Fang mich doch! von punkermietz ================================================================================ Kapitel 4: Die Zelle -------------------- „Levi...bitte...Hilfe-“ Er konnte Erens geflüsterten Worte kaum verstehen, aber auch ohne ihre Worte hätte er ohne zu Zögern gehandelt. Ihr Körper sackte zusammen, und Levi beeilte sich sie aufzufangen Die bewusstlose Agentin fiel mit schweren Gliedern in seine Arme. Schnell vergewisserte er sich, dass sie noch Luft bekam, und stellte erleichtert fest dass ihre Atmung normal war. Sorgfältig setzte Levi Eren ab, sodass ihr Rücken an der kalten Steinwand lehnte. Er baute sich wieder auf und starrte den Man vor sich durchdringend an. Der Gesichtsausdruck des Mafiabosses war eine versteinerte Maske, seine unbarmherzigen Augen bohrten sich in das wertlose Subjekt, dass er gleich auslöschen würde. Balto riss verängstigt seine Augen auf. „Mikasa.“ Levis scharfe Stimme durchschnitt die surreale Stille, die sich wie eine Decke über sie gelegt hatte. Wie aus dem Nichts trat die junge Frau in das dämmrige Licht des Mondscheins, und blieb an der Seite ihres Anführers stehen. Ihre blaugrauen Augen huschten von Erens bewusstlosen Körper zu dem dicken Mann, der unter ihrem feindseligen Blick nur noch mehr zu schwitzen anfing. „Ja.“ antwortete sie kalt. „Bring Special Agent Yeager zum Auto.“ befahl Levi. „Warte dort auf mich, ich komme nach. Vorher werde ich mich noch ein wenig mit diesem stinkenden Abschaum hier unterhalten.“ Mikasa knurrte, und ihr Boss konnte klar erkennen dass sie sich nur zu gerne an dieser kleinen Unterhaltung beteiligt hätte, um Rache für Eren zu nehmen. Aber Levi musste sicherstellen, dass die junge Agentin vorher an einen sicheren Ort gebracht wurde. Er sandte Mikasa einen strengen Blick zu, der die Endgültigkeit seines Befehls widerspiegelte. Sie nickte schließlich. Vorsichtig hob sie Eren an und legte sie sich über die Schulter. Mit einem letzten hasserfüllten Blick in Richtung Balto ging sie von dannen, immer darauf Bedacht, Eren's Körper nicht noch weiter zu verletzen. Nachdem Levi sich sicher war, dass Mikasa sich um Eren kümmern würde, wandte er seine Aufmerksamkeit dem Manne zu, der vor ihm stand. Balto wollte einen Schritt zurücktreten, doch die Mauer hinter ihm schnitt ihm den Weg ab. Seine schwitzigen Hände flogen verzweifelt über die kalten Steine, um irgendeine Art Halt zu finden, und seine Knie fingen an zu zittern. Natürlich wusste er, wen er da vor sich hatte. Er hatte schon zuviele Geschichten über Levi gehört, über die Methoden, wie er mit seinen Feinden verfuhr. Und auch wenn Balto bei weitem nicht der Hellste war, konnte er vom Gesichtsausdruck des Mafiabosses schließen, dass er sich soeben an die Spitze seiner Feindesliste katapultiert hatte. „Du bist einer von diesen Titan-Wichsern, nicht wahr?“ Levi ging einen Schritt auf ihn zu. Der tödliche Schimmer in seinen eisgrauen Augen verriet Balto, was ihn nun erwarten würde. Vor Angst erstarrte er, es war ihm nicht möglich sich nur einen Zentimeter zu bewegen. Levi packte ihn am Kragen. „Du musst echt bekloppt sein, so etwas in meiner Stadt zu versuchen.“ knurrte er und warf den Dicken mühelos gegen die Wand. Endlich fand Balto den Mut, an seinen Gürtel zu fassen und seine Pistole zu ziehen, aber der Mafiaboss war schneller. Er entwaffnete seinen Gegner mühelos und warf die Kanone achtlos weg. Der darauffolgende Schlag in die Magengrube entlockte Balto einen schmerzerfüllten Schrei. Levi packte den Kopf des Mannes und schlug ihn gegen die harten Backsteine. Balto begann zu wimmern; zappelte in diesem unbarmherzigen Griff, aber es war ihm einfach unmöglich, sich zu befreien. „Was ist denn los, Arschloch?“ Levi versetzte Baltos Schritt einen heftigen Tritt zwischen die Beine. Vor Schmerz sackte der Man auf den Boden. „Was glaubst du, wird jetzt passieren?“ fragte Levi und starrte kalt auf sein Opfer hinab. „Glaubst du etwa, du kannst noch entkommen?“ Der dämonische Blick des Mafiabosses führte Balto vor Augen, dass er nicht mehr viel Zeit hatte. Entweder würde er kämpfen, oder er würde hier und jetzt sterben. Er zog eine Klinge um sich selbst zu verteidigen, auch wenn er wusste, welches Schicksal ihn erwarten würde wenn er versagen würde. Trotz der geradezu lähmenden Angst sprang er auf die Füße und versuchte im gleichen Augenblick, Levi zu attackieren. Dieser konnte sich ein hämisches Glucksen ob diesen ungeschickten Angriffs nicht verkneifen. Mit einem eleganten Fußtritt auf Baltos Hand zwang Levi ihn, das Messer fallenzulassen. Der Dicke wimmerte, als er seine gequetschten Finger hielt. Währenddessen beugte Levi sich herunter, um den Dolch aufzuheben. „Oh, was für ein hübsches kleines Ding.“ sagte er, als er die lange scharfe Klinge betrachtete. „Eigentlich wollte ich dich ja mit blossen Händen töten, aber wenn du das hier schon extra mitbringst, könnte ich es genauso gut benutzen...“ Nachdenklich ließ er seine Finger das Messerblatt entlanggleiten. Das kalte Metall reflektierte das Mondlicht, und Levi blickte den winselnden Man vor sich mit einer undurchdringlichen Miene an. Allein seine weit geöffneten Augen verrieten überhaupt eine Spur von Emotionen. „Sieht so aus, als wäre es Zeit für ein paar letzte Worte, nicht wahr?“ Levi packte den Man wieder am Kragen und zog ihn hoch, bis die fetten Füße panisch in der Luft hin- und hertanzten. „Hat es dir Spaß gemacht, eine Unbeteiligte mit hineinzuziehen?“ fragte er mit fast schon sanfter Stimme und positionierte die Klinge auf dem massigen Bauch. Balto winselte unverständlich vor sich her, und Tränen der Furcht sammelten sich in seinen Augen. „Ich habe gerade sehr viel Spaß...“ flüsterte Levi, befor er ausholte und das wertlose Schwein vor sich von dieser Welt zu tilgte. --- Einige Minuten später erreichte Levi den schwarzen Mercedes, an dem Mikasa und Petra ihn bereits erwarteten. Sein Team hatte sich für die Flucht in zwei Gruppen geteilt. Diese Taktik nutzten sie oft wenn sie von einem Verbrechen wieder nach Hause fuhren. Wenn einer ihrer zahllosen Feinde sie doch angreifen sollte, würde wenigstens ein Teil von ihnen sicher und unbescholten wieder im Hauptquartier ankommen. Dieses Mal würde er also mit den beiden Frauen zurückfahren. Naja, und offensichtlich auch mit seinem neuen, ganz persönlichen Gast. Als er am Auto ankam, konnte er seine zwei Untergebenen bereits hören. Sie standen neben der Motorhaube um auf ihn zu warten, doch scheinbar waren sie gerade zu beschäftigt sich streiten, um seine Anwesenheit zu bemerken. „-Ich seh' einfach keinen Sinn darin sie zu retten, das ist doch nicht unsere Angelegenheit!“ zischte Petra bereits. Für diesen Satz kassierte sie einen bösen Blick von Mikasa. „Ich werde sie hier bestimmt nicht zurücklassen, so schutz- und bewusstlos wie sie ist!“ schoß diese zurück. Petra beharrte weiterhin auf ihrer Meinung. „Wir können sie ja immer noch an das Aufklärungskommando übergeben!“ „Können wir nicht.“ griff Levi ein. Petra zuckte zusammen, sie hatte ihn bis eben gerade wirklich nicht bemerkt. Als sie die Blutspritzer auf seiner Kleidung und seinem Gesicht bemerkte, reichte sie Levi schnell ein Tuch und ein frisches weißes Shirt. Sie hatte diese Dinge in solchen Missionen immer zur Hand, da sie nur zu gut über seinen tiefen Ekel vor Schmutz und dem Blut anderer Leute Bescheid wusste. Levi nahm die Dinge dankbar entgegen, und begann sich damit zu säubern. „Wir könne nicht einfach so mit ihrer bewusstlosen Agentin im Arm dort antanzen, während sie immer noch nach uns fahnden.“ sagte er und zog sich schnell das beschmutzte Shirt aus, befor er in das Neue schlüpfte. „Außerdem weiß ich nicht, ob sie da zurzeit so sicher ist. Wer weiß ob diese Arschkrampen von Titanen nicht auch ihre Spione in der Behörde haben.“ Er rubbelte sich die Hände sauber und seufzte erleichtert auf, als er endlich diesen widerwärtigen Dreck von seiner Haut losbekommen hatte. Zuhause würde er sich gründlich duschen müssen, aber vorerst reichte das aus. „... Du willst doch nicht etwa andeuten, dass wir sie mit uns nehmen sollten, oder?“ Entgeistert starrte Petra ihn an. „Levi, das ist doch verrückt, sie ist unsere Feindin! Du kannst langsam nicht mehr klar denken, warum machst du so einen Rummel um diese Frau, habt ihr zwei etwa-“ „Ich erinnere mich nicht daran, dich in dieser Sache um deine Meinung gebeten zu haben, Petra.“ unterbrach Levi sie scharf. „Du weißt ganz genau dass es unsere Sache ganz und gar nicht dienen würde, wenn diese Idioten Agent Yeager als Geisel halten würden und damit das Aufklärungskommando in der Hand hätten!“ Keinen Widerspruch duldend, trat Levi ans Auto und öffente die Seitentür. Eren lag ausgestreckt auf dem Rücksitz, ihre Haut blass im schimmernden Mondlicht, das braune Haar zersaust. Wenigstens war kein Blut auf ihrer Polizeiuniform zu sehen, bis auf ein paar Kratzer schien sie unversehrt. „Wie geht es ihr?“ fragte Levi Mikasa. Diese sah ihn besorgt an. „Wie du siehst, ist sie immer noch bewusstlos, aber ich denke ansonsten ist sie okay. Dieser Bastard scheint sie unter Drogen gesetzt zu haben, um was auch immer mit ihr zu machen.“ Mikasa knirschte mit den Zähnen, als sie daran dachte. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte, und ihr Gesicht wieder nur eine verschlossene Maske war. „Ich habe auch noch unser Mitglied im Aufklärungskommando informiert, dass wir Eren mitnehmen. Aber wir sollten vorsichtig sein und jedmögliche Erschütterung vermeiden. Wir wissen nichts über mögliche innere Verletzungen.“ fügte sie hinzu. Levi nickte zustimmend. „Okay, Petra, du wirst uns zurück fahren. Lasst uns schnell aufbrechen, bevor diese Ratten zurückkommen.“ befahl er. Vorsichtig hob der Mafiaboss Erens Oberkörper an, um sich ein wenig Platz zu verschaffen und selbst ins Auto einzusteigen. Er rutschte auf die hinterste Ecke seines Sitzes und zog die Frau zu sich heran. Levi schlang seine Arme von hinten um sie herum und lehnte sie in einer festen Umarmung an seine Brust. Er versuchte, ihren Körper so gut es ging zu stützen, um eventuelle Stöße während der Fahrt abzufedern. Als sich der Mercedes endlich in Bewegung setzte, begann Levi sich zu entspannen. Die Sorge über sein Team und letztendlich auch über eine gewisse Agentin hatte schwer auf ihm gelastet, und er war erleichtert, dass sie jetzt endlich nach Hause fahren würden. Auch wenn er keinerlei Reue bezüglich des Mordes an diesem verdammten Titanen hatte, fühlte er sich immer seltsam erschöpft, wenn er jemandem das Licht ausgeknipst hatte. Aber dieser Bastard hatte wirklich eine Lektion verdient, nachdem er sich in Levis Affären eingemischt hatte. Als würde er den Titanen dabei zusehen, wie sie sich in seinem Gebiet breit machten, noch dazu indem sie Miss Yeager verletzten. Der bloße Gedanke daran, dass dieses dreckige Schwein jetzt überall auf ihrem Körper sein könnte, machte Levi einfach nur krank. Er holte tief Luft um sich wieder zu beruhigen, und atmete dabei etwas von Erens Geruch mit ein. Seine Lippen kräuselten sich zu einem kleinen Lächeln. Dieser süßliche und irgendwie fruchtige Duft erinnerte ihn an ihre letzte Begegnung in seinem Nachtclub. Das wütende Gesicht, das sie gemacht hatte als er sie gefangen genommen hatte, war die Mühen seines kleinen Blumentricks auf jeden Fall wert gewesen. Levi fand es einfach zu amüsant sie bis zu dem Punkt zu reizen, an dem sie wieder ihre Fassung verlieren würde. Er konnte sich einfach nichts vorstellen, das schöner anzusehen sein sollte, als diese türkisfarbenen Augen vor Entschlossenheit und Temperament funkeln zu sehen. Eren war einfach eine einzigartige Frau. Natürlich hatte er auch fähige und starke Kämpferinnen in seiner Organisation, aber das war etwas anderes. Sie waren seine Kolleginnen und Untergebenen und würden ihm ohne zu Zögern in den Tod folgen. Aber Eren strahlte so etwas Besonderes aus - als ob nichts und niemand in der Lage wäre, sie je zu zähmen, und diese Eigenschaft war es, die Levi am meisten anzog. Um ehrlich zu sein, war er anfangs auf ihr unschuldiges und niedliches Erscheinungsbild hereingefallen, auf ihre großen mandelförmigen Augen. Er hatte gedacht, sie sei nur eine dieser Neulinge, die ihr Glück versuchen und einen großen Coup in der Untergrundszene landen wollten, um dann schnell die Karriereleiter aufzusteigen. Aber schnell hatte Levi einsehen müssen, dass Eren es nicht nur als erste überhaupt geschafft hatte, ihm dermaßen nahe zu kommen. Was noch viel wichtiger war, sie hatte sich von ihm nicht einschüchtern lassen. Sie hatte sogar den Mut gehabt, gegen ihn zu kämpfen und ihn zu überwältigen. Diese Frau bedeutete Gefahr, und Levi liebte einfach gefährliche Dinge. Nachdem er das erste Mal entkommen war, hatte er begonnen, Erens Medienauftritte mitzuverfolgen, und kurze Zeit später hatte er sie durch seine Spione in der Behörde überwachen lassen. Die Geschichten, die er über sie gehört hatte, amüsierten ihn jedes Mal aufs Neue, und schnell hatte diese Frau sein Interesse geweckt. Er war einfach nur froh dass er heute noch zur rechten Zeit gekommen war, bevor Schlimmeres hatte passieren können. Gedankenverloren fasste er Eren an die Stirn, um zu prüfen ob sich ihre Haut fiebrig anfühlte. Ein wenig heiß fühlte sie sich schon an, aber er hatte bereits gemerkt dass sie immer eine überdurchschnittlich hohe Temperatur hatte, also machte er sich keine allzu großen Sorgen. Levi gluckste leise als er bemerkte, wie sich Erens Stirn unter seiner Berührung runzelte, und ihrem Gesicht einen leicht ärgerlichen Ausdruck verlieh. Sie stieß einen undeutlichen Laut aus und drehte sich ein wenig in seiner festen Umklammerung. „Hör auf zu kämpfen, Süße.“ flüsterte Levi, als er sanft über ihr Haar strich. „Du bist jetzt in Sicherheit.“ --- Erens Kopf fühlte sich an, als würde er gleich explodieren. Langsam öffnete sie ihre Augen, nur um vom Anblick einer ihr unbekannten, mindgrünen Decke überrascht zu werden. Diesen Raum hier hatte sie noch nie gesehen. Und auch das einfache weiße Bett, in dem sie lag, war ihr überhaupt nicht vertraut. Wo verdammt noch mal war sie? War sie etwa tot? Eren versuchte sich aufzusetzen und stöhnte angesichts ihrer schweren Glieder auf. Mit der Hand strich sie sich über die Stirn, während sie langsam aber sicher das Bewusstsein erlangte. „Ah, Dornröschen ist also endlich aus ihrem Schlaf erwacht?“ Eren zuckte zusammen, als die vertraute dunkle Stimme in ihren Ohren vibrierte. Als sie aufsah, gefror ihr das Blut in den Adern. Levi stand gelassen mit gekreuzten Beinen an der Wand gegenüber des Raumes und beobachtete sie. Eine schwarze Jacke hinge lose über seinen Schultern, darunter trug er ein weißes Hemd und dunkle, elegante Hosen. Levi senkte das Buch, welches er in Händen hielt und schenkte ihr ein leichtes Grinsen. „Zu blöd, ich wollte doch gerade den Prinzen spielen und dich aufwecken.“ Erens Geist war noch immer zu benebelt um seine Worte aufzunehmen, aber das war ihr im Moment auch egal. Ihr Erzfeind stand ihr genau gegenüber, es gab nur eines was zählte: ihn fangen. Reflexartig knurrte sie und wollte nach vorn stürzen um Levi zu attackieren, ungeachtet des Schwindelgefühls in ihrem Körper. Zu ihrer größten Überraschung wurde sie jedoch sofort zurückgezerrt. „Was zur...“ Eren sog schockiert die Luft ein, als sie die schweren dunklen Eisenketten um ihre Handgelenke bemerkte. „Warum zur Hölle bin ich angekettet?!“ entrüstete sie sich. Levi versuchte noch nicht einmal, sein dunkles Lachen zu verbergen. Bastard. „Weil du mich sonst verdammt nochmal angesprungen hättest.“ sagte er, und seine Augen leuchteten vor Vergnügen. „Und auch wenn diese Idee durchaus ihre Verlockungen hat, dachten wir uns, das würde deiner Gesundheit nicht besonders gut bekommen.“ Das Gefühl, in der Falle zu sitzen, machte sich langsam aber sicher in Eren breit. Wenn es eines gab, das sie noch mehr hasste als arrogante Kriminelle, dann war das der Entzug ihrer heißgeliebten Freiheit. Es war ihr verdammtes Geburtsrecht, frei zu leben, und niemand, vor allem nicht ein verdammter Anführer der Mafia, würde ihr dieses Recht nehmen. Und schon gar nicht Levi. „Mach mich sofort los!“ verlangte Eren, und es war ein verdammt hartes Stück Arbeit, nicht gleich auszuflippen. „Später, vielleicht.“ Levi gab vor, zu überlegen. „Wenn ich das Gefühl habe, dass du dich gut benimmst.“ Er konnte sich das Grinsen einfach nicht verkneifen, als er sah, wie sie ihre Zähne bei diesen Worten fletschte. Eren riss abermals an den Ketten, doch sie hielten sie immer noch an ihrem Platz. Sie fluchte als sie erkannte, dass sie unwiderbringlich an dieses Bett gefesselt war, eingesperrt in diesem kleinen, düsteren Raum. Aufmerksam nahm sie ihre Umgebung in Augenschein. Sie musste einfach alle Informationen zusammentragen, vielleicht würde ihr das später zur Flucht verhelfen können. Der Putz der dunkelgrün gestrichenen Wände bröckelte bereits ab, und auch die wenigen Möbel ließen den kargen Raum nicht gerade wohnlicher erscheinen. Nur ein Bett, ein Tisch mit zwei Stühlen und ein altes Regal waren aufgestellt. Eren konnte zwei Türen ausmachen, eine ältere, hölzerne, sowie eine schwere Tür aus Eisen. Ein kleines Fenster rechts unter der Decke war die einzige Lichtquelle. Sie erstarrte, als sie die Gitter daran entdeckte. Sie war in einer gottverdammten Zelle eingesperrt. Levi war ihrem Blick gefolgt. „Tut mir Leid dass ich dir keine Scheiß Hilton-Suite bieten kann. Normalerweise hätt' ich dich auch in meine protzige Villa gebracht, aber seit ein gewisser jemand sie überwachen lässt, kann ich nicht mehr dahin zurückkehren.“ Er sah Eren durchdringend an, seine stechenden Augen bohrten sich in die ihrigen. „Eigentlich benutzen wir diesen Raum hier nur für spezielle Gäste.“ Eren musste einen Schauer unterdrücken. Sie wollte sich gar nicht vorstellen wie viele Menschen hier bereits eingesperrt worden waren, und erst recht nicht was mit ihnen geschehen war. Nicht jetzt, nicht, wenn es wichtigere Dinge gab, die sie herausfinden musste. „Warum bin ich hier?“ fragte Eren scharf. „Was ist passiert?“ Levi legte seinen Kopf schief und betrachtete sie eingehend. „Erinnerst du dich an gar nichts mehr? Fragte er mit einem leicht interessierten Unterton. Eren runzelte die Stirn. „Was meinst du dam-“ Noch während sie diesen Satz aussprach, blitzten die Bilder der letzten Nacht vereinzelt in ihrem Geist auf. Richtig, sie war auf einer Mission unterwegs gewesen, um die Flügel der Freiheit endlich dingfest zu machen. Und die Gangster waren entkommen - natürlich nicht ohne dass Levi mal wieder unausstehlich und arrogant gewesen war - und sie hatte gemeinsam mit ihrem Team nach Beweisen gesucht. Aber was war danach geschehen...? Es fiel Eren schwer, konzentriert nachzudenken, ihr Kopf schmerzte immer noch höllisch. Sie zermaterte sich den Kopf, und dann- „Stimmt, genau!“ rief sie. „Da war dieses Mädchen mit den braunen Locken... Sie hat geweint und brauchte Hilfe...“ Eren fuhr sich mit der Hand durchs Haar als sie angestrengter nachdachte. „Und dann hat sie plötzlich eine verdammte Spritze in der Hand gehabt und mir irgendetwas injiziert...“ „Tch, klingt nach Hitch.“ murmelte Levi angewidert. Eren erschrak; sie hatte nicht einmal mitbekommen, dass sie diese Gedanken laut ausgesprochen hatte. Ich bin in den letzten Wochen wirklich zu unaufmerksam geworden, dachte sie bei sich. Ich sollte besser aufpassen. Er ist immer noch ein verdammter Mafiaboss, wer weiß, welches Ass der noch im Ärmel hat. Aber sie würde die Chance auch nützen und so viele Informationen wie möglich aus Levi herauspressen. „Ja, sie sagte ihr Name wäre Hitch.“ antwortete Eren. „Kennst du sie?“ Levi's Augen zeigten keinerlei Emotionen, als er sie stumm ansah. Eren versuchte, seinem Blick standzuhalten. Wenigstens grinst er mich nicht so bescheuert an. Sie dachte schon, sie würde keine Antwort mehr erhalten, als er endlich nickte. „Dieses Miststück ist Mitglied bei den Titanen. Bekannt für ihre hinterhältige Art.“ Eren war der Verdacht bereits gekommen, dass diese Gang wieder in die Sache verwickelt war, doch sie war dennoch überrascht. „Also war dieser Balto-Typ auch einer von ihnen?“ murmelte sie zu sich selbst. „Du meinst diesen widerlichen Fettarsch? Möglich.“ Levi knallte das Buch in seinen Händen auf den Tisch neben ihn und verschränkte dann die Arme. Ein Gedanke schoss Eren ein. „Hey, stimmt ja! Du warst ja auch dort! Was hattest du dort zu suchen?“ Sie versuchte, jede kleinste Regung in seinem Gesicht auszumachen, aber wie erwartet war keine Emotion zu sehen. Nur stürmische graue Augen, die sie anstarrten. „Hatte was zu erledigen.“ sagte er ausdruckslos. Eren schnaubte, verärgert weil sie vorerst keine weiteren Antworten dazu bekommen würde. Levis Lippen verzogen sich zu einem kaum merklichen Lächeln, als er sie beobachtete. Eren entschied, es noch einmal zu versuchen. „Was ist mit Balto passiert?“ fragte sie. Augenblicklich verschwand das Lächeln wieder, und die unleserliche Maske seines Gesichts war zurück. Oh, ich habe einen wunden Punkt getroffen. Dachte Eren aufgeregt. „Hab gehört, sie haben ihn tot am Hafen gefunden.“ sagte Levi wie nebenbei, als würde er über das Wetter reden. Der Ausruck auf seinem Gesicht war stoisch wie immer, trotzdem konnte Eren plötzlich spüren, wie sich die Atmosphäre im Raum veränderte. Plötzlich war er von einer dunklen, einschüchternden Aura umgeben. Richtig, sie sollte nie vergessen dass sie hier einen gnadenlosen Kriminellen vor sich hatte. „Hast du ihn getötet?“ fragte sie rau. Verdammt, warum war ihre Stimme so belegt? Levi klopfte sich unsichtbaren Staub von der Schulter und gab vor, aus dem Fenster unter der Decke zu schauen. „Die Gegend dort ist dunkel und gefährlich in der Nacht, weißt du. Unfälle geschehen.“ Der kalte Klang in seiner Stimme alarmierte Eren, und ein Schauer lief ihr über den Rücken. „Hast du ihn getötet, Levi?“ wiederholte sie, diesmal schärfer. Er drehte sich ruckartig zu ihr herum und durchbohrte sie mit seinem Blick. „Was denn, hast du etwa Mitleid mit diesem Wichser?“ spie er aus. „Nachdem er dich mit seinen schmutzigen Händen begrapscht hat?“ Eren wäre beinahe vor seiner bedrohlichen Ausstrahlung zurückgewichen, aber scheiß drauf, sie war nie jemand gewesen, der klein bei gab. „Nein, aber ich hätte selbst gern entschieden, was mit ihm passiert!“ schnauzte sie zurück. „Wenn jemand versucht mich zu vergewaltigen, will ich seinen Schwanz verdammt nochmal selbst dafür abhacken!“ Auch wenn sie ein Special Agent war, der das Gesetz verteidigte, so gab es doch ein paar wenige Verbrechen, bei denen sie einfach nicht an sich halten konnte. Die sie so sehr in Rage versetzten, dass sie das Gesetz auch in ihre eigenen Hände nehmen würde. Vergewaltigung war eines dieser Verbrechen. Sie hasste diese wertlosen Monster, die vorgaben menschlich zu sein. Die dann irgendwann ausbrechen würden und anderen diese schrecklichen Dinge antun würden. Seit ihre liebe Kusine Historia, ihres Zeichens Tänzerin in einem Striptease-Club, von einem liebestrunkenen Kunden überfallen und vergewaltigt worden war, konnte Eren die Existenz dieser Kreaturen einfach nicht mehr aushalten. Historia war seitdem nie wieder die selbe gewesen, und auch wenn ihre Freundin Ymir sie wie ein Wachhund bewachte, hatte sie sich nirgends mehr sicher gefühlt. Vielleicht hätte Eren Balto auch umgebracht, aber wie sie gesagt hatte, sie hätte es gern selbst entschieden. Diese Antwort schien Levi zu überraschen, und er war für einige Momente still. Er dachte über das Gesagte nach, und endlich milderte sich sein angespannter Gesichtsausdruck. „Ich verstehe.“ sprach er nachdenklich. „So habe ich das Ganze noch gar nicht betrachtet...“ Levi seufzte und legte die Jacke ab. Er faltete sie minutiös, fast schon in militärischer Korrektheit, und legte sie sorgsam neben dem Buch ab. Eren war sehr damit beschäftigt, nicht seine muskulösen Unterarme zu betrachten, die nun durch die aufgerollten Hemdärmel sichtbar waren. Sie bemerkte definitiv nicht, wie das schummrige Licht die muskulösen Linien seiner Haut betonten. Levi sah wieder auf und ertappte Erens nicht ganz so unauffälligen Blick. Das spöttische Lächeln breitete sich wieder auf seinem Gesicht aus. Oh verdammt. „Wie fühlst du dich, Süße?“ fragte er, als er näher schlenderte. „Hast du noch Kopfschmerzen?“ Eren stöhnte genervt auf. Langsam aber sicher hatte sie wirklich genug von diesem blöden Spitznamen. „Ernsthaft, hör mit diesem Scheiß von wegen 'Süße' auf, ich werd dich verdammt nochmal auseinandernehmen sobald ich von diesen Scheißketten hier loskomme!“ rief sie ohne Nachzudenken. Super geschickt angestellt, Eren. Jetzt ist er natürlich geneigt dich freizulassen und mit diesen Kosenamen-Mist aufzuhören. Sie ohrfeigte sich innerlich selbst, als Levis Augen amüsiert aufleuchteten. Das war kein gutes Zeichen. „Oh? Ich hatte ja keine Ahnung dass du das nicht leiden kannst, du hättest wirklich etwas sagen sollen.“ grinste er. Eren biss die Zähne zusammen und versuchte, sich im Zaum zu halten. „Wie willst du denn, dass ich dich nenne?“ fragte Levi mit honigsüßer Stimme, als er sich auf der Kante von Erens Bett niederließ. „Liebling? Schatz? Baby?“ Sie schluckte. Die plötzliche Nähe zu ihm löste ein nervöses Flattern in ihrem Magen aus. Auf einmal war sie sich geradezu schmerzlich seiner physischen Präsenz bewusst, der Art und Weise wie sein Gewicht die Matratze leicht eindrückte und sie veranlasste, unfreiwillig in seine Richtung zu rutschen. Levi war jetzt verdammt nahe, sie würde ihre Hände ausstrecken und durch sein seidiges Haar streifen können, wenn sie nur wöllte- Schnell schüttelte Eren diesen Gedanken ab. Es wäre auf jeden Fall hilfreicher, sich eher auf die Wut und den Hass zu konzentrieren, die er normalerweise in ihr auslöste. Wut war ihr einfach vertrauter als Anziehungskraft. Ein Gefühl, mit dem sie umzugehen wusste. „Wie wär's damit, mich Special Agent Yeager zu nennen. Die meisten Leute sind dazu in der Lage, weißt du.“ grummelte Eren. „Naja, die meisten Leute retten dich aber auch nicht vor beschissenen kleinen Straßenbanden.“ erinnerte Levi sie. „Ich glaube, ich habe mir einen speziellen Kosenamen für dich nun verdient.“ Ihre Augen weiten sich vor Schreck, als der Rest der Erinnerungen an letzte Nacht auf sie einprasselten. Oh nein. Levi hatte sie nicht einfach nur gerettet, was an sich schon demütigend genug war. Nein, sie, Eren Yeager, die idealistische und immer geradeheraus denkende Agentin, hatte diesen kriminellen Arsch auch noch um Hilfe gebeten. Welcher Dämon aus der Hölle hatte sie zu so einer derartigen Torheit verleiten können? Wie hatte sie auch nur auf die Idee kommen können, dass es richtig sei, so etwas zu tun? Na super, jetzt stand sie in Levis Schuld. Was sollte sie jetzt tun, erwartete er etwa eine Gegenleistung von ihr? Natürlich tat er das, er war immerhin ein verdammter Mafiaboss. So waren doch die Regeln im Untergrund, oder? „Wenn du glaubst dass ich jetzt aufhören würde dich zu jagen, dann hast du dich geschnitten!“ platzte Eren heraus. In ihrer Stimme schwang ein Funken Panik mit. Ja klar, du verhälst dich heute wirklich wie ein echter Profi, Special Agent. Flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf ihr hämisch zu. Levi bemerkte ihren inneren Kampf und gluckste leise. „Keine Sorge, ich erwarte keine Gegenleistung oder so etwas.“ sagte er und verlagerte seine Position etwas. Seine Augen waren immer noch unverwandt auf sie gerichtet. Eren wusste nicht wie er das anstellte, aber irgendwie saß er ihr jetzt noch näher als zuvor. Sie konnte die Hitze spüren, die sein Körper ausstrahlte, konnte die kaum sichtbaren kleinen Fältchen auf seiner porzellanfarbenen Haut erkennen. Sie versuchte, ihre Gedanken zu sammeln, um ihn nicht wie ein Reh im Scheinwerferlicht anzustarren. „Aber... warum hast du mir dann geholfen?“ fragte sie mit heiserer Stimme. Verdammt nochmal, was war so Spannendes an seinen Augen, dass sie einfach nicht wegsehen konnte, war er eine Art Hypnotiseur? Levi beugte sich ein wenig näher zu ihr und strich Eren eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht. Seine Finger hinterließen ein Brennen und Prickeln auf ihrer Haut. „Wie könnte ich dir eine Bitte abschlagen, Eren?“ murmelte er rau. Eren stockte der Atem, und für einen kurzen Moment war sie sprachlos. Ihr Name floss so einfach und doch verführerisch von seinen Lippen, seine Zunge rollte jeden einzelnen Buchstaben probend, geradezu lockend; und irgendwie war das sehr viel intimer als jeder Kosename den er sich hätte für sie einfallen lassen können. Levis Finger lagen noch immer auf ihren Wangen, streiften federleicht den Übergang zu ihrem Hals. Erens Puls schoss in die Höhe, ihr Herz pochte wie wild in ihrer Brust. Sie sollte ihn jetzt wirklich zurückstoßen, es war nicht gut seinem Feinde so nahe zu sein. Ja, das wäre wirklich eine gute Idee, ihn wegzuschubsen und noch eine draufzugeben für sein dreistes Benehmen. Aber sie konnte es einfach nicht. Alles, wozu sie imstande war, war auf seinen Mund zu starren und sich zu fragen, wie es wohl sein würde Levi noch näher zu sein. Wie es sein würde, ihn zu schmecken, seine fein geschwungenen Lippen zu kosten. Levi kam näher, und Eren konnte seinen warmen Atem auf der Haut ihres Gesichtes spüren. Ohne es zu wissen, öffnete sie leicht ihre Lippen und sah ihn mit halbgeschlossenen Augen an, wartete darauf das er- Das plötzliche Knallen der Tür im nächsten Moment ließ beide zusammenzucken. Eine finster dreinblickende Mikasa betrat den Raum. Scheinbar hatte sie die Tür eingetreten, denn in ihren Händen trug sie ein schwer aussehendes Tablett, das überladen war mit Essen. „Scheiße!“ fluchte Levi lautlos vor sich hin. Eren hingegen konnte sich weder bewegen noch sprechen, oder in irgendeiner anderen angebrachten Art und Weise reagieren. „Levi, was geht hier vor?“ fragte Mikasa argwöhnisch. Der Angesprochene kehrte wieder zu seiner ausdruckslosen Miene zurück, aber Eren konnte trotzdem spüren, dass er verdammt angepisst war. „Ich habe nur ein wenig nach Eren geschaut.“ antwortete er trocken. Mikasa knallte das Tablett auf den Tisch und verschüttete dabei ein wenig Wasser. Es schien sie nicht sonderlich zu kümmern. „Wie nett von dir.“ sagte sie und sah Levi dabei mit zusammengekniffenen Augen an. Es war unüberschaubar, dass sie ihm kein Wort glaubte. „Und jetzt lass sie etwas allein und zur Ruhe kommen, sie ist bestimmt noch ganz erschöpft und verwirrt von den Drogen.“ Ja, verwirrt war wirklich die richtige Beschreibung. Erens Kopf drehte sich immer noch, und ihr Magen verknotete sich. Was war gerade verdammt nochmal passiert? Oder besser, was wäre beinahe passiert? Sie konnte einfach nicht glauben, dass sie nahe drangewesen war, ihren Todfeind zu küssen. Was zur Hölle war in dieser Injektion gewesen, das sie sich nun so idiotisch aufführte? Es mussten einfach die Drogen sein. Es gab keine andere logische Erklärung dafür, warum ein kleiner Teil von Eren enttäuscht war, dass Mikasa sie gerade davor bewahrt hatte, den größten Fehler ihres Lebens zu begehen. „Eld wartet unten auf dich, er hat etwas zu berichten.“ Sie warf Levi einen strengen Blick zu. Er seufzte und stand auf. „Was immer du sagst, Mikasa.“ Die junge Frau nickte und wandte sich nun an ihre ehemalige Chefin. „Wie fühlst du dich jetzt, Eren?“ fragte sie sanft. „Bist du bereit für morgen?“ „Bereit für was?“ fragte Eren verwirrt. Ein Gefühl der Panik durchströmte sie, als sie sich vorstellte was Mikasa gemeint haben könnte. Wer wusste denn schon, mit was für Tricks die Mafia ihre Feinde quälen würde können? Seltsamerweise schien ihre Antwort Mikasa zu verärgern. „Levi.“ schnappte sie. Dieser schlenderte jedoch weiterhin seelenruhig zum Tisch, als ob er sie nicht gehört hätte. Mikasa ließ sich davon nicht beirren. „Du hast es ihr also noch nicht erzählt?“ fragte sie scharf. Levi rollte mit den Augen. „Ich war gerade dabei.“ Mikasa schnaubte verächtlich. „Ja, das hab ich gesehen.“ Eren runzelte die Stirn. Was ging hier vor, hatte sie irgendetwas verpasst? Wie konnte es sein, dass eine Untergebene in einem solchen Ton mit ihrem Oberhaupt reden konnte, ohne den Kopf abgehackt zu bekommen? „Eren.“ Mikasas Stimme war wieder freundlich und sanft, als spräche sie zu einem verängstigten Kinde. „Sobald du dich ausgeruht hast und wieder zu Kräften gekommen bist, werden wir dich nach Hause bringen.“ erklärte sie. „Das werden wir doch, nicht wahr, Levi?“ fauchte sie über ihre Schulter zu dem Man. „Ja, ja, das werden wir.“ brummelte Levi ärgerlich, als er in seine Jacke schlüpfte. Er trat zur Tür und legte seine Hand auf dem Knauf. „Ach ja.“ sagte er und drehte sich noch einmal zu Eren um. „Ich habe dir ein Buch mitgebracht falls dir langweilig wird.“ Er grinste und deutete auf den Tisch, bevor er endgültig verschwand. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, seufzte Mikasa auf. „Tut mir leid dass ich so spät komme, ich hatte noch etwas zu erledigen.“ erklärte sie und brachte das Tablett zu Eren ans Bett. Deren Augen weiteten sich beim Anblick der köstlichen Platte mit Brot, Käse und Früchten. Auch ein Glas Wasser und eine Tasse Tee waren auf dem Tablett arrangiert. Erens Magen grummelte laut, aber sie wollte sich trotzdem nicht mit diesen herrlich duftenden Sachen vollstopfen. Sie konnte sich nicht sicher sein, dass das Essen nicht vergiftet war. Wer weiß was für miese Tricks die Mafia anwenden würde. „Hat er dich mal wieder verärgert?“ fragte Mikasa sie. Eren war viel zu sehr damit beschäftigt, dass Essen mit hungrigen Augen anzustarren. „Nicht mehr als sonst.“ murmelte sie. Verdammt, dieser Käse roch echt verdammt aromatisch. Mikasa entging natürlich nicht, wie Eren die Platte gierig beäugte. Sie seufzte noch einmal. „Ich wünschte echt, er würde sich mal zusammennehmen. Normalerweise kann er sich schon benehmen, aber wenn du dabei bist, verhält er sich echt wie-“ „Wie ein absoluter Vollarsch?“ Eren schaute zu ihr auf. Mikasa lächelte milde bei diesen Worten. „Hier, iss etwas.“ ermutigte sie sie. „Keine Sorge, das ist nicht vergiftet. Siehst du, ich werde auch davon essen.“ Sie schnitt sich eine Scheibe von dem Käse ab und schob es sich in den Mund. Als Eren sah, wie Mikasa vor ihren Augen die Sachen auf ihrem Teller aß, konnte auch Eren sich nicht mehr zurückhalten. Sie stopfte sich Brot und Käse in den Mund und kaute genüsslich darauf herum. Ihre letzte Mahlzeit war die Suppe gewesen, die sie mit Sasha zusammen gekocht hatte, und sie hatte keine Ahnung, wie lange das schon hergewesen war. Nach ein paar Minuten des Schmatzens musste Eren sich mit Gewalt daran erinnern, dass sie nicht hier war um sich vollzustopfen. Sie sollte wenigstens so viele Informationen wie möglich zusammentragen, vielleicht konnten sie ihr später nützlich sein. Eren entschied sich dazu, nicht lange um den heißen Brei herumzureden. Mikasa war sowieso nicht jemand, den man leicht mit Smalltalk einlullen konnte. „Mikasa.“ begann Eren vorsichtig. „Warum war Levi eigentlich immer noch da, nachdem ihr abgehauen ward?“ Mikasa schaute sie bloss undurchdringlich an, ihre Miene gab keinerlei Emotion preis. Na schön, wenn sie auch nicht darüber reden wollte, würde Eren wohl zu ein paar Tricks greifen müssen. Die Idee, Mikasa zu manipulieren, gefiel ihr nicht gerade. Auch wenn sie sie hintergangen hatte, mochte Eren sie irgendwie immer noch. Aber es gab nur eine einzige Möglichkeit: sie musste die Schuldkarte ausspielen. „Mikasa.“ sagte Eren sanft. „Letzte Nacht habe ich wirklich abgefuckten Scheiß miterlebt. Und danach wache ich auf und entdecke, dass mein Erzfeind mich hier gefangen hält. Denkst du nicht auch, dass ich nicht wenigstens die Wahrheit verdient habe?“ Sie konnte die Veränderung in Mikasas blaugrauen Augen sehen, die Frau sah auf ihre Füße hinab und seufzte tief. „Ok.“ stimmte sie schließlich zu. „Du hast wohl Recht.“ Eren war ehrlich gesagt etwas überrascht das ihr Plan so gut aufgegangen war, aber sie würde sich bestimmt nicht darüber beschweren. „Wir hatten uns gerade wieder zusammengefunden und wollten uns zurückziehen.“ erklärte Mikasa. „Aber dann bekamen wir einen Anruf, das du verschwunden seist. Du warst außer Sichtweite für deine Kollegen und hast auch auf die Funksprüche nicht mehr reagiert, also begannen sie, sich Sorgen zu machen.“ Sie seufzte noch einmal. Die ganze Sache schien sie mitzunehmen. „Wir ehrlich gesagt auch; es war sofort klar das wir dich würden suchen müssen. Ich bin so froh dass Levi und ich dich noch rechtzeitig gefunden haben. Wir haben dich hierher gebracht und dich von einem Mediziner untersuchen lassen, haben dir ein paar Minerale und Vitamine verabreicht um dich wieder aufzupäppeln. Dich in so einem hilflosen Zustand sehen zu müssen hat mich wirklich erschrocken. Ich bin einfach nur froh, dass es dir jetzt wieder besser geht.“ Da war es wieder, dieses seltsame Beschützer-Verhalten von Mikasa. Na gut, vielleicht sollte Eren sich nicht darüber beschweren, schließlich hatten die beiden ihr wirklich den Arsch gerettet. Trotzdem, es fühlte sich merkwürdig an. „Aber wer hat euch über mein Verschwinden informiert?“ fragte sie. Mikasa hielt sich davon ab, ihr mehr zu erzählen, und biss sich auf die Unterlippe. „Ich weiß dass ihr noch mehr Spione in der Behörde habt.“ Eren ließ nicht locker. „Wer war es?“ „Tut mir leid, dass kann ich dir wirklich nicht sagen.“ Eren schnaubte enttäuscht. Natürlich hatte sie nicht erwartet, die Antwort so einfach zu bekommen, aber trotzdem war es einen Versuch wert gewesen. „Okay.“ fuhr sie stattdessen fort. „Aber warum habt ihr überhaupt nach mir gesucht? Ich meine, es war ja eigentlich nicht euer Problem.“ Mikasa blinzelte sie überrascht an. „Petra hat das gleiche gesagt, aber-“ „Was denn, meinst du etwa das irre Püppchen?“ brummelte Eren. „Sie ist nicht irre, Eren.“ „Bist du dir da sicher? Jedesmal wenn ich sie sehe, starrt sie mich an als ob sie mich gleich bei lebendigem Leib verschlingen würde!“ Mikasa seufzte. Wieder. „Das macht sie nur weil sie Angst hat, du könntest Levi verletzen oder ihn uns wegnehmen.“ erklärte sie. „Normalerweise ist Petra eine süße und verständnisvolle Person, wirklich. Aber sobald es um ihn geht, mutiert sie zu einer überfürsorglichen Glucke. Ist manchmal ganz schön nervig.“ Überfürsorglich also? Kommt mir doch bekannt vor. Eren hätte fast gelacht über die Tatsache, dass Mikasa ihre eigenen Verhaltensweisen als nervig beschrieb, wenn es um andere ging. Stattdessen wiederholte Eren aber ihre Frage von zuvor. „Also, warum habt ihr euch um mich gekümmert? Ich bin doch eure Feindin.“ Mikasa schaute sie wieder mit diesem seltsamen Blick an, den sie nicht zu deuten wusste. „Das kann ich dir nicht erzählen. Du solltest Levi danach fragen.“ antwortete sie. „Na ganz toll, noch so ein nettes Pläuschchen mit dem blutrünstigen Mafiaboss.“ murmelte Eren sarkastisch. „Eren.“ sagte Mikasa. „Ich wünschte wirklich, du würdest Levi so gut wie ich kennen. Er mag manchmal kalt und arrogant erscheinen - um ehrlich zu sein, konnte ich ihn am Anfang auch nicht leiden. Aber er ist wirklich kein schlechter Kerl.“ Sie pflückte eine Traube von Erens lang vergessenem Teller und kaute nachdenklich auf ihr herum. „Weißt du, er sorgt sich um die Menschen, die er liebt, und er hat einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Es mag schwer zu glauben sein, aber er ist wirklich anständig.“ Eren schnaubte. „Ja, du hast Recht, das ist schwer zu glauben.“ Eine andere Frage kam ihr in den Sinn. „Warum arbeitest du überhaupt für ihn?“ fragrte sie und sah Mikasa direkt in die Augen. „Du scheinst mir nicht die typische Gangsterbraut zu sein. Zwingt er dich etwa dazu?“ Sie nahm ihre Hände in die eigenen als sie weitersprach. „Wenn du jemals Hilfe brauchst, um der organisierten Kriminalität zu entkommen, kannst du immer zu mir kommen, Mikasa!“ Eren bekam ein Lächeln und ein leichtes Drücken ihrer Hand als Antwort. „Das ist wirklich sehr nett von dir Eren, aber das ist nicht der Grund. Ich folge ihm aus freien Stücken.“ versicherte Mikasa ihr. Enttäuschung durchströmte Eren, als sie die Finger der anderen Frau freiließ. Es wäre auch zu schön gewesen, Levi's rechte Hand auf ihre Seite ziehen zu können. „Okay.“ sagte sie lahm und nahm einen Schluck aus dem Wasserglas. „Aber warum tust du das?“ Wieder sandte Mikasa ihr diesen merkwürdigen Blick, sie schien darüber nachzudenken, wieviel sie wohl preisgeben könne. „Naja, hauptsächlich, weil er mein Bruder ist.“ „Was zur Hölle!“ Eren hustete, als sie sich am Wasser verschluckte. „Verarschst du mich jetzt? Ihr beiden seid Geschwister?!“ Mikasa lachte leise ob Eren's ungläubigen Blick, und klopfte ihr auf den Rücken. Sie wartete, bis Eren sich von ihrem Hustenanfall erholt hatte, bevor sie weitersprach. „Naja, nicht biologisch. Aber wir wurden zusammen aufgezogen, von demselben Mann.“ erklärte sie. „Captain Ackerman war nicht wirklich unser Vater, eher eine Art Trainer. Früher lebte ich auf der Straße, weil meine Eltern früh gestorben waren. Ich war etwa 8 als ich ihn getroffen habe, und Ackerman hat mich unter seine Fittiche genommen. Levi war damals schon länger bei ihm, ich habe gehört sie sind vor irgendetwas geflohen, was auf dem Festland passiert war.“ Mikasa machte eine Pause, um Eren anzusehen. Der mitfühlende und ehrlich interessierte Ausdruck auf deren Gesicht ermutigte sie, weiter zu erzählen. „Unsere Kindheit war ziemlich abgefuckt, Eren. Wir hatten keine angenehme Zeit, stattdessen mussten wir einige wirklich kranke Sachen machen. Als Levi dann älter wurde, begann er, die grausamen Methoden unseres Trainers zu hinterfragen. Er wollte einfach nicht mehr Teil dieses Systems sein. Als ich 13 war, hat Levi mich also geschnappt und wir sind beide abgehauen.“ Mikasa lächelte nostalgisch. „Es war eine harte Zeit, aber irgendwie haben wir es geschafft und sind nun an dem Punkt von heute angelangt. Wir regieren die Stadt nach unseren Vorstellungen.“ Eren hatte diesen Erklärungen staunend zugehört. „Das- Das ist wirklich überraschend.“ Auf komische Art und Weise ergab nun alles Sinn. Es erklärte zumindest, warum beide diese ähnlich einschüchternde Aura besaßen, und warum Mikasa in der Lage war, ihren Boss derartig anzuschnauzen wie vorhin. Aber ein Teil von ihr konnte es immer noch nicht richtig glauben. Dass Mikasa, die Frau die sie irgendwie trotz ihres kriminellen Hintergrundes mochte, wirklich mit diesem Arsch von einem Mafiaboss verwandt war. Mikasa nickte verständnisvoll. „Es mag so aussehen.“ sagte sie. „Aber wie ich schon gesagt habe, Levi ist kein schlechter Mensch. Er hasst Ungerechtigkeit.“ „Er leitet eine verdammte Mafia an, Mikasa.“ Eren rollte mit den Augen. Diese Frau schien wirklich einen Hang zur Realitätsverleumdung zu haben. „Ich weiß dass es merkwürdig klingt.“ gab Mikasa zu. „Aber denk mal darüber nach, dass er sich selbst und auch uns in ernsthafte Gefahr begeben hat, nur um dich zu retten. Und dass er dich nicht töten oder als Geisel nehmen wird, obwohl du gegen uns arbeitest.“ Sie sah Eren streng an. „Das solltest du nicht als Selbstverständlichkeit betrachten.“ Eren biss sich ärgerlich auf die Unterlippe, aber eine kleine Stimme in ihr sagte ihr, dass Mikasa in diesem Punkt Recht hatte. Auch wenn sie hasste, es zuzugeben: sie sollte Levi dankbar sein, dass er sie gerettet hatte. „... Vielleicht.“ murmelt sie schließlich widerstrebend. Mikasa lächelte über Eren's stures Verhalten und begann, die Reste des Essens wegzuräumen. Die Agentin schaute hoch, und eine leichte Röte überzog ihre Wangen. „Du, Mikasa...“ Die Angesprochenen drehte sich zu ihr herum. „Was ist, Eren?“ „Ich- Ich muss mal aufs Klo.“ sagte diese leise. „Ziemlich dringend, um ehrlich zu sein.“ „Ach ja, richtig. Das Badezimmer ist gleich hier.“ Mikasa zeigte auf die hölzerne Tür am anderen Ende des Raumes. Eren seufzte. „Könnte schwierig werden, da rüber zu laufen mit diesen verdammten Ketten.“ Sie sah Mikasa hoffnungsvoll an. „Könntest du sie mir vielleicht abnehmen?“ Mikasa stand da wie angewurzelt und kaute auf ihren Lippen herum. Scheinbar dachte sie darüber nach, was sie nun tun sollte. „Bitte Mikasa, ich flehe dich an!“ rief Eren mit großen, runden Augen. „Ich ertrage es nicht, gefesselt zu sein! Ich verspreche dir auch dass ich nicht herumschleiche oder etwas demoliere!“ Als Mikasa daraufhin ihren Kopf schüttelte, rutschte Eren das Herz in die Hose. Oh nein, sie macht es nicht. Sie lässt mich hier allein in dieser gottverdammten Zelle verroten. Dachte sie, und Bitterkeit erfüllte ihren Geist angesichts der drohenden Zurückweisung. „Das ist es nicht.“ Statt den Raum zu verlassen, schritt Mikasa auf Eren zu, einen alten schwarzen Schlüssel in ihrer Hand. „Wir haben dich angekettet, damit du nicht herumläufst und dich verletzt in deinem Drogenrausch. Aber ich denke das Meiste müsste jetzt raus sein, also solltest du sicher sein.“ sagte sie und entriegelte die Ketten. Eren atmete erleichtert auf und massierte ihre schmerzenden Handgelenke. Mikasa ging zur alten Eisentür und wünschte Eren eine Gute Nacht. Diese hatte noch nicht einmal bemerkt, dass es draußen dunkler geworden ist, sie hatte einfach kein Zeitgefühl mehr. Nur noch eine Nacht hier drin und sie würde wieder frei sein. „Aber, Eren.“ sagte Mikasa noch einmal eindrücklich, bevor sie verschwand. „Versprich mir dass du danach im Bett bleibst, ok? Und greif Levi morgen früh nicht an, wenn er dich abholen kommt.“ Eren antwortete nicht, sondern sah sie nur ungläubig an. „Eren, du musst es mir versprechen! Ich will nicht dass er seine Entscheidung anzweifelt, mir die Verantwortung für dich zu übergeben!“ beharrte Mikasa weiterhin. „Ich vertraue dir!“ „Gut, gut, ich benehme mich ja.“ brummte Eren. Sie fühlte sich wie ein Kind das von der Mutter ausgeschimpft wurde, aber sie würde nach Mikasas Regeln spielen müssen, um wenigstens ein bisschen mehr Freiheit zu bekommen. Schließlich war das alles besser, als direkt unter Levis Aufsicht zu stehen. Mit einem letzten eindringlichen Blick zu ihr schloss Mikasa die Tür hinter sich, und Eren war wieder allein. Sie atmete tief ein, streckte ihre Beine aus dem Bett und verlagerte ihr Gewicht auf die Füße, als sie aufstand. Sie wollte einen Schritt nach vorne gehen, stattdessen plumpste sie aber zurück auf das Bett. Eren schloss die Augen und kämpfte gegen den Schwindel in ihrem Kopf. Vielleicht sollte sie wirklich vorsichtiger sein, wenn sie immer noch diese Drogen in ihrem Stoffwechsel hatte. Allerdings musste sie nun wirklich dringend auf den Abtritt. Außerdem würde sie nicht hier sitzen und Däumchen drehen, um zu sehen ob Levi sein Versprechen einhalten und sie morgen freilassen würde. Nach einigen Minuten des Ausruhens fühlte sie sich gewappnet genug, es noch einmal zu versuchen. Sie stand auf und stolperte in Richtung Badezimmer. Die alte Tür knackste, als sie sie aufstieß, und Eren rümpfte sofort die Nase. Die Sicht auf eine alte gesplitterte Toilette, eine einfache Spüle und eine kaputte Dusche waren nicht gerade berauschend. Der gesamte Raum war in einem widerlichen gelb-grün gefliest. Ernsthaft, wer suchte sich denn beim Fließen so eine schreckliche Farbe heraus? Eren wollte gar nicht erst wissen, wie alt dieser Raum hier war - ausgehend von der maroden Architektur sicher sehr, sehr alt - aber wenigstens war alles anstandslos sauber. Sie erleichterte schnell ihre Blase, wusch sich die Hände und begab sich dann auf die Suche nach einem möglichen Ausgang. Das kleine Badezimmer stand außer Frage, da es weder Fenster noch eine zweite Tür gab. Als sie zurück in die Zelle trat, suchte sie die dunkelgrünen Wände nach geheimen Eingängen ab, war aber nicht überrascht, als sie nichts dergleichen fand. Eren untersuchte die schwere eiserne Tür, doch es gab keine Möglichkeit sie ohne den passenden Schlüssel zu öffnen. Vielleicht hätten ihr spezielle Werkzeuge helfen können, aber im Moment hatte sie nichts weiter zur Verfügung außer ein paar Haarnadeln, die hier allerdings nicht besonders nützlich waren. Zu guter Letzt stieg Eren auf einen der Stühle und rüttelte an den Gittern vor ihrem Fenster, aber wie erwartet tat sich nichts. Die Zelle war vielleicht alt und hässlich, aber unglücklicherweise erfüllte sie ihren Zweck perfekt. Eren schnaubte verärgert als sie sich eingestehen musste, dass es keine andere Möglichkeit gab, als bis zum nächsten Tag zu warten, sie würde sich auf die Gnade des Mafiabosses verlassen müssen. Was für eine beschissene Situation. Aber es hätte schlimmer kommen können. Flüsterte die kleine Stimme in ihrem Kopf. Du hättest auch in die Hände der Titanen fallen können, und wer weiß was dir dort alles passiert wäre. Vielleicht hatte Mikasa Recht und sie sollte wirklich dankbarer sein, dass Levi sie gefunden hatte. Er mochte vielleicht arrogant, kriminell und selbstherrlich sein, aber er war in der Tat nicht der herzlose Killer über den Eren soviel gehört hatte. Vielleicht, aber auch nur vielleicht, hatte Levi wirklich eine Seite an ihm, die kein komplettes Arschloch war. Eren seufzte und nahm das Buch in die Hand, dass Levi auf dem Tisch zurückgelassen hatte. Wenn sie schon nichts zu tun hatte, konnnte sie sich ebenso gut etwas die Zeit vertreiben. Sie setzte sich auf den Rand des Bettes und sah sich den roten Buchrücken näher an. „Der Pate“ war darauf in großen goldenen Lettern gedruckt. Eren runzelte die Stirn. Was zur Hölle hatte das schon wieder zu bedeuten? Sie blätterte die erste Seite auf, und ein kleiner Notizzettel flatterte ihr entgegen. Sie fing das Fitzelchen Papier auf und las Levis säuberliche klare Handschrift darauf. „Da du mir ziemlich bessessen von Mafiabossen zu sein scheinst, dachte ich mir dass dich dieses Buch interessieren könnte. Vielleicht kannst du daraus noch etwas Neues lernen. Ich könnte dir auch ein paar Dinge zeigen... Schlaf schön, Süße.“ Eren starrte die Worte ungläubig an. „Was verdammt nochmal-“ Sie knirschte mit den Zähnen, als das vertraute Gefühl von Wut und Hass in ihrem Körper aufkochten. Mit Schwung pfefferte sie das Buch gegen die Wand. „Sehr witzig, Arschloch.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)