Als ich dich traf von _Naina_ ================================================================================ Kapitel 2: Ein "kleiner" Unfall ------------------------------- Gott sei Dank hatte ich noch einige wenige Infos aufgeschnappt. Wie zum Beispiel, das ich mit der U-Bahn fahren musste, um dort hinzugelangen. Meine Mutter redete eben viel, da lohnte es sich manchmal zu zuhören. Auch ich wahrscheinlich wesentlich mehr mitbekommen hätte, wenn ich nicht sofort am gestrigen Abend im Auto eingeschlafen wäre. Aber meckern half jetzt nichts. Augen zu und durch! Wenn man nur negativ dachte dann würde es einem auch nicht weiter helfen und depressiv in der Ecke zu sitzen war so gar nicht mein Ding! Ich folgte meinem Gefühl – und vielleicht auch ein wenig dem Navi in meinem Handy. Es lebe das Zeitalter der Elektronik! Auf meinem Weg ging ich schließlich durch eine Reihe voller Bäume, die jeweils parallel zu einander standen. Diese Bäume hatten kein sattes Grün und sahen viel mehr krank aus. Aber das sie mich magisch anzogen, war kaum verwunderlich, schließlich bin ich ein Landkind. Die Pflanzen, die sie in diesem Gebiet angepflanzt hatten wirkten eher so, als hätte sie jemand allein fürs Gewissen dort aufgestellt. In solchen Städten war ich zwar schon einmal gewesen, jedoch nur für maximal ein paar Tage um Verwandte oder Freunde der Familie zu besuchen. Meine Freunde waren noch immer in Utah. Die Richtung, die ich einschlug, führte dann zu einer Reihe von Blockhäusern, die ins unendliche gebaut wurden. Vielleicht standen hier überall diese Blockbauten. Eine Wüste aus Beton, war wohl der richtige Begriff hierfür. Doch ich wusste, dass ich nicht ewig so herum streunen konnte. Der Gedanke am ersten Schultag gleich blau zu machen erschien mir lukrativ, dennoch würde das wohl nicht für einen guten ersten Eindruck sprechen. Ich fühlte mich gespalten. Vielleicht könnte mir jemand bei meiner Suche helfen! Also sprach ich den nächsten Passanten an, dem ich begegnete. Ein Mädchen mit langem blondem Haar und dürr wie ein Strich in der Landschaft. Ich schätzte sie auf mein Alter etwa 16, 17 oder vielleicht jünger? Mir war klar, dass sie mich von oben bis unten musterte aber ich ignorierte es mit einem breiten Lächeln. „Zum Bahnhof geht’s über die Straße und dann nach rechts und immer weiter gerade aus. Nicht zu übersehen, dort kommen ständig Maler entlang um die Graffitis vergebens zu überstreichen“ sagte sie, als wäre es selbstverständlich, dass es ihnen nicht gelingen würde. „Super. Dankeschön“ erwiderte ich und zum ersten Mal wusste ich dann tatsächlich wo es lang ging. Ich folgte ihrer Anweisung und fand tatsächlich den Bahnhof. An diese graue Gegend musste man sich erst mal gewöhnen. Und alles sah so verdammt gleich aus. Kein Wunder warum ich mich hier verirrt hatte. – Es wird nicht lange dauern, Mum’s seltsamer Freund würde bald genug von mir haben und sie zur Entscheidung zwingen. Sie würde sich gegen mich entscheiden und alle wären glücklich! - Ich starrte auf den Boden und kaute bedenklich auf meiner Lippe herum. Der Asphalt war grau und schmutzig, ich bezweifelte, dass ich mich an all das prompt gewöhnen könnte. Auf unserem Hof war es mindestens genauso dreckig. Aber mit diesem Dreck war ich aufgewachsen. So zu sagen ‚vertrauter Dreck‘. Ein ähnliches Gefühl wie, wenn man das Tagebuch eines anderen Menschen in den Händen hält oder an den Rechner einer fremden Person geht. Einfach falsch. Mit schnellem Schritt ging kam voran. Hielt dann wieder inne begutachtete einige interessante Dinge, die mir auf dem Weg begegneten nur um dann wieder weiter zu gehen. Die Maler erkannte ich sofort aus der Beschreibung wieder. Wirklich liebenswert – mit ihren weißen Anzügen, die mit Farbe übersäht waren. Als wären sie damit in einen Farbeimer gesprungen. Sie erinnerten mich an Clowns. Einer davon zwinkerte mir zu. Er hatte einen Becher Kaffee in der Hand und nippte vorsichtig daran. Ich lächelte schweigend und fühlte mich ein klein wenig ertappt, da ich sie angestarrt hatte, als hätte ich noch nie einen Maler gesehen. Es schien ihnen nichts auszumachen jeden Tag hier zu sein. Oder aber sie lebten damit. Job ist Job. Da fiel mir auf, ich sollte mir mal lieber Gedanken darüber machen, wie ich schnellst möglich zur Schule kam – ohne weitere Verspätungen! Die Treppe zum Untergrund hatte ich jetzt zwar gefunden aber... wie hieß doch diese Schule noch gleich? Ich zog meine Augenbrauen nachdenklich zusammen und versuchte mich mühsam an das Gespräch zu erinnern. University of Allwissend? Ich muss zugeben… Ich hatte keine Ahnung. In diesem Moment lief ein Mann mittleren Alters an mir vorbei, er hing an seinem Handy und machte den Eindruck nicht gestört werden zu wollen. Trotzdem würde ich ihn nicht verschonen. „Entschuldigen Sie, bitte? Könnten Sie mir vielleicht verraten mit welcher U-Bahn ich zur der nächst besten Universität kommen könnte?“ Das musste er einfach wissen. Immerhin hatte meine Mutter behauptet, dass man nur mit einer U-Bahn dahin gelangen könnte. Müsste also weiter weg sein. Und wenn ich Glück hatte, dann kannte sich der Mann hier, zumindest soweit aus, dass er es mir verraten könnte. Der Kerl schaute mich an, als ob er meinetwegen das Gespräch seines Lebens abbrechen müsste. „ Die U-Bahn nimmt man nur wenn man zur Alberta University möchte…Nimm die drei“ Hatte nicht erwartet, dass er so schnell mit der Sprache rausrückt. Prompt kehrte er mir den Rücken zu. Die Aussage war deutlich, aber ich hatte auch nichts anderes erwartet. Er verschwand hastig, ohne Dank zu verlangen. Alle hier waren wirkten so beschäftigt. Und alle sahen sie mich an, als würde ich aus dem Takatuka-Land kommen. Das letzte Mal, als ich mich so gefühlt hatte, war ich in der ersten oder zweiten Klasse. Ich war nur einen Moment unaufmerksam und hatte zurück gesehen als ich jedoch meinen Weg fortsetzen wollte bekam ich plötzlich ein seltsam fremdes Gefühl. Als hätte jemand die Zeit angehalten. Schritt für Schritt, setzte ich einen Fuß vor den anderen und stieg die Treppe hinab. Irgendetwas stimmte nicht, mein Magen meldete sich alarmierend mit einem Gefühl, als wollte mir jemand mein gesamtes Frühstück entlocken. Doch dann spürte ich einen Lufthauch. Jemand kam Sekundenschnelle auf mich zu gerast. So schnell das ich ihn nicht hätte sehen können. Aber ich tat es. Giftgrüne Augen. Etwas hatte meine Hand berührt. So schnell, das ich es nicht hätte mitkriegen können. Aber ich tat es. Mein Haar flog in Windrichtung mit, als wäre es nur eine sanfte Briese, die mir um die Nase wehte. Ich wollte ich hätte genauer hingesehen. Wer immer mit dieser Geschwindigkeit, an mir vorbei gekommen war, konnte kein Mensch sein. Ich spürte es. Mein Herz setzte vor Angst beinahe aus. Doch ich würde mich ohrfeigen, wenn ich nie erfahren würde, was dieses Ding war, das in diesem Tempo an mir vorbei rennen konnte, ohne das es sonst jemand außer mir bemerken konnte. Mein Körper fühlte sich schwer an, nicht wie sonst, eher so als würde er festgehalten werden. Dennoch wollte ich es unbedingt wissen. Was war das für ein Zustand, wer oder was war an mir vorbei gerannt? Konnte es vielleicht geflogen sein? Ich hätte mir noch lange den Kopf darüber zerbrechen können, doch dann war plötzlich wieder alles beim alten. Aber mein Körper war noch immer auf den Befehl: Verfolge das Unsichtbare Objekt, eingestellt. Ich versuchte mich um zu drehen, stellte aber mitten in der Bewegung fest, dass all meine Kraft aus den Beinen gewichen war. Vielleicht rutschte mein Fuß ab oder ich knickte ein. Das hatte ich schon längst vergessen, als ich mich im freien Fall befand. Es folgten unklare Bilder. Ich war benommen, alles drehte sich. Ich überschlug mich wohl einige Male. Alle Gedanken waren lahmgelegt worden. Ich fühlte mich wie in einer nie endenden Achterbahnfahrt. Den Aufprall bekam ich nur durch das Geräusch mit. Es tat nicht weh. Ich weiß auch nicht wie lange ich dort gelegen hatte, bis ich wusste dass ich überhaupt lag. Meine Augenlider flackerten, die gelbliche Farbe der Decke war wohl das Einzige, das ich in diesem Moment wirklich erkennen konnte. Meine Tasche, in der sich meine Schulsachen befanden war mir während des Falls vom Arm geglitten. Einige Hefte lagen auf dem Boden verteilt. Ich konnte meinen Kopf nicht bewegen. Einfach nichts mehr! Ich lag dort und hatte nicht mal die Kraft wieder auf zu stehen. Erst dann verstand ich langsam, was mit mir geschehen war. Oder eher - ich wollte es. Ich musste ausgerutscht sein. Diese Augen. Ich hatte das Gefühl, das es wusste, dass ich es gesehen hatte. Meine Gedanken um das Wesen kreisten umher solange bis ich kein Gefühl mehr dafür bekam, was um mich herum geschah. Vielleicht schaltete ich es auch bewusst aus. Was ich wusste war nur, das meine Gelenke, mein ganzer Körper leblos wie der einer Puppe auf dem Boden lag. Meine Knie waren leicht angewinkelt und ein Arm lag ausgestreckt. Ich wusste nicht ob ich blutete und wenn dem so war, so konnte ich es nicht erkennen. Das einzige was ich für diesen Moment wollte war, meine Augen für einen Augenblick zu schließen. Aus der Ferne hörte ich noch jemanden schreien. „Einen Krankenwagen. Holt einen Krankenwagen“ Ich wollte bei Bewusstsein bleiben. So wollte ich mich nicht von dieser Welt verabschieden. Diese grünen Augen…sie waren alles was ich tatsächlich erkannte hatte. Waren sie nur Einbildung? Hab ich mir das tatsächlich alles nur vorgestellt? Bleib...wach… Bleib… wach… Bleib… - war das letzte, dass ich mir einredete, bevor ich schließlich mein Bewusstsein verlor. *** Ich ging durch dieses Gebäude, als wäre ich darin geboren worden. Doch um die Wahrheit zu sagen, wusste ich nicht mal wie sich dieser Ort nannte, geschweige denn warum ich hier war. Meine Sachen trieften vor Blut doch ich konnte sie nicht ablegen. Es wäre vergebens. Ich wirkte durchlässig, ja, transparent. Ich wusste nicht mal was das hier sollte aber ich hielt es für klüger weiter zu gehen. Wenn man sich hier an Harry Potter und Co. erinnert, sie wussten schließlich auch nicht immer was sie da taten. Sie gingen voran und plötzlich ergab sich alles von selbst. Und wenn es sich nicht von selbst ergab, erkannte ich bald, dass es sich um ein schlechten Traum handeln musste. Wenn ich jetzt irgendwo einen Erdriss erzeugen konnte und dort auch hineinspringen konnte, dann geriet ich sicher in einen Fall und erwachte irgendwann – nach einem riesigen Schrecken. Tja – und dann stellte ich fest dass ich hier als durchsichtiges Etwas umher geistern konnte, aber keine Erdrisse erzeugen konnte. …dass bedeutet nicht, das es nicht trotzdem ein Traum sein kann versuchte ich mich zu beruhigen. In Ordnung. Dann würde ich eben hingehen wo immer mein Traum mich hinführen wollte. Solange ich dann am Ende auch schön brav wieder erwachte. Alles hier wirkte rustikal. Als hätte dieser Ort schon viel zu lange existiert. Es hingen alte Bilder an den Wänden. Von Rittern und Ruinen. Überall wo ich nun ging hinterließ ich ein paar Tropfen Blut, die sich an meinem Arm hinab schlängelten, bevor sie auf dem Boden fielen. „ Es war ein Fehler, ich nehme die Verantwortung dafür in Kauf! Aber uns bleibt keine Zeit. Wir müssen weiter…“ - „Sei still! Du Narr, etwas ist dir gefolgt. Du zahlst den Preis noch früh genug und jetzt, lass uns gehen. Es ist nur eine schwache Seele. Dennoch hast du deine Verteidigung vernachlässigt, wenn es dir folgen konnte…“ Ich erschrak denn ich wusste, dass sie über mich sprachen. Auch wenn ihr Unterton erahnen ließ, dass ich für sie eher einem Virus gleich kam, war mein Redebedarf damit noch lange nicht gestillt. Wie war ich hier überhaupt hergekommen? Irgendjemand musste mir das doch verraten! Sie wussten, dass ich hier war. Sie wussten es, also mussten sie mir helfen können. Gerade, als ich sie stoppen wollte, um Hilfe bitten wollte, holte mich ein pochender Schmerz in meinem Kopf ein, es lähmte mich und zwang mich ganz langsam zu Boden. „Nein! Nein…“ schrie ich, sank vor Schmerz zu Boden. Zusammen gekrümmt, die Arme um meinen Körper geschlungen, schrie ich plötzlich so lange und so laut, bis alles um mich herum dunkel wurde. *** Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)