Ioryogi ein so guter Kämpfer war. Man hätte meinen können, Ioryogi müsste der Unterlegene sein, in seiner Plüschtiergestalt, doch er schlug sich sehr taff. Geschickt wich er Ginseis Krallen aus und attackierte ihn mit Tritten. Sie waren blitzschnell, der Hase konnte auf Bäume springen und von Ast zu Ast, Ioryogi ihm dicht auf den Fersen. Menschen waren in diesem Teil des Parks vergleichsweise wenig zu sehen. Und selbst wenn sie jemand sah, wurden sie durch ihre Geschwindigkeit für Eichhörnchen oder Ähnliches gehalten. Mokona hopste (leicht genervt) hinterher. Nach einiger Zeit rief Ioryogi ihr zu: „Geh ruhig schon mal vor zu den anderen. Das hier kann noch eine Weile dauern.“ Na toll, dachte Mokona. Aber sie war erleichtert, hier nicht länger warten zu müssen. Bisher hatte sie sich sowieso nur aus Höflichkeit so geduldig gezeigt. „Also, bis später, dann“, rief sie den beiden noch zu. Dann drehte sie sich um und machte sich auf den Rückweg.     Mokona beeilte sich, in Vorfreude darauf, wie sie den anderen das Geschenk präsentieren und dafür ein großes Lob einheimsen würde. Sie hopste so schnell sie konnte. Die Bäume warfen bereits lange Schatten auf den mit orangefarbenem Licht durchfluteten Park. Der Nachmittag ist fast vorbei, bemerkte Mokona. Die anderen wurden sicher schon unruhig, weil sie so lange weg war, und beeilte sich gleich noch ein bisschen mehr. Doch als sie an einer Weggabelung angelangte, stellte Mokona fest, dass die Wege hier alle gleich aussahen. Wo musste sie noch gleich abbiegen, links oder rechts? Oder war sie bereits auf dem falschen Weg? Das Reisbällchen stellte fest, dass es sich verlaufen hatte. Mokona konzentrierte sich, um Fyes Magie zu erspüren. Aber die Schwingungen waren dummerweise nicht feststellbar, wahrscheinlich da er die Magie nicht eingesetzt hatte oder gerade einsetzte. Und was waren das für andere Schwingungen, die sie umgaben? Sie überlegte, was sie nun tun konnte. Zurück zu Ioryogi würde sie sicher nicht mehr finden.  Ihr blieb keine andere Wahl, als auf gut Glück einfach irgendeinen der Pfade weiterzugehen, die sich vor ihr gabelten. Mokona fühlte sich sehr mies, dass sie so verloren und so weit weg von den anderen war, ohne ihnen vorher Bescheid gesagt zu haben, wo sie hinwollte. Irgendwann blieb sie verzweifelt stehen, was nun? Sie sah, wie die Kirschblütenblätter langsam und lautlos herabsegelten und den Boden bedeckten. Lückenlos bedeckten. Ihre Füße bedeckten. Und es wurden immer mehr. Mokona versank schon fast darin. Konnten Bäume so viele Blüten haben? Das Reisbällchen kämpfte sich durch die Blütenblätter-Berge, bis sie wieder einen normalen Weg erreichte. Irgendwann kam sie in einen Bereich des Parks, der ihr bekannt vorkam. Hier saßen wieder mehr Leute auf Picknickdecken herum. Sie glaubte sich zu erinnern, mit Ioryogi vorhin hier vorbeigekommen zu sein. Ja, sie war sicher schon fast wieder bei den anderen! Sie bog auf einen schmaleren Pfad ab, hielt aber plötzlich verwundert an. In der einen Sekunde zauberte das Sonnenlicht noch sich bewegende Muster auf den Boden, in der nächsten war es stockfinster. „Was zum … Ist es denn schon Nacht?“, fragte sich Mokona erschrocken. Und es war mehr als nur Nacht. Es war nichts mehr zu erkennen, keine Umrisse von Bäumen, keine Sträucher, keine Sterne oder Wolken. Da war nur eine einheitliche Schwärze. Mokona kämpfte gegen die aufsteigende Panik an. Sie zwang sich logisch nachzudenken. Hier stimmte etwas ganz und gar nicht. Es wurde dunkel, obwohl es eigentlich noch Tag sein sollte. Das konnte nicht mit rechten Dingen zugehen. Sie konzentrierte sich so, wie sie es immer getan hatte, wenn sie eine von Sakuras Federn aufspüren wollte - und spürte Magie. Sie hatte sich vorhin nicht getäuscht, da war irgendetwas. Die Magie kam nicht nur von einer einzigen Quelle, sondern von verschiedenen ganz in ihrer Nähe. Und es waren zwei verschiedene Arten. Doch Moment, täuschte sie sich oder war das - Ein Rufen unterbrach sie in ihrem Gedankengang. Es war die helle Stimme eines Jungen. „Dark? Flower! Was macht ihr denn schon wieder? Kommt bitte sofort zurück!“ Plötzlich wurde es wieder hell. Das Licht der spätnachmittäglichen Sonne schien wieder durch die Zweige der Bäume.      Mokona drehte sich um, um in die Richtung zu schauen, aus der die Stimme gekommen war. „Wer seid ihr denn?“, vor ihr standen zwei junge Frauen in eigentümlichen, schmuckvollen Gewändern. Eines war schwarz und eines rosa und mit Blumen verziert. Diese beiden waren keine Menschen, sondern magische Wesen, dessen Magie Mokona erspürt hatte. Die beiden wendeten sich ab und erst jetzt bemerkte Mokona, wer da gerufen hatte. Ein paar Meter von ihr entfernt stand ein relativ kleiner Junge mit einer großen runden Brille und einem weichen Lächeln auf dem Gesicht. Er hielt zwei Karten demonstrativ in die Höhe. Die Wesen schwebten darauf zu - und verschwanden in den Karten. Von diesem Jungen ging die zweite Art der Magien aus, die sie spürte. Und diese kam ihr sehr bekannt vor. War das etwa … Aber das war unmöglich. „Clow, bist du es?“, fragte sie etwas zögerlich. „Hallo Mokona, schön, dich wiederzusehen.“ [3] Er hatte gerade ihren Namen genannt. Er kannte sie. Also war das wirklich Clow Lead? Der Clow, den sie gekannt und so geliebt hatte, wie einen eigenen Vater? Aber was dagegen sprach, war sein völlig verändertes Erscheinungsbild. Ein kleiner Junge. Seine magische Kraft war zwar unverkennbar, doch sehr viel schwächer als früher. „Clow … was machst du hier und wieso bist du ein kleiner Junge?“, brachte der weiße Klos heraus. Der Junge seufzte. „Clow Lead ist tot. Ich bin nicht mehr Clow. Ich bin seine Reinkarnation, mein Name ist jetzt Eriol.“ Mokona öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen, brachte aber keinen Ton heraus. Sie wusste nicht, welche Frage sie zuerst stellen sollte. „Aber das ist eine lange Geschichte. Die werde ich dir später in Ruhe erzählen.“ Mokona fand schließlich ihre Stimme wieder. „Wer oder was waren diese beiden Frauen?“ „Ach das. Das waren zwei Clow Cards. Sie gehören eigentlich Sakura-chan. Sie ist nach mir die Hüterin über diese ‚Karten‘ geworden. Ich passe nur auf sie auf, während Sakura-chan in Hongkong bei ihrem Freund zu Besuch ist. Da das Haus, in dem ich wohne, ziemlich abgelegen ist, können sie sich auch mal frei bewegen. Leider kann man ihnen nicht abgewöhnen, sich immer wieder mal kleine Scherze zu erlauben. Ich hoffe sie haben dich nicht zu sehr erschreckt.“ „Ach was, überhaupt nicht. Mokona erschreckt sich nie“, musste sie natürlich sofort kopfschüttelnd antworten. Aber das war ja interessant. Vielleicht sprach er von derselben Sakura wie Tomoyo vorhin. Und diese kannte Clow also auch - sowas! Clow oder Eriol sah auf die Uhr seines Smartphones. „Es wird Zeit“, stellte er fest. Dann wandte er sich wieder dem kleinen Zauberwesen zu. „Komm mit Mokona“, er lächelte und hielt ihr einladend seine Hand entgegen, „du willst doch zu den anderen zurück? Ich bin auch gerade auf dem Weg dorthin. Tomoyo hat mich eingeladen.“ Das war typisch Clow. Alles konnte er vorhersehen. Und wie er das so sagte und seine ganze Art wirkten so vertraut auf sie. Kein Zweifel, für sie war er immernoch ihr Clow, egal wer er zu sein behauptete. Mokona kletterte frohen Mutes auf seine Schulter und so machten sich die beiden auf den Weg.     Unter anderen Umständen hätte Shaolan sicher geschmunzelt aufgrund der Tatsache, dass Toya, sobald er wieder zu den Freunden stieß, als erstes Yukito einen Kuss geben musste. Die beiden verband offensichtlich auch in dieser Welt eine wohlgemerkt ziemlich tiefe Freundschaft. Doch die Umstände waren in diesem Moment selbst für einen Dimensionsreisenden wie Shaolan, der schon so viele eigentlich unmögliche Dinge erlebt und gesehen hatte, dermaßen absurd, dass er gerade um sich herum nichts wahrnahm. Außer zwei Personen, die auf ihn zukamen. Shaolan schwindelte und er vergaß für einen Moment zu atmen. Er stand sich erneut selbst gegenüber.     Shaolan Li und seine Freundin Sakura Kinomoto waren noch ziemlich müde von ihrer langen Reise aus Hong Kong. Shaolan hätte sich am liebsten erstmal etwas aufs Ohr gehauen. Doch Sakura hatte darauf bestanden, Tomoyos Einladung nachzukommen. Nur kurz Hallo sagen würde ja ausreichen, hatte sie gemeint, und allzu lange müssten sie ja nicht bleiben. Shaolan kannte Tomoyo gut genug, um zu wissen, dass sie Feuer und Flamme war, Sakura endlich wiederzusehen. Also hatten sie nur schnell ihr Gepäck bei Sakura zu Hause abgestellt und hatten sich mit Toya gleich wieder auf den Weg gemacht.     Als sie an ihrem Treffpunkt im Park ankamen, wurden sie erstmal überschwänglich begrüßt. Tomoyo und Sakura fielen sich in die Arme. „Sakura-chan“, Tomoyo schluchzte. „Ist ja gut, Tomoyo-chan. Wir waren doch nur ein paar Wochen weg.“ „Mir kommt es aber vor wie Jahre, wenn du nicht da bist.“ „Komm schon. Wir haben doch jeden Tag telefoniert“, versuchte Sakura sie zu beruhigen. „Natürlich, du hast Recht. Entschuldige, mit mir sind schon wieder die Gefühle durchgegangen. Die Wiedersehensfreude hat mich einfach übermannt.“ Plötzlich fing sie sich wieder und klatschte in die Hände. „Oh! Ich muss diesen einmaligen Moment natürlich festhalten!“, Tomoyo kramte ihre Kamera hervor. „Lächeln!“ Sakura versuchte sich an einem schiefen Grinsen. „Wie hübsch du wieder aussiehst! … Fast hätte ich’s vergessen. Du musst bitte noch das hier anziehen und das aufsetzen“, sie hielt ihr ein Kleidungsstück in leuchtenden Grün- und Gelbtönen entgegen und einen dazu passenden Hut. „Äh, danke. Aber das wäre doch nicht nötig gewesen …“ „Doch, du musst doch für die Kamera top aussehen, diese Farben passen perfekt zu deinem Typ - Stimmt doch, oder Shaolan?“, Tomoyo wendete sich Sakuras Freund zu. Aber der hatte gerade überhaupt nicht zugehört. Ihm waren gerade diese Neuen aufgefallen. Die hatte er ja noch nie gesehen. Und der eine - Shaolan Li hatte fast das Gefühl, man hätte einen Spiegel vor ihn gestellt. Der Typ könnte sein Zwilling sein. Aber ihm war nichts davon bekannt, dass er evtl. einen hätte. Dieser Zwilling stand da wie eine Salzsäule und starrte ihn an, als wäre er grün und gerade einem Ufo entstiegen. Sein Blick sprang zwischen ihm und Sakura hin und her. Irgendwie ließ das Shaolan einen Schauer seinen Rücken hinunterlaufen. Er blickte hilfesuchend zu Sakura und bemerkte, dass sie wieder diesen verklärt-wissenden Blick drauf hatte, den sie immer bekam, wenn eine Situation eintrat, die sie zuvor im Traum gesehen hatte. „Tomoyo, nun lass mich doch auch mal zu Wort kommen“, meldete sich Fujimoto dazwischen, „Ich habe meiner Tochter noch gar nicht hallo gesagt.“ Fujimoto begrüßte und umarmte Sakura und meinte: „Und nun setzt euch doch erstmal alle. Hier, nehmt was zu trinken.“ Das brachte Shaolan dazu, sich aus seiner Erstarrung zu lösen und stellte sich und die anderen Reisenden vor. „Hallo, mein Name ist übrigens Shaolan und das sind Kurogane-san und Fye-san. Wir sind auf Reisen“, er konnte nicht verhindern, dass seine Stimme etwas gehetzt klang. Shaolan Li wurde leicht flau im Magen. Shaolan … Was hatte das zu bedeuten? Träumte er gerade? Da stand ihm jemand gegenüber, der genauso aussah wie er selbst und sogar den gleichen Namen hatte. Klar, es war nicht ausgeschlossen, dass das ein Zufall sein konnte. Doch in diesem Fall war er sich sicher, dieses Treffen war wohl Fügung.  „Ich wusste bereits, dass wir uns hier treffen würden“, sagte Sakura, direkt an Shaolan gewendet. Das kam jetzt etwas plötzlich für Shaolan Li. Ungewollt klappte sein Mund ein Stück auf. „Sakura hat mal erwähnt, sie habe mit einer anderen Sakura im Traum gesprochen. Also warst du das?“, fragte Shaolan unverwandt. „Ja, sie hat mir bereits alles über euch erzählt.“ „Was?“, Shaolan Li schaute perplex aus der Wäsche, „Ich glaube, ich habe etwas verpasst.“ Sakura zeigte ein entschuldigendes Lächeln. „Tut mir leid, Shaolan. Ich hätte dir längst davon erzählen sollen …“ „Was erzählen?“ „Das … ist eine längere Geschichte. Ich wollte dich bloß nicht beunruhigen. Tut mir leid“, sie schien ein schlechtes Gewissen zu haben. „Dann wird es Zeit, dass mich jemand aufklärt, oder?“ „Nun setzt euch doch erstmal alle“, kam es zum zweiten Mal von Fujimoto. Er hatte Recht, sie mussten hier ja nicht länger so komisch rumstehen. Es war wohl das Vernünftigste, der Aufforderung erst einmal nachzukommen. Kaum hatten sie sich gesetzt, begann sich Sakuras Tasche von selbst in Bewegung zu setzten. Zudem kam ein Flüstern aus der Tasche. „Psst, Süße, kann ich rauskommen?“ Sakura schlug sich die Hand vor das Gesicht. „Natürlich, muss ich den denn immer vergessen? … Ja, keine Gefahr mehr in Sicht, Kero-chan.“ Sakura öffnete die Tasche und ließ das gelbe, katzenartige Wesen mit den zwei weißen Flügeln heraus. „Kero-chan?!“, riefen die Neuankömmlinge im Chor. Den hatten sie doch auch schon mal getroffen! Als er die Reisenden erblickte, bekam er, wie zuvor Sakura, einen seltsam verklärt-wissenden Blick. Doch dann änderte sich seine Miene schlagartig zu einem fröhlichen Grinsen. „Hi Leute“, sagte er dann nur cool.     Die Reisenden erzählten Shaolan und Sakura ihre Geschichte und umgekehrt. Während Sakura Kinomoto vieles bereits klar war, erschien Shaolan das Ganze noch äußerst bizarr. Ihm war bereits einiges über Magie bewusst, er hatte bereits eine Schulung seiner magischen Fähigkeiten erhalten. Auch die Existenz anderer Welten war dabei erwähnt worden. Dennoch übertrafen die Berichte dieser Besucher gänzlich seine bisherigen Vorstellungen. Ihm war zwar klar gewesen, dass der gleiche Mensch in verschiedenen Dimensionen existieren konnte, doch es war noch mal viel erschütternder, seinem anderen Ich dann persönlich zu begegnen. Sie waren die gleiche Person, doch in dem, was sie erlebt und erfahren hatten, hätten sie unterschiedlicher nicht sein können, fand Shaolan Li. Dessen Alter-Ego hatte im Gegensatz zu ihm selbst überhaupt nichts Kindliches an sich. Er wirkte älter, seine Gesichtszüge schienen gezeichnet von den Strapazen übermenschlicher Anstrengung, vom Leid, dass er mitansehen musste, ohne helfen zu können, von dem Schmerz, den es kostete, um das Leben geliebter Menschen zu kämpfen und doch zu verlieren. Und nicht zuletzt von der großen, auf sich geladenen Schuld. All das berührte Shaolan in den Tiefen seiner Seele. „Wenn es doch nur einen Weg gäbe, diesen Preis schneller abzubezahlen …“, rutschte es Sakura heraus. Sie hatte das Ganze sicher auch alles andere als kalt gelassen. Damit hatte sie ausgesprochen, was sich im Grunde alle wünschten, von dessen Unwahrscheinlichkeit sich aber auch alle bewusst waren. Aber Shaolan kannte Sakura und deren Hilfsbereitschaft und Hartnäckigkeit. „Ich wünschte, ich könnte etwas für euch tun …“, redete sie weiter, „Eriol meinte, meine magischen Kräfte seien bereits größer als die Clow Leads. Aber … ich habe leider keine Ahnung, wie ich sie einsetzten oder kontrollieren kann …“ [4], Sakura schaute betreten zu Boden. „Eriol?“, bemerkte Kurogane, „das ist doch der, den Tomoyo vorhin angerufen hat, oder? Wer ist das eigentlich?“ Die Antwort kam von einer ihnen unbekannten Stimme, die sie herumfahren ließ. „Ich bin Eriol.“                                             [1] Kennt ihr das Bild im 3. Artbook von CCS? Das zeigt Yukito und Touya mit verschiedenen Lehrbüchern XD [2] Die Geschichte von Ioryogi und Kobato habe ich jetzt mal teilweise etwas umgedichtet oder weitergesponnen. Sie wird später noch eine größere Rolle spielen. [3] Ich gehe davon aus, dass Mokona Clow Lead kennt. In Tsubasa sagt Yuko mal, sie hätte gemeinsam mit Clow die beiden Mokonas erschaffen. [4] Nein, nicht wie Hulk. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)