Doors of my Mind von Karo_del_Green (Der Freund meiner Schwester) ================================================================================ Kapitel 1: Der Freund meiner Schwester -------------------------------------- Doors my Mind Kapitel 1 Der Freund meiner Schwester Es ist das Geräusch von sanfter Reibung auf großmaschigen Wollstoff, den ich als erstes vernehme. Dann sehe ich die schlanken langen Finger, die diese kreisenden Bewegungen vollführen. Sanft bewegt er die Hand über ihren schmalen Rücken. Ich bemerke, wie sich dabei die Muskeln in seiner Schulter anspannen und sich die Formen durch das dünne Shirt drücken, welches er trägt. Ich kann nicht verstehen, was sie sich zu flüstern, doch wie gebannt hängen meine Augen an den roséfarbenen Lippen. Sein Lächeln im Profil, doch ich male mir sofort aus, wie es im Ganzen aussieht. Befreiend und ehrlich. Seine Lippen streichen sachte über ihr Ohr, bleiben an ihren aufwendigen Ohrringen stehen. Erneut flüstert er etwas und dumpf höre ich ihr Kichern. Mein Blick wandert von seinen Lippen über sein Profil, betrachtet die leichten Bartstoppeln seines Drei-Tage-Barts und stoppt an den markanten Wangenknochen. Seine etwas zu spitze Nase, die aber nur von der Seite unstimmig wirkt. Noch sind seine Augen geschlossen, doch bald öffnet er sie und zum Vorschein kommen die schönsten grünen Augen, die ich je gesehen habe. Sie harmonisieren mit den dunkelbraunen Haaren, die stylisch geschnitten sind und sein Gesicht perfekt umrahmen. Alles passt zusammen, doch am besten sind diese Augen. Saftig grün, wie das frische Laub eines Baumes am schönsten Frühlingsmorgen. Nur ganz leicht hat er sie geöffnet und erneut perlt ein Flüstern über seine Lippen. Ihre Augen weiten sich und ich weiß, dass es etwas Unanständiges war. Sein verschmitztes Lächeln und ihre erschrockener Blick bilden einen seltsamen Kontrast, der mich in meiner Ahnung bestätigt. Sie wird nicht darauf reagieren, denn ich sehe die feine Röte, die langsam von ihrem Hals zu ihren Wangen kriecht. Scham, und das obwohl sie kein kleines Mädchen mehr ist. Maya ist siebzehn und Raphael ist ihr erster fester Freund. Er ist 20 Jahre alt und damit ein Jahr älter als ich. Ich kenne ihn seit 4 Jahren und die beiden sich seit 6 Monaten. Sie ist meine Schwester und ich begehre ihren Freund seit der 10. Klasse. Ich lasse mich gezielt gelangweilt in den weichen Sessel im Wohnzimmer nieder. Mitten in ihr direktes Blickfeld. Obwohl meine Mutter sicher jeden Moment schimpft, lümmele ich meine Beine über die Lehne und lasse sie im sanften Takt der klassischen Musik baumeln. Dass damit verursachte nervendes Geräusch nehme ich kalkuliert in Kauf. Als sie mich bemerken, entfernt sich Maya ein kleines Stück von ihrem Freund und schaut verärgert, aber mit geröteten Wangen zu mir. Raphael reagiert nicht. Er wartet weiterhin auf eine eindeutige Reaktion von ihr. Darauf wird er vergeblich warten, dessen bin ich mir sicher. Der Blick meiner Schwester konzentriert sich vollkommen auf mich, denn ich habe sie gestört und im Nachhinein wird mir bewusst, dass ich den herannahenden Streit besser abgewartet hätte. Es wäre ein Fest geworden. In dem Moment, in dem sie etwas sagen will, komme ich ihr zu vor. „Mum hat gesagt, dass es gleich Abendbrot gibt.“ „Na dann geh doch den Tisch decken“, zischt sie mir augenblicklich entgegen und nun schaut auch Raphael zu mir. Unsere Blicke treffen sich und ich kann mir ein übertrieben amüsiertes Lächeln nicht verkneifen. Ihr Ärger und seine folgende Verlegenheit verursacht ein freudiges Kribbeln in mir. Ich rühre mich nicht vom Fleck. „Mark, verschwinde endlich“, keift sie weiter und ich erhebe mich. Ich mache eine salutierende Bewegung in ihre Richtung, stelle beim Hinausgehen die Musik aus und lasse die beiden in völliger Stille zurück, während ich in die Küche verschwinde. Meine Mutter steht vor dem Herd und rührt in einem Topf. Ihre langen blonden Haare hat sie nach oben gesteckt. Dabei kommt ihr langer Hals extrem zur Geltung. Er ist schlank und faltenfrei, aber zu lang. Es wirkt etwas unproportional. Als sie mich bemerkt, wendet sie sich mir zu und deutet sogleich auf die bereitgestellten Teller. „Kannst du, bitte anfangen?“ Ich nicke, blicke aber lustlos auf den Stapel Teller. „Hast du deiner Schwester und ihrem Freund Bescheid gesagt, dass wir gleich essen?“, fragt sie und erneut bildet sich dieses belustigte Lächeln auf meinen Lippen. Sie bemerkt es nicht. „Ja“, sage ich knapp. Zu gern, möchte ich wissen, ob Raphael eine Antwort bekommen hat oder ob er es weiter versuchen muss, nun, da sie wieder allein sind. Ich würde diesen wunderbaren Augen niemals widerstehen können. Ich würde mich nackt, nur mit einem Salatblatt garniert auf einem Präsentierteller servieren. Zu jeder Tages- und Nachtzeit. Wann auch immer er es will. Das Zischen vom Herd holt mich in die Realität zurück und widerwillig trage ich die Teller ins Esszimmer, verteile sie brav auf dem Tisch und achte sogar auf die perfekten Abstände, als ich das Besteck dazulege und die Gläser drapiere. Wie im Buch. Ich höre meine Mutter rufen und als ich in die Küche trete, drückt sie mir eine Schüssel mit Reis in die Hand. Danach den Blumenkohl und das putengulaschartige Zeug in der Pfanne. Es riecht köstlich, aber ich habe kaum Appetit. Nur Hunger, aber auf etwas völlig anderes. Natürlich kommen alle anderen erst, als ich mit Decken fertig bin. Ich beobachte, wie sich meine Schwester und ihre Freund setzen und sehe förmlich die kleinen Gewitterwolken, die sich über ihren Köpfen bilden. Seine grünen Augen schielen hin und wieder zur Seite, doch sie blickt stur auf den leeren Teller vor ihr. Geräuschlos lasse ich mich neben Maya nieder und lehne mich zurück, sodass ich über ihren Rücken hinweg zu Raphael sehen kann. Er schenkt mir einen kurzen Blick und ich meine ein leichtes Augenrollen erkennen zu können. Unser Vater beginnt eine Flasche Wein zu öffnen und mir fällt auf, dass ich keine Weingläser hingestellt habe. Wäre unschuldig Pfeifen nicht zu auffällig, würde ich es tun. Doch ich sehe nur auf die Speisen und rühre bedächtig um Putengulasch herum. „Maya kannst du bitte ein paar Weingläser holen? Wer möchte alles Wein?“, fragt mein Vater und zieht energisch am Öffner. Der Korken rührt sich nicht. Ich hebe kurz meine Hand und sehe, wie Maya genervt einen Flunsch zieht und aufsteht. Auch Raphael möchte Wein. Wir erheben uns beide um meinem Vater mit der Weinflasche zu helfen, doch Raphael ist schneller und mit einer geschickten Bewegung öffnet sich die Flasche mit einem lauten Plopp. „Danke, Raphael“, sagte er und blickt einmal zwischen ihm und mir hin und her. Maya kommt mit vier Gläsern zurück und stellt sie mürrisch vor uns ab. Meins knallt sie mir förmlich entgegen. Während des Essens sprechen wir kaum. Von jedem gibt es eine kurze Erläuterung über den jeweiligen Tagesablauf und mir wird schlagartig klar, wie langweilig mein Leben zurzeit ist. Ich gehe in die Abschlussklasse, bin ein guter, aber fauler Schüler und habe neben meiner geheimen sexuellen Ausrichtung keine weiteren Probleme. Natürlich ist da noch das Raphael-Paradox, aber das versuche ich bestmöglich zu unterdrücken. Niemand sollte den Freund seiner Schwester begehren. Die Tatsache, dass er die ganze Zeit bei uns im Haus rumläuft, hinreißend aussieht und scheiße freundlich ist, macht das Ganze umso schwerer. Mein Teller hat sich kaum geleert und ich stochere grübelnd in meinem Rosenkohl rum. Kleine Röschen kullern auf dem Teller umher und bleiben in der hellbraunen Soße des Fleischs kleben. Ich lasse meine Gabel leise auf den Teller fallen und schnappe mir das Weinglas. Es ist ein halbtrockener Weißwein. Ein Riesling, der eine feine fruchtige Note verströmt. So mag ich ihn am liebsten. Ich schmecke eine leichte Säure, die sich von meiner Zungenspitze ausbreitet und langsam an den Seiten meines Halses hinabwandert. Ich spüre, wie sich an meinem Hals Gänsehaut bildet und wie sich der Muskel an meinem Kehlkopf leicht zusammenzieht. Danach erst folgt das fruchtige Aroma an meinen Geschmacksknospen. Ich lass ihn in meinem Glas leicht schwenken und nehme einen weiteren Schluck, schließe dabei die Augen. Als ich sie wieder öffne, sehe ich den Blick der anderen auf mir und zucke mit den Schultern. „Der ist gut!“, entfährt es mir. „Du solltest nicht so viel trinken, du hast kaum gegessen“, sagt meine Mutter und deutet auf meinen fast vollen Teller. Auch Raphael sieht mich an und mir läuft es eiskalt den Rücken runter. Mit einem großen Schluck leere ich das komplette Glas und stehe auf. „Kommt schon. Der Alkoholismus liegt doch in der Familie“, sage ich und schiebe ordentlich meinen Stuhl heran, während ich die erschrocken Gesichter meiner Familienmitglieder betrachte. „Mark, bitte“, stöhnt meine Mutter entsetzt und lässt ihr Glas sofort sinken. „Onkel Olaf würde mit mir anstoßen.“ Damit verlasse ich den Raum und ignoriere das Geschimpfe. Schnellen Schrittes steige ich die Treppe hinauf und schließe meine Zimmertür. Ich lasse mich dagegen sinken und sehe mich in meinem Zimmer um. Ich müsste aufräumen, doch dann würde sich meine Mutter nicht mehr so schön ärgern. Ich stoße mich von der Tür ab und weiche gekonnt den Klamottenhaufen aus, die meinen Weg zum Bett pflastern. In meiner Bettdecke vergraben, finde ich mein Handy und sehe, dass es blinkt. Ich werfe mich in eine gemütliche Position und nehme es zur Hand. Doch nach kurzem Grübeln ist mir ist nicht mehr nach Kommunikation und so lege ich es beiseite. Noch einmal lasse ich meinen Tag Revue passieren, denke diesmal auch an die wenigen Dinge, die ich vorhin nicht erzählt habe und bleibe trotzdem in dem Moment hängen, in dem ich Raphael auf der Couch sitzen sah. Seine muskulösen Hände, die über Maya Rücken streichen und ich stelle mir vor, wie sie es bei mir tun. Die Wärme und die Fürsorge. Ich frage mich, wie sich seine Haut auf meiner anfühlen würde und seufze leicht. Ich sollte so etwas nicht denken, doch an Tagen wie diesen geschieht es unbewusst und intensiv. Vielleicht sollte ich mich doch irgendwie ablenken, mit jemanden reden oder mich sportlich betätigen. Überlegend drehe ich mich auf den Bauch und lasse meinen Kopf vom Bett hängen. Ich spitze die Ohren, als auf der Treppe Bewegungen zu hören sind. Es folgt Mayas aufgeregte und nur bedingt leise Stimme. Sie keift und zetert und mit jedem Wort wird ihre Stimme höher und schriller. Kein sehr angenehmer Ton. Ich empfinde Mitleid mit Raphael, der das aushalten muss und dann nicht mal Sex bekommt. Trotz der überragenden Beliebtheit meiner Schwester in der Schule, in der Öffentlichkeit und in der Familie, ist sie ein bedauernswert prüdes Mauerblümchen. Maya gehört zu den typischen Stylingbarbies mit perfekten Make up, Fingernägeln und Haaren. Und trotz meines inneren Widerstands muss ich zugeben, dass sie ohne Kosmetika sogar ganz hübsch anzusehen ist. Ihre blonden Haare sind die unserer Mutter und auch die zierliche Statur und die feinen Glieder hat sie von ihr. Unsere Mutter war, und ist es noch immer eine schöne Frau. Ich bin eine seltsame Mischung zwischen ihr und meinem Vater. Die dunklen Haare und die dunklen Augen habe ich von ihm, doch die schlanke Figur und die ganz unmännlich schmalen Glieder habe ich genauso, wie meine Schwester, von der Mama. Kurz schaue ich mir meine Finger an, streiche über den weichen Fußboden und stelle mir vor, wie sie über einen ganz bestimmten muskulösen Oberkörper streichen und jeden Muskel entlang fahren. Ich bekomme eine Gänsehaut und drehe mich auf den Rücken zurück. Genervt atme ich aus. Noch immer kann ich die beiden streiten hören und erst als die Tür hinter ihnen ins Schloss fällt, wird es wieder leise. Worüber sie wohl streiten? Vielleicht ja wirklich über Raphaels unfassbar unangemessenen Wunsch nach Nähe oder seiner übertrieben ungestümen Aufdringlichkeit? Dank des Sarkasmus´ in meinen Kopf fange ich fast an zu tropfen. Möglicherweise ist es auch nur Mayas Prüderie oder ihr Sturkopf. Oder einfach alles. Ich taste doch wieder nach meinem Telefon und beginne meine Nachrichten abzurufen. Eine Treffensanfrage von meiner Projektpartnerin, eine Partyeinladung und eine Nachricht von Shari, meiner liebsten Schulfreundin aus der Parallelklasse. Wir haben einige Kurse zusammen und treffen uns vor allem in den Pausen. Sie bittet um Rückruf. Ich überlege hin und her. Das wäre eine Ablenkung, aber durch aus auch eine langwierige Prozedur. Gerade als ich auf den grünen Hörer tippen möchte, geht meine Tür auf. Ich blicke auf und sehe in die bezaubernd grünen Augen Raphaels. Erschrocken setze ich mich auf und falle dabei vom Bett. „Autsch.“ Ich reibe mir das Knie und spüre meinen beschleunigten Pulsschlag. „Deine Schwester macht mich wahnsinnig“, sagte Raphael leise und das sanfte Brummen seiner Stimme verursacht mir noch mehr Gänsehaut „Das fällt dir erst jetzt auf?“, erfrage ich skeptisch. Ich werfe das Telefon aufs Bett und bleibe hilflos im Raum stehen. Das hat Raphael noch nie getan. Zwar kennen wir uns schon einige Jahre, aber er war einen Jahrgang über mir und wir haben uns nur in den Pausen, auf den Fluren oder beim Essen in der Mensa getroffen. Er blickt mich an und ich hebe abwehrend die Hände in die Luft. Ich weiß nicht, was er von mir hören will. „Entschuldige, ich wollte dich nicht überfallen, aber sie hat mich gerade so in Rage gebracht, dass ich etwas Abstand brauche“, erklärt Raphael und lässt sich auf meinen Schreibtischstuhl nieder. Er fährt mit dem Finger über die Kante des Tischs und über meine Tastatur. Und schlagartig bete ich gen Himmel, dass er meinen Bildschirmschoner nicht deaktiviert, denn ich habe ein paar ungünstige Internetseiten offen. Mein Puls fährt eine extra schnelle Runde. „Du solltest dich dran gewöhnen und langsam beginnen deine Rageschwelle zu trainieren“, witzele ich und schaue nervös zum hoffentlich dunkel bleibenden Bildschirm. Maya ist keine einfache Person und das weiß ich aus erster Hand. Ich trainiere all meine Schwellen schon seit Jahren und trotzdem ist mir immer wieder nach Implosion und Explosionen. Manchmal auch beides gleichzeitig für den größtmöglichen Schaden. „Du musst es ja wissen“, lacht nun auch Raphael auf und es bildet sich dieses sanfte Lächeln auf seinen Lippen. „Fahr doch einfach nach Hause“, höre ich mich sagen und sehe mit Erleichterung dabei zu, wie er von der Tastatur ablässt. „Würde ich, aber Maya und ich wollen morgen früh gleich zu einer Veranstaltung.“ Ich höre das Seufzen, während er wieder aufsteht. Am liebsten würde ich ihm vorschlagen einfach bei mir im Zimmer zu bleiben, doch ich schweige. „Danke“, sagt er. „Nichts zu danken“, erwidere ich. An der Tür wendet er sich noch mal kurz zu mir um. Sagt, aber nichts. Ich sehe dabei zu, wie sich der Raum wieder verdunkelt und lasse mich zurück auf mein Bett fallen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)