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Das Teehaus am Ende der Straße

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo zusammen, bitte entschuldigt, dass es diesmal länger gedauert hat. Die liebe Arbeit....
Wieder unglaublich viele und motivierende Reviews, ich bin baff! ^^ Viel Spaß beim Lesen Komplett anzeigen

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blutiger Ernst

12 – blutiger Ernst
 

Hektisch drängelten die jungen Youkai in das Teehaus. In ihrer Mitte schleppten sie einen Schwerverletzten, dessen Arme sie über ihre Schultern gelegt hatten. Kagome gefror das Blut in den Adern, als sie den aufgeschlitzten und blutüberströmten Körper sah. Der verletzte Dämon war höchstens so alt wie sie, wer tat denn nur so etwas Fürchterliches? Rüde wurde sie beiseite gedrängt, denn sie stand noch immer in der Tür und damit im Weg. „Sesshoumaru, sie haben es schon wieder getan! Sie haben ihn mitten in unserem Gebiet überfallen!“, rief einer der jungen Männer. Aber Sesshoumaru ließ sich von der allgemeinen Aufregung nicht anstecken. „Legt ihn auf den Boden“, sagte er und verschwand seelenruhig in seine Privaträume. Kurze Zeit später kehrte er zurück und hielt eine große Leinentasche in den Händen. War er etwa auch Notarzt für Youkai, fragte sich Kagome verwundert. Sie hatte sich etwas abseits gestellt um nicht weiter zu behindern und beobachtete nun alles aufgewühlt. Für den Jungen am Boden sah es nicht gut aus, das wusste sie auch ohne medizinische Kenntnisse.
 

Sesshoumaru kniete sich neben den Verwundeten auf den Boden und begann sich seine Verletzungen genau anzusehen. Viele tiefe Schnittwunden waren über den gesamten Torso verteilt und viele davon verliefen parallel zueinander. Ein eindeutiges Indiz, dass diese Wunden durch Klauen zugefügt wurden. Der Hanyou hatte viel Blut verloren, er war bleich im Gesicht und kalter Schweiß bedeckte seine Haut. Aber das konnte nicht nur von den Schnitten herrühren, überlegte Sesshoumaru weiter. Sie waren zwar zahlreich und tief, aber es schien kein großes Gefäß getroffen zu sein. Da alles auf einen Kampf hindeutete, musste der Junge wohl auch stumpfe Treffer erlitten haben und die hatten oft heimtückische innere Verletzungen zur Folge. Er befühlte den Bauch des Verletzten, der sofort laut aufschrie. Seine Hand zog er daraufhin sofort wieder zurück, er war sich nun sicher. „Ich werde tun, was ich kann, aber er wird die Nacht wahrscheinlich nicht überstehen“, sagte er emotionslos zu den Gefährten des Verletzten.
 

Entsetzt legte Kagome eine Hand auf den Mund. Solch ein barbarisches Gemetzel hatte sie bisher noch nie mit eigenen Augen gesehen. Stöhnend wand sich der verletzte Youkai am Boden unter Sesshoumarus Behandlung. Er säuberte die Wunden von Schmutz und Blutkrusten, doch sofort quoll wieder neues Blut hervor. Ihre Knie wurden weich, der Bauch flattere flau; sie musste sich dringend setzen. Mehr als sich weiter dem Grauen auszusetzen und zu hoffen konnte sie im Moment nicht tun. Sie sah sich den jungen Kerl genauer an, es war ein Hanyou, der wie fast alle anderen in dieser Zeit ein menschliches Äußeres hatte. Er konnte kaum älter als sechzehn sein, sein Antlitz war noch kindlich weich, auch wenn das durch die vom Schmerz verzerrten Grimassen nur zu erahnen war. Sie überlegte aus welchem Volk er abstammen könnte und kam zu dem Schluss, dass es sich wohl um einen Nachfahren der Waschbärendämonen handeln musste. Ein brillenartiger Schatten lag um seine Augen, auch sein etwas rundlich geratener Körperbau erinnerte sie an ihren alten Bekannten Hachi. Auch sein Haar wies den typischen grauen Farbverlauf auf. In welchen Schlamassel war der Arme nur geraten? Sie hoffte, er würde alles überstehen um mehr erfahren zu können. Aber zuerst wollte sie ihm einfach nur helfen und sie beschloss auf eine Gelegenheit dazu zu warten.
 

Ein lauter Schrei riss sie plötzlich aus ihren Überlegungen. Sesshoumaru hatte angefangen die klaffenden Schnitte zu nähen, um einen weiteren Blutverlust zu verhindern, doch der Junge musste entsetzliche Pein erleiden. Auch oder weil der Daiyoukai seinen Bauch dazu berühren musste. Es zerriss Kagome das Herz, sie hielt es nicht mehr aus. „Er hat Schmerzen, siehst du das nicht?“, schluchzte sie laut auf, „Du kannst doch nicht so grausam sein!“ Kurz unterbrach Sesshoumaru sein Werk und drehte sich mit angespannt wütendem Blick zu ihr. Auch der Aufmerksamkeit der übrigen mutmaßlichen Waschbären konnte sie sich sicher sein. „Und was schlägst du in deiner unendlichen Weisheit vor? Soll ich ihn verbluten lassen, damit er irgendwann bewusstlos wird?“, knurrte er grimmig. Langsam dämmerte es Kagome wie wenig durchdacht ihre Intervention war. „Nein, aber… aber betäub ihn doch irgendwie, dass er es nicht spürt“, sagte sie nun kleinlaut. Sesshoumaru atmete einige Male tief ein, um nicht die Beherrschung im entscheidenden Moment zu verlieren. „Das ist kein Krankenhaus, ich bin kein Arzt. Wenn du in deiner Handtasche Narkosemittel mit dir führst, bitte. Wenn wider Erwarten nicht, muss er da jetzt durch, wenn er eine Chance haben will.“ Darauf fiel Kagome nichts mehr ein und Sesshoumaru flickte den Hanyou weiter notdürftig zusammen.
 

Sie hatte in der Zwischenzeit jedes Gespür für Zeit verloren. Wie lang saß sie da jetzt schon in ihrer Schockstarre? Stunden? Minuten? Sie konnte es nicht sagen. Schließlich stand Sesshoumaru auf und kehrte an seinen Platz hinter dem Tresen zurück. Müde strich er sich die schweißnassen Haare aus dem Gesicht und steckte sich eine Zigarette an. „Jetzt liegt es an ihm. Wenn er die Nacht übersteht, kommt er durch“, sprach er mit rauer Stimme. Er spürte den Hilfe suchenden Blick Kagomes auf sich und fügte erschöpft zu: „Wenn du ihm helfen willst, kühl ihn, er beginnt zu fiebern.“ Das ließ sich die Miko nicht zweimal sagen. Sie huschte schnell zu Sesshoumaru hinter die Theke und schnappte sich die erstbeste Schüssel und einen Lappen, füllte sie mit kaltem Wasser und kniete sich dann hinter den Kopf des Verletzten. Sachte bettete sie ihn auf ihren Schoß und legte das kühle Tuch auf seine glühende Stirn. Vorsichtig wischte sie den kalten Schweiß weg und flüsterte ihm immer wieder beruhigende und zuversichtliche Worte zu. Sie würde ihm beistehen, ihn nicht in dieser schweren Stunde allein lassen! Der Junge war in der Zwischenzeit weggedämmert, ob er ohnmächtig war oder schlief, vermochte sie nicht zu sagen. Immer wieder schüttelte ihn ein Fiebertraum und er flüsterte heiser wirre, zusammenhangslose Wortfetzen.
 


 

Die größte Aufregung hatte sich nun gelegt, nachdem der Junge versorgt worden war. Seine Gefährten hatten sich an einem der Tische niedergelassen und sahen immer wieder besorgt herüber. Sie konnten alle nichts weiter tun als auszuharren und abzuwarten. „Was ist genau passiert?“, durchschnitt schließlich Kagomes Frage die dröhnende Stille. Sie hielt diese Ungewissheit nicht länger aus und jetzt schien ihr der passende Moment gekommen zu sein. „Eine Bande der Pantherdämonen hat uns überfallen“, begann der Kopf der Gruppe schließlich langsam zu berichten. „Sie sind in unser Revier eingedrungen, wollten sich da jetzt auch breitmachen. Wir wollten sie vertreiben, aber sie waren überraschend stark.“ Aufgebracht richtete er die nächsten Worte an Sesshoumaru: „Sie sind auf einmal viel stärker als sonst! Irgendwas geht da nicht mit rechten Dingen zu, sie scheinen eine Art Magie zu benutzen. Ihre Klauen schienen Funken zu sprühen!“ Doch es interessierte ihn nicht. Teilnahmslos verlor sich der Blick des Wirts in den Rauchschwaden, die in der Luft hingen. „Sie haben sich alle nur auf Yowai gestürzt. Er ist der Jüngste von uns, es war sein erster Kampf. Es ging alles so schnell; Plötzlich war er eingekesselt und einen Moment später lag er in seinem Blut. Dann sind die Bastarde abgehauen, während sie uns weiter ausgelacht haben.“ Fassungslos schüttelte Kagome den Kopf. „Aber alle auf einen? Und dann auch noch den Schwächsten? Das ist doch unfair!“ „Die Panther waren schon immer feige, ehrlose Kämpfer. Sie greifen nur an, wenn sie sich sicher sein können zu gewinnen.“ Sesshoumaru war also doch nicht so teilnahmslos, wie er vorgab zu sein, stellte Kagome vergnügt fest. Aber es widerte sie einfach nur an, wie sich an Schwächeren vergriffen wurde.
 

„Sind das die gleichen Pantheryoukai wie die, die neulich hier waren?“, fragte sie Sesshoumaru weiter. „Was, sie waren neulich hier?“, krisch der Waschbär erstaunt. „Wie kannst du nur? Sie sind unsere Todfeinde, sie terrorisieren alle anderen!“ Neuer Streit lag in der Luft und alle Augen lagen nun auf Sesshoumaru. Doch er blieb äußerlich ruhig trotz der ehrabschneidenden Vorwürfe. Er war aber innerlich bestimmt bereits am Kochen, dachte Kagome. Es war immer noch seltsam ihn in einer so defensiven Haltung zu sehen. Der alte Sesshoumaru hätte die Waschbärenyoukai schon längst für ihre Unverschämtheit büßen lassen. Aber fünfhundert Jahre später beschränkte er sich auf einen eindringlich ermahnenden Blick und verächtlich gesprochene Worte: „Es ist mir egal, was ihr untereinander für Streitigkeiten habt oder was ihr außerhalb dieser Wände treibt. Das ist ein Teehaus, jeder, der sich benehmen kann, darf hier bleiben. Also halte mich aus euren Spielchen heraus.“ „Aber wie kannst du nur tatenlos zusehen, wie die-“ Er kam nicht dazu seinen Vorwurf zu wiederholen, denn Sesshoumaru unterbrach ihn mit eisiger Stimme: „Es interessiert mich nicht! Meinetwegen rottet euch gegenseitig aus, aber ich werde für niemanden Partei ergreifen.“ Keiner wagte daraufhin noch zu widersprechen.
 

Einige Zeit später hielt es Kagome in ihrer knienden Position nicht mehr aus und stand vorsichtig auf. Das kalte Wasser in der Schüssel war warm und schmutzig geworden und so konnte sie ohne schlechtes Gewissen das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Es war ein herrliches Gefühl, als sie die ersten Schritte ging und spürte, wie das Blut wieder in ihre Beine floss. Ein Prickeln folgte dem Strom bis hinab in ihre Füße. Sie ging direkt wieder hinter die Theke und stellte die Schale in das Spülbecken. Da die anderen Youkai am Ende des Raumes saßen, hatte sie Gelegenheit leise mit Sesshoumaru zu sprechen. Sie beugte sich leicht zu ihm und flüsterte: „Ist es dir wirklich so egal, wenn sich die restlichen überlebenden Youkai gegenseitig vernichten?“ „Hanyou“, murmelte er, „Es ist ein Haufen armseliger Hanyou. Es gibt keine Youkai mehr.“ „Aber es ist alles, was von ihnen übrig geblieben ist! Was ist mit den Vernünftigeren, wie Hanako?“ „Hör auf mit Hanako, das tut nichts zur Sache“, zischte er gereizt. Sie sah ihn erstaunt an. Trotz der unglücklichen Lage hatte er seine Verachtung für Halbdämonen nicht überwunden? Aber warum nahm er dann all das auf sich und hielt die Stellung in seinem Teehaus? Wie so oft war es wohl sein verbliebener Stolz, der ihn so sprechen ließ. Sie war überzeugt, dass er sich tief in seinem verborgenen Inneren doch sorgte, aber es wie immer nie zugeben würde. „Wenn die Panther wirklich anfangen Probleme zu machen, dann bist auch du nicht außen vor. Irgendwann betrifft es dich auch“, murmelte sie und nahm die inzwischen gefüllte Schüssel wieder an sich.
 

Sie setzte sich wieder zu dem Verletzten auf den Boden und nahm den warm gewordenen Lappen von dessen Stirn. Sorgfältig wusch sie ihn im kalten Wasser aus und legte ihn dann wieder zusammengefaltet auf den glühend heißen Kopf. Der Zustand des Jungen hatte sich in der vergangenen Zeit nicht gebessert, im Gegenteil. Er hatte bedenklich hohes Fieber, ächzte und sein Atem rasselte inzwischen merklich. Das Fieber und die Bewusstlosigkeit verhinderten, dass er seine Schmerzen wahrnahm. Eigentlich hätte er in ein Krankenhaus gebracht werden müssen, aber das war unmöglich. Er hatte keine Möglichkeit die Behandlung zu bezahlen und es wäre sehr schnell aufgefallen, dass er kein Mensch war. Und was diese Entdeckung für Kreise ziehen würde, daran wollte Kagome gar nicht denken. Nein, es blieb wirklich nichts anderes übrig, als auf Sesshoumarus Erfahrung mit Kampfverletzungen zu vertrauen und zu hoffen. „Sesshoumaru, hörst du das? Dieses komische Rasseln und Blubbern bei jedem Atemzug!“ Als er ihn versorgt hatte, war es noch nicht da gewesen. War das ein schlechtes Zeichen? Nur der Daiyoukai konnte es wissen.
 

Der Junge schaffte plötzlich Klarheit über seinen Zustand und fing an Blut zu husten. Mit jedem Keuchen kam ein Schwall hellen Bluts hervor und er rang um Atem. Sesshoumaru kam sofort hinter seinem Tresen hervor, setze sich neben den Hanyou und legte ein Ohr auf dessen Brust. „Er wird sterben“, sagte er ungerührt, als er wieder aufstand. Tränen sammelten sich daraufhin in Kagomes Augen und Verzweiflung übermannte sie. Waren all ihre gemeinsamen Bemühungen am Ende vergebens? „Aber...warum! Bis vor ein paar Minuten ging es doch noch….oder?“, fragte sie schluchzend. Auch die anderen Waschbärdämonen sahen ihn nun schockiert an. Jede Farbe, jedes Gefühl war aus ihren Gesichtern gewichen. Es schien, als begriffen sie jetzt erst die Tragweite ihres sinnlosen Kampfes um Einfluss und Territorium und das es kein aufregendes Abenteuer war sondern blutiger Ernst. Und nun kostete es einem jungen Mann wohl das Leben, das vor ihm gelegen hätte. „Seine Lunge ist verletzt, wahrscheinlich gerissen. Die Verletzung kann auch sich jetzt erst verschlimmert haben, dass ein kleiner Riss zu einem großen wurde durch seine hektische Atmung. Die Lunge wird jetzt volllaufen und er wird an seinem eigenen Blut ersticken“, erklärte Sesshoumaru den Zustand seines Patienten weiter ruhig.
 

Der Wortführer der Hanyou sah Sesshoumaru mit leeren Augen an. Er konnte es nicht fassen, dass sein Freund diesen Abend nicht überleben würde, dass alle Hoffnung verloren war. „Würdest ihr uns kurz mit ihm allein lassen, damit wir uns verabschieden können?“, bat er mit gebrochener Stimme. Stumm nickte der Daiyoukai, nahm sich seine Zigarettenschachtel und verschwand hinter dem Vorhang der Eingangstür. Mechanisch folgte ihm Kagome. Sie war so von ihren Gefühlen eingenommen, dass sie nichts mehr um sich herum wahrnahm, ihr Körper reagierte einfach nur noch. Die Nacht dämmerte, die letzten Strahlen des Tages verschwanden hinter dem Horizont und wurden von den dunklen Wolken verdrängt. Eine leichte Brise tanzte durch die Luft und vertrieb die Hitze aus der Straße. Doch Kagome hatte keinen Sinn für die Schönheit des Abends. Sie sank an der geschlossenen Tür zusammen und begann bitterlich zu weinen.
 

„Warum weinst du?“, fragte Sesshoumaru zwischen zwei Zügen. Fassungslos sah Kagome auf. „Der Junge stirbt! Wie kann dich das nur so kalt lassen?“ „Er ist nicht der Erste, den ich sterben sehe und gewiss nicht der Letzte. Du hast damals auch Menschen sterben sehen, du hast den Schrecken Narakus miterlebt. Warum nimmt dich der Tod eines Jungen so mit, den du nicht einmal kanntest?“ Er sprach diese Worte ruhig und abgeklärt. War er wirklich so abgestumpft gegenüber dem Leid, das um ihn herum geschah? „Das kann man nicht vergleichen“, flüsterte sie deprimiert. „Ich habe niemals jemanden so grausam sterben sehen, ich war nie dabei, wenn jemand seinen letzten Atemzug tat. Ich dachte, ich hätte diesen Alptraum hinter mir gelassen, hinter dem Brunnen. Dass es hier in dieser friedlichen Welt geschieht…“ Ihre Stimme brach und Tränen erstickten ihre Worte. Ein heftiges Zittern schüttelte ihre Schultern und die Trauer und Verzweiflung wollten nicht nachlassen.
 

„Wer den Tod nicht kennt, kann das Leben nicht schätzen. Diese Welt ist nicht friedlich, sie ist genauso grausam. Ihr Menschen tut nur alles, um es zu vergessen“, sprach Sesshoumaru in die beginnende Nacht. Ein Geistesblitz schlug plötzlich in Kagomes Kopf ein. Aufgeregt sprang sie auf und zog Sesshoumaru an seinem Arm zu sich herum. „Tenseiga! Das Schwert könnte ihn retten! Hast du es noch?“ Angewidert verzog er das Gesicht. „Ich besitze es noch, aber ich werde ihn nicht retten.“ Aufgebracht rüttelte sie an seiner Schulter. „Warum? Du hast die Macht ihn zu retten, warum tust du es dann nicht?“ „Weil die Zeit der großen Schwerter vorüber ist. Jeder der einigermaßen bei Verstand ist, würde wissen, woher ich komme, wer ich bin. Und wenn ich ihn retten würde, dann müsste ich auch jeden anderen retten.“ „Aber…“ Grimmig sah er sie an. „Kein aber! Ich bin nicht der Herrscher über Leben und Tod!“
 

Seine Worte machten Kagome zornig. In ohnmächtiger Wut trommelte sie mit ihren Fäusten auf seinen Arm. „Wie kannst du nur so grausam sein und deine Tarnung über das Leben des Jungen stellen!“ Feste umschloss er ihre zierlichen Hände mit seinen Kräftigen und sah ihr fest in die verweinten Augen. „Es ist der Lauf der Welt Menschen sterben zu sehen, akzeptier das endlich, Miko. Es wäre doch sehr selbstgerecht ihn zu retten und andere sterben zu lassen, meinst du nicht auch? Und damit auch du es endlich begreifst: Ja, es ist mir gleichgültig und meine Deckung ist mir wichtiger.“ Kaltes Gold traf auf warmes Braun. Ergeben sank Kagome wieder auf den Boden. So sehr sie es verabscheute, aber an einem Punkt hatte er recht: Der Tod gehörte nun einmal zum Leben und niemand durfte sich dazu herauf schwingen zu entscheiden, wer weiterleben durfte und wer nicht. Selbst sie als Priesterin des Juwels der vier Seelen konnte gegen den Tod nichts ausrichten.
 


 

Nach einer Weile waren sie stumm zu der Übereinkunft gelangt, dass nun genug Zeit verstrichen war und kehrten wieder ins Innere des Teehauses zurück. Traurig saßen die übrigen Hanyou auf dem Boden um ihren Freund und weinten stumme Tränen. Der Junge atmete nicht mehr, er war tot. Wenigstens konnte er im Kreise seiner Freunde gehen und starb nicht allein, versuchte Kagome sich etwas aufzumuntern. Der Anführer der kleinen Gruppe sagte, als er Sesshoumaru wiederkommen sah: „Wir gehen jetzt und begraben ihn. Vielen Dank für alles.“ Ein leichtes Nicken genügte zur Antwort. Vorsichtig nahmen die Waschbäryoukai den Körper und trugen ihn hinaus in die warme Sommernacht.
 

Kagome ließ sich auf den erstbesten Stuhl in der Nähe erschöpft fallen. Sie war ausgelaugt, sowohl körperlich als auch mental. Sie spürte einfach gar nichts mehr, ihr Geist hatte wohl all die Trauer, Wut und Verzweiflung in der hintersten Ecke ihres Herzens eingesperrt, damit sie diese nicht überwältigen konnten. Immer wieder sah sie zu dem Fleck, an dem bis eben noch der verstorbene Junge lag. Das unsanfte Aufsetzen einer Flasche auf dem Tisch, holte sie wieder aus ihren Gedanken zurück. Sesshoumaru hatte sich zu ihr an den Tisch gesetzt und eine alte Flasche mit goldenem Inhalt auf den Tisch gestellt. Auch zwei kleine irdene Becher hatte er mitgebracht. Geschickt öffnete er den Verschluss der Flasche und füllte die Becher.
 

„Das ist das Beste, was man in so einem Moment machen kann“, sagte er müde und stürzte sein Getränk hastig herunter. Kagome roch zunächst an dem angebotenen Getränk und rümpfte die Nase wegen des scharfen Geruchs nach Alkohol. Vorsichtig nippte sie daran und verzog den Mund. „Was ist das für ein Teufelszeug? Das brennt!“, keuchte sie. Ein mildes Lächeln umspielte die Lippen des Daiyoukai. Aber es war ihr eigentlich egal, was es genau war, solange es sie die furchtbaren Geschehnisse vergessen ließ. Sie trank den Rest des Schnaps in einem Zug und stellte den kleinen Krug neben den Sesshoumarus auf den Tisch. „Das klingt so, als hättest du schon viele dieser Momente erlebt“, stellte sie fest. Das deprimierte Schnauben, das er ausstieß, während er nachschenkte, war ihr Antwort genug.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Was das wohl gibt, wenn die beiden sich jetzt betrinken?
Denkt an die Streicheleinheiten für die Autorenseele ;) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: abgemeldet
2014-12-11T20:47:26+00:00 11.12.2014 21:47
Das war echt traurig. Gut, dass Sess nicht einen auf Gott macht, aber zum anderen auch schade. Doch ich kann seine Einstellung gut verstehen. Ihm ist aber auch hoffentlich bewusst, das Alkohol nur die Gedanken daran für eine kleine Weile betäuben kann, aber nicht lindern. Bin gespannt, wie weit es mit sich zu betrinken kommen wird.
Von:  igorrrr
2014-10-17T15:55:45+00:00 17.10.2014 17:55
Kriegst Streicheleinheiten. Trauriges Kapitel, aber wie immer gut geschrieben.
Von:  Lyrael_White
2014-08-18T06:11:33+00:00 18.08.2014 08:11
Die ganze Welt der Hanyou könnte den Bach ab gehen und Sesshomaru spielt Schweiz.
Nun für ihn wahrscheinlich die am wenigsten schmerzhafte Variante, den für welche Seite er sich auch entscheiden würde, er würde verdammt viel Blut vergiessen.
Das sie sich zum betäuben erstmal einen Schnaps kippen ist irgendwie verständlich, Hauptsache nur, es wird nicht zur Gewohnheit.
Antwort von:  Seelenfinsternis
19.08.2014 10:32
Das mit der Schweiz hab ich mir auch beim schreiben gedacht, aber wusste nicht wie ich es sinnvoll unterbringen sollte xD
Er ist einfach zu faul um sich wegen irgendwelchen Hanyou die finger schmutzig zu machen, das ist unter seiner Würde.
Antwort von:  Lyrael_White
19.08.2014 10:37
Ja, das ist typisch für ihn und wird sich auch nicht mehr ändern. Aber gut er wäre nicht Sesshomaru, wenn er plötzlich sein Herz für Hanyou entdeckt, nur weil er selber mal eine halbdämonische Tochter hatte
Von:  AyumiOne
2014-08-16T11:17:11+00:00 16.08.2014 13:17
Wie immer sehr spannend
mal schauen was du dir noch so ausgedacht hast mit den beiden😉
freu mich auf jedenfalls wenn es weiter geht
lg
AyumiOne
Antwort von:  Seelenfinsternis
17.08.2014 17:03
so einiges ;) Mehr verrat ich nicht vorher.
Hochgeladen habe ich soeben, mal sehen wann freigeschaltet wird
Von:  nicoleherbster
2014-08-16T08:06:14+00:00 16.08.2014 10:06
Echt wieder ein schönes Kapitel. Ich mag deine Geschichte sehr gerne.
Antwort von:  Seelenfinsternis
17.08.2014 17:05
^^ Schreib doch mal mehr. Ich habe es mittlerweile verstanden, dass dir die Story gefällt. Was gefällt dir denn an den einzelnen Kapiteln? Was denkst du, was passieren könnte? Ideen, Vorschläge?
Ab und an bau ich Anregungen aus Kommentaren ein oder versuche offene Fragen in einem der folgenden Kapitel zu erläutern. Es ist also nicht ganz umsonst mir ausführliche Kommis zu schreiben ;)
Von:  ilay2007
2014-08-15T21:39:38+00:00 15.08.2014 23:39
Wie immer top bin gespannt ob kagome nachher betrunken ist xD.lg
Antwort von:  Seelenfinsternis
17.08.2014 17:06
Ja. Wenn das keine FF wäre, würde sie sich jetzt fürchterlich übergeben


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